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WOJ 16. Jg. - 1/2010

Januar/Februar/März 2010

ISSN 0947-5273

40 Jahre „Neue Ostpolitik“ Wendepunkte in der Geschichte


Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Inhalt Verantwortung aus Tradition

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„Uhren auf Schienen“

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„Wir sind durch die Hölle gegangen“

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„Königsberger Küsse“

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Die Deutschen und ihre Nachbarn – Tschechien

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Die „Neue Ostpolitik“ der Regierung Brandt / Scheel seit 1969 7 Georg Forster (1754-1794) – Weltreisender und Revolutionär aus Westpreußen

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Cook und die Entdeckung der Südsee 9 „… gegen einen Geist der Enge, der Überheblichkeit, der Intoleranz“ 10 Die Vertriebenenverbände und die Neue Ostpolitik

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Fahrt in das Preußen-Museum Wesel

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Ernst Oldenburg 1914 - 1992

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„Ost-West-Begegnungen in Krieg und Frieden“ 13 Karl Leo Herbert Guttmann: „Ostpreußische Impressionen“

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Kinemathek

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Gerhart Hauptmann-Tage 2010

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Gelebte Partnerschaft

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Ausstellung: „MACHTUrlaub“ Das Dokumentationszentrum Prora auf Rügen

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Nordrhein-Westfalen in Oberschlesien

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Spurensuche in St. Petersburg

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Eine Reise nach Czernowitz

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Der SED-Staat und die Vertriebenen

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Bibliothek

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Impressum

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im letzten knappen halben Jahr, in dem sie sich an die Macht zu klammern vermochten, erreichte das mörderische Treiben Hitlers und seiner Helfer einen letzten grausigen Höhepunkt. Während der Völkermord an den europäischen Juden und anderen Menschen in den Konzentrationslagern und anderwärts weiterging, versuchten die NS-Machthaber zudem, möglichst viele ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Gegner zu vernichten. So ereignete sich in den ersten Monaten des Jahres 1945 eine beispiellose Gewaltorgie, die ungezählte weitere Opfer forderte – zu einem Zeitpunkt, da nichts klarer war, als dass der von Deutschland begonnene Krieg längst verloren war. Im Frühjahr 1945 starben infolgedessen auch zahlreiche Männer und Frauen, deren Heimat östlich von Oder und Neiße jetzt den schrecklichsten Preis für die Untaten des NS-Regimes zu zahlen hatte. Darunter waren nicht zuletzt Carl Friedrich Goerdeler (geboren 1884 in Schneidemühl/Posen), Dietrich Bonhoeffer (geboren 1906 in Breslau/Schlesien) und Helmuth James von Moltke (geboren 1906 in Kreisau/Schlesien). Somit jähren sich heuer ihre Todestage zum 65. Mal – Grund genug, einmal mehr an die wichtigsten Köpfe des „anderen Deutschland“ aus dem historischen deutschen Osten zu erinnern. Wir beginnen gleich im Januar 2010 mit dem ersten Beitrag zu einer Vortragsreihe, die sich unter dem Titel „Profile des Widerstandes aus dem historischen deutschen Osten“ über das ganze Jahr erstrecken wird. Sie wird von Prof. Dr. Günter Brakelmann, der über den von ihm in einer großen Studie gewürdigten Helmuth James von Moltke sprechen wird, von einem außergewöhnlich kompetenten und prominenten Referenten eröffnet (vgl. S. 10). Wir werden darüber hinaus auch aber andere bedeutende Erinnerungsdaten hervorheben – eine selbstverständliche Dankespflicht gebietet es etwa, das vielfältige, Nordrhein-Westfalen über Jahrzehnte mitprägende Wirken von Staatsminister a. D. Konrad Grundmann zu beleuchten. Dieser hat – neben vielen anderen politischen Aufgaben in seinem Leben – bis zu seinem Tod im Mai 2009 fast 20 Jahre lang die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden unserer Stiftung wahrgenommen (vgl. S. 3). Vor 40 Jahren begann die Umsetzung der „Neuen Ostpolitik“ durch die kurz zuvor gewählte neue Bundesregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Außenminister Walter Scheel (FDP). Im Zusammenhang mit dem Abschluß der Verträge von Moskau (August 1970) und Warschau (Dezember 1970) begann eine der heftigsten Auseinandersetzungen um das Für und Wider des eingeschlagenen außenpolitischen Kurses in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland überhaupt. In einer ebenfalls als Reihe angelegten Vortragsfolge sollen die damals konträren Positionen aus einer heute grundlegend veränderten deutschen und europäischen Perspektive beleuchtet werden. Wir starten im ersten Quartal 2010 mit den beiden ersten einschlägigen Beiträgen (Prof. Faulenbach zu den konzeptionellen Ursprüngen der Neuen Ostpolitik, Dr. Stickler zur damaligen Haltung der Vertriebenenorganisationen, vgl. S. 11). Wie immer ist es an dieser Stelle nicht möglich, die gesamte Bandbreite unseres Angebots vorzustellen – sie reicht diesmal von der Beschäftigung mit dem 1754 in Westpreußen geborenen Georg Forster, der zwischen 1772 und 1775 auf dem Schiff des berühmten Entdeckers James Cook die Welt umsegelte (vgl. S.8/9) bis zur politischen Gegenwart. Viel Interessantes und Spannendes wartet auf Sie auch im neuen Jahr 2010 – für das wir Ihnen noch alles Gute und viele Besuche im Gerhart-Hauptmann-Haus wünschen!

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Kolloquium

Mi, 08.01. | 15 Uhr

Verantwortung aus Tradition Gedenkkolloquium für Konrad Grundmann (1925-2009) Am 08. Januar 2010 wäre Staatsminister niemals zu trennen war. Denn er stammte a. D. Konrad Grundmann 85 Jahre alt ge- aus einem streng katholischen Elternhaus worden. Das war ihm nicht vergönnt, da er und erhielt hier die lebenslange Prägung, am 29. 05. 2009 nach längerer Krankheit die sein Handeln bestimmte. Der Arbeiverstorben ist. Der Geburtstag ist gleich- terhaushalt, in den Konrad Grundmann wohl Anlaß, die politische Lebensleistung hineingeboren wurde, war neben der Konrad Grundmanns einer eingehenden Anhänglichkeit gegenüber der katholiWürdigung zu unterziehen. schen Kirche gebunden an die christliche Das ist nicht allein Teil einer Dankes- Gewerkschaftsbewegung und auch den schuld, welche die Stiftung Gerhart- politischen Katholizismus. FolgerichHauptmann-Haus tig wandte sich der zu erbringen hat – blutjunge, schwer freilich wöge nur verwundete und diese schon schwer dauerhaft gesundgenug. Denn Grundheitlich geschädigte mann hat sich für Kriegsheimkehrer die Stiftung, die von Grundmann schon der nordrhein-west1946 der gerade gefälischen Landesgründeten CDU zu. regierung im Jahre Und hier kommt der 1957 als „Stiftung zweite gewichtige Haus des deutschen Grund für die vorOstens“ gegründet liegende Veranstalwurde, gewissermatung ins Spiel: Konßen von der ersten rad Grundmann hat Stunde an unablässig wie wenige andere und nachdrücklich fast seit der Grüneingesetzt, zuletzt dung des Landes zwei Jahrzehnte lang an den Geschicken als VorstandsvorsitNordrhein-Westfazender. Und zwar lens Anteil gehabt. ohne dass er, der Er gehörte bereits Konrad Grundmann als Redner einer Krefelder war und seit 1954 dem daDGB-Kundgebung zum 1. Mai 1981 Rheinländer durch mals dritten nordund durch, persönrhein-westfälischen lich eine konkrete biographische Bezie- Landtag an und blieb für annähernd drei hung zum Thema Flucht und Vertreibung Jahrzehnte Mitglied des Landesparlaaus dem historischen deutschen Osten mentes. Schon 1959 rückte der damals gehabt hätte. Grundmann übernahm für erst 34-Jährige als Minister für Arbeit die Arbeit der Stiftung Verantwortung, und Sozialordnung in das Kabinett von und das ist ein Stück weit kennzeichnend Ministerpräsident Franz Meyers (CDU) für seine politische Grundhaltung, weil er auf und leitete dieses Ressort bis zum dies unter sozialen Gesichtspunkten für Ende der Ära Meyers im Jahre 1966. Auch geboten hielt. Die schwierige Lage von in diversen Parteiämtern hat Grundmann mehr als zwei Millionen Flüchtlingen vor und nach seiner Zeit als Minister mit und Vertriebenen, welche seit 1945 allein dazu beigetragen, wichtige landespolitiin das neu geschaffene Land Nordrhein- sche Weichenstellungen zu vollziehen. Westfalen geströmt waren, die war schon Die Würdigung der politischen Leistung dem jungen Sozialpolitiker Grundmann Konrad Grundmanns reflektiert also nicht sehr bewusst. zuletzt auch ein gewichtiges Stück LanVerantwortung war zweifellos ein zentra- desgeschichte. ler Begriff im politischen Credo Grund- Die einzelnen Beiträge stellen aus untermanns, das von seinem religiösen Credo schiedlichen Perspektiven verschiedene

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Seiten des Wirkens Konrad Grundmanns in den Mittelpunkt. Staatsminister a. D. Gerd Ludwig Lemmer kann aus intimer Kenntnis der Arbeitsverhältnisse in der Regierung Meyers über den Ministerkollegen Grundmann berichten, mit dem er zwischen 1962 und 1966 gemeinsam am Kabinettstisch saß. Dr. Stefan Marx und Dr. Guido Hitze haben sich als Historiker mit Teilen der politischen Biographie Grundmanns intensiv auseinandergesetzt. Reinhard Grätz hat als langjähriger sozialdemokratischer Landtagsabgeordneter und auch Gremienmitglied der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus Grundmann aus seiner persönlichen Perspektive gleichfalls über viele Jahre beobachten können.

Programm 15 Uhr Eröffnung und Begrüßung: Helmut Harbich (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus) 15.15 Uhr Grußwort: Staatssekretärin Dr. Marion Gierden-Jülich, Ministerium für Generationen, Famile, Frauen und Integration NRW 15.30 Uhr Arbeiten im Kabinett Franz Meyers – ein Erfahrungsbericht: Staatsminister a. D. Gerd Ludwig Lemmer (Remscheid) 16 Uhr Konrad Grundmann als Arbeits- und Sozialminister: Schwerpunkte seines Wirkens: Dr. Stefan Marx (Konrad-AdenauerStiftung, St. Augustin) 16.30 Uhr Landesvorsitzender im Übergang – Konrad Grundmann als Parteichef der CDU Rheinland: Dr. Guido Hitze (Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf) 17 Uhr Impressionen von einer anderen Seite: Reinhard Grätz (WDR-Rundfunkratsvorsitzender und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus) 17.30 Uhr Neujahrsempfang der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (Persönliche Anmeldung bis zum 03. 01. 2010 erforderlich. Postalisch, via e-mail unter bittenbinder@g-h-h.de oder telefonisch unter 0211/1699114)

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Lesung

Mi, 10.03. | 19.15 Uhr

„Uhren auf Schienen“ Ana Blandiana und Franz Hodjak lesen aus dem neuen Gedichtband der rumänischen Lyrikerin Ich hörte Ana Blandiana sei „die große Dame“ der rumänischen Lyrik. Sie sei, wenn auch spät, mit totalem Publikationsverbot belegt worden, politisch engagiert und leite gemeinsam mit ihrem Mann eine Gedenkstätte für die Opfer aus der Zeit der Diktatur in Rumänien. Zumindest zwei dieser spärlichen Informationen sind korrekt. Mit Publikationsverbot wurde Ana Blandiana durch das

Ana Blandiana

rumänische Regime häufiger belegt und auch ihr Vater, ein orthodoxer Priester und Lehrer, wurde durch die Staatsmacht verfolgt, inhaftiert und nach seiner Freilassung durch einen arrangierten Autounfall ermordet. Das hat das Leben der Dichterin entscheidend geprägt. Nach einigem Suchen finden sich Besprechungen und auch eine informative und umfangreiche Homepage der Dichterin im Internet. Ich lese: „Ana Blandiana ist nicht nur Lyrikerin, sie ist eine rumänische Kulturinstitution. Obwohl sie bis 1988 zu den am meisten gelesenen Autoren gehörte, mit einer Position im offiziellen Kulturbetrieb, mit Auslandsreisen, Preisen und fester Kolumne, war ihr Werk durchaus nicht staatstragend. … 1988 wurde sie mit völligem Publikationsverbot belegt; einzig ein Gedichtband konnte ein Jahr

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später erscheinen. Ihre Lyrik machte nicht die himmelschreienden Missstände des CeauşescuRegimes zum Thema, sondern das, was sie subjektiv auslösten: Entfremdung, Ich-Verlust, Angst. Und sie bedient sich dabei oft einer nur scheinbar harmlosen Naturmetaphorik. Ihre Lyrik ist von täuschender Sanftheit; Schärfe gewinnt sie durch eigenwillige metaphorische Kombinationen, die sich zu vielschichtigen Gedankengebäuden fügen. Profanität und die Göttlichkeit verbinden sich in Ana Blandianas Lyrik zu überzeugender Harmonie. Es wurde über die Dichterin oft gesagt, dass ihre Lyrik eng an ihre soziale Biografie geknüpft sei. Das mag stimmen; aber es bedeutet doch nur, dass sie mit Mitteln der Poesie die Bedingungen der menschlichen Existenz am eigenen Beispiel reflektiert: unhermetisch, aufrichtig und subjektiv; dabei aber zu distanziert, um naiv zu wirken.“ Dies Poem Dies Poem gibt es bloß, solange du es liest: Zum nächsten Mal, wenn du es liest, wird es ein anderes sein, weil auch du ein anderer geworden bist, und es wird, selbstverständlich, etwas anderes sein, wenn ein anderer es liest. Die Homepage der Dichterin enthält auch Daten zu ihrer Biografie. 1942 wurde sie in Timişoara geboren. Ihr Vater war orthodoxer Priester; sie ist verheiratet mit Romulus Rusan. Ana Blandiana studierte Romanische Philologie an der Universität Cluj. Sie war lange Jahre als sehr erfolgreiche Schriftstellerin in Rumänien tätig, ihr Werk wurde auch im europäischen Ausland verbreitet. Wegen ihres bürgerschaftlichen Engagements wurde sie 1988 zur „Unperson“. Sie erhielt Publikationsverbot, ihre Bücher wurden aus den Bibliotheken entfernt, ihre Texte durften in den Schulen nicht mehr gelesen werden. Nach der Revolution in Rumänien war

Franz Hodjak Ana Blandiana u.a. eine der Initiatoren der Bürger-Allianz und leitete die Stiftung Bürgerakademie. Zusammen mit ihrem Ehemann initiierte und leitet sie die Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus im ehemaligen Gefängnis Sighet und das angeschlossene Zentrum für Studien über den Kommunismus in Bukarest. Das Dichten hat Ana Blandiana bei allem politischen Engagement nicht vernachlässigt. Ihr Werk, das neben der Lyrik auch Erzählungen und Romane, Texte für Kinder, Essays und Hörspiele umfasst, ist kontinuierlich weiter gewachsen und hat ihren Ruf als herausragende Poetin bestätigt und gefestigt. Ihr fünfter Gedichtband ist soeben in Deutschland erschienen: „Uhren auf Schienen“. Aus diesem zweisprachigen Buch liest die Lyrikerin hier im GerhartHauptmann-Haus ihre rumänischen Gedichte, eine Auswahl aus Texten, die in den letzten Jahren entstanden sind. Begleitet wird sie von ihrem kongenialen Übersetzer, dem Lyriker und Romancier Franz Hodjak, der ihre Gedichte übertragen – im besten Sinne „nachgedichtet“ – hat. Ob seiner Lyrik und Prosa und auch ob seiner Übertragungen aus dem Rumänischen wird Franz Hodjak von der Kritik hoch gelobt. Ebenso wie Ana Blandianas Werk ist auch sein Werk mit vielen Preisen ausgezeichnet und aus seiner Biografie ergibt sich die besondere Sensibilität für die Gedichte der Dichterkollegin. Er wird seine deutschen Übertragungen der Gedichte der Lyrikerin lesen. Helmut Braun

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Lesungen

Do, 18.02. | 19.15 Uhr

„Wir sind durch die Hölle gegangen“ Ingeborg Jacobs stellt ihr Buch „Freiwild. Das Schicksal deutscher Frauen 1945“ vor Als im Jahre 1959 erstmals in deutscher Sprache das Buch „Eine Frau in Berlin“ von einer bewusst ihre Anonymität wahrenden Autorin veröffentlicht wurde, blieb es in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit nahezu ohne Resonanz. Zu brisant war das noch immer tabuisierte Thema der Massenvergewaltigungen durch Angehörige der Roten Armee, nachdem diese 1944/45 auf das Territorium des Deutschen Reiches vorgedrungen war. Die autobiographische Erzählung einer Frau, die die Eroberung Berlins im Frühjahr 1945 und die folgenden Ausschreitungen gegen Zivilpersonen selbst miterlebt hatte, wurde erst im Jahre 2003 erneut publiziert – und erzielte eine ungeahnt breite Wirkung. Der gerade durch seine lakonische Nüchternheit erschütternde Text wurde in fast allen wichtigen Medien der Tagespresse besprochen und ebenso beinahe einhellig als enorm bedeutsames zeitgeschichtliches Dokument eingeschätzt. Um die Identität der Verfasserin rankte sich bald eine Debatte, in der auch versucht wurde, die Authentizität der Schilderungen der „Anonyma“ in Frage zu stellen. Den Wahrheitsgehalt des Buches zu erschüttern ist freilich nicht gelungen – zu zahlreich waren inzwischen ähnliche Zeugnisse von anderer Seite. Viele Frauen haben mittlerweile das teilweise jahrzehntelang andauernde Schweigen gebrochen und von ihren Leiden berichtet. Die Tatsache der massenhaft begangenen Gewaltverbrechen von Teilen der Roten Armee an Deutschen wie auch Zivilpersonen anderer Nationalität stellt heute niemand mehr ernsthaft in Abrede. Die wissenschaftliche Diskussion rankt sich nicht um das Ob, sondern um das Warum – um die Gründe also für die Breite des Gewaltphänomens gegenüber denen, die das Kriegsvölkerrecht als „Nicht-Kombattanten“ bezeichnet und die es ausdrücklich unter seinen Schutz stellt. Die historisch-sozialwissenschaftliche „Täterforschung“ zählt seit einiger Zeit, vor allen bezogen auf die von Massenverbrechen gekennzeichneten totalitären Regime des 20. Jahrhunderts, zu den am intensivsten behandelten Themen.

