Powder mag 02.2012 | part Roman Rohrmoser

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Auf der Flucht.... Auf der Flucht....

So erfüllend wie unser Winter aktuell ist, so grauenvoll war der letzte. Freeride-Pro Roman Rohrmoser erinnert sich an die Saison 2010/11, als er mit Freunden vor der hartnäckigen Trockenheit in den Alpen getürmt ist. Hier ist sein Trip-Report von der Flucht nach Kanada. Denn wer weiß schon, wie die Saison 2012/2013 aussieht…

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Auf der Flucht

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a ich weiß, ich habe aktuell keinen Grund, mich zu beschweren. Diese Saison hat uns alle verwöhnt und versöhnt mit dem Winter 2010/2011. Doch meine Erinnerungen an das Jahr zuvor sind noch präsent. Und davon will ich euch erzählen, damit uns allen klar wird, dass die Zukunft und damit die Qualität des nächsten Winters ungewiss ist. In Europa fehlte 2010 der Schnee, zu Weihnachten regnete es rauf bis auf 2500 und von da an gab es keine ernst zu nehmenden Niederschläge mehr (außer flüssig). Der Regen gab das Signal für Martin „Mc Fly“ Winkler und mich, dass wir abhauen, egal wohin, nur einfach in den Schnee. Zahlreiche Telefonate und eMails später stand Whistler als Ziel fest. In British Columbia dumpte es heftig. Kurzfristig schloss sich uns noch Basti Hannemann an, der ebenfalls noch nicht genug vom „Eurowinter“ hatte. Da wir alle noch etwas Freeride-Footage brauchten und es uns daheim in fünf Monaten nicht gelungen war, etwas zu filmen was nach Powder aussah, buchten wir gleich noch einen Filmer dazu. Ein paar Szenen für Aestivation sollten dabei heraus springen. Mc Fly organisierte also Birgar Olsen, Hobbyfilmer und professioneller Fotograf, der genauso heiß auf so einen

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Trip war wie wir. Die folgenden zweieinhalb Wochen würde der Herr Olsen und auch wir Fahrer nicht vergessen. Nachdem ich schon Mt. Baker bei Schlechtwetter und Schönwetter gesehen habe (Schönwetter ist selten – maximal zehn Tage im Winter) entschieden wir uns, dass wir zuerst Mt. Baker erkunden. Also mieteten wir uns in Seattle ein Wohnmobil (mit Ganzjahresreifen, da es ja keine Winterreifen gibt, ist aber egal, da das RV sowieso so schwer ist, dass eh keine Reifen durchdrehen) und fuhren Richtung kanadische Grenze und Mt. Baker. Als wir Glacier, das letzte kleine Dorf vor Baker erreichten, änderte der strömende Regen seinen Aggregatzustand in Schneeregen. Mit jeder Kurve weiter rauf verdichtete sich der Schneefall. Wer noch nie in Baker war macht sich kein Bild davon wie schnell Schnee mit jedem Höhenmeter zunehmen kann. Ganz oben bei der Salmon Lodge schrumpfte unser RV im Vergleich zu den sechs Meter mächtigen Schneewänden auf H0-Maßstab. Das Gebiet um Baker hält den Rekordschneefall mit ca. 29 Meter Niederschlag von Oktober bis April. Zum Vergleich: Am Arlberg fallen in einer sehr guten Saison 14 Meter. Unser Staunen war groß, als wir morgens


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Auf der Flucht

bei Sonnenlicht die Berge um uns herum betrachteten, die Landschaft sah aus wie gemalt, wie im Schlaraffenland! Nach einigen kurzen Runs und Infos von den Locals wussten wir, dass der Schneedeckenaufbau nicht ungefährlich war. Eine alte eingelagerte Eisschicht schickte den Neuschnee immer wieder auf Reisen. Wir hatten alle ein paar gute Lines bis der Himmel wieder dichter und milky wurde. Ich entschloss mich, trotzdem noch eine kleine Line mit einem Drop zu filmen. Mein Plan sah vor, am Ende der Line einen acht Meter hohen Felsen zu springen: Kurz vor meinem Take off löste sich über mir ein kleines Schneebrett, spülte mich über das Cliff und vergrub mich beim Aufprall leicht. Leider verlor ich meine Go Pro mit den Runs von vorher darauf – und einen meiner Ski konnte ich auch nicht mehr finden. ei der allgegenwärtigen Gefahr entschlossen wir uns, die nächsten zwei Tage im Wald zu verbringen. Allerdings wurde es auch dort ziemlich sketchy. In Kurzform: Basti musste seinen Airbag ziehen und Mc Fly wurde von einem aufsässigen Sluff-Nebel verfolgt. So entschlossen wir uns, nach Whistler abzuhauen, die Vorhersage versprach tiefere Temperaturen.

