Fallbeispiele Rettungsdienst 3

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P. G. Knacke

Peer G. Knacke Medikamenten, deren Dosierung und weitere Therapien jeweils erörtert werden. Bei jedem Fall werden die Leser ermuntert, unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung und Erfahrung sowie ihrer lokalen „Rettungsdienst- und Kliniklandschaft“ zu überlegen, wie sie gehandelt hätten. Die beschriebenen Fälle entstammen alle dem Rettungsdienstalltag und sind als Lern- und nicht als Lehrbeispiele zu verstehen. Sie stellen die Abarbeitung zur Diskussion und kommen daher auch in Prüfungssituationen regelmäßig zur Anwendung. Der Autor fordert die Leserschaft anhand der dargestellten Fallbeispiele auf, Handlungs­ alternativen zu entwickeln.

Fallbeispiele Rettungsdienst 3 ISBN 978-3-943174-59-5 www.skverlag.de

Fallbeispiele Rettungsdienst 3

Im bereits dritten Band der Fallbeispiele Rettungsdienst werden wieder reale Einsätze ausführlich geschildert und die medizinische Versorgung dargestellt. Klar strukturiert und großzügig bebildert, werden für jeden Fall die Einsatzmeldung, Lage und A ­ namnese, das Erkennen der möglichen oder exis­tenten Vitalgefährdung und die zielgerichtete Therapie beschrieben. Das jeweilige Vorgehen richtet sich nach dem international bewährten ABCDE-Schema. Die folgende Diskussion und detaillierte Fragen zu den Fällen sollen zum Nachdenken anregen. Im Verlauf der Einsatzbeispiele können die Verabreichung von

Peer G. Knacke

Fallbeispiele Rettungsdienst 3



Fallbeispiele Rettungsdienst 3 Peer G. Knacke

Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht 2016


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Druck: M.P. Media-Print Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn

Umschlagfotos: Peer G. Knacke ISBN 978-3-943174-59-5


˘ Inhalt

Fallbeispiele Rettungsdienst 3

Inhalt Vorwort.............................................................................................................................7 Abkürzungen ..................................................................................................................8

Allgemeiner Teil. .......................................................................................11 1

Verkehrsunfall Autobahn..................................................................................13

2

Sturz durch Dach.................................................................................................23

3

Schmerz in der Brust...........................................................................................27

4

Kind angefahren.................................................................................................33

5

Motorradunfall....................................................................................................37

6

Bewusstseinsgetrübte Person...........................................................................43

7

Reanimation.........................................................................................................49

8

Tachyarrhythmie.................................................................................................57

9

Bienenstich in den Hals.....................................................................................61

10 Blutung bei Zustand nach Gefäß-OP..............................................................65 11 Sturz vom Balkon................................................................................................71 12 Akutes Koronarsyndrom...................................................................................77 13 Beckenprellung bei Verkehrsunfall................................................................83 14 Brandverletzung..................................................................................................89 15 Verkehrsunfall Bundesstraße...........................................................................97 16 Synkopen............................................................................................................ 105 17 Chirurgischer Notfall....................................................................................... 111 18 Verwirrte Person............................................................................................... 117 19 Notfall in der Arztpraxis................................................................................ 123 20 Suizidversuch..................................................................................................... 129

5


˘ Inhalt

Fallbeispiele Rettungsdienst 3

Antworten..................................................................................................... 135 1

Verkehrsunfall Autobahn............................................................................... 137

2

Sturz durch Dach.............................................................................................. 138

3

Schmerz in der Brust........................................................................................ 139

4

Kind angefahren.............................................................................................. 140

5

Motorradunfall................................................................................................. 141

6

Bewusstseinsgetrübte Person........................................................................ 142

7

Reanimation...................................................................................................... 143

8

Tachyarrhythmie.............................................................................................. 144

9

Bienenstich in den Hals.................................................................................. 145