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Die Autorin Ingeborg Jacobs hat sich einfühlsam den Opfern von damals zugewandt und zahlreiche Gespräche mit Betroffenen geführt. Bereits seit Beginn der 1990er Jahre hat sich die 1957 in Solingen geborene Publizistin und Dokumentarfilmerin mit dem Thema auseinandergesetzt – angeregt durch das Schicksal einer Frau aus der Nachbarschaft, deren furchtbares Erleben damals kaum jemanden interessierte. Als Ursula Jacobs dann für einige Jahre in der kurz vor ihrem Untergang stehenden Sowjetunion lebte und arbeitete, lernte sie auch Veteranen der Roten Armee kennen. Die Erinnerung an deren teils offenherzige Gespräche über ihre Erlebnisse in Deutschland ließ sie gleichermaßen nicht mehr los. In der Folgezeit hat Ursula Jacobs mit über hundert Frauen gesprochen. Deren Berichte wurden zur Grundlage des vorliegenden Buches. Die befragten Zeuginnen stammen aus Schlesien, Ostpreußen (besonders Königsberg), Pommern, Mecklenburg und Berlin. Nach der regionalen Herkunft ist der eindrückliche Band, den die Autorin an diesem Abend vorstellt, auch gegliedert. Er schafft „Einblick in ein Trauma, das bis heute nicht bewältigt ist“ (Die Welt). Ergänzend zur Buchvorstellung zeigen wir

im Rahmen der Kinemathek den 2007/08 gedrehten Spielfilm „Anonyma – Eine Frau in Berlin“ auf der Grundlage des erwähnten gleichnamigen Buches (siehe Seite 15). Vorankündigung: Am 01. 10. 2010 referiert der international renommierte Experte Prof. Dr. Michael Ermann (LudwigMaximilians-Universität München) über die psychischen (Spät-)Folgen für Menschen mit einer „Kriegskindheit“. Prof. Ermann hat jahrelang ein entsprechendes Forschungsprojekt an der Münchner Universität geleitet. Winfrid Halder

Di, 26.01. | 19.15 Uhr

„Königsberger Küsse“ Alfons Huckebrink stellt seinen neuen Roman vor Deutsche Vergangenheit und russische Gegenwart: Das ist das Thema des neuen Romans des Münsteraner Autors Alfons Huckebrink. Der Roman einer Reise nach Königsberg begleitet den Protagonisten der Geschichte, der sich - auf den Spuren eines Arztes der napoleonischen Armee beim Rückzug aus Moskau - in Königsberg aufhält. Huckebrink vermischt dabei fiktive Ereignisse mit real Erlebtem und taucht dabei tief in Geschichte

und Gegenwart Königsbergs ein. Bereits im Bus nach Kaniningrad begegnet der Romanheld Valentina, einer jungen Russin, mit der er sich dann gemeinsam auf Spurensuche begibt. Huckebrink zeichnet ein lebendiges und detailreiches Bild der Stadt damals und heute. Der 55-jährige Autor stellt seinen neuen Roman vor, der durch ein Reisestipendium des Auswärtigen Amtes gefördert wurde. Markus Patzke

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Buchvorstellung

Di, 02. 03. | 19.15 Uhr

Die Deutschen und ihre Nachbarn – Tschechien Buchvorstellung mit Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann Deutsche und Tschechen sind seit Jahrhunderten durch ein nicht selten spannungsreiches Nachbarschaftsverhältnis miteinander verbunden. Wie aktuell immer noch Probleme der deutsch-tschechischen Vergangenheit sind, hat erst jüngst der vom derzeitigen tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus im Zusammenhang mit der Ratifizierung des EU-Vertrages von Lissabon gesteuerte Kurs gezeigt. Die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Deutschen hier und Tschechen dort – und umgekehrt – gehören also auch im Zeichen des vereinten Europa keineswegs vollständig der Vergangenheit an. Umso wichtiger sind Bücher, die auch Lesern mit nicht allzu breiten Vorkenntnissen dazu verhelfen, die europäischen Partner jenseits der innerhalb der EU kaum noch wahrnehmbaren Grenzen der Bundesrepublik kennen- und verstehen zu lernen. Der Band, den sein Autor Hans Dieter Zimmermann vorstellen wird, gehört zweifellos zu diesen nützlichen „kleinen“ Büchern. Auf rund 200 Seiten erhält man hier einen komprimierten, dennoch gut lesbaren und farbigen „Grundkurs“ zur

Geschichte und Kultur Tschechiens – angereichert durch Bilder und einige Einschübe zu besonders wichtigen Begriffen und Personen, mit denen der Leser knapp bekannt gemacht wird. Wer nicht gleich eine ganze Bibliothek lesen kann oder will und trotzdem einen hervorragenden Einblick in die historische und kulturelle Existenz unserer tschechischen Nachbarn haben möchte, ist mit diesem Band bestens versorgt. Der Band schließt die erfolgreiche, von Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker herausgegebene Reihe des C. H. Beck Verlages „Die Deutschen und ihre Nachbarn“ ab. Neben den Bänden zu west- und südeuropäischen Ländern liegen bereits die Bücher über Russland und Polen vor, die mit Gerd Ruge und Thomas Urban ihrerseits renommierte Autoren haben. Der nunmehr von Hans Dieter Zimmermann beigesteuerte Tschechien-Band rundet die Reihe nicht allein „nach Osten“ ab. Er stammt vielmehr auch aus der Feder eines versierten Autors, der Tschechien seit Jahrzehnten intensiv kennt – als Wissenschaftler und

Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann

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als Mensch, der in Prag eine Art zweite Heimat gefunden hat. Hans Dieter Zimmermann wurde 1940 in Bad Kreuznach geboren. Er hat Literaturwissenschaft, Geschichte und Philosophie in Mainz und Berlin studiert. Danach zeitweilig als Journalist tätig, wurde er 1969 Sekretär der Abteilung Literatur bei der Akademie der Künste in (West-)Berlin. Seit Beginn der 1970er Jahre unterhielt er Kontakte zur Dissidentenszene in Prag. Ende 1973 wurde er auf dem Prager Flughafen verhaftet und mit einem Einreiseverbot in die damalige ČSSR belegt, das erst zehn Jahre später wieder aufgehoben wurde. Seither hat er wieder ungezählte Reisen nach Tschechien unternommen; er ist mit einer gebürtigen Pragerin verheiratet. Von 1975 bis 1987 war Hans Dieter Zimmermann Professor für neuere deutsche Literatur an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität in Frankfurt am Main. 1987 wurde er auf eine Professur für Literaturwissenschaft an der TU Berlin berufen, diesen hatte er bis zu seiner Emeritierung im Herbst 2008 inne. Hans Dieter Zimmermann hat eine Vielzahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen vorgelegt, unter anderem auch über das Werk Franz Kafkas und Rainer Maria Rilkes. Er fungierte (gemeinsam mit Peter Demetz und Jiři Gruša) als geschäftsführender Herausgeber der 33 Bände umfassenden „Tschechischen Bibliothek“. Die im Jahre 2007 nach zehn Jahren abgeschlossene Reihe, die von der Robert-Bosch-Stiftung gefördert wurde, hat wesentlich dazu beigetragen, deutschen Leserinnen und Lesern die tschechische Gegenwartsliteratur näher zu bringen. Winfrid Halder

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Vortrag

Do, 21.01. | 19.15 Uhr

Die „Neue Ostpolitik“ der Regierung Brandt / Scheel seit 1969 – Konzeptionelle Entwicklung und erste Umsetzungsphase Vortrag von Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Ruhr-Universität Bochum Noch vor der Bildung einer neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Außenminister und Vizekanzler Walter Scheel (FDP) Ende Oktober 1969 wurden die Weichen für einen außenpolitischen Neuansatz der Bundesrepublik gestellt. Die Regierung Brandt/Scheel, gestützt von der ersten sozialliberalen Koalition in der bundesdeutschen Geschichte, war von vornherein bestrebt, vor allem in die seit langem im Zeichen des Kalten Krieges erstarrten Beziehungen zu den ostmitteleuropäischen Staaten Bewegung zu bringen. Dies sollte freilich nicht im Alleingang versucht werden, vielmehr sollte die außenpolitische Kurskorrektur auch in den weiteren Rahmen der westlichen „Entspannungspolitik“ eingepasst sein. Mit dieser wurde der Versuch unternommen, die Brisanz der Systemkonkurrenz zwischen den auch nuklear hochgerüsteten Machtblöcken, unter Führung der USA einerseits und der Sowjetunion andererseits, zu entschärfen. Das was nunmehr als „Neue Ostpolitik“ bezeichnet wurde, war vor allem in der SPD seit längerem vorbereitet worden. Egon Bahr, außenpolitischer Berater Willy Brandts und seit der Regierungsbildung unter diesem Staatssekretär im Bundeskanzleramt, hatte bereits seit Beginn der 1960er Jahre entsprechende Überlegungen angestellt. So wurden sehr schnell, nämlich schon im Frühjahr 1970 – also vor nunmehr 40 Jahren – Gespräche zunächst mit der Sowjetunion und der damaligen Volksrepublik Polen zu einer Neubestimmung der gegenseitigen Beziehungen aufgenommen. Ebenfalls noch in diesem Jahr erfolgte die Unterzeichnung der beiden ersten Verträge, des Moskauer Vertrages (12. August 1970) und des Warschauer Vertrages (07. Dezember 1970). Die Auseinandersetzung um das Pro und Contra vor allem der mit den Vertragsabschlüssen verbundenen faktischen (nicht aber abschließend völkerrechtlichen) Anerkennung der polnischen Westgrenze entlang der 1945 von den Besatzungs-

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mächten gezogenen Oder-Neiße-Linie geriet zu einer der überhaupt heftigsten Kontroversen im Deutschen Bundestag und weit darüber hinaus. In Anbetracht der ohnehin knappen Stimmverhältnisse im Bundestag und des bis in die Koalitionsfraktionen hinein reichenden Meinungsstreits drohte der Regierung Brandt/ Scheel zeitweilig der Verlust der parlamentarischen Mehrheit. Sie überstand im April 1972 nur äußerst knapp das erste konstruktive Misstrauensvotum in der Geschichte der Bundesrepublik. Um wie-

Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Ruhr-Universität Bochum der zu einer wirklich handlungsfähigen Regierungsmehrheit zu gelangen, führte der im Jahre 1971 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Bundeskanzler Willy Brandt im September 1972 eine Auflösung des Bundestages herbei. Beim folgenden Wahlkampf vor der Wahl zum 7. Deutschen Bundestag stellte die Neue Ostpolitik ein zentrales Thema dar. Als am 19. November 1972 gewählt wurde, wurde mit 91,1 % die bislang in der Geschichte der Bundesrepublik höchste Wahlbeteiligung erzielt (im September 2009 wurde mit 70,7 % demgegenüber die bisher niedrigste Beteiligung bei einer Bundestagswahl verzeichnet). Vor allem die SPD, die mit 45,8 % der abgegebenen Stimmen ihr nach wie vor bestes Ergebnis auf Bundesebene erzielte, ging deutlich gestärkt aus der Wahl hervor. Da auch der Koalitionspartner FDP erhebliche Stimmengewinne erzielen konnte (auf

Willy Brandt und Rainer Barzel im Deutschen Bundestag am 27.04.1972 8,4 % der abgegebenen Stimmen), konnte die wiedergewählte Regierung Brandt/ Scheel ihre vom Wahlvolk mehrheitlich unterstützte Politik fortsetzen. Der Referent des Abends, Prof. Dr. Bernd Faulenbach, wird die Entstehungshintergründe, die konzeptionelle Entwicklung und die erste Umsetzungsphase der Neuen Ostpolitik nachzeichnen und analysieren. Prof. Faulenbach ist stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts Arbeit, Bildung, Partizipation an der RuhrUniversität Bochum. Er lehrt seit vielen Jahren an dieser Hochschule Neuere und Neueste Geschichte und ist durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen als Experte vor allem für die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts ausgewiesen. Unter anderem war er Mitherausgeber des Bandes „Zwangsmigration in Europa. Zur wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzung um die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten“ (Essen 2005). Er hat in verschiedenen Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages mitgewirkt und zahlreiche Beratungsfunktionen bei Museen und anderen wissenschaftlichen Institutionen wahrgenommen. Bernd Faulenbach ist darüber hinaus Vertrauensdozent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie Vorsitzender der Historischen Kommission beim Parteivorstand der SPD.Winfrid Halder In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Düsseldorf - Vortragsreihe Neue Ostpolitik – 40 Jahre danach: Eine kritische Bilanz Teil I

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Vortrag/Exkursion

Do, 11.02. | 19.15 Uhr

Georg Forster (1754-1794) – Weltreisender und Revolutionär aus Westpreußen Vortrag von PD Dr. Winfrid Halder Zu seiner Zeit war Georg Forster eine Berühmtheit – konnte er doch für sich in Anspruch nehmen, dass kaum ein anderer Mensch so viel von der Welt gesehen hatte wie er. Dabei war dies dem jungen Forster nicht unbedingt in die Wiege gelegt, denn er wurde am 27. November 1754 als Kind eines Pfarrers in dem kleinen Ort Nassenhuben (heute Mokry Dwor) unweit von Danzig geboren. Freilich genügte die dürftige Pfarrstelle dem Ehrgeiz seines Vaters, Johann Reinhold Forster, nicht. Der 1729 in Dirschau geborene Vater Forster hatte zwar in Halle an der Saale Theologie studierte, jedoch schon während des Studiums ausgeprägte naturwissenschaftliche Interessen verfolgt. Auch als Pfarrer ging er seinen wissenschaftlichen Neigungen nach, was sich nicht zuletzt darin niederschlug, dass er

das vorhandene kleine Familienvermögen und die Pfarreinkünfte zur Anschaffung einer beachtlichen Bibliothek verwendete, während seine Frau händeringend um die Ernährung der insgesamt sieben Kinder bemüht war. Deren ältestes, der Sohn Georg, war ein aufgewecktes, ebenso wie der Vater vielseitig interessiertes Kind. Reinhold Forster unterrichtete seinen Ältesten bald selbst und bezog ihn frühzeitig als Gehilfen in seine weitgespannten Forschungen ein. Als Zehnjähriger reiste Georg Forster auf diese Weise 1765 mit seinem Vater nach Russland, genauer an die Wolga. Dort sollte Reinhold Forster im Auftrag von Zarin Katharina II. einen Bericht über die Lage der in der Region seit einiger Zeit angesiedelten deutschen Kolonisten verfassen. Daneben betrieb er weiterhin umfassende Studien zu naturwissenschaft-

