2016 - 4 Newsletter Steuern

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4/2016

Themenübersicht Editorial

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Gesellschafts- und Zivilrecht

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Übernahme von Gründungskosten durch die GmbH

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Nachweis der Erbenstellung gegenüber Kreditinstituten auch ohne Erbschein möglich

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Internationales Steuerrecht

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BFH-Urteil zur unentgeltlichen Nutzung des Firmennamens im Konzern

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Ertragsteuern

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5 %-Besteuerung auch bei grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen

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Verdeckte Gewinnausschüttung durch Teilwertabschreibung auf Darlehen oder Zinsen bzw. Ausfall von Darlehen oder Zinsen

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Anrechnung von Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bei unterjährigem Gesellschafterwechsel

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BFH-Urteil zum gewerblichen Grundstückshandel

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Erbschaftsteuer

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Erbschaftsteuerreform – nach wie vor offen

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Sonstiges

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Verschärfte Anforderungen an elektronische Kassen ab 2017

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Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModernG)

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Neuer Erlass der Finanzverwaltung zu den Berichtigungspflichten der Steuerpflichtigen

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Veranstaltungshinweis

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Editorial Die Aktivität des Steuergesetzgebers ist nach wie vor ungebrochen, die vergangenen Wochen und Monate haben wieder viele steuerliche Änderungen und Anpassungen mit sich gebracht. Ende Juli fand in Chengdu das letzte Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure vor dem G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs statt. Im Rahmen eines internationalen Steuersymposiums auf Ministerebene wurde das Thema „Tax Certainty“ in den Vordergrund gestellt. Dabei geht es um die Gewährleistung von verlässlichen steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen zur Schaffung eines günstigen Investitionsumfelds. Darüber hinaus bleiben auch die Punkte der steuerlichen Transparenz und die Implementierung des BEPS-Projektes im Fokus der internationalen Gemeinschaft. Für den deutschen Gesetzgeber gab es auf nationaler Ebene aber auch einen Rückschlag bei der Erbschaftsteuerreform. Die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.2014 gesetzte Frist, eine Neuregelung bis zum 30.6.2016 zu verabschieden, ist abgelaufen, ohne dass eine Erbschaftsteuerreform beschlossen wurde. Der Bundesrat hat dem nach sehr zähen Verhandlungen im Kompromisswege gefundenen Gesetzentwurf nicht zugestimmt und am 8.7.2016 die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen. Wie es jetzt weitergeht, insbesondere wann mit einer Neuregelung zu rechnen sein wird und welches Recht bis dahin anzuwenden ist, ist völlig offen. Der Beitrag von Bernd Schult und Christina Vosseler fasst noch einmal die wichtigsten verabschiedeten Neuregelungen des Bundestags zusammen. Erfolgreicher war dagegen das Gesetzgebungsverfahren zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Diesem Gesetz hat der Bundesrat am 17.6.2016 zugestimmt. Damit will der Gesetzgeber das Besteuerungsverfahren insgesamt beschleunigen, vereinfachen und in Teilen automatisieren. Neben der Einführung eines Risikomanagementsystems werden Abgabefristen für Steuererklärungen verlängert und die Belegvorlagepflicht in eine Belegvorhaltepflicht umgewandelt. Martin Köhler fasst diese und andere Änderungen kurz für Sie zusammen. In den weiteren Beiträgen werden u. a. Themen der aktuellen Rechtsprechung aufgegriffen, wie die Entscheidung des BGH vom 5.4.2016, dass der Nachweis der Erbenstellung gegenüber Kreditinstituten auch ohne Erbschein möglich sein soll, oder die Entscheidung des BFH vom 21.1.2016, nach der die unentgeltliche Nutzung eines Konzernnamens keine steuerrechtliche Hinzurechnung eines Korrekturbetrages im Sinne von § 1 Abs. 1 AStG a. F. rechtfertigt. Ihre Partner von Roever Broenner Susat Mazars

Liebe Leser des Steuer-Newsletters, wir führen die beiden aus der Fusion resultierenden Steuer-Newsletter aus der RBS- und Mazars-Welt in einem für Sie optimierten Angebot zusammen. Gleichzeitig stellen wir auf eine ausschließlich elektronische Fassung des Newletters um, sodass dies die letzte gedruckte Ausgabe ist, die Sie in unserem bisherigen Layout erhalten. Wenn Sie den Newsletter bisher ausschließlich gedruckt erhalten haben und weiterhin an nationalen und internationalen Steuerthemen interessiert sind, würden wir uns freuen, wenn Sie uns als Leser erhalten bleiben und unseren elektronischen Newsletter hier abonnieren: www.mazars.de/newsletter-anmeldung. Wählen Sie den Steuer-Newsletter aus und tragen Sie Ihre Daten ein. Dann erhalten Sie unseren Newsletter mit der nächsten Ausgabe per E-Mail.

