Semper Magazin No.3

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det in eine kurze Aufführung. Wir rufen gemeinsam: »5-4-3-2-1-Licht!«, es erklingt eine Melodie aus dem »Gestiefelten Kater«, dann betreten mächtige Könige, wun­ derschöne Prinzessinnen, schnurrende Kater und furchteinflößende Ungeheuer die Bühne. Mit einem Applaus wird die erste Theaterstunde mit der Jungen Szene beendet. »Nächste Woche machen wir wieder zwei Stunden Theaterwerkstatt!«, tröstet Frau Gamm ihre Klasse, mit lautem »Juhu«-Geschrei stürmen die Kinder aus dem Kulturraum. In der 121. Mittelschule in DresdenProhlis bleiben uns für eine theaterpäda­ gogische Vorbereitung nur zwei Schulstun­ den. Der Musikneigungskurs für Schüler ab der achten Klasse wird eine Vorstellung von »Gisela! oder: Die merk- und denkwür­ digen Wege des Glücks« besuchen. »Was habt ihr mit uns vor?«, fragt uns argwöh­ nisch eine 14-jährige Schülerin, als wir zu Beginn des Unterrichts den Musiksaal ausräumen, es herrscht eine allgemein abwartende Zurückhaltung unter den Schülern. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie meine Schüler für zeitgenössi­ sches Musiktheater begeistern können«, warnt uns die verantwortliche Musiklehre­ rin, Frau Boschütz, vor. Zugegeben, es ist keine einfache Aufgabe, aber wir wagen das Experiment. Im Workshop sollen darstellerische und szenische Ideen zu »Gisela!« entwickelt und durch die kreative Arbeit ein Zugang zum Stück geschaffen werden. Um Schwel­ lenängste der theaterunerfahrenen Schü­ ler abzubauen, beginnen wir mit einer Sprechgesang-Bewegungs-Kombination, und prompt regnet es Kommentare wie: »Boa, das ist voll anstrengend!« Dabei muss die Arbeit mit »Gisela!« erst noch beginnen. Zunächst beschäftigen wir uns mit den Figuren der Oper, es gilt, sie spie­ lerisch zu erforschen, äußere Merkmale und innere Charakterzüge ­auszuprobieren.

Jan-Bart De Clercq, Musik- und Theaterpädagoge

Jan-Bart De Clercq, Autor

Diese Aufgabe verursacht Irritation und scheint für die Schüler irgendwie ein bisschen peinlich zu sein. »Ich will nicht Giselas Freund sein!«, protestiert einer der wenigen Jungs in diesem Kurs. Es ist nicht einfach, trotzdem bleiben die Schü­ ler am Ball und können schließlich ihre Version der Opernfiguren präsentieren. Als nächstes bearbeiten sie in Kleingrup­ pen einen Szenenanfang. Mit Hilfe der Leitfrage, »was würdest Du tun, wenn Du in dieser Situation wärst?«, soll die Szene weiter improvisiert werden. Das fällt den Schülern leichter als die Rollenarbeit, sie sprudeln vor Ideen, und das Interesse am Schicksal der Figuren steigert sich. Zum Abschluss des Workshops prä­ sentieren die Schüler zu Musik von Hans Werner Henze ihre szenischen Ergebnisse und geraten in eine lebhafte und span­ nende Diskussion. Man hat das Gefühl, dass sie ihren ganz eigenen Blick auf das Stück entwickelt haben. Wir entlassen gut gelaunte Schüler, und Frau Boschütz ist zufrieden: »Meine Schüler sind heute über sich hinaus­gewachsen, ich bin sehr stolz!« Lehrerfortbildungen in der Jungen Szene

11. & 15. November 2010, 15 – 17 Uhr César A. Cui »Der gestiefelte Kater« 25. November 2010 15 – 17 Uhr Henry Purcell »Dido and Aeneas« 9. Dezember 2010 15 – 17 Uhr G. Balanchine »Coppélia« Semperoper Junge Szene Theaterpädagogik Carola Schwab & Jan-Bart De Clercq theaterpaedagogik@semperoper.de Toni Friedrich, FSJ Kultur

T 0351 4911 648 & 0351 4911 456


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