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Die ersten paar Tage in Whistler Blackcomb verbrachten wir im Terrain des Skigebiets. Allerdings ist die Lage dort etwas anders als bei uns, denn bei Neuschnee findet man dort schon nach fünf Stunden nicht mehr viel was sich für Filmaufnahmen lohnen würde. Das was wir gefunden haben war ein 15 Meter Cliff wo Basti locker einen Backflip runter zog und unten raus fuhr als ob nichts gewesen wäre. Bis dahin hatten wir schon ein paar ganz ordentliche Lines und Jumps abgedreht, aber ganz zufrieden waren wir alle noch nicht. Wenn man bedenkt wie viel Arbeit und Geduld hinter guten Aufnahmen steckt! Nicht nur der Schnee und das Wetter müssen passen, sondern auch der Athlet und der Filmer müssen genau im richtigen Moment 100 Prozent geben und wenn möglich nichts verkacken. Allerdings ist das leichter gesagt als getan. Die Wettervorhersage und ein Gespräch von Mc Fly mit einem Tiroler Guide, der schon seit Jahren in Whistler wohnt, versprachen Hoffnung für Samstag. Es war der letzte Tag wo die Helis von Blackcomb Aviation noch flogen und wo die Filmcrew von MSP den Heli ausnahmsweise nicht gebucht hatte. Wir schliefen direkt bei der Helibase in unserem RV und konnten gleich um 7:30 Uhr früh abfliegen.


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Auf der Flucht

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Unser Guide hatte nicht zu viel versprochen: Genau das was er uns aus dem Heli zeigte wollten wir Shredden. Wir konnten uns kurz das Face von der anderen Seite anschauen, dann flog uns der Chopper rüber zum Gipfel. Als Filmer und Fotograf am Gegenhang bereit waren droppte Mc Fly als erster und zog eine geile Line mit einem fetten Cliff, gefolgt von Basti und mir. Nach dem ersten Run sind wir den restlichen Tag mit den Fellen aufgestiegen, da wir uns den Heli für den ganzen Tag auf Standby nicht leisten konnten. Bei der zweiten Line hatte ich fürs Ende von meinem Run eine technisch schwere Stelle ausgesucht. Naja, sagen wir mal so: Alles was vom Heli nicht klein aussieht ist dann richtig groß wenn man im Run dorthin kommt. So war mein gescouteter zehn Meter Felsen plötzlich ein 15 Meter-Drop in anspruchsvolles Gelände. Aber umso mehr war ich gestoked als ich in der Landung noch beide Ski an den Füßen hatte. Als zweiter kam Basti, den ich von unten mit einer weiteren Kamera filmte. Ich traute meinen Augen nicht als ich sah wie weit der Wahnsinnige seinen eh schon auf 25 Meter anvisierten Sprung hinlegte – es waren dann wahrscheinlich 40 Meter bis zur Landung. Wie schon gesagt, aus dem Heli sieht alles etwas klei-

ner aus. Als Letzter droppte Mc Fly und zog eine sehr schnelle und stylische Line neben meine mit einem 10 Meter-Drop als Finale. Allerdings unterschätzte auch er den letzen Hügel im Outrun und flog 30 Meter frei in einen Gegenhang. Gottseidank hatten wir alle viel Glück an dem Tag. Ein Tag, an dem jeder von uns wieder etwas lernen konnte: 1. Tolle und spektakuläre Aufnahmen zu erzwingen kann in die Hose gehen. 2. Vom Heli aus sieht alles kleiner aus als es wirklich ist. 3. Die Schneemassen in Nord/Westamerika und Kanada sind ganz anders einzuschätzen als bei uns in den Alpen. In gut zwei super Wochen mit Höhen und Tiefen sammelten wir trotzdem super Footage und unser Set wurde bei Aestivation sogar der Closing-Part. Hey, es war schön, den fast schon legendären nordamerikanischen La Nina-Winter miterlebt zu haben. Trotzdem bin ich froh, dass uns die aktuelle Saison in den Alpen alle Möglichkeiten geboten hat. Hoffen wir auf den nächsten Winter!

www.roman-rohrmoser.com www.birgarolsen.com Martin 'Mc Fly' Winkler


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