Interview Magazin Nr. 01/2014

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Nr. 01/2014 CHF 12.50 / EUR 11.00

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interview

Das Magazin f端r kompetente & innovative Unternehmen

Zielbewusstes F端hren Der CEO - selbstbestimmt oder fremdgesteuert? Aussendienstmitarbeiter coachen


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Editorial

Liebe Leserinnen Liebe Leser

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ekordjahr für die Uhrenexporte im 2013 – das hört man gerne, in dieser nicht ganz einfachen Zeit der vielen Hoch und Tiefs. Die Umsätze mit Schweizer Uhren im Ausland stiegen gegenüber dem 2012 um 1.9%, was einen neuen Höchststand bedeutet für die Uhrenindustrie. Ein positives Wachstum war absehbar, allerdings verlief das zweite Halbjahr eindeutig besser als das erste. 95% der Auslandumsätze wurde mit dem Verkauf von Armbanduhren erzielt. Wir hoffen, die Uhrenindustrie kann das tolle Ergebnis im 2014 wiederholen und den ausländischen Markt weiterhin mit Schweizer Uhren beliefern.

wieder merklich schwächer geworden. Die Nationalbank hält weiterhin an der Untergrenze von CHF 1.20 fest und wird das Geschehen aufmerksam beobachten müssen. Es gibt einige wichtige Fragen die Klärung bedürfen. Das Wirtschaftskarussell dreht sich munter weiter. Es bleibt also auch in Zukunft spannend. In diesem Sinne viel Vergnügen beim Lesen.

Bei so guten Ergebnissen aus der Uhrenindustrie ist auch die Privatwirtschaft wieder optimistischer für das Jahr 2014. Der Optimismus ist allerdings nicht in allen Branchen gleichermassen vertreten. Das Baugewerbe und der Detailhandel schätzt die Lage als gut ein, die Industrie als zufriedenstellend – einzig das Gastgewerbe berichtet von einem Umsatzrückgang im Herbst 2013 und prophezeit daher einen eher unbefriedigenden Geschäftsgang im 2014. Wir werden sehen was das Jahr 2014 wirklich für uns bereithält. Sobald die Zahlen des ersten Quartals schwarz auf weiss vorliegen, wissen wir, in welche Richtung das Erfolgsbarometer 2014 zeigt. Ukraine-Krise; wegen der Krim-Krise findet kein G8-Gipfel mit Russland statt. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen haben die Konferenz mit Russland abgesagt. Die Schweiz – mit Bundesrat Burkhalter als Präsident der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – setzt sich für einen Dialog zwischen den Konfliktparteien ein. Auf Sanktionen gegen Russland verzichtet die Schweiz zum jetzigen Zeitpunkt. Welche Auswirkungen dies in Zukunft haben wird und ob die Schweiz diese Gangart beibehalten kann, ist noch nicht absehbar.

Chefredaktor Adriano Sibilia

Lettland ist in der Eurozone angekommen. Per 01.01.2014 wurde, trotz grosser Skepsis der Bevölkerung, der Euro eingeführt. Auch in der Schweiz wird der Euro im 2014 weiterhin ein Gesprächsthema bleiben. In den ersten Monaten ist der Eurokurs

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interview Magazin

inhalt Finanz / Wirtschaft

6 Keine Angst vor SEPA

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Human Resource

12 Klärungshilfe konkret

IT / Technik

Seminare / Coaching

KMUs ihre Daten 38 Wie effizient sichern kĂśnnen

Gott, noch ein 46 Mein Kongress

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Inhaltsverzeichnis

Editorial Editorial............................................................................................3

Finanz / Wirtschaft Keine Angst vor SEPA .....................................................................6 Kann Ihr Versicherungsbroker mit Ihnen Schritt halten? .................8

Human Resource

Management / Marketing

Klärungshilfe konkret ....................................................................12 Spitzenleistungs Impuls: Die bösen Mitarbeiter............................15 Lösungsorientierte Kommunikation statt argumentativer Stellungskriege...............................................................................18 Mal schnell eine elektronische Personalakte?................................20

