WOJ 2-2009

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WOJ 15. Jg. - 2/2009

April/Mai/Juni 2009

ISSN 0947-5273

60 Jahre Bundesrepublik Deutschland Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler im Gerhart-Hauptmann-Haus

Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus Deutsch-Osteurop채isches Forum www.gerhart-hauptmann-haus.de


Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Inhalt 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland

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Sehnsucht nach der Diktatur? DDR-Mentalität und ihr Fortwirken

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§ 96 Bundesvertriebenengesetz – Förderauftrag an Bund und Länder 4 Botschaftergespräch – Polen und Deutschland

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Zeitenwende – Die politischen Ereignisse des Frühjahrs 1989 Verborgene Geschichten sichtbar werden lassen

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Die deutsch-polnischen Beziehungen in Literatur und Politik

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Auf gepackten Koffern? Zur „Ankunft“ der Vertriebenenverbände

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„Schlesien – Das Land und seine Geschichte“

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Schiller und seine Zeit 1759-1805

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„Ich bin ohnmächtig gegen dieses Schicksal…“ - Joseph Roth „Nicht mit Dir und nicht ohne Dich“ Paul Celan und Ingeborg Bachmann

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Russland und Deutschland – zwei Heimatländer eines Volkes

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Kinemathek: Heinz Erhardt

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Die Sudetendeutschen – Eine Volksgruppe in Europa

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„Der Mann, der die Tiere liebte“ – Bernhard Grzimek

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Kinemathek. Serengeti darf nicht sterben 17 Aussiedler

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Neuerwerbungen der Bibliothek

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Verfasste Zeiten - 60 Jahre Grundgesetz 20 Die Wende 1989 – 20 Jahre Mauerfall - Eine Studienreise

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Nein zu Hitler!

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Impressionen aus Oberschlesien und aus dem Ruhrgebiet

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Die Urzeln laufen wieder …

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Kulturpolitische Studienreise nach Böhmen und Mähren

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Beilage Kontrapunkt: Wer geboren ist zu fliegen, muss fliegen - Gespräch mit Eva Freidzon

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Bilder, Literatur, Musik Tanz

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Franz Kumher und Paul Celan

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derzeit werden wir mit vielen beunruhigenden Nachrichten konfrontiert. Das Thema Finanzund Wirtschaftskrise beherrscht die Medien, über die richtigen Wege heraus aus dem ökonomischen Debakel wird heftig gestritten. In diese Situation fällt der 60. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes und der formellen Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949. Dies sollte bei aller unbestrittenen Bedeutung der Gegenwartsprobleme nicht vergessen werden. Es ist im Gegenteil um so wichtiger daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik die katastrophale Erbschaft des NSRegimes anzutreten hatte: Ein verkleinertes, geteiltes, weithin zerstörtes, wirtschaftlich am Boden liegendes Land, in das Millionen zwangsweise heimatlos gemachter Menschen strömten, in der Hoffnung wieder eine eigene Existenz gründen zu können. Das System der Sozialen Marktwirtschaft und der parlamentarischen Demokratie hat es vermocht, binnen eines Jahrzehnts rund acht Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in Westdeutschland zu integrieren. Die junge Bundesrepublik ist nicht in Elend und Chaos versunken, so schwer der Weg für die Betroffenen auch immer gewesen ist. Daran sollte erinnert werden, an die Krisenbeständigkeit, die früher schon unter Beweis gestellt worden ist – freilich ohne Defizite und politische Fehlentwicklungen zu verkennen. Eine kritische Bilanz unter sechs Jahrzehnte bundesrepublikanischer Geschichte zieht in unserem Hause am 28. Mai 2009 Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler. Prof. Wehler ist einer der profiliertesten deutschen Historiker der Gegenwart (vgl. S. 3). Daneben werden in anderen Veranstaltungen unterschiedliche Aspekte der Geschichte der Bundesrepublik und Europas in den Blick genommen. So können wir etwa die wechselhafte Geschichte der Deutschen im Sudetenland in einer umfassenden Ausstellung ab dem 05. Mai 2009 präsentieren (vgl. S. 12). Ohne einen realistischen, nichts verschweigenden Blick in die Geschichte ist auch kein offener, wirklich auf Verständigung abzielender Diskurs mit unseren Freunden außerhalb Deutschlands möglich. Wir sind daher froh und stolz, bereits am 22. April den Botschafter der Republik Polen, S. E. Dr. Marek Prawda, bei uns begrüßen zu dürfen. Die Fortsetzung der „Botschaftergespräche“ soll einmal mehr der freundschaftlichen Diskussion mit unseren Partnern im östlichen Teil des vereinten Europa dienen (vgl. S. 5). Sie finden darüber hinaus im Programm des zweiten Quartals 2009 wieder eine breite Palette von Angeboten, die für die kulturelle Vielfalt und Fülle der ehemaligen deutschen Ost- bzw. Siedlungsgebiete in Ostmittel- und Osteuropa stehen, für eine Vielfalt, die auch heute noch bereichernd wirkt. Die Spannbreite reicht diesmal von der Erinnerung an den vor 100 Jahren in einer baltendeutschen Familie in Riga geborenen Heinz Erhard (vgl. S. 11) bis hin zum Gedenken an den vor 70 Jahren verstorbenen großen galizischen Autor Joseph Roth (vgl. S. 9). Wir freuen uns auf Ihr Kommen, Ihre Wünsche, Ihre Anregungen und Ihre Kritik – mit Ihnen bleibt die Stiftung lebendig, traditionsverbunden und innovativ. Herzlich Ihr

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Vorträge

Do, 28.05. | 19 Uhr

60 Jahre Bundesrepublik Deutschland – eine Erfolgsgeschichte? Vortrag von Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler Als am 23. Mai 1949 das Grundgesetz ver- faktischen Herrschaft der stalinistischen kündet wurde, kam ein Staatsbildungspro- Sowjetunion stehenden östlichen Teil zess zu seinem vorläufigen Abschluss, auf jenseits der Elbe. Gleichwohl vollzogen den sich die Mehrheit der an verantwortli- die Länderchefs und die anderen gewählcher Stelle beteiligten deutschen Politiker ten Repräsentanten der westdeutschen nur widerwillig eingelassen hatte. Ange- Bevölkerung die Formierung der Bundessichts des sich immer weiter zuspitzenden republik nicht nur mit, sondern konnten Kalten Krieges zwischen den bis 1945 darauf im Verfassungskonvent von HerVerbündeten der Anti-Hitler-Koalition, renchiemsee und im Parlamentarischen hatten die führenden Westmächte USA, Rat in Bonn 1948/49 sogar wesentliGroßbritannien und chen Einfluss ausüben. Frankreich im Sommer Schon die Bezeichnung 1948 den Ministerprä„Grundgesetz“ wurde sidenten der damals 11 anstelle des bis dahin Länder in den westliüblichen Begriffs „Verchen Besatzungszonen fassung“ gegenüber den Auftrag erteilt, den Besatzungsmächdie Gründung eines ten durchgesetzt, um westdeutschen Staates den aus der Sicht der vorzubereiten. Dazu westdeutschen Politiker wurden ihnen einen vorläufigen Charakter Reihe von Vorgaben der Weststaatsgrüngemacht, insbesondere dung zu unterstreichen hinsichtlich der Gestal– einer Teilstaatsgrüntung und Sicherung des dung, die lediglich zukünftigen demokraals Zwischenstufe zur tischen RegierungssysWiederherstellung der tems. Die Ministerprädeutschen Einheit besidenten sträubten sich Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler, trachtet wurde. Das gegen dieses Ansinnen, Universität Bielefeld beschauliche rheinische sahen sie darin doch – Städtchen Bonn wurde jenseits aller parteipolizur Bundeshauptstadt tischen Konfliktlinien – gemeinsam eine erkoren, gerade damit auch dadurch das zwangsläufige wesentliche Vertiefung des „Provisorium“ Bundesrepublik Deutschlängst im Gang befindlichen Prozesses land betonte wurde. der Aufspaltung Deutschlands in einen Wenn eine vermeintliche Übergangslöwestlich orientierten und einen unter der sung ihren 60. Geburtstag feiert, besteht allemal Grund, über die Grundlagen einer von den Urhebern so zunächst gar nicht beabsichtigten Langlebigkeit nachzudenken. Das politische System der Bundesrepublik Deutschland hat sich seit 1949 in einer ganzen Reihe politischer und ökonomischer Krisensituationen bewährt – und steht im Augenblick im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise vor der wohl schwierigsten Herausforderung seiner bisherigen

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Der Präsident des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer, bei der Unterzeichnung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949. Existenz. Dies macht es noch dringlicher, nicht nur Leistungen und Defizite jener sechs Jahrzehnte historisch Revue passieren zu lassen, sondern auch die Frage nach der Zukunftsfähigkeit aufzuwerfen. Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler gehört zu den international profiliertesten Köpfen der deutschen Geschichtswissenschaft. Nach Promotion und Habilitation bei seinem Kölner Lehrer Theodor Schieder wurde Wehler 1970 auf eine Professur für amerikanische Geschichte an der Freien Universität Berlin berufen. Schon 1971 wechselte er auf einen Lehrstuhl für Allgemeine Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts an der Universität Bielefeld. Dort lehrte er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1996, unterbrochen von Gastprofessuren an zahlreichen renommierten Hochschulen vor allem in den USA. Stets streitbar, hat er auch das Bild der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wesentlich mitgeprägt – nicht zuletzt durch den im vergangenen Jahr erschienenen fünften und abschließenden Band seiner „Deutschen Gesellschaftsgeschichte“, der die Zeit zwischen 1945 und 1990 behandelt. Wehlers monumentale, Sozial- und Politikgeschichte in spezifischer Weise verbindende Darstellung stellt ein zentrales Standardwerk zur neuzeitlichen historischen Entwicklung in Deutschland dar. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit

der Landeszentrale für politische Bildung NRW und der Volkshochschule Düsseldorf. W.H.

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Vorträge

Di, 21. 04. | 19 Uhr

Sehnsucht nach der Diktatur? Die DDR-Mentalität und ihr Fortwirken im vereinigten Deutschland Vortrag von Dr. Stefan Wolle, Forschungsverbund SEDStaat Freie Universität Berlin Die DDR wird jedes Jahr schöner – das mag ein wenig übertrieben klingen, ganz falsch ist es gleichwohl gewiss nicht. 20 Jahre nach dem Untergang der SEDDiktatur ist das landläufige Wissen über sie gering. Und die Krise, in der das marktwirtschaftliche System derzeit steckt, trägt dazu bei, Verklärungstendenzen zu verstärken. Um so wichtiger ist es, 60 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der DDR auch an die Realität des zweiten deutschen Staates zu erinnern. Und zwar an die Realität einer Diktatur, die mitten durch Deutschland einen Todesstreifen ziehen ließ. Denn würde man das geschönte, von

interessierter Seite propagierte Bild einer vermeintlich „heimeligen“ DDR einfach so hinnehmen, bestünde die Gefahr, die Systemkonkurrenz zwischen freiheitlicher Demokratie und totalitärer Zwangsherrschaft noch zwei Jahrzehnte nach deren Zusammenbruch zu verlieren. Dr. Stefan Wolle ist einer der besten Kenner der Geschichte der DDR – als Wissenschaftler und auch als ehemaliger Bürger. Er war Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR; 1990/91 war er an der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit beteiligt. Im Anschluß daran war Wolle an der Humboldt-Universität in Berlin beschäftigt. Neben seiner

Gedenkkreuze für die Maueropfer am Checkpoint Charlie heutigen Tätigkeit an der FU Berlin ist er Wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in der deutschen Hauptstadt. Stefan Wolle hat eine Vielzahl von einschlägigen Publikationen vorgelegt, darunter „Die heile Welt der Diktatur. Alltag und Herrschaft in der DDR“ (Berlin 1998) und „Der Traum von der Revolte. Die DDR 1968“ (Berlin 2008) In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Düsseldorf Veranstaltungsort: VHS, Bertha-SuttnerPlatz 1, Saal II W.H.

Mo, 15.06. | 17.30 Uhr

§ 96 Bundesvertriebenengesetz - Ein Förderauftrag an Bund und Länder Vortrag von Prof. Dr. Michael Silagi, Universität Göttingen Die Kultur- und Wissenschaftsförderung der Ost- und Sudetendeutschen nach Paragraph 96 Bundesvertriebenengesetz ist ein wichtiges kulturpolitisches Handlungsfeld. Seit dem Inkrafttreten des Vertriebenengesetzes 1953 hat der „Kulturparagraph“ unverändert Bestand und macht deutlich, dass das kulturelle Erbe der Vertriebenen eine gesamtdeutsche Aufgabe und unverzichtbarer Bestandteil der Identität der Deutschen ist. Der Gesetzesauftrag, „... das Kulturgut der Vertreibungsgebiete in dem Bewußtsein des Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge, des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten, ... Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern“,

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ist aus der Erkenntnis geboren, dass es ein gemeinsames kulturelles Fundament gibt. Seit Jahrzehnten werden nach dieser Vorschrift die kulturelle Breitenarbeit der Verbände, zahlreiche Museen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen gefördert. In Gutachten für den wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages und verschiedenen Aufsätzen hat sich Prof. Dr. jur. et phil. Michael Silagi mit der herausgehobenen Bedeutung des § 96 BVFG beschäftigt. Prof. Silagi hat in München Rechtswissenschaft, Anglistik, Klassische Philologie und Amerikanistik studiert und ist dort zum Dr. phil. und Dr. jur. promoviert worden. 1996 hat er sich an der Juristischen Fakultät in Göttingen habilitiert und ist seit 2001 dort Professor. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Völkerrechtsgeschichte und Rechtslage Deutschlands seit 1945,

Prof. Dr. Michael Silagi Vertriebenenrecht, Deutsches und ausländisches Staatsangehörigkeitsrecht. In seinen gutachtlichen Stellungnahmen kommt Prof. Silagi zu dem Schluss, dass der § 96 BVFG durch seine Aufnahme in den Einigungsvertrag 1990 mit Übergesetzesrang festgeschrieben wurde. Ma.Pa. In Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen.

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Vorträge

Mi, 22.04. | 19 Uhr

Botschaftergespräch – Polen und Deutschland, Partner mit spannungsreicher Vergangenheit S. E. Dr. Marek Prawda, Botschafter der Republik Polen, zu Gast im Gerhart-Hauptmann-Haus Vor 70 Jahren marschierte die Wehrmacht des NS-Staates in Polen ein und brach den Krieg vom Zaun, der die Selbstvernichtung des Deutschen Reiches über eine Kette grausiger Verbrechen hinweg vollendete. Vor 60 Jahren wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet, die lange um eine dauerhafte Neubestimmung ihres Verhältnisses zu den ostmittel- und osteuropäischen Staaten jenseits des im Kalten Krieg durch die Sowjetunion errichteten Eisernen Vorhangs rang. Vor 40 Jahren begann die erste sozialliberale Koalition unter der Kanzlerschaft Willy Brandts mit der Realisierung der „Neuen Ostpolitik“ – und keineswegs zufällig stand der Versuch der Verständigung mit der damaligen Volksrepublik Polen am Beginn eines in beiden Ländern kontrovers diskutierten Weges. Vor 20 Jahren brach die SED-Diktatur in der DDR zusammen, nicht zuletzt weil die Entwicklung in deren unmittelbarem Nachbarland Polen seit rund einem Jahrzehnt den vermeintlich monolithischen Ostblock zunehmend erodiert und verunsichert hatte. Vor fünf Jahren wurde unter Mitwirkung des wiedervereinten Deutschland das demokratisch erneuerte Polen in die Europäische Union aufgenommen, die Nachbarschaft wurde dadurch in eine enge Partnerschaft überführt. Nur wer sich den schweren Weg vergegenwärtigt, den Deutsche und Polen vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts miteinander – nein, überwiegend gegeneinander gegangen sind, kann recht ermessen, was beide Völker heute erreicht haben. Dass gleichwohl noch immer über verschiedene Aspekte der gemeinsamen Vergangenheit gestritten wird, unterstreicht den Wandel nur noch mehr. Denn bei aller zeitweiligen Erregung auf beiden Seiten, steht doch das gemeinsame europäische Handeln letztlich stets im Vordergrund. S. E. Dr. Marek Prawda ist seit September 2006 Botschafter der Republik Polen in

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der Bundesrepublik Deutschland. Er ist ein hervorragender Deutschlandkenner, der Teile seines Studiums in Leipzig und Hamburg absolviert hat. Seit 1980 hat er sich in der Solidarność-Bewegung engagiert. Nach verschiedenen Verwendungen im polnischen Außenministerium war Dr. Prawda zwischen 2001 und 2005 polnischer Botschafter in Schweden. Er wird die jüngste Phase der deutsch-polnischen Beziehungen Revue passieren lassen und deren Stand und Perspektiven in den Blick nehmen. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit

S. E. Dr. Marek Prawda, Botschafter der Republik Polen

mit dem Polnischen Institut Düsseldorf und der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde. W.H.