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Gesellschafts- und Zivilrecht Übernahme von Gründungskosten durch die GmbH Bei der Gründung einer GmbH können sich aus steuerlicher Sicht Risiken ergeben, wenn die neu zu gründende GmbH selbst die Kosten ihrer Gründung (oft auch ohne zahlenmäßige Begrenzung) übernimmt, obwohl eigentlich die Gesellschafter dazu zivilrechtlich verpflichtet sind (BFH 11.2.1997, I R 42/96). Durch eine Regelung in der Satzung der GmbH, dass die Gesellschaft die Kosten bis zu einem bestimmten, in der Höhe definierten Gesamtbetrag trägt, kann dieses steuerliche Risiko vermieden werden, wobei Beträge, die noch nicht genau zu beziffern sind, zu schätzen sind. Das Finanzgericht Baden-Württemberg (19.11.1998, 3 K 231/95) konkretisiert weiter, dass es nicht ausreicht, die Kosten, aus denen sich der Aufwand zusammensetzt, ihrer Art nach im Einzelnen namentlich zu benennen. Es verlangt vielmehr eine Zusammenfassung der einzelnen Kosten als Gesamtbetrag, damit auf einen Blick die Gesamtbelastung der GmbH zu erkennen ist. Jüngst hatte das OLG Celle (Beschluss vom 11.2.2016, 9 W 10/16) Gelegenheit, sich diesem Thema aus gesellschaftsrechtlicher Sicht zu nähern. Es bemängelte zum einen, dass die ungeschriebene Obergrenze von 10 % des Stammkapitals überschritten wurde und hält dies für unzulässig. Zum anderen hält das OLG Celle den „Gründerlohn für die Gesellschafter“, der gelegentlich als abzugsfähig vorgeschlagen wird, für unzulässig, da andernfalls dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werde. Bis zu einer Entscheidung des BGH in ähnlichen Fällen sollte neben der Bezifferung der Höhe der Kosten (mit max. 10 % des Stammkapitals) auch deren Art konkretisiert und abschließend aufgelistet werden. Andernfalls ist nach Ansicht des OLG Celle eine Eintragung der GmbH ins Handelsregister nicht möglich. Vor einer Eintragung besteht eine GmbH als solche nicht. Vielmehr haften die für die GmbH Handelnden persönlich mit ihrem gesamten Vermögen. Probleme dürften sich in diesem Zusammenhang auch bei der GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren nach § 2 (1a) GmbHG ergeben, da das Musterprotokoll abgeändert werden müsste, wenn die Vorgaben des OLG erfüllt werden sollen. Bei einer Abänderung des Musterprotokolls ist das vereinfachte Verfahren wiederum nicht mehr anwendbar.

Beate Tesch Tel: +49 40 288 01-3174 beate.tesch@mazars.de

Nachweis der Erbenstellung gegenüber Kreditinstituten auch ohne Erbschein möglich Mit Urteil vom 5. April 2016 (Az.: XI ZR 440/15) hat der BGH entschieden, dass ein Erbe sein Erbrecht gegenüber einem Kreditinstitut auch durch Vorlage eines eröffneten eigenhändigen Testaments nachweisen kann, soweit dieses die im Rechtsverkehr erforderliche Eindeutigkeit aufweist. Der BGH attestierte einer Sparkasse einen Verstoß gegen die ihr obliegende vertragliche Leistungstreuepflicht, indem sie die Freigabe der Konten eines Verstorbenen von der Vorlage eines Erbscheins abhängig gemacht hatte. Die mit der Erteilung des Erbscheins verbundenen Kosten wurden vom Kreditinstitut unnötigerweise verursacht, sodass dafür Schadenersatz zu leisten war.

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Damit führt der BGH seine Rechtsprechung insoweit fort, dass der Erbe grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht ausschließlich durch einen kostenintensiven Erbschein nachzuweisen. Vielmehr besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, diesen Nachweis in Form eines öffentlichen oder eigenhändigen Testaments oder im Falle gesetzlicher Erbfolge durch Urkunden, aus denen sich eine Erbenstellung ergibt, zu erbringen. Der BGH differenziert hinsichtlich der Nachweiskraft jedoch ausdrücklich zwischen notariellen und privatschriftlichen Testamenten: Während ein eröffnetes notarielles Testament regelmäßig als ausreichender Nachweis für die Rechtsnachfolge anzusehen ist, kommt einem eigenhändigen Testament nach §§ 2247, 2267 BGB eine solche widerlegbare Vermutung nicht zu, da aufgrund von Rechtsunkenntnis, unklarer Formulierungen sowie möglicher Urkundenunterdrückung und -fälschung die Gefahren beim privatschriftlichen Testament erheblich höher sind als bei einem durch einen Notar errichteten Testament. Daher ist es eine Frage des Einzelfalls, ob ein eigenhändiges Testament nebst einer beglaubigten Abschrift eines Eröffnungsprotokolls die im Rechtsverkehr erforderliche Eindeutigkeit aufweist. Lediglich bei konkreten und begründeten Zweifeln an der Richtigkeit der aus dem eigenhändigen Testament folgenden Erbfolge kann die Bank berechtigt sein, einen Erbschein zu fordern. Praxishinweis: Mit dem Urteil stärkt der BGH insbesondere die Position von Erben von Kapitalvermögen. Die Entscheidung ist daher aus Beraterperspektive zu begrüßen, da sie dem Trend einer pauschalen Forderung von Banken nach einem legitimierenden Erbschein entgegentritt. Sofern in der Vergangenheit ein Erbschein lediglich zum Nachweis der Erbenstellung gegenüber der Bank beantragt wurde, sollte überprüft werden, inwieweit die angefallenen Gerichtskosten als Schadenersatz der Bank in Rechnung gestellt werden können.

Gabriele Weißpflock Tel: +49 30 208 88-1632 gabriele.weisspflock@mazars.de Sven-Oliver Stoklassa Tel: +49 30 208 88-1296 sven-oliver.stoklassa@mazars.de

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Bei künftigen Erbfällen sollten entsprechende Anforderungen von Kreditinstituten im Hinblick auf die ergangene Entscheidung sorgfältig geprüft werden, um ggf. Kosten und Zeit für einen Erbschein zu sparen. Soweit der Erbberechtigungsnachweis auf AGBs in den jeweiligen Kontoverträgen gestützt wird, sind auch diese umfassend auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen. Bereits in einer Vorentscheidung aus 2013 hat der BGH (Az.: XI ZR 401/12) dazu verbraucherfreundlich umfassend Stellung bezogen.

