Schweiz, Faszikel 8; Basel, Faszikel 4

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UNION ACADÉMIQUE INTERNATIONALE

CORPVS VASORVM ANTIQVORVM SCHWEIZ Basel, Antikenmuseum und Sammlung Ludwig

von Vera Slehoferova

2009

Schwabe Verlag Basel

Schweiz, Faszikel 8

Basel, Faszikel 4



CORPVS VASORVM ANTIQVORVM Schweiz, Faszikel 8 Basel, Faszikel 4



UNION ACADÉMIQUE INTERNATIONALE

CORPVS VASORVM ANTIQVORVM SCHWEIZ Basel, Antikenmuseum und Sammlung Ludwig von Vera Slehoferova

2009 Schwabe Verlag Basel

Schweiz, Faszikel 8

Basel, Faszikel 4


CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Corpus Vasorum Antiquorum / Union Académ. Internat. – Basel: Schwabe. NE: International Union of Academies; Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften

Schweiz, Fasz. 8 / Basel, Fasz. 4 von Vera Slehoferova

Herausgegeben von der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF). Gedruckt mit grosszügiger Unterstützung der Ceramica-Stiftung, Basel. Photographien: Claire Niggli und Andreas F. Voegelin, Basel

© 2009 Schwabe AG, Verlag, Basel Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder elektronisch verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-2636-7 www.schwabe.ch


INHALT

Seite

Vorwort .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Tafel

III I Attische rotfigurige Vasen (3. Teil, vgl. CVA Basel 2 und 3)

Amphora . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

1

Stamnoi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

2–8

Kolonnettenkrater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

9–12

Kelchkrater .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

13

Glockenkratere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

14–20

Oinochoe .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

21

Lekythos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

22

Schalen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

23–31

Lekythen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

32–33

III K Attische plastische Vasen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

34–37

48

38–56

III J Attische weissgrundige Vasen (2. Teil, vgl. CVA Basel 3)

III H Attische schwarzfigurige Vasen (2. Teil, vgl. CVA Basel 1)

Schalen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Register

1. Vasenmaler und Töpfer, Werkstätten und Gruppen .. . . .

62

2. Darstellungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

3. Inschriften .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

Konkordanz der Inventar- und Tafelnummern .. . . . . . . . . . . . .

64

Beilagen 1–34 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

Tafeln 1–56 (Schweiz 369–424)



VORWORT Der vierte Band des Basler Corpus Vasorum enthält attische rotfigurige, weissgrundige und plastische Vasen sowie einige schwarzfigurige Schalen. Auf den Tafeln 1 bis 33 sind Vasen abgebildet, die erst in den letzten Jahren durch Kauf oder Schenkung in den Besitz des Antikenmuseums übergegangen sind (Stand Dezember 2005); ihre Aufnahme ins CVA bedeutet eigentlich einen Nachtrag zu den Faszikeln 2–3. Die Tafeln 34–56 enthalten die plastischen Vasen und anschliessend einige schwarzfigurige Schalen. Die letzteren bilden den ersten Nachtrag zum Faszikel 1. Neben den mit Sigel BS gekennzeichneten Objekten werden hier zwei Vasen aus der Sammlung Giovanni Züst (Z) aufgeführt. Die Sammlung Züst wurde 1959 der Stadt Basel geschenkt, und diese Schenkung bewirkte massgeblich die Gründung des Antikenmuseums, die 1961 erfolgte (dazu s. Vorwort zu Faszikel 1 von J.-P. Descoeudres). Hinzu kommen Gefässe aus den Sammlungen Robert Hess (Hess), Gotthelf Kuhn (Kuhn), August Meyer (AME) sowie Hans und Trudy Bosshard (Bo), die dem Antikenmuseum 1974, 1975, 1977 und 2001 geschenkt wurden (zur Sammlung Hess s. K. Schefold und M. Schmidt, AntK 17, 1974, 124 f. 126 f.; zur Schenkung Hess s. E. Berger, Auszug aus dem Jahresbericht 1974, AntK 18, 1975, 81; zum Vermächtnis Kuhn s. E. Berger, AntK 19, 1976, 69; zum Nachlass A. Meyer s. E. Berger, AntK 21, 1978, 52 f.; zur Sammlung Bosshardt und zur Schenkung s. P. Blome, Vorwort zum Katalog Orient und frühes Griechenland [Basel 1990] 5 f. und Vorwort zum Katalog Orient, Zypern und frühes Griechenland [Basel 2001] 6). Wie in den Faszikeln 2 und 3 erfolgt hier die Anordnung der behandelten Vasen nach Gattungen (rotfigurige, weissgrundige, plastische, schwarzfigurige) und nach Vasenformen; innerhalb der Vasenformen nach den Malerhänden, entsprechend der Reihenfolge bei J. D. Beazley, ARV² und ABV. Einige Vasen wurden gereinigt, die meisten wurden aber in dem Zustand belassen, in dem sie ins Antikenmuseum gekommen sind. Bei diesen Vasen wurden die Flickstellen und Ergänzungen im Text ausführlich beschrieben. Bei den Massangaben kommen in diesem Faszikel zum ersten Mal auch Gewicht und Volumen hinzu, vgl. dazu M. Bentz, Zu den Massen attischer Feinkeramik, in: P. Zanker (Hrsg.), Beihefte zum CVA Deutschland, Bd. 1 (München 2002) 73–80. In den Beschreibungen wurde wie schon in den Faszikeln 2 und 3 die traditionelle Bezeichnung des Malschlickers «Firnis» beibehalten (vgl. Vorwort zu Faszikel 2) und den Farbbeschreibungen wurden die Werte nach Munsell, Soil Color Charts (Baltimore 1954), beigefügt. Wie im Faszikel 2 wird auch hier bei den Aussenseiten der Schalen grundsätzlich diejenige mit A bezeichnet, die dem Betrachter des Innenbildes (I) zugekehrt ist, auch wenn diese Seite nicht immer die bedeutendere Darstellung trägt (Begründung s. im Vorwort zu Faszikel 2); aus diesem Grund weichen manchmal die Bezeichnungen hier von den Angaben bei J. D. Beazley, ARV², oder in anderen Quellen ab. Die Umzeichnungen der Inschriften und Graffiti (bis auf zwei Ausnahmen alle im Massstab 1:1) werden im Text integriert, Profilzeichnungen (ebenfalls im Massstab 1:1) werden in Beilage 1–34 vorgelegt. Die Inschriften, Graffiti und Profile hat die Verfasserin gezeichnet, die digitale Verarbeitung hat Anne Wurz übernommen. Ein grosser Teil der schwarzweissen Photographien stammt von Claire Niggli. Alle diese Aufnahmen wurden von Andreas F. Voegelin, der auch alle übrigen, digitalen Aufnahmen und das Layout gemacht hat, digital bearbeitet. Ich danke erneut der ehemaligen Präsidentin der Kommission für das Schweizer CVA, M. Schmidt †, ihrem Nachfolger H. P. Isler, und dem Direktor des Antikenmuseums, P. Blome, für die Unterstützung dieser Publikation. Ferner danke ich H. A. G. Brijder, J. R. Guy, A. Lezzi-Hafter, E. Kunze-Götte und R. Wachter für Ratschläge, Hinweise und Anregungen sowie S. Gürtler und E. Dozio für das Durchlesen des Manuskripts. Für die stete Hilfsbereitschaft und eine angenehme Zusammenarbeit möchte ich auch allen meinen Mitarbeitern, die mit ihrer Arbeit die vorliegende Publikation unterstützt haben, herzlich danken; dazu zählen u. a. die oben genannten Fotografen, die Restauratoren O. Berger, K. Bosshard und S. Dürr wie auch der Informatiker M. Jakob. Basel, im Juli 2008

Vera Slehoferova



ABKÜRZUNGEN Die Publikationen werden nach den Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts (2006) zitiert bzw. abgekürzt. Zusätzlich werden folgende Abkürzungen verwendet: Agora XXIII

M. B. Moore – M. Z. Pease Philippides, Attic Black-Figured Pottery, Agora 23 (Princeton 1986)

BAPD

Beazley Archive Pottery Database: www.beazley.ox.ac.uk

Beazley, ABV

J. D. Beazely, Attic Black-Figure Vase-Painters (Oxford 1956)

Beazley Addenda

L. Burn – R. Glynn, Additional References to ABV, ARV² & Paralipomena (Oxford 1982)

Beazley Addenda2

T. H. Carpenter (Hrsg.), Additional References to ABV, ARV² & Paralipomena 2 (Oxford 1989) incorporating the First Edition (Oxford 1982), compiled by L. Burn and R. Glynn

Beazley, ARV²

J. D. Beazley, Attic Red-Figure Vase-Painters 2 (Oxford 1963)

Beazley, Development2

J. D. Beazley, The Development of Attic Black-Figure2 (Berkeley 1986)

Beazley, Paralipomena

J. D. Beazley, Paralipomena. Additions to Attic Black-Figure Vase-Painters and Attic Red-Figure Vase-Painters (Oxford 1971)

