Karl-Heinz Drescher—Berlin Typo Poster, Texts, and Interviews

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Eine Publikation über den Gestalter Karl-Heinz Drescher (1937–2011)

A publication about the designer Karl-Heinz Drescher (1937–2011)

K.H. DRESCHER BERLIN TYPO POSTERS

TEXTS AND INTERVIEWS


Karl-Heinz Drescher studied at the University for Industrial Design, Burg Giebichenstein, in Halle (Saale) from 1955 until 1960 under Walter Funkat in the commercial graphics class. After graduating, he worked as a freelance graphic artist in Halle (Saale) and from 1962 as an in-house graphic designer for the Berliner Ensemble founded by Bertolt Brecht. For almost 40 years, he was entrusted with the graphic work there. In addition to the Berliner Ensemble, Drescher also worked as a graphic designer for other theaters, institutions, museums, event managers, and galleries. These included, for example, the Akademie der Künste der DDR, Berlin, the MaximGorki-Theater, and the Deutsche Staatsoper in Berlin. His catalog of works comprises over 400 posters today. A passion for typography plays a significant role in over a third of his work. Whenever possible, he visited the printing houses with which the ensemble worked, such as the Druckkombinat Berlin. The print shop was in the border area of Berlin, and the production rooms were close to the death strip. It was only thanks to his good relationships with the printers that he was able to visit the production rooms, where he came across a large number of abandoned wooden, lead, and brass types, despite prohibitions and inspectors. In addition to these original typefaces, Drescher was also interested in other fonts that were not available in the GDR. With the help of a photographer, he finally succeeded in obtaining a set of negatives from a Western sample book. Drescher enlarged these negatives and used them to make adhesive originals. From these, he produced clichés, which in turn could be used to print the posters. The effort with which Drescher printed his posters using letterpress techniques was enormous. Although this technique had already gone out of fashion at that time and had been replaced by new printing processes, Drescher disregarded that fact and continued to work on his posters with passion and devotion using the technique he so loved. For the first time, this book compiles the majority of his typographic posters in one volume. Included are essays and interviews by various authors and Drescher’s companions as well as 95 typographic posters from over 40 years of graphic work by Karl-Heinz Drescher.

Karl-Heinz Drescher studierte von 1955 bis 1960 in Halle (Saale) an der Hochschule für industrielle Formgestaltung, Burg Giebichenstein, unter Walter Funkat in der Klasse für Gebrauchsgrafik. Nach dem Studium war er als freischaffender Grafiker in Halle (Saale) tätig und ab 1962 Hausgrafiker am von Bertolt Brecht gegründeten Berliner Ensemble. Fast 40 Jahre lang war er in diesem Haus für die grafische Arbeit verantwortlich. Neben dem Berliner Ensemble arbeitete Drescher auch für andere Theater, Institutionen, Museen, Veranstalter und Galerien als Grafiker. Dazu zählten beispielsweise die Akademie der Künste der DDR, das bat Berlin, das MaximGorki-Theater und die Deutsche Staatsoper in Berlin. Sein Werkverzeichnis umfasst heute über 400 Plakate. Seine Leidenschaft für Typografie spielt in einem Drittel seiner Arbeiten eine übergeordnete Rolle. Er besuchte so oft es ging die Druckereien mit denen das Ensemble zusammenarbeitete, wie zum Beispiel das Druckkombinat Berlin. Die Druckerei lag im Grenzgebiet Berlins und die Produktionsräume befanden sich nahe dem Todesstreifen. Nur dank guter Beziehungen zu den Druckern konnte er trotz Verbot und Kontrolleuren die Produktionsräume besichtigen, wo er auf eine Vielzahl vergessener Holz-, Blei- und Messinglettern stieß. Drescher interessierte sich neben den Originallettern auch für andere Schriften, die in der DDR nicht verfügbar waren. Mithilfe eines Fotografen gelang es ihm schließlich Negative von einem Schriftmusterbuch aus dem Westen zu erhalten. Diese Negative vergrößerte er und fertigte mit ihnen Klebevorlagen. Daraus stellte er Klischees her, mit denen wiederum die Plakate gedruckt werden konnten. Der Aufwand, mit dem Drescher seine Plakate im Buchdruck druckte, war enorm. Denn obwohl diese Technik damals schon aus der Mode gekommen war und durch neue Druckverfahren abgelöst wurde, setzte Drescher sich darüber hinweg und arbeitete mit Leidenschaft und Hingabe weiter an seinen Plakaten mit der ihm so liebgewonnenen Technik. Dieses Buch fasst erstmals den Großteil seiner typografischen Plakate in einem Band zusammen. Im Buch enthalten sind Essays und Interviews verschiedener Autoren und Wegbegleiter Dreschers sowie 95 typografische Plakate aus der über 40jährigen Schaffenszeit des Grafikers Karl-Heinz Drescher.


K.H. Drescher – Berlin Typo Posters, Texts and Interviews Eine Publikation über den Gestalter / A Publication About the Designer – Karl-Heinz Drescher (1937–2011) Edited by Markus Lange, published by Slanted Publishers


06 Vorwort / Introduction René Grohnert 14 Eigensinn und Eigenart / Obstinacy and Pecularity Friedrich Dieckmann 20 Das Gesicht eines Theaters / The Face of the Theater Karl-Heinz Drescher 26 Berliner Ensemble 62 – 99 Plakate / Posters 40 überklebt – Plakate aus der DDR / Pasted Over – Posters from the GDR Sylke Wunderlich 44 Vom Nutzen der Zensur / The Benefits of Censorship 46 Akademie der Künste der DDR / Academy of Arts of the GDR Plakate / Posters 66 Cesarina Drescher Interview 69 Helmut Brade Interview 72 Alessandro Drescher Interview 74 Vera Tenschert Interview Inhalt


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Serienweise / In Series Karl-Heinz Drescher BAT – Arbeiter- und Studententheater BAT – Workers- and Students Theater Plakate / Posters Drescher – Berlin, 3.2.1993 Interview mit / with Peter Kammerer Akademie der Künste der DDR Academy of Arts of the GDR Plakate / Posters Schauspielerlos / Getting our Act Together Karl-Heinz Drescher Portrait Dokumentation / Documentation Nichts als Schrift / Nothing but Type Niklaus Troxler Karl-Heinz Drescher Helmut Brade Das Theaterplakat der DDR / The Theater Poster of the GDR Sylke Wunderlich Akademie der Künste der DDR / Academy of Arts of the GDR Plakate / Posters Content


164 Verluste / Casualties Karl-Heinz Drescher 167 Zugvögel / Migratory Birds Karl-Heinz Drescher 168 Briefe der Weigel / Letters of the Weigel Helene Weigel 186 Andere Plakate / Other Posters 194 Setzen, Eins! / Everything Set and Done Götz Gramlich 196 Der Typograf als Macher / The Typographer as Maker Jamie Murphy 200 Status quo Buchdruck / Status quo Letterpress Erik Spiekermann, Ferdinand Ulrich 203 Anschlag, Plakat, Poster Gerd Fleischmann 208 Die Lust am Deutlichen / The Joy of Clarity Friedrich Dieckmann 210 Berliner Ensemble Plakate / Posters 214 Initialzündung / Initial Spark 220 Anregungen / Suggestions 226 Kleisterhaft / Sticky 232 Versuchungen / Temptations Inhalt


238 Ausverkauft / Sold Out 244 Standpunkt / Standpoint 248 Das Plakat als Seismograf / The Poster as Seismograph 250 Autoren / Authors 256 Werkverzeichnis / Catalog 270 Impressum / Imprint

Content


VORWORT / INTRODUCTION René Grohnert Kempen (DE)

Leiter des Deutschen Plakatmuseums Essen / Director of the German Poster Museum Essen

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Viele Namen haben sich im Laufe der Jahre untrennbar mit dem Berliner Ensemble verbunden. Bertolt Brecht, Helene Weigel und Heiner Müller gehören dazu, um nur einige zu nennen. Aber auch Namen wie John Heartfield, Karl von Appen und nicht zuletzt Karl-Heinz Drescher sind unbedingt zu nennen. Als Karl-Heinz Drescher im Jahre 1962 beim Berliner Ensemble als Theatergrafiker anfing, war sicherlich nicht absehbar, dass er insgesamt fast vierzig Jahre für das BE arbeiten würde. Auch die meisten seiner rund 400 Plakate sind hier entstanden und prägten das visuelle Erscheinungsbild des Berliner Ensembles nachhaltig. Drescher gehörte damit auch zu denjenigen, die sich in einer Nische ihr Reich errichten konnten – er allerdings nutzte diese Nische nicht nur als Rückzugsort, sondern auch als sicheren Ausgangspunkt für seine näheren und weiteren Erkundungen und auch als Gradmesser seiner Versuchungen. Auch wenn es bereits einige umfassende Publikationen zu diesem Thema gibt, so ist doch das vorliegende Buch eine wichtige Bereicherung. Es beleuchtet einen wesentlichen Teil der Plakatarbeit von Drescher – den Umgang mit Typografie – auf intensive Weise. Die Initialzündung – wie er es nannte – war ein Auftrag von Bühnenbildner von Appen, der Anschlagzettel für eine Aufführung benötigte, die im Stil der öffentlichen Kundmachungen in Paris im Jahre 1789 hergestellt werden sollten. Über diese Aufgabe gewann er ein intensives Interesse am Schriftplakat. Besonders bemerkenswert erscheint dabei, dass er die ursprünglichste Form des Plakatdrucks – die mit Holzbuchstaben – wieder zu kultivierten versuchte. Folge dieser Gestaltung war eine gewisse Strenge und Eigenart, die wie aus der Zeit gefallen zu sein schien. Während die Entwicklung des Plakats ganz allgemein eher in Richtung Assoziation ging, d. h. man las die Plakate nicht, sondern erfasste lediglich deren prägnante Botschaft, perfektionierte Drescher den Anspruch des Plakats als Informations- und weniger als Emotionsquelle. Dies machte seine Plakate im Reigen der sie umgebenen zumeist bunten und illustrierten Arbeiten auf zurückhaltende Weise auffällig. Damit stehen seine Arbeiten in gewisser Weise solitär da. Denn zum einen wurde diese Buchstabenstrenge zum Markenzeichen des BE zum anderen vermittelten sie den Anspruch, gelesen zu werden, da auch das wofür hier geworben wird – das Theater – volle Aufmerksamkeit verdient. D

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Introduction




Friedrich Dieckmann Berlin (DE)

EIGENSINN UND EIGENART Zur Plakatgrafik in der deutschen Ostrepublik OBSTINACY AND PECULARITY To the Poster Graphics in the German Eastern Republic