Johann Reinhold Forster and Georg Forster in Tahiti, J. F. Rigaud, 1780

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Georg Forster um 1785, Gemälde von J. H. W. Tischbein lichen Fragen. Als sich die Hoffnungen des älteren Forster auf eine dauerhafte Forscherund Universitätskarriere im Zarenreich zerschlagen hatten und er erfuhr, dass er seine Pfarrstelle infolge seiner überlangen Abwesenheit inzwischen verloren hatte, ging er 1766 nach Großbritannien – neuerlich in Begleitung seines ältesten Sohnes. In London konnte Reinhold Forster seinen Ruf als universell ausgerichteter, kenntnisreicher und viele Sprachen beherrschender Naturforscher festigen. Als die britische Admiralität im Jahre 1772 nach Unstimmigkeiten mit dem zuerst ausgewählten Kandidaten kurzfristig einen geeigneten Naturwissenschaftler suchte, der Captain James Cook auf dessen zweiter Erkundungsreise in die Südsee begleiten könnte, fiel die Wahl auf Reinhold Forster. Dieser bestand wiederum darauf, seinen Sohn Georg als Gehilfen mitzunehmen. Damit begann für den 18-jährigen Georg Forster ein Abenteuer, das so vor ihm kein Deutscher hatte erleben dürfen. An Bord von Cooks Schiff „Resolution“ durchsegelten die Forsters in den folgenden fast genau drei Jahren den Südatlantik, Teile der Antarktis, die polynesischen Inseln, umrundeten Kap Hoorn und kehrten schließlich im Juli 1775 nach Großbritannien zurück. In diesen Jahren fungierte Georg Forster nicht mehr nur als Assistent seines schwierigen Vaters – der durch seine Konfliktfreudigkeit die Geduld des gelassenen Cook nicht wenig strapazierte –, sondern mauserte sich im besonderen zu einem ethnologischen Beobachter von Fortsetzung auf Seite 9

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Vortrag/Exkursion Fortsetzung von Seite 8 großer Präzision und Scharfsicht. Noch heute sind Forsters Aufzeichnungen wichtige Zeugnisse zur inzwischen in dieser Form nicht mehr existierenden polynesischen Kultur. Nach der Rückkehr nach Europa oblag es Reinhold Forster den wissenschaftlichen Abschlußbericht zu verfassen. Georg Forster indessen schrieb mit der 1777 erschienenen „Reise um die Welt“ einen für ein breites Publikum gedachten Erfahrungsbericht, der ihn schlagartig berühmt machte. Georg Forster, dessen Ruhm zunehmend zu dessen großem Unmut den seines Vaters in den Schatten stellte, wurde Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien in ganz Europa und bereits 1778 auf eine Professur in Kassel berufen. In den folgenden Jahren trat er in Kontakt mit den führenden Geistesgrößen seiner Zeit, lernte Goethe, Herder, Lessing, Wieland und viele andere kennen. Von 1784 bis 1787 hatte er eine Professur für Naturgeschichte in Vilnius inne. Wären die Pläne für eine Indien-Expedition, die unter Georg Forsters Leitung stehen und von Zarin Katharina II. finanziert werden sollte, nicht gescheitert, hätte Forsters Leben vermutlich eine andere Wendung genommen. So trat er 1788 eine Stelle als Bibliothekar an der Universität Mainz an. Im Frühjahr 1790, als Europa bereits im Wetterleuchten der Französischen Revolution stand, unternahm er mit dem jungen Alexander von Humboldt seine letzte größere Reise als Schriftsteller und Forscher. Sie führte ihn durch den Niederrhein, Teile des heutigen Belgien, die Niederlande, Frankreich und noch einmal nach Großbritannien. Auch der daraufhin veröffentlichte Reisebericht wurde ein großer Erfolg. Zurück in Mainz, erlebte Georg Forster 1792 die Besetzung der Stadt durch Truppen der französischen Revolutionsarmee unter General Custine. Unmittelbar danach beteiligte sich Forster an führender Stelle an der Gründung der „Mainzer Republik“, welche dem Vorbild des revolutionären Frankreich folgen sollte und die bisherigen sozialen und politischen Strukturen der Feudalgesellschaft für abgeschafft erklärte. Als Mainz im folgenden Jahr jedoch von preußischen Truppen zunächst belagert und dann vorübergehen wieder besetzt wurde – Goethe war als höchst unwilliger „Kriegsberichterstatter“ auf Wunsch seines herzoglichen Freundes und

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Landesherrn Carl August von Sachsen-WeimarEisenach, der als General in der preußischen Armee diente, mit dabei – war Forsters politische Karriere im Grunde schon wieder beendet. Georg Forster befand sich zu diesem Zeitpunkt als Mainzer Delegierter in Paris. Eine Rückkehr war aufgrund der Ächtung der deutschen „Jakobiner“ durch Kaiser Franz II. nicht möglich. So musste Georg Forster unter äußerst schwierigen materiellen Bedingungen in Paris bleiben und erlebte dort noch den Beginn d e r S c h r e c k e n s h e r rschaft von Maximilien de Robespierre mit. Noch nicht 40-jährig, starb Georg Forster am 11. Januar 1794 einsam an einer Lungenentzündung in einer Pariser Dachwohnung. Wer mehr über das farbige Leben dieses „Westpreußen“ erfahren möchte, ist herzlich zum Vortrag eingeladen! Zugleich

dient dieser der Vorbereitung unserer Exkursion in die große Ausstellung über James Cook in der Bonner Bundeskunsthalle, wo auch die Rolle Georg Forsters gewürdigt wird. Winfrid Halder

Do, 25.02. | 09.30 Uhr

Cook und die Entdeckung der Südsee Exkursion in die Bundeskunsthalle nach Bonn Die Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus bietet als Ergänzung des Vortrages über Georg Forster eine Exkursion zur Bundeskunsthalle nach Bonn an, die die Ausstellung „James Cook und die Entdeckung der Südsee“ zeigt. Der Akzent der Schau liegt auf der europäischen Perspektive auf die außereuropäischen Welten. Es ist ein zentrales Anliegen, Ergebnisse aus den Forschungen zur Naturgeschichte, Seefahrtsgeschichte, Kunstgeschichte und der frühen Ethnologie miteinander im Geiste der Aufklärung des 18. Jahrhunderts zu verknüpfen und erstmals zu präsentieren. Die Ausstellung erzählt mit 550 Exponaten von den Reisen des James Cook und seines internationalen Wissenschaftlerteams. In einer zweistündigen Führung durch die Ausstellung werden den Exkursionsteilnehmern die Reisen Cooks mit einem

Schwerpunkt auf der Rolle Georg Forsters während der zweiten Südseereise näher gebracht. Im Anschluß an die Führung durch die Ausstellung besteht Gelegenheit zu einem gemeinsamen Mittagessen in einem Bonner Lokal. Danach werden die Exkursionsteilnehmer das Palais Schaumburg, den Bonner Dienstsitz der Bundeskanzlerin, besichtigen. Die Abfahrt in Düsseldorf ist um 09.30 Uhr, die Rückehr gegen 17.30 Uhr geplant. Anmeldungen sind bis zum 10.02.2010 bei der bekannten Adresse der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (Tel. 02 11-16 99 10) unter Angabe des Geburtsdatums und des Geburtsortes vorzunehmen. Spätere Annmeldungen können nicht berücksichtigt werden. Zur Exkursion ist ein Personalausweis mitzubringen. Der Kostenbeitrag beläuft sich auf 15,- €. Markus Patzke

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Lesung

Do, 04.02. | 19 Uhr

„… gegen einen Geist der Enge, der Überheblichkeit, der Intoleranz“ Zum 65. Todestag von Helmuth James von Moltke (19071945) - Vortrag von Prof. Dr. Günter Brakelmann Helmuth James von Moltke, erst 37 Jahre alt, wurde am 23. Januar 1945 in der Haftanstalt Berlin-Plötzensee ermordet – zu einem Zeitpunkt, da die Rote Armee im Verlauf ihrer letzten Winteroffensive, die nicht einmal zwei Wochen zuvor losgebrochen war, schon große Teile Schlesiens, Ostpreußens und Pommerns überrannt hatte und für Millionen von Menschen Flucht und Vertreibung begonnen hatten. Der längst verlorene Krieg neigte sich für Deutschland seinem schrecklichen Ende zu und die NS-Machthaber ließen nichts unversucht, um noch möglichst viele Menschenleben zu vernichten. Moltke war schon im Januar 1944 verhaftet worden. Von Anfang an hatte er dem NSRegime ablehnend gegenübergestanden. Aus einem ursprünglich in Mecklenburg beheimateten Adelsgeschlecht stammend, wurde er 1907 auf dem niederschlesischen

lich gewesen wäre. Als auf Völker- und internationales Privatrecht spezialisierter Anwalt konnte er noch in den Folgejahren unauffällig Auslandsreisen unternehmen, die er zur Knüpfung von Kontakten nutzte, um außerhalb Deutschlands deutlich zu machen, dass das Regime Hitlers innere Gegner hatte, die auf Zusammenarbeit und Unterstützung hofften. Nach Kriegsbeginn 1939 wurde Moltke im Amt Ausland/Abwehr der Wehrmacht tätig, das unter der Leitung von Admiral Wilhelm Canaris zu einem Zentrum des Widerstandes wurde. Hierbei versuchte er seine Auslandskontakte vor allem nach Großbritannien zu nutzen, was allerdings in Anbetracht der ablehnenden Haltung der britischen Regierung gegenüber einer Kooperation mit der innerdeutschen Opposition wenig Erfolg zeitigte. Seit 1940 versammelte Moltke auf dem heimatlichen Familiengut Kreisau in wechselnder Zusammensetzung Vertreter unterschiedlicher politischer Richtungen, die jedoch in der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ihren gemeinsamen Nenner hatten. Auf den bis zur Inhaftierung Moltkes folgenden Treffen des „Kreisauer Kreises“ wurden Pläne für eine künftige demokratische Neuordnung Deutschlands nach Hitler entwickelt, die stark von Gedenkstein für Helmuth James von Moltke und seinen sozialistischem und christliBruder auf dem Kreisauer Kapellenberg. chem Gedankengut geprägt waren. Nachdem Moltke Familiengut Kreisau geboren. Dieses hatte nicht mehr mitwirken konnte, schlossen sein Urgroßonkel, der berühmte preußi- sich verschiedene Angehörige des Kreises sche Generalfeldmarschall Helmuth von den Staatstreichplanungen des Grafen Moltke, im Jahre 1871 erworben. Als Kind Stauffenberg an, welche in das Attentat auf eines entschieden christlich orientierten Hitler am 20. Juli 1944 mündeten. Obwohl Elternhauses hatte der junge Moltke be- Moltke daran nicht unmittelbar beteiligt reits frühzeitig ein ungewöhnlich starkes war, wurde er in einem Schauprozeß vor soziales Engagement an den Tag gelegt. dem „Volksgerichtshof“ zum Tode verurNachdem er 1934 sein Jura-Examen abge- teilt und später hingerichtet. legt hatte, lehnte er es bald darauf ab, die In der Haft formulierte er im Oktober 1944 Richterlaufbahn einzuschlagen, da dazu die Beweggründe für sein Handeln: Er der Eintritt in die NSDAP unvermeid- habe sein ganzes Leben lang „[…] gegen

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einen Geist der Enge, der Überheblichkeit, der Intoleranz und des Absoluten … angekämpft, […] der seinen Ausdruck in dem nationalsozialistischen Staat gefunden hat.“ Wir erinnern anlässlich seines 65. Todestages an Helmuth James von Moltke als ersten aus einer Reihe bedeutender Persönlichkeiten, die aus Ostdeutschland stammten und sich gegen das NS-Regime wandten. Referent des Abends ist Prof. Dr. Günter Brakelmann. Prof. Brakelmann, der evangelische Theologie, Sozialwissenschaften und Geschichte studiert hat, war als Pfarrer und an verschiedenen Evangelischen Akademien tätig, bevor er 1972 auf einen Lehrstuhl für Christliche Sozialethik und Zeitgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum berufen wurde. Diesen hatte er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1996 inne. Im Jahre 2007 erschien Günter Brakelmanns vielbeachtete biographische Studie über Helmut James von Moltke, die als Ergebnis einer langjährigen Beschäftigung mit der Person Moltkes als das Standardwerk über ihn gilt. Auf der Basis zahlreicher unveröffentlichter Quellen hat Brakelmann das Leben, die Überzeugungen und das Tun Moltkes umfassend gewürdigt. Vortragsreihe: Profile des Widerstands aus dem historischen deutschen Osten Teil I In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Düsseldorf Ort: VHS Düsseldorf, Bertha-vonSuttner-Platz 1; Eintritt: 4 €

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Vortrag/Exkursion

Do, 18.03. | 19.15 Uhr

Die Vertriebenenverbände und die Neue Ostpolitik Vortrag von PD Dr. Matthias Stickler (Julius-MaximiliansUniversität Würzburg) Vor dem Auftakt zur Neuen Ostpolitik nach der Bildung der ersten sozialliberalen Koalitionsregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Vizekanzler und Außenminister Walter Scheel (FDP) im Oktober 1969 bestand ein durchaus facettenreiches Verhältnis zwischen den nunmehr in die Regierungsverantwortung eintretenden Parteien und den Vertriebenenorganisationen der Bundesrepublik Deutschland. Wichtige Vertreter der etwa 8 Millionen Vertriebenen und Flüchtlinge aus dem historischen deutschen Osten, die zum Teil auch im Dachverband Bund der Vertriebenen (BdV) bedeutsame Rollen spielten, waren zugleich Mandats- und Amtsträger von SPD und FDP. Zu nennen sind hier etwa Wenzel Jaksch oder Reinhold Rehs. Beide waren sozialdemokratische Abgeordnete im Bundestag – und beide waren Präsidenten des BdV. Rehs folgte Jaksch in diesem Amt, nachdem der aus dem Sudetenland stammende Jaksch 1966 tödlich verunglückt war. Zu erinnern ist auch an den Oberschlesier Erich Mende, der nicht nur liberaler Abgeordneter und Minister, sondern zwischen 1960 und 1968 zudem Bundesvorsitzender der FDP gewesen ist. Spätestens als die Regierung Brandt/ Scheel sehr rasch nach ihrer Wahl im Oktober 1969 an die praktische Umsetzung des Konzepts der Neuen Ostpolitik ging, ergab sich jedoch ein Spannungsverhältnis anderer Art zwischen den Koalitionsparteien und den Vertriebenenorganisationen. Deren Repräsentanten setzten sich mehrheitlich an die Spitze der Opposition gegen die außenpolitische Kurskorrektur mit Blick nach Osten. Spektakulärster Ausdruck der Gegnerschaft waren verschiedene Fraktionswechsel von Abgeordneten im Bundestag, unter ihnen Erich Mende oder Herbert Hupka. Dadurch gerieten auch die ohnehin knappen Mehrheitsverhältnisse in Bewegung, so dass der Fortbestand der Regierung unter Bundeskanzler Brandt zeitweilig gefährdet erschien. Neben der zuweilen äußerst erregten parlamentarischen Debatte um das Für und Wider der Neuen Ostpolitik stand der Versuch

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des BdV durch Großdemonstrationen die nach seiner Lesart vorhandene Breite der ablehnenden Haltung zur Ostpolitik in der Bevölkerung zu verdeutlichen. So wurde die damalige Bundeshauptstadt Bonn zum Schauplatz der größten VertriebenenDemonstrationen überhaupt. Der Referent des Abends, Privatdozent Dr.

Matthias Stickler, zeichnet die Haltung der Vertriebenenverbände und ihrer wichtigsten Repräsentanten zur Neuen Ostpolitik nach und fragt nach der Tragfähigkeit ihrer Argumentationslinien. Er ist durch eine Vielzahl von einschlägigen Publikationen hervorragend ausgewiesen. In seiner Habilitationsschrift widmete er sich dem Thema „Ostdeutsch heißt gesamtdeutsch. Organisation, Selbstverständnis und heimatpolitische Zielsetzungen der deutschen Vertriebenenverbände 1949-1972“. Sie ist im Jahre 2004 im renommierten Düsseldorfer Droste Verlag erschienen. Matthias Stickler lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg. Winfrid Halder In Zusammenarbeit mit dem Landesverband Nordrhein-Westfalen des Bundes der Vertriebenen Vortragsreihe Neue Ostpolitik – 40 Jahre danach: Eine kritische Bilanz Teil II.

Franz-Josef Strauß und Herbert Hupka 1972 während der Debatte über die Ostverträge im Deutschen Bundestag

Do, 14.01. | 09.30 Uhr

Fahrt in das Preußen-Museum Wesel und das Museum Stadt Königsberg In Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis des Historischen Seminars der H e i n r i c h - H e i n e - U n i v e r s i t ä t Düsseldorf

Exkursion:„Preußen“ mit PD Dr. Winfrid Halder Programm 9.30 Uhr Abfahrt Bus-Bhf. Düsseldorf nach Wesel 11 Uhr Führung im Preußen-Museum NordrheinWestfalen - Sonderausstellung „Für die Freiheit – gegen Napoleon! Ferdinand von Schill, Preußen und die deutsche Nation“ 12:30 – 14:00 Mittagspause

14 Uhr Fahrt nach Duisburg 15 Uhr Führung im Museum Stadt Königsberg 17.30 Uhr Rückfahrt nach Düsseldorf 18 Uhr Ankunft Bus-Bhf. Düsseldorf Teilnehmerkosten: 30,- € (Studenten: 15,- €) Anmeldungen bitte unter tillmann.rudolf@googlemail.de und Überweisung der Teilnehmerkosten auf das Vereinskonto Bankverbindung: Sparkasse Düsseldorf, Konto-Nr.: 300 33385, BLZ: 300 501 10

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Ausstellung

Vom 20.01. bis 26.02.