Bloesch, FAS

H. Bloesch, Formen attischer Schalen von Exekias bis zum Ende des strengen Stils (Bern 1940)

Blome, Antikenmuseum (1999)

P. Blome, Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig. Eine Publikation der Reihe: Museen der Schweiz, Paribas (Suisse) SA in Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft, Zürich (Zürich 1999)

Boardman, ABFV

J. Boardman, Athenian Black Figure Vases. A Handbook (London 1974)

Boardman, ARFV I

J. Boardman, Athenian Red Figure Vases. The Archaic Period. A Handbook (London 1975)

Boardman, ARFV II

J. Boardman, Athenian Red Figure Vases. The Classical Period. A Handbook (London 1989)

Brijder, Siana Cups I

H. A. G. Brijder, Siana Cups I and Komast Cups, Allard Pierson Series 4 (Amsterdam 1983)

Brijder, Siana Cups II

H. A. G. Brijder, Siana Cups II, The Heidelberg Painter, Allard Pierson Series 8 (Amsterdam 1991)

Brijder, Siana Cups III

H. A. G. Brijder, Siana Cups III, The Red-Black Painter, Griffin-Bird Painter and Siana Cups Resembling Lip-Cups, Allard Pierson Series 13 (Amsterdam 2000)


10

Abkürzungen Brommer, Vasenlisten3

F. Brommer, Vasenlisten zur griechischen Heldensage3 (Marburg 1973)

Caskey – Beazley

L. D. Caskey – J. D. Beazley, Attic Vase Paintings in the Museum of Fine Arts, Boston I−III (Oxford 1931, 1954, 1963)

Johnston, Trademarks

A. W. Johnston, Trademarks on Greek Vases (Warminster 1979)

Isler-Kerényi, Stamnoi

C. Isler-Kerényi, Stamnoi (Laupen 1977)

Kat. Antikenmuseum (1988)

Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig. 120 ausgewählte Kunstwerke (Basel 1988)

Kat. Bachofen

J. J. Bachofen, Verzeichnis einiger Alterthümer im Besitz des Dr. J. J. Bachofen zu Basel (angefangen 1856). Manuskript, Archiv des Historischen Museums Basel

Kat. Bernoulli

J. J. Bernoulli, Museum in Basel. Catalog für die antiquarische Abtheilung (Basel 1880)

Kat. Orient und frühes Griechenland

P. Blome (Hrsg.), Orient und frühes Griechenland. Kunstwerke der Sammlung H. und T. Bosshard. Ausstellungskatalog Basel (Basel 1990)

Kurtz, AWL

D. C. Kurtz, Athenian White Lekythoi (Oxford 1975)

LIMC

Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae

MuM

Münzen und Medaillen AG Basel (1941–2004), Auktionskataloge und Sonderlisten

Philippaki, Stamnos

B. Philippaki, The Attic Stamnos (Oxford 1967)

Richter – Milne, Shapes

G. M. A. Richter – M. J. Milne, Shapes and Names of Athenian Vases 2 (Washington D.C. 1973)

Robertson, Vase-Painting M. Robertson, The Art of Vase-Painting in Classical Athens ­ (Cambridge 1992) Schefold, MW

K. Schefold, Meisterwerke griechischer Kunst (Basel 1960)

Schefold, SB I (1993)

K. Schefold, Götter- und Heldensagen der Griechen in der früh- und hocharchaischen Kunst. Umgearbeitete erweiterte Ausgabe von Frühgriechischen Sagenbildern (München 1993)

Schefold, SB II (1978)

K. Schefold, Götter- und Heldensagen der Griechen in der spätarchaischen Kunst (München 1978)

Schefold, SB III (1981)

K. Schefold, Die Göttersage in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1981)

Schefold – Jung, SB IV (1988)

K. Schefold – F. Jung, Die Urkönige, Perseus, Bellerophon, Herakles und Theseus in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1988)


Abkürzungen Schefold – Jung, SB V (1989)

K. Schefold – F. Jung, Die Sagen von den Argonauten, von Theben und Troja in der klassischen und hellenistischen Kunst (München 1989)

ThesCRA

Thesaurus Cultus et Rituum Antiquorum

Tiverios, Lydos

M.A. Tiverios, O LΥΔΟΣ ΚΑI ΤΟ ΕΡΓΟ ΤΟΥ. ΣΥΜΒΟΛΗ ΣΤΗΝ ΕΡΕΥΝΑ ΤΗΣ ΑΤΤΙΚΗΣ ΜΕΛΑΝΟΜΟΡΦΗΣ ΑΓΓΕΙΟΓΡΑΦΙΑΣ (Athen 1979)

Vasen-Symposium Amsterdam 1984

H. A. G. Brijder (Hrsg.), Ancient Greek and Related Pottery, Proceedings of the International Vase Symposium, Amsterdam 12–15 April 1984 (Amsterdam 1984)

Vasen-Symposium Copenhagen 1987

J. Christiansen – T. Melander (Hrsg.), Proceedings of the Third Symposium on Ancient Greek and Related Pottery, Copenhagen 31 August – 4 September 1987 (Copenhagen 1988)

Vierneisel – Kaeser

K. Vierneisel – B. Kaeser (Hrsg.), Kunst der Schale. Kultur des Trinkens. Ausstellungskatalog München (München 1990)

Wunnerlich, Wettkampf

M. Wunnerlich, Griechische Wettkampf- und Palästradarstellungen. Eine Untersuchung zu den Darstellungsprinzipien schwerathletischagonaler Darstellungen in der Zeit vom Ende des 8. bis zum Ende des 6. Jhs. v. Chr. (Diss. Freiburg i. Br. 1987)

11



III I ATTISCHE ROTFIGURIGE VASEN (3. Teil, vgl. CVA Basel 2 und 3)


14

III I ATTISCHE ROTFIGURIGE VASEN (3. Teil, vgl. CVA Basel 2 und 3)

TAFEL 1

(Schweiz 369) 1–4. Beilage 1. Bauchamphora des Syriskos-Malers. BS 1415. Ehemals Privatbesitz E. Staechelin, Basel. Geschenk M.-L. Staechelin, Riken bei Murgenthal (1986). H zwischen 43,5 und 44,0 cm schwankend; Dm Mündung 18,2 cm; max. Dm Bauch 28,2 cm; Dm Fuss 14,8 cm; Gewicht 3980 gr; Volumen (gestrichen) 12,36 dm3. Bauchamphora C, mit konvexem Mündungsrand, Wulst­henkeln und Echinus-Fuss. Mündung und Hals auch innen gefirnisst. Unterseite des Fusses tongrundig, der leicht konvexe Boden (Dm 5,9 cm) vom Standring abgesetzt. A/B: Als Standleiste Mäander (jeweils sechs Mäanderglieder, auf A mit zwei Kreuzplatten bereichert), von zwei tongrundigen Linien eingefasst. A: Junger Athlet (rote Binde in den Haaren) in Dreiviertelansicht nach rechts, den Kopf zur rechten Schulter gewendet, den rechten Arm seitlich ausgestreckt. Er ist als Sieger gezeichnet: In der Linken hält er drei Zweige, die man ihm bei der «Phyllobolia» zugeworfen hat, und in der Rechten die Siegesbinde, deren anderes Ende um seinen Oberarm gebunden ist. B: Bärtiger Mann nach rechts, vielleicht ein Kampfrichter. Er trägt einen Mantel und hält in der Rechten einen Knotenstock. Viel Vorzeichnung. Innenzeichnung in Relieflinie, Relieflinien z. T. abgesprungen. Haarkontur ausgespart. Firnis schwarz, stellenweise grünlichschwarz, links auf B grau- oder rötlichbraun verbrannt und z. T. abgesplittert (vor allem am Mündungsrand). Zweige und Siegerbinde waren weiss grundiert und rot übermalt; Weiss (10YR 7/3) und Rot (R 4/8) abgeblättert oder verblasst. Zusammengesetzt, einige Flickstellen im Bereich der Brüche. Ein grösseres Fragment in der Wand unter dem rechten Henkel ergänzt. Im Bild auf B eine kleine dreieckige Ergänzung in dem über die linke Hand fallenden Mantel (eine Falte 0,6 cm nachgezeichnet). Fuss an drei Stellen bestossen, ebenso die Wand auf Seite B hinter dem bärtigen Mann. Syriskos-Maler (Beazley). Um 480/470 v. Chr. Bibl.: Beazley, ARV² 262, 29. 1641 («Basle Staechelin»); MuM 16 (Basel 1956) 35 Nr. 125 Taf. 31 (H. A. Cahn); Schefold, MW 50. 199 Nr. 211 (A, B); E. Dozio – C. M. Fallani – S. Soldini (Hrsg.), Gli atleti di Zeus. Lo sport nell’antichità. Ausstellungskatalog Mendrisio (Milano 2009) 202. 234 Kat. 125. Zu den Bauchamphoren Typus C s. Richter – Milne, Shapes 4 (type I c, Abb. 9–11); J. D. Beazley, Citharoedus, JHS 42, 1922, 70f.; H. Mommsen, Der Affecter (Mainz 1975) 50f. Nach Mommsen a.O. kommen Bauchamphoren Typus C schon in der ersten Hälfte des 6. Jhs. vor, sie bleiben jedoch in der schwarz­figurigen wie auch in der rotfigurigen Vasenmalerei

