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Bücherfragen Bernd-M. Beyer Was war Ihr Lieblingsbuch als Kind? »Tom Sawyer« und »Huckleberry Finn«. Toms Fantasie-Abenteuer und Hucks Freiheitsdrang haben mich als Kind beeindruckt. Als Erwachsener habe ich dann gemerkt, dass vor allem der »Huckleberry Finn« weit mehr ist als ein Kinder- und Jugendbuch und auch die US-Südstaaten-Gesellschaft (nicht nur) jener Zeit ganz wunderbar porträtiert. Wie heißt Ihr Lieblingsbuch heute? »Das Haus auf meinen Schultern« von Dieter Forte. Anhand zweier Familien erzählt Forte von der gesellschaftlichen Entwicklung an Rhein und Ruhr bis in die Nachkriegszeit. Er berichtet, wie sich dieser Schmelztiegel der Immigranten aus allen Himmelsrichtungen gebildet hat und welche sozialen und politischen Verwerfungen die Region erlebte. Forte ist ein sprachmächtiger, stilistisch feinsinniger und fantasievoller Geschichtenerzähler, deshalb ist die Lektüre dieses sehr umfangreichen Romans ein schier grenzenloser Genuss.

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Gibt es ein Buch, von dem Sie sagen können, es hat Ihr Leben geprägt? »Die Ermittlung« von Peter Weiss. Das ist eigentlich ein dokumentarisches Theaterstück vom ersten Auschwitz-Prozess.1965 ist es als Buch erschienen und hat mich als Jugendlichen sehr bewegt. Welches Buch steht auf Ihrer »Hab ich immer noch nicht gelesen«-Liste ganz oben? »Unendlicher Spaß« von David Foster Wallace. Bisher habe ich nur kürzere Texte von Wallace gelesen, die ich sehr gut fand. »Unendlicher Spaß« wurde als Jahrhundertwerk gefeiert, ist aber wohl nicht einfach zu lesen. Deshalb: Ich bin sehr neugierig, aber habe mich an die mehr als 1.500 Seiten noch nicht herangetraut. Welches Buch oder welche Bücher halten sie für völlig überflüssig? Eigentlich keine. Bücher geben die Gedanken und Fantasien von Menschen wieder, im Guten wie im Schlechten. Es mag schlimme oder banale Bücher geben, aber überflüssig sind sie deshalb nicht, denn sie alle bilden unsere reale Kultur ab.

Gibt es ein Buch, das Sie immer wieder verschenken möchten? Mein Lieblingsbuch (s. o.). Das muss ich inzwischen im Antiquariat besorgen, weil es vergriffen ist. Eine Neuauflage ist dringend notwendig – bisher hat es allen Beschenkten sehr gefallen! Welches Buch lesen Sie gerade? »Der Halbbart« von Charles Lewinsky. Der 2020 erschienene Roman schildert sehr einfühlsam und sprachlich gekonnt das Leben in einem Alpen-Dorf des 14. Jahrhunderts. Er erschließt den heutigen Leserinnen und Lesern sehr gut die Gedankenwelten jener Zeit. Mit welcher Romanfigur möchten sie am liebsten einen Tag den Platz tauschen? Thomas Cromwell aus der Trilogie von Hilary Mantel. Über diese historische Figur und ihre Umwelt habe ich dank der spannenden Romane von Mantel so viel erfahren, dass es mich reizt, einmal durch seine Augen das 16. Jahrhundert zu erleben. Aber wirklich nur für einen Tag! Wo lesen Sie am liebsten? Auf dem bequemen Sofa. Und gerne im Zug, wenn ich auf Reisen bin. Haben Sie schon einmal bei einem Buch weinen müssen – und wenn ja, bei welchem? Soweit ich mich erinnere – nein. Welches Buch kann Sie trösten? »Wie die Steeple Sinderby Wanderers den Pokal holten« von J. L. Carr. Der hierzulande erst kürzlich entdeckte englische Autor Carr schildert die fiktive Geschichte eines hoffnungslosen kleinen Provinzvereins, der durch Pfiffigkeit und solidarisches Handeln sensationell den englischen Pokal gewinnt. Ein wunderbar erzähltes Fußball-Märchen und ein Mutmacher für triste Zeiten. Was ist Ihr Lebensmotto? Es gibt nicht das eine große Lebensmotto, aber wichtig ist auf jeden Fall: Lernen aus der Geschichte, im Kleinen wie im Großen. Welches Buch würden Sie Willi Lippens empfehlen? Mein Trostbuch, also die »Steeple Sinderby Wanderers«. Das kann man nicht nur zum Trösten, sondern auch aus reinem Vergnügen lesen kann. Die ebenso schrulligen wie liebenswerten Burschen, die in dem Buch zu Werke gehen, werden dem gewitzten Fußballer Lippens sicherlich gefallen.


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