Chronisch entzündliche Darmerkrankungen

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CHRONISCH ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN ÜBERSICHT ÜBER CED, THERAPIE UND STUDIEN. MIT KOMMENTIERTEM LITERATUR-VERZEICHNIS. Dr. med. Sebastian Küpper

INHALTSVERZEICHNIS Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ..................................................................... 2

Vedolizumab .................................................................................................................. 19

Morbus Crohn (MC) ....................................................................................................... 4

Risankizumab ................................................................................................................. 20

Colitis ulcerosa (CU)....................................................................................................... 8

Ustekinumab .................................................................................................................. 20

Colitis indeterminata und Differential-Diagnosen ......................................................... 12

Tofacitinib ...................................................................................................................... 20

Mikroskopische Kolitis ................................................................................................... 12

Upadacitinib ................................................................................................................... 20

Biologika und „small molecules“ in der CED-Therapie ....................................................... 14

Studien zu Therapie-Strategien bei Morbus Crohn ............................................................ 21

Anti-TNF-α-Antikörper ................................................................................................... 15

Literatur.............................................................................................................................. 22

Anti-α4β7-Integrin-Antikörper ...................................................................................... 16

Allgemein ....................................................................................................................... 22

Interleukin-12- und Interleukin-23-Antikörper ............................................................. 17

Morbus Crohn ................................................................................................................ 22

Small molecules ............................................................................................................. 17

Colitis ulcerosa ............................................................................................................... 23

Studien zu Biologika in der CED-Therapie .......................................................................... 18

Extraintestinale Manifestationen, Begleiterkrankungen, spezielle Situationen ............ 23

Infliximab ....................................................................................................................... 18

Mikroskopische Kolitis ................................................................................................... 24

Adalimumab .................................................................................................................. 19

Sonstige Therapien (Immunmodulatoren, Kombinationen, JAK) .................................. 24

Golimumab .................................................................................................................... 19

Anhang: Therapie-Algorithmen zur Auswahl eines Biologikums bei Morbus Crohn ......... 25

Stand: Januar 2020


CHRONISCH-ENTZÜNDLICHE DARMERKRANKUNGEN Die Inzidenz von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) mit ihren Hauptvertretern Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) nimmt in Industrienationen zu. Auch die Anpassung an einen „westlichen“ Lebensstil führt zu einer steigenden Patientenzahl, z.B. im asiatischen Raum. Die weltweit höchste Prävalenz gibt es in Kanada und in Skandinavien.

Zwar ist eine „Heilung“ bislang nicht möglich. Moderne Therapien ermöglichen jedoch bei vielen Patienten eine zufriedenstelle Krankheitskontrolle und damit Lebensqualität. Dies hat aber seinen Preis: waren vor der Biologika-Ära vor allem Hospitalisierung und OP die kostentreibenden Faktoren, entsteht mittlerweile der Großteil der Kosten im CED-Bereich durch die modernen Medikamente (in üblicher Dosierung kostet beispielsweise das Adalimumab-Originalpräparat Humira® in Deutschland jedes Jahr ca. 20.000€ pro Patient – es ist mit einem weltweiten Umsatz von ca. 20 Milliarden US$ das bislang wirtschaftlich erfolgreichste Arzneimittel aller Zeiten).

Die Ursache dieser Erkrankungen ist nach wie vor nicht bekannt. Akzeptiert ist die multifaktorielle Genese aus genetischer Suszeptibilität, Umwelteinflüssen auf das Mikrobiom und gestörter intestinaler Barriere, was letztlich zu einer inadäquaten Aktivierung des intestinalen Immunsystems führt.

Da eine frühzeitige, der Schwere der Erkrankung angepasste Therapie oft einen komplizierten Krankheitsverlauf verhindern kann und es sich um eine komplexe, chronische Erkrankung handelt, sollten CED-Patienten fachärztlich vorgestellt werden. Es gibt immer noch junge Crohn-Patienten, die in fünf Jahren Erkrankungsdauer noch nie einen Gastroenterologen gesehen haben und mit 30mg Prednisolon-Dauertherapie herumlaufen.

Dazu muss aber erstmal eine entsprechende Diagnose gestellt werden, was aufgrund der nicht selten unspezifischen Symptome bei manch einem Patienten erst zeitverzögert geschieht. Ist die Diagnose „gesichert“ (oder hat man sich entschlossen, das Ganze jetzt „chronischentzündliche Darmerkrankung“ zu nennen, denn oft ist die Diagnose nicht so eindeutig wie man es gerne hätte), kann man sich Gedanken über die Therapie machen. Studienergebnisse und Leitlinien sind hierbei im Alltag nicht immer hilfreich. Was macht man mit den bei einer Vorsorge-Koloskopie zufällig gesehenen asymptomatischen IleumErosionen (Histologie: „Es kommen mehrere Ursachen in Betracht – darunter auch ein Morbus Crohn“)? Was verordnet man der erblindeten, im Pflegeheim lebenden dementen 80jährigen Crohn-Patientin mit multiplen Voroperationen? Wie kann man dem ketterauchenden, zeitweise obdachlosen Flüchtling ohne Deutschkenntnisse mit durchgemachter Tuberkulose und langstreckiger stenosierender Crohn-Ileitis helfen? Viele Fragen, die sich im Verlauf einer CED-Erkrankung ergeben, werden in Studien (noch) nicht beantwortet. Hier muss oft improvisiert werden – ohne „Rückendeckung“ durch eine Leitlinie.

Abbildung 1: Pathogenese von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Mayo Clinic Proceedings 2019;94:155–65).

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Man sollte sich auch klarmachen, dass in die Therapieentscheidung oftmals nichtmedizinische Faktoren einfließen: der Applikationsweg (topisch, oral, intravenös oder subkutan) kann ebenso Einfluss auf die Wahl des Medikamentes haben wie logistische Gründe (wenn z.B. die Kapazitäten der Infusionsräume erschöpft sind oder ein Patient aus beruflichen Gründen keine weite Anreise für zeitaufwändige Infusionen auf sich nehmen kann) oder die Sorge vor Nebenwirkungen (die InstagramInfluencerin mit Colitis ulcerosa wird sich aus Angst vor Akne und Mondgesicht mit Händen und Füßen gegen eine formal indizierte systemische Steroid-Therapie wehren). Auch Sprachbarrieren können eine differenzierte Therapie erschweren. Zudem wird man bei Ersteinstellung wahrscheinlich eher auf ein Präparat zurückgreifen, mit dem man als Behandler bereits Erfahrung gesammelt hat.

Treten Komplikationen wie refraktäre Kolitis, Abszesse, Strikturen oder komplexe Fisteln auf, ist eine gute Zusammenarbeit mit einem CED-erfahrenen Chirurgen erforderlich. Häufig wird man auch mit dem Wunsch nach „alternativen“ oder komplementären Behandlungsmöglichkeiten konfrontiert – sei es Stuhl- bzw. Mikrobiom-Transfer, Curcuma, THC, Weihrauchkapseln oder Wurmeier. Im Sinne einer guten Arzt-Patienten-Beziehung sollte man auch darauf eingehen. Auf die Frage nach Ernährungseinflüssen mit „Wenn ich eine Banane hätte, die Ihre Kolitis heilt, würde ich sie Ihnen geben“ zu antworten ist zwar auf der Sachebene richtig, auf der Beziehungsebene aber möglicherweise problematisch.

Das Leben geht für die Betroffenen unabhängig von der Grundsätzlich sollte man gemeinsam mit dem Patienten Erkrankung weiter, so dass im Verlauf auch verschiedene realistische Therapieziele definieren, im Verlauf mit Fragen zu Sexualität, Kinderwunsch, Rehabilitation, geeigneten Methoden regelmäßig das Erreichen dieser beruflicher Wiedereingliederung, verminderter Ziele re-evaluieren (z.B. vom Patienten berichtete Erwerbsfähigkeit, Krebsprävention oder nach einer Beschwerden, Laborparameter wie CRP und fäkales Therapie-Deeskalation bzw. Exit auftreten und beantwortet Calprotectin, Bildgebung wie Sonographie oder MRT, Abbildung 2: CED aus Patientensicht (Gut 2004;53 Suppl 5:V1–16). werden wollen. Endoskopie) und ggf. die Therapie anpassen. Hierbei sollte Darüber hinaus gibt es auch noch die extra-intestinalen Manifestationen und begleitende man eine bestehende Therapie nach Möglichkeit zunächst optimieren (z.B. „drug funktionelle Beschwerden wie z.B. Reizdarm, die vielen Patienten (und Behandlern) zu monitoring“ mit Dosisanpassung bzw. Intervallverkürzung bei erniedrigtem schaffen machen. Medikamenten-Talspiegel), bevor man eine Umstellung auf ein anderes Präparat vornimmt. Auch die Therapieadhärenz sollte man bei fehlendem Ansprechen prüfen Dies alles macht deutlich, dass es sich um eine komplexe Erkrankung handelt, die eine (wurde das verordnete Medikament überhaupt eingenommen und wenn nein, warum interdisziplinäre Herangehensweise erfordert: Die Betreuung von CED-Patienten ist nicht?). Wenn sich ein Patient innerlich gegen ein verordnetes Präparat sperrt („Giftzeug“) Teamwork! (Hausarzt, CED-Fachassistenz/„Nurse“, Gastroenterologe, Chirurg, Radiologe, oder die Therapie zu kompliziert ist (z.B. mehrere Tagesdosen) wird es auch nicht Ernährungsberater, Stoma-Therapeut, Psychologe, Dermatologe, Rheumatologe…) eingenommen.

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Kinder, die per Kaiserschnitt entbunden oder nicht gestillt wurden haben ein höheres Risiko, später an einer CED zu erkranken.

MORBUS CROHN (MC) ALLGEMEINES

Bei einer sehr frühen Manifestation im Kindesalter liegen häufig genetische Faktoren zugrunde, z.B. eine Mutation des Interleukin-10-Rezeptor-Gens. Ein Risikogen ist das zur Familie der Pattern-recognition-Rezeptoren gehörende NOD2. Mangels therapeutischer Konsequenz wird bislang in der klinischen Routine jedoch keine Gendiagnostik veranlasst.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen gibt es wahrscheinlich schon lange. Man findet in der Literatur bereits sehr frühe Beschreibungen, die zu einer CED passen, z.B. 1761 von GIOVANNI MORGAGNI. Der polnische Chirurg ANTONI LEŚNIOWSKI hat 1904 erstmals die Ileitis terminalis beschrieben, jedoch noch keine eindeutige Abgrenzung zur DarmTuberkulose geliefert. Namensgebend ist schließlich eine 1932 von den amerikanischen Gastroenterologen BURRILL B. CROHN, LEON GINZBURG und GORDON OPPENHEIMER veröffentlichte Arbeit, in der die Ileitis regionalis als eigenständige Krankheitsentität vorgestellt wird.

DIAGNOSTIK Eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung ist eine klinische Diagnose, die nicht auf einem einzelnen Befund beruht: Es fließen Anamnese, körperliche Untersuchung, endoskopische und histologische Befunde sowie Laborergebnisse ein. Wichtig zu betonen ist, dass man die Verdachtsdiagnose „Morbus Crohn“ nicht allein aufgrund einer vielleicht unspezifischen Histologie verwerfen darf, wenn alles andere dafürspricht. Sobald die Diagnose gestellt wurde, sollte auch nach extraintestinalen Manifestationen (z.B. Uveitis, Arthritis, Erythema nodosum, AutoimmunHepatitis, primär sklerosierende Cholangitis) gefahndet sowie an assoziierte Autoimmunerkrankungen (z.B. Zöliakie, Asthma, Psoriasis, Typ-I-Diabetes) gedacht werden.

Warum die Erkrankung eigentlich „Morbus Berg“ heißen müsste, können medizin-historisch Interessierte in einer kürzlich veröffentlichten belgischen Arbeit nachlesen (Journal of Berg's, äh, Crohn's and Colitis 2019, https://doi.org/10.1093/ecco-jcc/jjz183).

Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa können bei Morbus Crohn alle Wandschichten des Magen-Darm-Traktes betroffen sein (transmurale Entzündung). Zudem kann die Erkrankung den gesamten Verdauungstrakt befallen (von der Mundhöhle bis zum After), in 80% der Fälle ist jedoch das terminale Ileum betroffen (Prädilektionsstelle). Die Ausbreitung ist diskontinuierlich, es wechseln sich also entzündete und gesunde Schleimhaut-Segmente ab. Symptome sind u.a. Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Fieber und Diarrhoe. Einen Erkrankungsgipfel gibt es im jungen Erwachsenenalter – also zu einem Zeitpunkt, an dem gerade die Weichen im Leben gestellt werden was Ausbildung, Studium, Berufswahl und womöglich Familienplanung betrifft.