eine Sonderform, die nur bei wenigen Malern beliebt war. Inspiriert wurde der Syriskos-Maler sicher durch das Werk der grossen Meister wie Berliner oder Kleophrades-Maler, vgl. z. B. eine etwas frühere Amphora des Berliner Malers: New York, Metropolitan Museum 56.171.38; Boardman, ARFV Abb. 152, 1. Im Werk des Syriskos-Malers ist die Amphora BS 1415 die einzige Amphora vom ­Typus C. Im MuM a.O. erwähnt H. A. Cahn, dass Beazley diese Vase dem Kopenhagener Maler oder seinem «Bruder», dem SyriskosMaler zuschreiben möchte; Beazley hat sich dann später für den Syriskos-Maler entschieden (s. Beazley, ARV² 262, 29). Zum Syriskos-Maler: Beazley, ARV² 256. 259–266. 1538. 1640f. 1705; Beazley, Paralipomena 351f.; Beazley Addenda2 204f.; Boardman, ARFV I 9. 114. Zu den stilistisch sehr eng verwandten Malerhänden der Syriskos-Gruppe (Kopenhagener Maler und sein «Bruder», der Syriskos-Maler), zum Name Syriskos («der kleine Syrier») und zu den Signaturen: Syriskos epoi­ esen, Syriskos egrapsen und Pistoxenos Syriskos epoiesen s. vor allem Robertson, Vase-Painting 135–143; davon gute Zusammenfassung in: G. Günter u. a. (Hrsg.), Mythen und Menschen, Griechische Vasenkunst aus einer deutschen Privatsammlung. Ausstellungskatalog Würzburg (Mainz 1997) 110 zu Nr. 30 (C. Weiss). Zum Jüngling vgl. einen Athleten in ähnlicher Haltung auf einem etwas späteren Werk des Syriskos-Malers, dem Halsfragment eines Volutenkraters in Athen, Akr. 758: Beazley, ARV² 260, 4; Le corps et l’esprit. Ausstellungskatalog Lausanne (Lausanne 1990) 95 Nr. 33. Zum Gewand des Mannes vgl. z. B. die Gewänder auf dem etwas jüngeren Stamnos des Kopenhagener Malers, ehemals Kunsthandel Basel: Beazley, ARV2 257, 11. 1640; Beazley Addenda2 205; Isler-Kerényi, Stamnoi 66f. Zu Phyllobolia: RE XX, 1 (1941) 1025 s. v. phyllobolia (A. Hug); G. Q. Giglioli, Phyllobolia, ArchCl 2, 1950, 31–45; E. Kerr Borth­ wick, A Phyllobolia in Aristophanes’ Clouds?, Nikephoros 2, 1989, 128–134. Die «Phyllobolia» – das Bewerfen der Sieger mit Blättern und Blumen als Zeichen des Beifalls der Zuschauer – gehörte bei Wettkämpfen zur Zeremonie der Siegerehrung. Nach Borthwick (a.O. 133f.) zeigen einige attische Vasenbilder, dass dieser Brauch nicht nur bei den grossen internationalen Festspielen, sondern auch bei den alltäglichen Wettkämpfen im Gymnasium und in der Palästra praktiziert wurde, dazu vergleicht er u. a. den Psykter des Oltos, New York 10.210.18: Beazley, ARV2 54, 7; Beazley, Paralipomena 326; Beazley Addenda2 163; Borthwick a.O. 321 Abb. 17. Vgl. z. B. auch eine Pelike aus dem späten 5. Jh. v. Chr. in Wien, Kunsthist. Mus. IV 769 (Beaz­ ley, ARV2 1342, 1; LIMC VI [1992] s. v. Nike Nr. 334), auf der ein siegreicher Athlet mehrere Zweige, die ihm vielleicht schon zugeworfen wurden, in beiden Händen hält, während ihn eine Nike mit weiteren Zweigen gerade bekränzt. Allgemein zum Bewerfen mit Gegenständen bei den Griechen: W. Burkert, Homo Necans. Interpretationen altgriechischer Opferriten und Mythen (Berlin 1972) 12 mit Anm. 16.


TafelN 1–2 Schefold a.O. meint, dass der bärtige Mann (B) gewiss kein Trainer ist, denn er hält den Knotenstock eines Bürgers, und er sei wohl eher als Liebhaber oder als Vater des Jünglings zu deuten. Vielleicht ist es ein Kampfrichter, wie M. Schmidt (in der Beschriftung zu dieser Vase im Antikenmuseum) erwogen hat, oder ein Manager in der Palästra; so benennt nämlich Borth­ wick (a.O. 134) den älteren Mann auf dem Psykter des Oltos, der den Athleten bekränzt bzw. die Siegerehrung vornimmt. Zur Darstellung von Kampfrichtern s. M. Wunnerlich, Griechische Wettkampf- und Palästradarstellungen (Diss. Freiburg i. Br. 1987) 272f. Zu «Sport und Spiel» s. S. Laser, ArchHom 3, Kap. T (Göttingen 1987); D. Vanhove, Le sport dans la Grèce Antique. Ausstellungskatalog Bruxelles (Bruxelles 1992).

TAFEL 2

(Schweiz 370) 1–4. Tafel 3, 1–2. Tafel 4, 1–6. Beilage 2. Stamnos des Dokimasia-Malers. BS 1411. Ehemals Sammlung Dr. F. Bolla, Lugano. Geschenk Christoph Merian-Stiftung, Basel (1986). H 28,8 cm (mit Deckel 34,6 cm); Dm Mündung innen 14,4 cm, aussen 16,8 cm; max. Dm Bauch 23,1 cm (mit Henkeln 29,1 cm); Dm Fuss 12,1 cm; Deckel: H 6,4 cm, Dm 16,7 cm, Dm Steg auf der Deckelunterseite 13,2 cm; Gewicht 1950 gr, Deckel 300 gr; Volumen (gestrichen) 6,42 dm3. Konischer Deckel mit kegelförmigem Knauf (Ansatz und Spitze ausgespart, Spitze rot bemalt). Zwischen Knauf und Deckel kantiger Absatz (Kante tongrundig). Verzierung auf der Oberseite des Deckels von oben nach unten: Strichkranz, oben mit Firnisstreifen und unten mit roter Linie (verblasst) eingefasst, breite Firniszone und über dem Rand Fries von eckigen Zungen, oben mit roter Linie (verblasst) gerahmt. Rand des Deckels konvex und gefirnisst, Unterseite tongrundig. Stamnos: Inwendig ganzes Gefäss gefirnisst (also nicht nur Hals, wie Isler-Kerényi, Stamnoi 64 vermerkt). Aussenseite: Konvexer Mündungsrand, darunter plastischer Ring. Hals leicht konkav; am Halsansatz kantiger Absatz, mit zwei tongrundigen Abdrehungen eingefasst (in den Abdrehungen schwache Spuren von roter Bemalung?). Innenseite der Henkel und Henkelfelder tongrundig (Henkelfelder unten mit Relieflinie begrenzt; eine Relieflinie ca. 1 cm über dem Feld des rechten Henkels zeigt, dass eine solche Begrenzung auch oben geplant war, bei der Korrektur der Feldhöhe nach unten jedoch aufgegeben wurde). Fuss: Konkave Oberseite gefirnisst, konvexes Profil sowie Unterseite tongrundig; auf der Unterseite ist der leicht konvexe Boden (Dm 5,8 cm) vom Standring abgesetzt, auf der Innenseite des Standrings ein Graffito ΛA.