10 Blutung bei Zustand nach Gefäß-OP........................................................... 146 11 Sturz vom Balkon............................................................................................. 147 12 Akutes Koronarsyndrom................................................................................ 148 13 Beckenprellung bei Verkehrsunfall............................................................. 149 14 Brandverletzung............................................................................................... 150 15 Verkehrsunfall Bundesstraße........................................................................ 152 16 Synkopen............................................................................................................ 153 17 Chirurgischer Notfall....................................................................................... 154 18 Verwirrte Person............................................................................................... 155 19 Notfall in der Arztpraxis................................................................................ 156 20 Suizidversuch..................................................................................................... 157 Zum Autor................................................................................................................... 159

6


3 Schmerz in der Brust ˘

Einsatzdaten

An einem Wintertag erfolgt mittags auf Anforderung einer Nachbarleitstelle bei sonnigem, kaltem Wetter die Alarmierung des RTH zusammen mit dem nächstgelegenen RTW. Die Zeit bis zur Landung, die nahe dem Einsatzort möglich ist, beträgt acht Minuten. ˘

Alarmierungsgrund

Der Alarm erfolgte unter dem Stichwort „ACS“. ˘

Lage

Der Einsatzort befindet sich in einem Hafengebiet, mehrere Fähren, Lkw und ein RTW sind aus der Luft zu erkennen. In der Nähe des RTW ist die hindernisfreie Landung möglich. Die Rettungsassistenten des RTW winken die medizinische RTH-Besatzung zu ihrem Fahrzeug. In diesem befindet sich der Patient.

Abb. 1 ˘ Patient im RTW

27


3 ˘ Schmerz in der Brust

Abb. 2 ˘ EKG – Extremitätenableitung

Abb. 3 ˘ EKG – Brustwandableitungen

Abb. 4 ˘ EKG – Einzelansicht

28

Allgemeiner Teil


3 ˘ Schmerz in der Brust

˘

Allgemeiner Teil

Anamnese

Die Anamnese ist bei dem Finnisch sprechenden Lkw-Fahrer deutlich erschwert. Er verspüre, soviel ist klar, wohl seit ungefähr einer Woche Schmerzen in der Brust ohne Ausstrahlung. Eine Schweregradeinteilung der Schmerzen gelingt nicht. Er nehme seither Paracetamol, Ibuprofen und Aspirin®. Nun seien die Beschwerden wohl stärker. ˘

Befund

Der Patient ist nach Daten seines Ausweises 44 Jahre alt, wach, voll orientiert und liegt auf der Trage im RTW. Alle Vitalparameter sind bis auf eine Tachykardie unauffällig (Blutdruck 131/76 mmHg, SpO2 97%, HF 130/min, AF 12/min, BZ 151 mg/dl). Das bereits angefertigte 12-Kanal-EKG zeigt den in den Abbildungen 2 bis 4 dargestellten Befund. ˘

Frage:

Wie beurteilen Sie das EKG (Rhythmus, Herzfrequenz, ST-Strecke)? Blättern Sie auf Seite 139.

˘

Differenzialdiagnostik

Schmerz in der Brust kann vielfältige Ursachen haben. Ausstrahlung in die Arme, das Abdomen sowie Unterkiefer und auch Rücken sind häufig bei einem akuten Koronarsyndrom anzutreffen. Ebenso sind vegetative Begleitsymptome (Schweißausbruch, Übelkeit) sowie Angstgefühl typische Symptome eines ACS. Thorakaler Schmerz kann atemabhängig sein, das spricht eher für eine Lungenerkrankung, beispielsweise Pleuritis. Der Schmerz beim ACS ist von dumpfem Charakter. Ein messerscharfer, plötzlich einsetzender Schmerz mit Ausstrahlung in den Rücken lässt an eine thorakale Aortendissektion denken. Eine deutliche Blutdruckdifferenz bei Messung an beiden Armen und ein diastolisches Herzgeräusch erhärten den Verdacht. ˘

Weitere Informationen

Trotz erschwerter Anamneseerhebung ist herauszubekommen, dass der Patient rauche und ansonsten immer gesund gewesen sei. Die Frage auf Allergien wird verneint. ˘

Frage:

Welche Verdachtsdiagnose haben Sie? Schauen Sie auf die nächste Seite, wie wir entschieden haben.