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Internationales Steuerrecht BFH-Urteil zur unentgeltlichen Nutzung des Firmennamens im Konzern Der BFH hat mit Urteil vom 21.1.2016 (I R 22/14) entschieden, dass die unentgeltliche Nutzung des Konzernnamens keine steuerrechtliche Hinzurechnung eines Korrekturbetrages im Sinne von § 1 Abs. 1 AStG aF rechtfertigt. Zuvor hatte das FG Münster (Urteil vom 14.2.2014 – 4 K 1053/11) die Auffassung vertreten, dass wegen der unentgeltlichen Überlassung des Markenzeichens eine Gewinnerhöhung nach § 1 Abs. 1 AStG aF vorzunehmen sei. Nach dem Sachverhalt aus den Jahren 2004 bis 2006 nutzte die polnische Tochter den abgekürzten Firmennamen und das Markenzeichen in Form eines Firmenlogos des in Deutschland steuerpflichtigen Klägers in ihrem Internetauftritt, auf Geschäftspapieren und Fahrzeugen. Die Nutzung einer Abkürzung des Firmennamens sowie des entsprechenden grafischen Zeichens war im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zugelassen. Ein Entgelt war dafür nicht vorgesehen. Nach der seinerzeit gültigen Fassung des AStG kam eine Hinzurechnung nur bei dem Vorliegen einer schuldrechtlichen (und nicht gesellschaftsrechtlichen) Vereinbarung in Betracht. Eine solche schuldrechtliche Regelung kann der BFH aber weder in dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages noch in dem sonstigen Sachverhalt erkennen. Unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung (Urteil vom 9.8.2000 – I R12/99) versteht der BFH den vorliegenden Streitfall daher lediglich als Überlassung des Firmennamens durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft als Gegenstand der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung. Die streitgegenständliche Vereinbarung betrachtet der BFH als Erlaubnis, den Namen als Bestandteil des eigenen Firmennamens zu nutzen. Für eine solche Erlaubnis seien aber in der Regel keine Lizenzentgelte steuerlich verrechenbar. Ausdrücklich wiederholt der BFH nochmals die Kriterien aus der vorgenannten früheren Rechtsprechung, die zu einer Hinzurechnungspflicht führen. Demzufolge muss u. a. ein untrennbarer Zusammenhang zwischen dem Namensrecht und dem produktbezogenen Markenrecht bestehen und dafür ein eigenständiger Wert festzustellen sein. Zum Zwecke der Ermittlung des „eigenständigen Wertes“ hält der BFH die Würdigung der unternehmerischen Tätigkeit des die Marke nutzenden Unternehmens für erforderlich, um den erwarteten Nutzen analysieren zu können. Fazit: Die Frage, ob in einem international tätigen Konzern eine Vergütung für die Nutzung von Markenrechten zu vereinbaren ist, steht zunehmend im Fokus der Betriebsprüfungen. Auch wenn das Urteil zu dem AStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2012 gültigen Fassung ergangen ist, gelten insbesondere die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen der bloßen Namensnutzung im Konzern (Lizenzentgelte sind nicht verrechenbar) und der Nutzung eines produktbezogenen Markenrechtes von eigenem Wert (Lizenzentgelte sind verrechenbar), auch für die Veranlagungszeiträume nach 2012.

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Die Klarstellung des BFH, dass die bloße Namensnutzung im Konzern nicht steuerrechtlich zu verrechnen ist, kann sich als hilfreich bei entsprechenden Diskussionen mit der Betriebsprüfung erweisen.

Dirk Schulz Tel: +49 30 208 88-1956 dirk.schulz@mazars.de

Soweit verrechenbare produktbezogene Markenrechte vorliegen, fordert der BFH eine Nutzenanalyse, sodass die Entscheidung auch insoweit positiv für die Beratungspraxis zu werten ist. Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung von der Finanzverwaltung lediglich behauptet, dass dem einer ausländischen Tochter eingeräumten produktbezogenen Markenrecht ein eigener Wert zukäme, reicht dies für eine steuerrechtliche Hinzurechnung nicht aus.

Ertragsteuern 5 %-Besteuerung auch bei grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen § 8b KStG sieht vor, dass eine dividendenempfangende Kapitalgesellschaft die Dividenden grundsätzlich steuerfrei stellen kann. Ausnahmen gelten bei sogenannten Streubesitzdividenden. § 8b Abs. 5 KStG sieht zugleich vor, dass 5 % der Dividendenbezüge als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln sind, mit der Folge der vollen Besteuerung. Diese Pauschalregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass eigentlich Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einkünften stehen, steuerlich grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Der Gesetzgeber geht für Betriebsausgaben im Zusammenhang mit Beteiligungen allerdings den Weg der vollen Abzugsfähigkeit. Sozusagen als Ausgleich erfolgt die vorgenannte 5 %-Besteuerung. Nach wie vor ist nicht geklärt, ob die 5 %-Besteuerung auch bei grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen Anwendung findet, u. a. dann, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen vorsieht, dass eine Besteuerung in dem Land des Dividendenempfängers grundsätzlich zu unterbleiben hat. Das Finanzgericht Saarbrücken hat nun mit Urteil vom 24.3.2015 die Auffassung vertreten, dass § 8b Abs. 5 KStG auch für Dividenden gilt, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich steuerfrei sind. Im zu beurteilenden Fall hatte eine deutsche GmbH eine Tochtergesellschaft in China und eine Tochtergesellschaft in der Türkei jeweils mit Mehrheitsbeteiligung. Sie erhielt von beiden Gesellschaften jeweils beträchtliche Dividendenbeträge, ca. € 26 Mio. in 2009, € 33 Mio. in 2010 und € 20 Mio. in 2011. Das Finanzamt setzte für diese Dividenden jeweils 5 % als nichtabziehbare Betriebsausgaben fest. Das Finanzgericht Saarbrücken gab dem Finanzamt recht. Im Ergebnis hatte das Finanzgericht Saarbrücken zu entscheiden, in welchem Verhältnis § 8b Abs. 5 KStG und das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen stehen. Das Gericht folgt mit seinem Urteil der bisher schon in der Rechtsprechung geäußerten Auffassung, wonach die Besteuerung von Dividenden auf mehreren

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Stufen erfolgt. Auf der ersten Stufe erfolgt im Regelfall nach dem einschlägigen DBA eine volle Freistellung. Hiervon unabhängig ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob die Ausgaben, die mit diesen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, abzugsfähig sind. Hierfür ist § 8b Abs. 5 KStG eine Spezialnorm. Auch vertritt das FG Saarbrücken die Auffassung, dass mit diesem Nebeneinander der DBA-Regelung und des § 8b Abs. 5 KStG kein „Treaty Override“ erfolgt. Durch die nationale Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG erfolgt keine Verdrängung des DBA. Damit entspricht das Urteil des FG Saarbrücken der bisher nahezu überwiegenden Auffassung. Gleichwohl hat das Gericht die Revision zugelassen, sodass die Frage künftig vom BFH zu entscheiden sein wird.