Abb. 1

15

Ornamente: Auf dem Mündungsrand Eierstab (Eierkontur in Relieflinie), auf der Schulter Zungenfries (Relieflinien zwischen den Zungen) und unter der Bildzone Kreuzplattenmäander (Zweiergruppen von abwechselnd links- und rechtsgerichteten Mäandern, dazwischen jeweils eine Kreuzplatte; am Schluss – unter dem linken Henkel – geht diese Reihenfolge nicht auf). A/B: Orpheus wird von den thrakischen Frauen getötet. Fries von acht Figuren (fünf auf A, drei auf B verteilt, die letzte Figur vom rechten Henkel überschnitten). Die Mordszene spielt sich im Freien ab, wie der Felsen unter dem linken Henkel und das Bäumchen (Blätter rot), das unter dem rechten Henkel emporwächst und den Fries abschliesst, andeuten. Orpheus, von einem Bratspiess am rechten Oberschenkel getroffen, ist schon nach rechts auf beide Knie gestürzt, den Oberkörper zurückgewendet (rechtes Bein in Profil nach rechts, linkes stark verkürzt und wie das Becken in Dreiviertelansicht, Oberkörper in Vorderansicht und Kopf in Profil nach links wiedergegeben). Mit der linken Hand sucht er Halt am Boden, die angewinkelte Rechte mit seiner Lyra hält er – wie zum abwehrenden Schlag ausholend – über den Kopf, während ihn eine Frau von hinten mit der linken Hand am Haar packt und ihm mit der rechten das Schwert in den Hals stösst. Aus der Wunde fliesst ein breiter Blutstrom (rot). Den Sänger scheinen die letzten Kräfte zu verlassen, wie sein brechender Blick zeigt, dennoch dringen sechs weitere Thrakerinnen auf ihn ein. Eine taucht hinter der Orpheusgruppe auf, mit beiden Händen eine Mörserkeule über dem Kopf schwingend; sie kommt von rechts, wie die Frau, die Orpheus den Todesstoss versetzt. Eine andere Frau links der Gruppe schickt sich gerade an, einen Felsbrocken gegen Orpheus zu schmettern. Hinter ihr stürzt noch eine andere Frau herbei, den linken Arm ausgestreckt, in der erhobenen Rechten eine Mörserkeule. Ihr folgen auf Seite B drei weitere Frauen in ähnlicher Haltung; die erste mit einem Bratspiess, die zweite mit einem Stein und die dritte mit einer Doppelaxt in der Rechten. Die Axtkämpferin – vielleicht die Anführerin? – ist besonders gekennzeichnet: sie hat eine Tätowierung (Schrägstreifen, auf der rechten Seite mit einer senkrechten Linie eingefasst) am rechten Unterarm und ausserdem trägt sie als einzige Frau in diesem Fries einen Ohrring. Orpheus hat eine (ausgesparte) Binde im Haar und einen Mantel (dunkler Saum, am unteren Ende ausgesparte Kreise mit Mittelpunkt als Verzierung) um die Schultern. Seine Lyra ist mit sieben Saiten bespannt; über dem rechten Lyraarm hängt das Plektron an einem Band, dessen anderes Ende unten bei den Saiten festgebunden ist (Saiten in Relieflinie, Rot für sieben Stimmwirbel am Querjoch sowie für Plektron mit Band). Alle Frauen tragen eine Haarbinde (ausgespart, nur die Binde der ersten Frau rechts auf B ist rot), Armbänder (rot) und einen Chiton mit doppeltem Überschlag. Vier Frauen (links auf A und alle drei auf B) tragen über dem Chiton einen Mantel. Drei Frauen haben aufgestecktes, vier offenes schulterlanges Haar. Vorzeichnung, reichlich verwendet vor allem auf A. Innenzeichnung und Konturen in Relieflinie. Haarkonturen ausgespart. Firnis schwarz, stellenweise grünlich oder grauschwarz verbrannt und z. T. abgeblättert. Verdünnter Firnis für: Lockenhaar über der Stirn und vor dem Ohr des Orpheus, lange Haarsträhnen der Frauen, Tätowierung am rechten Arm der Axtkämpferin (B). Aufgelegtes Rot (10 R 4/6) z. T. abgesplittert oder verblasst. Stamnos und Deckel intakt, nur Deckelrand an einer Stelle (auf der Unterseite) bestossen. Beim Stamnos nur oberflächliche Verletzungen, viele Absplitterungen vor allem auf der


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Tafel 2

Oberseite des Mündungsrandes. Im Figurenfries zwei horizontal verlaufende Abschürfungen am Körper des Orpheus sowie einige Absplitterungen in den Frauengewändern (A, B); ausserdem sind beschädigt: auf A rechter Unterarm der ersten und beide Arme der zweiten Frau hinter Orpheus und bei der Frau in der Bildmitte Kopf, Hals und Arme (mit Felsbrocken); auf B rechter Oberarm der ersten, Gesicht der zweiten sowie Gesicht, Hals und Schultern der dritten Frau. Gefässkörper im Innern zum grossen Teil mit Sinter überzogen; Sinterflecken auch auf der Innenseite des Halses und der Henkel, Sinterspuren auf der Unterseite des Deckels. Deckel und Stamnosmündung waren anscheinend durch Sinter miteinander fest verbunden (vgl. Isler-Kerényi, Stamnoi 64); auf die Entfernung der Verkrustung – möglicherweise auch auf eine frühere Abnützung – sind vermutlich die Absplitterungen am Mündungsrand zurückzuführen (auch die Absplitterungen im Figurenfries hängen wahrscheinlich mit früher aufliegenden Sinterflecken zusammen). Dokimasia-Maler (Beazley). Um 470 v. Chr. Bibl.: Beazley, Paralipomena 373, 34 ter; Beazley Addenda 115 (414, 34 ter); Philippaki, Stamnos, Addenda zu S. 42 (zur Verwechslung mit dem Stamnos Zürich, Univ. 3477 s. unten); Brommer, Vasenlisten3, 505 Nr. B 36 (dort ist die Angabe ARV² 1652 zu streichen, diese gehört zum Stamnos in Zürich, Brommer a.O. 506 Nr. B 40); M. Schmidt, Der Tod des Orpheus in Vasendarstellungen aus Schweizer Sammlungen, in: H. P. Isler − G. Seiterle (Hrsg.), Zur griechischen Kunst. Hansjörg Bloesch zum 60. Geburtstag, AntK Beih. 9 (Bern 1973) 100−104 Taf. 34−35, 1 (A, B, Seitenansichten, Detail A); C. Isler-Kerényi, Stamnoi e Stamnoidi, NumAntCl 5, 1976, 51 Taf. 1, 2; Isler-Kerényi, Stamnoi 59−64 Abb. S. 60−63 (A, B, Details, Deckel); Johnston, Trademarks 148 (Typus 23 E, 21). 219; Stamnoi. An Exhibition at the J. Paul Getty Museum. Ausstellungskatalog Malibu (Malibu 1980) Nr. 17 (A); K. Zimmermann, Tätowierte Thrakerinnen auf Vasenbildern, JdI 95, 1980, 173 Nr. 9 Abb. 7 (Detail B); K. Zimmermann, Thraker-Darstellungen auf griechischen Vasen, in: R. Vulpe (Hrsg.), Actes du 2e congrès international de thracologie, Bukarest 4.−10. September 1976 (Bukarest 1980) 436; A. J. N. W. Prag, The Oresteia. Iconographic and Narrative Tradition (Warminster 1985) 93f. 96.105 Taf. 44, b−c (rechte Henkelzone, Detail); E. Berger, Auszug aus dem Jahresbericht 1986, AntK 30, 1987, 37 (als Neuerwerbung bzw. Schenkung erwähnt); Robertson, Vase-Painting 307 Anm. 451 (noch als Stamnos Sammlung Bolla erwähnt); Kat. Antikenmuseum (1988) 32 (Detail Hauptszene); F. Lissarrague, Orphée mis à mort, Musica e storia 2, 1994, 277f. Abb. 8 a−c; LIMC VII (1994) 86 Nr. 35 Taf. 61 s. v. Orpheus (M.-X. Garezou); M. Schmidt (Hrsg.), Treasures from Basel. Masterpieces from 4 Museums in Basel. Katalog der Ausstellung an der TEFAF Basel/Maastrich (Amsterdam 1995) 36f. Nr. 14 Abb. S. 37; H. Hofmann, Orpheus, in: H. Hofmann (Hrsg.), Antike Mythen in der europäischen Tradition (Tübingen 1999) 158 Abb. 6; Blome, Antikenmuseum (1999) 36 Abb. 38; A. Lindblom, The Amazons: Representatives of Male and Female Violence?, Arctos 33, 1999, 86. 91 Abb. 5; F. Lissarrague, The Athenian Image of the Foreigner, in: T. Harrison (Hrsg.), Greeks and Barbarians (Edinburgh 2002) 121f. Abb. 13; E. Crouch (Hrsg.), Exploring Orpheus (The University of Maryland, School of Music and Maryland Opera Studio 2001) Abb. S. 15; S. D. Bundrick, Music and Image in Classical Athens (Cambridge 2005) 119 und Abb. 72 auf S. 120; A. Hönle, Orpheus in Arae Flaviae, Kleine Schriften des Stadtarchivs Rottweil 13, 2005, 23 Abb. 13; S. Lorenz, Frauen von mörderischer