Management / Marketing

32 Raus aus der Imagefalle Gesundheit

Genug ist nicht genug ...................................................................24 Change Management....................................................................27 Der CEO – selbstbestimmt oder fremdgesteuert? .......................30 Raus aus der Imagefalle.................................................................32 Selbstführung und Unternehmenswachstum Ein Zusammenhang?......................................................................36

IT / Technik Wie KMUs ihre Daten effizient sichern können..............................38 Per Online- oder E-Auktion einkaufen ..........................................40 Facebooks Erbe..............................................................................44

Seminare / Coaching Mein Gott, noch ein Kongress.......................................................46 Aussendienstmitarbeiter coachen .................................................48

Gesundheit Unternehmensziel: Die Gesundheit und Leistungskraft der Mitarbeiter bewahren....................................................................51 Was ist Stress?................................................................................55

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Was ist Stress?

Abo / Impressum Abo / Impressum............................................................................58

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Finanz / Wirtschaft

Keine Angst vor SEPA SEPA: ein Begriff, der für Unsicherheit im E-Commerce sorgt. Viele Onlinehändler befürchten, dass die geplante SEPA-Umstellung im August 2014 zu Umsatzeinbußen führt. Aber ist diese Angst gerechtfertigt? Welche Auswirkungen hat SEPA tatsächlich auf den Handel im Internet? Bei näherer Betrachtung zeigt sich: Wer mit einem Payment Service Provider zusammenarbeitet, muss sich keine Sorgen machen.

Was bedeutet SEPA überhaupt? SEPA ist die Abkürzung für Single European Payments Area und umfasst den gesamten Euro-Zahlungsraum, dem insgesamt 34 Staaten angehören. Mit der Entscheidung für SEPA Anfang 2008 verfolgt die Europäische Union das Ziel, im gemeinsamen europäischen Markt für mehr Wettbewerb und Effizienz zu sorgen – mithilfe einheitlicher Verfahren und Standards für die Abwicklung von Zahlungen. Es ist geplant, dass die SEPALastschrift und die SEPA-Überweisung vom 1. August 2014 an gelten. Von diesem Zeitpunkt an soll es keine nationalen Lastschrift- und Überweisungsverfahren mehr geben. Auch für innerdeutsche Transaktionen bedeutet dies: Kontonummer und Bankleitzahl werden durch die internationale Kontonummer IBAN

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ersetzt. Die 20-stellige IBAN (International Bank Account Number) setzt sich aus der bisherigen Kontonummer, der alten Bankleitzahl, einer Prüfnummer und einer Länderkennung zusammen. So sind jedes Kreditinstitut und jedes Konto im europäischen Zahlungsraum anhand der IBAN eindeutig zu identifizieren. Allerdings müssen sich Onlinehändler wegen der Frist keine Sorgen machen: der Lastschrifteinzug und die Überweisung per Kontonummer und Bankleitzahl werden noch bis 1. Februar 2016 möglich sein.

Neues Dateiformat Eine weitere Änderung betrifft das Format, das Lastschriften und Überweisungen zugrundeliegt. Bisher unterstützte jedes Land ein anderes Format. In Deutschland wird das bisherige Dateiformat durch das

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internationale XML-Format ISO-20022 abgelöst. Bereits seit 2010 müssen alle europäischen Unternehmen ihre Kontoangaben für den Lastschrifteinzug und für den Erhalt von Überweisungen entsprechend angepasst haben. Trotz dieser Vorgabe ist die Umstellung noch nicht in allen Ländern vollzogen.

Zahlungsdienstleister haben vorgesorgt Was aber bedeutet die geplante SEPAUmstellung für den E-Commerce? Wenn Onlinehändler bereits mit einem Payment Service Provider (PSP) zusammenarbeiten, sind sämtliche Sorgen unbegründet: es bleibt für sie alles beim Alten. Schließlich ist es der PSP, der seine BackendSysteme umstellen muss, um für seine Kunden SEPA-konforme Lastschriften und Überweisungen abwickeln zu können. Dass PSPs die Umstelllung auf SEPA nicht rechtzeitig gelingt, ist nicht zu befürchten. Ganz im Gegenteil: Seit Ende 2010 führen die meisten Zahlungsdienstleister im Euro-Raum auch SEPA-Lastschriften durch, sofern sie Inlandslastschriften in Euro abwickeln. Auch für die Abwicklung von SEPA-Überweisungen haben PSPs die notwendigen technischen Voraussetzungen geschaffen. Es ist möglich, Gelder