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»Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt / Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte« – Schiller sagt es von Wallenstein, dem Helden eines Theaterstücks, das immer länger wurde, um die Gestalt von möglichst vielen Seiten erfassen zu können. Kann man das Wort auch auf versunkene, von der Geschichte, die sie schuf, wieder eingezogene Staaten und die von ihnen geprägten Gesellschaften anwenden? Siebzehn Jahre nach dem Aufgehen der DDR in ein vereinigtes Deutschland, dessen Machtund Medienmittel fast ganz auf westlicher Seite lagen, schwankt das Charakterbild des östlichen der beiden Nachkriegsstaaten nach dem Maß der Wirklichkeit wie der Unwirklichkeit. Der kenntnisreiche und der ideologisch verstellte Blick, die haltlos verallgemeinernde Phrase und die detailgesättigte Einzeldarstellung – alles dies und vieles andere findet Raum und schafft sich ihn. Mag öffentlich eine Sichtweise dominieren, die der Bundestag einmal als »Delegitimierung« vorgegeben hat, so ist das Bild, das die Bewohner jenes versunkenen Landes in sich tragen, nicht von Aufträgen, sondern von Erfahrungen bestimmt. Sie differieren von Person zu Person und sind in sich selbst selten einhellig; wie die Erfahrungswelt der deutschen Westrepublik sind sie vielgestalt in der zeitlichen wie der räumlichen Dimension. Beide deutsche Nachkriegsstaaten legitimierten sich durch die Aufgabe, gegenüber Siegermächten, die sich nicht nur strukturell, sondern vor allem nach dem Ausmaß der von deutschen Heeren angerichteten Verwüstungen unterschieden, ihren Bevölkerungen nicht nur die Existenz, sondern ein Maß an Gleichberechtigung, an Selbstbehauptung zu gewinnen. Dass diese Aufgabe im deutschen Westen eine ungleich leichtere war als im neuen deutschen Osten (den eigentlichen deutschen Osten gab es nicht mehr), versteht sich am Rande.1 Nicht Schwarz und nicht Weiß – das Grau der Wirklichkeit ist die zuständige D

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Farbe dieses Erfahrungsbildes, ein vielfach gestuftes Grau, dem es an bunten Einschlüssen nicht fehlte. Sein subtiles Widerspiel bildete eine Druckgrafik, die zu dem Besten gehörte, was das Land bildkünstlerisch hervorgebracht hat. Und seine Plakatgrafik? Sie war der Farbe mächtig, und wie aus den Briefmarken des Landes könnte man aus den Plakaten dessen kulturelle und politische Beschaffenheit im Wandel der Verhältnisse und der Generationen herauslesen. So wie das 1870 von Preußen gegründete Kaiserreich (es dauerte nur wenig länger als die DDR) bei konstanter politischer Struktur – dies eben war sein Verhängnis – ganz unterschiedliche kulturelle Phasen durchlief, so auch jene proletarisch definierte Ordensmonarchie, die die DDR bei genauem Hinsehen war. Ihre politische Geschichte lässt sich in den Strukturen eines fünfaktigen Dramas beschreiben; 2 die Kulturgeschichte bildete mit und neben ihr eine eigene Ebene aus, in der der individuelle Faktor eine ungleich größere Rolle spielte. Wie sich das Land inwendig veränderte, wie die Gründergeneration, die von alten Reichszeiten geprägt gewesen war (die Hitler-Ära, man übersieht es oft, war opfer- und folgenreich, aber kurz gewesen), von Jüngeren abgelöst wurde, die ihre Prägung in Kriegs- und DDR-Zeiten erhalten hatten, wie dann die erste wirkliche DDR-Generation, die nach 1960 Geborenen, sich zunehmend geltend machte – dieser wechselvolle, oft dramatische Prozess lässt sich an dem Plakatschaffen des Landes, sofern es ästhetische Relevanz bekundete, fesselnd ablesen. Es hieße ein Buch schreiben, wollte man hier ins Einzelne gehen; lässt sich das Feld in aller Kürze umreißen? Ich nehme einen Katalogbeitrag zu Hilfe, in dem ich – es war eine Zeit sich hoffnungsvoll verdichtender kultureller Kontakte zwischen den beiden deutschen Staaten – im Jahr 1988 den Rheinländern das besondere Umfeld darzustellen versuchte, dem das Plakat-

Friedrich Dieckmann


hand created prints that are among the could read at the time (an exhibition by the best that this country has produced ar- Berlin poster artist Karl-Heinz Drescher tistically. And his poster graphics? They was on display), “and wanted to take a look knew color well and could be read like the at the diversity of lifestyles and organistamps of their country, telling stories zation of existence, he would only have to about its cultural and political composi- consider its posters. He would find the open tion and the change of circumstances and spaces of one country – roads, train stagenerations. Just as the empire founded tions, walls of houses – covered with giant by Prussia in 1870 (it lasted only a little pictures, peddling poisons of all kinds unlonger than the GDR) underwent very der the guise of enjoyment – alcohol, nicodifferent cultural phases with a constant tine, CO producers – genre pictures of the political structure – this was its down- carefully embellished kind: laughing peofall – this proletarian monarchy of order, ple with paradisiacal expressions, brought which the GDR really was on closer in- to life radiantly through the ingestion (or spection, underwent them as well. emission) of these vices. On the other side, The structure of a five-act drama best he would find himself being referred to describes its political history; 2 cultural exhibitions, films, theatrical performanchistory carved out its own alternative path, es, and concerts, and would have to slow in which each factor played a much greater his steps to carefully look at the posters: role. How the country changed internally, In this Germany the interested passer-by how its founding generation, marked by old still has to circle around thick, pasted over Reich times (the Hitler era, it’s often over- street columns to gain full possession of looked, had been rich in sacrifices and the information. What would the guest conclude, lookconsequences, but quite short), was replaced by the young, who had received ing at those sights from afar? ‘Everything their imprint through war and GDR times, here is deceptive,' exclaimed that witty such as the first real GDR generation, and powerful composer who, returning those born after 1960, which increasingly from exile, settled in the GDR at the end asserted itself. This process, full of change of the 1940s, ‘but not appearances!' 3 and drama, can be read captivatingly in Which information can be trusted? That the country's poster production, as far as the German citizen enjoys his vices and it showed aesthetic relevance. citizens from the GDR love culture? ConTo go into detail here would fill the pag- versely, that the GDR-German lives poisones of a thick book, but is it even possible rejecting and the Federal German cultureto outline the field briefly? An old catalog removing? That the preferred pictorial contribution of mine might help – written style of the one, larger country uses an at a time of promisingly intensifying cul- imagery that can only be applied to what tural contacts between the two Germanies, is immediately apparent to the eye, and in the year 1988 – in which I attempted to thereby bears the characteristics of an explain to the Rhinelander the special overflowing optimism, infectious cheerenvironment that shaped the creation of fulness, unconditional certainty of life? posters in that largely unknown country. While in the other, smaller country there “If an inexperienced but interested visitor is a tendency towards the symbolic, to from a remote part of the world came to the painterly charming, playfully coded the two German countries, which togeth- symbol, or to the clearly naming, clearer form that strange pleonasm that is the ly indicating written speech? How do we, German-German country," the visitors to contrary to appearances that do not dethe Rheinisches Landesmuseum in Bonn ceive, teach our sharp-sighted but igno18


rant stranger where the core of things technical, or bureaucratic in nature. In the resides? We must make it clear to him that face of these problems and many others, the GDR is not the ideal state the posters an artistic stubbornness asserted itself in would have him believe. Poisons – from the creative scene, which was quite aware bottles, paper rolls, or exhaust pipes – can of the graphic work produced in the Far also be found here. There is enough, more East, in Poland and Japan, in France, West than enough, to smoke and drink, howev- Germany, or the USA, and opposed it with er: it isn’t advertised (although it fills the an air of humane differentiation, of intristate coffers). Is it not permissible to ad- cate effect, of painterly figure, also of vevertise the exhaust buffers with which the hement collage, almost dreamy sometimes, state earns even more money? You could then again sharply, or in the most serious advertise if you had to. But you don't have way playful. In the Schleswig-Holstein to, this country favors all producers: many House in Schwerin one will be able to see things sell themselves. this and many other things; the unbiased No matter whether it’s allowed or need- gaze will discover a group of artists. ed, culture is advertised in any case. Society reveals itself in this case as a supply → 1 society, cultural affiches dominate its S. also Peter Bender: Deutschlands Wiederkehr – Eine ungeteilte Nachkriegsposter landscape. This creates a special geschichte 1945–1990, Stuttgart 2007. → 2 situation for the poster graphic artist who S. Friedrich Dieckmann: Temperatursprung – Deutsche Verhältnisse, edition has dedicated itself to this field. He does suhrkamp 1924, Frankfurt am Main 1995, pp. 355–359. → 3 not need to compete with the lure of an It was Hanns Eisler. exuberant world of commodities, in which The text “überklebt – Plakate aus der DDR!” was first an abundance of products is hunting for published as part of an exhibition at the SchleswigHolstein-Haus of the capital of Mecklenburg-Vorpommern, buyers according to categories determined Schwerin, on August 24th, 2007. by market psychology. This conflict exists neither in the realm of the streets nor aesthetically. The cultural advertiser doesn’t have to take on the identity of consumer chaser, rather, he is an informant; he does not have to use the tricks of those seducing with images (nor build up a contrast position dependent on them in some other way), instead he moves with composure among his peers.” On this eccentric basis – there was actually no advertising of goods from about 1970 in the socialist underproduction society – a generation entered the workforce in the 1960s with considerable aesthetic ambitions that was able to achieve considerably in the broad field of commercial graphics, not only in posters, but also in books or in the field of record sleeves, producing something that is a priori from aesthetic-political guidelines. Of course: there were difficulties in abundance, whether they were material, 19