Ernst Oldenburg 1914 - 1992 Aus sechs Jahrzehnten künstlerischen Schaffens Als der Maler, Bildhauer, Zeichner und Grafiker Ernst Oldenburg am 9. Januar 1992 starb, hinterließ er ein umfangreiches künstlerisches Werk, das mehr als 1500 Einzelstücke umfasst und damit sechs Jahrzehnte seiner intensiven Arbeit dokumentiert. Dennoch ist Ernst Oldenburg nur wenigen Menschen ein Begriff und nur einige Museen haben ihn bisher entdeckt. Dies mag daran liegen, dass sein Werk keiner Schule zuzuordnen ist, keiner vorgegebenen Richtung folgt. Oft stehen seine Arbeiten vielmehr im offenen Widerspruch zu den einflussreichen Richtungen der Zeit.

auch durch seine früh begonnene Ausstellungstätigkeit. Schon zu Studienzeiten, 1932, wurden seine Arbeiten in der Kunstkammer von Danzig gemeinsam mit Gemälden von Otto Dix, in der Nationalgalerie Berlin und in der Hamburger Kunsthalle gezeigt. Der sich daraus entwickelnde Bezug zur Malerei des Expressionismus wird durch Aufenthalte auf der Kurischen Nehrung vertieft, wo Ernst Oldenburg Karl Hofer, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein kennenlernte. Auf Hiddensee genießt er den Austausch mit seinem Nachbar Gerhart Hauptmann. Von Beginn an interessiert ihn das Bild vom Menschen, aber auch dessen Umgebung – die Arbeitswelt ebenso wie die Landschaft. Populäre Persönlichkeiten – u. a. der Dirigent Wilhelm Furtwängler – ließen sich von dem jungen Künstler porträtieren. Bedingt durch Ernst Oldenburg, Werftarbeiter (mit zwei Booten), ca. 1945-1949, Tempera auf Packpapier Fotos: Katalog die Zensur der NationalsoziaErnst Oldenburg wird am 8. Januar 1914 listen arbeitet Oldenburg seit 1936 als in Danzig – Kleinwald geboren. Sein Vater Architekt in Berlin und wird 1940 zur fällt 1915 im Ersten Weltkrieg. Nach dem Marine eingezogen. Schulabschluss arbeitet er 1927 zunächst Bei Kriegsende flieht der schwer Verwunals Laufbursche bei dem Schiffsausrüster dete mit der Familie vor den vorrückenden Johannes Husen, malt Schaufensterdeko- russischen Truppen nach Stralsund. Hier rationen mit Seefahrtsmotiven, wechselt organisiert er als Leiter des Kulturzentschließlich 1928 zur Spielwarenfabrik rums „Gorki-Haus“ Ausstellungen, TheaPomplun um dort Modelle zu entwerfen. terabende, Konzerte und Vorträge, betreut Im selben Jahr wird er – mit vierzehn namhafte Schriftsteller und Schauspieler Jahren – in die Kunstklasse von Prof. wie Bert Brecht, Anna Seghers, Willi BreFritz August Pfuhle an der Technischen del und Paul Wegener. Portraits, die Ernst Hochschule Danzig aufgenommen. Oldenburg in dieser Zeit von den FreunNeben dem üblichen Ausbildungskanon den und Bekannten malte, belegen den der Malerei und Dekorationsmalerei be- regen Austausch zwischen den Künstlern. suchte er Seminare in Kunstgeschichte, Die Nachkriegswirren unter russischer Philosophie, Statik und Baulehre. Künst- Besatzung erschweren zunehmend sein lerische Anregungen erhielt Oldenburg künstlerisches Schaffen. 1952 richtet er

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Ernst Oldenburg im Atelier sich ein Atelier in Berlin-Köpenick ein. Die Niederschlagung des Juniaufstandes im folgenden Jahr, die enttäuschten Hoffnungen auf eine menschlichere Gesellschaft, veranlassen Ernst Oldenburg 1954 zu einer fluchtartigen Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland, wo er in Holstein und in Marl ansässig wird. Sein Werk wird u. a. in den USA, der Schweiz, den Niederlanden und in Skandinavien präsentiert. 1967 lässt er sich endgültig in Unna nieder, wo er bis zum Ende seines Lebens in der alten Dorfschule wohnt und arbeitet. Weitere internationale Ausstellungen mit Reisen nach Spanien, Italien, Japan und in die USA. Ein Schlaganfall verändert 1988 sein Leben von Grund auf, da er nun rechtseitig gelähmt ist. Gegen die künstlerische Sprachlosigkeit aufbegehrend, malt er mit der linken Hand weiter, gestaltet nun in ungewöhnlich heiterer, intensiver Farbigkeit unbeschwerte Szenen. Das ehemalige Wohnhaus und Atelier des Künstlers im dörflichen Unna-Kessebüren beherbergt heute das Museum Ernst Oldenburg-Haus. Die Ausstellung im Gerhart-Hauptmann-Haus zeigt eine Auswahl seiner Bestände. Dirk Urland Eröffnung: Mittwoch 20.01.2010 | 19.15 Uhr Es sprechen: PD Dr. Winfrid Halder Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Prof. Dr. Walter Israel Musikalische Umrahmung: Quartett „UWAGA“

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Ausstellung

Vom 02.02. bis 13.03.

„Ost-West-Begegnungen in Krieg und Frieden“ - Auf den Spuren einer Familiengeschichte Im Jahr 2003 dokumentierte der aus Ostpreußen stammende Schriftsteller Herbert Somplatzki mit dem Buch „Masurische Gnadenhochzeit“ die Geschichte seiner Familie in den wechselvollen Zeitläufen von fast zwei Jahrhunderten. Er erzählt, als „ein Beitrag zur deutsch-polnischen Begegnungsgeschichte“, eine Familiensaga, wie sie für viele Menschen, besonders im Ruhrgebiet, ähnlich verlief, von Reisen zwischen dem Osten und dem Westen Europas, zwischen Masuren und Westfalen, vom 19. Jahrhundert bis heute.

den, Arbeit, Heimat, Flucht und Neubeginn pendeln in den Mäandern menschlicher Geschichte auf eine sehr persönliche Weise; verstärkt durch das Altgedächtnis meiner Eltern. Geschichtsmoleküle im gigantischen Strom der Historie, versuchen sie zu beschreiben, wie sich zwei Völker berühren, die Jahrhunderte lang als Nachbarn lebten und nun wieder bemüht sind, gute Nachbarn zu werden. Es ist Geschichte in Geschichten. Sie reicht in die dunkle Tiefe der Schächte des Ruhrgebiets, einen Kilometer unter

Familie Somplatzki in den 1930er Jahren im westfälischen Westerholt Fotos: Katalog Masuren, jenes „Land der dunklen Wälder und kristallnen Seen“ im alten Herzen Europas, das Siegfried Lenz als seine „Heimat im Rücken der Geschichte“ und Kazimierz Brakoniecki als „Atlantis des Nordens“ bezeichnete, ist der Ausgangspunkt von Herbert Somplatzkis zugleich privater und zeitgeschichtlicher Chronik. „In diese versunkene Welt“, so der Autor, „bin ich als Kind eines Bauernpaares hineingeboren worden und habe die Gnadenhochzeit meiner Eltern, ihr siebzigjähriges Zusammenleben, zum Anlass genommen, um von Geschehnissen zu berichten, die von Soziologen wohl ‚der Alltagsgeschichte‘ zugeordnet würden. Es ist die Geschichte der sogenannten ‚einfachen Leute‘. Meine Erinnerungen an Krieg und Frie-

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den Straßen der Städte. Dort und auf den sandigen Äckern Masurens haben seit dem Ende des 19. Jahrhunderts meine Vorfahren „Brot und Arbeit“ gesucht und Gefunden, um zu überleben. Ich berichte von einer alten Kultur, deren archaische Sprache mit dem Tod meiner Eltern wohl ihr Ende finden wird. Und mit dieser alten masurischen Sprache erlischt auch anderes, was einstmals für viele Menschen, die aus dem Osten Europas kamen, so wichtig war.“ Nach Lektüre des Buchmanuskriptes schlug Dr. Lothar Hyss, Direktor des Westpreußischen Landesmuseums in Münster-Wolbeck, dem Autor Herbert Somplatzki vor, aus markanten Textauszügen, ergänzt durch polnische Übersetzungen, eine Ausstellung zu erarbeiten.

Herbert Somplatzki, Kindheit in Masuren Die so entstandene Dokumentation ist eine Grenzüberschreitung in zweifacher Hinsicht: sie schafft eine Verbindung zwischen Deutschland und Polen, aber auch zwischen dem Medium Buch und seiner visuellen Präsentation. Durch ihre thematischen Schwerpunkte wird ein Einblick in die europäische Geschichte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart gegeben; und die Verknüpfung einer Familiengeschichte mit der allgemeinen Historie macht sie darüber hinaus zu einem Bestandteil der Begegnungsgeschichte zwischen Deutschland und Polen, die auf beiden Seiten nicht ohne Narben geblieben ist. Herbert Somplatzki wurde 1934 in Masuren geboren und kam 1946 ins Ruhrgebiet. Er arbeitete elf Jahre im Untertagebau, studierte Sport, Erziehungswissenschaften, Medienpädagogik, Germanistik und Kunst. Er war sieben Jahre stellvertretender Landesvorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller in Nordrhein-Westfalen und maßgeblich beteiligt an Gründung und Aufbau des Literaturbüros Ruhrgebiet. Er ist Gründungsmitglied des Literatur-Rates NRW und Initiator des Literaturpreises Ruhrgebiet sowie der deutsch-polnischen Kulturbegegnung „Spotkania“ in Essen. Er veröffentlichte 36 Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, mehrere Hörspiele und Theaterstücke, z. B. das musikliterarische Stück „Sie sind von Osten gekommen“. Herbert Somplatzki wurde für sein Werk mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet. Dirk Urland Eröffnung: Dienstag, 02. Februar 2010 | 19.15 Uhr Es sprechen: PD Dr. Winfrid Halder Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Dr. Lothar Hyss / Magdalena Oxfort M.A. Westpreußisches Landesmuseum Einführung und Lesung: Herbert Somplatzki

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Ausstellung

Vom 11.03. bis 30.04.

Ostpreußische Impressionen Werke von Karl Leo Herbert Guttmann im Gerhart-Hauptmann-Haus Mit einer Auswahl von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen aus dem umfangreichen Werk von Karl Leo Herbert Guttmann erinnert das Gerhart-Hauptmann-Haus an den bedeutenden – aber vielfach vergessenen – ostpreußischen Künstler. Im Alter von 13 Jahren lernte der 1907 in Memel geborene Guttmann zunächst den Landschaftsmaler Prof. Karl Storch kennen, der sein künstlerisches Talent erkannte und nachdrücklich förderte. Seine Heimat, die Kurische Nehrung, war zu dieser Zeit ein beliebter Aufenthaltsort bedeutender Maler, die die unverwechselbare Naturschönheit in ihren Arbeiten festhielten. Es ist bekannt, dass der junge Karl Guttmann mit den Künstlern auf das Haff hinaus ruderte und mit ihnen in seinem „fahrbaren Atelier“ (Guttmann) arbeitete. Bedeutsam waren dabei seine Beziehungen zu Ernst Schaumann, Prof. Kollmeyer und Johannes Schulz. Letzterer unterwies Guttmann drei Jahre lang in Aquarell–und Zeichentechnik. Vor allem das in dieser Periode entstandene Bild „Alte Fischerfrau“ war entscheidend für Guttmanns Aufnahme in die ehrwürdige Königsberger Kunstakademie.

Von 1935 bis 1941 studierte er dort bei den renommierten Professoren Eduard Bischoff, Franz Martens und Alfred Partikel. Einberufen zum Kriegsdienst, geriet Guttmann bis November 1948 in russische Gefangenschaft. Anschließend fand er in Düsseldorf eine neue Heimat und war hier bis 1973 als Technischer Zeichner und Grafiker im NordrheinWestfälischen Wirtschaftsministerium tätig. Zahlreiche Reisen durch Deutschland, nach Italien, Jugoslawien, Holland und Frankreich prägten auch seine künstlerischen Arbeiten. In den meisten seiner Bilder kehrte er jedoch immer wieder zu Erinnerungen an die ostpreußische Heimat zurück. Das Werk von Karl Leo Herbert Guttmann umfasst vor allem Gemälde und Aquarelle, Bildnisse, ausdrucksvolle Figurenbilder und Landschaften, die durch großzügige, klare Formen und eine ausgewogene, gedämpfte Farbigkeit charakterisiert werden. Der Künstler beteiligte sich bis 1941 an verschiedenen Ausstellungen in Königsberg und Berlin. Bilder und Aquarelle kaufte u. a. die Stadt Königsberg bereits

Karl Leo Herbert Guttmann vor dem Zweiten Weltkrieg, die Stadt Düsseldorf erwarb in den 1980er Jahren ebenfalls einige Arbeiten. Karl Leo Herbert Guttmann starb am 18. Juni 1978 in Düsseldorf. Sein Nachlass befindet sich in Privatbesitz. Dirk Urland Eröffnung: Donnerstag, 11. März 2010 |19.15 Uhr Es sprechen: PD Dr. Winfrid Halder Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Dr. Jörn Barfod Ostpreußisches Landesmuseum Anzeige

Ich war ein Wolfskind aus Königsberg Biographischer Roman von Ursula Dorn Über sechs Jahrzehnte sind vergangen, bis die 1935 in Königsberg (Ostpreußen) geborene Ursula Dorn den Mut fasste, das zu erzählen, was sie als 10jähriges Kind erfahren musste. Sie lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Göttingen. In ländlicher Abgeschiedenheit hat sie die Ruhe gefunden, ihre Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg zu bewältigen. Die Erinnerungen an ihr Dasein als Wolfskind hat sie in einer pakkenden Geschichte verarbeitet. Edition riedenburg, ISBN 9783902647092

Karl Leo Herbert Guttmann, „Kurisches Gehöft“, Aquarell

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€19,90

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Kinemathek

Mi, 27. 01. | 15 Uhr

Der Untertan (DDR 1951) Mi, 24. 02. | 15 Uhr

Der Hauptmann von Köpenick (D 1956) Fortsetzung der Preußen-Filmreihe Auch in der Zeit nach dem Zweiten eingestellten preußisch-deutschen „UnterWeltkrieg blieb die Auseinandersetzung tan“ verkörpern. mit der Geschichte Preußens auf der Die Produktion war ein frühes PrestigeLeinwand präsent. Dies allerdings in Projekt der DEFA und wurde dementganz anderer Form als in den „Fridericus- sprechend aufwendig inszeniert und Rex“-Filmen, deren letzter im Jahre 1942 vermarktet. Obwohl der Film international in die Kinos kam („Der große König“, hohes Lob erfuhr – vor allem für die künstin dem Otto Gebühr zum letzten Mal als lerisch wegweisende Regie von Staudte Friedrich II. auftrat). Bezeichnenderwei- und die darstellerische Leistung von se wurde der Umgang mit Preußen nach Peters – wurde er in der Bundesrepublik der deutschen Katastrophe Deutschland als angeblich von 1933 bis 1945, welche im Dienste „kommunistiden endgültigen Untergang scher Propaganda“ stehend auch Preußens als Staat zunächst verboten. Erst mit sich brachte, sehr viel 1957 wurde eine allerdings kritischer. Wir zeigen zwei gekürzte Fassung für die Beispiele, die beide auf litebundesdeutschen Kinos rarischen Vorlagen beruhen, zugelassen. Auf die ungedie aus der Zeit lange vor kürzte Fassung mussten 1945 datieren. westdeutsche Zuschauer Die DDR war noch keibis 1971 warten. Es handelt ne zwei Jahre alt, als die sich insgesamt um eine der staatseigene Filmprodukti(film)historisch interessanonsfirma DEFA, welche auf testen Produktionen des Geheiß der sowjetischen frühen deutschen NachBesatzungsmacht die Nachkriegskinos. folge der UFA angetreten Nur wenige Jahre nach hatte, einen ihrer wichtigsdem „Untertan“ kam „Der ten Filme herausbrachte. Hauptmann von KöpeUnter der Regie Wolfgang nick“ in die Kinos – als Staudtes, der seine Karriere westdeutsche Produktion. als Darsteller und Regisseur Mit Helmut Käutner als schon vor 1933 begon- Uniform des „HauptRegisseur und Heinz Rühnen hatte, wurde Heinrich manns“ im Ausstellungsmann in der Hauptrolle Manns Roman „Der Un- raum des Rathauses war der Film nicht minder tertan“ verfilmt. Heinrich Berlin-Köpenick prominent besetzt. Das Mann, der ältere Bruder von Drehbuch stammte von Thomas Mann, war kurz Carl Zuckmayer – also zuvor verstorben (1950), hatte die Rechte einem der wichtigsten deutschen Bühnenan seinem ursprünglich bereits 1914 fer- autoren des 20. Jahrhunderts. Zuckmayers tiggestellten, aber erst 1918 veröffentlich- vordergründig als Komödie angelegtes ten Roman der DEFA übertragen. Schon Stück war 1931 in Berlin uraufgeführt das Buch hatte als überaus scharfsinnige worden und wurde zu einem der größten Satire auf das preußisch-deutsche Kai- Theatererfolge der Weimarer Republik. serreich Aufsehen erregt und kontroverse Als Vorlage hatte ihm eine berühmte reale Diskussionen ausgelöst. Die Hauptfigur Geschichte gedient: Am 16. Oktober 1906 Diederich Heßling (dargestellt von Werner hatte der mehrfach vorbestrafte SchusterPeters, der später wie Wolfgang Staudte geselle Wilhelm Voigt (geboren 1849 in in die Bundesrepublik floh und zeitweilig Tilsit) in der Uniform eines Hauptmann in Düsseldorf tätig war) sollte den ideal- des 1. Garderegiments zu Fuß, deren typischen obrigkeitshörigen, militaristisch Teile er zuvor bei verschiedenen Tröd-