Dr. Christian Birkholz Tel: +49 30 208 88-1880 christian.birkholz@mazars.de

Verdeckte Gewinnausschüttung durch Teilwertabschreibung auf Darlehen oder Zinsen bzw. Ausfall von Darlehen oder Zinsen Die aktuelle Rechtsprechung des BFH führt in der Praxis zu neuen Risiken. Es droht die Gefahr der Annahme von (neuen) verdeckten Gewinnausschüttungen bei Teilwertabschreibungen auf Darlehenszinsen bzw. dem Ausfall von Zinszahlungen. Schon bisher galt: Wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer ihm nahestehenden Person (z. B. dem Ehepartner oder einem anderen Familienangehörigen des Gesellschafters) ein Darlehen gewährt, ohne sich dafür ausreichende Sicherheiten geben zu lassen, liegt regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, soweit das Darlehen nicht zurückgezahlt wird (Darlehensausfall) oder aufgrund Wertlosigkeit der Darlehensforderung ganz oder teilweise abgeschrieben werden muss. In Höhe des Darlehensausfalls bzw. des Betrages der Abschreibung auf das Darlehen wird dann der steuerpflichtige Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöht und der Gesellschafter hat in dieser Höhe eine Gewinnausschüttung zu versteuern. Bisher bestand in der Praxis dazu weitgehend die Auffassung, dass in diesen Fällen dann auch nur der geringere tatsächlich zurückgezahlte Darlehensbetrag vom Darlehensnehmer zu verzinsen sei. Denn wenn das Darlehen teilweise eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, es insoweit also steuerlich nicht als Darlehen anerkannt wird, sollte es auch nicht wie ein Darlehen verzinst werden müssen. Für eine Gewinnausschüttung, ob verdeckt oder offen, darf die Kapitalgesellschaft keine Zinsen bekommen. Die Finanzverwaltung hat dies regelmäßig ebenso beurteilt. Der BFH sieht dies aus rein formalen Gründen nun anders. In seinem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11.11.2015 (I R 5/14) hat der BFH ausgeführt, dass zwischen der Forderung auf Darlehensrückzahlung und der Forderung auf Zahlung der vereinbarten Zinsen zu unterscheiden ist. Beides sind eigenständige Forderungen und daher getrennt zu beurteilen und getrennt zu bilanzieren. Das bedeutet, dass der volle vereinbarte Zins auf das Darlehen zu zahlen ist, selbst wenn das Darlehen teilweise als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen wird. Kommt es zu einem Ausfall vereinbarter Zinsen bzw. einer Teilwertabschreibung auf

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die Zinsforderung, liegt nach Ansicht des BFH in Höhe des Zinsausfalls bzw. des Abschreibungsbetrages eine (weitere) verdeckte Gewinnausschüttung vor. In dieser Höhe ist der steuerpflichtige Gewinn der Kapitalgesellschaft zu erhöhen und dem Gesellschafter eine steuerpflichtige Gewinnausschüttung zuzurechnen. Die Kapitalgesellschaft hat den vereinbarten Darlehenszins in voller Höhe als Forderung zu bilanzieren. Der BFH stützt seine Auffassung darauf, dass das Darlehen zivilrechtlich nicht durch seine steuerrechtliche Beurteilung beeinflusst wird. Der Darlehensvertrag besteht unverändert, sodass auch der vereinbarte Zins zivilrechtlich unverändert besteht und geschuldet wird.

Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de

Zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Zinsausfall ist daher zu überlegen, inwieweit der Darlehensvertrag steuerunschädlich angepasst werden kann, wenn erkennbar wird, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht vollständig erfolgen wird. Nichtstun würde hier zur weiteren verdeckten Gewinnausschüttung führen. Es ist davon auszugehen, dass die Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung diesen Punkt bei ihren zukünftigen Prüfungen wegen seiner Aktualität weit oben auf der Liste der zu prüfenden Aspekte stehen haben wird.

Anrechnung von Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bei unterjährigem Gesellschafterwechsel Mit Urteil vom 14.1.2016 (IV R 5/14) hat der BFH entschieden, dass sich der auf die ESt anrechenbare GewSt-Messbetrag nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels (ohne Berücksichtigung gesellschaftsrechtlich vereinbarter Vorabgewinne) bestimmt. Der Wortlaut sei insoweit eindeutig. Anrechnungsüberhänge, die sich dadurch ergäben, könnten durch gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen zwischen den Mitunternehmern weitgehend ausgeglichen werden. Auch im Fall von Veräußerungsgewinnen gelte der Maßstab des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels und auch hier könnten Anrechnungsüberhänge (die sich für die Gesellschafter ergeben, die keinen Veräußerungsgewinn erzielt haben) vertraglich ausgeglichen werden. Beachtenswert an dem Urteil ist die Aussage des BFH, dass der GewSt-Aufwand lediglich die zum Ende des Jahres noch an der Gesellschaft beteiligten Mitunternehmer auf Grundlage des gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssels trifft, nicht jedoch die im Laufe des Erhebungszeitraums bereits ausgeschiedenen Gesellschafter. Dies wird dadurch begründet, dass die GewSt erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums entsteht. Insoweit entscheidet der BFH gegen die Verwaltungsmeinung im BMF-Schreiben vom 19.7.2009 und stellt fest, dass er keine gesetzliche Grundlage für die Auffassung sieht, dass auch für einen unterjährig ausgeschiedenen Gesellschafter einer Personengesellschaft Anteile am GewSt-Messbetrag festzustellen sind. Lediglich aufgrund des Verböserungsverbots kommt es im Urteilsfall nicht zu einer Herabsetzung des anrechenbaren GewSt-Messbetrags für die ausgeschiedenen Mitunternehmer. Für die Aufteilung des GewSt-Messbetrags ist nach Ansicht des BFH wohl (nur) der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel zum Ende des Jahres zugrunde zu legen.

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Praxistipp: Besteht der Wunsch nach Vor- bzw. Nachteilsausgleich im Fall des Ausscheidens von Mitgesellschaftern aus einer Personengesellschaft, sind weitreichende vertragliche Vereinbarungen (im Gesellschaftsvertrag) zu treffen, die nicht nur eine GewSt-Zusatzbelastung auf Veräußerungsgewinne ausgeschiedener Gesellschafter abdecken, sondern zusätzlich auch erhöhte Anrechnungsbeträge verbleibender Mitunternehmer korrigieren.