Endoskopie: Neben der Diagnosestellung dient die Endoskopie auch zur Phänotypisierung der Erkrankung nach Befallsmuster und Verhalten (Montreal-Klassifikation, siehe Kasten). Standard hierfür ist die Ileokoloskopie. Um das Ausmaß der Erkrankung zu erkennen, sind ergänzende Untersuchungen notwendig wie Gastroskopie oder bildgebende Verfahren (z.B. HydroMRT). Auch die KapselAbbildung 3: Unterschiedliche Merkmale von Morbus Crohn und Colitis Endoskopie kann zur Dünndarmbeurteilung (und bei Dünndarmbefall zur Diagnosestellung) ulcerosa (Robbins and Cotran pathologic basis of disease. 8th ed. isoliertem Saunders 2010). durchgeführt werden – aufgrund möglicher Stenosen ist Risikofaktoren sind positive Familienanamnese, Faktoren die jedoch Vorsicht geboten (Gefahr der Kapsel-Retention), ggf. sollte vorher mit einer zu einer gestörten intestinalen Barriere führen wie häufige Antibiotika-Einnahme „Dummy“-Kapsel (die sich im Falle eines „Steckenbleibens“ nach gewisser Zeit von selbst (insbesondere in der Kindheit) oder Gebrauch von NSAR-Präparaten sowie auflöst) die Darmpassage getestet werden. gastrointestinale Infektionen. Rauchen erhöht das Risiko für einen komplizierten Verlauf. 4


Labor und Mikrobiologie: Da die subjektiven Symptome nicht immer mit der THERAPIE Entzündungsaktivität korrelieren und es nicht praktikabel ist, den Patienten jedes Mal zur Kurzfristiges Therapieziel ist die Remissions-Induktion. Langfristig strebt man die objektiven Beurteilung zu endoskopieren, werden verlässliche Remissions-Erhaltung an. Letztlich ist das Ziel aller Surrogat-Parameter benötigt. Geeignet sind hierfür die MONTREAL-KLASSIFIKATION (CROHN) therapeutischen Bemühungen, irreversible Schäden des Biomarker C-reaktives Protein (CRP) und das fäkale ALTER BEI DIAGNOSE Magen-Darm-Traktes zu verhindern. Calprotectin (FC). Probleme bereiten einem Patienten, die trotz endoskopisch nachgewiesener Aktivität weder CRP- noch FC-Erhöhung aufweisen – hier kann manchmal die Sonographie helfen, die Krankheitsaktivität im Verlauf zu beurteilen.

A1 A2 A3

vor dem 16. Lebensjahr zwischen 17. und 40. Lebensjahr nach dem 40. Lebensjahr

LOKALISATION L1 L2 L3 L4

Ileum-Befall Kolon-Befall ileo-kolischer Befall isolierter Befall des oberen GI-Traktes oder als Zusatz (z.B. L1+L4 bei Ileum-Befall mit Magenbeteiligung)

Zumindest aus Arzt-Sicht. Man muss ich immer klarmachen, dass aus Patienten-Sicht die Therapieziele davon abweichen können, zum Beispiel: „Mir egal ob ich in zwanzig Jahren operiert werden muss, ich will jetzt keinen Durchfall mehr haben.“

Treat-to-target: Konzentriert man sich bei der Therapie Bildgebung: Die Darmsonographie ist gut zur Beurteilung der lediglich auf eine Symptomkontrolle im Sinne einer klinischen Aktivität geeignet (vgl. z.B. Ergebnisse der TRUST-Studie: Clin Remission („Patient ist zufrieden“) wird das Ziel, Spätfolgen zu VERHALTEN (BEHAVIOUR) Gastroenterol Hepatol 2017;15:535–42) und hat mehrere verhindern, häufig nicht erreicht. Aus Untersuchungen zum B1 nicht-stenosierend, nicht-fistulierend Vorteile: überall verfügbar, nicht-invasiv, gute PatientenB2 stenosierend „natürlichen Verlauf“ von Morbus Crohn weiß man, dass z.B. Akzeptanz (im Gegensatz zur Endoskopie) und man kann rasch B3 fistulierend Steroide die Symptome von Crohn-Patienten zwar kurzfristig p perianale Manifestation (z.B. B3p bei perianalen Fisteln) und fokussiert Komplikationen (z.B. Fisteln, Abszesse, gut kontrollieren können. Nicht beeinflusst wird dagegen der Konglomerat-Tumor, Ileus) oder lokale Pathologika beurteilen langfristige Verlauf: Treten Komplikationen wie Stenosen oder Fisteln auf? Muss der („genau hier tut’s weh“). Nicht zuletzt fördert man durch den direkten Kontakt auch die Patient aufgrund eines schweren Schubes stationär behandelt werden? Wird der Patient Arzt-Patienten-Beziehung. operationspflichtig? Ein Grund hierfür ist, dass auch bei subjektiv fehlenden Symptomen noch eine aktive Entzündung vorliegen kann, die auf Dauer Schaden anrichtet. Ob die „sonographische Remission“ ein valides Target im Rahmen des „Treat-to-target“-Konzeptes (siehe Kasten) darstellen kann, wird in Studien noch geprüft, z.B. in einer Ultraschall-Substudie der STARDUST-Studie, in der ein T2T-Konzept mit Ustekinumab prospektiv und randomisiert untersucht wird (siehe auch https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03107793).

Durch die im Biologika-Zeitalter entstandene Strategie des Treat-to-target scheint sich dies zu ändern: erreicht man eine sogenannte „tiefe Remission“ (siehe Kasten), die mittels objektiver Parameter erfasst wird, verhindert man häufig auch Spätfolgen.

Bei Dünndarmbefall steht neben der Sonographie auch die MRT zur Verfügung, die als MR-Sellink (Magensonde zur Applikation des oralen Kontrastmittelts) oder HydroMRT (Patient wird ohne Magensonde z.B. Mannitol-Lösung als orales Kontrastmittel verabreicht) wertvolle Informationen zu befallenen Dünndarm-Segmenten, Strikturen, Abszessen oder Fisteln liefern kann.

Ein Vergleich mit einem anderen, vielleicht eher geläufigen „Treat-to-target“-Konzept mag dies verdeutlichen: Würde man die Therapie der chronischen Bluthochdruckerkrankung lediglich an den vom Patienten berichteten Symptomen ausrichten (patient reported outcome), wird der Patient schlecht eingestellt sein, insbesondere da der erhöhte Blutdruck selten Symptome verursacht („Patient ist zufrieden“). Spätfolgen wie Schlaganfall und andere kardiovaskuläre Ereignisse würden auf diese Weise nicht verhindert. Misst man stattdessen regelmäßig den Blutdruck (target) und passt die Therapie daran an, ob die Werte im Zielbereich liegen (treat-to-target), wird der Patient deutlich besser eingestellt sein und kardiovaskuläre Spätfolgen werden verhindert.

Ein Abdomen-CT sollte aufgrund der Strahlenbelastung (und der meist jungen Patienten) nur im Ausnahmefall eingesetzt werden.

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Remissions-Induktion: Budesonid (z.B. 9mg für 8 Wochen) ist bei milder bis moderater SONIC-Studie: N Engl J Med 2010;362:1383–95). Bei einer Dreifach-Immunsuppression Aktivität das Mittel der Wahl zur Remissions-Induktion, wenn das Ileum bzw. das (z.B. Infliximab, Azathioprin und Prednisolon) muss an eine Pneumocystis-jiroveciiproximale Kolon befallen sind. Systemische Steroide (z.B. bis 60mg/Tag, über 8–12 Prophylaxe (Cotrimoxazol 800/160mg dreimal wöchentlich) gedacht werden. Bei eher Wochen um 5mg/Woche ausschleichen) sind indiziert bei Crohn-Kolitis, ausgeprägter geringem Risiko wird dagegen ein „Step-up“ bzw. „beschleunigter Step-up“-Ansatz ileocoekaler Aktivität oder bei ausgedehntem Dünndarmbefall. Bei Befall des oberen GIempfohlen (dabei wird bei Versagen einer Therapie schrittweise eskaliert: Steroid, Traktes wird eine PPI-Therapie (milde bis moderate Aktivität) Immunmodulator, Biologikum). THERAPIE-STRATEGIEN BEI CED bzw. systemische Steroid-Therapie (moderate bis hochgradige TREAT TO TARGET, DEEP REMISSION UND THERAPEUTIC Würde man jeden Crohn-Patienten mit dem (wirksameren) TopAktivität) empfohlen. DRUG MONITORING

Obwohl in der Praxis häufig eingesetzt, haben Mesalazin-Präparate bei Morbus Crohn keinen erwiesenen Nutzen. Auch Thiopurine haben als Monotherapie keinen Stellenwert in der Remissions-Induktion, da eine Wirkung erst nach ca. 12 Wochen zu erwarten ist.

Spricht eine konventionelle Therapie nicht an (oder treten nicht tolerable Nebenwirkungen auf), ist eine BiologikaTherapie mit monoklonalen Antikörpern indiziert. Eingesetzt werden können die Anti-TNF-Antikörper Infliximab und Adalimumab, der Anti-Integrin-Antikörper Vedolizumab oder der Interleukin-Antikörper Ustekinumab. Bei ausgeprägtem Ileocoekal-Befall sollte als Alternative zur Antikörper-Therapie die Ileocoekal-Resektion in Erwägung gezogen werden (vgl. LIR!C-Studie: Lancet Gastroenterol Hepatol 2017;2:785–92).

Als Therapie-Strategie wurde 2015 auch für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen das Treat-to-target-Konzept (T2T) vorgeschlagen (Clin Gastroenterol Hepatol 2015;13:1042–50), nachdem sich dies u.a. in der Rheumatologie bereits bewährt hatte. Das Erreichen von vorher definierten Therapiezielen wird dabei regelmäßig evaluiert und die Therapie frühzeitig intensiviert, wenn das Ziel mit der bisherigen Therapie nicht erreicht wurde. Welche „targets“ dabei sinnvoll sind, wurde im STRIDE-Programm erarbeitet (Am J Gastroenterol 2015;110:1324–38):   

klinische Remission (Patient reported outcome, PRO) endoskopische Remission (mucosal healing) bzw. radiologische Remission (bei Dünndarm-Crohn) laborchemische Remission (CRP, fäkales Calprotectin)

Werden alle drei Ziele erreicht, spricht man von „deep remission“. Beim T2T-Konzept wird nicht nur auf Grundlage von PatientenSymptomen (PRO) entschieden, sondern es fließen auch objektive (Bio-)Marker für die Krankheitsaktivität ein.

Die Wahl des Biologikums hängt von verschiedenen Faktoren ab. Eine Orientierung können z.B. die Therapie-Algorithmen des Canadian IBD Network for Research and Growth in Qualitiy Improvement liefern (Inflamm Bowel Dis 2019;25:328–35). Bei der Auswahl des Biologikums sind u.a. Vortherapien, Vorerkrankungen, das Patientenalter, das Vorliegen von perianalen Fisteln, extraintestinale Manifestationen und Familienplanung zu berücksichtigen (s. Anhang).

Diese Strategie führt längerfristig zu einer höheren endoskopischen Remissionsrate, was erstmals in der CALM-Studie gezeigt werden konnte (Lancet 2018;390:2779–89): Patienten, bei denen durch eine (unter Umständen auch aggressive) Therapie eine Mukosaheilung erreicht wird, haben langfristig eine bessere Prognose, müssen seltener hospitalisiert und seltener operiert werden. Gleichzeitig ist die Rate von unerwünschten Ereignissen im Vergleich zu konventionell behandelten Patienten nicht signifikant erhöht – das T2T-Konzept wie es in der CALM-Studie durchgeführt wurde scheint also die Patientensicherheit nicht zu gefährden.

Wichtig ist die individuelle Risikostratifizierung: droht ein komplizierter Verlauf, wird eine frühzeitige Kombination mit Immunmodulator (d.h. Thiopurin oder Methotrexat) und AntiTNF-Antikörper als sogenannter „Top-Down-Ansatz“ empfohlen (vgl. REACT-Studie: Lancet 2015;386:1825–34 sowie

Eine weitere Strategie ist es, die Wirkstoffspiegel z.B. von Infliximab pro-aktiv zu messen und ggf. die Dosierung zu erhöhen, bis der Spiegel im gewünschten Zielbereich liegt (oder die Therapie frühzeitig umzustellen, wenn der Ziel-Spiegel nicht erreicht werden kann). Es gibt Hinweise, dass dieses therapeutic drug monitoring zu einem nachhaltig besseren Ergebnis führt (es fehlen aber noch groß angelegte prospektive Studien, um dies zu verifizieren).

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Down-Ansatz behandeln, wären viele Patienten übertherapiert mit entsprechendem Risiko für therapie-bedingte Komplikationen sowie unnötige Kosten. Andererseits sind manche mit einer Step-upTherapie nicht ausreichend versorgt. Welcher Weg für welchen Patienten voraussichtlich der richtige sein wird und welches Medikament primär eingesetzt werden soll (Stichwort „personalisierte Medizin“, vgl. Lancet 2020;5:80–92), ist mangels valider prädiktiver Parameter eines der ungelösten Probleme bei CED.