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3 ˘ Schmerz in der Brust

Allgemeiner Teil

Abb. 5 ˘ Venöser Zugang ˘

Verdachtsdiagnose

STEMI ˘

Therapie und Verlauf

Ein periphervenöser Zugang (G 18, grün) liegt bereits am linken Handrücken. Eine Infusion (Ringeracetatlösung) wird langsam infundiert. Die Sichtung des 12-KanalEKG zeigt deutliche ST-Hebungen, sodass parallel zur Versorgung das EKG per Telemetrie bereits an die nächstgelegene Klinik mit Herzkatheterplatz gesendet wird. Über Funk erfolgt die Voranmeldung des Patienten unter Nennung der voraussichtlichen Eintreffzeit, Diagnose STEMI, kreislaufstabil. Medikamentös erhält der Patient zwei Hübe Nitrospray, 5.000 I.E. unfraktioniertes Heparin, 0,5 g Aspirin®, fraktioniert 6 mg Morphin sowie 5 mg Metoprolol. Der bodengebundene Transport beginnt bereits 10 Minuten nach der Landung und gestaltet sich komplikationsfrei. Nach 20 Minuten erfolgt die Übergabe direkt im Herkatheterlabor. ˘

Fragen:

Warum ist ein Herzinfarkt vital bedrohlich? Was sind die beiden Hauptgefahren? Die Antworten finden Sie auf Seite 139.

30


10 Blutung bei Zustand nach Gefäss-OP ˘

Einsatzdaten

Bei sommerlichem Wetter erfolgt mittags die Alarmierung des RTH zusammen mit dem nächstgelegenen RTW. Die Zeit bis zur Landung, die nahe dem Einsatzort möglich ist, beträgt 15 Minuten. ˘

Alarmierungsgrund

Der Alarm erfolgte unter dem Stichwort „Starke Blutung“. ˘

Lage

Ein RTW sowie der Hausarzt der Patientin sind schon vor Ort, die Patientin befindet sich in ihrem Haus und wird durch die zuerst eingetroffenen Rettungsassistenten bereits versorgt. Ein Pflaster klebt über der linken Leiste.

Abb. 1 ˘ Ausgangsbefund

65


10 ˘ Blutung bei Zustand nach Gefäß-OP

˘

Allgemeiner Teil

Anamnese

Die Patientin habe akut nach kräftigem Husten aus einer vorbestehenden Fistel in der rechten Leistenregion plötzlich stark geblutet. Sie leide seit Jahren nach Implantation einer Y-Prothese (d.h. einer Gefäßprothese der Aorta zu den Femoralarterien) an Fisteln beidseits, vor 21 Jahren sei die erste Prothese implantiert worden, vor sechs Jahren musste eine Revision bei Infektion erfolgen. Weiterhin habe sie eine Nierenfistel. Die Klinik, in der die vorherigen Operationen erfolgten, ist ca. 90 km entfernt. ˘

Befund

Die Patientin ist 82 Jahre alt, wach, voll orientiert und liegt auf dem Fußboden. Dorthin wurde sie, nachdem sie zuvor auf einem Stuhl gesessen hatte, gelegt. Die Fisteln sind beidseits frisch verbunden, rechts jedoch durchgeblutet, die Tochter drückt manuell auf die Blutungsquelle. Die Blutung steht, ist jedoch an Blutspuren glaubhaft nachvollziehbar. Es besteht kein akutes A-, B-, C-, D- oder E-Problem. Der Blutdruck beträgt 125/64 mmHg bei einer Herzfrequenz von 70/min. Die pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung beträgt ohne Sauerstoffgabe 97%. Schmerzen verspürt die Patientin nicht.