Beate Tesch Tel: +49 40 288 01-3174 beate.tesch@mazars.de

BFH-Urteil zum gewerblichen Grundstückshandel Zur Frage der Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel verdeutlicht ein neueres Urteil des BFH (Urteil vom 28.10.2015 – X R 22/13), dass auch Einbringungsvorgänge einem „gewerblichen Grundstückshandel“ zugerechnet werden können. Der vom BFH zu beurteilende Fall betraf eine Einbringung von Grundstücken aus dem Privatvermögen des Steuerpflichtigen in eine von ihm dominierte gewerbliche Personengesellschaft. Diese Einbringung war nur ein Zwischenschritt für eine weitere Übertragung der Grundstücke auf eine ebenfalls vom Steuerpflichtigen errichtete gemeinnützige Stiftung. Ein für eine gewerbliche Tätigkeit an sich typisches Auftreten am Markt war damit nicht erkennbar. Ein solches ist nach Ansicht des BFH aber auch nicht erforderlich. Der BFH bestätigt zunächst seine Rechtsprechung, dass die Einbringung von Grundstücken über dem Buchwert (offene Sacheinlage) auch in eine vom Einbringenden dominierte Personengesellschaft eine Veräußerung darstellt und somit die eingebrachten Grundstücke als sogenannte Zählobjekte in die Prüfung des Vorliegens eines gewerblichen Grundstückshandels einzubeziehen sind. Im vorliegenden Fall hatte der Steuerpflichtige aber noch zusätzlich geltend gemacht, dass diese Einbringung als letzter (nicht gewerblicher) Akt seiner Vermögensverwaltung oder zumindest als begünstigter „Aufgabegewinn“ eines gewerblichen Grundstückshandels zu behandeln sei. Der BFH erteilt dieser Betrachtung aufgrund der Gesamtumstände eine Absage. Der BFH betont, dass ein gewerblicher Grundstückshandel schon vor und nach dem Einbringungsakt vorgelegen habe, da der Steuerpflichtige bereits zuvor und danach, nämlich mittelbar über die Personengesellschaft, Grundstücke veräußert habe. Es sei anerkannt, dass ein gewerblicher Grundstückshandel einer Personengesellschaft – anders als der einer Kapitalgesellschaft – den Mitunternehmern zugerechnet werde. Somit stelle die Einbringung nicht den letzten Akt einer vermögensverwaltenden Tätigkeit, sondern vielmehr einen Teil der bereits vorliegenden – wenn auch nur mittelbar über die Personengesellschaft ausgeübten – gewerblichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen dar. Fazit: Die Entscheidung verdeutlicht, dass zur Beurteilung des Risikos eines gewerblichen Grundstückshandels tendenziell eine Gesamtschau vorzunehmen ist: Es sind nicht nur alle Grundstücksveräußerungen durch den Steuerpflichtigen selbst, sondern auch alle Tätigkeiten durch Personengesellschaften, an denen ein Steuerpflichtiger beteiligt ist, umfassend zu betrachten. Ferner sind auch veräußerungsähnliche Einbringungen, die nicht zu Buchwerten erfolgen, in die Risikoeinschätzung innerhalb des Zehnjahreszeitraums (bei Branchennähe) einzubeziehen. Schließlich ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch nicht qualitativ zwischen unmittelbaren und mittelbaren Veräußerungen zu trennen, diese werden vielmehr als eine einheitliche gewerbliche Betätigung behandelt.

Marcel Ruhlmann Tel: +49 30 208 88-1328 marcel.ruhlmann@mazars.de

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Erbschaftsteuer Erbschaftsteuerreform – nach wie vor offen Endlich ist die Reform der Erbschaftsteuer gelungen … – so sollte dieser Beitrag eigentlich beginnen. Allerdings hat der Bundesrat am 8.7.2016 einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen. Damit verzögert sich das Gesetzgebungsverfahren erneut – mindestens bis in den Herbst. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 war der Gesetzgeber verpflichtet worden, das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz im Hinblick auf die Übertragung von Betriebsvermögen spätestens bis zum 30.6.2016 zu ändern. Da der Gesetzgeber diese Frist nicht eingehalten hat, hat das Gericht angekündigt, sich im Herbst ebenfalls wieder mit dem Thema zu befassen. Nach langem Ringen hat sich die Regierungskoalition am 20.6.2015 auf einen Konsens geeinigt, der am 24.6.2016 vom Bundestag angenommen wurde. Dieser Gesetzentwurf wird Ausgangspunkt der weiteren Verhandlungen im Vermittlungsausschuss sein. Das Grundprinzip der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen soll nach wie vor erhalten bleiben. Damit sollen auch in Zukunft die bekannten Verschonungsmodelle gelten, wenn die Behaltensfristen eingehalten werden. Es soll auch an dem bisherigen System des Verwaltungsvermögens festgehalten werden. Erfreulich ist, dass für die im Bewertungsgesetz geregelte Unternehmensbewertung eine Anpassung des Kapitalisierungsfaktors vorgesehen wird. Es sind weiterhin neue Regelungen zur Ermittlung des Verwaltungsvermögens sowie zu Stundungsmodellen aufgenommen worden. Der derzeitige Gesetzentwurf beinhaltet eine Rückwirkungsklausel, demnach sollte das neue Erbschaftsteuergesetz rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft treten. Durch die zeitliche Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens ist nun allerdings unklar, wann das Gesetz tatsächlich in Kraft treten wird. Jedenfalls haben sich beide – Bundesverfassungsgericht und Finanzverwaltung – dahingehend geäußert, dass das bisherige Gesetz zunächst weiter fortgilt. Die vom Bundestag verabschiedeten Neuregelungen Verschonungsregelungen bleiben erhalten: Auch in Zukunft soll die Möglichkeit einer Steuerbefreiung in Höhe von 85 % oder 100 % (Regel- oder Optionsverschonung) erhalten bleiben, wenn der Unternehmensnachfolger das Unternehmen fünf bzw. sieben Jahre fortführt und die Arbeitsplätze erhält. Dies gilt für mittelständische Unternehmen bei der Übertragungen von Unternehmenswerten bis 26 Millionen Euro. Für Großunternehmen – Abschmelzmodell …: Der Verschonungsabschlag (85 % bzw. 100 %) schmilzt für Übertragungen von Betriebsvermögen ab 26 Millionen Euro mit zunehmendem Unternehmenswert bis auf null Euro ab (um jeweils einen Prozentpunkt für jede 750.000 Euro, die der Unternehmenswert die Freigrenze von 26 Millionen Euro überschreitet). Bei der Regelverschonung fällt die Verschonung ab einem Unternehmenswert von 89,75 Millionen Euro vollständig weg, bei der Optionsverschonung wird ab einem Unternehmenswert von 90 Millionen Euro überhaupt keine Verschonung mehr gewährt. Wie bisher muss das Unternehmen während der Behaltensfristen unter Einhaltung der Mindestlohnsumme fortgeführt werden.