Remissions-Erhaltung: Steroide sind zur Remissions-Erhaltung nicht geeignet. Konnte mit Steroiden eine Remission induziert werden, aber es zeigt sich ein steroid-abhängiger Verlauf (d.h. innerhalb 3 Monate kann Prednisolon nicht unter 10mg oder Budesonid nicht unter 3mg reduziert werden) oder kommt es innerhalb 3 Monate nach Absetzen der Steroid-Therapie zu einem Rezidiv oder ist in einem Jahr mehr als ein Steroid-Stoß erforderlich, ist eine steroid-sparende remissions-erhaltende Therapie mit Thiopurinen oder Methotrexat indiziert. Wurde zur Remissions-Induktion dagegen primär ein Biologikum eingesetzt, sollte dies auch zur RemissionsErhaltung fortgesetzt werden. Wie lange eine remissions-erhaltende Therapie mit Immunsuppressiva oder Biologika durchgeführt werden soll, ist nicht bekannt. Hier ist ein individuelles Vorgehen in Absprache mit dem Patienten erforderlich. Bei initial milder Aktivität kann nach Erreichen der Remission auch ein „watchful waiting“ ausreichen.


Ileus und Perforation: Bei Ileus ohne Zeichen einer Perforation oder Peritonitis wird zunächst ein konservatives Vorgehen empfohlen (Flüssigkeitssubstitution, Analgesie, Nahrungskarenz und Druckentlastung mittels Magensonde). Sofern eine entzündliche Aktivität vorliegt, kann eine Steroid-Therapie erwogen werden, bevor eine elektive OP geplant wird. Bei Perforation muss notfall-mäßig operiert werden.

KOMPLIKATIONEN Fisteln: Bei Vorliegen von komplexen perianalen Fisteln wird zur medikamentösen Therapie Infliximab empfohlen, alternativ kann Adalimumab eingesetzt werden. (Antibiotika, Azathioprin, Vedolizumab oder Ustekinumab werden in der aktuellen ECCOLeitlinie als alleinige Therapie der Fisteln nicht empfohlen.) Zudem ist die Zusammenarbeit mit einem CED-erfahrenen Chirurgen notwendig. Manchmal ist ein temporärer Anus praeter erforderlich, um die Fisteln zur Abheilung zu bringen. Eine neue Therapieoption ist der Einsatz von Stammzellen (vgl. ADMIRE-Studie: Gastroenterology 2018;154:1334–42). Einfache perianale Fisteln können häufig mittels Fadendrainage oder (je nach Lokalisation) Fistulotomie behandelt werden. Bei perianalen Fisteln sollte immer ein perianaler Abszess ausgeschlossen (und wenn vorhanden: drainiert) werden. Entero-kutane, entero-vesikale und entero-gynäkologische Fisteln sind meist komplexe Probleme, die ein interdisziplinäres Vorgehen erfordern – häufig ist eine Operation nötig. Asymptomatische entero-enterische (meist ileo-coekale oder ileo-ileale) Fisteln müssen meist nicht behandelt werden.

Postoperatives Rezidiv: Bei 70% der Crohn-Patienten wird im Verlauf der Erkrankung eine resezierende OP erforderlich. Aufgrund des hohen postoperativen Rezidiv-Risikos wird – abhängig von der individuellen Risikostratifizierung und dem bisherigen Krankheitsverlauf – häufig eine remissions-erhaltende Therapie bzw. RezidivANTI-DRUG-ANTIKÖRPER (ADA) Prophylaxe durchgeführt. Es wird empfohlen, 6 Monate nach OP eine Koloskopie durchzuführen und die remissionsLeider kommt es im Verlauf einer Biologika-Therapie nicht selten zu einem sekundären Wirkverlust (bei Infliximab in der ACCENT-Studie erhaltende Therapie abhängig vom Befund ggf. zu eskalieren bis zu 13% der behandelten Patienten pro Jahr, bei Adalimumab in (vgl. POCER-Studie: Lancet 2015;385:1406–17). der CHARM-Studie waren es sogar gut 20% pro Patientenjahr). Ursache für den Wirkverlust kann die Bildung von Antikörpern gegen das Präparat selbst sein („anti-drug-antibodies“), da die verabreichten Biologika als parenteral verabreichte komplexe Eiweiß-Moleküle potentiell immunogen sind. Die ADAs können dann die Wirkung des Biologikums neutralisieren. Auch die Rate an unerwünschten Infusionsreaktionen ist bei Vorliegen von ADAs erhöht (Therap Adv Gastroenterol 2018;11:1–13). Eine Kombination mit Azathioprin, 6-Mercaptopurin oder Methotrexat kann zwar die Bildung von ADAs verhindern, bei einer Langzeit-Kombinationstherapie steigt jedoch das Risiko für Nebenwirkungen.

Kurzdarmsyndrom: Kommt es aufgrund von Resektionen zu einem Verlust großer Teile des Dünndarms resultiert irgendwann eine Malabsorption. Das Risiko steigt mit dem Ausmaß der Resektion, daher sollte bei jeder resezierenden OP die verbliebene Dünndarmlänge intraoperativ gemessen und dokumentiert werden.

Wie viel funktionsfähiger Dünndarm mindestens zur Verfügung stehen muss, um beim Erwachsenen eine ausreichende Resorption zu gewährleisten, ist nicht bekannt. Es gibt Definitionen des Kurzdarmsyndroms, bei dem eine verbliebene Dünndarmlänge von weniger als 180cm bei bestehender Malabsorption die Diagnose rechtfertigt. Auch bei inter-enterischen Fisteln kann es durch ein „Kurzschluss“-bedingtes Ausschalten von Darmanteilen zu einem funktionellen Kurzdarmsyndrom kommen.

Stenosen: Bei etwa 30% der Crohn-Patienten tritt im Verlauf eine Stenose auf, meist im Ileocoekal-Bereich und an Anastomosen. Unterschieden werden entzündliche Stenosen (hier ist zunächst eine anti-inflammatorische medikamentöse Therapie sinnvoll), narbige Stenosen sowie Mischbilder. Versagt eine anti-inflammatorische Therapie oder liegt eine eher narbige Stenose vor, stehen zur Therapie die endoskopische Dilatation sowie Operation (Strikturoplastik, Resektion) zur Verfügung. Kurzstreckige Stenosen (<5cm), die endoskopisch erreichbar sind, sind in der Regel gut für eine endoskopische Intervention geeignet (Clin Gastroenterol Hepatol 2019;17:2514–22).

Es sollte frühzeitig eine (u.U. parenterale) Ernährungstherapie eingeleitet werden, um Mangelerscheinungen auszugleichen. Durch die verbesserte Verfügbarkeit einer häuslichen parenteralen Ernährung hat die Lebensqualität für die Betroffenen zugenommen. Eine medikamentöse Therapie mit einem GLP-2-Analogon (Teduglutid) kann die Resorptionsleistung des Dünndarms verbessern. Als ultima ratio steht die Dünndarm-Transplantation in spezialisierten Zentren zur Verfügung.

Eine Konsensus-Empfehlung zur endoskopischen Therapie von Crohn-Stenosen wurde kürzlich von der Global Interventional IBD Group veröffentlicht (Lancet Gastroenterol Hepatol 2020;Jan 20, ahead of print). 7


extraintestinale Manifestationen wie Erythema nodosum vor?), Labor- sowie Endoskopieund Histologie-Befunden. Bei Unklarheit wird eine erneute Koloskopie nach 3–6 Monaten empfohlen.

COLITIS ULCEROSA (CU) ALLGEMEINES

Die Erkrankung wurde 1859 erstmals von SAMUEL WILKS beschrieben. Trotz Fortschritten in Koloskopie: Je nach endoskopischer Ausdehnung erfolgt eine Einteilung der Erkrankung in der medikamentösen Therapie ist bei 15% der CU-Patienten irgendwann eine Proktitis (nur Rektum befallen), Linksseiten-Kolitis (Befall über das Rektum hinaus bis linke Proktokolektomie erforderlich. Im Gegensatz zum Morbus Flexur) und ausgedehnte Kolitis (Befall über die linke Flexur Crohn ist die Colitis ulcerosa auf das Kolon und hier auf die hinaus, evtl. mit „Backwash-Ileitis“). Damit kann zum einen KONVENTIONELLE THERAPEUTIKA Mukosa begrenzt. Es treten also keine Fisteln auf, da keine über den Applikationsweg von Mesalazin-Präparaten MESALAZIN transmurale (alle Wandschichten betreffende) Entzündung (topische Therapie, orale Darreichung oder Kombination) und Wirkung: Hemmung der Prostaglandin- und Leukotrien-Synthese, vorliegt. Die entzündete Schleimhaut breitet sich zum anderen über die zukünftige Karzinom-Überwachung wahrscheinlich auch Cyclooxygenase-Hemmung kontinuierlich vom Rektum nach proximal aus. Oft sieht man entschieden werden. Manchmal sieht man bei LinksseitenIndikation: Remissions-Induktion und -erhaltung bei milder bis endoskopisch dann einen abrupten Übergang in eine mittelschwerer Colitis ulcerosa (für Morbus Crohn gibt es keinen Kolitis noch ein isoliertes entzündlich verändertes Areal um erwiesenen Nutzen) entzündungsfreie Schleimhaut. Symptome umfassen (blutige) den Appendixabgang herum („cecal patch“) – dies sollte nicht Darreichungsform und übliche Tagesdosis: Diarrhoen, Drangsymptomatik und Tenesmen. Einen dazu verleiten die CU-Diagnose zu verwerfen und die Proktitis: Suppositorium (1g), alternativ: Klistier oder Schaum, ggf Erkrankungsgipfel gibt es in der zweiten und dritten Erkrankung aufgrund des atypischen, „diskontinuierlichen“ kombiniert mit oralem Mesalazin Lebensdekade. Risikofaktoren für das Entstehen einer CU sind Befallsmusters fälschlicherweise als Morbus Crohn zu Linksseiten-Kolitis und ausgedehnte Kolitis: Klistier oder Schaum (≥1g) kombiniert mit oralem Mesalazin (≥2,4g) negative Einflüsse auf die intestinale Barriere durch intestinale deklarieren. Bei Verlaufskontrollen reicht bei LinksseitenHandelsnamen (Auswahl): Salofalk, Pentasa, Asacol, Claversal, Infektionen (z.B. Salmonellen, Campylobacter) und Kolitis zur Beurteilung der Entzündungsaktivität eine Mezavant (alles Mesalazin-Präparate); Colo pleon, Azufildine (beides Medikamente (z.B. NSAR, Antibiotika-Gebrauch insbesondere Sigmoidoskopie aus, häufig kann man dabei auch nach Sulfasalazin-Präparate) in der Kindheit) und eine positive Familienanamnese. retrograder Lavage (Einlauf) Abschnitte des Colon Protektive Faktoren sind faserreiche Kost mit viel Obst und Gemüse und Rauchen (im transversums beurteilen. Bei Erstdiagnose und bei Untersuchungen im Rahmen der Gegensatz zu Morbus Crohn, bei dem der Nikotinkonsum einen Risikofaktor für einen Vorsorge ist jedoch eine vollständige (Ileo-)Koloskopie erforderlich. komplizierten Verlauf darstellt). Trotzdem wird aufgrund der überwiegend negativen Labor und Mikrobiologie: Es sollten zumindest Blutbild (Anämie? Leukozytose?), CRP, Auswirkungen auf die Gesundheit niemand einen CU-Patienten zum Rauchen animieren. Eisenstatus, Leber- und Cholestase-Parameter (Hinweis für PSC?) sowie Nierenfunktion (Oder?) erfasst werden. Ein Eiweißmangel kann auf eine schwere Entzündung mit Eiweißverlust über eine großflächig entzündete Darmschleimhaut hinweisen. Zum Ausschluss einer DIAGNOSTIK intestinalen Infektion sollte eine Stuhlprobe inkl. C. difficile untersucht werden (nicht nur Die Diagnose basiert nicht auf einem einzelnen Befund (z.B. einer Gewebeprobe, in der bei Erstdiagnose, sondern auch im Schub). Das fäkale Calprotectin ist meist gut als die Histologie als „vereinbar mit Colitis ulcerosa“ beschrieben wird), sondern es wird das Verlaufsparameter geeignet. klinische Gesamtbild berücksichtigt aus Anamnese, körperlicher Untersuchung (liegen z.B.