Friedrich Dieckmann


Chefin. Das nutzlose tonnenschwere Gebilde ließ sich erst durch den Einsatz eines Armeehubschraubers wieder entfernen. Werbematerial und Plakate waren an den Wänden der Kassenhalle verteilt. Über der Kasse war ein Spruchband angebracht mit Brechts Aufforderung an seine Mitarbeiter zum Einzug des Berliner Ensembles in das Theater am Schiffbauerdamm: »Theater spieltet ihr in Trümmern hier / Nun spielt in schönem Haus, nicht nur zum Zeitvertreibe. / Aus euch und uns entsteh ein friedlich WIR / Damit dies Baus und manches andre stehen bleibe!« Hier stößt man erstmals auf das Naturleinen, das die Intendantin nicht nur für Spruchbänder, sondern auch für Wandverkleidungen, Werbetafeln, Stuhlbespannungen usw. einsetzte. Die Fenster wurden allabendlich mit seidenen Gardinen verhangen, auf die der Bühnenbildner Karl von Appen seine berühmten Figurinen gemalt hatte. Im Parkettumgang traf man auf eine große Fläche mit Plakaten zu Brecht-Stücken aus der ganzen Welt. An den Wandflächen beider Freitreppen, die vom Parkett in den I. Rang führten, hingen Aufführungstafeln. Unter den Rundbögen der Freitreppen waren ursprünglich Springbrunnen installiert. Später verschwanden sie unter zwei Pultvitrinen, diese wiederum mussten den Bühnenmodellen von Anton Schubert weichen. Eine Vitrine, die die gesamte Raumhöhe einnahm, teilte den Rang in zwei Hälften. Links und rechts von ihr führten Türen in das Foyer. An dessen Stirnseiten hingen zwei große Stofffahnen, die rechte mit Picassos Rassentuch, die linke mit der grafischen Darstellung der Gastspielorte des Berliner Ensembles. Der Hof und der sich anschließende Garten des Azdak fungierten als allgemeiner Treffpunkt. Hier saß man doppelt geschützt unter den dichten hohen Bäumen und den Strohsonnenschirmen, hier feierte man die Hoffeste. Die Kantine, die sechs Stufen unter der Erde liegt, war ganz die Erfindung und das Werk der Weigel: alte Tische, schmiedeeiserne Leuchter, bequeme Sessel, dunkelbraune Paneele mit Naturleinen bespannt, Holzfußboden. An den Wänden, über den Paneelen, ein Sammelsurium von Fotos, Zeichnungen, Plakaten, Requisiten, Geschenken aus aller Welt. Hier war der Treffpunkt aller, von Gästen und Mitarbeitern, von Technikern und Verwaltungspersonal. Diese reizvolle Ausstattung fiel dem Technischen Direktor zum Opfer. In bester Absicht verwandelte er sie in eine Mitropa-Halle. In demselben Gebäude befanden sich die Dekorationsmagazine und die Dramaturgie, Sammelbegriff für die Fotoabteilung, das Grafikeratelier, die Räume der Dramaturgen und der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, gegenüber die Probebühne, ein Mehrzweckgebäude mit Werkstätten und einer kleinen Bühne, einer weiteren Spielstätte des Theaters. Den Hof schloss eine hohe Mauer nach Norden ab, über die den ganzen Tag Kindergeschrei schallte. Bis zum Abriss des Friedrichstadtpalastes bildete dessen Fassade ein dominierendes Gegenüber. Nach seinem Abriss zog sich ein Bauzaun entlang seiner alten Umfassungsmauern. Anfangs klebte das Berliner Ensemble darauf seine Plakate, später übernahm eine Werbefirma gegen Bezahlung diese Aufgabe. Die großflächigen Plakate gaben nun den Hintergrund für das Brecht-Denkmal von Fritz Cremer ab. Plakate, Einführungsblätter, Programm- und Jahreshefte waren die wichtigsten grafischen Werbemittel, die das Berliner Ensemble im Bemühen um ein neues Publikum einsetzte. Die Überlegungen, welches grafische Aussehen die nächste Inszenierung haben könnte, begannen frühzeitig. Ich nahm an den ersten Konzeptionsgesprächen des Regieteams und den Einführungsgesprächen für die Schauspieler teil, um die wichtigsten Aspekte des Stückes und seiner Inszenierung kennen zu lernen. Ich besuchte die ersten Proben, um den schauspielerischen Ansatz zu entdecken. Erste Probenfotos prüfte ich auf ihre Verwendbarkeit. Sehr oft übertrafen diese an Frische und Unmittelbarkeit die der fertigen Inszenierung, und so nutzte ich sie für die Wer22


bung. Ich bat die verantwortlichen Dramaturgen, mir das Material so früh wie möglich zu liefern, denn die Produktionszeiten der Druckereien waren unberechenbar lang. Das erfolgreichste Werbemittel des Berliner Ensembles war jedoch das S-Bahn-Plakat, eine Umarbeitung bzw. Verkleinerung des großformatigen A1- in ein querformatiges A1-Plakat. Täglich wurde es, bewusst oder unbewusst von Tausenden von Fahrgästen wahrgenommen. Bedauerlicherweise wurde die Plakatierung Ende der siebziger Jahre durch die Reichsbahn aus »Personalmangel« eingestellt. Von 1974 bis 1989 gab das Berliner Ensemble alljährlich ein Spielplan-Plakat heraus. Die Vorderseite zeigte jeweils neun Fotos aus dem Repertoire, die Rückseite Bild-Text-Gestaltungen zu neuen Stücken. Es wurde vorwiegend zur Werbung in Betrieben eingesetzt. Zu besonderen Anlässen wie z. B. Veranstaltungen, Gedenktagen, Ausstellungen kam es zu Plakatausgaben in geringer Auflage. Sie waren begehrte Sammlerstücke. The Berliner Ensemble started as a guest at the Deutsches Theater on Schumannstraße from its foundation in 1949 until 1954. After this time period, it moved to the nearby theater at the Schiffbauerdamm, which, in turn, had moved to its own reconstructed house on Rosa-Luxemburg Platz (Rosa-Luxemburg Square), which had become available thanks to the move of the Volksbühne. Brecht must certainly have enjoyed moving into the theater, where his arguably most successful play Die Dreigroschenoper had premiered in 1928. This change of place had to be made known to the inhabitants and visitors of the town. Brecht and Peter Palitzsch, whom Helene Weigel had hired especially for advertising, now designed an advertising plan that included some effective measures. Its logo, a circular signet with the two lines “Berliner” and “Ensemble,” received the additions “Willkommen beim” (Welcome at the) and “am Schiffbauerdamm” (on Schiffbauerdamm), later “am Bertolt-Brecht-Platz” (on Berthold-Brecht-Platz). Probably the most beautiful and long-lasting idea was to put the signet of the theater on the tower of the building, where it turned around its axis and by nightfall, all lit up, thanks to a fluorescent light, attracted the attention of passersby. The flag that was hung on the facade, a white cloth measuring six by four meters, which stood out strongly from the gray plaster of the house, was no less radiant. The flag revealed the following information: Playing today / author / title / composer. Initially only intended for premieres, it was later changed daily at Tenschert's suggestion. Palitzsch also suggested using the Picasso graphic from the neck kerchief of the French delegation to the Weltfestspiele in Berlin for the opening notice of the new theater building. It is hard to comprehend today how this classical-looking poster became one of the most controversial the Berliner Ensemble ever produced, subjected to the most violent attacks for alleged formalism and decadence. Eventually it turned out to be one of the most beautiful and coveted posters of the Berliner Ensemble. When I joined the Berliner Ensemble in 1962, I was astonished to see how naturally Brecht's theater work appeared in all printed matter, both in content and form. It was actually easy to find one's way in this clarity, only learning to think with this clarity was difficult. I also admired that within a time span of ten years a theater could keep its means of expression within such narrow limits and still achieve such great visual diversity. I tried to keep even my simplest works within these boundaries, because I felt that the appearance of the Berliner Ensemble had to retain its distinctiveness. The Berliner Ensemble had several advertising spaces throughout the city. At the Ostbahnhof station, in the Alexanderplatz subway area, and in the Friedrichstraße E

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K.H. Drescher


POSTERS

BERLINER ENSEMBLE 62–––99 D Das Berliner Ensemble zählt zu den renommiertesten und traditionsreichsten Bühnen Deutschlands. Es wurde berühmt durch Aufführungen der Werke seines Gründers Bertolt Brecht und gilt als eine der führenden deutschsprachigen Bühnen. Karl-Heinz Drescher war zwischen 1962 und 1999 Hausgrafiker des Theaters. E The BERLINER ENSEMBLE is one of the most renowned and longestablished stages in Germany. It was made famous thanks to productions of the works of its founder Bertolt Brecht and is regarded as one of the leading German-language theaters. Karl-Heinz Drescher was the theater’s in-house graphic designer between 1962 and 1999.

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Posters


WV 216: Tag der Künste; 1984; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in red and orange

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Posters

WV 247: Eberhard Fechner — Der Prozess; 1986; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in black


WV 198: Filme aus Chile; 1983; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in red

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Posters

WV 150: Todor Dinov, Karel Zeman — Trickfilme; 1980; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in red and green


→ Interview mit Cesarina Drescher

auf Kalligrafie gelegt. In einer Berliner Druckerei nahmen ihn die alten Drucker, die seine Leidenschaft kannten und sie teilten, eines Tages mit in einem Raum, der voll war mit alten Lettern aus Holz oder Blei und Klischees. Als er nach Hause kam, schwärmte er von den wunderschönen Maserungen der Holzlettern, der herrlichen Farbe der Messinglettern und von dem Schatz, der dort aufbewahrt wurde. Er hatte die Drucker gebeten ihn zu benachrichtigen, sollte die Entscheidung fallen, das alles zu räumen. Das taten sie nicht und so landete alles was aus Holz war im Ofen.

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Ehefrau von Karl-Heinz Drescher

ML Wann und wie haben sie ihren Mann KarlHeinz kennen gelernt? CD Es war im September 1966 in meiner Stadt Venedig, beim Internationalen Theaterfestival der Sprechbühnen, an dem auch das Berliner Ensemble teilnahm. Ich hatte gerade mein Abitur an einem Fremdsprachen-Lyzeum abgelegt, so konnte ich helfen, elementare Dolmetsch-Aufgaben zu erledigen, zum Beispiel bei dem Aufbau einer Ausstellung über die Arbeit des Berliner Ensembles übersetzte ich für die venezianischen Bühnenarbeiter die Anweisungen des deutschen Theatergrafikers. Außerdem führte ich ihn auf einige Besichtigungstouren durch Venedig. ML Wie sah der typische Arbeitstag im Berliner Ensemble für ihren Ehemann aus? CD Wir wohnten einen Katzensprung vom Theater entfernt, so verließ er fünf vor neun die Wohnung, um fünf Minuten später an seinem Arbeitsplatz zu sitzen. Er war für die Werbung des Theaters verantwortlich und das beinhaltete nicht nur die Plakate für die Vorstellungen und das Layout der Programmhefte und jegliches Werbematerial zu gestalten, sondern auch dafür zu sorgen, dass Informationen für das Publikum in der Kassenhalle hingen, dass die Fotos der Inszenierungen in den Theken ausgewechselt wurden und dass bei jeder Inszenierung die große Fassadenfahne geschrieben wurde, was er auch besonders gern und schnell erledigte. Um in seinen Plakaten die Hauptaussage des Stückes und die Sichtweise des Regisseurs optimal zu verdeutlichen, nahm er an den DramaturgieSitzungen teil. Außerdem musste er die Termine mit den Druckereien abstimmen. Gegen 17 Uhr, oder kurz danach, kehrte er von der Arbeit zurück und war für die Familie da. Nach dem Abendbrot ging die Arbeit im Atelier in unserem ausgebauten Dachboden weiter.