Abb. 2 ˘ Hinweis auf Blutverlust

66


15 Verkehrsunfall Bundesstrasse ˘

Einsatzdaten

Am Nachmittag eines schönen Julitages erfolgt die Alarmierung des NEF sowie von zwei RTW und der Feuerwehr zu einem Verkehrsunfall auf einer Bundesstraße. Die Anfahrtszeit bis zum Einsatzort beträgt sieben Minuten. Während der Fahrt wird zudem der nahe stationierte RTH alarmiert. Die Rettungsmittel treffen fast zeitgleich ein. ˘

Alarmierungsgrund

Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person ˘

Lage

Zwei Pkw sind außerorts mit hoher Geschwindigkeit frontal zusammengestoßen, ein Fahrzeug war plötzlich in den Gegenverkehr geraten. Eine Person ist im Beinbereich in einem der beiden Pkw eingeklemmt, wach, klagt über Schmerzen besonders im rechten Bein und etwas im rechten Brustkorb, der Fahrer des zweiten Pkw ist bereits

Abb. 1 ˘ Unfallmechanismus

97


15 ˘ Verkehrsunfall Bundesstraße

Allgemeiner Teil

aus dem Fahrzeug befreit. Weitere Insassen und damit mögliche Verletzte gibt es nicht. Beide Fahrer weisen kein akutes A-, B-, C- oder D-Problem auf, haben jedoch ein Hochrasanztrauma erlitten. Sie waren angeschnallt, in beiden Fahrzeugen haben die Frontairbags ausgelöst. Der RTH trifft kurz nach dem NEF ein, die NEF-Besatzung beginnt mit der Versorgung des eingeklemmten Patienten, der nicht eingeklemmte Patient wird von der nachrückenden RTH-Besatzung sodann versorgt. Im weiteren Verlauf wird lediglich die Versorgung des eingeklemmten Patienten beschrieben. ˘

Anamnese

Der eingeklemmte Patient ist 75 Jahre alt, zur Person orientiert, erinnert sich jedoch nicht an den Unfallhergang. Wie beschrieben habe er Schmerzen im rechten Unterschenkel, dort ist er eingeklemmt, weiterhin im rechten Oberschenkel körpernah. Weiterer Spontanschmerz wird nicht angegeben. An Medikamenten nehme er lediglich ASS und Simvastatin® ein und sei ansonsten gesund. ˘

Befund

Wie weiter oben schon beschrieben besteht kein akutes A-, B-, C- oder D-Problem. Der Patient spricht ohne Dyspnoe, die Atemfrequenz ist mit 18/min etwas erhöht. Die Lunge ist seitengleich belüftet, die pulsoxymetrisch gemessene Sauerstoffsättigung beträgt allerdings unter Raumluft nur 92%. Der Thorax schmerzt rechtsseitig

Abb. 2 ˘ Beginn der Rettung

98


19 Notfall in der Arztpraxis ˘

Einsatzdaten

An einem Sommertag erfolgt spät nachmittags auf dem Rückflug von einem Einsatz die Alarmierung des RTH sowie zeitgleich des nächstgelegenen RTW in eine Arztpraxis nahe der Ostsee. 13 Minuten nach Alarmierung ist die medizinische RTH-Besatzung am Patienten. ˘

Alarmierungsgrund

Der Alarm erfolgte unter dem Stichwort „Synkope“. ˘

Lage

Der RTW ist bereits vor Ort, der Patient liegt auf dem Fußboden der Arztpraxis und wird bereits von dem Arzt und den anwesenden Rettungsassistenten versorgt.