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lern erworben hatte, einen spektakulären Coup gelandet. Er hatte sich einen zufällig seinen Weg kreuzenden Trupp Soldaten unterstellt, mit diesen das Rathaus von Köpenick besetzt und den Bürgermeister verhaften lassen. Im Anschluß daran beschlagnahmte der „Hauptmann“ die Stadtkasse „auf allerhöchsten Befehl“, ließ den Bürgermeister unter Bewachung zur Neuen Wache in Berlin abtransportieren und entschwand selbst mit dem Geld. Niemand hatte es gewagt, dem völlig unbekannten Offizier den Gehorsam zu verweigern oder ihn auch nur nach seiner Legitimation zu befragen – die (teilweise falsch zusammengestellte) Uniform mit dem eigentlich viel zu alten Mann darin allein hatte genügt, dass Voigts Anordnungen widerspruchslos Folge geleistet wurde. Als das Geschehen unmittelbar darauf bekannt wurde, lachte die ganze Welt über die preußisch-deutsche Militärhörigkeit. Wilhelm Voigt wurde wenige Tage nach der Tat verhaftet und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Kaiser Wilhelm II., der selbst herzlich gelacht haben soll, als er von dem Vorgang erfuhr, begnadigte Voigt bereits im Sommer 1908. Bis zu seinem Tod im Jahre 1922 tingelte er als Darsteller seiner eigenen Geschichte durch die halbe Welt. Carl Zuckmayer, der selbst als Kriegsfreiwilliger und Offizier im Ersten Weltkrieg gedient hatte und hoch dekoriert wurde, nahm den Stoff auf und verlieh ihm als Bühnenstück große Durchschlagskraft. Die Infragestellung der Suggestion des Militärischen bescherte ihm allerdings auch den besonderen Hass der Nationalsozialisten, vor denen er bereits 1933 ins Exil fliehen musste. Nach seiner Rückkehr aus den USA hat Zuckmayer – in der Schweiz lebend – wieder eine bedeutende Rolle in der westdeutschen Theater- und Literaturszene gespielt. Sein Theaterstück über den „Hauptmann von Köpenick“ wurde insgesamt fünf Mal verfilmt. Wir zeigen die wohl bekannteste Kinoversion mit Heinz Rühmann. Winfrid Halder

Am Mi, 17.02. | 15 Uhr zeigt die Kinemathek den Spielfilm „Anonyma - Eine Frau in Berlin“, 2008. Siehe dazu die Ankündigung „Wir sind durch die Hölle gegangen“ auf Seite 5 dieser Ausgabe.

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Theater

Vom 26.02. bis 12.03.

Gerhart Hauptmann-Tage 2010 Sozialkritische Themen für den Unterricht Die Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus“ bietet im 1. Quartal dieses Jahres erneut eine Veranstaltungsreihe, bei der die Werke des Namenpatrons der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus im Mittelpunkt stehen. Das Programm der Reihe beinhaltet Vorträge und Theateraufführungen. Die Veranstaltungen richten sich als Ergänzung zum Unterricht an Lehrer und Schüler sowie Studenten.

Gerhart Hauptmann Gerhart Hauptmann wurde am 15. November 1862 im schlesischen Bad Salzbrunn geboren und starb am 6. Juni 1946 in Agnetendorf bei Hirschberg. Er zählt zu den bedeutendsten Vertretern des Naturalismus. Die Verbundenheit mit seiner schlesischen Heimat und die in seiner Jugend erfahrene wirtschaftliche Not bestimmen immer wieder seine Themen, Motive und Charaktere.

Die Werke 1889 führt die Uraufführung des sozialen Dramas „Vor Sonnenaufgang“ am Berliner Lessing-Theater zu einem handfesten Theaterskandal. Gerhart Hauptmanns Werk ist noch nach mehr als hundert Jahren auf den Theatern lebendig geblieben, und seine Figuren sind so lebendig wie ehedem. Es sind Überlebenskämpfer in einer sich überschlagenden Zeit, Menschen, die ihre Ängste und Hoffnungen, ihre Überforderung, ihre unerfüllten träume mit sich herumschleppen, die laut die Schuld am eigenen Missglücken dem Andern aufbürden, die lieber austeilen als einstecken – Menschen der modernen Zeit eben!

Die Ratten Schauspiel von Gerhart Hauptmann, Uraufführung: Berlin, 13 Januar 1911, Lessing Theater. Es ist der von Ratten und menschlichem „Ungeziefer“ verseuchte Dachboden einer ehemaligen Berliner Kavalleriekaserne, auf dem der verkrachte Theaterdirektor Hassenreuther seinen Kostümfundus untergebracht hat. In der verkommenen

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Mietskaserne hausen auch die Figuren des Stücks: das schwangere Dienstmädchen Pauline Piperkarcka, die Morphinistin Knobbe und Frau John, Maurersgattin und Putzfrau Hassenreuthers, die ihren in Altona arbeitenden Mann, der sich sehnlichst ein Kind wünscht, nicht enttäuschen möchte. Als sich ihre Hoffnung als unbegründet erweist, will sie durch einen barmherzigen Betrug Abhilfe schaffen. Sie kauft Paulines unehelich geborenes Kind und trägt es auf dem Standesamt als ihr eigenes ein. Doch in der Piperkarcka regt sich bald das schlechte Gewissen; aus Angst vor den Behörden meldet sie ihr Kind an und bezeichnet Frau John als Pflegemutter. Diese wird von Panik ergriffen als sich der Vertreter der Fürsorge um das Kind kümmern möchte. Sie unterschiebt Pauline das todkranke Kind der Knobbe und verlässt mit dem „eigenen“ Säugling das Haus. Die Ereignisse jagen der unaufhaltsamen Katastrophe entgegen, als John freudestrahlend heimkehrt, aber angesichts der sonderbaren Situation misstrauisch wird. Als Frau John auch noch erfahren muss, dass ihr gewalttätiger Bruder Bruno Mechelke die Piperkarcka, die er im Auftrag seiner Schwester einschüchtern und am Ausplaudern ihres Geheimnisses hindern sollte, erschlagen hat und nun von der Polizei gejagt wird, hält sie ihre Lage für aussichtslos, gesteht ihrem hilflos entsetzten Mann den Betrug und stürzt sich aus dem Fenster.

Die Weber Soziales Drama von Gerhart Hauptmann; Uraufführung am 26. Februar 1893 im Neuen Theater Berlin (privat). Erste öffentliche Aufführung am 25. September 1894 im Deutschen Theater Berlin. Die historische Vorgänge, die Hauptmann seiner Dichtung zugrunde legt, spielten sich im Juni 1844 in den schlesischen Orten Kaschbach, Langenbielau und Peterswaldau ab, als ein spontaner Aufstand der von ihren Arbeitgebern ausgebeuteten Weber mit militärischer Gewalt niedergeschlagen wurde. Erzählungen von den menschenunwürdigen Lebensverhältnissen der schlesischen Leinenweber, die im Laufe des 19. Jahrhunderts wiederholt

Gerhart Hauptmann durch Aufstände ihre Lage zu verbessern suchten, wurden in Hauptmanns Familie überliefert, wie der Autor in seiner Widmung des Weber-Dramas an seinen Vater Robert Hauptmann bezeugt. Den Plan zu einer dramatischen Behandlung des Themas fasste Hauptmann 1888 in Zürich.

Veranstaltungen Fr, 26.02 | 19.00 Uhr Theaterpremiere „Die Ratten“ von Gerhart Hauptmann Eine Produktion des Deutschen Zentrums für Schauspiel & Film, Köln Weitere Aufführungen Sa, 27.02 | 19.00 Uhr Mo, 01.03. bis Fr, 05.03. jeweils 11.00 Uhr „Die Weber“ von Gerhart Hauptmann Eine Produktion des Deutschen Zentrums für Schauspiel & Film, Köln Sa, 06.03. | 19.00 Uhr Weitere Aufführungen Mo, 08.03. bis Fr, 12.03. jeweils 12.00 Uhr Eintritt frei! Karten unter Tel. 02111699118 Mi, 17.03. | 18 Uhr - Vortrag Gerhart Hauptmann am Deutschen Theater in der ehemaligen Sowjetunion Waldemar Hooge, ehemaliges Ensemblemitglied des Deutschen Theaters in Almaty, berichtet über die Vermittlung von Gerhart Hauptmanns Werken in der ehemaligen Sowjetunion und deren Inszenierungen.

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Bericht

Gelebte Partnerschaft Die Stadtgemeinschaft Königsberg (Pr) feierte 60. Geburtstag Wenn eine Stadtgemeinschaft Geburtstag hat, ist das sicherlich eine Festlichkeit wert. Selbst dann, wenn der Rückblick neben Gründen zur Freude auch das Gedenken an dramatische Zeiten beinhaltet. So geschehen, im Falle der Stadtgemeinschaft Königsberg (Pr), die vor kurzem in der Patenstadt Duisburg 60 Jahre ihres Bestehens feierte. Klaus Weigelt, der Vorsitzende der Stadtgemeinschaft, verwies bei dieser Gelegenheit auf die Anfänge als Kreisgemeinschaft in Hamburg sowie auf die stetige Entwicklung, vor allem nach 1951 in Duisburg. Zu den wichtigsten Stationen gehören das Treffen zur 700-Jahr-Feier Königsbergs 1955, die Eröffnung des Museums Haus Königsberg 1968, die

Ausstellung 450 Jahre Albertina im Jahre 1994 sowie das große Kant-Jahr 2004. Anfang der 90er Jahre, so Weigelt, begann die Zusammenarbeit mit immer mehr Partnern in Kaliningrad. Auf dieser Grundlage findet auch heute ein intensiver Kulturaustausch dies- und jenseits der Grenzen statt. Beleg dafür war die Anwesenheit unter den Geburtstagsgästen von Sergej Jakimow, dem Direktor des Museums für Geschichte und Kunst in Kaliningrad, der in seinem Grußwort betonte: „Heute reichen wir uns die Hände und sind offen für Freundschaft und Zusammenarbeit. Zusammen überwinden wir die grausame Vergangenheit und leben in einem friedlichen Europa.“ Das Duisburger Museum Stadt Königsberg präsentiert derzeit eine umfangreiche thematische Sonderschau. Bei der Eröffnungsveranstaltung in der Karmelkirche – die von musikalischen Klängen und Blick in die Ausstellung „Königsberger Musikleben“

durch gemeinsames Singen um-rahmt wurde – beschrieb Museumsleiter Lorenz Grimoni die geschichtliche Entwicklung des musikalischen Wirkens Klaus Weigelt, in Königsberg. Vorsitzender der Die Ausstel- Stadtgemeinschaft lung in den Räumen des Museums führt den Besucher über die wichtigsten Stationen des Königsberger Musiklebens, beginnend mit der Zeit des ersten Herzogs von Preußen, Albrecht, über die Schaffensperiode des Simon Dach und der Freunde der so genannten „Kürbishütte“ bis hin zu Georg Riedel oder E.T.A. Hoffmann. Aus den Jahren 1900 bis 1945 stammen Ausstellungsstücke, die viele Königsberger Musikfreunde in ihrem Flüchtlingsgepäck retten konnten. Die Präsentation berücksichtigt auch die Hymne der Ostpreußen „Land der dunklen Wälder“, die der Zusammenarbeit des erst 22 jährigen Dichters Erich Hannighofers und des Komponisten Herbert Brust zu verdanken ist. In den Räumen des Museums wurde auch eine Verkaufsausstellung mit einschlägiger Literatur eingerichtet. Die Ausstellung „Königsberger Musikleben“ ist bis zum 31. März 2010 im Duisburger Museum Stadt Königsberg zu besichtigen. Text + Fotos: Dieter Göllner

Lorenz Grimoni im Gespräch: Kant ist immer aktuell Gespräch mit Lorenz Grimoni, Leiter des Museums Stadt Königsberg WOJ: In der mehr als 30jährigen Tätigkeit als Museumsleiter war das Thema Kant für Sie des Öfteren präsent. Welche Höhepunkte gab es im letzten Jahrzehnt? L. Grimoni: Im Jahre 2004 erlebten wir gemeinsam mit unserer Patenstadt das große Kant-Jahr mit einer Ausstellung, die rund 30.000 Besucher zählte. Die in ihrer Art einmalige Schau war von einem gut dokumentierten deutsch-russischen Katalog begleitet. WOJ: Ähnliche Projekte haben Sie auch mit Partnern in Kaliningrad umgesetzt. L. Grimoni: In diesem Jahr zeigten wir

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fünf Monate lang unsere Ausstellung „Kant und seine Zeit“, an der sich auch zwei Kaliningrader Museen – das Museum für Geschichte und Kunst sowie das Museum der Staatlichen Immanuel Kant Universität – beteiligt hatten. WOJ: Und auch im kommenden Jahr bleibt Kant aktuell … L. Grimoni: Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt „Essen 2010“ wird unsere Einrichtung mit ihrer weltweit umfang-

reichsten Kant-Sammlung eine große Sonderschau eröffnen, die dem breiten Publikum Kant als Europäer vorstellt. Zur Ausstellung wird es auch ein Begleitbuch geben, in dem u.a. 12 namhafte KantForscher aus ost- und westeuropäischen Ländern die Bedeutung des Werkes von Immanuel Kant hervorheben. Die Ausstellung Lorenz Grimoni, Leiter des wird vom 24. April bis zum Museums Stadt Königsberg, 31. Dezember 2010 im Museum Stadt Königsberg (re) und Sergej Jakimow, zu besichtigen sein. Direktor des Museums für Geschichte und Kunst

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Bericht

Ausstellung: „MACHTUrlaub“  Das Dokumentationszentrum Prora beleuchtet NS-Geschichte auf Rügen In der Anlage des als „Koloss von Rügen“ bekannt gewordenen ehemaligen „KdF-Seebades Rügen“ befindet sich das Dokumentationszentrum Prora. Die Anlage, eine 4,5 km lange Gebäudezeile, bestehend aus 5 Blöcken mit einer Länge von jeweils 500 m, steht seit 1992 unter Denkmalschutz. Das Dokumentationszentrum gehört zur Stiftung NEUE KULTUR, die l990 errichtet wurde und sich seit l992 mit dem ehemaligen „KdFSeebad der Zwanzigtausend“ befasst . Ziel der Stiftung ist es, Prora als historisches Denkmal zu erhalten und es in einer der historischen Bedeutung und den regionalen Erfordernissen angemessenen Weise zu entwickeln und zu nutzen. Das Dokumentationszentrum wurde im Jahr 2000 eröffnet. Die Dauerausstellung „MACHTUrlaub“ wurde 2003 / 2004 im Rahmen des Programms Kultur 2000 der Europäischen Union mit Partnern aus Polen, Tschechien, Holland und Österreich realisiert. Sie verdeutlicht auf anschauliche Weise den Zeitgeist, das Gedankengut, die geistige Vergewaltigung und Verformung im „Dritten Reich“ und macht betroffen. Sie wird begleitet durch den Einsatz moderner Medien und durch informative Literatur und wird, was auffällig ist, von sehr vielen jungen Menschen verschiedener Nationalitäten besucht. Im Vorwort eines der ausliegenden Bücher wird ein Satz von Theodor W. Adorno vorangestellt: „Vor allem muss Aufklärung über das Geschehene einem Vergessen entgegenarbeiten, das nur allzu leicht mit der Rechtfertigung des Vergessenen sich zusammenfindet.“ Das „KdF-Seebad Rügen“ war ein wichtiger Bestandteil der sozialpolitischen Propaganda des NS-Regimes. Die Ausstellung „MACHTUrlaub“ thematisiert die Geschichte von Prora und stellt sie in den Kontext der nationalsozialistischen Gesellschaftspolitik, die durch den Begriff „deutsche Volksgemeinschaft“ zentral geprägt wurde. Thematisch gliedert sich die Ausstellung in zwei Bereiche: 1. Das KdF-Seebad Prora: Rügen im Nationalsozialismus; Idee und Planung; Das „KdF-Seebad