Woher kam die Leidenschaft für typografische mit Holzlettern und Klischees gedruckter Plakate? CD Ich glaube, dass er schon seit seiner Studienzeit in Halle eine Schwäche für die Ästhetik der Schrift hatte, an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle wurde auch viel Wert Ml

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ML Wie haben sie den Arbeitsraum ihres Mannes in Erinnerung? War er nur ein Ort der Arbeit oder auch ein Anlaufpunkt für viele im Theater? CD Ab und zu ging ich mittags zu ihm, um gemeinsam in der Kantine zu essen. Das Radio lief von früh bis abends, oft waren andere »Besucher« da, die über etwas, was erledigt werden musste, informierten oder die nur für eine kurze Arbeitspause kamen oder die rege diskutierten. Da auch ein Dramaturg im selben Atelier saß, waren die Gespräche breit gefächert. Es ging um Themen der Kunst, um Konzepte und Einfälle und, wie ich vermute, oft auch um Klatsch. ML In welchem Austausch stand Karl-Heinz zu anderen Gestaltern? Hatte er Vorbilder? CD Die zwei besten Freunde, die er auch am meisten schätzte, waren Helmut Brade, sein Studienfreund aus Halle (Saale), und Volker Pfüller, den er 1962, als er zum Berliner Ensemble kam, kennenlernte. Ihnen zeigte er oft und gern seine Entwürfe und ihr Urteil nahm er sehr ernst. Als Vorbilder kann man sie aber nicht betrachten, beide unterschieden sich zu sehr in ihren Ausdrucksformen von seinen eigenen. Ich weiß, dass Karl aus Italien mehrere Anregungen erhielt und dass der rote Balken, der in mehreren seiner Plakate erscheint, angeregt wurde durch den Umschlag einer Bücherreihe vom italienischen Verlag Einaudi.

ML

Gab es Reaktionen auf seine Plakate? CD Sein Hauptanliegen, abgesehen von den ästhetischen Gesichtspunkten, war die Vermittlung einer klaren Aussage einer direkten Information zum Nutzen der Öffentlichkeit, darin bestand für ihn die Verpflichtung eines Gebrauchsgrafikers. Ich weiß nicht genau welche Reaktionen er mit seinen Plakaten verursacht hat. Ich weiß nur, dass seine Kollegen die Klarheit und die Stimmigkeit seiner Schriftplakate schätzten, das Verhältnis, die Spannung zwischen leerem Raum und Schrift. Ein befreundeter Grafiker behauptete scherz-


frei waren. So auch von Karl, dessen Aufgabe darin bestand, die Ausstellung aufzubauen, mit der das Berliner Ensemble sich in einem fremden Land präsentierte. Somit kannte er das Theaterleben aus vielen unterschiedlichen Perspektiven. Das war vielleicht doch von Vorteil für seine Arbeit.

haft in seiner Eröffnungsrede bei einer von Karls Plakatausstellungen, dass diese Klarheit und die Größe seiner Schrift vielleicht auch seinem Sehfehler zu verdanken sei. ML Welche Theaterstücke oder Plakate lagen ihm ganz besonders am Herzen? CD Bestimmt »Die Heilige Johanna der Schlachthöfe« von 1968, das er mit den alten Holzlettern im Buchdruck drucken ließ, dann sicherlich diejenigen, die problematisch waren: das große DIN-A0 »Fatzer«-Plakat, wie er es auch in seinem Buch »Pinselknecht« erzählt, oder »Lebensläufe«, wo er zum ersten Mal den Irisdruck einsetzte und die Druckerei es vermasselte; auch »das Manifest« mit der roten schrägen Schrift von 1969, oder »Woyzeck«, 1970, und schließlich »Heiner Müller: Und keine Hand«, 1995, wo er endlich das, wovon er immer geträumt hatte – und wegen der schlechten Qualität der DDR-Pigmente und des Papiers nie durfte – endlich verwirklichen konnte: ein Schwarz auf Schwarz Plakat.

ML

Arbeitete er allein oder mit Assistenten? CD Wie er oft behauptete, war er eine »EinMann-Abteilung« und hatte nie einen Assistenten.

ML In welcher Beziehung stand er zur Intendantin Helene Weigel und dem restlichen Berliner Ensemble-Personal? CD Helene Weigel hat er verehrt, er war stolz darauf zu ihrem Ensemble zu gehören und er wäre für sie durchs Feuer gegangen. Auch ihre gütig-schroffe Art mit den Mitarbeitern umzugehen fand er toll. Karl war ein sehr freundlicher, hilfsbereiter, überhaupt nicht eitler Mensch, kam also mit allen gut zurecht und sie mit ihm, ob Schauspieler, Bühnenbildner, Techniker oder Bühnenarbeiter. ML Wie viel bedeutete ihm die Arbeit als Statist? In wie vielen Stücken spielte er mit und welchen Einfluss hatte dies auf seine Arbeit? CD Er hatte sehr viel Spaß daran auf der Bühne zu stehen, er behauptete zwar, er hätte sich als Statist versucht, um die Arbeit der Schauspieler besser zu verstehen und dieses Verständnis auch in seinen Plakaten einfließen zu lassen, aber ich glaube, dass der Hauptgrund seine Freude daran war. Außerdem auch während der Gastspiele, durch die stark reduzierte Zahl der beteiligten Schauspieler – denn aus Kostengründen mussten die Komparsen zu Hause bleiben – wurden die Komparsenrollen von denen übernommen, die unbedingt dabei sein mussten (Techniker, Maske, etc.), aber während der Vorstellung

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ML Wie sehr lag ihm die Archivierung seiner eigenen Arbeiten am Herzen? CD Das war wirklich eine Herzenssache. Er verbrachte viel Zeit damit, alle seine Plakate chronologisch zu ordnen. Gleichzeitig ärgerte er sich darüber, dass er nicht daran gedacht hatte, ein Verzeichnis anzulegen, als es keine zusätzliche Mühe gekostet hätte: im Arbeitsprozess selbst. ML Was machte ihn für sie zu einem einzigartigen Gestalter und Menschen? CD Ich habe ihn geliebt, also kann ich nicht objektiv sein. Über seine charakterlichen Vorzüge habe ich schon gesprochen. Über seine gestalterischen Fähigkeiten lasse ich lieber die Spezialisten zu Wort kommen.

Interview with Cesarina Drescher Wife of Karl-Heinz Drescher

ML

How and when did you meet your husband? CD It was in September 1966 in my city of Venice, at the International Theater Festival, in which the Berliner Ensemble also took part. I had just finished my schooling at a foreign language lyceum, so I was able to help with elementary interpreting tasks, such as setting up an exhibition on the work of the Berliner Ensemble. I translated the instructions of the German theater graphic artist for the Venetian stage workers. I also took him on sightseeing tours of Venice.

ML What did your husband’s daily work with the Berliner Ensemble look like? CD We lived a stone’s throw away from the theater, so he left the apartment at five minutes to nine, only to sit at his workplace another five minutes later. His responsibility was the advertising of the theater and this included not only designing the posters for the performances and the layout of the program booklets and any advertising material, but also ensuring that the information for

Interview


POSTERS

B A T

D Das BAT wurde 1961 von Wolf Biermann und Brigitte Soubeyran gegründet. Die ersten Inszenierungen des Theaters, fanden großen Anklang, erregten aber das Missfallen der Kulturbürokratie, so dass das BAT schon kurze Zeit später geschlossen wurde. Im Jahr 1974 wurde das Haus dann zum Sitz Regieinstituts, das 1981 in die Hochschule für Schauspielkunst ERNST BUSCH integriert wurde. E The BAT was founded in 1961 by Wolf Biermann and Brigitte Soubeyran. Their first productions were very well received but provoked the displeasure of the cultural bureaucracy so that the theater was closed a short time later. In 1974 the building became the seat of the director’s institute, which was integrated into the ERNST BUSCH Academy of Dramatic Arts in 1981.

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Posters


WV 199: Antonio Skarmeta — Brennende Geduld; 1983; INSTITUT FÜR SCHAUSPIELREGIE; 81.2 × 57.4 cm; Linocut; letterpress in black on yellow

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Posters

WV 115: Nikolai Haitow—Hunde; Wüsten — Bosch; 1978; INSTITUT FÜR SCHAUSPIELREGIE; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in black on yellow




INTERVIEW

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DRESCHER BERLIN 3.2.1993 D Das von Peter Kammerer geführte Interview erschien in Auszügen und als Text in der Zeitschrift »IL PASSAGGIO« im Jahr 1993. Als Mitarbeiter der römischen Zeitschrift publizierte Kammerer zwischen 1989 und 1992 Interviews mit Drescher, Heiner Müller, Mittenzwei, Jürgen Kuczynski, Utz und Lesja Havemann und Käthe Reichel. E The interview conducted by Peter Kammerer appeared in excerpts, while the full text was published in the magazine “IL PASSAGGIO” in 1993. As a staff member of this Roman magazine, Kammerer published a series of interviews with Drescher, Heiner Müller, Mittenzwei, Jürgen Kuczynski, Utz, and Lesja Havemann, and Käthe Reichel between 1989 and 1992.

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Interview


WV 276: Preisgekrönte Kurzfilme; 1987; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in red on yellow

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Posters

WV 237; 261; 338; 221: Preisgekrönte Kurzfilme; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in different color variations


↑ Plakate von Brecht-Aufführungen aus aller Welt im Parkettumgang des BERLINER ENSEMBLES Posters of Brecht performances from all over the world in the parquet gallery of the theater Photo: K.H. Drescher

→ Stefano Drescher und eine Litfaßsäule mit dem Plakat – DER ERSTE TAG DER FREIHEIT; 1975 Stefano Drescher and a advertising column with the poster – DER ERSTE TAG DER FREIHEIT; 1975 Photo: K.H. Drescher

→ Drescher in seinem Atelier vor dem Plakat ELISEZ LA COMMUNE Drescher in his studio in front of the poster ELISEZ LA COMMUNE

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→ Drescher vor dem Plakat – INTERNATIONALER BRECHT-DIALOG’88. Drescher in front of the poster – INTERNATIONALER BRECHT-DIALOG’88.

→ Drescher beim Entfernen eines Plakates am Aschetonnenhauses des BERLINER ENSEMBLE, an dem er die druckfrischen Plakate anbrachte Drescher removing a poster from the ashcan house des BERLINER ENSEMBLE, to which he affixed the freshly printed posters. ↓ Ankündigung eines Gastspiels in London Announcement of a guest performance in London

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POSTERS

AKADEMIE DER KUENSTE D Ende der 70er Jahre begann die Akademie ihren öffentlichen Umgang mit Film zu verstärken. Es war der Versuch, sich anhand von Filmen über gesellschaftspolitische Probleme öffentlich zu verständigen. Karl-Heinz Drescher gestaltete hierfür mehr als 40 Plakate und war zudem regelmäßiger Gast der Vorführungen. E At the end of the 1970s, the Academy began to enhance its public relations with motion pictures. It was an attempt to use films to publicly communicate about socio-political problems. Karl-Heinz Drescher designed more than 40 posters for this purpose and was also a regular guest at the screenings.