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auf Konten im europäischen Ausland zu überweisen, ähnlich einer internationalen Vorkasse. Da Zahlungen per Vorkasse bisher nur in Deutschland und Österreich gängig sind, hat die geplante Einführung der SEPA-Überweisung das Potenzial, das Zahlungsverhalten in Europa zu verändern: Wenn Händler ihre Produkte im Ausland verkaufen, müssen sie für die Zahlungsabwicklung kein nationales Konto mehr angeben, sondern können Überweisungen auch auf dem Konto in ihrem Heimatland empfangen – und das zum Preis einer Inlandsüberweisung.

Lastschriftmandat als Hürde im E-Commerce? Trotz aller Vorteile ist nicht auszuschließen, dass die geplante SEPAUmstellung Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Im Gegensatz zum stationären Handel besteht im E-Commerce kein direkter Kontakt zwischen Händler und Kunde, die Zustellung der Ware übernimmt ein Paketdienst. Dieser Distanzhandelscharakter könnte Probleme verursachen. Nach der SEPA-Umstellung soll bei neuen Vertragsabschlüssen ein Lastschriftmandat mit Originalunterschrift erforderlich sein, das den Onlinehändler als Zahlungsempfänger dazu ermächtigt, den Rechnungsbetrag vom Konto seines Kunden einzuziehen. Ob das Mandat auf Papier oder im PDFFormat vorliegen soll, ist noch unklar. So oder so – es handelt sich dabei um ein im E-Commerce nicht praktikables Verfahren. Für die so dringend erforderliche Nachbesserung setzt sich neben dem Deutschen Bundestag, dem Bundesfinanzministerium und der Deutschen Bundesbank nun auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein: Lastschriften sollen auch nach der SEPAUmstellung wie bisher in Deutschland üblich mandatiert werden können. Wie auch immer die Entscheidung in diesem Bereich aussehen mag: Was das SEPALastschriftmandat angeht, sind Onlinehändler mit einem PSP ohnehin auf der sicheren Seite. Wie gewohnt behält ein SEPA-Lastschriftmandat seine Gültigkeit grundsätzlich so lange, bis es der Kunde widerruft. Doch anders als heute verfällt es, falls der Zahlungsempfänger drei Jahre nach dem letzten Lastschrifteinzug keine Folgelastschrift einreicht.

Mögliche Stolpersteine

Die Chance ergreifen

Das geplante Lastschriftmandat ist der Punkt, an dem sich SEPA als Erfolg oder Misserfolg messen lassen muss. Denn neben der voraussichtlich benötigten Originalunterschrift könnte das Mandat als solches zum Problem werden. Obwohl in allen europäischen Ländern auch heute schon ein Mandat für den Lastschrifteinzug erforderlich ist, gibt es einige Länder, in denen eine Abbu-

Die Weichen sind gestellt. Dass die geplanten Richtlinien allesamt 1:1 umgesetzt werden, ist fraglich. Die große Unbekannte sind die Banken. Es ist durchaus denkbar, dass sie Ausnahmen, wie die bisher in Deutschland und anderen Ländern praktizierte Abbuchung ohne Mandat, dulden werden. Onlinehändler können nur abwarten und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie ab 1.