Stärke, in: Raimund Wünsche (Hrsg.), Starke Frauen, Ausstellungskatalog Staatliche Antikensammlungen München (München 2008) 298ff. Abb. 19.25-28. BAPD Vasen-Nr. 275231. Der Stamnos ehemals Sammlung Bolla, jetzt in Basel (BS 1411), und der Stamnos ehemals Kunsthandel Philadelphia, jetzt in Zürich, Univ. 3477 (Beazley, ARV² 1652; Beazley, Paralipomena 373, 34 bis; Beazley Addenda 115), sind beide vom demselben Maler und tragen beide dieselbe Darstellung, daher wurden sie oft verwechselt: So nimmt z. B. Philippaki a.O. irrtümlich an, dass der bei E. Vermeule, The Boston Orestia Krater, AJA 70, 1966, Taf. 5, 9 abgebildete Stamnos in der Sammlung Bolla ist, obwohl es sich in Wirklichkeit um denjenigen aus dem Kunsthandel in Philadelphia handelt. Dieselbe Verwechslung ist bei Brommer a.O. festzustellen. Erst durch die Publikation von M. Schmidt a.O. (AntK Beih. 9, 1973), in der beide Stamnoi ausführlich besprochen und abgebildet wurden, ist Klarheit eingetreten. Auch Isler-Kerényi a.O. hat den Stamnos BS 1411 ausführlich behandelt, dort S. 64 macht sie ergänzende Bemerkungen bzw. äussert andere Meinungen zum Stil und zur Datierung des Zürcher Stamnos, dazu vgl. auch Prag a.O. 96. Zur Form: Die Profilzeichnung (von A. Ruckert) bei Schmidt a.O. wie auch diejenige bei Isler-Kerényi a.O. (Falttafel im Anhang) weichen leicht von der Realität ab, vgl. dazu hier Beilage 2. Was Form und Ornamente betrifft, ist der Stamnos BS 1411 verwandt mit der Gruppe von Stamnoi, die bei Philippaki a.O. 36−46 in der «Class of the late stamnoi of the Berlin Painter» zusammengefasst sind; vgl. auch Schmidt a.O. 100. Es scheint, dass der Dokimasia-Maler eine Zeitlang in der Töpferwerkstatt des Berliner Malers gearbeitet hat, wie Philippaki a.O. 153 (Addenda zu 42) vermutet. Zum Graffito: Die Zeichnung, die bei Schmidt a.O. 100 in Anm. 32 abgebildet und von A. J. Johnston kommentiert wird, entspricht nicht genau der Wirklichkeit, vgl. dazu hier Abb. 1. Es ist vielleicht doch das Lambda und das Alpha gemeint, wie schon Isler-Kerényi a.O. 64 vermutet hat. Zum Dokimasia-Maler: Beazley, ARV² 412–414. 1651f.; Beazley, Paralipomena 372f. 512; Beazley Addenda2 233f.; Boardman, ARFV I 137; Isler-Kerényi a.O. 64; Robertson, Vase-Painting 115–118 (weitere Hinweise auf S. 342); s. auch Prag a.O. 23. Der Dokimasia-Maler wurde von Beazley a.O. dem weiteren Umkreis des Brygos bzw. der «Mild-Brygan-Group» zugeordnet. Dieser Maler hat vor allem Schalen bemalt und seine beliebten Themen waren hauptsächlich junge Männer oder ­Satyrn bei verschiedenen Tätigkeiten (Prag a.O. 23); er hat eher selten − und nur in seiner Spätphase − mythologische Themen und grössere Gefässe gewählt. Bekannt sind bisher nur drei Stamnoi, die er bemalt hat: die beiden Orpheus-Stamnoi in Basel und Zürich sowie einen in Oxford (1965.121: Beazley, ARV² 414, 34; Robertson a.O. Abb. 117), hinzu kommt ein Kelchkrater in Boston (63.1246: Beazley, Paralipomena 373, 34 quater; Beazley Addenda2 234). Alle diese grossen Gefässe gehören der späten «monumentalen Phase» (Isler-Kerényi a.O. 64) zwischen 470 und 455 v. Chr. an. Eindeutig ist, dass der Dokimasia-Maler in dieser Phase neue Impulse bekam und offenbar vom Berliner Maler und seiner Umgebung beeinflusst wurde: die beiden Orpheus-Stamnoi sind in der Komposition mit dem Tod des Aigisth auf dem Kelchkrater Boston 63.1246 (s. Prag a.O. C21 Taf. 16 a) verwandt, der wiederum eine ähnliche Komposition aufweist wie der Tod des Aigisth auf dem Stamnos des Berliner Malers Boston 91.227 (Beazley, ARV² 208, 151; Prag a.O. C22 Taf. 16 b). Auch die Form der beiden Orpheus-Stamnoi weist in die Nähe des Berliner Malers (s. oben), ebenso die Verzierung


Tafeln 2–5 des Deckels, wie z. B. der Deckel des Stamnos Boston 91.227 (s. oben) zeigt. Aufgrund aller dieser Indizien vermutet Robertson (a.O. 118), dass der Dokimasia-Maler in seiner Spätphase (470/460er Jahre) von der Werkstatt des Brygos in die Werkstatt des Berliner Malers gewechselt hat. Zu Orpheus: LIMC VII (1994) 81−105 s. v. Orpheus (M.-X. Garezou), zum Tod des Orpheus: 83 (Lit.), Nr. 32−51 (Orpheus von Thrakerinnen angegriffen) und 100f. (Kommentar); zu Orpheus s. auch Hofmann a.O. 153−198. Zu «Ethos and Pathos in the Imagery of Orpheus» s. Bundrick a.O. 116−139. Zu Thraker-Darstellungen auf griechischen Vasen s. Zimmermann a.O. (Bukarest 1980) 429−446; D. Tsiafakis, The Allure and Repulsion of Thracians in the Art of Classical Athens, in: B. Cohen (Hrsg.), Not the Classical Ideal. Athens and the Construction of the Other in Greek Art (Leiden 2000) 364−389. Zu tätowierten Thrakerinnen s. Zimmermann a.O. (JdI 95, 1980, 173); er nennt die Tätowierung am Arm der Frau mit Doppelaxt auf dem Basler Stamnos «Leiter»-Ornament. Zur Gewalt der thrakischen Frauen und zu ihren Waffen: Mörserkeule (hyperon) und Bratspiess (obelos) s. Lissarrague a.O. (Orphée mis à mort) und Lindblom a.O. 85−88, zu Doppelaxt s. vor allem Lorenz a.O. 298f. Lindblom betont, dass auch andere Frauen mit Mörserkeule oder Bratspiess auf griechischen Vasen dargestellt werden; es sind aber nur die thrakischen Frauen, die diese Utensilien als Waffe benützen, speziell in den Orpheus-Darstellungen. Zu Orpheus auf unteritalischen Vasen s. M. Schmidt, Orfeo e orfismo nella pittura vascolare italiota, in: Orfismo in Magna Grecia. Atti del XIV Convegno di studi sulla Magna Grecia, Taranto 6−10 ottobre 1974 (Napoli 1975) 105−137; M. ­Schmidt, Bemerkungen zu Orpheus in Unterwelts- und Thrakerdarstellungen, in: P. Borgeaud (Hrsg.), Orphisme et Orphée en l’honneur de S. Rudhardt, Recherches et Rencontres 3 (Genève 1991) 31−50.

TAFEL 3

(Schweiz 371) 1–2. siehe Tafel 2, 1–4.

TAFEL 4

(Schweiz 372) 1–6. siehe Tafel 2, 1–4.

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durch einen schmalen plastischen Ring von der Schulter abgesetzt. Am Ansatz der Schulter Zungenmuster. Unter den Bildern Kreuzplattenmäander (umlaufend). An den Henkelansätzten aussen Eierstab als Verzierung, Henkelfelder gefirnisst. Unter den Henkeln grosse siebenblättrige Doppelpalmetten, aus denen jeweils links und rechts drei weitere siebenblättrige Palmetten herauswachsen. Über dem linken Henkel wächst aus der linken Ranke noch eine vierte, nur fünfblättrige Palmette; eine solche Palmette wurde auch über dem rechten Henkel gemalt, wurde aber – wohl versehentlich – wieder übermalt (Rest eines Blatts ist noch unter dem Mittelblatt der grossen Palmette links zu sehen). Zwischen Körper und Fuss eine feine Abdrehung. Die Oberseite des Fusses gefirnisst, am Rand ein schma­ ler Streifen ausgespart. Zum konvexen Fussprofil folgt ein Absatz, der wie das Profil tongrundig ist und Spuren von roter Bemalung (10 R 4/8) trägt. Unterseite des Fusses tongrundig, der leicht konvexe Gefässboden (Dm 7,8 cm) vom Standring abgesetzt. A/B: Verfolgungsszenen. A: Poseidon und eine Geliebte (Amymone?). Das Mädchen flieht nach rechts, den Kopf zum Verfolger zurückgewendet und die Arme seitlich erhoben. Poseidon ist an einem grossen Dreizack in der Rechten und einem Delphin in der vorgestreckten Linken zu erkennen; er trägt einen Kranz im Haar, einen kurzen Chiton und darüber einen Mantel. Das Mädchen trägt einen kreuzchenverzierten Chiton mit doppeltem Überschlag, ein Mäntelchen über den Schultern und eine Haube. B: Eos und Kephalos. Die Göttin eilt nach rechts und greift mit den ausgestreckten Armen nach dem jugendlichen Jäger, der zu entkommen versucht, den Kopf zurückgewendet. Eos trägt einen langen Chiton (Kreuzchen, Punktreihe und lange Fransen als Verzierung), darüber einen Mantel und eine Haube; im rechten Ohr steckt ein Ohrring. Kephalos trägt eine Chlamys über einem kurzen Chiton, einen Petasos im Nacken und Riemenschuhe. In der Rechten hält er zwei Lanzen. Vorzeichnung. Innenzeichnung in Relieflinie und in verdünntem Firnis. Kopfkonturen ausgespart. Wenige Konturen in Relieflinie: auf A für den linken Arm und den Dreizack des Poseidon. Auf B für den rechten Arm der Göttin und für den rechten Arm und die Lanzen des Kephalos. Wenige Konturen in Relieflinie auch im Ornament: Im Eierstab für die Kontur der Eier und für die Einfassung, im Henkelornament für die Ranken und für die spitzen Mittelblätter der siebenblättrigen Palmetten. Zusammengesetzt, aber vollständig. Flickstellen nur ausserhalb der Bilder retuschiert. Mündungsrand an vielen Stellen bestos­ sen, Firnis an vielen Stellen abgeblättert. Deepdene-Maler (Cahn). Um 470 v. Chr.