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Posters


WV 319: Experimentelles*, Dokumentares**, Fiktives***; 1998; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 81.2 × 57.5 cm; Letterpress in black, green, and orange

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Posters

WV 267: Als Berlin Germania heißen sollte; Eine Liebe in Berlin*; 1987; AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR; 57.4 × 81.2 cm; Letterpress in blue, red, and black


Trauer nicht überwältigen, suchte mir das leidlich gute Exemplar Lessing – ein Lesebuch heraus und verließ den gruseligen Ort. The Berliner Ensemble maintained long-standing ties with two major printing companies: the Druckkombinat Berlin, formerly Berek, and the printing company Rudi Arndt, the training center for the printing company Neues Deutschland. They handled large orders, such as posters, brochures, or program booklets. The contracting parties were obliged to provide specific services. The printing plants provided paper and printing capacity, the theater had to announce its print products a year in advance and provide precise information on paper quota, paper quality, format, color, illustrations – this at a time when no game plan had yet been determined. So we often had to play the lively game of finding the title. If we deviated from the planning, the print shop was entitled to wait to process the order until free capacities allowed it. We were constantly worried that we wouldn't have a program for the premiere. It was a miracle, under these conditions, that we always managed to get everything printed in time. Of course, when the party had to print its documents, everything was pulled from production and all efforts were in vain. The printing factory was located within the border zone and could only be entered with an entry permit. Visiting the production rooms was strictly forbidden, as they bordered the death strip. Thus, all work-related matters were settled in a meeting room beside the porter's lodge. It was, however, possible to outwit the guards. The printers knew of my love for old scripts. They took me by the hand and smuggled me past the “guard dogs" to show me their treasures. There they lay in long, high shelves, covered in decades of old dust. What a discovery, what an incredible thing to see! Golden brass letters surrounded by black, lead exclusion material, dark brown wood letters with the finest grain! I made my choice, the typesetters started to prepare the letters for printing. Thus, over the years, many a typeface poster was created in the old typesetting tradition. One day I was made aware that a new technology was about to be introduced. Typesetting via light, using a Diatype manual typesetting device. Lead typesetting was being phased out due to space constraints. I suggested that I keep a family of fonts with me, to have an impression made for further photographic use. Everything was well meant, I heard, but the work was too extensive, moreover, it was the people's property and was not allowed to pass into private hands. My next visit was a gruesome sight! The shelves were torn from their anchorages and tilted to the middle of the corridor. Below them, the letters piled up to form a desolate heap. Two workers shoveled their baskets full with huge forks. I rushed to the director to stop this madness. “How did you get in here anyway?" asked the director and reached for the telephone and called building security, who removed me from the premises: “You are lucky to be a good customer of ours!” In this same printing plant, I witnessed another act of vandalism after the fall of Communism. The manual typesetting department was cleared for looting. Where once there was meticulous order, now there was chaos. I felt sick, and although I would have liked to add a few letters to my collection, I couldn't touch anything. Johann Gutenberg's groundbreaking invention, which had contributed to the education of mankind for five hundred years, had landed in the garbage overnight! I saw the same sad scene in the courtyard of the educational institute Rudi Arndt. Here, I found the house library thrown onto a pile. This time I did not let myself be overwhelmed by the grief, picked out a reasonably good copy of Lessing – ein Lesebuch and left that creepy place. E

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Karl-Heinz Drescher ZUGVÖGEL / MIGRATORY BIRDS

1961, Anfang Dezember, fuhr ich mit dem Zug von Halle nach Berlin. In Luckenwalde, einer Kleinstadt 40 Kilometer südlich von Berlin, stieg ein alter Mann zu. Er nahm mir gegenüber Platz und wir kamen miteinander ins Gespräch. Er erzählte, dass er zum ersten Mal in seinem Leben Berlin besuchen wolle und ziemlich aufgeregt sei. Auf dem Ostbahnhof verabschiedeten wir uns und wünschten uns alles Gute. Ich war auf dem Wege zum Theater am Schiffbauerdamm zu einem Vorstellungsgespräch. Auch ich war aufgeregt, da von seinem Verlauf ein Engagement an diesem Theater abhing. Im Zimmer des Chefdramaturgen waren mehrere Leitungsmitglieder versammelt, u. a. die Intendantin, Frau Helene Weigel, der Chefbühnenbildner Karl von Appen und der Chefdramaturg Joachim Tenschert. Ich legte meine Diplomarbeit vor, die allseitige Zustimmung fand. Helene Weigel bot mir daraufhin ab 1. Januar 1962 die Mitarbeit am Berliner Ensemble an. Sie endete nach 37 Jahren, am 31. August 1999, mit einer Kündigung des Intendanten Claus Peymann. D

1961, in early December, I took a train from Halle to Berlin. In Luckenwalde, a small town 40 kilometers south of Berlin, an old man got on. He sat across from me, and we started talking. He said that for the first time in his life, he wanted to visit Berlin and that he was quite excited. At the Ostbahnhof, we said goodbye and wished each other all the best. I was on my way to the Theater am Schiffbauerdamm for an interview. I, too, was excited because this interview would determine whether I would get a job at that theater. In the chief dramaturge's office, several members of the management were gathered, among others the artistic director, Mrs. Helene Weigel, the principal stage designer Karl von Appen and the chief dramaturge Joachim Tenschert. I submitted my diploma thesis, which was met with approval from all sides. Helene Weigel then offered me the opportunity to work with the Berliner Ensemble from January 1st, 1962 onward. My work there ended after 37 years, on August 31st, 1999, with the resignation of the artistic director Claus Peymann. E

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K.H. Drescher


DOCUMENTATION

BRIEFE DER WEIGEL

D Die 1900 in Wien geborene Helene Weigel war Schauspielerin und Intendantin des BERLINER ENSEMBLES sowie die zweite Ehefrau von Bertolt Brecht. Unter der Intendanz Weigels arbeite Karl-Heinz Drescher am BE und stand im regelmäßigen Schriftverkehr mit ihr. Helene Weigel starb 1971 in Ost-Berlin. E Helene Weigel, born 1900 in Vienna, was an actress as well as artistic director of the BERLINER ENSEMBLE and Bertolt Brecht’s second wife. Karl-Heinz Drescher worked at the BE under her creative direction and was in regular correspondence with her. Helene Weigel died in East Berlin in 1971.

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Helene Weigel


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Helene Weigel


WV 33: Willenskundgebung der Kultur- und Geistesschaffenden; 1969; KULTURBUND DER DDR; 84.1 × 59.4 cm; Letterpress in red

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Posters

WV 113: Brecht-Bücher der DDR; 1978; BERLINER STADTBIBLIOTHEK; 84.1 × 59.4 cm; Letterpress in black


Jamie Murphy

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Dublin, IE

DER TYPOGRAF ALS MACHER / THE TYPOGRAPHER AS MAKER

Der physische Akt des Schaffens liegt in der Natur des Menschen. Das Leben eines Designers verläuft stetig zwischen verschiedenen Disziplinen, mit dem Ziel durch eigenes Schaffen persönliche und professionelle Erfüllung zu finden. Das Anordnen von Buchstaben und Wörtern auf ebenem Papier mit dem Ziel Informationen auf interessante Art und Weise zu präsentieren, kann für manch einen eine stumpfe und uninteressante Beschäftigung darstellen. Für andere wiederum ist es eine Aufgabe, der sie sich ein Leben lang widmen, angetrieben durch Hingabe und der Suche nach Perfektion. Das Ausmaß dieser Aufgabe drückte Jan Tschichold einst wundervoll in Worten aus. Seiner Meinung nach ist perfekte Typografie »eine der schwierigsten Künste überhaupt. Nur Steinskulpturen gleichen dieser Kunst in ihrem Eigensinn«. Anfang des 20. Jahrhunderts, einer turbulenten Zeit in der europäischen Politik, war Tschichold ein wichtiger Vertreter der Schriftgestaltung. Seine Ansichten dazu und zu Design im Allgemeinen waren revolutionär. Er bevorzugte eine neue, saubere Ästhetik und löste sich von traditionellen Serifenschriften sowie dekorativen, gebrochenen Schriften ab. Die Grotesk rückte in den Vordergrund. Karl-Heinz Drescher lernte die strengen deutschen typografischen Traditionen während seiner fünfjährigen Studienzeit an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle Burg Giebichenstein (1955–1960) kennen. Er befasste sich D

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außerdem mit Tschicholds Werk und dessen speziellen Ansichten zu Design sowie den Arbeiten anderer, jedoch gleichsam wichtiger Pioniere im Bereich der Schriftgestaltung, wie beispielsweise Jacob Erbar, Paul Renner und Herman Zapf. Während Dreschers Studienzeit fand auch eine Entwicklung hin zu einer zurückhaltenderen Ästhetik im Grafikdesign statt. Diese Entwicklung wurde zum großen Teil von den heutigen führenden deutschen Designern angetrieben. Reine Typografie, behutsam ausgewählte Kompositionen, die in einfachen, rationalen Rastern angeordnet wurden, vermittelten Informationen auf eine abstrakte Art und Weise. Herausragende Typografie wurde als Einheit in sich verstanden. Dekoration galt als überflüssig und überladen. Dass all die Vorreiter dieser Art von Schriftgestaltung anfangs hauptsächlich mit Hochdruck arbeiteten, ist ein Detail, das oftmals übersehen wird. Zu einer Zeit, in der Lettern auf Papier gestaltet wurden, aus Blei gegossen oder aus Holz geschnitten wurden und mit Farbe gedruckt wurden, stachen sie mit ihren Arbeiten deutlich hervor. Die Idee von »Typografie erschaffen« steckt also im Herzen des Hochdrucks. Einzelne, greifbare Teile werden erst zu Wörtern und dann zu Linien und Paragrafen zusammengeführt bis schließlich alles zusammen eine Buchseite oder ein Plakat füllt. All diese Schritte erfolgten per Hand, wobei die Kommunikationsabsicht der Typografie immer im Hinterkopf behalten wurde.