Do, 07.05. | 19 Uhr

Zeitenwende – Die politischen Ereignisse des Frühjahrs 1989 Vortrag von Prof. Dr. Hanns Jürgen Küsters, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Am 2. Mai 1989 begannen ungarische bruch der DDR, der Beginn des Weges Soldaten nahe der Ortschaft Köszeg an der zur deutschen Einheit und die Vereinigung Grenze zu Österreich mit dem Abbau der Europas nach der Auflösung des Ostblocks Grenzsperranlagen. Ungarn, wenngleich wären ohne die komplexen Ereignisse in einstweilen noch unter kommunistischer der ersten Hälfte des Jahres 1989 kaum Führung, scherte damit als erstes Land verständlich. Der Vortrag richtet sich auf offen aus dem Ostblock aus und öffnete die Klärung der Voraussetzungen und den „Eisernen Vorhang“. Wenige Wochen Ursachen der fundamentalen historischen später, am 27. Juni 1989, durchschnitten Wende, die damals eingeleitet wurde. die damaligen Aussenminister Ungarns Prof. Dr. Hanns Jürgen Küsters ist durch eine Vielzahl von Verund Österreichs, Guyla öffentlichungen nicht Horn und Alois Mock, zuletzt zur Geschichte bei Sopron (Ödenburg) der Deutschlandpolitik symbolisch den Grenzausgewiesen. Er lehrt zaun. Mit Billigung der am Historischen Seungarischen Regierung minar der Rheinischen nutzten im Sommer und Friedrich-WilhelmsHerbst 1989 Tausende Universität in Bonn. von DDR-Bürgern die Gelegenheit, von Un- Die Außenminister Österreichs, garn aus zumeist in Alois Mock (li.) und Ungarns, Gyla In Zusammenarbeit mit Richtung Bundesre- Horn durchschneiden den eisernen dem ASG-Bildungsfopublik zu fliehen. Der Vorhang an der österreichisch rum Düsseldorf. folgende Zusammen- ungarischen Grenze W.H.

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Schreibwerkstatt/Dialog

Mi, 13.05. | 16 Uhr

Verborgene Geschichten sichtbar werden lassen Schreibwerkstatt II mit Dr. Michael Zeller Im September 2008 haben wir zur ersten Schreibwerkstatt eingeladen – und wollen dies nun nach den guten Erfahrungen wiederholen. Denn Erinnerungen sind ein sehr persönliches, sie sind aber auch ein kostbares Gut. Und von hohem Wert sind sie eben nicht allein für diejenigen selbst, die sich erinnern, sondern auch für andere Menschen. Das Erfahrungswissen gleich welcher Generation gehört stets auch zum großen Wissensschatz der Menschheit, aus dem wir alle Warnungen erhalten, aber auch Hoffnung und Ermunterung schöpfen können. Erinnerungen müssen jedoch festgehalten werden, sonst verflüchtigen sie sich – und damit werden die Späteren immer auch um ein Stückchen ärmer. Erinnerungen festzuhalten ist indessen leichter gesagt als getan. Einfach ist es jedenfalls nicht, das was im Kopf ist, zu Papier zu bringen. Die Schreibwerkstatt will dazu anregen, das eigene Erlebe vor der Verflüchtigung zu bewahren. Das kann für eigene Angehörige geschehen, für Freunde, für „die Späteren“ ganz allgemein – wer auch immer erreicht werden soll, die ersten Schritte wollen wohlüberlegt geplant und getan sein. Wir laden Sie dazu ein, Ihre ganz persönlichen Erinnerungen an Flucht und Vertreibung, aber auch das „Davor“ und das „Danach“ aufzuschreiben. Weil es für die allermeisten Menschen aus vielen und ganz unterschiedlichen Gründen schwierig ist, dies zu tun, wollen wir dazu Hilfestellung geben. In der Schreibwerkstatt wird Michael Zeller Anregungen geben, wie man mit dem (Auf-)Schreiben überhaupt erst einmal beginnen, wie man es fortsetzen kann. Dr. Michael Zeller wurde 1944 in Breslau geboren, wenig später musste seine Familie aus der schlesischen Metropole fliehen. Er hat später in Westdeutschland Germanistik studiert und wurde 1974 in Bonn promoviert, 1981 in Erlangen habilitiert. Kurz darauf hat er das Wagnis unternommen, sich als freier Schriftsteller selbständig zu machen. Seither hat Zeller zahlreiche Prosa- und lyrische Werke

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vorgelegt, die nicht selten Themen der deutsch-polnischen Vergangenheit und Gegenwart behandeln. Neben anderen Auszeichnungen erhielt Michael Zeller im Januar 2009 den Von-der-HeydtKulturpreis der Stadt Wuppertal. Da aus organisatorischen Gründen die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Schreibwerkstatt begrenzt ist, wird um eine kurze formlose Anmeldung gebeten (bis 08. 05. telefonisch unter 0211/1699118 – Herr Lask – via e-mail

Dr. Michael Zeller unter lask@g-g-h.de oder postalisch an Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstr. 90, 40210 Düsseldorf, Stichwort Schreibwerkstatt). Die Teilnahme ist kostenlos. Ein Imbiss wird von der Stiftung zur Verfügung gestellt. W. H.

Mo, 08.06. | 19 Uhr

Wahlverwandtschaften: Literatur und Politik Artur Becker im Gespräch mit Michael Mertes Moderation: Michael Serrer, Literaturbüro NRW „Die Politik ist das Paradies zungenfertiger Schwätzer“ – man muß George Bernhard Shaw nicht in dieser drastisch formulierten Ansicht folgen. Leichter ist es schon, sich mit Christoph Ransmayr einig zu erklären: „Und warum sollten die Dichter, wenn sie denn klärende Kommentare zum Lauf der Welt und Zeit schreiben, Pamphlete, Programme, Verhaltensempfehlungen – weniger oft irren, als der Nächstbeste?“ Gewiss ist jedenfalls, dass beide, Politik und Literatur, schon darin elementar miteinander verbunden sind, dass sie beide gleichermaßen entscheidend von Wert und Wirkung des Wortes abhängen. Gewiß ist ferner, dass beide Disziplinen in einer stets spannungsreichen Beziehung miteinander verwoben sind. Daher ist es auch reizvoll, Vertreter von Politik und Literatur miteinander ins Gespräch zu bringen – und am besten über ein kontroverses Thema. Artur Becker und Michael Mertes diskutieren miteinander über die deutschpolnischen Beziehungen, die gerade in jüngster Zeit wieder schlagzeilenträchtig waren. Artur Becker wurde 1968 als Kind polnisch-deutscher Eltern in Bartoszyce/ Bartenstein in Masuren geboren. Seit 1985 lebt er in Deutschland. Er schreibt Romane, Erzählungen und Gedichte und ist darüber hinaus als Übersetzer polnischer Literatur ins Deutsche tätig. Aufsehen er-

regte nicht zuletzt sein 2006 erschienener Roman „Das Herz von Chopin“. Im Jahre 2008 erschien sein bislang letzter Roman „Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken“, kürzlich legte er im Bremer STINT Verlag seinen jüngsten Gedichtband unter dem Titel „Ein Kiosk mit elf Millionen Nächten“ vor. Artur Becker hat zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, so bereits 1998 das Villa-Decius-Stipendium in Krakau und 2006 ein Literatur-Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung aus dem Else-Heiliger-Fonds. Jüngst wurde Becker mit dem Adelbert von Chamisso-Preis 2009 ausgezeichnet. Der gebürtige Bonner Michael Mertes hat seine Kindheit unter anderem in Paris, Marseille und Moskau zugebracht. Nach seinem Jura-Studium war er unter der Regierung Helmut Kohl in verschiedenen Stellungen im Bundeskanzleramt tätig. Zwischen 1998 und 2002 amtierte Mertes als Stellvertretender Chefredakteur des „Rheinischen Merkur“. Im August 2006 wurde er durch Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers zum Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten und zum Bevollmächtigten des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund berufen. Seit Anfang 2008 ist er zudem als Staatssekretär für Medien tätig.

In Zusammenarbeit mit der Konrad-AdenauerStiftung und dem Polnischen Institut DüsselW.H. dorf.

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Vorträge

Do, 30.04. | 19.30 Uhr

Auf gepackten Koffern? Überlegungen zur „Ankunft“ der Vertriebenenverbände in der Bundesrepublik Deutschland Vortrag von Privatdozent Dr. Matthias Stickler, JuliusMaximilians-Universität Würzburg In der unmittelbaren Nachkriegszeit seit 1945 haben zunächst auch die westlichen Besatzungsmächte die Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen, die in die Westzonen gelangten, daran gehindert, sich in Form von Interessenverbänden zu organisieren. Zu groß waren ihre Befürchtungen, das latente Protestpotential der Betroffenen könne gezielt mobilisiert werden und zur politischen Destabilisierung instrumentalisiert werden. Daher wurde eine flächendeckende und verbandlich geschlossene Organisation der Vertriebenen und Flüchtlinge erst mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland möglich. Noch im Jahre 1949 wurden mit dem „Zentralverband der vertriebenen Deutschen“ und den „Vereinigten ostdeutschen Landsmannschaften“ zwei Dachverbände aus der Taufe gehoben, deren Zusammenschluss zum „Bund der Vertriebenen – Vereinigte Landsmannschaften und Verbände“ erst ein knappes Jahrzehnt später gelang. In den 1960er Jahren waren in den Verbänden über zwei Millionen Menschen organisiert – annähernd ein Viertel der

in der Bundesrepublik aufgenommenen Menschen aus dem ehemals deutschen Osten. Es handelte sich folglich nicht zuletzt um ein durchaus bemerkenswertes Wählerpotential, so dass keine der im Bundestag und den Landesparlamenten vertretenen Parteien es sich leisten konnte, dieses einfach zu ignorieren. Die Vertriebenenverbände haben die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland also von deren Gründung an kritisch begleitet, bis zu einem gewissen Grad auch mitgestaltet. Nicht zuletzt hinsichtlich des eingeschlagenen außenpolitischen Kurses haben sie immer wieder ihre Stimme erhoben, und dies nicht erst nachdem die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung unter Willy Brandt seit 1969 damit begonnen hatte, im Rahmen der „Neuen Ostpolitik“ wesentliche Akzentverschiebungen gegenüber den Staaten Ostmittel- und Osteuropas durchzusetzen. Gerade zu Beginn der 1970er Jahre zeigte sich jedoch noch einmal, wie weit der Einfluß des BdV reichte – und wie weit nicht. Die Demonstrationen mit mehreren Zehntausend

Demonstration gegen die Ostverträge in Bonn

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Die Charta der deutschen Heimatvertriebenen Teilnehmern 1973/74 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn waren jedenfalls unübersehbar. Auch 1989/90 versuchten die Vertriebenenorganisationen im Kontext der deutschen Einheit ihren Einfluss einmal mehr geltend zu machen. Und bis in die jüngste Zeit hinein zeigt sich – etwa bei der Diskussion um das „Zentrum gegen Vertreibungen“ –, dass sie immer noch in der Lage sind, ein beträchtliches Maß an öffentlicher Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Vortrag analysiert die deutschlandpolitische Haltung der Vertriebenenorganisationen und deren Wandlungen seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland und wirft die Frage nach dem Verhältnis zwischen ihnen und dem neu gegründeten parlamentarisch-demokratisch regierten und pluralistisch verfassten Staat auf. Privatdozent Dr. Matthias Stickler ist durch zahlreiche einschlägige Veröffentlichungen ausgewiesen. Insbesondere durch seine 2004 veröffentlichte Habilitationsschrift „Ostdeutsch heißt gesamtdeutsch. Organisation, Selbstverständnis und heimatpolitische Zielsetzungen der deutschen Vertriebenenverbände 1949-1972“ (Düsseldorf: Droste Verlag 2004) hat er auf sich aufmerksam gemacht. Matthias Stickler lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. W.H. In Zusammenarbeit mit dem Landesverband Nordrhein-Westfalen des Bundes der Vertriebenen.

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Buchvorstellung/Vorträge

Mo, 27.04. | 19 Uhr

„Schlesien – Das Land und seine Geschichte“ Buchvorstellung mit Prof. Dr. Arno Herzig In seinem 2008 erschienenen Buch will Arno Herzig einem größeren Leserkreis – nicht nur den ehemaligen Schlesiern –die Entwicklung dieses Landes vermitteln und dabei zeigen, wie friedlich sich hier ethnische und konfessionelle Kulturen begegneten. Auf der politischen Bühne hat Schlesien weitgehend eine zweitrangige Rolle gespielt. Die zahlreichen Teilungen unter den Piastenfürsten führten zu einem Machtvakuum, sodass Schlesien schließlich zu einem Nebenland der böhmischen Krone wurde. Friedrich II. eroberte das Land und machte es zur wirtschaftlich wichtigsten Region seiner Monarchie. Im 19. Jahrhundert geriet es in eine schwere wirtschaftliche und soziale Krise, auf die durch den schlesischen Weberaufstand von 1844 ganz Deutschland aufmerksam wurde. Erst im Kaiserreich gewann

das Land wieder an Bedeutung, musste aber nach dem Ersten Weltkrieg die Abtrennung des industriell bedeutenden Oberschlesiens an Polen hinnehmen. Die Nationalsozialisten, die auch in Schlesien stark vertreten waren, führten Deutschland in die Katastrophe, an deren Folgen auch die Schlesier durch den Verlust ihrer Heimat schwer tragen mussten. Inzwischen existiert über 60 Jahre eine polnisch-schlesische Geschichte, die seit der Wende von 1989 bewusst an die über 700-jährige deutsch-schlesische Geschichte anknüpft. Diese Zeitspanne wird von den beiden polnischen Autoren Małgorzata und Krzysztof Ruchniewicz beschrieben. Prof. Dr. Arno Herzig, geb. 1937 in Albendorf, Kreis Glatz (Schlesien), lehrte am Historischen Seminar der Universität Hamburg und ist Mitglied der Histori-

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Di, 02.04. | 19 Uhr

schen Kommission für Schlesien. Er hat an zahlreichen Forschungsprojekten und Publikationen, u. a. zur deutsch-jüdischen Geschichte, zur Reformationsgeschichte und Konfessionalisierung sowie zur Geschichte Schlesiens gearbeitet. Ma.Po.

Schiller und seine Zeit 1759-1805

Ich war ein Wolfskind aus Königsberg

Vortrag von PD Dr. Winfrid Halder

Biographischer Roman von Ursula Dorn Über sechs Jahrzehnte sind vergangen, bis die 1935 in Königsberg (Ostpreußen) geborene Ursula Dorn den Mut fasste, das zu erzählen, was sie als 10jähriges Kind erfahren musste. Sie lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Göttingen. In ländlicher Abgeschiedenheit hat sie die Ruhe gefunden, ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg zu bewältigen. Die Erinnerungen an ihr Dasein als Wolfskind hat sie in einer packenden Geschichte verarbeitet. Edition riedenburg, ISBN 9783902647092

€19,90

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Prof. Dr. Arno Herzig

Im November 2009 wird sich Friedrich Schillers Geburtstag zum 250. Mal jähren. Die Geburt des Dichters im schwäbischen Marbach am Neckar, sein Leben in Stuttgart, Mannheim, Dresden und Weimar, wo er 1805 starb, liegen so weit zurück, dass Schillers Zeit für die meisten Menschen von heute nahezu vollkommen versunken erscheint – was weder verwunderlich ist, noch gar ein Grund zur Schelte sein kann. Lebt Schiller heute nur noch dadurch, dass Teile seines Werkes unverändert zum literarischen Kanon der höheren Schulbildung zählen? Reicht das, um einen Autor mit dessen konkreter

Lebenswelt uns Heutige scheinbar kaum mehr etwas verbindet, wirklich präsent zu erhalten? Der Vortrag richtet sich darauf, ausgehend von den politischen und sozialen Existenzbedingungen Schillers in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dessen Themenwahl für seine Werke zu erläutern und deren Aktualiätsbezüge aufzuzeigen. Zugleich soll gezeigt werden, wie stark das Bild Schillers in unterschiedlichen geschichtlichen Kontexten schwankte. In Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland. W.H.

