Die Facebook Falle

Page 1

I Soziale Netzwerke

1

_

SASCHA AOAMEK

Die Facebook-Falle Wie das soziale Netzwerk unser Leben verkauft

ass ich mich überhaupt für Facebook zu inter­ essieren begann, hatte damit zu tun, dass Face­ book sich im Dezember 2009 plötzlich für mich interessierte. Damals fand ich in meinem E-Mail­ Konto zwei Einladungen vor, im Namen zweier Freunde abgesendet von Face­ book. Es waren Freunde aus meinem re­ alen Leben - daher nahm ich an, dass sie hinter den Einladungen steckten.

D

Als irgendwann ein dritter Freund hinzukam, rief ich die Leute an und sag­ te ihnen, dass ich gern ihr Freund sei, aber nicht auf Facebook. Die Serie der Einladungen riss trotzdem nicht ab. Ir­ gendwann stand unter einer dieser E­ Mails der Satz: "Weitere Personen auf Facebook, die du vielleicht kennst." Die Sache wurde mir allmählich unheimlich. Denn dort tauchten wieder die Freunde auf, die mich bereits erfolglos eingeladen hatten, sowie ein Professor Heinz G., an den ich mich nur noch dunkel erinnern konnte. Der Professor hatte einige Jahre zuvor versucht, mich per E-Mail zu einem Fernsehbeitrag zu animieren - ein beruf­ licher Kontakt, der bereits nach wenigen Wochen wieder abriss. Und davon wusste Facebook offenbar. Wie war das möglich? Ich rief Heinz G. an und fragte ihn, wie er dazu komme, Facebook meine E-Mail­ Adresse mitzuteilen. Schweigen am ande­ ren Ende der Leitung. Mein Gegenüber hatte nicht den blassesten Schimmer, was ich von ihm wollte. Als ich ihm die Sach­ lage schilderte, räumte er kleinlaut ein, dass sein Sohn für ihn die Facebook-Seite betreue und er selbst nicht viel damit zu schaffen habe. Dass sein Sohn jedoch mei­ ne Kontaktdaten an Facebook weitergelei­ tet habe, könne er sich nicht vorstellen. 34

1 Die Facebook-Falle

Mit der Zeit erfuhr ich, dass Face­ book vielen Leuten solche merkwürdigen Einladungen schickt, und so beschloss ich, mich intensiver mit diesem "sozia­ len" Netzwerk zu beschäftigen und der Frage nachzugehen, warum sich das US­ Unternehmen so eifrig in unserer Privat­ sphäre zu schaffen macht. Aber wie stellt es das an? Die Antwort hat viel mit der Legende als "Freundesnetzwerk" zu tun, mit der sich dieser mittlerweile auf mehr als 50 Milliarden US-Dollar geschätz­ te Kommunikationskonzern erfolgreich versieht. Was früher noch alternativ und jugendlich angehaucht war, gehöre heute einfach dazu. So hat Facebook eine sim­ ple Funktion, zu der es uns permanent einlädt: "Durchsuchen deines E-Mail­ Kontos ist der schnellste Weg, um deine Freunde auf Facebook zu finden," Es folgt die Aufforderung: "E-Mail-Passwort ein­ geben", Damit gemeint ist das Passwort unseres gewöhnlichen, E-Mail-Kontos und damit eigentlich ein Tabu für jeden Internernutzer, denn seien wir ehrlich, das E-Mail-Passwort überlassen wir nicht

Hintergrund

einmal unseren Lebenspartnern. Bei Face­ book tun das Millionen, und der Konzern verspricht treuherzig: "Wir werden dein Passwort nach dem Import der Informa­ tionen deiner Freunde nicht speichern," Nachdem wir also das getan haben, er­ möglichen wir Facebook, einen tiefen Blick in unsere Adressbücher zu werfen, samt aller sonstigen Aufzeichnungen wie Geburrsdaten, Postadressen oder NOtizen zu dieser Person. Namen lind E-Mail­ Adressen beschafft sich Facebook auf die­ se Weise, um dann in unserem Namen an diese Nicht-Mitglieder heranzutreten. Ich nenne das aggressive Werbung - deutsche Datenschürzer nennen das rechtswidrig, denn auf diese Weise gelangt Facebook an die Daten von Menschen, die vielleicht nie im Leben etwas mit dem Netzwerk zu tun haben wollen, und das, ohne dass die­ se etwas davon ahnen, geschweige denn um ihr Einverständnis gefragt wurden. Der technische Vorgang dieser gigan­ tischen Datenübertragung an ein Unter­ nehmen mit Sitz in Pa 10 Alm, Kalifornien, hat mich neugierig gemacht. Im Institut 2. Quartal 2011


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.