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…oder Verschonungsbedarfsprüfung: Wenn der Erwerber eines Großunternehmens nachweist, dass er die Erbschaftsteuer nicht aus 50 % seines miterworbenen oder bereits vorhandenen Privatvermögens leisten kann, kann anstelle des Abschmelzmodells ein Erlass der Erbschaftsteuer beantragt werden. Der Unternehmensnachfolger muss dem Finanzamt im Rahmen einer Bedürfnisprüfung dann seine persönlichen Vermögensverhältnisse vollständig offenlegen. Auch hier gilt es, das Unternehmen unter Einhaltung der Mindestlohnsumme fortzuführen. Besonderer Abschlag für Familienunternehmen: Gänzlich neu ist ein besonderer Abschlag auf den Unternehmenswert für Familienunternehmen, deren Gesellschaftsverträge typische Klauseln aufweisen – 2 Jahre vor der Übertragung und 20 Jahre nach der Übertragung (Beschränkungen für Entnahme/Gewinnausschüttung, Verfügungsmöglichkeiten nur für Angehörige, Abfindung deutlich unter Wert bei Ausscheiden). Der Abschlag richtet sich nach den in Satzung oder Gesellschaftsvertrag vereinbarten Minderungen der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert und ist auf maximal 30 % begrenzt. Unverändert – begünstigungsfähiges Vermögen und Verwaltungsvermögenstest: Der bereits jetzt geltende Verwaltungsvermögenstest zur Negativabgrenzung von begünstigtem und nicht begünstigtem Betriebsvermögen soll auch weiterhin Anwendung finden. Das Verwaltungsvermögen wird jedoch künftig nicht mehr mitbegünstigt, lediglich 10 % des Verwaltungsvermögens werden wie begünstigtes Vermögen behandelt. Verwaltungsvermögensquote über 90 %: Neu ist der Ausschluss der Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen mit einer Verwaltungsvermögensquote von mehr als 90 % zur Vermeidung missbräuchlicher Steuergestaltungen. Investitionsklausel im Erbfall: Mittel aus einem Erbe können als erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen behandelt werden, wenn diese Mittel nach dem Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall in das Unternehmen investiert werden. Konsolidierte Ermittlung des Verwaltungsvermögens: Künftig soll das Nettovermögen für die Besteuerung maßgeblich sein, indem die Schulden quotal dem begünstigten und dem nicht begünstigten Vermögen zugeordnet werden. Darüber hinaus wird das Nettovermögen bei mehrstufigen Gesellschaftsstrukturen konsolidiert ermittelt (Konzernbetrachtung). Neue Grenzen für die Lohnsummenregelung: Künftig sollen Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen sein. Für Unternehmen mit über 5 Mitarbeitern gilt eine gestaffelte Mindestlohnsumme je nach Regel- bzw. Optionsverschonung (5–10 Mitarbeiter 250 %/500 %, 11–15 Mitarbeiter 300 %/565 %, mehr als 15 Mitarbeiter 400 %/700 %). Stundungsregelung im Erbfall: Vorgesehen ist die Einführung einer an keine besonderen Voraussetzungen anknüpfenden und zinsfreien Stundungsregelung für Betriebsvermögen für einen Zeitraum von 10 Jahren, die für alle Arten von begünstigtem Betriebsvermögen Geltung finden und unabhängig von anderen Begünstigungen gewährt werden soll. Bedingung ist die Unternehmensfortführung unter Einhaltung der Mindestlohnsumme.

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Realistische Unternehmensbewertung: Neu aufgenommen wurde eine Anpassung des im Bewertungsgesetz geregelten sog. vereinfachten Ertragswertverfahrens. Für eine realistischere Unternehmensbewertung soll im vereinfachten Ertragswertverfahren der durchschnittliche Jahresertrag des Unternehmens künftig mit einem niedrigeren Kapitalisierungsfaktor von 10 bis maximal 12,5 (statt derzeit 17,86) multipliziert werden. Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de Christina Vosseler Tel: +49 30 208 88-1208 christina.vosseler@mazars.de

Derzeit ist noch nicht absehbar, was sich an diesem Gesetzesentwurf durch die Abstimmung im Vermittlungsausschuss ändern wird. Der Beschluss des Bundesrats ist so weit gefasst, dass alle Regelungsbereiche berührt sein könnten. Im Interesse aller Unternehmerfamilien ist zu hoffen, dass es nicht zu gravierenden Verschlechterungen der Begünstigungen für Betriebsvermögen kommt, sodass Unternehmensnachfolgen weiterhin erfolgreich durchgeführt werden können.