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Lesung/Kinemathek

Di, 26.05. | 19 Uhr

„Ich bin ohnmächtig gegen dieses Schicksal…“ Helmut Braun liest Joseph Roth

Roth trank nun immer häufiger und exzessiver. Zu dem tragischen Verlust seiner Frau kam außerdem noch, dass er, der bekennende Monarchist mit sozialistischen Tendenzen, die Hinwendung Europas zum Faschismus nicht ertragen konnte. Am 30. Januar 1933 emigrierte er überstürzt nach Paris und verlebte dort seine letzten Jahre. Neben seinem Engagement im Kreise österreichischer Legitimisten um den letzten Kronprinzen Otto von Habsburg verfasste er zahlreiche Artikel für französische Blätter und deutsche Exilzeitschriften. Im Frühjahr 1939 verschlechterte sich Roths Gesundheitszustand aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit so massiv, dass er am 27. Mai im Hôpital Necker an den Folgen des Delirium tremens und einer Lungenentzündung starb. Joseph Roth war einer der bedeutendsten Vertreter der Kultur des untergehenden Habsburgerreiches. In zahlreichen seiner Werke hat er insbesondere der ethnischen und kulturellen Vielfalt seiner galizischen Heimat – in der Deutsche, Polen, Ukrainer und Juden zusammenlebten – ein bleibendes literarisches Denkmal gesetzt. Am 27. Mai 2009 jährt sich Roths tragischer, früher Tod zum 70. Mal. Helmut Braun, Autor, Herausgeber und Nachlassverwalter Rose Ausländers, liest zu diesem Anlass ausgesuchte Passagen aus dessen bekanntestem Roman Radetzkymarsch. Yvonne Dobrikat

Joseph Roth, der am 2. September 1894 beiterzeitung“. Bis zu seinem Tod folgten als einziger Sohn jüdischer Eltern im ost- neben zahllosen Reportagen, Feuilletons, galizischen Brody geboren wurde, zählt Novellen und Essays noch mehrere zu der letzten Generation derer, die das Romane, zum Beispiel „Die Rebellion“ Habsburger-Reich und dessen (1924), „Die Flucht ohne Ende“ (1927), Auflösung noch miterleben „Hiob. Roman eines einfachen Mannes“ konnten. 1913 begann er, (1930), „Die Kapuzinergruft“ (1938) damals noch unter dem und 1932 sein wohl bekanntestes Namen Moses Joseph Werk „Radetzkymarsch“. Roth, ein Germanistik1928 erkrankte seine Ehefrau, der studium an der UniverRoth sehr zugetan war, unheilbar sität Wien. an Schizophrenie und Seine ersten schriftstelmusste ständig in lerischen Gehversuche einer Nervenwurden noch während heilanstalt unseiner Militärzeit 1918 tergebracht in Form von Gewerden. dichten in der pazifistischen Wiener Wochenzeitung Der Friede veröffentlicht. Nach dem Krieg aus finanziellen Gründen Joseph Roth in den zwanziger Jahren gezwungen, sein Studium abzubrechen, begann er Feuilletons für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen zu schreiben. Sein Hauptgeldgeber war zu dieser Zeit die Zeitung „Der neue Tag“. Im Jahre 1920 zog Roth nach Berlin, um dort für mehrere Tageszeitungen zu schreiben, zum Beispiel für Spielfilm nach einer Erzählung von Joseph Roth (Italien den Berliner Börsen-Curier und für den 1988) - Anläßlich des 70. Todestages des Autors Vorwärts. Jedoch bekannte er sich keineswegs zu den ideologischen Wurzeln Die Veröffentlichung seiner letzten voll- das Geld sobald er dazu in der Lage ist, des Sozialismus, viel mehr sehnte er sich endeten Erzählung in einem Amsterdamer der Heiligen Therèse von Lisieux in einer nach der Geborgenheit, die eine sozial Verlag hat Joseph Roth (1894-1939) Pariser Kirche „zurückzuzahlen“. Andreas homogene Bevölkerungsgemeinschaft nicht mehr erlebt. Vom NS-Regime ins versucht dies mehrere Male und scheitert ausstrahlt. französische Exil vertrieben, starb er am immer wieder an sich selbst, am Ende In den folgenden Jahren reiste er, oft mit 27. Mai 1939, erst 45 Jahre alt, in Paris. erliegt er seiner Alkoholsucht – doch auf seiner Frau Friederike zusammen, durch „Die Legende vom heiligen Trinker“ trägt wunderbare Weise stirbt er hoffend. halb Europa und verfasste Feuilletons auch autobiographische Züge: Andreas Roths traurig-schöne Geschichte wurde und Reiseberichte ebenso wie mehrere Kartak, die Hauptfigur der Erzählung, lebt 1988 mit dem Niederländer Rutger Hauer Romane. Sein Erstlingswerk, der frag- wie Roth fern der Heimat, einem Leben in der Hauptrolle verfilmt und wurde von mentarische Fortsetzungsroman „Das in Not preisgegeben, er versucht seine der Kritik hoch gelobt. Neben anderen Spinnennetz“ ist im sozialistischen Milieu Verzweiflung im Alkohol zu ertränken. Auszeichnungen erhielt der Regisseur der Nachkriegszeit angesiedelt und er- Eines Tages erhält er von einem Fremden Ermanno Olmi den Goldenen Löwen der W.H. schien im Herbst 1923 in der Wiener „Ar- unverhofft 200 Francs – mit der Maßgabe, Filmfestespiele von Venedig.

Mi, 27. 05. | 15 Uhr

Die Legende vom heiligen Trinker

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Lesungen

Do, 18.06. | 19 Uhr

„Nicht mit Dir und nicht ohne Dich“ Ingeborg Bachmann und Paul Celan Im Herbst 2008 erschien im Suhrkamp Verlag in Frankfurt am Main der von Germanisten und Lyriklesern, die fast ausschließlich Lyrikleserinnen sind, gemeinsam lang ersehnte Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Paul Celan unter dem Titel „Herzzeit“. Nicht nur die Verfügung von Celans Witwe, Gisele Celan-Lestrange, die die Briefe Bachmanns dem auf fünfzig Jahre gesperrten Teil des Nachlasses des Dichters zugeordnet hatte, stand einer früheren Publikation entgegen, auch die Verweigerung der Druckerlaubnis der Briefe von

Paul Celan Bachmann, die deren Erben aussprachen, verhinderte zuvor die Veröffentlichung des Briefwechsels. Es darf angenommen werden, dass monetäre Interessen der Erben der Dichterin und des Dichters nun die Herausgabe dieses Briefwechsels möglich machten. Geschlossen wird damit eine entscheidende Lücke in den bisher vorliegenden Briefwechseln Celans. In den letzten Jahren waren zum Beispiel bereits seine Briefwechsel mit Ilana Shmueli, der letzten Geliebten und seiner Ehefrau erschienen. Besonders im Letzteren spielt das Liebesverhältnis zwischen Bachmann und Celan eine für seine Frau extrem belastende Rolle, die in ihren verzwei-

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felten Briefen aufscheint, da er sich auch während seiner Ehe nicht davon abhalten ließ, die Beziehung zu seiner Geliebten aufrecht zu halten. Im Klappentext des Bandes „Herzzeit“ heißt es: „Die Liebesbeziehung zwischen den beiden bedeutendsten deutschsprachigen Dichtern nach 1945 beginnt im Wien der Nachkriegszeit. Bachmann studiert dort Philosophie, für Paul Celan ist Wien eine Zwischenstation. Im Mai 1948 lernen sie einander kennen, Ende Juni geht er nach Paris. Ihr Briefwechsel nach der Trennung ist zuerst schütter, verläuft zögernd, dann setzt er sich fort in immer neuen dramatischen Phasen. Jede dieser Phasen hat ihr eigenes Gesicht: ihren besonderen Ton, ihre Themen, ihre Hoffnungen, ihre Dynamik, ihre eigene Form des Schweigens. Ende 1961 brechen das briefliche Gespräch und die persönlichen Begegnungen ab, als sich Celans psychische Krise auf dem Höhepunkt der Goll-Affäre zuspitzt. Der Briefwechsel zwischen 1948 und 1961 (ein letzter Brief Celans datiert aus dem Juni 1967) ist ein bewegendes Zeugnis: zunächst als das Gespräch einer Liebe nach Auschwitz, mit allen symptomatischen Störungen und Krisen aufgrund der so konträren Herkunft der beiden und ihrer schwer zu vereinbarenden Lebensentwürfe als Mann und als Frau und als Schreibende. Aber es ist auch ein Ringen um Freundschaft oder um wenigstens irgendeine Beziehung. Ergänzend zu den beinahe zweihundert Zeugnissen ihrer Korrespondenz wurden die Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Gisele Celan-Lestrange sowie zwischen Paul Celan und Max Frisch (dem zeitweisen Lebensgefährten Bachmanns, Anm. Br.) in den Band aufgenommen.“ Tatsächlich ist die „konträre Herkunft“ der beiden Briefpartner und Liebenden gegensätzlicher kaum zu denken. Paul Celan, geboren 1920 in Czernowitz in einer jüdischen Familie, in der damals bereits rumänischen Bukowina, dort aufgewachsen und bis 1942 lebend – unterbrochen nur von einem einjährigen Aufenthalt zum Studium der Medizin in Frankreich – ab 1942 in rumänischen Arbeitslagern eingesperrt, ab 1943 durch die Ermordung der Eltern in einem deutschen Arbeitslager

Ingeborg Bachmann traumatisiert, seit 1945 in Bukarest lebend und im Dezember 1947 nach Wien emigriert: „der hergelaufene Ostjude, ein Niemand ohne Heimat und Sprache“, wie er sich später in Paris bezeichnen wird. Ingeborg Bachmann, geboren 1926 in Klagenfurt / Österreich, in arischer Familie mit einem Vater, der bereits 1932 in die NSDAP eintritt. Trotz Krieg behütet aufgewachsen, nach der Matura ein Studium der Philosophie beginnend, dass sie ab Oktober 1946 in Wien fortsetzt und dort im März 1950 mit einer Dissertation über Martin Heideggers Existentialphilosophie abschließt. Ausgerechnet über Martin Heidegger, der Hitlers Rektor der Universität Heidelberg war. Und doch finden die beiden zueinander. War der sorgsame und kreative Umgang mit Sprache, der ihnen eigen war, ein Fundament? Ermöglicht die Annahme von Schuld durch sie, das Zusammenleben mit ihm, dem Opfer? Schon die immer wieder von Trennung unterbrochenen Phasen ihres Zusammenlebens zunächst in Wien, später in Paris, zeigen wie belastend trotz aller Liebe ihr Zusammensein war. Voneinander lassen konnten oder besser mussten sie erst, als sein ins Extreme gesteigerte Verletztsein, seine nicht mehr überbietbare Ichbezogenheit, seine Versuche, sie zur bedingungslosen Übernahme seiner Einschätzungen und Ängste zu zwingen, von ihr nicht mehr ertragen, erlitten werden konnten. Er entgleitet in die psychische Krankheit, die ihn schließlich vernichtet; nur drei Jahre später stirbt sie nach einem Brandunfall – kolportiert wird eine Selbsttötung – in Rom. Helmut Braun und Barbara Dommer lesen und kommentieren am 18. Juni 2009, ab 19.00 eine Auswahl aus dem Briefwechsel Bachmann/Celan „Herzzeit“.

Helmut Braun

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Ausstellungen/Kinemathek

Vom 08.04. bis 22.04.2009

Russland und Deutschland – zwei Heimatländer eines Volkes Fotoimpressionen aus Moskau Im Herbst 2008 wurde vom russischen „Jugendring der Russlanddeutschen“ und dem deutschen „Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland“ das Kulturprojekt „Russland und Deutschland – zwei Heimatländer eines Volkes“ ins Leben gerufen. Erstes Ziel des gemeinsamen Vorhabens war es, die aktuellen Lebensbedingungen der jungen Russlanddeutschen in beiden Staaten zu dokumentieren. Die Stadt Moskau wurde als Schauplatz der ersten Projektphase gewählt. Hier entstand – mit Unterstützung des Bundesministeriums des Innern und des Goethe-Instituts – eine Fotoausstellung, die von den individuellen Sichtweisen

der Autoren geprägt ist. Eindrucksvolle Aufnahmen zeigen das Alltagsleben der Russlanddeutschen, geben Einblicke in ihr Berufsleben, die kulturellen Aktivitäten und ihre Freizeitgestaltung. Die Ausstellung zeigt die zwei Heimatländer eines Volkes: Russland, in das ihre Vorfahren zu Zeiten Katharina der Großen gezogen sind und Deutschland, wohin viele Russlanddeutsche in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgewandert sind. Die Ergebnisse des Fotoprojektes, die im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus präsentiert werden, sind zugleich ein Beitrag zur offiziellen Städtepartnerschaft zwischen Düsseldorf und Moskau. D. U.

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Di, 30.06. | 15 Uhr

Der weite Weg gen Westen

Geflohen - vertrieben - angekommen an Rhein und Ruhr Hrsg. Winfrid Halder, Michael Serrer Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes berichten von ihren eigenen Erfahrungen. Ihre damalige Perspektive war die von Kindern und Jugendlichen, daher richten sich ihre Zeugnisse insbesondere auch an die junge Generation von heute, die dafür sensibilisiert werden soll. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich oder für Multiplikatoren bei der Landeszentrale für politische Bildung NRW zu beziehen. Schöningh-Verlag, ISBN 9783506766830

€18,90

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Winterliche Impressionen aus Moskau Eröffnung: Mittwoch, 08. April 2009 – 19 Uhr, Eichendorff-Saal Es sprechen: PD Dr. Winfrid Halder Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Eleonora Faust Landesvorsitzende des Jugend- und Studentenrings der Deutschen aus Russland

Mein Mann, das Wirtschaftswunder Filmkomödie mit Heinz Erhardt (Deutschland 1960) Heinz Ehrhardt, der im Februar 2009 hundert Jahre alt geworden wäre, gehört gewiss immer noch zu den bekanntesten und populärsten deutschen Künstlern aus der Zeit der frühen Bundesrepublik. Dennoch wissen wohl nur wenige, dass das Leben Ehrhardts in den ersten 30 Jahren eng mit seiner baltischen Heimat, mit seiner Geburtsstadt Riga verbunden war. Ehrhardt stammte aus einer deutschen Familie, sein Großvater betrieb in Riga einen renommierten Musikalienhandel. Den sollte der junge Heinz einmal übernehmen, zumal er nach der Trennung seiner Eltern überwiegend bei den Großeltern aufwuchs. Die Musik hatte es ihm wohl angetan, nicht aber der Handel damit – frühzeitig begann Ehrhardt mit ersten Gehversuchen als humoristischer Unterhalter und Kabarettist, der sich selbst auf dem Klavier begleitete. Der inzwischen verheiratete Ehrhardt hat Riga Anfang 1939 mit seiner Familie endgültig den Rücken gekehrt, wenige Monate bevor auch die meisten anderen Baltendeutschen infolge des Hitler-Stalin-Paktes im Zuge der „Heimins-Reich“-Aktion gezwungen wurden,

ihre Heimat zu verlassen. Wenngleich für Kabarettisten denkbar ungünstige Zeiten herrschten, vermochte es Ehrhardt seine Bühnenkarriere zunächst in Berlin fortzusetzen, bevor er zur Wehrmacht einberufen und in der Truppenbetreuung eingesetzt wurde – als Matrose, der nie im Leben Schwimmen gelernt hat. Seit 1946 begann die eigentliche große Karriere Heinz Ehrhardts – zunächst wieder auf der Bühne vornehmlich in Hamburg, seit 1957 mit Hauptrollen in Kinofilmen, die ihm endgültig den Durchbruch in der ganzen Bundesrepublik bescherten. Wir zeigen – als Beitrag der besonderen Art zum 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutschland – den 1960 gedrehten Streifen „Mein Mann, das Wirtschaftswunder“. Der Film wartet neben Heinz Erhardt mit einem gediegenen Darstellerensemble auf – darunter Marika Rökk, Cornelia Froboess und Helmut Lohner – und nimmt die erfolgsverwöhnte westdeutsche Republik milde auf die Schippe. Das Drehbuch schrieb der gebürtige Schlesier Dieter Hildebrandt. W.H.