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Rügen“ in der Propaganda; Baugeschichte und Nutzung bei Kriegsende; Nachkriegsgeschichte; und 2. Die „deutsche Volksgemeinschaft“: Das Modell der „Volksgemeinschaft“; Formierung der „Volksgemeinschaft“; Soziale Realitäten der „deutschen Volksgemeinschaft“; Propaganda und Massenkultur; Die Instrumentalisierung der Kultur; Die „Modernität“ des NS-Staates. Begleitet wird die Dokumentation durch Wechselausstellungen zur Geschichte, Architektur, Kunst, Natur und Politik. Die Ostküste Rügens zählt zu den schönsten deutschen Naturlandschaften. Prora ist das Synonym für das einzige „KdF-Seebad“, das in den Jahren zwischen Mai l936 und Sommer l939 in wesentlichen Teilen fertig gestellt wurde. „Kraft durch Freude“ war eine Unterorganisation der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF), deren Leiter, Robert Ley, fünf solcher Ferienanlagen an der Nord- und Ostsee plante. Die DAF baute ein umfassendes Netz betreuender Einrichtungen auf, die nahezu sämtliche alltags- und lebenswichtigen Bereiche – bis hin zur Freizeitgestaltung – kontrollierten. Die Gewerkschaften und Arbeitervereine, in denen sich die Arbeiter ihre Freizeit und Erholung gestaltet hatten, wurden am

2. Mai l933 im „Sturm auf die Gewerkschaften“ zerschlagen. Ziel der DAF war eine „totale Betreuung“, oder, wie Ley es formuliert: „Während der alte Staat ein Nachtwächterstaat war, ist unser Staat ein Erziehungsstaat, ein Pädagoge, ein väterlicher Freund. Er lässt den Menschen nicht los von der Wiege bis zum Grabe.“ Der Massentourismus, der den Nazis vorschwebte, besetzte zunächst das massenhafte Bedürfnis von Arbeitern und weniger bemittelten Schichten. Sie sollten von ihren sozialen und wirtschaftlichen Problemen abgelenkt werden, um den inneren Frieden zu sichern. Auf ideologischer Ebene versuchte die Organisation, Aufstiegshoffnungen der Arbeiter zu wecken und ihnen eine bessere Zukunft in der Volksgemeinschaft zu versprechen. Die Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ entwickelte sich zur populärsten Organisation des „Dritten Reiches“. Die KdF-Bewegung war die Geburt des Massentourismus. Ein Urlaubskomplex für 20 000 Menschen – wie in Prora geplant – hätte 1936 eine unerhörte und bis dahin unbekannte Zusammenballung dargestellt. Der heutige moderne Tourismus hat inzwischen größere Konzentrationen hervorgerufen. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied: „KdF“ war ein gesellschaftspolitisches Projekt, der heutige Tourismus ist ein wirtschaftliches Phänomen. 1936 wurde für Prora ein geschlossener Wettbewerb ausgelobt, aus dem Clemens Fortsetzung auf Seite 19

Die Anlage des ehemaligen „KdF-Seebades Rügen“ heute

Fotos: Ulla Dretzler

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Bericht Fortsetzung von Seite 18 Klotz, der Architekt Leys, als Sieger hervorging. Die zentrale Festhalle für 20 000 Gäste sollte dem Entwurf des Hamburger Architekten Erich zu Putlitz folgen. Schon bei der Planung äußerte Hitler den Wunsch, dass das Seebad im Kriegsfall auch als Lazarett nutzbar sein sollte. Am 2. Mai 1936 fand die Grundsteinlegung statt. Es war eine Großveranstaltung unter Teilnahme der Kriegsmarine und Luftwaffe mit Übertragung im Radio. Robert Ley hielt die Hauptrede. In Prora waren die größten und leistungsfähigsten deutschen Baufirmen tätig. Sie errichteten die Rohbauten im Wesentlichen von Frühjahr l938 bis zum September l939. Mit Beginn des Weltkrieges wurde der Bauvorgang abgebrochen und die folgenden Bauarbeiten von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern geleistet. Während des Krieges wurde die Anlage teilweise ausgebaut und für kriegsnahe Ziele verwendet. Flüchtlinge und Ausgebombte aus Hamburg wurden hier untergebracht, l944 ein Lazarett eingerichtet. Bei Kriegsende waren einige Teile der Anlage, insgesamt etwa 5 km, genutzt, andere standen leer. Nach der Ausquartierung der Flüchtlinge im November l945 bezogen Truppenteile der sowjetischen Armee die bewohnbaren Teile. Von l945 bis 1947 fanden Demontagen statt, über den Hafen von Saßnitz gelangten Baumaterialien als Reparationsleistungen in die Sowjetunion. Der folgende unkontrollierte Abriss endete erst l949. Bei Sprengungen wurde der südliche Flügel vollständig zerstört, im Norden blieben große Trümmerteile stehen. Später nutzte die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR die Anlage zu einem Komplex von Kasernen, militärischen Schulen und zu einem Ferienheim für Offiziere der NVA. Nach der Wende ging die Anlage nach einer kurzen Nutzung durch die Bundeswehr l991 als Liegenschaft Prora in Bundeseigentum über. Damit endete der Status Proras als militärisches Sperrgebiet. In der plötzlichen Übergangszeit war alles menschenleer, unbewacht und herrenlos. Vandalismus breitete sich aus. Seit l992 siedelten sich eine Vielzahl von Kultur- und Jugendeinrichtungen in privater Initiative mit Mietverträgen der Bundesvermögensverwaltung (BVA) in dem mittleren der fünf großen Gebäudeblöcke an. In dieser „Museumsmeile“ befanden sich u. a. Künstlerateliers, das Historische Prora Museum, die Erlebnismuseen „Zum Anfassen“ und „Wasserwelten“, das Mu-

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seum „KulturKunststatt Prora“ , seit l996 das Graphik-Museum mit der Sammlung Vogel C & C mit ca. 4000 Blättern (die Sammlung Prof. Carl Vogel, ehemaliger Präsident der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und seiner Ehefrau Carin umfasst insgesamt 20 000 Blätter und verkörpert einen Wert von etwa acht Millionen Euro) und seit 2000 auch das Dokumentationszentrum. In internationalen Symposien und Veranstaltungen, organisiert durch die Stiftung NEUE KULTUR, wurden Vorschläge

Prora“ in der Museumsmeile war, das nun kommerziell weiter betrieben wird. Den anderen ehemaligen Mietern wurde von den Investoren gekündigt, sie haben die Anlage inzwischen fast alle verlassen, auch die Graphiksammlung Vogel C & C 2006 nach zehn Jahren. Dem Dokumentationszentrum Prora wurden die Räume in Block 3 zum 31.12.2008 gekündigt, der Stiftung NEUE KULTUR wurde gleichzeitig zugestanden, die Räume vorerst weiter als Dokumentationszentrum zu nutzen. Historiker kritisieren den Verkauf

zur Nutzung dieser Anlage diskutiert und erarbeitet. Die Finanzbehörden versuchten seit der Räumung durch die Bundeswehr, Prora unter kommerziellen Gesichtspunkten zu vermarkten. Im Sommer 2004 versteigerte die Oberfinanzdirektion die von der Roten Armee gesprengten Blöcke im Norden, unter Denkmalschutz stehende Ruinen, mit angrenzendem Wald an ein Marktforschungsunternehmen aus Liechtenstein. Der Landkreis Rügen, Eigentümer von Block 5, will Mittel für den Umbau zu einer Jugendherberge mit 500 Plätzen freigeben. Die zentralen und am besten erhaltenen Teile der Anlage, die Blöcke 1, 2 und 3, in denen sich auch die „Museumsmeile“ mit den verschiedenen Kultur- und Jugendeinrichtungen befand, wurden 2005 an private Investoren für kommerzielle Zwecke ( für Hotels, Ferienwohnungen, Wellness- und Sportanlagen usw.) veräußert. Einer dieser Investoren ist die Inselbogen GmbH, deren Geschäftsführer der Betreiber des Museums „KulturKunststatt

der Anlage als Rückzug des Bundes aus der politischen Verantwortung, handelt es sich doch um ein Denkmal von nationalem Rang. Die Akademie der Künste in Berlin hat sich in einer Vollversammlung unter ihrem Präsidenten Klaus Staeck einstimmig einer Erklärung angeschlossen, die den Erhalt des Dokumentationszentrums Prora an seinem angestammten Platz fordert. In der Erklärung heißt es u. a.: „Der Monumentalbau in Prora auf Rügen ist ein einzigartiges architektonisches und sozialgeschichtliches Zeugnis der nationalsozialistischen Ideologie und ein unverzichtbares Dokument der deutschen zeitgeschichtlichen Erinnerungskultur. Dieses Dokumentationszentrum ist eine nationale Aufgabe der Geschichtsvermittlung und Aufklärung über die Schreckensherrschaft der nationalsozialistischen Diktatur. Ohne dieses Dokumentationszentrum ist die Gesamtanlage ein sinnentleertes Tourismusziel, mit dem die Relativierung der Geschichte bewusst in Kauf genommen wird.“ Ulla Dretzler

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Reisebericht

Nordrhein-Westfalen in Oberschlesien Begegnungsreise des Integrationsbeauftragten Thomas Kufen - Erster Teil „..manches erinnert an den Kohlenpott, als wäre er nach Osten verrutscht…“, schreibt Heinrich Böll unter dem Titel „Das Schmerzliche an Oberschlesien” in seiner Rezension von Horst Bieneks „Die erste Polka” von 1975 über das Oberschlesien der Vorkriegszeit. Auch heute gibt es viele Städte in Oberschlesien, auf die Heinrich Bölls Beobachtungen zutreffen und bisweilen fühlt man sich zurückversetzt in das Ruhrgebiet der 1960er Jahre. Oberschlesien ist aber mehr als eine montanindustriell geprägte Region. Das Land mit dem oberschlesischen Industriegebiet als Kern umfasst auch die im Süden angrenzenden Beskiden und reicht durch die Einbeziehung der Region umTschenstochau über die historische Nordostgrenze Oberschlesiens hinaus. Zum historischen Oberschlesien gehören die Woiwodschaft Oppeln und südwestlich angrenzende Gebiete im heutigen Tschechien. Oberschlesien hat viele Gesichter und eine bewegende Geschichte. Über die vielen Jahrhunderte hinweg gekennzeichnet durch wechselnde Herrschaftsverhältnisse, war es im 20. Jahrhundert Zankapfel zwischen Deutschland und Polen.

Gemeinsamkeiten für den Dialog Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und Oberschlesien gibt es viele Verbindungen. Sie reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Arbeitskräfte aus Oberschlesien als Bergleute im Ruhrgebiet Arbeit fanden. Als Folge des Zweiten Weltkrieges gehört Oberschlesien zu Polen. Viele Oberschlesier flohen, wurden vertrieben oder sahen sich zur Aussiedlung veranlasst. Oft war dabei Nordrhein-Westfalen ihr Ziel, so dass zahlreiche Einwohner von Nordrhein-Westfalen oberschlesische Wurzeln haben. Angesichts der vielfältigen Verbindungen

beider Regionen hat das Land NRW 1964 eine Patenschaft über die Oberschlesier übernommen und im Jahr 2000 mit der Woiwodschaft Śląsk/Schlesien eine „Gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit und den Ausbau der freundschaftlichen Beziehungen” unterzeichnet, die 2008 bekräftigt wurde. Diese sieht eine „Vertiefung des kulturellen und sprachlichen Austausches zwischen beiden Regionen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen der Menschen mit polnischer bzw. deutscher Abstammung an der Bewahrung der Identität” vor. So gab es für die Begegnungsreise nach Oberschlesien, die der Integrationsbeauftragte der Landesregierung NRW, Thomas Kufen, mit der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf, dem Oberschlesischen Landesmuseum in Ratingen und Vertretern des Landesbeirates vom 27. bis zum 30. September 2009 unternahm, viele Anknüpfungspunkte. Ziel war es, sich vor Ort der Geschichte, Politik und den Menschen der Region anzunähern und sich über die Situation der deutschen Minderheit in Oberschlesien zu informieren. So standen neben Besuchen verschiedener Städte in den Woiwodschaften Śląsk/Schlesien und Opole/Oppeln viele politische Sondierungsgespräche auf dem Programm. Sie dienten vor allem dem persönlichen Kennenlernen und dem Informationsaustausch.

Deutsche Kultur und Geschichte in Lubowitz und Ratibor

Joachim Niemann, Leonard Wochnik und Bruno Kosak vor dem Eichendorff-Kulturund Begegnungszentrum in Lubowitz Foto: Susanne Peters-Schildgen

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In dem bei Ratibor gelegenen 370-SeelenDorf Lubowitz wurde 1788 der berühmte romantische Dichter Joseph von Eichendorff geboren. Seit 2008 gibt es in Lubowitz deutsch-polnische Ortsschilder. Die große Mehrheit der Einwohner bekennt sich hier zu ihren deutschen Wurzeln. Gastgeber und Gesprächspartner im Eichendorff-Kultur- und Begegnungs-

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Reisebericht zentrum waren Bruno Kosak, Fraktionsmitglied der Deutschen Minderheit im Landtag Oppeln, Kuratorienrat der Eichendorff-Stiftung, Leonard Wochnik, Vorsitzender des Eichendorff-Vereins und Dipl.-Ing. Joachim Niemann, Geschäftsführer des „Verbands der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen“ (VdG) aus Oppeln. Den Gästen wurden Struktur und Funktion des Vereins und des Begegnungszentrums erläutert. Das Gebäude dient den Deutschen in Oberschlesien als Kultur- und Bildungsstätte, aber auch als Begegnungsstätte aller in Oberschlesien lebenden Volksgruppen. Träger der Einrichtung sind die Gemeinde Rudnik, der Lubowitzer EichendorffVerein und der Verband der deutschen Gesellschaften in der Republik Polen (VdG) sowie die deutschen sozial-kulturellen Bezirksverbände Kattowitz und Oppeln. Die Gründung des Zentrums erfolgte auf Initiative des seit 1989 bestehenden Eichendorff-Vereins. Dessen Aufgabe besteht in der Betreuung von Objekten, die mit Eichendorff in Verbindung stehen. Dazu zählt besonders die Ruine des 1945 zerstörten Schlosses, wo Eichendorff seine Kindheit verbrachte. Von dem zunächst geplanten Wiederaufbau des Schlosses hat der Verein Abstand genommen, weil es dazu weder von polnischer noch von deutscher Seite finanzielle Unterstützung gibt. Aus diesem Grund konnte auch ein in Lubowitz geplantes großes Übernachtungszentrum nicht gebaut werden. Bruno Kosak gab der Delegation einen Einblick in die Situation der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln. Nach dem Mauerfall brachte der deutschpolnische Freundschaftsvertrag von 1991 wesentliche Verbesserungen für die Deutschen in Polen. Mit der Unterzeichnung des Vertrages wurde die deutsche Minderheit in Polen erstmals offiziell anerkannt. So erhielten die Deutschen in Polen neben ihrer doppelten Staatsangehörigkeit auch das Recht, ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zu bewahren und auszudrücken, privat und öffentlich in ihrer Muttersprache zu sprechen sowie eigene Bildungs-, Kulturund Religionseinrichtungen zu gründen. Bei den Wahlen von 1991 wurden sieben Angehörige der Deutschen Minderheit als Abgeordnete in den Oppelner Sejm gewählt. Angehörige der Deutschen Minderheit stellen in vielen Gemeinden

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Ratsmitglieder. Die wichtigsten Organisationen der Deutschen Minderheit in Oppeln und Schlesien sind die SozialKulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD) und der Deutsche Freundschaftskreis im Bezirk Schlesien. Beide gehören zum Verband der deutschen und sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG). Der SKDG gehören 330 Deutsche Freundschaftskreise (DFK) an; diese sind lokale Orts- oder Gemeindegruppen. Dem DFK im Bezirk Schlesien sind 127 Ortsgruppen angeschlossen. Kosak bemerkte, dass die Einführung deutschsprachigen Unterrichts in den Schulen allgemein gut angenommen werde. Rein deutsche Schulen seien weniger erfolgreich. Insgesamt bewerteten die Gastgeber die Situation der Deutschen Minderheit als positiv. Ihre Hoffnung setzen sie auf die Jugend, die beim großen Treffen der Deutschen Minderheit in der Breslauer Jahrhunderthalle im September 2009 ihrer Meinung nach zahlreich vertreten war.