TAFEL 5

(Schweiz 373) 1–4. Tafel 6, 1–6. Beilage 3. Stamnos des Deepdene-Malers. BS 1414. Geschenk H. Walder, Olsberg (1986). H 35,2 bis 35,8 cm; Dm Mündung 22,1 cm; Dm mit Henkeln 35,6 cm; max. Dm Bauch 27,8 cm; Dm Fuss 13,4 cm; Gewicht 2690 gr; Volumen (gestrichen) 11,32 dm3. Innen bis auf die Schulterpartie gefirnisst. Profilierte Mündung, die mittlere Stufe konvex und mit Eierstab verziert (Eier mit einem ausgesparten Mittelstrich). Hoher, leicht konkaver Hals,

Bibl.: MuM 70 (Basel 1986) 72 Nr. 210 Taf. 47–48; E. Berger, Auszug aus dem Jahresbericht 1986, AntK 30, 1987, 37 (als Schenkung erwähnt). BAPD Vasen-Nr. 16656. Zur Form der Stamnoi des DeepdeneMalers s. Philippaki, Stamnos 78ff. Am ehesten zu vergleichen ist der Stamnos New York 18.74.1, Philippaki a.O. Taf. 41, obwohl der Hals des Basler Stamnos etwas höher ist. Abweichend ist auch die Form von Mündung und Fuss, die weniger mit den Profilen in a.O. Fig. 5 (Gruppe des Deepdene-Malers) als mit jenen in Fig. 6 (Stamnoi der klassischen Periode) zu vergleichen sind, wie schon H. A. Cahn in MuM a.O. erwähnt hat. Zum Deepdene-Maler s. Beazley, ARV² 498–501. 1656. 1706; Beazley, Paralipomena 381; Beazley Addenda2 251; s. auch


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Tafeln 5–7

Isler-Kerényi, Stamnoi, 54–58. Dieser Maler hat mit Vorliebe Verfolgungsthemen gemalt, s. Beazley, ARV² 498f., vgl. z. B. die Stamnoi New York 18.74.1 und Karlsruhe 211 (B 1904) mit Eos und Kephalos: Beazley, ARV² 498,1. 5; Beazley Addenda2 251; D. Williams, Greek Vases (London, British Museum 1985) Abb. 50, c–d. Dem Stamnos BS 1414 ist stilistisch am nächsten der Stamnos, der sich ehemals in der Sammlung Bolla befand (s. Isler-Kerényi, Stamnoi 54–58) und der in derselben Auktion wie der Basler Stamnos versteigert wurde, s. MuM a.O. Nr. 211. Zur Verfolgung auf Seite A: Da die von Poseidon verfolgte Geliebte ohne Attribute dargestellt ist, lässt sie sich nicht mit Sicherheit benennen. Im MuM a.O. wird sie als Amymone angesprochen, aber auch dort wird schon erwähnt, dass es auch Aithra oder Amphitrite sein könnte, vgl. dazu S. Kaempf-Dimitriadou, Die Liebe der Götter in der attischen Kunst des 5. Jahrhunderts v. Chr., AntK Beih. 11 (Basel 1979) 26f. Zu Poseidon und Amymone s. LIMC I (1981) 742–745 s. v. Amymone (E. Simon) und einen Nachtrag dazu im LIMC VII (1994) 467 Nr. 190–192 s. v. Poseidon; s. auch K. Kathariou, Amymonedarstellungen auf attisch-rotfigurigen Vasen des 5. und des frühen 4. Jhs. v. Chr.: Mythos, Bildkunst und historisch-politische Realität, in: B. Schmaltz – M. Söldner (Hrsg.), Griechische Keramik im kulturellen Kontext, Akten des Internationalen VasenSymposions, Kiel 24.−28. September 2001, Festschrift Konrad Schauenburg (Kiel 2003) 154–156. Siehe vor allem die Verfolgungsszenen: LIMC I (1981) 742 Nr. 17–23: In all diesen Darstellungen mit Ausnahme von Nr. 19 erscheint Amymone mit ihrem Attribut bzw. mit der Hydria (dazu s. Kommentar S. 750); vergleichbar wäre also die Verfolgung auf dem Basler Stamnos nur mit derjenigen auf der Vase Nr. 19, auf der die verfolgte Frau ohne Hydria dargestellt ist. In allen diesen Bildern erscheint Poseidon nie mit Fisch in der Hand. Zu Poseidon und Aithra s. LIMC I (1981) 420f. Nr. 1–12 s. v. Aithra I (H. A. Cahn); interessant ist vor allem die Vase Nr. 3, auf der Poseidon einen Fisch in der Hand hält, ähnlich wie auf dem Basler Stamnos. Zu Poseidon und Amphitrite s. LIMC I (1981) 728 Nr. 39–42 s. v. Amphitrite (S. Kaempf-Dimitriadou), zur Erkennung der Amphitrite-Darstellungen s. Kommentar S. 733. Zur Verfolgung auf Seite B bzw. zu Eos und Kephalos s. LIMC III (1986) 776–779 s. v. Eos (C. Weiss), s. vor allem Kapitel III, a (Eos verfolgt einen Jäger) bzw. Nr. 46–124 a; die Haltung der beiden Figuren vgl. z. B. auf den Vasen Nr. 74. 77. 80. 103. 105; zur Benennung der Geliebten der Eos s. Kommentar S. 776f.

TAFEL 6

(Schweiz 374) 1–6. siehe Tafel 5, 1–4.

TAFEL 7

(Schweiz 375) 1–4. Tafel 8, 1–6. Beilage 4. Stamnos des Niobiden-Malers. BS 1412. Ehemals Sammlung F. Bolla, Lugano. Geschenk Christoph Merian-Stiftung, Basel (1986).