SEPA ist die Abkürzung für Single European Payments Area chung ohne die explizite schriftliche Zustimmung des Kunden gängige Praxis und entsprechend geduldet ist. Zu diesen Ländern zählen neben Deutschland auch Österreich, Spanien und die Niederlande. Sollten Händler ab 1. Februar 2014 eine Abbuchung ohne Mandat vornehmen, können Kunden 13 Monate lang Widerspruch einlegen – bisher sind es nur sechs Wochen. Man muss sich nur den Aufwand vorstellen, den das Einholen eines Mandats mit Originalunterschrift verursacht, um zu erkennen, dass an dieser Stelle Optimierungsbedarf besteht: der Kunde kauft ein Produkt im Onlineshop, und der Händler schickt ihm ein Mandatsformular zu. Der Kunde füllt das Formular aus und schickt es zurück an den Händler. Auf dieser Basis darf dieser dann den Rechnungsbetrag einziehen, muss das Mandat aber für zehn Jahre aufbewahren. Das Ergebnis: lange Lieferzeiten und riesige Papierberge. Und es gibt eine weitere Hürde. Geplant ist, dass Onlinehändler ihre Kunden spätestens 14 Tage im Voraus über eine fällige Lastschrift informieren müssen (Pre-Notification). Das würde bedeuten, dass Kunden zukünftig so lange auf ihre Bestellung warten müssen, bis der Onlinehändler sie über die anstehende Abbuchung informiert und den Betrag eingezogen hat ¬ also mindestens zwei Wochen. Den E-Commerce in seiner bekannten Form, mit Lieferzeiten von ein bis zwei Werktagen, würde diese Richtlinie völlig auf den Kopf stellen. Doch es besteht Hoffnung, dass auch diese Vorgabe nicht umgesetzt wird: Es ist eine Lösung in Sicht, nach der man die Frist der Pre-Notification beliebig verkürzen können wird.

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August 2014 SEPA-konform arbeiten, etwa indem sie ihr Dateiformat auf den XML-Standard umstellen. Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, können so ihren Aufwand für Formatpflege und Systemverwaltung spürbar reduzieren. Und sie sollten nicht vergessen, dass ihnen die europaweite SEPA-Lastschrift auch Chancen bietet. In einigen Ländern, darunter Frankreich, gibt es heute keine E-Commerce-fähige Lastschrift. Dank SEPA werden Onlinehändler dann neue Käufergruppen erschließen können. Hierfür sollten sie schon heute auf allen Rechnungen und Dokumenten neben der bisherigen Bankverbindung die IBAN angeben. Und darüber hinaus gilt: Wer schon heute mit einem Payment Service Provider zusammenarbeitet, muss sich ohnehin keine Sorgen machen.

Kontakt Mirko Hüllemann Geschäftsführer

Heidelberger Payment GmbH Vangerowstraße 18 D-69115 Heidelberg Tel.

+49 (0)62 216 517 020

info@heidelpay.de www.heidelpay.de

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Finanz / Wirtschaft

Kann Ihr Versicherungsbroker mit Ihnen Schritt halten? KMU entwickeln sich dynamisch weiter. So ändern sich auch die Risiken kontinuierlich und damit die Anforderungen an den Versicherungsbroker. Ob dieser den Veränderungen gewachsen ist, gilt es zu überprüfen. Dabei hilft eine Versicherungsbroker-Evaluation. Diese muss weder aufwändig noch teuer sein, denn ein Experte erledigt diese nicht nur objektiv und transparent, sondern auch einfach, schnell und kostengünstig.


Finanz / Wirtschaft

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as aktuelle Marktumfeld stellt KMU vor grosse Herausforderungen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen stetig weiterentwickeln. Dabei verändern sich auch die Risiken. Diese gilt es zu identifizieren, zu beurteilen und wo nötig zu transferieren. Dabei vertrauen KMU vermehrt auf die Dienstleistung eines Versicherungsbrokers. Oftmals wird ohne entsprechenden Nachweis einfach vorausgesetzt, dass der Broker über das nötige Fachwissen verfügt. In Sicherheit wiegen kann sich ein Unternehmen jedoch erst nach einer objektiven Überprüfung des Brokers. Gleichzeitig ist ein Augenmerk auf Optimierungspotenziale beim Versicherungsschutz und den gesamten Risikokosten zu legen. Dadurch lassen sich jährliche Einsparungen zumeist im 5-stelligen Bereich realisieren.

in den Versicherungsmarkt und die Tätigkeiten eines Brokers. Daher ist es sinnvoll, einen externen Berater beizuziehen, der über die notwendigen Fachkenntnisse verfügt. Dieser kann im Rahmen einer

Bedarfsabklärung

professionellen VersicherungsbrokerEvaluation herausfinden, welcher Broker den Anforderungen des Unternehmens entspricht. Die transparente Darstellung der Resultate und die Empfehlung des Beraters dienen der Unternehmensführung als Entscheidungsgrundlage für die Wahl eines Brokers.

leistungsbedarf. Anschliessend erstellt er eine Auswahl von relevanten Brokern und bespricht diese mit dem Kunden.