Das Eichendorff-Denkmal in Ratibor

Deutscher Freundschaftskreis in Schlesien Nach der Besichtigung der EichendorffAusstellung und der Schlossruine ging die Fahrt weiter nach Ratibor. Zu einem Informationsaustausch traf sich die Delegation dort mit Vertretern des Deutschen Freundschaftskreises (DFK) im Bezirk Schlesien, des Bundes der Jugend deutscher Minderheit (BJDM) Ratibor sowie des Jugendprogramms „Mittendrin“. Die Gesprächspartner schätzten die Situation der deutschen Minderheit kritischer als die Gastgeber in Lubowitz ein. Besonders der deutschen Jugend fehle in Oberschlesien die Perspektiven. Deshalb gingen viele zweisprachig ausgebildete junge Leute ins Ausland, wo die Löhne höher seien. Erleichtert werde der Weggang zusätzlich durch die doppelte Staatsangehörigkeit. Als Problematisch wurde die Situation

besonders für die mittlere „verlorene“ Generation der Deutschen in Oberschlesien angesehen. Deren Identitätsverlust sei mit dem Verbot der deutschen Sprache nach 1945 einhergegangen. Erst Ende der 1960er Jahre wurde Deutsch in anderen Regionen wieder zugelassen. Als nach der politischen Wende den Deutschen in Polen alle Möglichkeiten zur Pflege der sprachlichen und kulturellen Identität offen standen, gab es zunächst kein geeignetes Lehrpersonal. Teresa Konczyk, Redakteurin der Radiosendung „Mitten drin“, bestätigte die Spannungen zwischen alter und junger Generation der Deutschen Minderheit. Sie skizzierte kurz die beiden deutschsprachigen Radiosendungen „Die deutsche Stimme aus Ratibor“ (seit Oktober 1999) und „Mittendrin“ (seit Oktober 1999). Beide Sendungen werden von Radio „Vanessa“ ausgestrahlt. Susanne Peters-Schildgen (Fortsetzung in WOJ 2/2010)

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Studienfahrt

Vom 07.07.bis 12.07.

Petrikirche

Spurensuche

Die Geschichte der Ausstellung nimmt ihren Anfang 1999, als auf Initiative des Generalkonsulates Deutschland in Sankt Petersburg eine Ausstellung von authentischen Dokumenten „Deutsche in Sankt Petersburg“ organisiert wurde. In der Ausstellung befindet sich eine große Anzahl von Materialien nach verschiedenen Gebieten geordnet: „Russischdeutsche dynastische Verbindungen“, „Deutsche in der Russischen Akademie der Wissenschaften“, „Staatsmänner und Militärpersonen“, „Evangelisch-lutherische Gemeinden“, einzelne hervorragende Vertreter der deutschen Diaspora in Russland, beginnend ab dem 18. Jahrhundert. In der Ausstellung kann man sich mit dem Leben und der Tätigkeit solcher bekannter Deutscher in Russland, wie G. I. Ostermann, S. J. Witte, G. S. Bayer und vielen anderen bekannt machen.

Deutsche Geschichte und Kultur in Sankt Petersburg Die Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Düsseldorf eine Studienreise nach Sankt Petersburg. Auf dem Programm stehen, neben ausführlichen Besichtigungen von Museen und bedeutenden Bauwerken, Begegnungen mit Vertretern von Institutionen und Organisationen der Deutschen in St. Petersburg. Programm Mi. 07.7.2010 Abflug mit der Lufthansa von Düsseldorf nach Sankt Petersburg am Vormittag. Transfer zum Hotel „Moskwa“, direkt am Newski Prospekt gelegen.

Mo. 12.07.2010 Abreise - Transfer zum Flughafen. Rückflug nach Düsseldorf am Nachmittag. Programmänderungen vorbehalten. Der Preis für die Reise beträgt 848,00 Euro für Vollpension und Unterbringung im Doppelzimmer, zuzüglich Visumbeschaffung in Höhe von ca. 70,00 € pro Person. Einzelzimmerzuschlag 136,00 € Anmeldung und Informationen im Gerhart-Hauptmann-Haus unter Tel.: 0211 - 1699118. Deutsche Kultur und Geschichte in Sankt Petersburg - Lutherische Petrikirche Die Kirche wurde 1830 vom Architekten

Do. 08.07.2010 Stadtrundfahrt mit Außenbesichtigungen von der Admiralität, dem Flussleuchtturm, der Akademie der Künste, der Petersburger Universität und der Peter und Paul Festung, die den Ursprung und das historische Zentrum der Stadt bildet. Innenbesichtigung der Isaak-Kathedrale.

Deutsch-Russisches Begegnungszentrum an der Petrikirche St. Petersburg

Fr. 09.07.2010 Besichtigung der ehemaligen Winterresidenz des Zaren, in der sich heute die Eremitage befindet. Besuch des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland. (fakultativ) Sa. 10.07.2010 Fahrt nach Puschkin und zur bekanntesten Zarenresidenz, dem Katharinenpalast, wo sich das legendäre Bernsteinmuseum befindet (Innenbesichtigung). Besichtigung der deutschen evangelisch lutherischen Petrikirche in St. Petersburg und der Dauerausstellung „Geschichte der Deutschen in St. Petersburg“ im Deutsch-Russischen Begegnungszentrum. (fakultativ) Am frühen Abend geführter Spaziergang mit der örtlichen Reiseleitung entlang der Newa durch die Stadt. So. 11.07.2010 Ausflug mit dem Tragflügelboot zur prunkvollen Sommerresidenz an der Ostsee, dem Peterhof.

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Petrikirche in Sankt Petersburg Foto: privat

Alexander Brüllow fertiggestellt. Die einst für die deutsche Gemeinde Petersburgs im neoromantischem Stil erbaute Kirche war während der Sowjetzeit ein Schwimmbad. Heute finden hier wieder regelmäßig evangelische Gottesdienste statt. Außerdem wird hier die Ausstellung „Geschichte der Deutschen in St. Petersburg“ gezeigt. Die evangelische Kirche liegt etwas zurückgesetzt vom Newski Prospekt. Ständige Ausstellung in der

Die Stiftung Deutsch-Russisches Begegnungszentrum an der Petrikirche in St. Petersburg trägt mit ihren Veranstaltungen zur Festigung deutscher Bräuche und Traditionen bei, fördert, organisiert und leitet Ausstellungen, Seminare, Diskussionsforen und Vortragsreisen, kümmert sich um ältere Menschen und unterstützt berufsbegleitende oder – fördernde Initiativen besonders für russlanddeutsche Jugendliche. Das Begegnungszentrum besteht seit 1993. Das Angebot umfasst Deutschkurse, auch für Sprachlehrer, Jugend- und Ausbildungsprojekte, eine Bibliothek und Audiothek sowie ein Au-Pair-Programm. Das Zentrum ist ein Knotenpunkt im Rahmen des Bildungs- und Informationszentrums (BIZ) in Moskau und unterstützt 13 Begegnungsstätten in: Neudorf (Strelna), Murmansk, Nowodwinsk, Petrosawodsk,Pskow, Seweodwinsk, Tosno, Kotlas, Kolpino, Kirischi, Gatschina, Wyborg, Wolchow. An Gruppenaktivitäten gibt es das Musikensemble „Loreley“, das Laientheater „Petersburger Deutsche“, das Kindertheater „Schnukiputz“, ein Kindermusiktheater und eine Folkloregruppe. Mattias Lask

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Studienfahrt

Vom 19.06. bis 26.06.

Eine Reise nach Czernowitz Mythos Czernowitz. Von der Hauptstadt der Bukowina geht eine ungewöhnliche Faszination aus. „Klein-Wien am Pruth“ oder auch „Jerusalem am Pruth“ sind Bezeichnungen, die die Stadt in der Vergangenheit charakterisieren sollten. Eine Stadt, in der Menschen aus vielen Ethnien, aus unterschiedlichsten Kultu-

Czernowitz heute ren, Anhänger diverser Religionen, mit verschiedenen Muttersprachen friedlich miteinander lebten. Ausgerichtet auf die Hauptstadt des KuK-Reiches Österreich-Ungarn, auf die Metropole Wien, geprägt durch die jüdischen Bewohner, die mehr als ein Drittel der Bevölkerung stellten, überwiegend assimiliert und Träger einer deutschen „Leitkultur“ waren. Das „goldene Zeitalter“ der Stadt reichte von 1845, als die Bukowina zum eigenständigen Kronland mit der Hauptstadt Czernowitz erklärt wurde, bis 1915, als russische Kosaken im 1. Weltkrieg die Stadt überfluteten und die Bukowina 1918 an Rumänien fiel. Durch eine Vielzahl herausragender meist jüdischer DichterInnen, bildender Künstler und Wissenschaftler, die in Czernowitz geboren wurden oder doch eine längere Zeit ihres Lebens dort verbrachten, wird auch heute noch unser Blick auf das mittlerweile ukrainische Cernivci gelenkt. Allerdings gilt das Interesse wesentlich dem Werk der deutsch- und jiddischsprachigen DichterInnen und Intellektuellen und ihrem Leben in einer Gesellschaft,

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die vielen von uns ein „multikulturelles“ Ideal zu sein scheint. Da die alte, die „österreichische“ Stadt, zwar in weiten Teilen sanierungsbedürftig, bis heute erhalten blieb, lohnt es sich, vor Ort zu erkunden, welche Zeugnisse des „goldenen Zeitalters“ sich noch finden lassen und zu prüfen und zu fühlen, ob vom Geist und der Ausstrahlung des mythischen Ortes noch etwas erhalten, noch zu spüren ist. Die Rose Ausländer-Stiftung bietet 2010, wie alle zwei Jahre, eine geführte achttägige Reise nach Czernowitz an. Für die An- und Abreise wird jeweils ein Tag benötigt (Flug ab Düsseldorf, Bus ab Lemberg), in Czernowitz stehen sechs Tage zur Erkundung der Stadt und ihrer Umgebung zur Verfügung. Die Stadtspaziergänge führen zu den Spuren von Rose Ausländer, Paul Celan, Selma Meerbaum-Eisinger, Gregor von Rezzori, Elieser Steinbarg, Mihail Eminescu und weiteren DichterInnen; das österreichische Czernowitz bildet einen Schwerpunkt mit Besuchen des Theaters, der Musikhochschule, des Rathauses, des Justizpalastes, des Kunstmuseums, der ehemaligen Residenz des griechischorthodoxen Erzbischofs (heute Zentralgebäude der Universität), der Kathedralen und Kirchen verschiedener Religionen. Ringplatz, Volkspark und Habsburghöhe gehören zum typischen Bild jeder österreichischen Stadt. Natürlich ist auch das „jüdische“ Czernowitz ein Schwerpunkt der Reise. Das alte jüdische Viertel lässt sich finden, über 70 Synagogen und Bethäuser waren einst mit Leben erfüllt. Heute reicht eine kleine Synagoge für die jüdische Gemeinde. Die anderen werden zweckentfremdet genutzt als Möbellager, Fabriken oder wie der ehemalige jüdische Tempel, das

imposanteste jüdische Kirchengebäude der Stadt, umgebaut zum Kino. Im Foyer des Kinos erinnert eine Marmortafel an Joseph Schmidt, den berühmten Tenor der zwanziger und dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts, der in Czernowitz geboren wurde, im Kinderchor des Elieser Steinbarg das Singen lernte und im Tempel und der Großen Synagoge ein Jahr lang als Kantor sang, bevor er nach Berlin ging und Weltruhm erlangte. Der alte jüdische Friedhof mit fast 70.000 Gräbern ist heute der markanteste Platz jüdischen Lebens in Cernivci. Und die verfallenen Ruinen des Palastes des Wunderrabbi von Sadagora der beschämenste. Eine Busfahrt zur Festung Chotin am majestätischen Dnjestr führt in die Nähe des Ortes, an dem 1941 die aus der Bukowina deportierten Juden auf Flößen den Strom überqueren mussten, um die Gettos in Transnistrien zu erreichen. Dort starben 350.000 Menschen an Seuchen, Hunger und Kälte, ermordet weil sie Juden waren. Dort ging die von deutschsprachigen Juden getragene Kultur der Stadt Czernowitz zu Grunde. Ausflüge zum Cecina-Berg, nach DornaVatra, früher ein beliebtes Bad am Rande der Waldkarpaten, das Erkunden der modernen Stadt Cernivci, ein Gespräch mit dem Rabbi, Vorträge von Peter Rychlo (Germanist an der Universität Cernivci), Helmut Braun (Beiratsvorsitzender der Rose Ausländer-Stif-tung), des jüdischen Historikers Mykola Kushnir, ein Gespräch mit dem Chefredakteur der Regionalzeitung, ein Klezmer-Konzert mit einer örtlichen (aus Filmen bekannten) Gruppe und eine Lyriklesung am Pruth und natürlich Freizeit zum Erkunden auf eigenen Wegen und Mahlzeiten mit allem, was die ukrainische Küche zu bieten hat - mit „gefilltem Fisch“ auch ein Ausflug in die jiddische Kochkunst – machen die Reise zu einem Erlebnis. Zurück gekommen, werden die Reisenden mit anderen Augen die Texte lesen, mit denen alle DichterInnen ihre Heimatstadt erinnern und preisen. Und der Geist der alten Stadt, ist er noch zu finden? Lassen Sie sich überraschen. Helmut Braun Alle Informationen zur Reise erhalten Sie im Internet unter www.roseausländer-stiftung.de oder auf Anforderung schriftlich bei der Rose Ausländer-Stiftung, Blücherstrasse 10, 50733 Köln.

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Buchrezension

Der SED-Staat und die Vertriebenen. Neue Forschungen – auch ein Beitrag zum 60. Gründungstag der DDR Längst ist bekannt, dass die SED-Diktatur – wie immer in Abhängigkeit von ihren sowjetischen Schutzherren – die aus dem historischen deutschen Osten stammenden Flüchtlinge und Vertriebenen grundsätzlich als zumindest potentiellen Störfaktor betrachtete. Die kommunistischen Spitzenleute um Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck (dessen Heimatstadt Guben mit ihrer östlichen Hälfte jenseits der Neiße 1945 auch an Polen fiel) hatten einigen Grund zur Besorgnis, zumindest mit Blick auf die zahlenmäßigen Verhältnisse: Bis zum Zeitpunkt der Gründung der DDR im Oktober 1949 waren in die Sowjetische Besatzungszone rund 4,3 Millionen Menschen aus den bisherigen Ostprovinzen des Deutschen Reiches beziehungsweise anderen deutschen Siedlungsgebieten (insbesondere dem Sudetenland) geströmt. Damit betrug der Anteil dieser Gruppe an der Gesamtbevölkerung der DDR Ende 1949 24,2 %. In der jungen Bundesrepublik lag der Anteil der Vertriebenen und Flüchtlinge dagegen lediglich bei rund 16,5 %. Auch hinsichtlich der großen regionalen Verteilungsunterschiede erreichte die DDR einen Spitzenwert: In MecklenburgVorpommern betrug der Anteil von Vertriebenen und Flüchtlingen 1949 nicht weniger als 43,3 %. Dies lag noch deutlich über dem entsprechenden Höchstwert, den unter den westdeutschen Ländern Schleswig-Holstein mit 33 % erreichte. Zunächst wurde das Flüchtlings- und Vertriebenen-Problem in der SBZ/DDR bekanntlich einfach „wegdefiniert“, indem bereits seit September 1945 nach Maßgabe der sowjetischen Besatzungsmacht nur noch von „Umsiedlern“ gesprochen werden durfte. Noch vor der Gründung der DDR wurde das „Umsiedler-Problem“ dann formell für gelöst erklärt, was bedeutete, dass nicht nur die bis dahin bestehende Sonderverwaltung („Zentralverwaltung für Umsiedlerfragen“) aufgelöst wurde, sondern zudem, dass staatlicherseits irgendwelche speziellen Maßnahmen als nicht mehr erforderlich angesehen wurden. Zu einer Zeit also