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Ausstellungen

Vom 05.05. bis 27.06.2009 Die Sudetendeutschen – Eine Volksgruppe in Europa Im 12. und 13. Jahrhundert riefen böhmische Herzöge und Könige Deutsche als Bauern, Bergleute, Handwerker, Kaufleute und Künstler ins Land, um das Land wirtschaftlich zu entwickeln und seine Steuerkraft zu erhöhen. Diese Besiedlung war ein völlig friedlicher Vorgang, der von einem Aufschwung der Landwirtschaft und kräftig steigenden Bevölkerungszahlen begleitet war. Dass an diesem „Landesausbau“ auch die Tschechen beteiligt waren, belegen die tschechischen Ortsnamen mit den Bestandteilen Ihota und újezd aus dieser Zeit, die auf Rodungen hinweisen. Die deutsche Besiedlung betraf vor allem die bis dahin kaum besiedelten, meist bewaldeten Randgebiete. Die sudetendeutschen Mundarten belegen die Herkunft der mittelalterlichen Siedler: Sie kamen jeweils aus den direkt angrenzenden Gebieten im Westen, Süden und Norden. In den Städten im Landesinnern vermischte sich die Bevölkerung. Einen starken Impuls gaben die Deutschen dem (Silber) Bergbau, vor allem im Erzgebirge, im ostböhmischen Kuttenberg und in Iglau. Eine frühe und wichtige Rolle bei der Ortssiedlung spielten die Klöster, vor allem die Orden der Prämonstratenser und der Zisterzienser. Um das Jahr 1300 – zweihundert Jahre vor der Entdeckung Amerikas – sah das von Deutschen besiedelte Gebiet der böhmischen Länder schon annähernd so aus wie in der Neuzeit. In Mähren war es etwas größer, in Böhmen kleiner, hinzu kamen Deutsche fast in allen Städten im Landesinneren und ländliche Sprachinseln. Die sudetendeutsche Volksgruppe war entstanden, auch wenn sie auch noch nicht so hieß. Die Ausstellung „Die Sudetendeutschen

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– Eine Volksgruppe in Europa“, die der Sudetendeutsche Rat, München, präsentiert, zeigt auf über einhundert Schautafeln deren wechselvolle Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Seit den 1990er Jahren hat durch die Öffnung der Archive das Wissen um Vor-

geschichte, Verlauf und Folgen der Vertreibung der Sudetendeutschen sprunghaft zugenommen. Mit mehreren Anläufen für einen deutsch-tschechischen Ausgleich sind zudem der Geschichte der Volksgruppe neue Kapitel hinzugefügt worden. Sie stellt sich heute noch vielseitiger, spannender und überraschender dar als vor der Wende von 1989. Als der Sudetendeutsche Rat Ende 2005 beschloss, eine neue Ausstellung über Geschichte und Gegenwart der sudetendeutschen Volksgruppe zu erstellen, wusste niemand, wie viel Aufmerksamkeit das Thema „Vertreibung“ bald bekommen würde. Doch inzwischen haben Fern-

sehserien mit hohen Einschaltquoten, eine Reihe von Buchveröffentlichungen und die Diskussion um die Schaffung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin die lange verdrängte Thematik in die Mitte der öffentlichen Diskussion zurückgeholt. In diesem veränderten Umfeld präsentiert der Sudetendeutsche Rat die neue Ausstellung. Ihr erstes Ziel ist die Information über historische, politische und völkerrechtliche Tatsachen. Die jahrzehntelange Verdrängung hat Wissensdefizite hinterlassen. Dem überparteilichem Sudetendeutschen Rat war daran gelegen, die Beiträge aller politischen Richtungen zur Geschichte der Volksgruppe zur Geltung zu bringen. Denn es ist keineswegs so, dass nur eine politische Kraft den Anliegen der sudetendeutschen Volksgruppe verpflichtet wäre – heute nicht und in der Vergangenheit erst recht nicht. Neben den bürgerlich-konservativen Kräften hat insbesondere die Sozialdemokratie die Geschichte dieser Volksgruppe prägend beeinflusst. Neben diesem überparteilichen Blickwinkel kam es auf eine versöhnliche Gesamtaussage im Geist der europäischen Kooperation an. Verbrechen der Vergangenheit – wer immer sie verübt hat – werden klar benannt, Meinungsverschiedenheiten der Gegenwart nicht verschwiegen. Doch der Ton soll nicht verletzen und nicht trennen, sondern zusammenführen. D. U. Eröffnung: Dienstag, 05. Mai 2009 – 19.00 Uhr, Ausstellungsraum Es sprechen: PD Dr. Winfrid Halder Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Dr. Ortfried Kotzian Direktor des Haus des deutschen Ostens, München

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kontrapunkt Wer geboren ist zu fliegen, muss fliegen Kontrapunkt-Gespräch mit der Künstlerin Era Freidzon Era Freidzon ist 1960 in Chişinău, der Haupstadt der zur GUS gehörenden Republik Moldova geboren. Sie studierte die Fächer Buchdesign, Grafik, Malerei und Kunstgeschichte an der Staatlichen Kunstakademie St. Petersburg und war bis zu ihrer 1992 erfolgten Ausreise nach Deutschland in ihrer Heimat als freischaffende Künstlerin, Kunstpädagogin und Buchillustratorin tätig. Sie nahm an zahlreichen Ausstellungen in Russland, China, Polen und Rumänien teil. Heute in Dortmund ansässig, gehört Era Freidzon dem Bundesverband Bildender Künstler (BBK) an und ist Mitglied der Künstlervereinigung „Dortmunder Gruppe“. 1998 gestaltete sie die Wandmalerei im Festsaal der Jüdischen Kultusgemeinde Groß-Dortmund, 2002 war sie mit einer Performancereihe in Hagen, Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund zu sehen. In ihren Bildern und Illustrationen beeindruckt die Künstlerin durch subtile Ästhetik, Spontanäität des Ausdrucks und visionäre Kraft.- Mit Era Freidzon sprachen Franz H e i n z und Ulla D r e t z l e r. ten. Der Künstler muss mit sich kämpfen. Ich bin der Meinung, dass die Kunst, wie die Natur, nach eigenen Gesetzen lebt. Der Künstler muss den Funken der neuen Realität, des neuen Lebens, des neuen Wunders an den Betrachter weiter geben. Bloß keine tödliche Gleichgültigkeit. Das ist das Wunder der Realität der Kunst, die Verführung auch und die Sucht, wie im „Zauberer von Oz“. Die Frage ist, ob man genug Kraft hat zu dem Wunder, seine eigene Realität, das „larger than life“ – wie die Amerikaner sagen, zu erschaffen.

Era Freidzon „Bilder müssen wunderbar sein“, behauptet der amerikanische Maler Marc Rothko. Nach Meinung der Kritiker setzen Sie diese Forderung in Ihren Bildern um. Wieviel Realität braucht ein Wunder? In vielen meiner Arbeiten stelle ich mir diese Frage nach der Realität. So in dem dreiteiligen Zyklus „Fragen zur Realität“ oder im Zyklus „Imaginäre Realitäten“. Auf das Wunder wartet man und hofft, dass der Funke des Wunders, den man während der Arbeit erlebt, auch noch im Bild weiter lebt. Dazu muss das Bild nicht unbedingt „wunderbar“ im Sinne von „wunderschön“ sein. Rothko selbst protestierte gegen eine solche Betrachtung seiner Bilder. Bilder sind so wie sie sind – eben geboren. In der Macht des Künstlers steht es, sie zu bestätigen oder zu vernich-

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Ihre Bilder werden als eine Malerei des Erzählens aufgefasst und dabei mitunter in Anlehnung an Marc Chagall gesehen, der von einer östlichen Welt mitgeprägt worden ist, die Ihrem Heimatgebiet Moldova angenähert sein dürfte. Welche Bedeutung könnte dieser Herkunft in Ihrer Kunst zufallen? Ich denke, ein Künstler ist ein Konglomerat von Erfahrungen aus der Kindheit, den Begegnungen mit verschiedenen Menschen, mit den Eltern und den eigenen Kindern, mit Büchern, Gedanken, Enttäuschungen - aus allem, was man erlebt, fühlt, denkt, liest, versteht. Die Heimat gehört dazu. Vielleicht ist die Kunst eine Form, es zu leben und zu verstehen – in diesem Fall eben visuell. Das ist eine neue Realität und auch die alte, vergessene. Meine Heimat ist meine Vergangenheit, und meine Vergangenheit ist auch meine Heimat. Ich maße mir an, das auch über Chagall zu sagen. Sie leben seit 1992 in Deutschland und sind im Ruhrgebiet ansässig geworden. Worin unterscheidet sich, Ihrer Meinung nach, die deutsche Kunstszene von der in Ihrer Heimat? Wie fremd bleibt eine aus

dem Osten zugewanderte Künstlerin? Die erste Frage zu beantworten fällt mir schwer. Ich weiß es einfach nicht. Meine Kenntnisse über die Kunstszene in Russland oder auch Moldova sind aus der Vergangenheit, und die existiert nicht mehr so, wie ich sie kannte. Ich denke aber, die russische Kunstszene ist, wie die deutsche, schwer zu verallgemeinern und zu beschreiben. In Deutschland gibt es eine sehr lebendige Szene, voller Kämpfe, Zweifel und Widersprüche. Und, wie für jeden anderen auch, ist es schwer als Künstler zu leben, zu arbeiten, zu existieren. Wir sind alle Individualisten, und trotzdem suchen und finden wir unsere Seelenverwandtschaften und stellen fest, es ist egal woher man kommt. Hauptsache ist, man ist, was man ist. In diesem Sinne gibt es ein Sprichwort: Wer zum Kriechen geboren ist, kann nicht fliegen. Ich sage das anders: Wer zum Kriechen geboren ist, will nicht fliegen, und wer geboren ist zu fliegen, muss es tun. „Erinnerungen an Nichtgeschehenes“ nennen Sie eine Bilderfolge aus dem Jahr 2000. Auch andere Motive in Ihrem Werk lassen die Vermutung einer intensiven Verinnerlichung von Vergangenheit zu. In diesem Zusammenhang kann auch das Visionäre in Ihrer Kunst gesehen werden. Wie wichtig sind Visionen? Die Kraft der Vorstellung, die Vision ist das Wichtigste in unserer Arbeit. Von Shakespeare stammt der Satz: Wir sind der Stoff,/ Aus dem die Träume sind.“ Fortsetzung auf Seite 14

Paul Celan Die Krüge Für Klaus Demus An den langen Tischen der Zeit zechen die Krüge Gottes. Sie trinken die Augen der Sehenden leer und die Augen der Blinden, die Herzen der waltenden Schatten, die hohle Wange des Abends. Sie sind die gewaltigsten Zecher: sie führen das Leere zum Mund wie das Volle und schäumen nicht über wie du oder ich.

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kontrapunkt (Der Sturm, IV,I.) – Bloß, das reicht nicht. Wir haben es mit dem Rampenlicht zu tun, wo Schminke notwendig ist, um die wahre Natur zu finden. Diese Vision fokussiert während der Arbeit, immer genauer und präziser. Es bleibt nur zu hoffen, dass das, was man zu sagen hat, den Funken des Wunders beinhaltet und dass es gelingt, die Form und den Inhalt so zu verschmelzen, dass diese Vision sichtbar wird. Ich bediene mich noch eines Zitats von Hrdlicka: „So lieb ist der liebe Gott nun auch wieder nicht, dass er dem, der keinen Inhalt hat, die Form schenkt.“ Durch die Verwendung von Metaphern und Symbolen fordern Sie den Betrachter Ihrer Werke zur individuellen Sinnfindung auf. Er sucht nach Botschaften und wird fündig. Wie konkret, nach Ihrer Vorstellung, soll, darf oder kann eine Botschaft im Kunstwerk sein? Ich versuche nur, die Zeichen der Zeit zu verstehen und sie zu visualisieren. Das ist ein Gespräch mit mir selbst. Es geht um

den heutigen Menschen, wie ich es auch bin, um seine Einsamkeit, seine Ambivalenz, seine Angst und seine Entfremdung, seine Suche nach dem Weg und Ausweg. Dabei ist für mich die Findung der eigenen Bildsprache sehr wichtig, auch der „Buchstaben“ dieser Sprache - der eigenen Archetypen, eigenen Symbole und Metaphern. Die Kunst, für mich heute, dient nicht der Verschönerung. Es ist meine Überzeugung der Notwendigkeit der Kunst, der Musik, der Poesie im menschlichen Leben. Ich bin nicht frei von diesem Fluch und gleichzeitig diesem Geschenk. Ich muss meine ewige Angst vor dem weißen Blatt oder der weißen Leinwand, vor diesem unschuldigen Nichts überwinden. Diese jungfräuliche Oberfläche muss der Künstler mit den Zeichen des Lebens erfüllen. Die Verantwortung für die Qualität dieser neuen Realität trägt der Künstler. Er bekommt keine Hilfe, und es kann ihm auch keiner helfen. Ich möchte, dass ich genug Kraft habe, meine Visionen in Bildern auszudrücken. Mehr will ich nicht.

Era Freidzon: „Um die Ecke“, Mischtechnik/Holz, 2004

Bilder, Musik, Literatur, Tanz Im August wieder große Jahresveranstaltung der Künstlerwerkstatt Die West-Ost-Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-Haus setzt in diesem Jahr ihre traditionelle Jahresveranstaltung fort. Sie findet am Abend des 20. August 2009 im Ausstellungssaal in der Düsseldorfer Bismarckstraße 90 statt und präsentiert Werke der Dortmunder Künstlerin Era Freidzon und des in Kamen ansässigen Künstlers Reim Kasper. Die musikalische Umrahmung gestaltet der Pianist Roger Dretzler, die Ballett-Einlagen bestreitet

die aus Petersburg stammende Tänzerin Irina Goubernik. Eine Montage ostdeutscher und jiddischer Literatur hat Franz Heinz zusammengestellt. Reim Kasper, geboren 1947 in Werne, entstammt einer westpreußischen Familie und erhielt seine künstlerische Ausbildung in Karlsruhe, Berlin und Münster. Er gründete und leitete die Städtische Galerie Kamen, ist seit 1998 Leiter des Fachbereichs Kultur Stadt Hamm. 2008 gründete er das Kunsthaus Kasper Ateliers sowie die Kunstmesse für den Kreis Unna. Zu seinen Hauptwerken gehören das Denkmal 50 Jahre Israel in Eilat, die Serie „Menschen“ (18 bemalte Stahlplastiken), Großplastiken, Reliefs, Mappenwerke und Reim Kasper (l.) und Roger Dretzler

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Installationen. Er leitet Seminare und ist als Dozent für Malerei, plastische Gestaltung, Grafik und angewandte Fotografie tätig. Roger Dretzler, in Münster geboren, besuchte das Dortmunder Konservatorium, studierte bei Prof. Roland Pröll an der Musikhochschule Dortmund und absolvierte an der Musikhochschule Münster (Prof. Gregor Weichert). Meisterkurse und Privatstudent an der Ivo-MirkovichAkademie in Loran/Kroatien. Seit 1998 Lehrtätigkeit an der Musikhochschule Münster und am Institut für Musik und ihre Didaktik an der Universität Dortmund. Künstlerisches Hauptfach Klavier. Solist und Kammermusiker des Rossignol-Klavierquartetts. Irina Goubernik wurde 1960 in St. Petersburg geboren und lebt seit 1993 in Deutschland. Sie war Schülerin der Waganowa-Ballettakademie, nahm Unterricht beim Malyi Opern- und Balletttheater St. Petersburg und gehörte Meisterklassen für modern-dance an. Sie trat in vielen Rollen im Kirow-Ballett, im Malyi Theater und in der Sasha Kukin Dance Company auf und war bei zahlreichen choreographischen Festivals zu sehen.

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kontrapunkt Gegen die Unfähigkeit zueinander zu finden Franz Kumher und seine bildnerische Umsetzung von Gedichten Paul Celans

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or drei Jahren war dem „West-Ost-Journal“ der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus das Albumblatt 4 der Künstlerwerkstatt beigefügt, auf dem, neben dem Gedicht „Sprachgitter“ von Paul Celan, zwei Reproduktionen in Farbe nach Werken des Künstlers Franz Kumher zu sehen waren. Er bezeichnet sie als Visualisierungsversuche, die nicht nur Illustrationen im Sinne des Dichters sein wollen, sondern auch Anlass sind, eigene Assoziationen, Erfahrungen und Aussagen zum behandelten Thema zu finden und zu formulieren.