Sonstiges Verschärfte Anforderungen an elektronische Kassen ab 2017 Getreu dem Sprichwort „Gelegenheit macht Diebe“ verschärft die Finanzverwaltung ab dem 1.1.2017 die formalen Anforderungen an Kassensysteme, um aktiv gegen Kassenmanipulationen bei Bargeschäften vorzugehen. Davon betroffen sind bilanzierungspflichtige Unternehmen, die für ihre Tagesgeschäfte elektronische Kassensysteme verwenden. Bisher genügte es, wenn der Steuerpflichtige bei elektronischen Registrierkassen die Tagesendsummenbons („Z-Bons“) sowie ggf. die von der Kasse erstellten Ausgangsrechnungen und die zur Kasse gehörenden Organisationsunterlagen als Belege aufbewahrte. Mit der „Neuen Kassenrichtlinie“ (Grundlage ist das BMF-Schreiben vom 26.11.2010, BStBl. I 2010, 1342 f.) verlangt die Finanzverwaltung gemäß dem Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht die elektronische Aufbewahrung der einzelnen Geschäftsvorgänge, sodass diese jederzeit abrufbar, lesbar, maschinell auswertbar und insbesondere unveränderbar sind. Wichtig ist bei neuen elektronischen Registrierkassen ein angeschlossenes Datenbank- und Archivsystem. Für die Beschaffung und Einführung eines neuen Systems, das den o. g. Anforderungen genügt, wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2016 festgelegt. Wer die technischen Standards ab dem Jahr 2017 nicht erfüllt, muss damit rechnen, dass die Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung angefochten wird und in der Konsequenz Steuernachforderungen durch Hinzuschätzungen erfolgen. Diese erhöhten Anforderungen an Kassensysteme waren bisher gesetzlich nicht geregelt. Da dem Staat aufgrund von Kassenmanipulationen Schätzungen zufolge Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgehen, hat das Bundesfinanzministerium einen Referentenentwurf vom 18.3.2016 als Gesetzesgrundlage für Kassenstandards vorgelegt. Der am 13.7.2016 vom Bundeskabinett beschlossene „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ besteht aus folgenden wesentlichen Komponenten:

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Verpflichtender Einsatz einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung eines elektronischen Aufzeichnungssystems Einführung einer Kassen-Nachschau (analog zur Umsatz- oder Lohnsteuer-Nachschau) Bußgelder bis zu € 25.000 bei Verstößen Verpflichtung zur Belegausgabe nur auf Verlangen des Kunden Das Gesetz wird am Tag der Verkündung in Kraft treten. Die Verpflichtung zum Einsatz der Sicherheitseinrichtung, die Vorgaben zur Kassen-Nachschau und die Sanktionierung gelten ab dem 1.1.2020. Auf eine durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu erfolgende Zertifizierung kann übergangsmäßig bis zum 31.12.2022 verzichtet werden. Dies betrifft Kassen, die zwar bauartbedingt nicht mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung aufgerüstet werden können, allerdings den Anforderungen der „Neuen Kassenrichtlinie“ entsprechen. Die Einführung einer allgemeinen Registrierkassenverpflichtung, insbesondere für Wochenmarkts- und Straßenverkäufer, Vereine sowie Personen, die ihre Dienstleistungen nicht an festen Orten anbieten, ist nicht vorgesehen. Im Ergebnis ist den neuen Anforderungen an elektronische Kassensysteme nachzukommen. Für den Fall, dass Ihre Registrierkassen den Anforderungen der Einzelaufzeichnung und Archivierung noch nicht gerecht werden, gilt es, aktiv zu werden.

Sindy Schröder Tel: +49 30 208 88 -1214 sindy.schroeder@mazars.de Christina Vosseler Tel: +49 30 208 88 -1073 karolin.anders@mazars.de

Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens (StModernG) Am 17. Juni 2016 hat der Bundesrat dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens zugestimmt. Im Folgenden werden einige wichtige Änderungen dargestellt: Die Beschleunigung und Effektivitätssteigerung des Besteuerungsverfahrens soll durch Neuerungen beim Amtsermittlungsgrundsatz erreicht werden, indem Art und Umfang der Ermittlungen der Finanzbehörden auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erfolgen sollen. Ebenso soll dies durch Standardisierung der Arbeitsschritte erfolgen, indem der Gesetzgeber das Einführen und Einteilen in sogenannte „Fallgruppen“ vorsieht. Die automationsgestützte Steuerfestsetzung, der bessere gegenseitige Datenaustausch der Finanzbehörden sowie die elektronische Bekanntgabe von Steuerbescheiden sollen ebenfalls hierzu beitragen. Die Einführung eines Risikomanagementsystems (RMS) soll die Finanzverwaltung entlasten. Dazu sollen insbesondere an „einfache“ Steuerfälle nur noch möglichst wenig personelle Kapazitäten gebunden werden. Die freien Kräfte sollen dann „prüfungsbedürftige“ Fälle stärker prüfen. Hierzu will der Gesetzentwurf ein vollautomatisiertes Risikoprüfungssystem (auch RMS) einrichten. Dieses soll in Zukunft eine nahezu automatische Bearbeitung sowie Veranlagung ermöglichen.

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Die Abgabefristen für Steuererklärungen ab dem Veranlagungsjahr 2016 werden verlängert. Privatpersonen müssen ihre Steuererklärung zukünftig erst zum 31. Juli abgeben. Für diejenigen, die durch Steuerberater vertreten werden, verlängert sich die Abgabefrist grundsätzlich bis spätestens zum „letzten Tag des Februars des Zweitfolgejahres“. Allerdings wurden die Bedingungen für eine Fristverlängerung verschärft. Auch die vorzeitige Anforderung von Steuererklärungen ist weiterhin möglich. Die Gründe, die eine vorzeitige Anforderung rechtfertigen, werden gesetzlich explizit aufgeführt. Für Steuererklärungen, die im Rahmen einer Vorabanforderung abzugeben sind, gilt eine Bearbeitungsfrist von vier Monaten. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags wird zukünftig neu geregelt. Ein Verspätungszuschlag ist festzusetzen, wenn nicht innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres bzw. zum Zeitpunkt der vorzeitig angeforderten Steuererklärung die Erklärung abgegeben worden ist. Wobei in diesen Fällen auch Ausnahmen für eine automatische Festsetzung aufgeführt werden. Ebenso wird die Berechnung des Verspätungszuschlags neu geregelt. Aus der Belegvorlagepflicht wird die Belegvorhaltepflicht. Die Vorlage von Belegen im Besteuerungsverfahren soll zur Ausnahme werden. Stattdessen werden Steuerpflichtige dazu verpflichtet, entsprechende Nachweise aufzubewahren. Martin Köhler Tel: +49 69 500 60-2166 martin.koehler@mazars.de

Die meisten Änderungen des Gesetzes treten planmäßig am 1. Januar 2017 in Kraft. Da einige organisatorische und technische Maßnahmen jedoch einer längerfristigen Planung und Umsetzung bedürfen, wird das Gesamtvorhaben schrittweise bis 2022 umgesetzt.