Abb. 1 ˘ Auffindesituation

123


19 ˘ Notfall in der Arztpraxis

˘

Allgemeiner Teil

Anamnese

Der niedergelassene Allgemeinmediziner berichtet, dass der Patient am Strand einen kurzen Bewusstseinsverlust erlitten habe und daher in die Arztpraxis gekommen sei. Bereits zweimal habe er einen Herzinfarkt gehabt (vor über 30 Jahren sowie erneut vor fünf Jahren). Der Patient ist Urlauber und daher dem Kollegen nicht näher bekannt. Der Patient selbst ist wach, verspürt jedoch Schwindel. Schmerzen habe er nicht. Er nehme nur einen Betablocker, dessen Namen er nicht wisse, die Frage nach einer Gerinnungshemmertherapie und Allergien wird verneint. ˘

Befund

Der Patient ist 83 Jahre alt und voll orientiert (GCS = 15). Der Puls ist sehr schnell und flach. Nun allerdings erleidet er erneut einen Bewusstseinsverlust ohne Zeichen eines Krampfanfalls. Er nässt ein. ˘

Frage

Welche Ursachen kann der Bewusstseinsverlust haben? Überlegen Sie und blättern Sie vor dem Weiterlesen auf Seite 156.

Abb. 2 ˘ EKG Extremitäten

124


19 ˘ Notfall in der Arztpraxis

Allgemeiner Teil

Abb. 3 ˘ EKG Brustwand ˘

Weitere Informationen

Der Blick auf das EKG sorgt für Klarheit. ˘

Verdachtsdiagnose

Breitkomplextachykardie, Verdacht auf ventrikuläre Tachykardie ˘

Frage

Welche Rhythmusstörung kann diese Breitkomplextachykardie ebenso sein? Denken Sie nach und schauen Sie auf Seite 156.

˘

Therapie und Verlauf

Unter Berücksichtigung des EKG-Befundes und des Bewusstseinsverlustes wird eine sofortige Kardioversion mit 120 J ohne Zeitverzögerung durchgeführt. Diese führt zur Konversion in einen Sinusrhythmus. Der Patient erwacht sofort. Allerdings beträgt der Blutdruck systolisch an beiden Armen nur 60 mmHg.

125


2 ˘ Sturz durch Dach

Antworten

2 Sturz durch Dach Weitere Informationen: Die Erreichbarkeit des Arbeitgebers wird dokumentiert zur Ermittlung der zuständigen Berufsgenossenschaft. Es handelt sich um einen Arbeitsunfall. Allergien können nicht geklärt werden.

138


3 ˘ Schmerz in der Brust

Antworten

3 Schmerz in der Brust Wie beurteilen Sie das EKG (Rhythmus, Herzfrequenz, ST-Strecke)? Sinusrhythmus, Tachykardie um 130/min, ST-Hebung über der Vorderwand in den Brustwandableitungen sichtbar. Warum ist ein Herzinfarkt vital bedrohlich? Was sind die beiden Hauptgefahren? Bradykarde wie tachykarde Herzrhythmusstörungen aller Art können auftreten (z.B. AV-Blockierung, Extrasystolie, ventrikuläre Tachykardien, Kammerflimmern) Ebenso ist durch Myokardschädigung oder auch rhythmogen ein Pumpversagen möglich. Eine akute Linksherzinsuffizienz zeigt sich klinisch als akutes Lungen­ ödem. Worauf liegt der Fokus der Versorgung bei einem Herzinfarkt? ˘ Einhalten der Zeitvorgaben („door-to-needle-time“) erfordert strukturiert

schnelle Diagnosestellung per 12-Kanal-EKG

˘ strukturierte Anmeldung im Herzkatheterlabor (telefonisch über einheitliche

Rufnummer, ggf. ergänzt durch telemetrische Übermittlung des EKG)

˘ pharmakologische Therapie entsprechend den geltenden Leitlinien

˘ kontinuierliches (!) Monitoring zur frühen Erfassung von Komplikationen und

frühestmöglicher Therapie (z.B. Defibrillation bei eintretendem Kammerflimmern)

139


15 ˘ Verkehrsunfall Bundesstraße

Antworten

15 Verkehrsunfall Bundesstrasse Welche Verdachtsdiagnosen stellen Sie jetzt? ˘ fraglich Synkope/DD SHT leicht ˘ Thoraxtrauma rechts