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prachgitter“ war nicht die erste kreative Auseinandersetzung Kumhers mit dem dichterischen Werk des aus Czernowitz in der Bukowina stammenden Dichters. Bereits während seiner Studienzeit an der Werkkunstschule Hannover (1953-57) fertigte der Künstler Skizzen zu Texten von Celan an, und in den LiteraturSeminaren der Universität Hamburg (1957-61), die Franz Kumher belegte, wurde diese erste Annäherung verfestigt. In den Folgejahren hat sich diese verstärkt und zu einem Arbeitsschwerpunkt im bildnerischen Schaffen Kumhers entwickelt. Seither sind in mehreren Varianten Bilder zu sieben Celan-Gedichten entstanden: Sprachgitter, Assisi, Corona, Tenebrae, Die Krüge, Das Geheimnis der Farne, Mandorla.

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ür diese nachhaltige Zuwendung zum dichterischen Werk Celans, lassen sich zwei Gründe nennen, die eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig geradezu bedingen. Der 1927 in Orawitz im Banater Bergland geborene Franz Kumher und Paul Celan (1920-70) sind, generationsverwandt, im Rumänien der Zwischenkriegszeit aufgewachsen. Wenn auch die Heimatlandschaften weit voneinander entfernt an verschiedenen Grenzpunkten des damaligen Königreichs Rumänien lagen und die beiden späteren Künstler unterschiedlichen Minderheiten angehörten, gab es doch intensive Erlebnismomente, die sich bei aller vordergründigen Gegensätzlichkeit ähnlich auswirken mussten. Deportation, Zwangsarbeit und der Verlust der Heimat gehören ebenso dazu, wie das nie ganz bewältigte Gefühl der Fremde. In der Zeile „Wir sind Fremde“ im Gedicht „Sprachgitter“, erkannte Kumher sowohl das konkret erfahrene Leid wie das „dramatische Weltereignis unserer Zeit“. In seiner lichtkinetischen Projektion von 1979 überträgt er den Vers als Schlüsselwort visuell, und mehrfach arbeitet er ihn begrifflich in seine Zeichnungen ein. „Zu ‚Sprachgitter’“, berichtet er, „habe ich die meisten Bilder gezeichnet und gemalt, Gitterformen mit Licht und Schatten. Auf und hinter den Gittern setze ich Zeichen ein, meist Augen, Wörter und Buchstaben für die Sprache, aber auch Wörter mit signalhafter Bedeutung sowie bekannte und unbekannte Zeichen.“

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ine persönliche Begegnung mit Paul Celan ergab sich während einer Ausstellung mit Radierungen von Giséle Celan-Lestrange (der Ehefrau des Dichters) in der Kestner-Gesellschaft Hannover (21. Mai – 21. Juni 1964). Es kam zu einem Gespräch. „Ich teilte ihm mit“, schreibt Kumher darüber, „dass ich Bilder zu seinen Texten angefertigt habe, die mich sehr angesprochen und zu eigenen bildnerischen Übersetzungen angeregt haben. Da es sich beim Dichten und Malen um unterschiedliche Medien handelt, kamen wir auf

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Corona Aus der Hand frisst der Herbst mir sein Blatt; wir sind Freunde. Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn: die Zeit kehrt zurück in die Schale. Im Spiegel ist Sonntag, im Traum wird geschlafen, der Mund redet wahr. Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten: wir sehen uns an, wir sagen uns Dunkles, wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis, wir schlafen wie Wein in den Muscheln, wie das Meer im Blutstrahl des Mondes. Wir stehen umschlungen im Fenster, sie sehen uns zu von der Straße: es ist Zeit, dass man weiß! Es ist Zeit, dass der Stein sich zu blühen bequemt, dass der Unrast ein Herz schlägt. Es ist Zeit, dass es Zeit wird, Es ist Zeit. unterschiedliche Illustrationsmöglichkeiten zu sprechen.“

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ranz Kumher geht hier von zwei Grundpositionen aus: der Illustrator kann eine dienende Rolle spielen und versuchen, den Text zu interpretieren, oder er wird angeregt, aus seiner Erfahrung und Empfindung auf die Texte zu reagieren, um zu eigenen kreativen Aussagen zu finden. „Bei meinen Skizzen, die ich zu den Texten des Dichters angefertigt habe“, schreibt Kumher, „ging es mir nicht um Übersetzungen in die Bereiche Grafik und Malerei im Sinne von Kopien. Meine Illustrationen sollten keine dienende Rolle Celans Inhalten und Aussagen einnehmen.“

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ine zweite Begegnung, diesmal mit Ingeborg Bachmann 1970 im Österreichischen Kulturinstitut in Rom, hat dazu beigetragen, die künstlerische Auseinandersetzung Franz Kumhers mit der Dichtung Celans zu vertiefen. Er berichtet: „Ingeborg Bachmann erzählte von ihren Begegnungen mit Paul Celan und von seinen Schwierigkeiten der Anerkennung in der Anfangszeit. 1952 hatte Paul Celan seine Gedichte in Niendorf an der Ostsee bei einer Tagung der Gruppe 47 vorgetragen und keine Zustimmung gefunden. Er war von der Reaktion der Zuhörer sehr enttäuscht. Hingegen schätzte es Ingeborg Bachmann sehr, wie Celan mit seiner einmaligen Fortsetzung aus Seite 16

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kontrapunkt sein. Franz Kumher beschreibt es so: „Die Frontseite des Hauses ist unterschiedlich gegliedert. Oben befinden sich verschlüsselte rätselhafte Zeichen .Der Hauptteil der Frontseite ist dreigeteilt. Auf der linken Seite ist eine einfache Brücke – sie steht für Beziehung, Verbindung. Die Krone – Hinweis auf den Titel – soll Erfahrung und Krönung bedeuten. (Im Gedicht wird Corona als Hinweis auf die Dornenkrone verwendet). Das Fenster auf der rechten Seite steht für Durchblick und Öffnung. Im mittleren Feld ist ein geheimnisvolles Tor mit unbekanntem Kennzeichen zu sehen und kann zeichenhafte Bedeutung für Verbindung oder Durchgang haben. Neben der Gliederung der Komposition fällt die Korrespondenz halbrunder Formen auf. Bildgestaltung, Formen und Farben ergeben eine harmonische Komposition, die in ihren Chiffren erlösend wirkt.“ Franz Kumher, „Corona“, Holzschnitt 1991 Zeichensprache reagierte auf die Tragödie seines Lebens und der Juden im ‚Dritten Reich’.“

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ntuitiv und analytisch hat Franz Kumher erkannt, wie Celan sein Welterleben, die inneren Stimmungen und das erfahrene Leid in persönliche lyrische Ausdrucksformen zu bringen verstand. Kumher fiel die „alte und neue Wortwahl“ auf, die auf die jüdische Folklore und Geschichte zurückgreift und ebenso hebräische wie Zitate aus der Heiligen Schrift verwendet. Es war besonders Celans „Zeichensprache mit Metaphern und Chiffren“, die auf den Maler wirkte wie „eine neue Geheimschrift der Poesie“.

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ranz Kumher, gleichermaßen angesprochen vom Erlebnishintergrund wie von Form, Inhalt und Sprachkunst dieser Dichtung, hat es in einem langen kreativen Vorgang unternommen, diese „Geheimschrift der Poesie“ in eine eigene Bildsprache zu übertragen, indem er dort, wo er über den Erlebnisbereich des Dichters hinausgehende Sinnbezüge feststellt, zusätzliche Elemente einbaut. Es gab dafür keine vergleichbaren Versuche. Sei es, dass die künstlerische Umsetzung von Celans Lyrik ins bildnerische sich als besonders schwierig darstellt oder dass die gestaltete Tragik des Dichters keine Parallelkonstruktion moralisch zu gestatten schien – es blieb das einsame Risiko Kumhers das zu wagen, was ihn nicht los ließ. „Es ging um den Inhalt der Wörter“, schreibt der Künstler in seinen Bildberichten. „Paul Celan erfindet in seinen Texten Chiffren für das Unaussprechliche. Durch seine Chiffren hat er mehr ausgesagt, als dies durch eine exakte Beschreibung möglich wäre.“

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ie Vielzahl der ausgeführten Skizzen und Variationen machen deutlich, wie intensiv und nachhaltig sich Kumher mit dem Werk insgesamt und mit jedem der für die künstlerische Umsetzumg ausgewählten Gedichte im Einzelnen auseinander setzte. Jedes dieser Bilder kann als Beispiel dafür dienen, auf welche Weise sich der Maler die Dichtung kreativ zugeeignet hat. Sein Bild „Corona“, nach dem gleichnamigen Gedicht Celans gestaltet, in dem er den Tod seiner deportierten Eltern abmahnt. will eine Widmung für den Dichter

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as Franz Kumher hier wie scheinbar zufällig und unprätentiös aneinanderreiht und aufeinander stellt, entspricht seiner Absicht, Gegenstücke zur Sprachlosigkeit des Dichters zu finden und zu erfinden, dem Unsagbaren das nicht Darstellbare beizufügen. Er verhütet die Eindeutigkeit der Symbole und Bildzeichen und enthebt sie somit einer geradlinigen Sinnhaftigkeit. Insofern mag seine Beschreibung ebenso hilfreich wie entbehrlich sein, ähnlich der Interpretationen von Gedichten Celans. Es gibt diese in großer Fülle und hoher Intellektualität ohne dass es gelungen wäre, Letztes zu sagen. Hier ist alles Kern und alles Schale. Eine gewisse Zurückhaltung in der bildnerischen Umsetzung scheint angebracht, und es zeichnet Franz Kumher aus, das zu erkennen und zu beachten.

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ine eigenartige, melancholische Nähe verbindet Franz Kumher mit dem Dichter Paul Celan, bemerkte Frau Dr.habil. Beatrix Nobis 2007 gelegentlich einer Ausstellung des Künstlers im Stammelbach-Speicher Hildesheim. „Beide scheinen Brüder im Geiste zu sein in ihrer Heimatlosigkeit, der beständigen Nähe von Gefahr und Vernichtung, auch in ihrer Aufrichtigkeit, mit der sie sich ihrer eigenen Stärken und Schwächen aussetzen.“ In Kumhers Arbeiten sieht Beatrix Nobis die „Darstellung des Unergründlichen und wohl auch Gedenksteine für die Unfähigkeit des Menschen, über die Wege und Brücken der Vergangenheit und Gegenwart zueinander zu finden“.

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uth Klüger indessen stellt in der „Frankfurter Anthologie“ der FAZ vom 19. August 1995 die Frage zum veröffentlichten Celan-Gedicht „Assisi“ die provokante Frage danach, ob „unser Gedicht ein Kunstwerk oder nur ein Kunststück“ sei. „Die Antwort“, so Ruth Klüger, „hängt weitgehend davon ab, ob Wort- und Lautstrukturen uns als sinngebend, als sinnersetzend einleuchten.“ Franz Kumher geht mit seinen Bildern dieser Frage nach. Redaktion der Beilage: Franz Heinz

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Buchvorstellung/Kinemathek

Do, 23. 04 | 19 Uhr

Der Mann, der die Tiere liebte. Bernhard Grzimek – Biographie Buchvorstellung mit der Autorin Claudia Sewig In Zusammenarbeit mit dem Oberschlesischen Landesmuseum Viele erinnern sich heute gewiss noch an die aufregende Frage: Welches Tier hat er heute wohl dabei? Das war die Zeit, als das Fernsehen noch auf andere Spannungseffekte setzte als die hemmungslose Breittrampelung aller Beziehungsprobleme von Jeanine und Andie oder wie immer sie heißen mögen in einer der x-beliebigen Talkrunden des Reality-TV … Prof. Dr. Bernhard Grzimek, seit 1945 Direktor des Frankfurter Zoos, brachte in jede seiner Sendungen ein Tier mit, das er den Zuschauern vorstellte. Von 1956 an lief zur besten abendlichen Sendezeit „Ein Platz für Tiere“ und hat es auf nicht weniger als 175 Folgen gebracht. Die Sendereihe wurde erst 1987 eingestellt, nachdem Bernhard Grzimek im Alter von 77 Jahren verstorben war. Der 1909 im oberschlesischen Neiße geborene Grzimek, der in Leipzig und Berlin Tiermedizin studiert hatte, hat aber nicht nur Fernsehgeschichte geschrieben. Seinem frühzeitigen Interesse an Fragen der Verhaltensbiologie ist er auch schon nachgegangen, als er noch Beamter im Reichsernährungsministerium war. Die Leitung des Frankfurter Zoos fiel ihm eher unerwartet zu – und er hat den durch den Krieg nahezu völlig zerstörten Tierpark vor der schon beschlossenen definitiven Schließung bewahrt und berühmt gemacht. Durch seine stetige Fernsehpräsens weithin bekannt und populär, hat Grzimek außerdem zu denen gehört, die sich sehr früh schon für eine aktive Tier- und Umweltschutzpolitik einsetzten. Anläßlich des 100. Geburtstages von Bernhard Grzimek zeigt das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen-Hösel vom 22. März bis zum 12. Juli 2009 die Ausstellung „Mein Leben für die Tiere“. Die Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus präsentiert begleitend dazu die soeben erschienene erste umfassende Biographie Bernhard Grzimeks und zeigt ferner den 1959 entstandenen Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ – für den Grzimek im Folgejahr als erster Deutscher

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nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem „Oscar“ ausgezeichnet wurde (Kategorie Bester Dokumentarfilm) (vgl. S. …). Die Autorin Claudia Sewig ist studierte Biologin und war in verschiedenen Zoos tätig, bevor sie sich dem Journalismus zuwandte. Seit 2001 arbeitet sie beim Hamburger Abendblatt als Redakteurin vor allem für die Bereiche Natur und Umwelt. W.H.

Mi, 17.06. |19 Uhr

„Serengeti darf nicht sterben“ Bernhard Grzimeks Dokumentarfilm im GHH Die Serengeti, jene baumarme Savanne, die sich vom Norden Tansanias bis in den Süden Kenias erstreckt, ist der Schauplatz des inzwischen zum Klassiker avancierten Tierfilms, den Bernhard Grzimek und sein Sohn Michael 1959 produzierten. Die Dokumentation berichtet von den Anfängen des 1951 gegründeten SerengetiNationalparks, der heute zu den größten seiner Art und zum Weltkulturerbe der UNESCO zählt. Ende der 1950er Jahre beabsichtigte die Parkverwaltung, das Gebiet um den NgorongoroKrater einzuzäunen, um den dort lebenden Massai-Hirten ihre Viehweide in diesem zum Wildschutzgebiet herabgestuften Areal zu ermöglichen. Zur Vorbereitung des Projektes lud die tansanische Nationalparkverwaltung 1957 Bernhard und Michael Grzimek ein, die mit neuen Zählmethoden eine detaillierte Analyse der Tierwanderungen erstellten und bisherige Annahmen über das Verhalten der Tiere korrigierten. Schon vor der Veröffentlichung sorgte der Film für Aufsehen: Michael Grzimek

kam während der Dreharbeiten bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Daneben forderte die Filmbewertungsstelle Wiesbaden die Streichung von Textpassagen, von der sie die Prädikatverleihung „wertvoll“ abhängig machte. Die beanstandeten Worte Grzimeks dokumentieren eindrucksvoll sein tiefes Engagement, das sein gesamtes Werk durchzieht und nicht nur das Schicksal der Tiere, sondern auch die Zukunft der Menschheit thematisiert: „Diese letzten Reste des afrikanischen Tierlebens sind ein kultureller Gemeinbesitz der ganzen Menschheit, genau wie unsere Kathedralen, wie die antiken Bauten wie die Akropolis, der Petersdom und der Louvre in Paris… Würde heute eine Regierung, gleich welchen Systems, es wagen, die Akropolis in Athen abzureißen, um Wohnungen zu bauen, dann würde ein Aufschrei der Empörung durch die gesamte zivilisierte Menschheit gehen. Genau so wenig dürfen schwarze oder weiße Menschen diese letzten lebenden Kulturschätze Afrikas antasten. Gott machte seine Erde den Menschen untertan, aber nicht damit er sein Werk völlig vernichte.“ D. U. Gemeinsame Veranstaltung mit dem Oberschlesischen Landesmuseum Ratingen/Hösel