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Bildgebung: Die Darmsonographie kann auch bei CU zur Verlaufskontrolle dienen (vgl. THERAPIE Gut 2019; Dec 20, ahead of print). Zur Frage einer primär sklerosierenden Cholangitis Therapieziele sind die Remissions-Induktion und die steroidfreie Remissions-Erhaltung. (PSC) stehen ebenfalls die Sonographie sowie ergänzend die MRCP zur Verfügung. Eine Langfristig soll das Auftreten von Darmkrebs sowie die Notwendigkeit einer Kolektomie ERCP ist nur bei therapeutischer Konsequenz (z.B. geplante verhindert werden. Die Wahl des Medikamentes richtet sich Dilatation von dominanten Stenosen) oder MalignomKONVENTIONELLE THERAPEUTIKA (FORTS.) nach der Schwere der Erkrankung, dem Befallsmuster, der Verdacht (zur Gewinnung von Gewebeproben) angezeigt. Vortherapien und nach der Patienten-Präferenz. STEROIDE Darmkrebs-Vorsorge: Bei CU ist das Darmkrebsrisiko abhängig von der Ausdehnung der Erkrankung erhöht, so dass ab dem 8. Erkrankungsjahr regelmäßige Vorsorge-Koloskopien erfolgen sollen (außer bei Proktitis). Das Kontroll-Intervall richtet sich dabei nach der individuellen Risikostratifizierung: 

Hohes Risiko (= Koloskopie jährlich): Stenose, ausgedehnte Kolitis mit schwerer Entzündung, intraepitheliale Neoplasie (IEN) in der Vorgeschichte, erstgradig Verwandte mit Kolon-Karzinom vor dem 50. Lebensjahr. Mittleres Risiko (= Koloskopie alle 2–3 Jahre): milde bis mäßige Entzündung, viele Pseudopolypen, erstgradig Verwandte mit Kolon-Karzinom nach dem 50. LJ. Niedriges Risiko (= Koloskopie alle 4 Jahre): keines der o.g. Kriterien trifft zu.

Wirkung: Bindung an intrazelluläre Glucokortikoid-Rezeptoren und damit vielfältige Wirkungen, u.a. Beeinflussung der Protein-Synthese (z.B. Hemmung von pro-inflammatorischer Antikörper-Bildung) BUDESONID Indikation: Remissions-Induktion bei mildem bis mittelschwerem Morbus Crohn mit Ileum- und prox. Kolon-Beteiligung sowie bei milder bis mittelschwerer CU, die auf Mesalazin nicht ausreichend angesprochen hat (als Multimatrix-Formulierung mit Freisetzung im Kolon) Darreichungsform und übliche Tagesdosis: Ileitis und proximale Colitis Crohn: Budesonid (9mg) Colitis ulcerosa: Budesonid-MMX (9mg) in Kombination mit Mesalazin TOPISCHE STEROIDE (SCHAUM ODER KLISTIER) Indikation: Remissions-Induktion bei Linksseiten-Kolitis und Proktitis ulcerosa, wenn Mesalazin nicht vertragen wird (bei distaler CrohnColitis existiert bislang kein Wirksamkeitsnachweis für eine topische Steroid-Therapie) Handelsnamen (Auswahl): Budenofalk, Entocort, Cortiment (alles Budesonid); Betnesol (Betamethason); Colifoam (Hydrocortison) SYSTEMISCHE STEROIDE Indikation: Remissions-Induktion bei Morbus Crohn; als Erstmaßnahme bei schwerer CU; als Zweitlinien-Therapie bei milder bis mittelschwerer CU, die nicht ausreichend auf eine optimierte Mesalazin-Therapie (und ggf. Budenosid-MMX) angesprochen hat

Unkomplizierte CU: Bei milder bis moderater Aktivität wird zur Remissions-Induktion zunächst Mesalazin eingesetzt (bei Proktitis vorzugsweise lokal als Zäpfchen oder Einlauf, bei Linksseiten- und ausgedehnter Kolitis als Kombination aus oraler und topischer Therapie). Spricht Mesalazin nicht wie gewünscht an, werden Steroide ergänzt (bei Proktitis vorzugsweise als topisches Steroid, ansonsten Budesonid MMX). Spricht die Kolitis auf eine optimierte Mesalazin- und ggf. topische Steroid-Gabe weiterhin nicht an, wird eine systemische Steroid-Therapie empfohlen (bei Proktitis kann off-label auch eine topische Calcineurin-Inhibitor-Therapie versucht werden). Zur Remissions-Erhaltung wird eine Mesalazin-Therapie für mindestens 2 Jahre empfohlen (bei Proktitis und LinksseitenKolitis vorzugsweise topisch, d.h. rektale Darreichung).

Bei steroid-abhängigem Verlauf wird eine Therapie mit Liegt eine primär sklerosierende Cholangitis vor, ist das Risiko Thiopurinen, Anti-TNF-Antikörper, Vedolizumab oder für Darmkrebs unabhängig von Ausdehnung und Tofacitinib empfohlen. Seit kurzem ist auch Ustekinumab für Erkrankungsdauer der Colitis ulcerosa am stärksten erhöht Übliche Tagesdosis: 1mg/kg Körpergewicht (max. 60mg/Tag) als die Colitis ulcerosa zugelassen. Die Wahl des Präparates hängt und es werden bereits ab Diagnosezeitpunkt der PSC jährliche Startdosis, dann schrittweise ausschleichen. Bei höheren Dosierungen von verschiedenen Faktoren ab (mangels vergleichender sollte eine Thromboseprophylaxe durchgeführt werden. Koloskopien empfohlen. Hierbei ist eine gründliche Studien gibt es für die Priorisierung bislang wenig bis keine Handelsnamen (Auswahl): Decortin, Prednisolon, Solu Decortin (alles Darmreinigung essentiell. Läsionen können mittels evidenz-basierten Empfehlungen). Prednisolon-Präparate); Urbason (Methylprednisolon) Chromoendoskopie besser detektiert werden, zusätzlich sollten zufällige Stufenbiopsien entnommen werden (möglichst in der Remissionsphase, Moderate bis schwere CU: Bei ausgeprägter Aktivität wird eine systemische Steroidda eine aktive Entzündung die histologische Differenzierung zwischen reaktiven Atypien Therapie empfohlen (vorzugsweise stationär), die bei fehlendem Ansprechen frühzeitig und echten Dysplasien erschwert). eskaliert werden sollte (siehe unten). 9


KOMPLIKATIONEN Refraktäre Kolitis: Vergleicht man Morbus Crohn mit Colitis Eindruck gewinnen, dass die Crohn-Erkrankung eher komplikativ verläuft (Stenosen, Fisteln, Abszesse). Tatsächlich ist das Risiko, im Laufe der Erkrankung operationspflichtig zu werden für Crohn-Patienten auch höher. Trotzdem beklagen Chirurgen, dass gerade Kolitis-Patienten oft zu spät zur Operation (Proktokolektomie) vorgestellt werden – nach zu langer, ineffektiver Therapie mit verschiedenen Biologika („Mab-Marathon“) und in einem schlechten Allgemein- und Ernährungszustand mit entsprechend erhöhtem Risiko für perioperative Komplikationen. Häufig muss der Patient durch Maßnahmen wie parenterale Ernährung, Optimierung der Gerinnung und Ausgleich von Elektrolyt-Störungen erst in einen OP-fähigen Zustand gebracht und „aufgepäppelt“ werden. Bei einer refraktären Kolitis sollte also frühzeitig ein CED-erfahrener Chirurg mit ins Boot geholt werden, um den optimalen OP-Zeitpunkt nicht zu verpassen. Spricht eine Therapie nicht wie gewünscht an, sollte immer auch an eine Clostridien-Infektion und an eine CMV-Kolitis gedacht werden (insbesondere bei schwerer, steroidrefraktärer Kolitis). Die CMV-Kolitis stellt jedoch eine diagnostische Herausforderung dar. Neben Histologie bzw. Immunhistochemie sollte eine CMV-PCR im Blut und aus Kolon-Biopsien veranlasst werden.

Initial wird eine Steroid-Therapie (1mg/kg Körpergewicht, bei Motilitätsstörung vorzugsweise i.v.) unter Thrombose-Prophylaxe durchgeführt. Dabei wird das Ansprechen ulcerosa, kann man den engmaschig kontrolliert (auch mittels objektivierbarer Parameter wie CRP, Calprotectin, Stuhlfrequenz, SonographieIMMUNMODULATOREN und Endoskopie-Befund). Zusätzlich sollte immer eine Clostridium difficile-Infektion (Stuhlprobe) sowie eine CMVTHIOPURINE Kolitis ausgeschlossen sein (d.h. frühzeitige Sigmoidoskopie Wirkung: Hemmung der B- und T-Zell-Vermehrung durch DNA- und RNA-Synthesehemmung, Apoptose-Induktion mit Biopsien möglichst innerhalb 48h Stunden nach Indikation: Remissions-Erhaltung bei steroid-abhängiger Colitis stationärer Aufnahme). ulcerosa oder Morbus Crohn

Übliche Tagesdosis: Azathioprin: 1,5–2,5mg/kg Körpergewicht; Mercaptopurin (off-label!): 0,75–1,5mg/kg Körpergewicht Handelsnamen (Auswahl): Azafalk, Imurek, Azaimmun, Zytrim (alles Azathioprin-Präparate); Puri Nethol (6-Mercaptopurin-Präparat)

METHOTREXAT Wirkung: Folsäure-Antagonist, Hemmung der Zellteilung Indikation: Remissions-Erhaltung bei steroid-abhängigem Morbus Crohn (Colitis ulcerosa: selten eingesetzt) Übliche Dosierung: 25mg i.m. oder s.c. einmal pro Woche, im Verlauf auf 15mg/Woche reduzieren Handelsnamen (Auswahl): Lantarel, Metex

CALCINEURIN-INHIBITOREN Wirkung: Hemmung der T-Zell-Aktivität durch Eingriff in SignalTransduktionswege Indikation: Rescue-Therapie bei schwerer (steroid-refraktärer) Colitis ulcerosa als Alternative zu Infliximab; topische Darreichung von Tacrolimus bei refraktärer Proctitis ulcerosa (off-label!) Übliche Dosierung: nach Wirkspiegel

Eine vollständige Koloskopie sollte aufgrund der Perforationsgefahr in der Akutphase nicht durchgeführt werden.

Spricht die Steroid-Therapie nicht innerhalb von 3 Tagen an, wird frühzeitig eine Therapie-Intensivierung entweder mit Infliximab oder Calcineurin-Inhibitor empfohlen (in Studien kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Optionen: die Entscheidung wird individuell und nach lokaler Expertise bzw. Verfügbarkeit getroffen). Zudem ist spätestens jetzt ein erfahrener Chirurg hinzuzuziehen, da die Proktokolektomie in Erwägung gezogen sowie regelmäßig Komplikationen wie toxisches Megakolon, Perforation oder refraktäre Blutungen evaluiert werden müssen. Das Risiko für eine erforderliche Kolektomie kann mit dem OxfordIndex abgeschätzt werden: ist nach 3tägiger i.v.-Steroid-Therapie die Stuhlfrequenz immer noch >8 (oder zwischen 3 und 8 bei gleichzeitiger CRP-Erhöhung >45mg/l), dann besteht ein Risiko von 85%, dass im Verlauf eine Proktokolektomie notwendig wird.

Handelsnamen (Auswahl): Sandimmun, Immunosporin (beides Schwere akute Kolitis (ASUC): Formale Kriterien für eine Ciclosporin); Prograf, Advagraf (beides Tacrolimus) schwere Kolitis (acute severe ulcerative colitis, ASUC) sind: >6 Kommt es unter einer vorbestehenden Anti-TNF-Therapie zu blutige Stühle/Tag und mindestens ein Zeichen für eine systemische Inflammation: einem schweren Schub, kann dann als Rescue-Therapie eine Kombination aus Calcineurinerhöhte Temperatur/Fieber (>37,5°C), Tachykardie (>90bpm), Anämie (je nach Definition Inhibitor und Vedolizumab versucht werden (dabei wird der Calcineurin-Inhibitor zur Hb<10,5g/dl oder <75% des Normwertes) oder erhöhte laborchemische Beschleunigung der Remissions-Induktion und als „bridging“ eingesetzt, bis die Inflammationsmarker (BSG >30mm/h oder CRP >30mg/l). Wichtig ist jedoch vor allem der Vedolizumab-Wirkung da ist). klinische Gesamteindruck: schwer kranke CU-Patienten werden stationär behandelt, da es sich nach wie vor um ein bedrohliches Krankheitsbild handelt.

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Neben der anti-inflammatorischen Therapie ist häufig eine supportive Therapie notwendig wie intravenöse Flüssigkeits-Substitution, Elektrolyt-Ausgleich und (möglichst enterale) Ernährungstherapie. Bei manchen Patienten wird zudem eine Blut-Transfusion benötigt. Für eine zusätzliche Antibiotika-Therapie gibt es bei ASUC keine Evidenz, zudem ist dann das Risiko für eine Clostridien-Infektion erhöht. Motilitätshemmende Medikamente (z.B. Loperamid) sind aufgrund des Risikos für ein toxisches Megakolon kontraindiziert.