In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer aufwühlenden Zeit für die europäische Politik, war Drescher in der DDR tätig. 1962 begann er für das Berliner Ensemble zu arbeiten. Obwohl ihm als Designer verschiedene Produktionsmethoden offen standen, entschied er sich dafür, die Mehrheit seiner Arbeiten weiterhin im Hochdruck anzufertigen. Wenn man seine Plakate für das Berliner Ensemble mit denen seiner Vorgänger vergleicht, so stechen schnell die Unterschiede hervor. Das Besondere an Dreschers Arbeiten waren der unverkennbare typografische Stil und die Typografie als Inhaltsträger. Jedes seiner Plakate folgt einer strengen Informationsanordnung, die fast nie durch illustrative Bilder gebrochen wird. Auf seinem Plakat zu einer Aufführung von Der Grosse Gesang (1974) wird besonders deutlich, wie Drescher direkte Informationsvermittlung mit einem frischen, modernen typografischen Ansatz verbindet. Der Stern mit fünf Spitzen wird hierbei als grafisches Element verwendet, das eine ikonische Bedeutung hat und mit positiv bewerteten Veranstaltungen assoziiert wird. Somit wird die Wahrnehmung des Betrachters direkt beeinflusst. In Dreschers Arbeiten erkennt man durchgehend eine starke Vorliebe für einfache, serifenlose Schriften, die größtenteils auf traditionellen »Grotesken« oder neueren geometrischen serifenlosen Schnitten aus der Mitte des 20. Jahrhunderts beruhen. Sein herausstechende Gestaltung für das Plakat Busch singt (1983) zeichnet sich durch kreative Zahlen, die Schriftgröße sowie das Überdrucken der beiden Ebenen aus. Die Ausdrucksstärke des Plakats liegt in seiner sauberen Typografie. Ein einfaches grafisches Mittel, das den Blick des Betrachters leitet, sind die dicken, schwarzen Linien. Die Schriftgröße spielt im modernen Schriftgestaltung eine wichtige Rolle, bei dem interessante Kompositionen im Vordergrund stehen, die mühelos scheinen, bei genauem Anblick jedoch das 197

Ergebnis sorgfältiger Vorbereitung sind. Bei Dreschers Plakat zu Der erste Film (1983) ist das zentrale Motiv stufenweise angeordnet, wobei sich jeweils eine Information in einer Stufe wiederfindet. Im Gegensatz zu seinem herkömmlichen typografischen Stil, richtet er bei diesem Plakat auch eine Reihe von Textelementen, die in sich komplexe Informationen enthalten, zentral aus, nutzt Unterstreichungen und schreibt manche Wörter ganz in Großbuchstaben. Es sei einem verziehen, wenn man möglicherweise denkt, diese Plakate wären erst kürzlich im Kontext einer neuen, frischen Entwicklung europäischen Designs entstanden. Erfahrende Designer können allerdings sofort die Verbindung zu der goldenen Ära des Typedesigns des 20. Jahrhunderts herstellen, in der der Hochdruck die bevorzugte Technik war. Heute werden wieder große, saubere Grafiken bevorzugt, die nicht nach strengen Rastersystemen angeordnet sind, um dem kontemporären Grafikdesign einen frischen Schwung zu verleihen. Hochdruck hat in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erlebt, das traditionelle feingedruckte Buch wurde vom experimentellen Plakat abgelöst. Junge Designer sind auf der Suche nach den Grenzen des Hochdrucks und wollen diese überwinden. Diese Designer lösen sich in gewisser Weise vom monotonen Computerbildschirm und geben sich der Liebe hin, Typografie von Hand zu schaffen. Mit dieser neuen Entwicklung kommt auch die Begierde das Bisherige zu verstehen und daraus Erkenntnisse zu gewinnen. Und dieses neue Interesse bei Designern inspiriert eine wundervolle Welle junger Interpretationen. Das Ergebnis ist eine Rückbesinnung zu greifbaren Designs, sowohl bei Büchern als auch bei großen Plakaten. Man ist nicht mehr bereit, fertige, jederzeit verfügbare Schriftgestaltungen zu nutzen sondern experimentiert mit eigenen Methoden, um Schriften herzustellen – genauso wie es die Pioniere des frühen 20. Jahrhunderts auf

Jamie Murphy


WV 212: Neue Texte; 1984; BERLINER ENSEMBLE; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in dark violet on light violet

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Posters

WV 269: Heinz Kamnitzer — Ich bin wer ich bin; 1987; BERLINER ENSEMBLE; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in black on orange


WV 295: Zu Gast im Berliner Ensemble; 1988; BERLINER ENSEMBLE; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in black on green

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Posters

WV 124: Paul Grazik, Lisa, Herbert Matusche – Prognose; 1979; BERLINER ENSEMBLE; 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in red and yellow


Autoren  / Authors

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René Grohnert Kempen (DE) Leiter Deutsches Plakat Museum Essen Head of the German Poster Museum Essen

Geboren 1956 in Berlin, Studium der Museologie in Leipzig und Studium der Kunstgeschichte in Halle (Saale), Arbeit als Kurator der Plakatsammlung des Museums für Deutsche Geschichte, Deutsches Historisches Museum, dabei unter anderem Betreuung der Sammlung Sachs und Verfasser der Arbeit Hans Sachs und seine Plakatsammlung, gemeinsam mit Helmut Rademacher Kurator der Ausstellung Kunst! Kommerz! Visionen! Deutsche Plakate 1888–1933 im Deutschen Historischen Museum in Berlin (1992), zusammen mit Jörg Weigelt Gründung von Plakat Konzepte Grohnert & Weigelt und Mitherausgeber der Zeitschrift PlakatJournal, seit 2005 Leiter des Deutschen Plakat Museums in Essen und als solcher Kurator zahlreicher Plakatausstellungen sowie Herausgeber der entsprechenden Kataloge, u. a. Zeitzeiger. Plakate aus zwei Jahrhunderten (2007), Du kommst auch noch in Mode. Plakate von Martin Kippenberger, (2014), gemeinsam mit Karl Lagerfeld Herausgeber der Edition Reklame. Frühe Werbung auf Plakaten (2013). René Grohnert lebt in Kempen am Niederrhein, ist verheiratet und hat zwei Kinder. D

Born 1956 in Berlin, studied Museology in Leipzig and Art History in Halle (Saale), curator of the poster collection for the Museum of German History (Deutsches Historisches Museum) among other things, the supervision of the Sachs Collection and author of the work Hans Sachs und seine Plakatsammlung, together with Helmut Rademacher, curator of the exhibition Kunst! Kommerz! Visionen! Deutsche Plakate 1888–1933 (Art! Commerce! Visions! German posters 1888–1933) at the German Historical Museum in Berlin (1992), in collaboration with the Jörg Weigelt foundation of PlakatKonzepte Grohnert & Weigelt and co-editor of the magazine PlakatJournal, director of the German Poster Museum in Essen since 2005 and as such curator of numerous poster exhibitions, as well as editor of the corresponding catalogs, among others Zeitzeiger. Plakate aus zwei Jahrhunderten (2007), Du kommst auch noch in Mode. Plakate von Martin Kippenberger, (2014), editor of the edition Reklame. Early advertising on posters (2013), together with Karl Lagerfeld. René Grohnert lives in Kempen and is married. He has two children. E

Friedrich Dieckmann Berlin (DE) Schriftsteller und Publizist Writer and publicist

Berliner Ensemble (1971), Streifzüge (Aufsätze und Kritiken, 1977), Theaterbilder (Studien und Berichte, 1978), Richard Wagner in Venedig (1983), Die Geschichte Don Giovannis (1991), Die Plakate des Berliner Ensembles (mit Karl-Heinz Drescher, 1992), Franz Schubert / Eine Annäherung (1996), Die Freiheit ein Augenblick (2002), Wer war Brecht? (2003), Der junge Mann Schiller (2005), Geglückte Balance / Auf Goethe blickend (2008), Schillers Jahrhundertwende (2009), Das Liebesverbot und die Revolution / Über Wagner (2013). In der edition suhrkamp vier Essaybände zum Prozess der deutschen Vereinigung. Friedrich Dieckmann ist Träger des Heinrich-Mann- und des Johann-HeinrichMerck-Preises. Er ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin und Dresden und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. E Born 1937 in Landsberg an der Warthe, Dieckmann is a writer and publicist who lives in Berlin. He studied German studies, philosophy, and physics in Leipzig, 1972 to 1976 he was a dramatic advisor at the Berliner Ensemble. Dr. Phil. h. c. from HumboldtUniversität zu Berlin. Book publications include (selection): Karl von Appens Bühnenbilder am Berliner Ensemble (1971), Streifzüge (essays and reviews, 1977), Theaterbilder (studies and reports, 1978), Richard Wagner in Venice (1983), Die Geschichte Don Giovannis (1991), Die Plakate des Berliner Ensembles (with KarlHeinz Drescher, 1992), Franz Schubert / Eine Annäherung (1996), Die Freiheit in Augenblick (2002), Wer war Brecht? (2003), Der junge Mann Schiller (2005), Geglückte Balance / Auf Goethe blickend (2008), Schillers Jahrhundertwende (2009), Das Liebesverbot und die Revolution / Über Wagner (2013). Published four compilations of essays about the process of German reunification for edition suhrkamp. Friedrich Dieckmann is a recipient of the Heinrich Mann and Johann Heinrich Merck Prize. He is a member of the Akademie der Künste in Berlin and Dresden and the German Academy for Language and Poetry.

Sylke Wunderlich Berlin (DE) Leiterin Stiftung Plakat OST

Geboren 1937 in Landsberg an der Warthe, Schriftsteller und Publizist, lebt in Berlin. Studium in Leipzig (Germanistik, Philosophie und Physik), 1972 bis 1976 Dramaturg am Berliner Ensemble. Dr. phil. h. c. der Humboldt-Universität zu Berlin. Buchpublikationen (Auswahl): Karl von Appens Bühnenbilder am

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Bühnenbildner und Plakatgestalter Stage- and poster designer

Geboren 1937 in Halle (Saale), studierte von 1955 bis 1960 zusammen mit Karl-Heinz Drescher an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle Burg Giebichenstein in den Fachbereichen Keramik, Architektur und Grafik. 1972 begann er als Bühnenbildner für internationale Theater und Opernhäuser zu arbeiten. 1993 begann er seine Lehrtätigkeit an der heimatstädtischen Hochschule und übernahm 1994 die Professur für Kommunikationsdesign, die er bis zu seiner Emeritierung 2003 innehatte. Von 1999 bis 2004 war er Präsident der Freien Akademie der Künste in Leipzig. Im Jahr 2015 hat Helmut Brade sein 700. Plakat veröffentlicht. Seit fast 50 Jahren gestaltet er Plakate für Theater, Oper, Museen und Kinos. Er ist Mitglied in der Alliance Graphique Internationale und lebt in Halle (Saale). D

Born in 1937 in Halle (Saale), Brade studied Ceramics, Architecture, and Graphic Design with Karl-Heinz Drescher at Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle Burg Giebichenstein, from 1955 to 1960. In 1972 he began working as a stage designer for international theaters and opera houses. In 1993 he began teaching at a local university and in 1994 took over the professorship for Communication Design, which he held until his retirement in 2003. From 1999 to 2004, he was president of the Freie Akademie der Künste in Leipzig. Helmut Brade published his 700th poster in 2015. He has been designing posters for theaters, opera houses, museums, and cinemas for almost 50 years. He is a member of the Alliance Graphique Internationale and lives in Halle (Saale). E

Head of Stiftung Plakat OST

Alessandro Drescher Berlin (DE) Landschaftsarchitekt und Sohn Dreschers Landscape architect and son of Drescher

D Geboren 1958 in Leipzig, Studium der Kunstgeschichte in Leipzig; seit 1984 in Berlin als freiberufliche Kunsthistorikerin tätig; 1996 bis 2009 Lehraufträge an den Designschulen Anklam und Schwerin, seit 2009 an der Best-Sabel Designschule Berlin zur Design-, Schrift-, Kunst- und Kostümgeschichte; 2003 Promotion zur Plakatkunst in der DDR an der Universität Leipzig; 2009 Gründung der Stiftung Plakat OST in Berlin und Mitbegründerin der Internet-Plattform plakat-sozial.