Im ersten Schritt nimmt der Berater eine Bestandesaufnahme vor und definiert zusammen mit dem Kunden den Dienst-

Wahl des Brokers Früher wurde der Versicherungsbroker häufig nur aufgrund von persönlichen Beziehungen oder Empfehlungen und ohne objektive Überprüfung gewählt. Dies kann sich ein weitsichtiges KMU heute kaum mehr erlauben. Denn die Unternehmen entwickeln sich dynamisch weiter und damit ändern sich auch die Anforderungen an den Broker. Wenn ein Unternehmen in neue Tätigkeitsfelder vorstösst, neue Produkte auf den Markt bringt oder aber ins Ausland expandiert, muss auch der Versicherungsbroker dafür gerüstet sein. Unter den über 1‘400 VersicherungsbrokerFirmen in der Schweiz gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf Fachwissen, Dienstleistungsqualität und Transparenz. Doch gerade für KMU ist es wichtig einen qualifizierten Broker an der Seite zu haben. Denn Fehler des Brokers, wenn beispielsweise die Versicherungspolicen nicht mit dem Bedarf des Unternehmens übereinstimmen, gehen sonst später zu Lasten des Unternehmens.

Unterstützung durch externen Fachmann Für Entscheidungsträger in einem KMU mit knappen Ressourcen ist es nicht einfach, unter objektiven Kriterien den passenden Broker zu evaluieren. Denn ihnen fehlt in der Regel der notwendige Einblick

Professionelle Evaluation Ein Fachmann führt die Evaluation mittels klar definierter und softwareunterstützter Prozesse objektiv, transparent und kosteneffizient durch. Der Kunde bestimmt den Umfang der gesuchten Dienstleistung, den Detaillierungsgrad und seine Beteiligung bei der Evaluation. Diese besteht im Wesentlichen aus folgenden Schritten:

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Ausschreibung Daraufhin erstellt der Berater das kundenspezifische Anforderungsprofil und führt die Ausschreibung bei den vorselektierten Brokern durch. Während dieser Phase steht der Fachmann in Kontakt mit den Brokern und beantwortet deren Rückfragen. Auswertung und Besprechung Der Fachmann wertet die Angebote aus, erstellt einen Zwischenbericht und bespricht die Ergebnisse mit dem Kunden. Gemeinsam wird festgelegt, welche Anbieter zur Präsentation eingeladen werden.

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Finanz / Wirtschaft

Entscheid

Bedarfs-

Umsetzung

abklärung

Präsentation

Evaluation

Schlussbericht

Fragebogen Ausschreibung

Empfehlung Auswertung Kurzbericht Besprechung

Präsentation und Schlussbericht

Nutzen

Für das Gespräch mit den Brokern erstellt der Fachmann einen Fragebogen. Nach der kurzen Vorstellung der Brokerfirmen, stellen Kunde und Berater relevante Fragen, die diese im Anschluss bewerten. Nach der Einholung von Referenzen wird vom Fachmann ein Schlussbericht mit einer Empfehlung verfasst. Die Entscheidung, welcher Broker beauftragt werden soll, verbleibt aber immer beim Unternehmen.

Ein KMU profitiert von einer professionellen Versicherungsbroker-Evaluation in vielerlei Hinsicht. Zum einen wird diese durch den Fachmann objektiv und transparent durchgeführt. Dies stellt sicher, dass das Unternehmen am Schluss mit einem Broker zusammenarbeitet, dessen Kompetenzen mit den Anforderungen übereinstimmen. Zudem wird die Evaluation aufgrund der Erfahrung des Experten und gut strukturierter, softwareunterstützter Prozesse einfach, schnell und kostengünstig durchgeführt. So lässt sich der finanzielle und zeitliche Aufwand bei einer vom Experten durchgeführten Evaluation auf ein Minimum reduzieren. Die eingesparte Zeit kann die Unternehmensführung wiederum nutzen, um sich auf das eigentliche Kerngeschäft zu konzentrieren. Schlussendlich führt die professionelle Evaluation auch zu einer Optimierung der gesamten Risikokosten. Neben der generellen Reduktion von Risiken durch bedarfsgerechte

Umsetzung Wird vom Kunden ein neuer Broker gewählt, stellt der Berater einen reibungslosen Übergang sicher. Wird stattdessen die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Broker weitergeführt, dann unterstützt der Berater den Kunden bei der Integration des vereinbarten Dienstleitungsumfangs in der Brokervereinbarung. Zudem informiert der Berater die übrigen Teilnehmer über den Entscheid. Später empfiehlt es sich einmal pro Jahr eine Leistungsüberprüfung des Brokers durchzuführen.