Stenosen: Das Auftreten einer Stenose ist bei Colitis ulcerosa grundsätzlich malignitätsverdächtig. Zur Abklärung sind multiple Biopsien aus der Stenose erforderlich (bei CU wächst ein Karzinom oft submukös, wird durch Biopsien also nicht immer erfasst!). Ergänzend wird eine Bildgebung (CT oder MRT) empfohlen. Die Indikation zur OP ist großzügig zu stellen. Dysplasien/IEN: Treten intraepitheliale Neoplasien (IEN) auf, ist das Karzinomrisiko erhöht. Endoskopisch sichtbare Läsionen werden in polyoid und nicht-polypoid klassifiziert und müssen gezielt biopsiert werden, um den Grad der Dysplasie histologisch festzulegen (low-grade, high-grade oder unklar). Kann eine sichtbare Läsion endoskopisch vollständig entfernt werden, sind jährliche Kontroll-Koloskopien erforderlich. Kann eine dysplastische Läsion nicht endoskopisch entfernt werden, wird die Proktokolektomie empfohlen. Wird eine Dysplasie bei einer Zufallsbiopsie entdeckt (also ohne endoskopisch sichtbare Läsion), sollte zunächst eine hochauflösende Chromoendoskopie von einem erfahrenen Untersucher durchgeführt werden. Liegt ein Karzinom vor, ist eine Proktokolektomie erforderlich. Komplikationen nach Proktokolektomie mit Pouch-Anlage (IPAA): Indikationen für eine Proktokolektomie bei CU können sein: refraktäre Kolitis, refraktäre Blutungen, endoskopisch nicht resektable Dysplasie, fulminante Kolitis (ASUC),

Perforation und toxisches Megakolon. Nach einer Proktokolektomie kann ein definitives Ileostoma angelegt werden (entweder als konventionelle, inkontinente Ileostomie mit „Beutel“ oder als kontinente Ileostomie mit Selbst-Katheterisierung, der sog. Kock-Pouch). Häufig besteht beim Patienten jedoch der Wunsch nach einer Wiederherstellung der körperlichen Integrität. Hierzu steht die EXIT-STRATEGIEN BEI CED restaurative Proktokolektomie mit ileo-pouch-analer WANN KANN EINE THERAPIE BEENDET WERDEN? Anastomose (IPAA) zur Verfügung, die mehrzeitig durchgeführt Es gibt wenig Studiendaten zu Exit-Strategien. Die Entscheidung ist wird. (Dies sollte aufgrund der Komplexität des Eingriffs individuell unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren (u.a. Sicherheitsprofil des Medikamentes, bisheriger Krankheits-Verlauf) zu ausschließlich in spezialisierten Zentren mit entsprechender treffen. Auch die Patienten-Präferenz spielt eine wichtige Rolle. Expertise erfolgen.) Da jeder Auslassversuch mit einem erhöhten Rezidiv-Risiko einhergeht, sind bevorstehende größere Ereignisse (z.B. AbiturPrüfungen, neuer Job, Umzug, Geburt des Kindes) ebenfalls kein guter Zeitpunkt für einen Exit. Ein paar allgemeine Regeln sind: 

Mesalazin sollte bei Colitis ulcerosa „langfristig“ zum Remissionserhalt eingesetzt werden (exzellentes Sicherheitsprofil, effektive Karzinom-Prävention) – also nach Möglichkeit gar nicht absetzen.

Thiopurine werden oft nach 3–4jähriger stabiler Remission abgesetzt (bei Langzeit-Anwendung u.a. Risiko für lymphoproliferative Erkrankungen). Bei einer KombiTherapie z.B. mit Infliximab kann Azathioprin bereits nach 6 Monaten (und Infliximab als Monotherapie fortgeführt) oder zumindest eine Dosis-Halbierung durchgeführt werden.

Nach Absetzen von Anti-TNF-Antikörpern besteht ein erhöhtes Rezidiv-Risiko (ca. 30–40% innerhalb eines Jahres, >50% nach 2 Jahren). Im Falle eines Rezidives kann eine Re-Induktion mit dem gleichen Präparat erfolgen.

Bevor man einen Exit in Erwägung zieht, sollte eine Aktivität der Erkrankung objektiv ausgeschlossen werden (mit Biomarkern, Endoskopie und/oder Bildgebung), da eine subklinische Rest-Aktivität ein erhöhtes Risiko für ein manifestes Rezidiv birgt. Eine BiologikaTherapie sollte möglichst nur bei einer länger bestehenden „tiefen Remission“ beendet werden. Nach Absetzen der Therapie sollte der Patient zudem weiterhin überwacht werden, um ein (subklinisches) Rezidiv frühzeitig zu erkennen (z.B durch regelmäßige Calprotectin-Kontrollen). Weitere Details zu Exit-Strategien findet man z.B. im „ECCO Topical Review on Treatment Withdrawal in Inflammatory Bowel Disease“ (Journal of Crohn's and Colitis 2018;12:17–31).

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Grundsätzlich ist der CU-Patient nach einer Proktokolektomie zunächst von seiner Krankheitslast befreit, da das entzündete Organ vollständig entfernt ist. Die Stuhlfrequenz bleibt jedoch langfristig erhöht und auch die Kontinenzleistung ist meist eingeschränkt (v.a. nachts). Zudem kann es zu einem funktionellen Versagen des Pouches kommen. Ursachen hierfür sind septische Komplikationen, Fisteln, Probleme mit der Anastomose, ein zu lang belassener Rektumstumpf, eine sekundäre Morbus Crohn-Diagnose, chronische Abszesse und anale Inkontinenz. Sofern von chirurgischer Seite der Pouch nicht doch noch „gerettet“ werden kann, muss dieser dann aufgegeben und ein definitives Ileostoma angelegt werden. (In Einzelfällen kann auch eine Neuanlage versucht werden.) Eine weitere Ursache für Beschwerden sowie für PouchVersagen ist die Pouchitis, die in 50% der IPAA-Patienten innerhalb von 10 Jahren auftritt. Es handelt sich um eine unspezifische Entzündung der zum Pouch verwendeten IleumSchleimhaut. Symptome können u.a. sein: vermehrte Stuhlfrequenz, Blutungen, Schmerzen und Tenesmen. Zur Diagnose wird die „Pouchoskopie“ mit Entnahme von Biopsien empfohlen. Die akute Pouchitis wird antibiotisch behandelt.


Bei chronischer Pouchitis kann ebenfalls eine Antibiose erfolgen (z.B. Ciprofloxacin und/oder Metronidazol), alternativ kann Budesonid oder eine topische TacrolimusTherapie versucht werden. Bei refraktärer Pouchitis kann Infliximab helfen. Zur Remissionserhaltung bei Pouchitis werden Probiotika empfohlen, z.B. VSL#3. Oft ist die Therapie der Pouchitis jedoch schwierig.

Damit sind auch schon einige Differentialdiagnosen zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa genannt. Weitere, eher seltene Erkrankungen, die eine CED imitieren, sind ImmundefektSyndrome (z.B. Severe combined immuno-deficiency syndrome/SCID, Common variable immuno-deficiency/CVID), Darm-Tuberkulose und Darmbeteiligung bei Graft-versus-HostDisease (GvHD).

COLITIS INDETERMINATA UND DIFFERENTIAL-DIAGNOSEN ALLGEMEINES Manchmal fällt es schwer, eine eindeutige Unterscheidung zwischen Colitis ulcerosa und Crohn-Colitis zu treffen. Dann bezeichnet man die vorgefundene Erkrankung solange als „Colitis indeterminata“, bis durch im weiteren Verlauf gewonnene Erkenntnisse vielleicht eine klare Zuordnung getroffen werden kann.

MIKROSKOPISCHE KOLITIS ALLGEMEINES Auch die mikroskopische Kolitis (hierunter werden lymphozytäre und kollagene Kolitis zusammengefasst) ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Im Gegensatz zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa treten keine strukturellen Schäden des Darms auf und die Erkrankung verläuft „gutartig“. Die Lebensqualität ist aber häufig signifikant eingeschränkt. Ein Problem ist, dass die Erkrankung oft nicht diagnostiziert wird, da nicht daran gedacht wird.

Es handelt sich also nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern um eine vorübergehende, behelfsmäßige Bezeichnung. Ursprünglich wurde der Terminus nur bei der Beurteilung von Kolektomie-Präparaten (und nicht bei Biopsien aus einer diagnostischen Koloskopie) angewandt. Bei den meisten Fällen handelte es sich um eine fulminante Kolitis, die eine dringliche Kolektomie erforderlich machten (Arch Pathol 1970;89:20–9).

Erstmals beschrieben wurde die mikroskopische Kolitis 1976 von CG LINDSTRÖM bei einer Frau mittleren Alters mit chronischen, wässrigen Diarrhoen, bei der im Rahmen der diagnostischen Abklärung als einzige Auffälligkeit histologisch ein verbreitertes Kollagenband der Kolon-Schleimhaut nachweisbar war.

Gründe für eine erschwerte Zuordenbarkeit durch den Pathologen können u.a. sein (vgl. Mod Pathol 2015;28:S30–S46):   

das Vorliegen einer Kolitis anderer Genese, die eine CED imitieren kann (z.B. ischämische Kolitis, Strahlenkolitis, infektiöse Kolitis inkl. C. difficile und CMV, divertikel-assoziierte Kolitis/SCAD, NSAR-Kolitis oder Morbus Behçet)

fulminante Kolitis fehlende klinische Angaben (z.B. Anamnese, endoskopischer Befund, perianale Fisteln, bisheriger Verlauf, Vorbefunde) auf dem Pathologie-Anforderungsschein eine bereits anbehandelte Darmentzündung (die z.B. aus einer Colitis ulcerosa mit kontinuierlichem Befall eine diskontinuierliche Entzündung mit möglicherweise ausgespartem Rektum macht) das gleichzeitige Vorliegen einer Entzündung des terminalen Ileums anderer Ursache (z.B. mikrobiell, NSAR, Folge der Abführmaßnahmen im Rahmen der Koloskopie-Vorbereitung)

Damit ist auch schon der typische Patient beschrieben: weiblich, mittleres bis höheres Lebensalter und als Leitsymptom nicht-blutige, wässrige Diarrhoen (auch nachts) sollten den Verdacht auf eine mikroskopische Kolitis lenken („Syndrom der wässrigen Diarrhoe“) und eine entsprechende Diagnostik veranlasst werden. Die Ursache der mikroskopischen Kolitis ist unbekannt. Risikofaktoren sind der Gebrauch von NSAR-Präparaten (insbesondere in Kombination mit PPI) und Rauchen, auch die Einnahme von Beta-Blockern, Sartanen, Statinen und SSRIs (z.B. Sertralin) wurden als Risikofaktoren identifiziert (zu beachten ist aber, dass eine statistische Assoziation nicht

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gleichbedeutend mit einem Kausalzusammenhang ist). Mit einer mikroskopischen Kolitis assoziierte Erkrankungen sind Rheuma, Zöliakie und andere Autoimmunerkrankungen.

Ansonsten wird zur Therapie Budesonid (z.B. Entocort-Kapseln) eingesetzt:  

Nach bisherigem Wissen gibt es kein erhöhtes Risiko für das spätere Auftreten von Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder Darmkrebs. DIAGNOSTIK Klinisch lässt sich eine mikroskopische Kolitis nicht von einem Reizdarm-Syndrom unterscheiden. Auch Biomarker (CRP, fäkales Calprotectin) sind bei kollagener und lymphozytärer Kolitis nicht hilfreich.

Remissions-Induktion: 9mg Budesonid für 6–8 Wochen. Remissions-Erhaltung kann ebenfalls mit Budesonid (meist 3–6 mg) durchgeführt werden (allerdings off-label, da Budesonid nur für die Akuttherapie für eine Dauer von bis zu 8 Wochen zugelassen ist). Die empfohlene Dauer der Erhaltungstherapie ist nicht geklärt. Nach Absetzen kommt es bei vielen Patienten im Verlauf zu einem Rezidiv, dann kann eine erneute RemissionsInduktion mit Budesonid durchgeführt werden.

Andere Therapien (z.B. Mesalazin, Bismut, Weihrauchextrakt) haben offenbar nur einen geringen bis keinen Effekt.

Da per Definition keine makroskopischen Veränderungen der Kolonschleimhaut erkennbar sind, müssen zur Diagnosestellung während der Koloskopie mehrere Biopsien aus verschiedenen Kolon-Segmenten entnommen werden.

Bei schwerem, therapie-refraktärem Verlauf ist die Therapie schwierig, da die in Frage kommenden Medikamente keine Zulassung für die mikroskopische Kolitis haben und somit nur off-label eingesetzt werden können:

Die American Society for Gastrointestinal Endoscopy (ASGE) empfiehlt zur Abklärung chronischer Diarrhoen die Entnahme von mindestens 8 Biopsien (je 2 Biopsien aus Colon ascendens, C. transversum, C. descendens und Sigma). Insbesondere die Entnahme von Gewebeproben aus dem proximalen Kolon erhöht die Sensitivität für das Erkennen einer kollagenen Kolitis.