H 33,2 bis 33,5 cm; Dm Mündung: obere Stufe 19,2 cm, untere Stufe 19,4 cm; Dm mit Henkeln 33,5 cm; max. Dm Bauch 26,8 cm; Dm Fuss (untere Stufe) 14,4 cm; Gewicht 3400 gr; Volumen (gestrichen) 9,6 dm3. Innenseite bis auf die Schulterpartie flüchtig gefirnisst. Profilierte Mündung: Zwei voneinander abgesetzte Stufen, auf der unteren, leicht konvexen Stufe Eierstab mit Zwickelpunkten als Verzierung. Hoher konkaver Hals, zwischen Hals und Schulter ein tongrundiger Absatz. Am Ansatz der Schulter Zungenfries (umlaufend). Unter den Bildern Kreuzplattenmäander (umlaufend, Kreuze liegen diagonal, nur ein Kreuz steht senkrecht). Innenseite der Henkel und Henkelfelder tongrundig. Unter den Henkeln jeweils eine grosse hängende Palmette (unter dem linken Henkel siebenblättrig, unter dem rechten neunblättrig, mit einem Punkt im ausgespartem Herz), aus deren Voluten nach oben eine einfache dreiblättrige Palmette und seitlich je eine Ranke herauswachsen. Die Ranken laufen um die Henkelansätze nach oben, wo sie sich über dem Henkel in zwei symmetrisch angeordneten Voluten treffen, aus denen nach unten eine kleine dreiblättrige und seitlich je eine vierblättrige Palmette herauswachsen. Die Ranken laufen mit einem Zweig auch vom Henkelansatz nach unten (in der Abzweigung liegt ein Füllblatt), wo sie – spiralförmig eingerollt – die grosse hängende Palmette rahmen (unter dem linken Henkel verschwindet die Spirale der rechten Ranke hinter der ersten Figur der Seite A). Bei manchen Palmetten ist bei den mittleren Blättern die Mittelrippe angegeben. Zwischen Körper und Fuss ein flacher Wulst, von zwei tongrundigen Abdrehungen eingefasst. «Ogee»-Fuss, auf der Oberseite gefirnisst. Zwischen den zwei Stufen eine tongrundige Abdrehung. Aussenseite der unteren Stufe sowie Unterseite des Fusses tongrundig. Der Gefässboden (Dm 4,6 cm) leicht konvex und vom Standring abgesetzt. A: Aussendung des Triptolemos. Triptolemos vollzieht die Abschiedsspende vor seiner Abfahrt, im Beisein von Demeter und Kore. Triptolemos sitzt auf einem schon über dem Boden schwebenden Flügelwagen nach rechts, ein Szepter in der Linken und die Opferschale in der vorgestreckten Rechten. Sein Blick begegnet dem Blick von Kore, die vor ihm steht und im Begriff ist, aus einer Kanne den Wein in seine Opferschale zu giessen. Sie hält in der Linken eine brennende Fackel (Flamme in verdünntem Firnis überschneidet die Palmette oben links im Henkelornament). Demeter steht hinter Triptolemos, drei Ähren in der Linken und eine Fackel in der Rechten. Triptolemos ist mit Lorbeer bekränzt und sein Körper ist in einen Mantel gehüllt. Das Bein des thronartigen Sitzes im Wagen endet oben in einer Volute. Die Wagenflügel sind gepunktet und am Übergang zu den Federn mit einer Punktreihe verziert. Ein Firnisklecks überdeckt den Ansatz der Wagenflügel. Kore trägt ein punktverziertes Diadem im langen Haar, einen Ohrring, ein Halsband mit einem runden Anhänger, einen gegürteten Chiton mit langem Überschlag und einen schmalen Mantel, der über die linke Schulter geschlungen ist, mit einem Ende nach vorne herabhängt und mit dem anderen, das von hinten unter dem rechten Arm nach vorne geführt wird, über den linken Arm herabfällt. Demeter trägt einen Ohrring, einen kreuzchenverzierten, mit einer Punktreihe und mit Fransen gesäumten Chiton und darüber einen Mantel. Ihr Haar ist hochgesteckt und liegt in einem mehrmals um den Kopf geschlungenen Tuch, das mit einem Zipfel im Nacken herunterhängt und die gleiche Verzierung zeigt wie ihr Chiton.


Tafeln 7–9 B: Drei Frauen im Gespräch. Links steht eine Frau in Chiton und Mantel nach rechts. Sie hält ein Szepter in der Rechten, die linke Hand ist vorgestreckt. In der Mitte steht frontal eine Frau in Chiton und Mantel und mit einem Diadem im Haar, den Kopf nach links gewendet und die Rechte ausgestreckt. Rechts steht ein Mädchen in einem Peplos mit doppeltem Überschlag, auch sie ist der Frau mit dem Szepter zugewendet und streckt ihren rechten Arm im Gespräch vor. Vorzeichnung. Innenzeichnung in Relieflinie und in verdünntem Firnis. Haarkonturen ausgespart. Reliefkonturen nur auf A und im Palmettenornament, ausserdem Relieflinie für die Kontur der Eier im Eierstab, für die Trennlinien im Zungenfries und für die Einfassungslinien in allen Ornamentleisten. Intakt bis auf einige Flickstellen und Ergänzungen an Mündung und Hals sowie einen Riss in der Wandung im Innern und einige Risse im rechten Henkel. Die Zeichnung bzw. die Relieflinien zum Teil abgeplatzt. Die Unterseite des Fusses z. T. versintert und verkratzt. Niobiden-Maler (Cahn). Um 465/460 v. Chr. Bibl.: Beazley, Paralipomena 395, 41 ter; Beazley Addenda 130; Beazley Addenda2 267; Philippaki, Stamnos, 153 (Addenda zu S. 73); MuM 34 (Basel 1967) 85 Nr. 165 Taf. 54; A. Peschlow-Bindokat, Demeter und Persephone in der attischen Kunst des 6. bis 4. Jahrhunderts v. Chr., JdI 87, 1972, 147 V 72; H. Bloesch, Das Tier in der Antike (Zürich 1974) 42 Nr. 246 Taf. 41; Isler-Kerényi, Stamnoi 76–82; Stamnoi. An Exhibition at the J. Paul Getty Museum. Ausstellungskatalog Malibu (Malibu 1980) Nr. 20; E. Berger, Auszug aus dem Jahresbericht 1986, AntK 30, 1987, 37 (als Neuerwerbung bzw. Schenkung erwähnt); G. Schwarz, Triptolemos, Ikonographie einer Agrar- und Mysteriengottheit (Horn-Graz 1987) 42 V 76. 117; LIMC IV (1988) Addenda 873f. Nr. 355 Taf. 587 s. v. Demeter (L. Beschi behauptet dort irrtümlich, dass Demeter inschriftlich gesichert sei); M. Prange, Der Niobidenmaler und seine Werkstatt (Frankfurt am Main 1989) 36. 49. 53. 79. 191 N 53, Tab. I,5 (Zeichnung Mäander); T. Hayashi, Bedeutung und Wandel des Triptolemosbildes vom 6.– 4. Jh. v. Chr. (Würzburg 1992) 141 Nr. 55; S. B. Matheson, Polygnotos and Vase Painting in Classical Athens (Wisconsin 1995) 14 Taf. 5; LIMC VIII (1997) 62 Nr. 95 s. v. Triptolemos (G. Schwarz) und Supplementum 963 Nr. 110 s. v. Persephone (G. Günter); Blome, Antikenmuseum (1999) 22 Abb. 17; E. Parisinou, The Light of the Gods, The Role of Light in Archaic and Classical Greek Cult (London 2000) 95. 213 Kat. 6.17 Taf. 31. BAPD Vasen-Nr. 44393. Isler-Kerényi a.O. (Stamnoi) hat den Stamnos BS 1412, der sich damals noch in der Sammlung Bolla befand, ausführlich besprochen und kurz nach 465 v. Chr. datiert. Zur Form: Philippaki a.O. 153, Addenda zu S. 73 hat den Stamnos BS 1412 (damals noch «Basle market») der «Class of the Altamura Painter» zugewiesen. Es ist offenbar der einzige Stamnos, den der Niobiden-Maler bemalt hat, wie schon bei Isler-Kerényi a.O. und in MuM a.O. erwähnt ist. Prange a.O. 36 vermutet, dass der Niobiden-Maler den Stamnos selbst getöpfert hat. Prange bemerkt ferner, dass der Stamnos mit denjenigen des Altamura-Malers zwar verwandt ist, aber er ist «kleiner und schlanker proportioniert und wirkt in seiner gesamten Formgebung eleganter». Zum Niobiden-Maler: Beazley, ARV² 598–608. 1661. 1701f. 1706; Beazley, Paralipomena 394–396. 448. 513; Beazley Addenda2 265–267; Boardman, ARFV II, 13f.; Robertson, VasePainting 180–185.

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Zu Demeter s. LIMC IV (1988) 844ff. Zur Aussendung des Tript­olemos s. vor allem 872ff. 890 (L. Beschi). Zu Triptolemos s. LIMC VIII (1997) 56ff. (G. Schwarz). Zu Persephone s. LIMC VIII, Supplementum 956ff. Zur Trias vor allem 963f. Prange a.O. 79: «Die hohe Zeit der [Triptolemos-]Darstellungen ist die Frühklassik, wobei die Vasen des Altamura- und des Niobidenmalers einen hervorragenden Platz einnehmen. 17 Darstellungen, die sich gleichmässig auf beide Maler verteilen, sind bis heute bekannt.» Matheson a.O. vergleicht die ähnliche Haltung der Demeter auf dem Basler Stamnos mit Hekate auf einem Kelchkrater im Duke University Museum of Art 1964.27, Matheson a.O. Taf. 4. Zur «Kultischen Verwendung der Eleusinischen Vasen» s. G. Schwarz, in: Vasen-Symposium Amsterdam 1984, 309–313. Siehe auch J. de La Genière, Image attique et religiosité étrusque, und G. Schwarz, Athen und Eleusis im Lichte der Vasenmalerei, in; Vasen-Symposium Copenhagen 1987, 161–167 und 575–582; E. Simon, Eleusis in Athenian Vase-Painting: New Literature and Some Suggestions, in: J. H. Oakley – W. D. E. Coulson – O. Palagia (Hrsg.), Athenian Potters and Painters. The Conference Proceedings (Oxford 1997) 97–108.

TAFEL 8

(Schweiz 376) 1–6. siehe Tafel 7, 1–4.