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Versicherungsverträge, kann ein KMU auch mit jährlichen Einsparungen im 5stelligen Bereich rechnen.

Kontakt Reto Stauffer Inhaber & Berater

consulas gmbh Gassacherstrasse 8 CH-8122 Binz Tel.

+41 (0)44 577 07 54

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Human Resource

Klärungshilfe konkret

Warum Konflikte dazu gehören und wie sie verschwinden

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er kennt es nicht: Im Büro herrscht mal wieder dicke Luft, man redet aneinander vorbei, macht sich gegenseitig das Leben schwer. Streitigkeiten gehören zum Arbeitsalltag, lassen sich nicht vermeiden und entstehen oftmals ganz von selbst, denn: ungleiche Charaktere, Arbeitsweisen und Interessen treffen aufeinander. Dies hat zur Folge, dass innerbetriebliche Konflikte sowohl privat als auch beruflich zu großem Stress führen. Denn wer sich innerlich mit schwierigen Gefühlen wie Hass, Wut, Är-

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ger und Neid beschäftigt, hat es schwer, sich voll und ganz auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Doch was kann Abhilfe schaffen? Ein Gespräch über die bestehenden Spannungen zu führen stellt immer eine große Herausforderung für die betroffenen Parteien dar – im privaten ebenso wie im beruflichen Kontext. Doch das ist meistens das einzig sinnvolle. Die Klärungshilfe setzt genau an dieser Stelle an. Sie hilft dabei, solche Situationen aufzulösen und bietet Perspektiven für ein respektvolles Miteinander.

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Konflikte am Arbeitsplatz sind keine Lappalie Dass Konflikte in Unternehmen und Wirtschaft zur Tagesordnung gehören, gibt niemand gerne zu. Viel zu oft herrscht das Vorurteil „Wer sein Team nicht unter Kontrolle hat und sich Hilfe holen muss, hat als Führungskraft versagt“. Obwohl viele Führungskräfte wissen, dass es oftmals am sinnvollsten ist, sich fachkundige Unterstützung von außen zu holen, um bestehende Konflikte zu klären, ist es für die


Human Resource

meisten nur der letzte Ausweg oder steht gar nicht erst zur Debatte. Lieber wird ein kurzes Machtwort gesprochen oder der Konflikt gar ignoriert. Zur Lösung der Spannungen trägt dieses Verhalten nicht bei. Ganz im Gegenteil: Sie flackern bei der kleinsten Gelegenheit neu auf – und das meistens schlimmer als zuvor. Werden solche Konflikte nicht gelöst, eskalieren oder verhärten sie. In jedem Fall belasten sie das Arbeitsklima und kosten das Unternehmen früher oder später Geld. Ein Beispiel zur Verdeutlichung:

Hehl daraus, dass er die neue Mitarbeiterin für inkompetent hielt. Daraufhin schaltete Frau Schmidt den Vorgesetzten ein. Dieser zog es allerdings vor, sich rauszuhalten. Nun ist Herr Müller immer häufiger „krank“, wenn Meetings unter der Leitung von Frau Schmidt anstehen. Frau Schmidt andererseits ist zunehmend angespannt und gereizt, während die Geschäftsleitung tatenlos zuschaut.