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Aussiedler

Ungenutzte Potentiale

Di, 12.05. | 10 Uhr

Zur Lage der Integration in Deutschland

Seminar: Potentiale der Spätaussiedler nutzen

In Deutschland leben rund 15 Millionen gekommen und finden sich relativ gut auf Zugewanderte beziehungsweise deren hier dem Arbeitsmarkt zurecht. geborene Nachkommen. Fast 20 Prozent Regional gesehen verläuft die Integration der Einwohner haben damit einen so ge- generell dort besser, wo der Arbeitsmarkt nannten Migrationshintergrund. Doch wo- möglichst viele Personen aufnehmen her kommen diese Migranten, wie finden kann. Umgekehrt stößt sie auf Problesich die unterschiedlime, wo viele gering chen Herkunftsgruppen qualifizierte Personen in Deutschland zurecht, mit Migrationshinterund welches Bundesgrund leben. Auf die land beziehungsweise Bundesländer bezogen welche Stadt integriert weisen daher Hessen besonders erfolgreich? und Hamburg relativ Das Berlin-Institut für gute Integrationswerte Bevölkerung und Entauf, besonders schlechte wicklung hat zur Beanterreicht dagegen das wortung dieser Fragen Saarland. Unter den erstmals einen Index Städten fallen Münzur Messung von Integchen, Frankfurt, Bonn ration (IMI) entwickelt, und Düsseldorf positiv der den Integrationserauf, während die Bedinfolg acht verschiedener gungen für Migranten Herkunftsgruppen untersucht. Zusätzlich in Ruhrgebietsstädten wie Duisburg oder wurden die Integrationserfolge regional – Dortmund sowie in Nürnberg am schlechnach Bundesländern und größeren Städten testen sind. Allerdings sind selbst in den – differenziert. Dadurch lässt sich mehr Regionen mit den besten Ergebnissen über den Einfluss von regionalen wirt- Migranten mehr als doppelt so häufig schaftlichen und politischen Strukturen erwerbslos wie Einheimische, und sie auf die Integration erfahren. hängen mehr als doppelt so oft wie diese Der IMI beschreibt mit Hilfe von 20 von öffentlichen Leistungen ab. Indikatoren aus den Bereichen Assimi- Um die Integration der in Deutschland lation, Bildung, lebenden MigErwerbsleben und ranten zu verbessoziale Absichesern, aber auch Die beste Integrationsarbeit rung die Situatium Deutschland leisten der Studie zufolge on der Migranten attraktiver für München, Bonn, Frankfurt im Vergleich zur die durch den deutschen Mehrdemografischen und Düsseldorf. Bei den heitsgesellschaft. Wandel benöAls gelungene Bundesländern liegen Hessen tigte weitere Integration wird und Hamburg vorn, Nordrhein- Z u w a n d e r u n g dabei die Annähmachen, sind Westfalen folgt auf Platz drei. zu rung der Lebensdringende Maßbedingungen von nahmen nötig. Menschen mit Gezielte FördeMigrationshintergrund an die der Einhei- rung im Bildungssystem ist dabei einen mischen definiert. Schlüsselaspekt. Ebenso sollte den MiIm Durchschnitt am besten integriert sind granten in Deutschland der Zugang zum die rund zwei Millionen Menschen aus Arbeitsmarkt und zu einem gesicherten Weiteren der EU-25 ohne Südeuropa. rechtlichen Status inklusive der deutschen Ebenfalls gute Integrationswerte weisen Staatsbürgerschaft erleichtert werden. die Aussiedler auf, die mit knapp vier Die Meldung stammt aus einer Studie Millionen die größte aller Herkunftsgrup- des Berlin-Instituts für Bevölkerung pen bilden. Die Zugewanderten beider und Entwicklung, bearbeitet von FranGruppen sind mit einem vergleichsweise ziska Woellert, Steffen Kröhnert, Lilli hohen Bildungsstand nach Deutschland Sippel und Reiner Klingholz.

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In den vergangenen beiden Jahrzehnten sind über 700 000 Spätaussiedler nach Nordrhein-Westfalen gekommen um sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Die Eingliederung dieser Neubürger wird mit Sprachkursen sowie beruflichen und sozialen Maßnahmen gefördert. Die Wahrnehmung der mitgebrachten Fähigkeiten und Kenntnisse der Deutschen aus dem östlichen Europa gerät in der aktuellen Diskussion in den Fokus. Das Seminar für Multiplikatoren vermittelt Impulse zur Förderung der Integration von Russlanddeutschen und bietet die Möglichkeit zur Diskussion. Thomas Kufen, Integrationsbeauftragter des Landes Nordrhein-Westfalen „Das Land Nordrhein-Westfalen und die Spätaussiedler“ Steffen Kröhnert, Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung „Ergebnisse der Studie „Ungenutzte Potentiale - Zur Lage der Integration in Deutschland“ bezogen auf Spätaussiedler in Nordrhein-Westfalen“ Dr. Elvira Spötter, LAG KJS NRW „Jugendliche Aussiedler - Wünsche und Träume“ - Projektergebnisse Information und Anmeldung unter Tel.: 0211 - 1699118

Mo, 06.04. | 19 Uhr Tanzkreis für junge Spätaussiedler und Einheimische Weitere Termine jeweils montags bis 29.06.2009 Traditionelle Tänze aus unterschiedlichen Regionen stehen im Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe. Jede dieser Regionen hat andere Tänze, die geprägt sind durch die Landschaft und die Geschichte, die Menschen und die Berufe sowie die Rituale und das Lebensgefühl. Salsa, Tango, Walzer und deutsche Volkstänze stehen auf dem Programm, zu dem junge Menschen im Alter von 16 bis 27 Jahren eingeladen sind, die gerne gemeinsam tanzen und trainieren wollen. Anmeldung und Information unter Tel.: 0211 - 1699118

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Bibliothek

Die Gräfin Biographie von Marion Dönhoff Sie war eine ungewöhnliche Frau, und sie wurde zur bedeutendsten Publizistin der Bundesrepublik Deutschland: Marion Gräfin Dönhoff (1909 - 2002), Aristokratin und Bürgerin zugleich. Als langjährige Herausgeberin des Wochenblatts „Die Zeit“ hat sie Geschichte geschrieben; als Anwältin der Versöhnung von Ost und West setzte sie moralische Maßstäbe: für die Politik, für die Gesellschaft, für das Zusammenleben der Völker im vereinten Europa. Warum sie zu all diesen Leistungen fähig war und was sie dabei antrieb, wer zu ihren Freunden und Weggefährten gehörte, was für ein Mensch diese ruhigenergische und so bescheiden wirkende Preußin war - all das beschreibt Klaus Harpprecht in dieser ersten kritischen Biographie. Als erster Biograph konnte er alle privaten und offiziellen Briefwechsel und Aufzeichnungen Marion Dönhoffs einsehen, er wertete vor allem auch das „Zeit“-Archiv und das Familienarchiv der Dönhoffs aus. Viele Entwicklungslinien, viele bisher ungekannte Elemente und Facetten im Leben der Gräfin und Bürgerin rücken damit ins Blickfeld. Zum ersten Mal tritt sie als Persönlichkeit mit all ihren menschlichen Zügen ins öffentliche Bewusstsein. HARPPRECHT, KLAUS: Die Gräfin. Marion Dönhoff. Eine Biographie. Rowohlt, 2008.

Die Landespatrone der böhmischen Länder Geschichte – Verehrung – Gegenwart Die Böhmischen Länder, wozu hier Böhmen, Mähren, Schlesien und die Lausitz gezählt werden, besitzen eine außergewöhnliche Vielzahl und Vielfalt von Landespatronen. Zu ihnen zählen u.a. Maria und Josef, Wenzel, Agnes von Böhmen, Hedwig von Schlesien, Johannes von Nepomuk sowie Norbert von Xanten und Jan Hus. Stefan Samerski hat in dem vom ihm herausgegebenen Werk die Lebensgeschichten der rund 20 Heiligen zusammengestellt. Jeder Vita schließt sich eine Beschreibung der Verehrungsgeschichte des jeweiligen Landespatrons bis in die heutige Zeit an. Anschaulich wird gezeigt, in welcher Form der Kult die Identität und das Alltagsleben der Bevölkerung geprägt hat. Das Werk, das eine Mischung aus Nachschlagewerk und Lesebuch ist, gibt Einblicke in die wechselnde Indienstnahme der Heiligen, das Auf und Ab ihrer Verehrung und den Missbrauch solcher Geschichtshelden durch politische Ideologien. DIE LANDESPATRONE DER BÖHMISCHEN LÄNDER. Geschichte - Verehrung – Gegenwart. Stefan Samerski (Hrsg.). Schöningh, 2009.

Unterwegs zum Orient Ida Gräfin Hahn-Hahns Schlesienfahrt 1843 Ida Gräfin Hahn-Hahn (1805-1880) aus bekanntem mecklenburgischen Adelsgeschlecht, war eine ungewöhnlich selbstbewusste Frau und eine der populärsten Schriftstellerinnen des späten Biedermeier. Ihr unstetes Wanderleben gab Stoff für Romane und Reiseberichte. Die 1843 in Dresden begonnene Orientreise führte sie zunächst über Schlesien und Böhmen nach Wien. Ihre 1844 erschienenen Briefe von dieser Reise sind ein höchst lesenswerter und aufschlussreicher Bericht über Schlesien, seine Landschaft und seine Menschen. Die begleitenden Essays der Herausgeberin bieten ein knappes Lebensbild der Autorin und ordnen die Reise in den zeitgenössischen Kontext ein. Das Büchlein ist mit zahlreichen zeitgenössischen Illustrationen bebildert. UNTERWEGS ZUM ORIENT. Ida Gräfin HahnHahn Schlesienfahrt 1843, Ein Reisebericht. Beate Borowka-Clausberg (Hrsg.). Bergstadtverlag Korn, 2007.

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Buchausstellung 04.05. – 30.06.2009 Sommerzeit – Reisezeit Als Inspiration für den kommenden Sommerurlaub werden in der Ausstellung Bücher über Länder, Landschaften und Städte in Mittel- und Osteuropa präsentiert.

Servicezeiten der Bibliothek Mo-Mi 10 - 12.30 Uhr 13.30 - 17 Uhr Do 10 - 12.30 Uhr 13.30 - 18.30 Uhr

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60 Jahre Grundgesetz

Fr, 22.05. | 20 Uhr

Verfasste Zeiten Festveranstaltung 60 Jahre Grundgesetz So feiert Nordrhein-Westfalen 60 Jahre Grundgesetz: Entspannt und fröhlich, aber nicht abgehoben. Gemeinsam, aber in Vielfalt. Als Fest der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes: Rheinländer, Westfalen und Lipper; Einheimische und Zugewanderte. Dieses Land ist unser aller Land. Sein Wiederaufbau und Aufstieg ist das Ergebnis unser gemeinsamen Arbeit und Anstrengung. Egal, ob wir am Rhein, an der Ruhr, an Lippe und Weser geboren worden sind oder unsere Herkunft im ehemaligen deutschen Osten, in der DDR, in den Ländern Süd- und Südosteuropas, in Ostmitteleuropa, in Russland oder gar außerhalb Europas liegt. Integration und Vielfalt sind traditionelle Kennzeichen des Rheinlandes und Westfalens. Pluralität aber braucht gegenseitige Toleranz und auch Regeln, auf die sich jeder verlassen kann. Für beides steht unsere Verfassung, das Grundgesetz. Es garantiert die Würde eines jeden Menschen, gleich welcher Abstammung, Religion oder politischen Überzeugung. Zugleich gibt es Orientierung und Sicherheit. Es ermöglicht ein friedliches Zusammenleben aller Menschen bei voller Respektierung ihrer Unterschiedlichkeit, ja mehr noch, es ist der Kern unserer freiheitlichen Demokratie, die wir alle zusammen stärken und verteidigen wollen. Wir haben, bei allen Versäumnissen und Rückschlägen, bisher das Glück gehabt, in sicheren, eben in „verfassten Zeiten“ leben zu dürfen. Das wollen wir gemeinsam feiern: mit Festrede und politischem Kabarett, mit Zeitzeugen aus sechs Jahrzehnten, die über ihre Erfahrungen im Land an Rhein und Ruhr als Politiker und Journa-

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listen, als Vertriebene, DDR-Flüchtlinge, Spätaussiedler, „Gastarbeiter“ und junge Migrantinnen und Migranten der „zweiten“ bzw. „dritten“ Generation berichten. Mit Musik und Tanz. Mit Speisen und Getränken, die genauso vielfältig sein sollen wie unser Land und die Menschen, die in ihm wohnen. Und wie es sich für einen „runden“ Geburtstag gehört: Wir feiern in den großen Tag ganz einfach beschwingt und heiter hinein.

Janis Breitmeier, Student mit rußlanddeutschen Wurzeln Oscar Calero Fernandez, ehemaliger Sozialbetreuer der Caritas Asli Sevindim, Mitglied im Integrationsbeirat Nordrhein-Westfalen, Direktorin Kulturhauptstadt 2010 Gonca Mucuk-Edis, Mitglied im Kölner Integrationsrat Inna Umanska, Leiterin der Tanzgruppe „Merkas Ha’Or“ der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf Moderation: Gisela Steinhauer und Olli Briesch Kabarett: Fritz Eckenga Nach(t)speise: Snack mit Spezialitäten aus Nordrhein-Westfalen und aller Welt begleitet von WunschHits der letzten 6 Jahrzehnte. Diskjockey und Moderation: Günter vom Dorp (WDR)

Veranstaltungsort: K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Ständehausstraße 1, 40217 Düsseldorf

Programm 20.00 Uhr Einlass Begrüßung Maria Springenberg-Eich, Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung Festvortrag Prof. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a. D. (angefragt) Anschließend Zeitzeugen-Talk, „60 Jahre Grundgesetz im Land der Unterschiede“ Dr. Hans-Ulrich Klose, Landtags-Vizepräsident a.D., Franz-Josef Kniola, Innenminister a. D. (angefragt) Dr. Joachim Sobotta, Chefredakteur Rheinische Post a.D.

Ansprechpartner/in Dr. Guido Hitze, Tel.: 0211/8618-3235; Sabine Reißberg, Tel.: 0211-8618-4676 Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen Anmeldung Die Teilnahme ist kostenlos. Die Plätze sind begrenzt, daher melden Sie sich bitte bis zum 8.5.2009 an. Anmeldekarten sind bei der Landeszentrale für politische Bildung erhältlich. Die Anmeldungen werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Eine Zusage erhalten Sie nur bei Anmeldung per Mail. Bei Überbuchung wird abgesagt. In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung und der LAGA NRW

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Studienfahrt

Vom 10.06. bis 15.06.2009

Die Wende 1989 – 20 Jahre Mauerfall Vom SED-Staat zum wiedervereinigten Deutschland und Europa Eine Studienreise der VHS Düsseldorf in Kooperation mit der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus und der Europäischen Akademie Berlin Mittwoch, 10. Juni 2009 Begrüßung - Vorstellung - Einführung in das Programm Teilnehmergespräch: „Die eigene Biographie und das eigene Verhältnis zum geteilten und zum wieder vereinigten Deutschland“ „Wiederaufbau als Aufgabe des vereinigten Deutschlands mit europäischer Hilfe“ (Referat) Donnerstag, 11. Juni 2009 Politisch-historischer Spaziergang in Steinstücken und Babelsberg Besichtigung des ehemaligen Grenzge-

Brandenburger Tor Berlin

ländes am Griebnitzsee und beim Schloss Babelsberg Die Mauer und ihr Anfang: Unterwegs von der Glienicker Brücke zum Schloss Cecilienhof Besichtigung der Ausstellung zur Potsdamer Konferenz im Schloss Cecilienhof Freitag, 12. Juni 2009 Besuch des DDR-Museums mit Führung und Gespräch mit dem Leiter des Museums Besuch des Mauermuseums in der Bernauer

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Straße, Gespräch mit einem/r ehemaligen Dissidenten/in Samstag, 13. Juni 2009 Vortrag: „Ursachen und Wirkungen: Die historischen Entwicklungen im Vorfeld des Falles der Eisernen Vorhangs“ Eigene Recherchen in Berlin und Potsdam Sonntag, 14. Juni 2009 Gespräch: „Vom DDR-Bürger zum Bundesbürger –Hilfestellung beim ‚Systemwechsel“ Feierliches Mittagessen in der Europäischen Akademie Berlin „Geschichte und Gegenwart: Perspektiven der DDR und d e s wiedervereinigten Deutschlands“ - Eine politisch-historische Informationsfahrt nach Lehnin, Wiesenburg und Ferch Existenzgründung als Wirtschaftmodell: Besuch eines Bio-Betriebes in Ferch Montag, 15. Juni 2009 Abreise nach Leipzig Geführter Stadtrundgang „Auf den Spuren der Friedlichen Revolution“ Nachmittag zur freien Verfügung Abfahrt nach Düsseldorf Tagungsleitung: Dr. Jaroslav Šonka (Europäische Akademie Berlin)