Born 1958 in Leipzig, studied Art History in Leipzig; freelance art historian in Berlin since 1984; 1996 to 2009 teaching positions at the design schools of Anklam and Schwerin, since 2009 at the Best-Sabel Design-School Berlin teaching history of Design, Writing, Art, and Costumes; 2003 doctorate on poster art in the GDR at the Leipzig University; 2009 establishment of the Stiftung Plakat OST in Berlin and co-founder of the internet platform plakat-sozial. E

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Helmut Brade Halle (Saale) (DE)

Appendix

Als Sohn von Karl-Heinz und Cesarina Drescher 1976 in Venedig geboren, wuchs er in Berlin auf. Dort absolvierte er sein Abitur und anschließend seinen Zivildienst. Nach einem Studium an der TU Berlin zum Diplom-Ingenieur für Landschaftsplanung arbeitet er als Landschaftsarchitekt in Berlin. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. D

The son of Karl-Heinz and Cesarina Drescher was born in Venice in 1976 and grew up in Berlin. There he graduated from high school and then did his civilian service. He studied landscape engineering and planning at TU Berlin. He is married and has two children. E


Tankred Dorst, Heiner Müller (together with Galvani), Volker Braun, and Franz Xaver Kroetz into Italian. His sociological works cover Antonio Gramsci, Alexander Langer, Heiner Müller, Pier Paolo Pasolini, Jean-Marie Straub, and Franz von Assisi. Between 1989 and 1992 he published interviews with Karl-Heinz Drescher, Mittenzwei, Heiner Müller, Jürgen Kuczynski, Utz and Lesja Havemann, and Käthe Reichel, as a staff member of the Roman magazine IL PASSAGGIO.

Markus Lange  Leipzig (DE) Grafikdesigner, Dozent und Herausgeber Graphic designer, lecturer, and editor

D Geboren 1985 in Bautzen, ist Grafikdesigner und studierte Kommunikationsdesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle (Saale) und schloss sein Studium 2016 mit dem Master im Bereich Editorialdesign ab. Er arbeitete unter anderem für Edwin van Gelder, Adriaan Mellegers und Vanessa van Dam in Amsterdam und gründete 2014 zusammen mit der Produktdesignerin Sophie von Gebhardi ein multidisziplinäres Designstudio in Leipzig. Er arbeitet experimentell und konzeptionell in verschiedenen Bereichen des Grafikdesign. 2014 gründete er zusammen mit Lars Harmsen das Plakat-Siebdruck-Kollektiv Poster Rex bei dem sie weltweit mit Gestaltern Plakate drucken. Er gab verschiedene Workshops und Talks an der Fachhochschule Dortmund, Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe (HfG), der Muthesius Kunsthochschule Kiel, Fakultät für Design und Künste –  Freie Universität Bozen-Bolzano in Italien, der IADE –  Universidade Europeia, Lisbon in Portugal und der Amerikanischen Universität in Kairo. Seit 2018 ist er an der Deutschen Universität in Kairo als Dozent tätig und lebt in Leipzig und Kairo.

E Born in Bautzen in 1985, graphic designer. He studied Communication Design at Burg Giebichenstein University of Art and Design Halle (Saale), and graduated in 2016 with a master's degree in Editorial Design. He has worked for Edwin van Gelder, Adriaan Mellegers, and Vanessa van Dam in Amsterdam and founded a multidisciplinary design studio in Leipzig in 2014, together with product designer Sophie von Gebhardi. He works experimentally and conceptually in various areas of graphic design. In 2014 he founded the poster screen printing collective Poster Rex together with Lars Harmsen, traveling around the world to print posters with different international designers. He has held various workshops and talks at the University of Applied Sciences Dortmund, the Karlsruhe University of Arts and Design, the Muthesius University of Fine Arts and Design in Kiel, the Faculty of Design and Art – Free University of Bozen-Bolzano in Italy, the IADE Creative University, Lisbon in Portugal and the American University in Cairo in Egypt. Since 2018 he is working as a lecturer at the German University in Cairo and has been living in Leipzig and Cairo.

Karl-Heinz Drescher 1936 – 2011 Gestalter und Autor Designer and author

D Geboren 1936 in Quirl / Riesengebirge war ein deutscher Grafiker. Nach seinem Abitur im Jahre 1955 Neustadt / Orla, studierte er bis 1960 an der Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle Burg Giebichenstein Gebrauchsgrafik bei Walter Funkat. Nach zwei Jahren freischaffender Tätigkeit als Grafiker in Halle (Saale), wurde er schließlich 1962 am von Bertolt Brecht gegründeten Berliner Ensemble als Theatergrafiker engagiert. Es folgten 37 Jahre Arbeit als Theatergrafiker. Karl-Heinz Dreschers Werkverzeichnis umfasst weit über 400 Plakate. Die meisten davon waren für das Berliner Ensemble. Aber auch für andere Theater wie beispielsweise das BAT (Berliner Arbeiter-Theater), das Maxim-Gorki-Theater Berlin, die Deutsche Staatsoper Berlin, die Akademie der Künste der DDR und das Deutsche Theater Berlin lieferte er zahlreiche Arbeiten ab. Karl-Heinz Drescher war mit seinen Werken vielfach in der Auswahl Die 100 besten Plakate des Jahres der DDR vertreten und wurde in den Jahren 1971, 1973, 1974, 1979, 1987 mit dem 1. Preis, 1989 mit dem 2. Preis und 1981 mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Karl-Heinz Drescher starb am 19. Mai 2011 in Berlin.

E Born 1936 in Quirl / Riesengebirge, he was a German graphic artist. After his in 1955 Neustadt / Orla, he studied at the Hochschule für industrielle Formgestaltung Halle Burg Giebichenstein until 1960. He studied Commercial Art at Burg Giebichenstein University of Art and Design Halle under the tutelage of Walter Funkat. After two years as a freelance graphic artist in Halle (Saale), he was finally employed as a theater graphic artist by the Berliner Ensemble, founded by Bertolt Brecht, in 1962. This was followed by 37 years of work as a theater graphic artist. Karl-Heinz Drescher's catalog of works comprises well over 400 posters. Most of them were for the Berliner Ensemble. But he also produced numerous works for other theaters such as the BAT (Berliner Arbeiter-Theater), the Maxim-Gorki-Theater Berlin, Deutsche Staatsoper Berlin, Akademie der Künste der DDR and the Deutsche Theater Berlin. Karl-Heinz Drescher's works were represented many times in the selection Die 100 besten Plakate des Jahres der DDR and were awarded the 1st prize in 1971, 1973, 1974, 1979, 1987, the 2nd prize in 1989 and the 3rd prize in 1981. Karl-Heinz Drescher died on 19 May 2011 in Berlin.

Helene Weigl 1900 – 1971 Schauspielerin und Intendantin Actress and artistic director

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D Geboren 1900 in Wien, war eine österreichischdeutsche Schauspielerin und Intendantin des Berliner Ensembles. Ihre Bedeutung für das Gegenwartstheater geht auf ihr ungewöhnliches schauspielerisches

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Talent und die später daraus entwickelten Darstellungstechniken für das epische Theater Bertolt Brechts zurück. Ihr gestisches, leises und erzählendes Spiel war in der Weimarer Republik auch ein Gegenentwurf zur lautstarken NS-Propaganda. Als weitere große Leistungen gelten Aufbau und Erhalt des Berliner Ensembles, der Schutz von Brechts Werk vor Zensur und die umfangreiche Dokumentation seiner Arbeit. Helene Weigel starb am 6. Mai 1971 in Ost-Berlin. E A German-Austrian actress and director of the Berliner Ensemble, she was born in Vienna in 1900. Her significance for contemporary theater can be traced back to her unusual acting talent and the techniques she later developed for the epic theater of Bertolt Brecht. In the Weimar Republic, her gestural, quiet, and narrative play was also an alternative to the loud Nazi propaganda. Other significant achievements included the establishment and preservation of the Berliner Ensemble, the protection of Brecht's work from censorship, and the extensive documentation of his work. Helene Weigel died on May 6th, 1971 in East Berlin.

Bertolt Brecht 1898 – 1956 Dramatiker, Lyriker und Librettist Playwright, poet, and librettist

D Eugen Berthold Friedrich Brecht wurde am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Er war der einflussreichste deutsche Dramatiker, Lyriker und Librettist des 20. Jahrhunderts. Er war Mitbegründer und maßgeblicher Theoretiker des »epischen Theaters«. Seine Bühnenstücke werden bis heute weltweit zur Aufführung gebracht; seine Gedichte wurden in nahezu alle Weltsprachen übersetzt. 1922 wurde sein erstes Stück Trommeln in der Nacht in München uraufgeführt; sein Drama Baal erschien in Buchform. 1928 wurde Die Dreigroschenoper im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt. Damit führte Brecht das von ihm konzipierte »epische Theater« ein. 1933 flüchtete Bertolt Brecht mit seiner Familie nach Prag. Weitere Stationen seines Exils waren Carona in der Schweiz, Paris, Dänemark, Schweden, Finnland und die USA. 1949 siedelte er nach Ost-Berlin über, wo Helene Weigel mit der Gründung des Berliner Ensemble beauftragt worden war. Brecht wurde Künstlerischer Leiter des Theaters. Am 14. August 1956 starb Bertolt Brecht an den Folgen eines Herzinfarkts.

E Eugen Berthold Friedrich Brecht was born on February 10th, 1898 in Augsburg. He was the most influential German playwright, poet, and librettist of the 20th century. He was co-founder and authoritative theorist of “epic theater." His stage plays are still performed all over the world; his poems have been translated into almost all world languages. In 1922 his first play Trommeln in der Nacht was premiered in Munich; his drama Baal appeared in book form. In 1928 Die Dreigroschenoper was premiered at the Theater am Schiffbauerdamm. Thus Brecht introduced the “epische Theater" conceived by him. In 1933 Bertolt Brecht fled with his family to Prague. Further stations of his exile were Carona in Switzerland, Paris, Denmark, Sweden, Finland, and the USA. In 1949 he moved to East Berlin, where Helene Weigel had been commissioned to found the Berliner Ensemble. Brecht became the artistic director of the theater. On August 14th, 1956 Bertolt Brecht died of the consequences of a heart attack.



