Christliches Medienmagazin pro 6|2009

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Harald Lesch

„Ich bin vom Scheitel bis zur Sohle Protestant“ Harald Lesch ist bekannter Fernsehmoderator und leidenschaftlicher Astrophysiker. Gleichzeitig ist er Philosoph und mit seinen Interviewpartnern oft auf der Suche nach den Dingen hinter dem Sichtbaren. pro-Redakteur Jörn Schumacher hat den 49-Jährigen in München zum Interview getroffen. pro: Sie sind einerseits Astrophysiker, andererseits Fernsehmoderator. Was ist schwieriger: die Sterne erforschen oder im ZDF eine Fernsehsendung machen? Harald Lesch: Das Fernsehmachen ist eigentlich relativ leicht. Der Unterschied zwischen Universität und Fernsehen ist: In einem Fernsehstudio sind alle Beteiligten daran interessiert, dass eine gute Sendung dabei herauskommt. Wenn man in der Uni irgendetwas will, sind erstmal alle dagegen. Fernsehen ist fast so etwas wie eine Erholung vom Universitätsdasein. Ab 1. Januar gibt es eine Sendung im ZDF, die heißt „Leschs Kosmos“. Da habe ich eine Viertelstunde. Das ZDF hat gemerkt, dass es mir am besten mal eine längere Zeit allein zur Verfügung stellt. Ich bin halt nicht so der Sprinter, sondern eher der Marathon-Moderator, ein Monologist. Wie sehen die Zuschauerreaktionen aus? Unter Medienkennern wird meine Moderationsart mittlerweile offenbar sehr

geschätzt. Auf jeden Fall ist man in Mainz außerordentlich zufrieden. Die messen das ja in Quote. Mich interessiert das eigentlich nicht, ich könnte ohnehin nichts anderes anbieten. Nach der Sendung über Wissenschaft und Religion neulich war ich mit meiner Frau in Rom, und es riefen mich den ganzen Tag Leute an und lobten die Sendung. Die war besonders erfolgreich. Ein besonderes Merkmal Ihres Moderationsstils ist, dass sie sich permanent in den Zuhörer hineinversetzen und sich teilweise selbst mit Einwürfen unterbrechen. In mir schwingt immer der Gedanke mit: Ich könnte mich ja auch irren. Ich muss mich immer hinterfragen: Warum denke ich das? Was spricht dafür, und was dagegen? Ich bin ein großer Freund des Zweifelns. Das gehört für mich auch zur Frage des Glaubens mit dazu. Sowohl der Gläubige als auch der Ungläubige muss immer über diesen Abgrund, den Zweifel, hinüber. Die Wissenschaft

arbeitet daran, den Zweifel möglichst klein zu halten. Sie haben einmal gesagt: Der Zweifel ist das, was mich am meisten mit Gott verbindet. Was bedeutet das? Für mich ist die Frage nach Gott ein „Ruf auf die andere Seite“. Wenn man versucht, aus den Naturwissenschaften auf die Eigenschaften von Gott zu schließen, dann kann das eigentlich immer nur schief gehen. Ich bin ein großer Freund von Nikolaus von Kues. Der war der Meinung, dass bei Gott alle Widersprüche zusammenfallen müssen. Sogar der Satz vom Widerspruch (eine Aussage darf nicht zugleich wahr und falsch sein) dürfe bei Gott nicht mehr gelten. Das heißt, alles Reden von Gott muss eigentlich immer voller Zweifel sein, denn was kann ich über Gott schon aussagen? Unser christliches Gottesbild ist ja ein sehr personales, dem ich persönlich auch anhänge, weil ich glaube, dass wir Menschen uns nichts anderes vorstelpro | Christliches Medienmagazin 6|2009

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