Das neue Rathaus in Leipzig Unsere Leistungen Technische Hinweise - Anmeldung Hinfahrt: Treffpunkt: Abfahrt: Ankunft: Rückfahrt ab Berlin: an Leipzig: ab Leipzig: an Düsseldorf:

Mi, 10. Juni 2009, Düsseldorf Hbf., 8.40 Uhr, Gleis 18 Düsseldorf Hbf. 8.53 Uhr Berlin, 13.08 Uhr Mo, 15. Juni 2009 (über Leipzig) 08.58 Uhr 10.05 Uhr Aufenthalt in Leipzig 16.40 Uhr 22.07 Uhr

Leistungen: Fahrtkosten, Unterbringung im Einzeloder Doppelzimmer mit VP, Fahrt zu auswärtigen Zielen und Programmpunkten innerhalb von Berlin, Reise- und Seminarleitung Reiseleitung: Anne Kalender-Sander Volkshochschule Düsseldorf PD Dr. Winfrid Halder (Gerhart-Hauptmann-Haus) Preise p.P.: Einzelzimmer Doppelzimmer

585,- EUR 510,- EUR €

Anmeldung schriftlich bis spätestens 15. April 2009 Information/Auskunft/Anmeldung VHS Düsseldorf Telefon: 0211 89-93417 Veranstaltungs-Nr. 100 700

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Rückschau: Ausstellung

Nein zu Hitler! Eröffnungsrede von Prof. Dr. Klaus Hänsch MdEP Wir eröffnen heute eine Ausstellung, mit der die Friedrich-Ebert-Stiftung uns, hier im Gerhart-Hauptmann-Haus, an Verfolgung, Widerstand und Exil tapferer Frauen und Männer erinnert, an Sozialdemokraten und Gewerkschafter, die frühzeitig „Nein“ gesagt haben zu Hitler und zu seinem verbrecherischen Regime. Ja - wir müssen erinnert werden, weil nur noch wenige unter uns leben, die sich noch selbst daran erinnern können, was vor 75 Jahren begann, an das Leid und die Angst, den Hass und das Blut, das der Nationalsozialismus über Deutschland und Europa gebracht hat - und an den Widerstand dagegen. Auch ich bin nicht alt genug, um mich selbst erinnern zu können. Aber ich habe die Folgen von Krieg und Zerstörung bewusst erlebt. Flucht und Vertreibung aus dem Osten Deutschlands durch das zusammenbrechende Reich, die materielle und moralische Verwüstung, die der verbrecherische Wahn des Nationalsozialismus über unser Volk und viele andere in Europa gebracht hat. Das alles hätte vermieden werden können, wenn mehr Menschen rechtzeitig „Nein“ zu Hitler gesagt hätten. Solange wir leben, haben wir die Verantwortung, uns zu erinnern und das Erinnerte den Jüngeren zu vermitteln. In den deutschen Kinos ist vor wenigen Tagen der Film „Operation Walküre“ angelaufen. Hier und da ist in den Feuilletons gefragt worden: Darf man das? Darf man eine Tat des Widerstands, eine Tat schwierigster, höchster und differenziertester ethnisch-moralischer Verantwortung als spannenden Spielfilm zeigen? Ich sage: Man darf. So hat vor mehr als zehn Jahren bereits der Film „Schindlers Liste“ mehr Menschen die Fürchterlichkeit des Holocaust vor Augen geführt und ins Bewusststein gesenkt als jede belehrende Dokumentation. Man darf es, wenn zugleich andere - wie die Friedrich-Ebert-Stiftung mit dieser Ausstellung - daran erinnern, dass es Widerstand nicht nur als eine heroische Tat eines Einzelnen und einer Gruppe Verschwörer gab. Es gab ihn auch in der Haltung vieler, in der Haltung des „Nein“, des Sich-Entziehens und des Sabotierens, in der Hilfe für andere Verfolgte und in der Verbreitung von Informationen. Und auch

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das gehörte dazu: Die Vorbereitung auf ein besseres, demokratisches Deutschland nach dem Krieg - wie es Julius Leber, Wilhelm Leuschner und andere Sozialdemokraten im Kreisauer Kreis und wie es Willy Brandt, Erich Ollenhauer und die ganze Exil-SPD getan haben. Im Umfeld des Attentats vom 20. Juli 1944 wurde von Freunden Stauffenbergs gesagt: „Gleichgültig, ob das Attentat gelingt: Es muss gewagt werden - als Zeugnis für ein besseres Deutschland.“ Diese Ausstellung gibt Zeugnis von Frauen und Männern, die ohne eines Erfolges gewiss zu sein, nicht erst während des Krieges, sondern schon zehn Jahre vorher es gewagt haben, „Nein“ zu sagen und für ein besseres Deutschland zu stehen. Und sie haben nicht nur der Gewalt widerstanden. Sie mussten auch der Verführung widerstehen, die ein anfangs scheinbar so erfolgreiches Regime auf viele ihrer Zeitgenossen ausübte und das mag manchmal noch schwerer gewesen sein. In der Ausstellung wird Otto Wels, der Vorsitzende der SPD, der 1933 im Reichstag das „Nein“ der SPD-Fraktion zum Ermächtigungsgesetz begründete,

Prof. Dr. Klaus Hänsch mit dem Satz zitiert: „Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten.“ Das ist ein großer, würdiger Satz. Ich möchte einen anderen Satz zitieren: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Ein solcher Satz ist heute nicht mehr hoch im Kurs. Er verstört so manchen der Heutigen, für die das Leben das höchste der Güter ist. Die Ehre höher als das Leben? Das war ja nicht irgendeine Standesehre. Es waren die Ehre und die Würde, die darin liegen, den Grundsatz der Menschlichkeit nicht aufzugeben, an ihm festzuhalten - und koste es das Leben. Die, die schon 1933 und danach aus politischer Überzeugung oder einfach nur aus menschlichem Anstand „Nein“ sagten und widerstanden, wussten, dass es sie das Leben kosten konnte: Der Güter höchstes ist das Leben nicht...Unsere Aufgabe ist es nicht, ihnen nachzueifern. Unsere Aufgabe ist es, mit Herz und Verstand dafür zu kämpfen, dass es nie nötig wird. Deshalb ist es wichtig, daran zu erinnern, wie es dazu kommen konnte, dass das nötig wurde. Dafür gab es viele Gründe - mehr als die Menschen damals wussten und wissen konnten. Aber wir sollten sie kennen. Einer der wichtigsten war dieser: Die Weimarer Republik, die erste deutsche Demokratie, ist nicht an der Stärke ihrer Gegner von rechts und links, sondern an der Schwäche ihrer Anhänger zugrunde gegangen. Sie ließen es zu - ja manchmal Fortsetzung aus Seite 22

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Rückschau: Ausstellung machten sie es auch gedankenlos mit - dass Republik und Demokratie madig gemacht, als lächerlich und verächtlich hingestellt, verhöhnt und ausgehöhlt wurden. Es war eben keine Nebensache, wenn die Farben der Republik verunglimpft wurden: Schwarz-Rot-Mostrich. Ja, es gab das Reichsbanner: Schwarz-Rot-Gold. Aber es gab auch aus der Linken die Parole: „Republik, das ist nicht viel - Sozialismus ist das Ziel.“ - Wenn Republik und Demokratie nicht viel sind, wird man nur wenige finden, die bereit sind, das „bisschen“ Republik und Demokratie zu verteidigen. Gestatten Sie mir, an dieser Stelle eine „europäische“ Bemerkung zu machen: Ich bin mir der Unvergleichbarkeit bewusst zwischen dem, was 1933 und vor 1933 in Deutschland geschah - und dem, was in manchen Ländern der Europäischen Union heute geschieht. Ich gehöre auch nicht zu denen, die bei bestimmten Personen oder Verhaltensweisen, seien es Berlusconi, Haider, Le Pen oder sei es die Behandlung der ungarischen Minderheit in der Slowakei oder die Bildung uniformierter rechtsradikaler Schlägertrupps in Ungarn, gleich zur Keule des Faschimusvorwurfes greifen. Und doch besorgt mich etwas Vergleichbares. Es scheint viel unscheinbarer zu sein und ist doch ein nicht weniger wirksames Gift. Es macht mich wütend, über die Fahne der Europäischen Union zu lesen oder zu hören: „Blau mit gelben Sternen“, statt - wie es richtig ist - „blau mit goldenen Sternen“. Dahinter steckt ja nicht eine partielle Blindheit für Nuancen. Dahinter steckt eine diskriminierende Absicht, ein Heruntermachen wie damals „Schwarz-Rot-Senf“. Dahinter steckt die altbekannte Haltung: Verächtlichmachung von Kompromissen und Parteienstreit in der Demokratie, Verhöhnung der Union als regelungswütigen und bürgerfernen Moloch. Mancher wird sagen: Na und? Stimmt doch! Genau so haben vor 75 Jahren auch viele reagiert. Es gab damals am Ende der Weimarer Republik eine Kritik an ihr, die nicht verbessern, sondern zerstören wollte. So gibt es heute eine Kritik an der real existierenden Einigung Europas, die nicht verbessern, sondern zerstören will. In Europa wachsen neuer Rassismus und Nationalismus: In Deutschland, in Dänemark, in Schweden, auch in den Niederlanden, Belgien und Frankreich - eine Erscheinung am rechten und zum Teil auch am linken Rand jedes politischen Spektrums. In anderen Ländern -

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vor allem in Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien - ist er dabei, sich schon in größere Teile der Bevölkerung hineinzufressen. Da gilt es, rechtzeitig Halt zu sagen: Nie wieder dürfen Nationalismus und Rassismus eine Chance bekommen - nirgendwo in Europa und schon gar nicht in unserem Land. Das sind ja nicht nur die Dumpfbacken Schüler des Düsseldorfer Schloß-Gymnasiums Düsseldorfvon Rechtsaußen. Benrath in der Ausstellung Mit denen können Deutschland und Europa fertig werden. Aufnahme in den Kreis der westlichen DeDer neue Nationalismus tritt nicht nur mokratien fand. Dass wir schon fünf Jahre mit kahlem Kopf und Springerstiefeln nach dem völligen Zusammenbruch - viel auf. Häufiger kommt er mit Schlips und schneller als wir es eigentlich verdient Kragen verkleidet daher und behauptet, hatten - gleichberechtigt am Aufbau und die Kreide der „Political Correctness“ in an der Einigung Westeuropas teilnehmen der Stimme, dass er „natürlich für Euro- durften. Es ist auch ihrem Beispiel und pa“, aber gegen den undemokratischen, ihrer Stimme zu verdanken, dass unsere bürgerfernen, bürokratischen „Moloch“ Nachbarn in Europa heute mit Achtung in Brüssel sei. In Wahrheit geht es ihm und Vertrauen auf Deutschland blicken. nicht um die Beseitigung der Mängel und Ich habe es vor dreißig Jahren erlebt, Fehler der Europäischen Union und um als ich zum ersten Mal ins Europäische eine Korrektur ihrer Politik, sondern um Parlament gewählt wurde: Mit Willy die Diskreditierung und Zerstörung des Brandt, von dessen Ansehen in Europa ganzen Projekts. wir uns heute gar keine Vorstellung mehr Der feste Zusammenschluss der Völker machen. Mit Volkmar Gabert, der als Europas in der Europäischen Union bleibt sudetendeutscher Sozialdemokrat seine nötig, um die Schatten der Vergangenheit Heimat verlassen musste, nicht vertrieben zu bannen – nicht nur die deutschen üb- durch die Tschechen, sondern sich nach rigens. „Der Nationalismus, das ist der der Besetzung der Tschechoslowakei vor Krieg“ warnte François Mitterrand in Hitlers Schergen in Sicherheit zu bringen. seiner großen Abschiedsrede vor dem Eu- Mit Helmut Sieglerschmidt, Halbjude und ropäischen Parlament im Januar 1995. Die Sozialdemokrat, der um zu überleben sich Tragödie des vorigen Jahrhunderts wird im Strafbataillon 999 versteckte. Und auch sich gewiss nicht wiederholen, aber auch mit Heinz Kühn, der als ganz junger Mann als Farce wäre sie verheerend genug. vor den Nazis nach Belgien ausweichen In diesem Zusammenhang leitet uns die musste. Erinnerung an die Frauen und Männer, Für uns sind Freiheit und Recht und die als Sozialdemokraten und Deutsche, Demokratie nicht Mittel zu anderen Zwesei es im Widerstand oder im Exil, „Nein“ cken - seien es Wohlstand, Sozialismus gesagt haben zu Wahn und Hybris des oder Marktwirtschaft. Sie sind Werte, die Nationalsozialismus zu einem anderen aus sich selbst heraus bestehen. Daran Gedanken: Es war ihr Beispiel, das in Eu- erinnern uns die Frauen und Männer, ropa und in der Welt während des Krieges denen diese Ausstellung gewidmet ist. und unmittelbar danach den Glauben an Ich danke allen, die diese Ausstellung ein besseres Deutschland aufrechterhalten möglich gemacht haben: Der Friedrichhat - trotz Raub und Mord und Krieg und Ebert-Stiftung, dem Gerhart-HauptmannVerwüstung, die unser Land über andere Haus - Deutsch-Osteuropäisches Forum Völker gebracht hatte. und der Volkshochschule Düsseldorf. Der Ihrer beispielhaften Haltung verdanken Ausstellung „Nein zu Hitler“ wünsche wir es, dass unser Land und der westliche ich viele interessierte und nachdenkliche Teil unseres Volkes so schnell wieder Besucher.

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Ausstellungen

Impressionen aus Oberschlesien und aus dem Ruhrgebiet Eine Ausstellung des LWL im Oberschlesischen Landesmuseum Die katholische Pauluskirche in Novy Bytom ist ein Zeugnis deutsch-polnischer Geschichte im oberschlesischen Industrierevier. Am Hauptportal verläuft rund im den Türbogen ein zweisprachiger Psalmvers: DER NAME DES HERRN SEI GEBENEDEIT VON NUN AN BIS IN EWIGKEIT. VOM ANFANG DER SONNE BIS ZUM UNTERGANG SEI GELOBT DER NAME DES HERRN. Als die Kirche 1910 / 11 errichtet wurde, hieß die Ortschaft im Süden von Beuthen noch Friedenshütte und gehörte zum Deutschen Kaiserreich. Die Gemeinde umfasste damals Katholiken mit deutscher wie auch mit polnischer (bzw. „schlesischer“) Muttersprache. Das Kirchenportal spiegelt diese Situation eindrucksvoll wider. Es ist bemerkenswert und anrührend, dass der polnische Schriftzug die Naziherrschaft der Weltkriegsjahre 1939 - 45 unbeschadet überstand und der deutsche Schriftzug die anschließenden kommunistischen Jahrzehnte. Im Übrigen gibt es zahlreiche weitere Bibelsprüche an den Außenmauern des Gotteshauses, die allerdings in lateinischer Sprache abgefasst sind. Die Pauluskirche entstand nach Plänen von Johannes Franziskus Klomp (1865 - 1946), der gebürtig aus den Niederlanden stammte und seit 1899 in Dortmund ein Architekturbüro betrieb. Wenige Jahre später eröffnete Klomp zwei Zweigbüros in Beuthen und Kattowitz. Im östlichen Ruhrgebiet errichtete er u. a. die St.-Elisabeth-Kirche in Bochum-Gerthe und die Turmfassade der Marienkirche in Herne-Baukau. In beiden Fällen arbeitete er mit dem sauerländischen Bildhauer Matthias Beule zusammen, der auch bei der Pauluskirche von Novy Bytom den aufwändigen Fassadenschmuck im Jugendstil gestaltete. Das Wirken von Klomp und Beule im Ruhrrevier und in Oberschlesien lenkt den Blick auf Parallelen in der Geschichte der beiden Montanreviere im Industriezeitalter. Kohle und Stahl haben beiden Regionen in den Jahrzehnten um 1900 ein vergleichbares Erscheinungsbild aufgeprägt: Zechen und Hüttenwerke sind von Kolonien und Gartenstädten umgeben. In den Ortszentren dominieren gründerzeitliche Geschäftsstraßen, Kirchen, Schulen und Verwaltungsbauten. Dazwischen erinnern Bergehalden und Bergsenkungsgebiete an die ökologischen