 

Ein verbreitertes Kollagenband und der vermehrte Nachweis intraepithelialer Lymphozyten sind histologisch wegweisend für die Diagnose. Kryptenabszesse und Kryptenarchitektur-Störungen kommen im Gegensatz zu anderen chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in der Regel nicht vor.

das Somatostatin-Analogon Octreotid kann in ausgewählten Fällen zu einer Linderung führen die Anti-TNF-Antikörper Infliximab und Adalimumab wurden als Alternative zur Kolektomie mit Erfolg eingesetzt

Chirurgische Therapie: Es ist eine Fallserie von 9 Patienten beschrieben, bei denen aufgrund refraktärer mikroskopischer Kolitis eine Ileostomie durchgeführt wurde. Das somit vom Stuhlfluss ausgeschaltete Kolon wies bei Kontrollen bei allen (!) Patienten eine vollständige Remission auf. Bei denjenigen Patienten, die im Verlauf eine IleostomaRückverlagerung erhielten, kam es aber wieder zu einem Rezidiv. Als ultima ratio wurde in Einzelfällen auch eine Proktokolektomie durchgeführt.

THERAPIE Bei leichteren Beschwerden wird eine symptomatische Therapie mit Loperamid empfohlen. Auch Colestyramin kann (unabhängig davon, ob zusätzlich eine chologene Diarrhoe besteht) bei mikroskopischer Kolitis die Symptome lindern.

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BIOLOGIKA UND „SMALL MOLECULES“ IN DER CED-THERAPIE Die Entwicklung von monoklonalen Antikörpern (monoclonal antibodies, „-mabs“) hat die Medizin in Diagnostik und Therapie (u.a. in den Bereichen Pathologie, Hämatoonkologie, Rheumatologie, Dermatologie und Gastroenterologie) revolutioniert.

Trotzdem sollten Bedenken von Patienten ernst genommen werden. Man sollte sich auch klarmachen, dass bei neuen Substanzen naturgemäß keine Erfahrungen bzgl. möglicher Folgen einer Langzeit-Einnahme vorliegen (vgl. auch das Jahr der Zulassung der jeweiligen Präparate in den nachfolgenden Tabellen). Die meisten Erfahrungswerte liegen für die Anti-TNF-Antikörper Infliximab und Adalimumab vor.

Die Grundlagenforschung, die die zielgerichtete Entwicklung von monoklonalen Antikörpern ermöglicht hat, wurde mit bislang drei Nobelpreisen geehrt. Eine lesenswerte Übersicht über das Thema erschien im Oktober 2019 (Der Internist, Band 60, Heft 10).

Während der Therapie dürfen keine Lebendimpfstoffe (z.B. Masern, Mumps und Röteln) verabreicht werden. Der Impfstatus sollte also vorher überprüft und ggf. aufgefrischt werden. Bei entsprechender Schwere der Grunderkrankung gilt: die CED-Therapie geht vor und Impfungen sind nachrangig. Totimpfstoffe (z.B. jährlicher Grippeschutz, Pneumokokken) dürfen verabreicht werden.

Mögliche therapeutische Angriffspunkte in der Entzündungskaskade veranschaulicht folgende schematische Darstellung. Vor Beginn einer Therapie mit u.g. Medikamenten erfolgt zum Ausschluss latenter Infektionen ein Screening auf Hepatitis B und C, HIV, Tuberkulose (inkl. RöThorax) und EBV. Zur Frage Überwachung während der Therapie (z.B. Kontrolle von Blutbild, Fettstoffwechsel, Leberund Nierenwerten) wird auf die jeweilige Fachinformation verwiesen.

Spezifische Besonderheiten ergeben sich bei Kinderwunsch, Schwangerschaft, geplanten operativen Eingriffen sowie bei unter der Therapie auftretenden Infektionen oder Malignomen. Auch andere Begleiterkrankungen aus dem „immunologischen Formenkreis“ (z.B. rheumatoide Arthritis, Psoriasis) können Einfluss auf die Therapie-Entscheidung haben und bedürfen einer interdisziplinären Abstimmung z.B. mit dem behandelnden Rheumatologen.

Bei Nachweis einer latenten Tuberkulose wird vor Beginn einer Therapie eine 3wöchige Prophylaxe mit z.B. Isoniazid empfohlen, die für 9 Monate fortgeführt wird. (Bei aktiver Tbc sind Immunsuppressiva und Biologika kontraindiziert.)

Trotz der in der Fachinformation aufgeführten langen Liste von möglichen Nebenwirkungen sollte bedacht werden, dass die Behandlung mit Biologika in der Regel eine sichere Therapie darstellt. Zudem hat man bei Patienten, die vor einer Biologika-Therapie stehen, in der Regel auch kaum Alternativen.

Beachte: Nachfolgende Dosisangaben gelten für Erwachsene mit chronisch-entzündlicher Darmerkrankung (nicht für Kinder oder Patienten mit rheumatologischer oder dermatologischer Indikation). Irrtümer vorbehalten!

Abbildung 4: Potentielle therapeutische Angriffspunkte in der CED-Therapie (Gut and Liver 2019;13:604–16).

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ANTI-TNF-α-ANTIKÖRPER Wirkstoff

Indikationen

übliche CED-Dosierung

Nebenwirkungen (Auswahl)

relevante Studien

Infliximab (Remicade®) CED-Zulassung seit 1999 (EU)

MC, CU, rheum Arthritis, Bechterew, Psoriasis(-Arthritis)

5 mg/kg Körpergew. i.v. (d.h. 400mg @ 80kg)

akute Infusionsreaktion:

ACCENT-I (MC, 2002)

Biosimilars:   

Inflectra, Remsima Flixabi Zessly

 

zu Wo. 0, 2 u 6 dann alle 8 Wo.

(Zulassung für eine s.c.-Therapie wird für Herbst 2020 erwartet)

allergische Sofortreaktion

verzögerte Infusionsreaktion:  

Gelenk- u Muskelschmerzen Lupus-ähnliches Syndrom

Haut:  

u.a. Erythem, Pruritus, Urtikaria, Psoriasis Erysipel

Labor:  

Neutropenie erhöhte Leberwerte

Herz/Kreislauf: 

Verschlechterung einer vorbestehenden HerzInsuffizienz

Reaktivierung latenter Infektionen:    

Herpes zoster EBV Tuberkulose Hepatitis B

in Kombination mit Azathioprin:  

erhöhtes Risiko für (kutane) TZell-Lymphome nicht-melanotischer Hautkrebs

(Risiken für andere Malignome oder schwerwiegende Infektion sind offenbar nicht erhöht.) 15

ACCENT-II (MC, 2004) ACT (CU, 2005) SONIC (MC, 2010)


Adalimumab (Humira®) CED-Zulassung seit 2007 (EU) Biosimilars:     

MC, CU, rheum Arthritis, Bechterew, Plaque-Psoriasis, Acne inversa

unabhängig vom Körpergew.  

Idacio, Kromeya Halimatoz, Hefiya, Hyrimoz Hulio Amgevita Imraldi

Golimumab (Simponi®) CED-Zulassung seit 2009 (EU, in USA: keine Zulassung)

CU, rheum Arthritis, Bechterew, Psoriasis-Arthritis

Woche 0: 160mg s.c. Woche 2: 80mg s.c. dann alle 2 Wochen 40mg s.c.

Woche 0: 

100mg s.c.

dann alle 4 Wochen 

CLASSIC (MC, 2006)

(im Ggs. zu dem chimären Antikörper Infliximab jedoch humanisierter Antikörper, dadurch weniger immunogen und weniger anaphylaktische Reaktionen)

CHARM (MC, 2007)

ähnlich wie Infliximab

PURSUIT (CU, 2014)

GAIN (MC, 2007) ULTRA (CU, 2012) CALM (MC, 2018)

(im Ggs. zu dem chimären Antikörper Infliximab jedoch humanisierter Antikörper, dadurch weniger immunogen und weniger anaphylaktische Reaktionen)

200mg s.c.

Woche 2: 

ähnlich wie Infliximab

50mg s.c. (<80kg) oder 100mg s.c. (wenn >80kg oder fehlendes Ansprechen)

ANTI-α4β7-INTEGRIN-ANTIKÖRPER Wirkstoff

Indikationen

übliche CED-Dosierung

Nebenwirkungen (Auswahl)

relevante Studien

Vedolizumab (Entyvio®) CED-Zulassung seit 2014 (EU)

MC, CU

300mg i.v. (unabhängig vom KG)

Infekte der oberen Atemwege

GEMINI (MC+CU, 2013)

Bronchospasmus

VARSITY (CU, 2019)

 

zu Woche 0, 2 und 6 dann alle 4 oder alle 8 Wochen (je nach Ansprechen)

(Zulassung für eine s.c.-Therapie wird für Herbst 2020 erwartet)

Kopfschmerzen Gelenkschmerzen Übelkeit (Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen offenbar selten.)

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INTERLEUKIN -12- UND INTERLEUKIN-23-ANTIKÖRPER Wirkstoff

Indikationen

übliche CED-Dosierung

Nebenwirkungen (Auswahl)

relevante Studien

Ustekinumab (Stelara®) CED-Zulassung seit 2016 (EU)

MC, CU (seit 9/2019), Psoriasis (Plaque- und Arthritis)

Erstgabe erfolgt i.v.

Infekte der oberen Atemwege

UNITI (MC, 2016)

Übelkeit

UNIFI (CU, 2019)

  

260mg (<55kg) 390mg (55–85kg) 520mg (>85kg)

Erhaltung erfolgt s.c. 

Risankizumab (Skyrizi®) noch keine CED-Zulassung

90mg alle 8 oder alle 12 Wochen

Plaque-Psoriasis

Juckreiz Schmerzen des BewegungsApparates exfoliative Dermatitis (Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen offenbar selten.) zu wenige Daten für CED

Phase-III-Studie (MC)

SMALL MOLECULES Wirkstoff

Indikationen

übliche CED-Dosierung

Nebenwirkungen (Auswahl)

relevante Studien

Tofacitinib (Xeljanz®) CED-Zulassung seit 2018 (EU)

CU, rheum Arthritis, Psoriasis-Arthritis

Für 8 Wochen

Herpes zoster

OCTAVE (CU, 2017)

10mg p.o. 2xtgl.

Dann (bei Ansprechen): 

5mg p.o. 2xtgl.

oder (bei Nicht-Ansprechen): 

Upadacitinib (Rinvoq®) noch keine CED-Zulassung

rheum Arthritis (nur USA, EU: noch nicht zugelassen)

10mg p.o. 2xtgl. für weitere 8 Wochen, dann 5mg 2x tgl. (oder Absetzen falls weiterhin kein Ansprechen) —

erhöhtes Cholesterin (unklare klinische Bedeutung) Infekte der oberen Atemwege bei kardiovaskulärem Risiko: 

thrombembolische Ereignisse (z.B. LungenEmbolie, vgl. Rote-HandBrief vom 29.3.2019)

zu wenige Daten für CED

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Phase-III-Studien (MC+CU)


STUDIEN ZU BIOLOGIKA IN DER CED-THERAPIE Im Folgenden werden einige wichtige Studien zu verschiedenen Präparaten ganz knapp zusammengefasst und deren Kernaussagen herausgestellt. Eine tiefergehende Interpretation der Ergebnisse kann hier nicht geliefert werden.

INFLIXIMAB

(In der PDF-Version dieses Dokumentes sind die Studien auch verlinkt: einfach die Quellen-Angabe anklicken.)

Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Erhaltungstherapie mit Infliximab eine höhere Remissionsrate als Placebo (bei jedoch relativ hohem Placebo-Niveau).

ACCENT-I (2002)

Design: Biologika-naïve MC-Patienten, die auf IFX-Erstgabe angesprochen haben, wurden randomisiert: Placebo vs Fortsetzen der IFX-Therapie.

Die u.g. Studien haben die Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen grundlegend verändert. Man sollte aber beachten, dass alle Ergebnisse unter Studienbedingungen erhoben wurden und diese nunmal nicht der „real world“ entsprechen.

Lancet. 2002;359(9317):1541–9. ACCENT-II (2004) Kernaussage: Auch bei fistulierendem Morbus Crohn erzielt eine Erhaltungstherapie mit Infliximab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

Viele alltägliche Fragen sind immer noch unbeantwortet, z.B. „Welches Präparat ist bei diesem konkreten Patienten, der in der Sprechstunde gerade vor mir sitzt, wahrscheinlich am wirksamsten?“ (Head-to-head-Studien wie z.B. die VARSITY-Studie sind ein Ansatz, um diese Frage zu klären.)

Design: Biologia-naïve MC-Patienten mit mindestens einer sezernierenden Fistel wurden randomisiert: Placebo vs Infliximab. N Engl J Med. 2004;350(9):876–85. ACT (2005)

Zudem wurde bei älteren Studien das Ansprechen meist klinisch, z.B. als Änderung des CDAI-Scores (bei Crohn) oder des partiellen Mayo-Scores (bei Colitis), beurteilt, was vielleicht die hohen PlaceboAnsprechraten bei älteren Studien erklärt. Neuere Studien sind da „strenger“: so wird nun auch die Änderung des endoskopischen Befundes sowie Biomarker wie CRP und fäkales Calprotectin berücksichtigt.