Neuer Erlass der Finanzverwaltung zu den Berichtigungspflichten der Steuerpflichtigen Kaum ein Rechtsgebiet ist so komplex wie das Steuerrecht. Fehler bei seiner Anwendung sind an der Tagesordnung. Auch die Finanzverwaltung ist davor nicht gefeit. Während sich bei einem Fehler des Finanzamts nur die Frage stellt, ob hiergegen in einem Einspruchs- oder Klageverfahren vorgegangen wird, wird bei Fehlern des Steuerpflichtigen immer schneller die Frage aufgeworfen, ob dies ein böswilliger Fehler, sprich Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung ist. Seitdem in der Öffentlichkeit immer häufiger über mal mehr, mal weniger spektakuläre Fälle des Verdachts auf Steuerhinterziehung berichtet und diskutiert wird, herrscht in der Praxis eine immer größer werdende Unsicherheit, wann man einen schlichten Fehler ebenso schlicht nach § 153 AO berichtigen kann oder muss und wann man bereits einem Verdacht auf Steuerhinterziehung ausgesetzt ist, bei dem man sich nur durch eine Selbstanzeige nach § 371 bzw. § 378 Abs. 3 AO vor strafrechtlichen Risiken schützen kann. Da die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige in den letzten Jahren verschärft wurden, sodass sie häufig schwer erfüllbar geworden sind, hat die Frage der Unterscheidung zwischen der Berichtigung eines Fehlers und der Selbstanzeige eines Steuervergehens noch größere Bedeutung erlangt. Das BMF hat am 23.5.2016 die endgültige Fassung des seit rund einem Jahr diskutierten Anwendungserlasses zu § 153 AO zur Frage der Abgrenzung zwischen Berichtigung und Selbstanzeige veröffentlicht. Um es vorwegzunehmen: Das lange Warten auf die endgültige Fassung dieser Verwaltungsanweisung hat sich für die Steuerpflichtigen leider nicht gelohnt, da der Erlass sehr allgemein gehalten ist.

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Nach § 153 AO hat der Steuerpflichtige oder sein Rechtsnachfolger eine objektiv fehlerhafte Steuererklärung unverzüglich zu berichtigen, wenn er die Unrichtigkeit innerhalb der Festsetzungsfrist tatsächlich erkennt. Ein Erkennen-Können oder Erkennen-Müssen reicht nicht aus. Die gleiche Berichtigungspflicht gilt, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder -begünstigung nachträglich entfallen. Kein Fehler, sondern eine Steuerhinterziehung bzw. -verkürzung, die nur durch Selbstanzeige geheilt werden kann, liegt vor, wenn die Fehlerhaftigkeit der Steuererklärung vorsätzlich (= bewusst und gewollt) oder leichtfertig (= grober Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten) herbeigeführt wurde. Welcher Fall vorliegt, soll von den Finanzämtern nach den Umständen des Einzelfalles aufgrund einer sorgfältigen Prüfung ermittelt werden. Immerhin, es soll nach dem BMF nicht allein aufgrund der Höhe der steuerlichen Auswirkungen des Fehlers auf einen Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung geschlossen werden. Für Unternehmen enthält das BMF-Schreiben wenigstens den Ansatz für die Vermeidung eines Anfangsverdachtes auf Steuerhinterziehung. Denn wenn das Unternehmen ein innerbetriebliches Kontrollsystem, ein sogenanntes Tax Compliance Management System (abgekürzt Tax CMS), zur Sicherung der Erfüllung der steuerlichen Pflichten eingerichtet hat, „kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls“ (so der O-Ton des BMF). Diese für das BMF-Schreiben typische weiche Formulierung verschafft den Unternehmen weder Rechtssicherheit noch eine hinreichende Handlungsempfehlung, wie sie sich vor dem Anfangsverdacht einer Steuerhinterziehung schützen können. Man kann nur hoffen, dass die Finanzämter die ernsthafte Einrichtung eines Tax CMS verlässlich als klaren Anhaltspunkt dafür akzeptieren, dass kein böswilliger Fehler vorliegt. Nur wenn ein Tax CMS lediglich alibimäßig, also nicht ernsthaft eingerichtet wurde oder jemand erkennbar versucht hat, an dem Tax CMS vorbei zu handeln, sollte ein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung näher geprüft werden. Hierzu wäre eine schnelle Klärung wünschenswert; sie ist aber leider nicht zu erwarten.

Bernd Schult Tel: +49 30 208 88-1342 bernd.schult@mazars.de

Veranstaltungshinweis Treffen Sie unsere Partner und Mitarbeiter auf folgenden Veranstaltungen:

Titel der Veranstaltung

Ort

Datum

4. Fondsgespräche

Hamburg Berlin Frankfurt am Main München

13.09.2016 15.09.2016 20.09.2016 11.10.2016

IT-GRC Kongress 2016

Berlin

15./16.09.2016

Weitere Veranstaltungen und Informationen finden Sie unter www.mazars.de/veranstaltungen.

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Impressum Die Beiträge in dem Steuer-Newsletter sind nach bestem Wissen und nach derzeitigem Kenntnisstand erstellt worden. Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen werden nur auszugsweise wiedergegeben. Wir bitten deshalb, die Beiträge im Einzelfall mit den ungekürzten Veröffentlichungen zu vergleichen, um Informationsfehler zu vermeiden. Die Komplexität und der ständige Wechsel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr für die Richtigkeit der in diesem Newsletter enthaltenen Informationen auszuschließen. Herausgeber Roever Broenner Susat Mazars GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Domstraße 15 20095 Hamburg www.mazars.de Verantwortliche Redaktion RA/StB Gerhard Schmitt Rankestraße 21 10789 Berlin Tel: +49 30 208 88-2020 gerhard.schmitt@mazars.de Druckerei Max Siemen KG Oldenfelder Bogen 6 22143 Hamburg


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