˘ Fraktur rechter Unterschenkel

˘ Verdacht Azetabulumfraktur rechts

Was wird bei Ankunft in der Klinik meist noch vor Übergabe nach dem ABCDESchema zuerst abgefragt? Die Personalien. Diese sind bei wachen Patienten primär vor Einleitung einer ­Analgosedierung zu erfragen und zu dokumentieren. Wie stellen Sie die Beatmungsparameter ein? ˘ Tidalvolumen 6 ml/kg Normalgewicht ˘ PEEP 0,1 mbar/kg KG ˘ AF 10-12/min

152


16 ˘ Synkopen

Antworten

16 Synkopen Welche Differenzialdiagnosen erwägen Sie? Es sind Synkopen vielfältiger Genese denkbar: Krampfanfall, rhythmogene Synkope, TIA, Orthostase. Fällt Ihnen irgendetwas auf? Zu Beginn der Ableitung besteht eine Nulllinie. Es stellt sich die Frage, ob diese gerätetechnisch bedingt ist oder ob es wirklich eine Nulllinie ist. Das eingesetzte EKG-Gerät verfügt über eine kontinuierliche Aufzeichnung, sodass „zurückgespult“ werden kann. Schauen Sie auf Abbildung 4 auf Seite 108. Wie ist zu verfahren, wenn während des Rettungsdiensteinsatzes längere asystole Phasen mit erneutem Bewusstseinsverlust auftreten? Durch Herzdruckmassage lässt sich der Kreislauf aufrechterhalten – dies ist die primär erforderliche Basismaßnahme. Bei anhaltender Asystolie handelt es sich um eine standardisierte Reanimationssituation, welche dann auch Beatmung und den Einsatz von Adrenalin erfordert. Pharmakologisch kann bei Bradykardie vagolytisch Atropin (0,5–3 mg) bzw. sympathomimetisch Adrenalin (2–10 µg/min) eingesetzt werden. Der Einsatz eines externen Herzschrittmachers ist bei rezidivierenden Asystolien zu erwägen, allerdings ist bei fehlenden P-Wellen der Erfolg unsicher. Bei geklebten Paddles wird die Stromintensität so lange gesteigert, bis es auf den Schrittmacherimpuls zu einer elektrischen Antwort des Herzens mit Auswurf kommt. Der Reiz der Thoraxmuskulatur führt zu für den Patienten sehr unangenehmen Muskelzuckungen, die bei wachen Patienten eine Analgosedierung erforderlich machen.

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P. G. Knacke

Peer G. Knacke Medikamenten, deren Dosierung und weitere Therapien jeweils erörtert werden. Bei jedem Fall werden die Leser ermuntert, unter Berücksichtigung ihrer Ausbildung und Erfahrung sowie ihrer lokalen „Rettungsdienst- und Kliniklandschaft“ zu überlegen, wie sie gehandelt hätten. Die beschriebenen Fälle entstammen alle dem Rettungsdienstalltag und sind als Lern- und nicht als Lehrbeispiele zu verstehen. Sie stellen die Abarbeitung zur Diskussion und kommen daher auch in Prüfungssituationen regelmäßig zur Anwendung. Der Autor fordert die Leserschaft anhand der dargestellten Fallbeispiele auf, Handlungs­ alternativen zu entwickeln.

Fallbeispiele Rettungsdienst 3 ISBN 978-3-943174-59-5 www.skverlag.de

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Im bereits dritten Band der Fallbeispiele Rettungsdienst werden wieder reale Einsätze ausführlich geschildert und die medizinische Versorgung dargestellt. Klar strukturiert und großzügig bebildert, werden für jeden Fall die Einsatzmeldung, Lage und A ­ namnese, das Erkennen der möglichen oder exis­tenten Vitalgefährdung und die zielgerichtete Therapie beschrieben. Das jeweilige Vorgehen richtet sich nach dem international bewährten ABCDE-Schema. Die folgende Diskussion und detaillierte Fragen zu den Fällen sollen zum Nachdenken anregen. Im Verlauf der Einsatzbeispiele können die Verabreichung von

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