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Schattenseiten einer hektischen, zeitweilig krisenhaften Entwicklung. In einem Fotoprojekt des LWL-Industriemuseums Dortmund wurden typische Bauten in den beiden Montanrevieren dokumentiert. Aufnahmen von Piotr Muschalik (Zabrze/Hindenburg), Martin Holtappels (Dortmund) und Thomas Stachelhaus (Bochum) zeigen Bergwerke und Hochöfen, Werksiedlungen und Verkehrstrassen, öffentliche Bauten und Denkmäler. Die Bilddokumentation unterstreicht die Gemeinsamkeit der industriellen und städtebaulichen Entwicklung in Oberschlesien und im Ruhrgebiet. Nicht wenige Bauten spiegeln spezifische Aspekte von Reviergeschichte wider. An der Dortmunder Hauptverwaltung der „Union Aktiengesellschaft für Bergbau-, Eisen und Stahlindustrie“ (1916 - 20) verweist ein anfeuernder Fassadenspruch auf das trotzige Selbstbewusstsein einer missachteten Region: ES LOBT DEN MANN DIE ARBEIT UND DIE TAT. Die Essener Musterzeche Zollverein XII - seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbe - galt zu ihrer Bauzeit (1927 - 32) als Symbol für Selbstbehauptungswillen in einer krisenhaften Zeit, die kurz zuvor noch unter Ruhrkampf und französischer Besatzung gelitten hatte. In Kattowitz, das nach der Teilung Oberschlesiens (1922) den Rang einer Provinzhauptstadt im neu

gegründeten polnischen Staat erhielt, fand Nationalstolz seinen Ausdruck in einem monumentalen Wojwodschaftsgebäude und in einer Christ-Königs-Kathedrale, bei der die römische Peterskirche als Vorbild diente. Das Stadttheater, das bei seiner Eröffnung 1907 als „Bollwerk gegen die feindliche polnische Lebensart“ propagiert worden war, sollte nun dezidiert auch die polnische Kultur fördern. Währenddessen investierte man auf deutscher Seite in repräsentative Bahnhofsbauten in Beuthen und Gleiwitz oder in großzügige Siedlungsprojekte in Hindenburg. Heute gibt es in Oberschlesien bemerkenswerte Zeichen von polnisch-deutscher Verständigung. So wurde in Gleiwitz der deutsche Hüttenfriedhof nach jahrzehntelangem Verfall und mutwilliger Zerstörung wieder instand gesetzt, in Königshütte das Denkmal für den Industriepionier Friedrich von Reden neu errichtet. Inzwischen haben Kohle und Stahl ihre Dominanz im Ruhrgebiet und in Oberschlesien eingebüßt. Dafür ist ein paralleles Engagement für die Industriekultur in beiden Regionen zu beobachten. Die Ausstellung „Montanrevier“, die Fotografien und historische Ansichtskarten – u. a. von den genannten Bauten und Anlagen – präsentiert, ist bis zum 10.05. im Oberschlesischen Landesmuseum Ratingen zu sehen (Tel. 02102/965-0). Als Begleitbuch erschien ein Text-BildBand (Thomas Parent [Hg.]: Montanrevier, Bilder aus dem Ruhrgebiet und aus Oberschlesien, Essen [Klartext-Verlag] 2008).

Hindenburg, Blick von der Zeche Königin Luise

Thomas Parent

Foto: Piotr Muschalik

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Brauchtum

Die Urzeln laufen wieder … Siebenbürgisch-sächsischer Brauch wird neu belebt Das Urzellaufen - ein Fastnachtsbrauch aus dem siebenbürgischen Agnetheln – steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den handwerklichen Zünften. Die Traditionsfiguren der Urzelnzunft führten den Umzug – auch Parade genannt – an. Am Urzelntag schwirrten peitschenschwingende und schellenrasselnde Gestalten in zotteligen Kostümen und Furcht erregenden Masken in „Parten“ (Gruppen) durch die Straßen des früheren Marktfleckens. Sie traten als Beschützer und Begleiter beim „Laden forttragen“ vom alten zum neugewählten Gesellenvater auf und galten zugleich als Austreiber des Winters. 1689 wurde in Agnetheln, der Heimat der Urzeln, zum ersten Mal der „Mummenschanz der Zünfte“ erwähnt. Der Brauch hielt sich jahrhundertelang, wurde zeitweilig aber auch verboten. Von 1968 bis 1990 gab es regelmäßig zur Faschingszeit das traditionelle Urzellaufen. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung, die nicht zuletzt auf den Massenexodus der Sachsen nach Deutschland zurückzuführen ist, wurde die historisch gewachsene Kulturveranstaltung 2006/2007 in Agnetheln reaktiviert. Ausgewanderte siebenbürger

Sachsen wiederum, die in Sachsenheim im Kreis Ludwigsburg eine neue Heimat gefunden haben, organisieren seit 1994 jährliche Auftritte mit allen Brauchtumsfiguren der Zünfte. Der eingetragene Verein Urzelnzunft Sachsenheim hat sich der Erhaltung, der Pflege und Fortentwicklung der aus Agnetheln eingeführten Tradition des Urzelnlaufens verschrieben. Ein hervorragendes, grenzüberschreitendes Ereignis gab es im Jahre 2007, als rund 40 Urzeln zur Brauchtumsveranstaltung

Die Masken aus bemaltem Drahtgeflecht und Fellbesatz sollen böse Geister vertreiben

Mit lautem Peitschengeknalle wird der Winter ausgetrieben

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In Bonn-Niederholtorf haben die Agnethler eine 30köpfige Urzelgruppe für den „Zoch“ aufgestellt im Rahmen der „Kulturhauptstadt 2007“ nach Hermannstadt fuhren. Da die Beziehungen zwischen der Urzelnzunft Sachsenheim und jener von Agnetheln sehr gut sind, hat man beschlossen, jedes dritte Jahr zusammen zu laufen. 2010 wäre es dann wieder soweit. In Deutschland ziehen die Urzeln heute durch viele Städte – darunter Sachsenheim und Traunreut, Fürth und Geretsried, Herzogenaurach und Nürnberg sowie neuerdings auch in Bonn - in ihren traditionellen, zotteligen Kostümen („Häs“) und mit bemalter Maske aus feinem Drahtgeflecht. 30 Urzeln haben sich in diesem Jahr peitschenknallend und Krapfen verteilend am rheinischen Karnevalszug von Bonn-Niederholtorf beteiligt. Zur Gruppe gehörte auch Doris Hutter, stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Kulturreferentin der HOG Agnetheln und Geschäftsleiterin im Haus der Heimat Nürnberg, die sich für den Erhalt und die Weiterführung der siebenbürgischen Tradition engagiert einsetzt. Unter den Gästen auch das Agnetheln verbundene Ehepaar Ruth und Horst Fabritius, das sich privat wie publizistisch um den Erhalt des Urzelbrauchtums engagiert. In Anbetracht der jungen Frauen und Männer sowie nicht zuletzt der Kinder, die mit Begeisterung mitlaufen, muss sich wohl niemand um den Urzel-Nachwuchs Sorgen machen … Text und Fotos: Dieter Göllner

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Chronologie Mo | jeweils 19 bis 20.30 Uhr Tanzkreis für junge Spätaussiedler und Einheimische mit Genriyetta Khatjan Eichendorff-Saal (Siehe Seite 18)

Mo, 27.04. | 19 Uhr „Schlesien - Das Land und seine Geschichte“ Buchvorstellung mit Prof. Dr. Arno Herzig Konferenzraum (Siehe Seite 8)

Mi | jeweils 19 bis 20.30 Uhr Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-Westpreußen- Sudetenland Leitung: Iskra Ognyanova

bis 28.04. Ausstellung „Die große Flucht 1944/45 in grafischen Bildzeugnissen“ Ausstellungsraum

Do, 02.04., 14.05., 04.06. | jeweils 19.30 Uhr Offenes Singen mit Barbara Schoch Raum 412

Do, 30.04. | 19.30 Uhr „Auf gepackten Koffern? Überlegungen zur , Ankunft‘ der Vertriebenenverbände in der Bundesrepublik Deutschland“ Vortrag von PD Dr. Matthias Stickler Konferenzraum (Siehe Seite 7)

Di, 02.04. | 19 Uhr „Schiller und seine Zeit 1759 - 1805“ Vortrag von PD Dr. Winfrid Halder Konferenzraum (Siehe Seite 8) Mi, 08.04. | 19 Uhr Ausstellungseröffnung „Russland und Deutschland – zwei Heimatländer eines Volkes“– Fotoimpressionen aus Moskau Eichendorff-Saal Siehe Seite 11 Mi, 15.04.,06.05.,17.06. | jeweils 15 Uhr Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt Raum 311 Di, 21.4. | 19 Uhr „Sehnsucht nach der Diktatur? Die DDRMentalität und ihr Fortwirken im vereinten Deutschland“ Vortrag von Dr. Stefan Wolle VHS (Siehe Seite 4) Mi, 22.04. | 19 Uhr Botschaftergespräch S. E. Dr. Marek Prawda, Botschafter der Republik Polen „Polen und Deutschland, Partner mit spannungsreicher Vergangenheit“ Konferenzraum (Siehe Seite 5) Do, 23.04. | 19 Uhr „Der Mann, der die Tiere liebte.“ Bernhard Grzimek - Biografie Buchvorstellung mit Claudia Sewig Konferenzraum (Siehe Seite 17)

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bis 30.04. Ausstellung „Steingewordener Glaube“ – Kirchliche Architektur im Banat Foyer Eichendorff-Saal Di, 05.05. | 19 Uhr Ausstellungseröffnung „Die Sudetendeutschen eine Volksgruppe in Europa“ Ausstellungsraum (Siehe Seite 12) Do, 07.05. | 19 Uhr „Zeitenwende – Die politische Ereignisse des Frühjahrs 1989“ Vortrag von Prof. Dr. Hanns Jürgen Küsters Konferenzraum (Siehe Seite 5) Di, 12.05. | 10 Uhr Seminar für Multiplikatoren „Potentiale der Spätaussiedler als Basis für Integrationserfolge nutzen“ Eichendorff-Saal (Siehe Seite 18) Mi, 13.05. | 16 Uhr „Verborgene Geschichten sichtbar werden lassen“ – Schreibwerkstatt II mit Dr. Michael Zeller Konferenzraum (Siehe Seite 6) Fr. 22.05. | 20 Uhr „Verfasste Zeiten“ - Festveranstaltung 60 Jahre Grundgesetz In Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung und der LAGA NRW Veranstaltungsort: K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Ständehausstraße

1, 40217 Düsseldorf Di, 26.05. | 19 Uhr „Ich bin ohnmächtig gegen dieses Schicksal…“ Joseph Roth zum 70. Todestag Lesung mit Helmut Braun Konferenzraum (Siehe Seite 9) Mi, 27.05. | 15 Uhr Kinemathek „Die Legende vom heiligen Trinker“ nach Joseph Roth Konferenzraum (Siehe Seite 11) Do, 28.05. | 19 Uhr „60 Jahre Bundesrepublik Deutschland – eine Erfolgsgeschichte?“ Vortrag von Prof. Dr. Hans-Ulrich Wehler, Universität Bielefeld Saal (Siehe Seite 3) Mo, 08.06. | 19 Uhr „Wahlverwandtschaften: Die deutschpolnischen Beziehungen in Literatur und Politik“ Konferenzraum (Siehe Seite 6) Vom 10.06. bis 15.06. 2009 Studienfahrt „Die Wende 1989 - 20 Jahre Mauerfall“ (Siehe Seite 21) Mo, 15.06. | 17.30 Uhr „§ 96 Bundesvertriebenengesetz - Ein Förderauftrag an Bund und Länder“ Vortrag von Prof. Dr. Michael Silagi Konferenzraum (Siehe Seite 4) Mi, 17.06. | 19.00 Uhr Kinemathek „Serengeti darf nicht sterben“ von Bernhard Grzimek Konferenzraum (Siehe Seite 17) Do, 18.06. | 19 Uhr „Nicht mit Dir und nicht ohne Dich“ – Ingeborg Bachmann und Paul Celan Lesung mit Helmut Braun und Barbara Dommer Konferenzraum (Siehe Seite 10) Di, 30.06. | 15 Uhr Kinemathek „Mein Mann das Wirtschaftswunder“ mit Heinz Erhardt Konferenzraum (Siehe Seite 11)

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Vom 18.05. bis 23.05.2009

Impressum

Kulturpolitische Studienreise nach Böhmen und Mähren

Herausgeber: Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus. Deutsch-osteurpäisches Forum“

Die Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus“ veranstaltet vom 18.5. bis 23.5.2009 eine kulturpolitische Studienreise nach Böhmen und Mähren. Im Mittelpunkt dieser Reise stehen die Kultur, Geschichte und Traditionen der jeweiligen Regionen sowie deren Sehenswürdigkeiten. Geplant sind Begegnungen mit Vertretern der Deutschen Minderheit in Brünn und Reichenberg. Stationen der Reise sind

Geöffnet

Gablonz, Königgrätz, Olmütz, Brünn, Prag, Theresienstadt, Melnik und weitere. Der Preis für die Reise beträgt 729 € im Doppelzimmer mit Halbpension. Einzelzimmerzuschlag 140,00 €. Information und Anmeldung im Gerhart-Hauptmann-Haus unter Tel.: 0211-1699118 oder im Internet unter www.g-h-h.de.

Servicezeiten der Verwaltung Mo-Do 8 - 12.30 ● 13 - 17 Uhr Fr 8 - 14 Uhr Servicezeiten der Bibliothek Mo-Mi 10 - 12.30 ● 13.30 - 17 Uhr Do 10 - 12.30 ● 13.30 - 18.30 Uhr

Viele weitere Informationen über das Gerhart-Hauptmann-Haus und zu den im Heft behandelten Themen finden Sie - rund um die Uhr - auch im Internet unter www.g-h-h.de.

Das „West-Ost-Journal“ erscheint vierteljährlich. Heftpreis: 2,50 € Abo-Bezugsmöglichkeit durch die nebenstehende Bestellkarte zum Jahresbezugspreis von 6,50 €

Vorsitzender des Vorstandes: Konrad Grundmann Bismarckstr. 90 40210 Düsseldorf Postanschrift: Postfach 10 48 61 40039 Düseldorf Telefon: (02 11) 16 99 10 Telefax: (02 11) 35 31 18 Mail: bergmann@g-h-h.de Internet:www.g-h-h.de

Redaktion: PD Dr. Winfrid Halder, Chefredakteur, Dirk Urland M.A. Satz und Layout: Markus Patzke Herstellung: Rautenberg Druck, Rautenberg Druck GmbH, Blinke 8, 26789 Leer/Ostfriesland

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Anzeigenpreise: Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1. Dezember 1997 Anzeigenannahme: „Gerhart-Hauptmann-Haus“

Also - Schon entschlossen? Dann: Bestellkarte ausfüllen und noch heute einsenden

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Antwortkarte Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus Deutsch-Osteuropäisches Forum Postfach 10 48 61 40039 Düsseldorf

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Vorsitzender des Kuratoriums: Reinhard Grätz

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Absender: Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus“ Postfach 10 48 61 40039 Düsseldorf Postvertriebsstück Entgelt bezahlt G 9353 F

Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus“ - Bismarckstr. 90 - 40210 Düsseldorf - Postvertriebsstück Entgelt bezahlt G 9353 F

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um wiederholten Mal war Arno Surminski Ende Januar Gast der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus. Er gehört zu den bekanntesten deutschen Schriftstellern aus Ostpreußen. Bei seinem jüngsten Besuch stand sein neuestes Werk, die Novelle „Die Vogelwelt von Auschwitz“ im Mittelpunkt von Lesung und Diskussion vor einem interessierten Düsseldorfer Publikum. Die Novelle beruht zum Teil auf Tatsachen. Die „Jüdische Zeitung“ nannte Surminskis Buch „ein erschreckend hellsichtiges Gleichnis“, die „Westfälische Rundschau“ lobte seinen „vortrefflichen Erzählstil“, die „Lausitzer Rundschau“ seine „immense Sprachkraft“. Die Lesung fand bewußt am internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus statt.

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Unser Titelblatt zeigt in einer Collage wichtige Stationen und Persönlichkeiten der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören Konrad Adenauer und Willy Brandt, das Grundgesetz und die Charta der deutschen Heimatvertriebenen, aber ebenso auch Rudi Dutschke und die Einführung des Euro.

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