TAFEL 9

(Schweiz 377) 1–4. Tafel 10, 1–2. Tafel 11, 1–6. Tafel 12, 1–6. Beilage 5. Kolonnettenkrater des Pan-Malers. BS 1453. Ehemals Privatbesitz in USA. Geschenk der Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (1998), erworben mit Mitteln aus dem Legat Dr. med. August Meyer, Basel. (Zur Schenkung siehe unten.) H 56,0 bis 56,3 cm; Dm Mündung innen 36,3 cm, aussen 48,2 cm, Dm mit Henkelplatten 58,0 cm; max. Dm Bauch 44,8 cm; Dm Fuss (untere Stufe) 25,3 cm; Gewicht 16 050 gr; Volumen (gestrichen) 48,6 dm3. Kolonnettenkrater mit hohem, deutlich abgesetztem Hals. Innenseite gefirnisst. («Flaring»-)Mündung: Breiter vorkragender Rand, oben leicht konvex, aussen konkav. Fuss in zwei konvexen Stufen, am Ansatz jeder Stufe tongrundige Rille. Unterseite tongrundig, der leicht gewölbte Boden (Dm 9,2 cm) vom Standring abgesetzt. Auf der Innenseite des Fusses Spuren von Rot, vielleicht von einem Dipinto (Abb. 2): Auf einer Seite des Standrings sind deutlich zu sehen: ein schmaler und ein dicker Strich in Rot (beide ca. 2 cm lang, der schmale Strich z. T. verblasst), ca. 10 cm voneinander entfernt, auf der anderen Seite des Standrings ein kleiner roter Punkt (Dm 4 mm) und ca. 14 cm darunter ein matter halbrunder Fleck; dies könnte die Spur eines weiteren roten Punkts sein.


20

Tafel 9

Abb. 2 (1:2)

Ornamente: Auf der Oberseite des Mündungsrandes Lotos­ knospen mit Zwickelpunkten, auf der Aussenseite eine Efeuranke. Auf der Oberseite der Henkelplatten je eine 13-blättrige Palmette. Die Bilder sind oben mit Zungenfries, an den Seiten mit Efeuranken und unten mit einer einfachen Linie gerahmt. Über dem Fuss ein Strahlenkranz. Rot: Auf der Oberseite des Mündungsrandes innen und aussen je ein umlaufender roter Streifen; der äussere rote Streifen umrandet auch die Henkelplatten. Auf der Oberseite der Henkelplatten und auf der Aussenseite des Mündungsrandes weitere Spuren von Rot (Reste von roter Farbe, die sich vielleicht von einer anderen Stelle verlagert hat, oder Reste eines Miltos?). Unter den Bildern ein umlaufender roter Streifen, schwache Spuren von Rot sind auch aussen an den Rändern der Ornamentleisten festzustellen. Vielleicht waren die Bilder auch oben und seitlich mit je einem roten Streifen gerahmt. Von zwei umlaufenden roten Streifen wird auch die Ornamentleiste über dem Fuss gerahmt. Schwache Spuren von zwei weiteren umlaufenden roten Streifen am Fuss: einer liegt auf der oberen Stufe, der zweite in der Abdrehung am Ansatz der unteren Stufe. Rot in den Bildern siehe unten. A/B: Amazonomachie. A: Sieben Figuren – drei Griechen und vier Amazonen im Kampf – füllen das Bild, das einem Ausschnitt aus einem grösseren Zusammenhang gleicht. Links im Bild zwei Griechen nach rechts, die Rücken an Rücken kämpfen, der vordere gegen eine Amazone, die in der Bildmitte einen dritten Krieger tötet, der hintere gegen eine zweite Amazone, der von rechts eine dritte Amazone zu Pferd zu Hilfe eilt. Eine vierte Amazone liegt tot rechts vorne am Boden. Die Amazone in der Bildmitte stürmt im weiten Schritt nach links, sie versetzt ihrem Gegner gerade den Todesstoss mit dem Schwert in der Rechten, während sie dessen Schild mit der linken Hand am Rand festhält. Der Grieche ist in Vorderansicht wiedergegeben: Er sinkt unter dem Todesstoss in die Knie und lässt das Schwert aus der zur Seite ausgestreckten Rechten fallen. Er scheint auf die herausgestreckte Zunge zu beissen, den Blick auf die tödliche Waffe gerichtet. Aus der Wunde bei seinem linken Schlüsselbein fliesst das Blut (rot) auf seine Brust. Der Grieche ist nackt, vor der Brust hängt an einem punktverzierten Band die Schwertscheide (breite Querstreifen und Zickzacklinien als Verzierung). Sein Schild, den er am linken Arm führt, ist in Dreiviertelansicht von innen gesehen wiedergegeben. Die Amazone

trägt ein reich verziertes Ärmel- und Hosengewand (am rechten Ärmel und Hosenbein quer verlaufende Zickzacklinien, am linken Ärmel und am linken Hosenbein abwechselnd Zickzackund Punkt-Strich-Linien), darüber einen kurzen Chiton, einen mit Kreisen verzierten Panzer und einen Helm (Punktreihe am Ansatz des Helmbusches; das breite Band über der Stirn scheint der Rand einer zu flach geratenen Helmkalotte und das merkwürdige Gebilde über dem Ohr eine hochgeklappte Helmwange zu sein). Im Ohr hat die Amazone einen kreuzförmigen Ohrring. Vor ihrer Brust hängen Bogen und Köcher, im Rücken ihre Pelta (am Köcher Spiralen und dunkle Halbkreise als Verzierung, drei Halbkreise auch an der Pelta). Der Blick dieser Amazone ist bereits auf einen anderen Griechen gerichtet, der links im Bild seine Lanze gegen die Amazone schleudert. Er erscheint in Dreiviertelansicht nach rechts, in die Knie sinkend und den linken Arm abwehrend ausgestreckt – er weicht offenbar zurück. Auch dieser Grieche ist nackt, er trägt nur eine Chlamys, die von der rechten Schulter fällt und den linken Arm umhüllt. Im Haar hat er eine Binde (rot), die im Nacken gebunden ist. Kurze Haarlocken rahmen sein Gesicht und je zwei lange Haarlocken fallen seitlich auf die Brust (Haarlocken in verdünntem Firnis). Rechts im Vordergrund liegt eine tote Amazone rücklings auf einem Felsen oder einem kleinen Hügel, wobei ihr Kopf zur linken Schulter fällt, so dass der Kopf mit den geschlossenen Augen und dem leicht geöffneten Mund in Vorderansicht erscheint; ihr langes Haar fällt in sieben Locken auf die Schultern, eine Locke fällt über die rechte Wange. Auf die linke Seite fällt quer über die Brust auch der rechte Arm, der linke Arm, der hinter dem Bildrahmen verschwindet, war – der Stellung der Schulter nach – zur Seite ausgestreckt. Diese Amazone trägt einen kurzen Chiton, darüber einen Panzer (auf der rechten Schulter mit einer Spirale verziert, im unteren Teil geflochten; unter der Taille breite senkrechte Bahnen, abwechselnd hell und dunkel). Ein attischer Helm (Kalotte schwarz, am Ansatz des Helmbusches eine Reihe wechselständiger Punkte) ist von ihrem Kopf heruntergerollt und liegt vor ihr am Boden, ihr Schild – in Dreiviertelansicht von innen gesehen wiedergegeben – ist an ihre rechte Seite gelehnt; auf dem sichtbaren Teil der Aussenseite ist ein Teil des Schildzeichens zu sehen, nämlich eine Wellenlinie, die wohl auf einen Schwanz eines Pferdewesens schliessen lässt. Der Grieche und die Amazone links im Hintergrund blicken sich an, beide holen mit einer Waffe zum Schlag aus: der Grieche mit dem Schwert in der erhobenen Rechten (der rechte Unterarm mit dem Schwert verschwindet hinter dem Kopf), die Amazone mit der Doppelaxt, die sie mit beiden Händen über dem Kopf hält. Der Oberkörper des Griechen erscheint in Rückenansicht, sein Schild, den er am linken Arm führt, in Dreiviertelansicht von innen gesehen. Der Grieche trägt einen kurzen Chiton (nur die Falten bzw. Doppelreihe senkrechter Striche sichtbar), einen reich verzierten Panzer (Reihe wechselständiger Punkte, Schachbrettmuster, Punktreihe), einen Mantel über den Schultern und einen korinthischen, in den Nacken geschobenen Helm (Reihe wechselständiger Punkte am Ansatz des Helmbuschs). Auch er hat kurze Stirnlocken (in verdünntem Firnis) und auf seinen Rücken fällt eine lange Haarlocke. Die Amazone trägt einen Panzer (Unterteil geflochten, Oberteil mit Sternen verziert) und einen Helm mit hochgeklappten Wangenklappen (Helmwangen mit einem dunklem Streifen umrandet, Kalotte mit einer Spirale verziert, am Ansatz des Helmbusches Reihe wechselständiger Punkte). Vor ihrer Brust hängt ein Schwert (Querstreifen als Verzierung der


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