Kernaussage: Auch bei Colitis ulcerosa erzielt eine Therapie mit Infliximab eine höhere Remissionsrate als Placebo. Design: Biologika-naïve CU-Patienten randomisiert: Placebo vs Infliximab.

wurden

N Engl J Med. 2005;353(23):2462–76. „Bill“ und „Jean Fred“ beim ECCO 2019 in Kopenhagen (Foto: privat).

Desweiteren sind heute viele Studien-Patienten bereits (zum Teil mehrfach) Biologikavorbehandelt und somit schwieriger in Remission zu bringen, so dass auch vermeintlich enttäuschende Ansprechraten manchmal als Erfolg gewertet werden können.

SONIC (2010) Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Kombinationstherapie aus Infliximab und Azathioprin eine höhere Remissionsrate als Infliximab allein. Infliximab allein erzielt eine höhere Remissionsrate als Azathioprin allein. (Später konnte dies in anderen Studien auch für Colitis ulcerosa gezeigt werden.) Design: Biologika-naïve MC-Patienten wurden randomisiert: IFX-Mono vs AZA-Mono vs IFX/AZA-Kombi.

All dies ist bei der Interpretation von Studienergebnissen zu berücksichtigen.

N Engl J Med. 2010;362(15):1383–95. 18


ADALIMUMAB

GOLIMUMAB

CLASSIC (2006)

PURSUIT (2014)

Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Therapie mit Adalimumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

Kernaussage: Bei Colitis ulcerosa erzielt eine Induktions-Therapie mit Golimumab eine höhere Remissionsrate als Placebo (PURSUIT-SC). Patienten, die auf Golimumab-Induktion angesprochen haben, profitieren von einer Erhaltungstherapie mit Golimumab im Vergleich zu Placebo (PURSUIT-M).

Design: Biologika-naïve MC-Patienten wurden randomisiert: Placebo vs Adalimumab. Gastroenterology. 2006;130(2):323–33.

Design: Biologika-naïve CU-Patienten wurden randomisiert: Placebo vs Golimumab. Ein Endpunkt war auch das endoskopisch erfasste „mucosal healing“.

CHARM (2007)

Gastroenterology. 2014;146(1):85–95.

Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Erhaltungstherapie mit Adalimumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

VEDOLIZUMAB

Design: Biologika-naïve MC-Patienten, die auf Adalimumab-Induktion angesprochen haben, wurden randomisiert: Placebo vs Fortsetzen der Adalimumab-Therapie.

GEMINI (2013)

Gastroenterology. 2007;132(1):52–65.

Kernaussage: Bei Colitis ulcerosa (GEMINI 1) und bei Morbus Crohn (GEMINI 2) erzielt eine Induktions- und Erhaltungstherapie mit Vedolizumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

GAIN (2007) Kernaussage: Bei Infliximab-vorbehandelten Morbus-Crohn-Patienten, die entweder auf IFX unzureichend angesprochen haben oder IFX aufgrund von Unverträglichkeit absetzen mussten, erzielt eine nachfolgende Therapie mit Adalimumab höhere Remissionsraten als Placebo.

Design: CU- und MC-Patienten (inkl. Biologika-vorbehandelte) wurden randomisiert: Placebo vs Vedolizumab. Ein Endpunkt war auch das endoskopisch erfasste „mucosal healing“. N Engl J Med. 2013;369(8):699–710.

Design: IFX-vorbehandelte MC-Patienten wurden randomisiert: Placebo vs Adalimumab. Ann Intern Med. 2007;146(12):829–38.

VARSITY (2019) Kernaussage: Bei Colitis ulcerosa erzielt eine Therapie mit Vedolizumab eine höhere Remissionsrate als eine Therapie mit Adalimumab.

ULTRA (2012) Kernaussage: Auch bei Colitis ulcerosa erzielt eine Therapie mit Adalimumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

Design: CU-Patienten (inkl. Biologika-vorbehandelte) wurden randomisiert: Adalimumab vs Vedolizumab. Eine Dosiseskalation war nicht erlaubt (zum Nachteil von Adalimumab?). Ein Endpunkt war auch das endoskopisch erfasste „mucosal healing“.

Design: Biologika-naïve CU-Patienten wurden randomisiert: Placebo vs Adalimumab. Gastroenterology. 2012;142(2):257–65.

N Engl J Med. 2019;381(13):1215–26.

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Design: CU-Patienten (inkl. Biologika-vorbehandelte) wurden randomisiert: Placebo i.v. vs Ustekinumab i.v. (Induktion). Patienten, die auf eine i.v.-Induktion angesprochen hatten, wurden re-randomisiert weiterbehandelt mit Placebo s.c. vs Ustekinumab s.c. Ein Endpunkt war auch das endoskopisch erfasste „mucosal healing“.

RISANKIZUMAB DIVERSE Aktuell laufen Phase-III-Studien zur Effektivität und Sicherheit von Risankizumab bei Morbus Crohn. Der (im Gegensatz zu Vedolizumab) selektive IL23-Antikörper ist bereits für die Plaque-Psoriasis zugelassen und hat dort überragende Remissionsraten erzielt. Ob dies auch im CED-Bereich gilt bleibt abzuwarten. Informationen gibt es unter https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03105128.

N Engl J Med. 2019;381(13):1201–14. TOFACITINIB OCTAVE (2017)

USTEKINUMAB

Kernaussage: Bei Colitis ulcerosa erzielt eine Induktions- und Erhaltungstherapie mit Tofacitinib eine höhere Remissionsrate als Placebo.

UNITI (2016)

Design: CU-Patienten (inkl. Biologika-vorbehandelte) wurden randomisiert: Placebo vs Tofacitinib. N Engl J Med. 2017;376(18):1723–36.

Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Induktions- und Erhaltungstherapie mit Ustekinumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

UPADACITINIB

Design: Biologika-vorbehandelte (UNITI-1) und Biologika-naïve (UNITI-2) MC-Patienten wurden randomisiert: Placebo i.v. vs Ustekinumab i.v. (Induktion). Patienten, die auf eine i.v.-Induktion angesprochen hatten, wurden re-randomisiert weiterbehandelt mit Placebo s.c. vs Ustekinumab s.c. (UNITI-IM).

DIVERSE Aktuell laufen mehrere Phase-III-Studien zur Effektivität und Sicherheit von Upadacitinib bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Der (im Gegensatz zu Tofacitinib) selektive JAK1Inhibitor ist in den USA bereits für die rheumatoide Arthritis zugelassen. Informationen gibt es z.B. unter https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03345849 (MC) und unter https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT03653026 (CU).

N Engl J Med. 2016;375(20):1946–60. UNIFI (2019) Kernaussage: Auch bei Colitis ulcerosa erzielt eine Therapie mit Ustekinumab eine höhere Remissionsrate als Placebo.

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STUDIEN ZU THERAPIE-STRATEGIEN BEI MORBUS CROHN POCER (2015)

LIR!C (2017)

Kernaussage: Bei Crohn-Patienten wird ein günstigerer Verlauf erzielt, wenn 6 Monate nach resezierender OP eine Koloskopie und abhängig vom Befund eine TherapieEskalation durchgeführt wird.

Kernaussage: Bei Morbus Crohn mit ileocoekalem Befall ist ein chirurgisches Vorgehen bezogen auf die Lebensqualität nach 12 Monaten ähnlich gut wie eine InfliximabTherapie. Die OP kann also eine Alternative zu einer Anti-TNF-Therapie darstellen.

Design: MC-Patienten wurden nach intestinaler Resektion randomisiert: StandardTherapie vs Koloskopie 6 Monate nach OP und ggf. Therapie-Eskalation.

Design: MC-Patienten, bei denen eine konventionelle Therapie versagt hatte, wurden randomisiert: Ileozökal-Resektion vs Infliximab-Therapie.

Lancet. 2015;385(9976):1406–17.

Lancet Gastroenterol Hepatol. 2017;2(11)785–92.

REACT (2015)

CALM (2018)

Kernaussage: Bei Morbus Crohn kann eine frühzeitige intensive Therapie (hier: Kombination aus Anti-TNF-Antikörper plus MTX oder Azathioprin) den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen bezogen auf spätere Komplikationen (z.B. Notwendigkeit einer OP, stationärer Aufenthalt). Im Vergleich zur konventionellen Therapie wird die klinische Remissionsrate nach 24 Monaten jedoch nicht signifikant verbessert (die endoskopische Remission wurde leider nicht untersucht).

Kernaussage: Bei Morbus Crohn erzielt eine Treat-to-target-Strategie (T2T) eine höhere endoskopische Remissionsrate als ein konventionelles Therapiemanagement (KM), ohne dass es dadurch zu mehr Nebenwirkungen oder Komplikationen kommt. In beiden Gruppen wurde die Therapie schrittweise intensiviert: von „keine Therapie“ über „Adalimumab zweiwöchentlich“ bis „Adalimumab wöchentlich“ und als höchste Stufe „Adalimumab wöchentlich plus Azathioprin“. Die Entscheidung, wann die Therapie jeweils zur nächsten Stufe eskaliert wird, wurde in der T2T-Gruppe engmaschig unter Einbeziehung von klinischen (CDAI-Score) und objektiven Aktivitäts-Markern (CRP, Calprotectin) evaluiert. Bei nicht ausreichendem Ansprechen wurde die Therapie frühzeitig eskaliert. In der KM-Gruppe wurde die Entscheidung zu einer TherapieIntensivierung allein von klinischen Parametern abhängig gemacht. Primärer Endpunkt der Studie war das endoskopisch erfasste „mucosal healing“.

Design: MC-Patienten wurden randomisiert: ECI-Gruppe (frühzeitige kombinierte Immunsuppression) vs konventionelle Therapiegruppe (kein spezifischer TherapieAlgorithmus vorgegeben). Lancet. 2015;386(10006):1825–34. ADMIRE (2016)

Design: Biologika-naïve MC-Patienten konventionelles Therapiemanagement.

Kernaussage: Bei Morbus Crohn mit komplexen perianalen Fisteln erzielt eine Lokaltherapie mit mesenchymalen Stammzellen nach 24 Wochen eine bessere Fistelverschluss-Rate als Placebo.

Lancet. 2018;390(10114):2779–89.

Design: MC-Patienten mit komplexen perianalen Fisteln wurden randomisiert: Injektion von Stammzellen vs Injektion von Placebo. Lancet. 2016;388(10051):1281–90.

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wurden

randomisiert:

Treat-to-target

vs


LITERATUR Im Folgenden werden Übersichtsarbeiten und Leitlinien zu verschiedenen Aspekten im CED-Bereich vorgestellt. Die hier ausgewählten Arbeiten sind alle im Internet frei verfügbar und können im PDF-Format kostenlos heruntergeladen werden.

Maaser C, Sturm A, Vavricka SR, et al. ECCO-ESGAR Guideline for Diagnostic Assessment in IBD Part 1: Initial diagnosis, monitoring of known IBD, detection of complications. Journal of Crohn's and Colitis 2019;13(2):144–64.

(In der PDF-Version dieses Dokumentes sind die Artikel auch verlinkt: einfach die Quellen-Angabe anklicken.)

Sturm A, Maaser C, Calabrese E, et al. ECCO-ESGAR Guideline for Diagnostic Assessment in IBD Part 2: IBD scores and general principles and technical aspects. Journal of Crohn's and Colitis 2019;13(3):273–84.

ALLGEMEIN

Therapie-Algorithmen, Leitlinien und Studien klassifizieren die Erkrankung immer in „milde“, „moderate“ und „schwere“ Aktivität. Doch wonach erfolgt diese Klassifikation eigentlich und welche Fragen sind dabei noch offen? Dem wird in folgender Arbeit nachgegangen.

Welche Mechanismen zum „Ausbruch“ einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung beitragen, wird in einer kurzen, gut lesbaren Übersicht aus der Mayo Clinic dargestellt. Zusammenfassend („CED-Pathogenese in einem Satz“) handelt es sich nach derzeitigem Kenntnisstand um ein Zusammenspiel aus genetischer Anfälligkeit und Umwelteinflüssen auf das Mikrobiom, die durch eine gestörte intestinale Barriere zu einer inadäquaten Aktivierung des intestinalen Immunsystems führen. Die Entschlüsselung der Signalwege, die zu Inflammation und Entzündung führen, eröffnet durch die gezielte Blockade dieser Signalwege neue therapeutische Möglichkeiten. So wird auch verständlich, wie Biologika wirken (zumindest ungefähr – denn wenn man ehrlich ist weiß eigentlich niemand, was genau da im Immunsystem alles passiert, wenn man Biologika verabreicht).

Peyrin-Biroulet L, Panes J, Sandborn WJ, et al. Defining Disease Severity in Inflammatory Bowel Diseases: Current and Future Directions. Clin Gastroenterol Hepatol 2016;14(3):348– 354.e17.