Werkverzeichnis  / Catalog

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WV 263

Jorge Diaz: Diese ganze lange Nacht → 1987

In the selection “Die 100 besten Plakate des Jahres der DDR, 1987” WV 187

WV 19

Bertolt Brecht: Die heilige Johanna der Schlachthöfe → 1968

Volker Braun: Tinka → 1982

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Letterpress in black and yellow Druckkombinat Berlin 800 copies WV 002

Bertolt Brecht: Die Tage der Commune → 1962

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Letterpress in red and black Druckkombinat Berlin 1,000 copies In the selection “Die 100 besten Plakate des Jahres der DDR, 1982” WV 90

WV 247

Eberhard Fechner: Der Prozess → 1986

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Letterpress in red VEB Graphische Werkstätten Berlin 1,000 copies In the selection “Die 100 besten Plakate des Jahres der DDR, 1968” WV 85

Leon Kruczkowski: Der erste Tag der Freiheit → 1975

Bertolt Brecht: Der kaukasische Kreidekreis → 1976 BERLINER ENSEMBLE 84.4 × 59 cm Offset print in black and red VEB Graphische Werkstätten Berlin 1,000 copies WV 148

Volker Braun: Simplex Deutsch → 1980

BERLINER ENSEMBLE 84.2 × 60.4 cm Letterpress in black and light brown Druckkombinat Berlin 1,000 copies

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Offset print in black and red Druckkombinat Berlin 1,000 copies WV 44

Erwin Strittmatter: Katzgraben → 1972

Premieren Sean O’Casey: Kikeriki Bertolt Brecht: Im Dickicht der Städte → 1970 BERLINER ENSEMBLE 84 × 60 cm Linocut and letterpress printing in black and light brown Druckkombinat Berlin 1,000 copies

WV 275

Marieluise Fleißer: Fegefeuer in Ingolstadt → 1987

BERLINER ENSEMBLE 84.1 × 59.4 cm Letterpress in orange and brown VEB Druckkombinat Berlin 1,000 copies

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Offset print in black and red Betriebsschule Rudi Arndt 1,200 copies

WV 216

Tag der Künste → 1984

AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR 81.2 × 57.4 cm

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AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR 81.2 × 57.4 cm; Letterpress in black Druckkombinat Berlin; 900 copies WV 123

Filme von Santiago Alvarez: Der Tiger sprang … → 1978

AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR 84.1 × 59.4 cm Letterpress in blue and red Druckkombinat Berlin 2,000 copies WV 200

Filme über Chile → 1983

WV 36

BERLINER ENSEMBLE 81.2 × 57.4 cm Letterpress in black on white Druckkombinat Berlin 800 copies

Letterpress in red and orange Druckkombinat Berlin 1,000 copies

Appendix

AKADEMIE DER KÜNSTE DER DDR 81.2 × 57.4 cm Letterpress in black Druckkombinat Berlin 1,100 copies


Impressum   /  Imprint

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K.H. DRESCHER BERLIN TYPO POSTERS, TEXTS AND INTERVIEWS Eine Publikation über den Gestalter / A Publication about the Designer – Karl-Heinz Drescher (1937–2011)

ACKNOWLEDEGMENT Thank you Karl-Heinz Drescher for your wonderful and inspiring work. Unfortunately I could not get to know you for the rest of your life, but your work has accompanied me for a very long time and I hope that I can pass on some of my enthusiasm for your design to others and that their work can live on a little longer. Thank you very much!

Concept and Design Markus Lange, Leipzig studiomarkuslange.com @markus_lange

My biggest thanks go to Cesarina, Allesandro, and Stefano Drescher and their helpfulness and time in all matters, without this help this book would not have been possible.

Publisher Slanted Publishers Nebeniusstraße 10 76137 Karlsruhe, Germany T +49 (0) 721 85148268 info@slanted.de slanted.de @slanted_publishers

Special thanks go to Anna Berkenbusch for the support and supervision of the project and her trust during my master studies at Burg Giebichenstein University of Art and Design Halle. I would also like to thank all those involved in the project during my time at Burg Giebichenstein. Thank you! In the following I would like to thank all the authors and participants of this project and apologize to those whose names I have forgotten. I thank you all from the bottom of my heart.

Slanted Publishers, Karlsruhe, 2020 All rights reserved. ISBN 978-3-948440-00-8 Project management publisher Lars Harmsen, Julia Kahl Translation Anh Quynh Lengoc, Lies Wolf Proofreading Rebecca Gürnth, Isabella Krüger, Gabriele Porada Final Artwork and Production Julia Kahl, Clara Weinreich Printing Stober, Eggenstein stober.de Paper Cover WestRock Crescendo, C1S 300 g / qm WestRock, westrock.com Paper Content Holmen TRND 2.0, 80 g / qm Holmen Paper, holmen.com Edition 800 Typefaces Dialogue Ruth,Tony & Narrator by Manuel von Gebhardi Druk Bold & Wide Super by Berton Hasebe Monument Grotesk by Dinamo

René Grohnert, Friedrich Dieckmann, Gerd Fleischmann, Helmut Brade, Niklaus Troxler, Vera Tenschert, Jamie Murphy, Sylke Wunderlich, P98a, Erik Spiekermann, Ferdinand Ulrich, Peter Kammerer, Gabriele Porada, Götz Gramlich, Archiv Burg Giebichenstein University of Art and Design Halle, Archiv des Berliner Ensemble, Archiv der Akademie der Künste Berlin, Stiftung Plakat Ost, Frank Robrecht, Frank Just, Rebecca Gürnth, Anh Quynh Lengoc, Lies Wolf, Thomas Appelius, Patrick Schwarz, Slanted Publishers, Lars Harmsen, Julia Kahl, Clara Weinreich, Sven Völker, Pierre Pané-Farré, Sophie and Manuel von Gebhardi, Falko Gerlinghoff, Phillip Neumann, all my friends, my family, and everybody who made this book possible! Thank you all! Unfortunately it was not possible to determine the authors of all photos. Many thanks to the friendly permission of the Drescher family to use all the pictures and content. DISCLAIMER The publisher assumes no responsibility for the accuracy of all information. Publisher and editor assume that material that was made available for publishing, is free of third party rights. Reproduction and storage require the per mission of the publisher. Photos and texts are welcome, but there is no liability. Signed contributions do not necessarily represent the opinion of the publisher or the editor. Alle Rechte sind vorbehalten. Das Werk einschließlich aller Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne die Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere

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Imprint

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Einspeicherung und die Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Herausgeber haften nicht für Schäden, es sei denn, dass ein Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit seitens der Herausgeber verursacht wurde. KICKSTARTER SUPPORT Thanks to all the 301 backers who helped to fund this book and celebrate the wonderful work of Karl-Heinz Drescher. These people made an extra generous donation. We call them supporters and sponsors! SUPPORTERS Sophie and Manuel von Gebhardi kreuzwerker Falko Gerlinghoff eStudio Calamar Camille Le Lous and Sven Bielig Matthias Fritsch Stéphane de Schrevel Juliane Pieper, Illustratorin Vicente Latorre Birgit Tümmers Alexandre Meireles Machado, SOMA STUDIO Reinhard Berlin Isaiah Whisner Sabine Haag Eps51 graphic design studio Boris Kochan Manuela Modesto Jernigan Marco Haslach Melinda Green Ryan Vicente Lee Grees Guy Martin Kelvin Govey, Quit When Dead Scott Ilsley Jochen Braun Murielle Cassidy Deborah Auld Mathias Jespersen SPONSORS Sabine and Thomas Lange Ingeborg Bundesmann Prof. Andrea Tinnes, Burg Giebichenstein University of Art and Design Halle Kunsthochschule Halle With the friendly support of



MARKUS LANGE Born in Bautzen in 1985, graphic designer. He studied Communication Design at Burg Giebichenstein University of Art and Design in Halle (Saale), and graduated in 2016 with a master’s degree in Editorial Design. He has worked for Edwin van Gelder, Adriaan Mellegers, and Vanessa van Dam in Amsterdam and founded the multidisciplinary design studio FARN in Leipzig in 2014, together with product designer Sophie von Gebhardi. He works experimentally and conceptually in various areas of graphic design. In 2014 he founded the poster screen printing collective POSTER REX together with Lars Harmsen. Markus Lange has held various workshops at the University of Applied Sciences Dortmund, the HfG Karlsruhe, the Muthesius University of Fine Arts and Design Kiel, the Faculty of Design and Art  –  Free University of Bolzano in Italy, the European University of Lisbon in Portugal and the American University in Cairo in Egypt. Since 2018 he is working as a lecturer at the German University in Cairo and has been living in Leipzig and Cairo. SLANTED PUBLISHERS Internationally active publishing and media house founded in 2014 by Lars Harmsen and Julia Kahl. They publish the award-winning print magazine Slanted, covering international developments in design and culture twice a year. Since its establishment in 2004, the daily Slanted blog highlights events and news from an international design scene and showcases inspiring portfolios from all over the world. In addition to the blog and magazine, Slanted Publishers initiates and creates projects such as the Yearbook of Type, tear-off calendars Typodarium and Photodarium, independent type foundry VolcanoType and other design -related projects and publications. Slanted was born from great passion and has made a name for itself across the globe. Its design is vibrant and inspiring  –  its philosophy open-minded, tolerant, and curious.

Markus Lange Geboren 1985 in Bautzen, ist Grafikdesigner und studierte Kommunikationsdesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule in Halle (Saale) und schloss sein Studium 2016 mit dem Master in Editorialdesign ab. Er arbeitete unter anderem für Edwin van Gelder, Adriaan Mellegers und Vanessa van Dam in Amsterdam und gründete 2014 zusammen mit der Produktdesignerin Sophie von Gebhardi das multidisziplinäre Design-Studio FARN in Leipzig. Er arbeitet experimentell und konzeptionell in verschiedenen Bereichen des Grafikdesign. 2014 gründete er zusammen mit Lars Harmsen das Plakat-Siebdruck-Kollektiv POSTER REX. Markus Lange gab verschiedene Workshops an der Fachhochschule Dortmund, Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, der Muthesius Kunsthochschule in Kiel, Faculty of Design and Art  –  Freien Universität Bozen in Italien, der Europäischen Universität Lissabon in Portugal sowie der Amerikanischen Universität in Kairo. Seit 2018 ist er als Dozent an der Deutschen Universität in Kairo als Dozent tätig und lebt in Leipzig und Kairo. SLANTED PUBLISHERS Slanted Publishers ist ein unabhängiger Verlag und Medienhaus, welches 2014 von Lars Harmsen und Julia Kahl gegründet wurde und international tätig ist. Sie veröffentlichen das vielfach ausgezeichnete Printmagazin Slanted, welches zwei mal jährlich den Fokus auf internationales Design- und Kulturschaffen legt. Im Slanted Blog und den sozialen Medien werden seit 16 Jahren täglich News und Veranstaltungen aus der internationalen Designszene veröffentlicht und inspirierende Portfolios aus aller Welt präsentiert. Neben dem Slanted Blog und Magazin entstehen bei Slanted Publishers weitere Publikationen, die sich mit dem Spannungsfeld zwischen zeitgenössischer Kunst, Illustration und Typografie beschäftigen, wie z.    B . dem Yearbook of Type, den Abreißkalendern Typodarium und Photodarium oder dem unabhängigen Schriftenverlag VolcanoType. Slanted entstand aus einer großen Passion heraus und hat sich einen Namen auf internationaler Ebene gemacht. Das Design ist lebhaft und inspirierend  –  die Philosophie weltoffen, tolerant und neugierig.


Edited by Markus Lange Published by Slanted Publishers

978-3-948440-00-8


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