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als in der Bundesrepublik die schwierige Diskussion um die angemessene Form des Lastenausgleichs erst richtig in Gang kam, legten die SED-Oberen fest, dass die Vertriebenen und Flüchtlinge als besondere Bevölkerungsgruppe in der DDR gar nicht mehr vorhanden seien, da sie inzwischen vollständig integriert wären. Dass die Realität anders aussah, bedarf keiner eingehenden Erläuterung. Der Schriftsteller Christoph Hein, selbst 1944 in Schlesien geboren und in der Nähe von Leipzig aufgewachsen, hat dies in seinem Roman „Landnahme“ (2004 erschienen) eindrücklich literarisch geschildert. Nunmehr liegt eine neue wissenschaftliche Untersuchung vor, die zeigt, welchen Aufwand der SED-Staat im Grunde bis zu seinem Untergang bei der Überwachung und Unterwanderung einer Bevölkerungsgruppe trieb, die nach offizieller Lesart gar nicht existierte. Heike Amos, die in der Berliner Abteilung des Instituts für Zeitgeschichte arbeitet, hat sich diesem Untersuchungsfeld gewidmet und zum Teil Erstaunliches zutage gefördert (Heike Amos: Die Vertriebenenpolitik der SED 1949 bis 1990, München 2009). Die Bemühungen des Staatssicherheitsdienstes richteten sich nicht nur darauf, strikt zu kontrollieren, dass das bereits 1945 ergangene Organisationsverbot seitens der Vertriebenen weiterhin nicht übertreten wurde – auch Kontakte zu den Interessenorganisation der Vertriebenen und Flüchtlinge in der Bundesrepublik sollten nach Möglichkeit unterbunden werden. Die Studie von Amos zeigt aber auch, wie schwer sich die Stasi damit tat, die seit Beginn der 1950er bis in die 1960er Jahre hinein stattfindenden informellen Vertriebenen-Treffen in den Zoologischen Gärten von Halle/Saale und Leipzig wirkungsvoll zu verhindern. Zwar konnte sie etwa gegen Gastwirte vorgehen, die Räumlichkeiten vermietet hatten. Die Treffen als solche zu unterbinden, war jedoch infolge der „dezentralen“ Organisation durch persönliche, nicht selten nur mündlich mitgeteilte Informationen zu Ort

und Zeit der nächsten Zusammenkünfte äußerst schwierig. Da es im engeren Sinne keine „Rädelsführer“ gab, konnte man ihrer auch nicht habhaft werden. Entsandt wurden regelmäßig dann immerhin Inoffizielle Mitarbeiter, also Spitzel der Stasi, welche mithelfen sollten, die Treffen unter Kontrolle zu behalten. Die in West-Berlin angesiedelten Unterorganisationen der Vertriebenenverbände erfreuten sich in Anbetracht der räumlichen Nähe einer besonderen Beachtung durch den Spionage- und Repressionsapparat der SED-Diktatur. Das bereits seit 1949 an verschiedenen Standorten in West-Berlin existierende „Haus der ostdeutschen Heimat“ wurde gezielt mit Informanten unterwandert – da man ja glaubte, dort sei eine Schaltzentrale des „Revanchismus“ untergebracht, die „Feindtätigkeit“ rechtfertige also den entsprechenden Aufwand. Die probate Methode, weibliche Spitzel in der Nähe der männlichen Funktionäre zu platzieren, fand auch hier Anwendung. Die in West-Berlin stattfindenden „Tage der Heimat“ und sonstigen Vertriebenentreffen waren desgleichen ein Tummelplatz der verdeckten Stasi-Mitarbeiter. Zugleich wurden vor 1961 intensive Bemühungen unternommen, um die Teilnahme von in Ost-Berlin oder der DDR wohnenden Vertriebenen zu verhindern – oder aber zurückkehrende Teilnehmer wurden massiv unter Druck gesetzt, dergleichen künftig zu unterlassen. Nach 1961 reisten dann umgekehrt im Auftrag der Stasi unverdächtig erscheinende DDR-Rentner zu entsprechenden Versammlungen in West-Berlin und der Bundesrepublik, um von dort über die angeblichen Pläne der „Revanchisten“ zu berichten. Schließlich ist in der Untersuchung von Heike Amos auch nachlesbar, dass die DDR-Organe gegen die Vertriebenenverbände insgesamt oder aber einzelne prominente Vertreter planmäßig Pressekampagnen inszenierten. Besondere Aufmerksamkeit erfuhren dabei SPD-Funktionäre, die sich zugleich vertriebenenpolitisch engagierten. Diese zogen sich den besonderen Hass des „Arbeiter- und Bauernstaates“ zu. So wurde etwa systematisch versucht, Unwahrheiten über Wenzel Jaksch, sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter und zeitweiliger Präsident des Bundes der Vertriebenen, zu verbreiten. Insgesamt handelt es sich bei dem neuen Buch von Heike Amos um eine in vieler Beziehung inhaltlich unerfreuliche, aber notwendige, das Wissen um die Geschichte der Vertriebenen in ganz Deutschland

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Bibliothek

„Die Nacht ist aus Tinte gemacht“ Kindheitserinnerungen aus Rumänien von Herta Müller In „Die Nacht ist aus Tinte gemacht“ erzählt die Nobelpreisträgerin Herta Müller ihre Kindheit im rumänischen Banat. Aus dem Gespräch heraus, ohne Manuskriptvorlage, erzeugt ihre behutsam sich vorantastende Stimme eine dichte, spannungsreiche Atmosphäre, in der vor dem Ohr des Hörers eine Welt zum Leben erweckt wird, die nur noch in der Erinnerung existiert. Das Leben der Banater Schwaben in Nitzkydorf ist geprägt von bäuerlichen Bräuchen und harter Arbeit. Die Abgeschlossenheit dieses kleinen Kosmos bekommt durch den Schulbesuch erste Risse: Im ständigen Wechsel zwischen Dialekt, Hochdeutsch und Rumänisch entdeckt das Kind, dass die Sprachen ganz unterschiedliche Augen haben, mit denen je andere Dinge wahrgenommen werden können. Durch die Risse wird aber auch die Gewalt deutlicher erkennbar, die in den Körpern sitzt, derer sich die politischen Regime brutal ermächtigen. Für die 1953 Geborene sind die Folgen von Krieg, Deportation der Mutter in ein stalinistisches Straflager, Alkoholismus des Vaters und Enteignung der Familie alltäglich spürbar. So beschreibt Herta Müller ihre Kindheitsängste im Rückblick - als sie auf die Nachstellungen und Drangsalierungen durch den gefürchteten Geheimdienst Securitate zu sprechen kommt - als Einübung in die spätere „Angst aus politischen Gründen“. Angst, die in der Diktatur Ceauşescus bewusst zum Machterhalt eingesetzt wurde. HERTA MÜLLER: „Die Nacht ist aus Tinte gemacht“ - Herta Müller erzählt ihre Kindheit im Banat; 2 CDs, supposé Berlin, 115 Minuten.

Die Töchter der Weber Aufstieg und Niedergang einer Industriellenfamilie aus Lodz von Ina Weisse Hundert Jahre war Lodz für die Familie Lange das „Gelobte Land“. 1844 gründeten die Langes ihre Webstuhl- und Maschinenfabrik und wurden in der Folge unvorstellbar reich. Ina Weisses Urgroßeltern stiegen im damaligen „Manchester des Ostens“ in die höchsten Kreise der Gesellschaft auf. Das Buch beschwört eine Welt voller Glanz, voller exzentrischer Charaktere und Geschichten herauf. Doch das 20. Jahrhundert wird auch für die Langes zum Schicksal. Der Erste Weltkrieg verändert ihre Welt, im Zweiten Weltkrieg verlieren sie alles. Vertreibung und Flucht aus der Heimat werden zum traumatischen Erlebnis. Getrieben von einer unstillbaren Sehnsucht nach dem Verlorenen, dessen Schönheit nur noch in der Erinnerung weiterlebt, begibt sich Ina Weisse auf Spurensuche nach ihren Wurzeln - und erweckt eine glanzvolle Epoche wieder zum Leben. Faszinierende Orte, exzentrische Persönlichkeiten - ein erzählendes Sachbuch, das sich so spannend liest wie ein Roman. INA WEISSE: Die Töchter der Weber: Geschichte einer glanzvollen Familie. Goldmann, 2009.

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Über den Dächern von Dresden Seit 1919 hat Walter Hahn (1889-1969) seine Heimatstadt Dresden systematisch aus der Luft fotografiert. Im Laufe von zweieinhalb Jahrzehnten entstand eine einzigartige Dokumentation der Stadt, die den historisch gewachsenen Kern wie die Entwicklung zur modernen Großstadt in Bildern von bestechender technischer und künstlerischer Qualität festhielt. Als Hahn im Oktober 1943 ein letztes Mal Bilder aus dem Flugzeug machen durfte - Luftbilder waren längst zu militärischen Geheimdokumenten geworden -, konnte er nicht ahnen, dass er am Schlußkapitel seines fotografischen Großprojektes arbeitete. Im Februar 1945 sank Dresden in Schutt und Asche. Glücklicherweise blieb Hahns Bildarchiv mit etwa 15.000 Glasnegativen erhalten; es befindet sich heute in der Deutschen Fotothek Dresden. Das Buch bietet erstmals eine umfassende Auswahl aus dem Bestand und führt den Betrachter in einem imaginären Rundflug über die Stadtteile des alten Dresden - von der Altstadt mit Schloß, Zwinger und Frauenkirche bis nach Pillnitz, vom Japanischen Palais in der Neustadt bis zu den modernen Industrieanlagen am Ostragehege, von den Bauten der Technischen Universität bis zu den vornehmen Villen am Weißen Hirsch. WALTER HAHN: Über den Dächern von Dresden. Lehmstedt, 2008.

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Chronologie Mi | jeweils 19 bis 20.30 Uhr Probe der Düsseldorfer Chorgemeinschaft Ostpreußen-WestpreußenSudetenland Leitung: Iskra Ognyanova Mi 06.01.,03.02, 03.03. | jeweils 15 Uhr Ostdeutsche Stickerei mit Helga Lehmann und Christel Knackstädt Raum 311 Do 07.01., 04.02., 01.03. | jeweils 19.30 Uhr Offenes Singen mit Barbara Schoch Raum 412 Fr 08.01. | 15 Uhr Verantwortung aus Tradition – Gedenkkolloquium für Konrad Grundmann (1925 – 2009) Eichendorff-Saal (Siehe S. 3) Do 14.01. | 09.30 Uhr Exkursion in das PreußenMuseum Wesel und das Museum Stadt Königsberg (Siehe S. 11) Mi 20.01. | 19.15 Uhr Ausstellungseröffnung „Ernst Oldenburg 1914 - 1992“ Ausstellungsraum (Siehe S. 12) Do 21.01. | 19.15 Uhr Die „Neue Ostpolitik“ der Regierung Brandt / Scheel seit 1969 Vortrag von Prof. Dr. Bernd Faulenbach Konferenzraum (Siehe S. 7) Di 26.01. | 19.15 Uhr „Königsberger Küsse“ Buchvorstellung von Alfons Huckebrink Konferenzraum (Siehe S. 5)

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Mi 27.01. | 15 Uhr Kinemathek „Der Untertan“ , Konferenzraum (Siehe S. 15) Di 02.02. | 19.15 Uhr Ausstellungseröffnung „Ost-West-Begegnungen in Krieg und Frieden“ – Auf den Spuren einer Familiengeschichte Konferenzraum (Siehe S. 13) Do 04.02. | 19 Uhr „… gegen einen Geist der Enge, der Überheblichkeit, der Intoleranz“ – Zum 65. Todestag von Helmuth James von Moltke Vortrag von Prof. Dr. Günter Brakelmann Veranstaltungsort: VHS Düsseldorf (Siehe S. 10) Do 11.02. | 19.15 Uhr „Georg Forster (1754 - 1794) – Weltreisender und Revolutionär aus Westpreußen“ Vortrag von PD Dr. Winfrid Halder Konferenzraum (Siehe S. 8) Mi 17.02. | 15 Uhr Kinemathek „Anonyma - Eine Frau in Berlin“ Konferenzraum (Siehe S. 5) Do 18.02. | 19.15 Uhr „Freiwild. Das Schicksal deutscher Frauen 1945“ Buchvorstellung von Ingeborg Jacobs Konferenzraum (Siehe S. 5) Mi 24.02. | 15 Uhr Kinemathek „Der Hauptmann von Köpenick“ Konferenzraum (Siehe S. 15) Do 25.02. | 9.30 Uhr „James Cook und die Entdeckung der Südsee“ Exkursion in die Bundeskunsthalle Bonn, (Siehe S. 9)

Fr 26.02. | 19 Uhr Theaterpremiere „Die Ratten“ Eichendorff-Saal (Siehe S. 17)

Di 02.03. | 19.15 Uhr „Die Deutschen und ihre Nachbarn – Tschechien“ Buchvorstellung mit Prof. Dr. Hans Dieter Zimmermann Konferenzraum (Siehe S. 6) Mo 08.03. | 19 Uhr Kultur- und Begegnungsabend für Spätaussiedler und Einheimische Musik, Tanz, Unterhaltung, Eichendorff-Saal Mi 10.03. | 19.15 Uhr „Uhren auf Schienen“ Lesung mit Ana Blandiana und Franz Hodjak Konferenzraum (Siehe S. 4)

Do 11.03. | 19.15 Uhr Ausstellungseröffnung Karl Leo Herbert Guttmann – „Ostpreußische Impressionen“ Ausstellungsraum (Siehe S.14) Do 18.03. | 19.15 Uhr „Die Vertriebenenverbände und die Neue Ostpolitik“ Vortrag von PD Dr. Matthias Stickler Konferenzraum (Siehe S. 11) Sa 27.03. | 10.30 Uhr Landesversammlung des BdV-Landesverbandes NRW e.V. Vom 19.06. bis 26.06. Studienreise nach Czernowitz (Siehe S. 23) Vom 07.07. bis 12.07. Studienreise nach Sankt Petersburg (Siehe S. 22)

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Im bereits weihnachtlich geschmückten EichendorffSaal des Gerhart-HauptmannHauses referierte Prof. Dr. Christopher Clark von der University of Cambridge am 3. Dezember über die neuere Sicht auf den letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II. Der Kaiserbiograph und Verfasser einer umfangreichen Preußen-Geschichte sprach in einem öffentlichen Vortrag im Rahmen der Tagung der Preußischen Historischen Kommission, die im GerhartHauptmann-Haus stattfand.

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Servicezeiten der Verwaltung Mo-Do 8 - 12.30 ● 13 - 17 Uhr Fr 8 - 14 Uhr Servicezeiten der Bibliothek Mo-Mi 10 - 12.30 ● 13.30 - 17 Uhr Do 10 - 12.30 ● 13.30 - 18.30 Uhr Öffnungszeiten der Ausstellungen Mo - Fr 8 - 17 Uhr Sa auf Anfrage ● Sonn- und feiertags geschlossen

Viele weitere Informationen über das Gerhart-Hauptmann-Haus und zu den im Heft behandelten Themen finden Sie - rund um die Uhr - auch im Internet unter www.g-h-h.de.

Das „West-Ost-Journal“ erscheint vierteljährlich.

Herausgeber: Stiftung „Gerhart-Hauptmann-Haus. Deutsch-osteurpäisches Forum“ Vorsitzender des Kuratoriums: Reinhard Grätz Vorsitzender des Vorstandes: Konrad Grundmann † Bismarckstr. 90 40210 Düsseldorf Postanschrift: Postfach 10 48 61 40039 Düseldorf Telefon: (02 11) 16 99 10 Telefax: (02 11) 35 31 18 Mail: bergmann@g-h-h.de Internet:www.g-h-h.de

Redaktion: PD Dr. Winfrid Halder, Chefredakteur; Dirk Urland M.A. Satz und Layout: Markus Patzke Herstellung: Rautenberg Druck, Rautenberg Druck GmbH, Blinke 8, 26789 Leer/Ostfriesland

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Neu erschienen auf CD: Oskar Gottlieb Blarr spielt historische Orgeln in Ostpreußen und im Ermland Prof. Oskar Gottlieb Blarr, Organist, Kantor, Dirigent und Komponist (1934 in Bartenstein / Ostpreußen geboren), hat sich um die Erhaltung zahlreicher Orgeln in den Kirchen seiner Heimat mit unermüdlichem Einsatz große Verdienste erworben. Manches Instrument von unschätzbarem Wert würde ohne ihn nicht mehr existieren. Auf den vom Gerhart-Hauptmann-Haus herausgegebenen CD’s erklingt die „Orgellandschaft Ostpreußen“ (20 €) und die Orgel der St. AnnaKirche zu Barczewo/Wartenburg (15 €, davon 2 € für die Restaurierung des Instruments). Erhältlich im Gerhart-Hauptmann-Haus.

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Das Titelblatt zeigt wichtige Stationen und Ereignisse der „Neuen Ostpolitik“seit Beginn der siebziger Jahre. Die verhandelten politischen Grundsatzentscheidungen wurden gegen Ende 1970 im Moskauer Vertrag und im Warschauer Vertrag festgehalten.

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