MORBUS CROHN Eine gut lesbare Übersicht zum Morbus Crohn, jedoch bzgl. Therapiemöglichkeiten nicht mehr ganz aktuell, wird im Folgenden vorgestellt. Baumgart DC, Sandborn WJ. Crohn's disease. Lancet 2012;380(9853):1590–605.

Diagnose, Management (Teil 1) sowie Crohn-Chirurgie und spezielle Situationen wie perianale und extraintestinale Crohn-Manifestationen (Teil 2) werden in folgender Übersicht dargestellt.

Ramos GP, Papadakis KA. Mechanisms of Disease: Inflammatory Bowel Diseases. Mayo Clinic Proceedings 2019;94(1):155–65.

Gomollón F, Dignass A, Annese V, et al. 3rd European Evidence-based Consensus on the Diagnosis and Management of Crohn's Disease 2016: Part 1: Diagnosis and Medical Management. Journal of Crohn's and Colitis 2017;11(1):3–25.

Auf den Internetseiten der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) kann man verschiedene Leitlinien abrufen. Hierunter auch eine umfangreiche Übersicht zu Diagnostik, Monitoring, Erkennen von Komplikationen (Teil 1) sowie Erfassen der Krankheitsaktivität und technische Hinweise zur CED-Diagnostik (Teil 2). Erfreulich ist dabei auch der Stellenwert, der der Sonographie beigemessen wird (im Unterschied zum anglo-amerikanischen Raum).

Gionchetti P, Dignass A, Danese S, et al. 3rd European Evidence-based Consensus on the Diagnosis and Management of Crohn's Disease 2016: Part 2: Surgical Management and Special Situations. Journal of Crohn's and Colitis 2017;11(2):135–49.

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Magro F, Gionchetti P, Eliakim R, et al. Third European Evidence-based Consensus on Diagnosis and Management of Ulcerative Colitis. Part 1: Definitions, Diagnosis, Extraintestinal Manifestations, Pregnancy, Cancer Surveillance, Surgery, and Ileo-anal Pouch Disorders. Journal of Crohn's and Colitis 2017;11(6):649–70.

Zwei aktuelle Veröffentlichungen (in der auch Ustekinumab berücksichtigt wird) beschreiben den aktuellen Stand der medikamentösen Crohn-Therapie. Samaan M, Campbell S, Cunningham G, et al. Biologic therapies for Crohn's disease: optimising the old and maximising the new. F1000Research 2019;8:1210.

Harbord M, Eliakim R, Bettenworth D, et al. Third European Evidence-based Consensus on Diagnosis and Management of Ulcerative Colitis. Part 2: Current Management. Journal of Crohn's and Colitis 2017;11(7):769–84.

Torres J, Bonovas S, Doherty G, et al. ECCO Guidelines on Therapeutics in Crohn's Disease: Medical Treatment. Journal of Crohn's and Colitis 2020;14(1):4–22.

Spezielle Aspekte der Colitis-Chirurgie werden ebenfalls in einem ECCO-Paper dargelegt, welches kostenlos über die entsprechende Homepage abrufbar ist.

Eine Strategie, mit der man die Therapie bei Morbus Crohn optimieren kann, ist das „Treat-to-target“-Konzept. Worum es da grundsätzlich geht, zeigt folgende Arbeit, an der einige führende Köpfe der CED-Welt mitgewirkt haben.

Öresland T, Bemelman WA, Sampietro GM, et al. European evidence based consensus on surgery for ulcerative colitis. Journal of Crohn's and Colitis 2015;9(1):4–25.

Bouguen G, Levesque BG, Feagan BG, et al. Treat to Target: A Proposed New Paradigm for the Management of Crohn's Disease. Clin Gastroenterol Hepatol 2015;13(6):1042–50.

EXTRAINTESTINALE MAN IFESTATIONEN, BEGLEI TERKRANKUNGEN, SPEZIELLE SITUATIONEN

COLITIS ULCEROSA

Dass Morbus Crohn und Colitis ulcerosa Systemerkrankungen und damit nicht auf den Darm beschränkt sind, machen die häufig auftretenden extra-intestinalen Manifestationen deutlich. Diese tragen auch in einem nicht zu unterschätzenden Ausmaß zum Leidensdruck der Patienten und zur „burden of disease“ bei.

Eine kurze, gut lesbare Übersicht zum aktuellen Stand der CU aus der Mayo Clinic. Feuerstein JD, Moss AC, Farraye FA. Ulcerative Colitis. Mayo Clinic Proceedings 2019;94(7):1357–73.

Umfangreicher und detaillierter ist die aktuelle Leitlinie des American College of Gastroenterology.

Harbord M, Annese V, Vavricka SR, et al. The First European Evidence-based Consensus on Extra-intestinal Manifestations in Inflammatory Bowel Disease. Journal of Crohn's and Colitis 2016;10(3):239–54.

Rubin DT, Ananthakrishnan AN, Siegel CA, et al. ACG Clinical Guideline: Ulcerative Colitis in Adults. Am J Gastroenterol 2019;114(3):384–413.

Bernstein CN, Benchimol EI, Bitton A, et al. The Impact of Inflammatory Bowel Disease in Canada 2018: Extra-intestinal Diseases in IBD. J Can Assoc Gastroenterol 2019;2(Suppl 1):S73– S80.

Eine Leitlinie zur Therapie der eher milden Colitis ulcerosa, in der Biologika nicht indiziert sind, gibt es von der American Gastroenterological Association.

Häufig liegt auch ein Eisenmangel vor, der verschiedene Ursachen haben kann: Eisenverlust durch chronische Blutung, Eisenresorptionsstörung sowie Eisenverwertungsstörung bei chronischer Entzündung. Weitere Ursachen für eine Anämie werden ebenfalls in folgender Übersicht dargestellt.

Ko CW, Singh S, Feuerstein JD, et al. AGA Institute Guideline on the Management of Mild-toModerate Ulcerative Colitis. Gastroenterology 2019;156(3):748–64.

Sehr umfangreich ist die Übersicht der ECCO zu Diagnose, extra-intestinalen Manifestationen, speziellen Situationen wie Schwangerschaft, Chirurgie und PouchErkrankungen (Teil 1) sowie aktuelle Therapie (Teil 2) der Colitis ulcerosa. Noch nicht berücksichtigt ist dabei Tofacitinib.

Dignass AU, Gasche C, Bettenworth D, et al. European Consensus on the Diagnosis and Management of Iron Deficiency and Anaemia in Inflammatory Bowel Diseases. Journal of Crohn's and Colitis 2015;9(3):211–22.

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Und als wenn chronisch-entzündliche Darmerkrankungen nicht schon kompliziert genug wären, treten auch bei CED-Patienten funktionelle Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Reizdarmsyndrom) auf.

SONSTIGE THERAPIEN (IMMUNMODU LATOREN, KOMBINATION EN, JAK) Dass auch im Biologika-Zeitalter die „guten alten“ Immunmodulatoren (Thiopurine, Methotrexat) durchaus noch einen Stellenwert haben, zeigt ein aktueller Kommentar. Es wird auch auf die Möglichkeiten einer Kombination mit Biologika (z.B. Azathioprin plus Infliximab) eingegangen.

Colombel J-F, Shin A, Gibson PR. AGA Clinical Practice Update on Functional Gastrointestinal Symptoms in Patients With Inflammatory Bowel Disease: Expert Review. Clin Gastroenterol Hepatol 2019;17(3):380–90.

Hanauer SB, Sandborn WJ, Lichtenstein GR. Evolving Considerations for Thiopurine Therapy for Inflammatory Bowel Diseases-A Clinical Practice Update: Commentary. Gastroenterology 2019;156(1):36–42.

Bei der Therapie gilt: die Patientensicherheit geht immer vor („primum non nocere“). Eine Meta-Analyse über das Risiko von infektiologischen Komplikationen und dem Auftreten von Malignomen zeigt, dass bei Einsatz von z.B. Adalimumab, Golimumab, Infliximab oder Vedolizumab das Risiko für opportunistische Infektionen zwar erhöht ist. Das Risiko für schwerwiegende Infektionen oder Malignome ist jedoch nicht signifikant erhöht (allerdings lagen zum Zeitpunkt der Analyse naturgemäß noch wenig bis keine Langzeitdaten vor).

Bei refraktärer CED kann ein Versuch mit Calcineurin-Inhibitor plus Vedolizumab funktionieren. Dies zeigt eine kleine, prospektive Studie aus Chicago. Die Ergebnisse werden auch durch eine (ebenfalls kleine) retrospektive Analyse aus Frankreich gestützt. Hierbei sollte man allerdings (a) wissen, was man tut, (b) ein breites Kreuz oder (c) eine gute Haftpflichtversicherung haben (am besten alles zusammen).

Bonovas S, Fiorino G, Allocca M, et al. Biologic Therapies and Risk of Infection and Malignancy in Patients With Inflammatory Bowel Disease: A Systematic Review and Network Metaanalysis. Clin Gastroenterol Hepatol 2016;14(10):1385–1397.e10.

Christensen B, Gibson PR, Micic D, et al. Safety and Efficacy of Combination Treatment With Calcineurin Inhibitors and Vedolizumab in Patients With Refractory Inflammatory Bowel Disease. Clin Gastroenterol Hepatol 2019;17(3):486–93.

Eine besondere Population stellen schwangere CED-Patientinnen sowie Patienten mit Kinderwunsch dar. Welche Besonderheiten hier zu berücksichtigen sind, kann man in folgender Veröffentlichung nachlesen.

Pellet G, Stefanescu C, Carbonnel F, et al. Efficacy and Safety of Induction Therapy With Calcineurin Inhibitors in Combination With Vedolizumab in Patients With Refractory Ulcerative Colitis. Clin Gastroenterol Hepatol 2019;17(3):494–501.

van der Woude CJ, Ardizzone S, Bengtson MB, et al. The Second European Evidenced-Based Consensus on Reproduction and Pregnancy in Inflammatory Bowel Disease. Journal of Crohn's and Colitis 2015;9(2):107–24.

Eine Übersicht über Sicherheit und Effektivität einer der neuesten Entwicklungen in der CED-Therapie, der oralen Janus-Kinase-Inhibitoren, gibt folgende Arbeit. Ma C, Lee JK, Mitra AR, et al. Systematic review and meta-analysis: efficacy and safety of oral Janus kinase inhibitors for inflammatory bowel disease. Aliment Pharmacol Ther 2019;50(1):5–23.

MIKROSKOPISCHE KOLITIS Auch wenn eine mikroskopische Kolitis in der Regel keine einschneidenden Therapien wie Kolektomie erfordert, ist die Lebensqualität für die Patienten oft erheblich eingeschränkt. Evidenzbasierte Empfehlungen zum Management gibt eine spanische Arbeitsgruppe.

Häufig wird man mit Fragen zu komplementär-medizinischen Therapie-Möglichkeiten konfrontiert. Eine Übersicht zu diesem Thema gibt folgendes ECCO-Review.

Fernández-Bañares F, Casanova MJ, Arguedas Y, et al. Current concepts on microscopic colitis: evidence-based statements and recommendations of the Spanish Microscopic Colitis Group. Aliment Pharmacol Ther 2015;43(3):400–26.

Torres J, Ellul P, Langhorst J, et al. ECCO Topical Review on Complementary Medicine and Psychotherapy in Inflammatory Bowel Disease. Journal of Crohn's and Colitis 2019;13(6):673– 85e.

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ANHANG: THERAPIE-ALGORITHMEN ZUR AUSWAHL EINES BIOLOGIKUMS BEI MORBUS CROHN Bei der Entscheidung, welches Biologikum man in welcher Situation einsetzt, gibt es bislang wenig durch prospektive, randomisierte Studien verifizierte Daten als Entscheidungsgrundlage. Zwei Ausnahmen sind fistulierender Crohn (hier gibt es nach den Ergebnissen der ACCENT-Studie eine Empfehlung für Anti-TNF-Antikörper als First-line-Therapie) und Colitis ulcerosa (hier gibt es nach der VARSITY-Studie mit Vedolizumab etwas bessere Ergebnisse als für Adalimumab).

Für Morbus Crohn wurden vom Canadian IBD Network for Research and Growth in Qualitiy Improvement Therapie-Algorithmen für verschiedene Szenarien entwickelt (Inflamm Bowel Dis 2019;25:328–35), die sich auf Expertenkonsens und verfügbare Literatur berufen (nach der RAND/UCLA-Appropriateness-Methode). Noch komplexer werden die Algorithmen, wenn zusätzlich extraintestinale Manifestationen berücksichtigt werden (hier aus Platzgründen nicht abgebildet).

Abbildung 5: Therapie-Algorithmus bei Biologika-naïvem Morbus Crohn. Abbildung 6: Therapie-Algorithmus bei Anti-TNF-Versagen.

Legende: M/SI = history of malignancy or serious infection, anti-TNF Ab = Anti-drug-Antikörper gegen Anti-TNF, UST = Ustekinumab, VDZ = Vedolizumab

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