Ein Lösungsansatz: Die Klärungshilfe

Frau Schmidt und Herr Müller reden nicht mehr miteinander. Lediglich ein knappes „Morgen“ zum täglichen Arbeitsbeginn kriegen beide noch heraus, dann herrscht Funkstille bis zum Feierabend. Was ist passiert? Als Frau Schmidt vor etwa 12

In diesem Beispiel sind beide Parteien nicht mehr in der Lage den Konflikt selbst zu lösen. Er belastet die Zusammenarbeit und wirkt sich auf die Produktivität der Arbeit aus. Hilfreich wäre an diesem Punkt die Unterstützung einer neutralen Person, beispielsweise der Vorgesetzte. Allerdings stoßen viele Führungskräfte beim Thema Konflikte schnell an ihre

Die von Dr. Christoph Thomann entwickelte Klärungshilfe ist eine eigenständige, methodisch klar strukturierte Form der Mediation. Aufbauend auf den Kommunikationslehren von Friedemann Schulz von Thun entwickelte der Schweizer Psychologe die Methode der Klärungshilfe auch für innerbetriebliche Konflikte. Ziel ist es, durch eine strukturierte Vorgehensweise zwischenmenschliche Probleme anzusprechen, zu klären und die bestehende Distanz der Konfliktparteien zu überbrücken. Unter dem Motto: Vergangenheit verstehen – Gegenwart klären – Zukunft planen können die Weichen für eine angenehme konstruktive Zusammenarbeit gestellt werden.

Monaten anfing, in der Unternehmensberatung zu arbeiten, hatte Herr Müller dort schon mehrere erfolgreiche Jahre hinter sich. Er war sich sicher aufgrund seiner Erfahrungen und Leistungen kurz vor einem Karrieresprung zu stehen. Doch dann wurde Frau Schmidt eingestellt und sofort zur Bereichsleiterin befördert. Herr Müller war verärgert, widersetzte sich ihren Anweisungen und machte kein

Kompetenzgrenzen. Sie wissen dann nicht genau, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Das hat nichts mit fachlicher Inkompetenz zu tun. Nicht jeder ist ein geborener Moderator solcher Gespräche. Die Klärungshilfe kann in diesen Situationen helfen, die Ursachen des Konflikts zu klären und eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der alle Beteiligten wieder lieber miteinander arbeiten.

In der Klärungshilfe darf Klartext gesprochen werden. Denn obwohl ein klärendes Gespräch für die meisten Menschen eine große Überwindung darstellt, so ist es meistens doch der beste Lösungsweg. Damit das Konfliktgespräch allerdings nicht zu einem verbalen Gefecht ausartet, gilt es einiges zu beachten. Beispielsweise führt ein allparteilicher Moderator (Klärungshelfer) die Konfliktparteien durch

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das Gespräch. Allparteilich heißt, er ist weder neutral noch verbündet er sich mit einer Konfliktpartei, um gegen die andere vorzugehen. Er unterstützt alle betroffenen Parteien offen auszusprechen, was ihnen auf der Seele brennt.

3. Dialogphase: Der Dialog ist das „Herzstück der Klärung“ Es handelt sich um einen verlangsamten Streitdialog zwischen den jeweiligen Konfliktparteien. Ziel ist es, durch eine Auseinandersetzung zusammen zu finden.

Die Klärungshilfebrücke – Mit Struktur und Methodik zur Lösung des Konflikts

4. Erklärungs- und Lösungsphase: In dieser Phase werden zusammen Lösungen entwickelt. Ist die Klärung gelungen, ist dies meist erstaunlich einfach und unkompliziert.

Der Klärungsprozess folgt einem klar strukturierten Modell, das „Klärungshilfebrücke“ genannt wird. Sie dient dem Klärungshelfer als Orientierung, um im komplexen Gesprächsverlauf nicht die Orientierung zu verlieren und führt die betroffenen Parteien in sieben Schritten zur Lösung des Konflikts. Die sieben Phasen der Klärungshilfe stellen sich wie folgt dar: 0. Auftragsklärung: In einem ersten Telefonat wird die herrschende Konfliktsituation besprochen. Die Führungskraft erklärt dem Klärungshelfer das Problem und gemeinsam wird das weitere Vorgehen besprochen. 1. Anfangsphase: Alle am Konflikt beteiligten Parteien kommen zusammen und klären in einem ersten Schritt, welche Einstellung sie der Konfliktklärung gegenüber haben. 2. Selbstklärungsphase: Alle Teilnehmer haben nun die Möglichkeit, in Ruhe ihre Sicht der Dinge darzustellen.

5. Abschlussphase: In dieser Phase wird noch einmal kurz Rückschau auf den Klärungsprozess gehalten. 6. Nachsorge: Sie findet in der Regel zwei bis sechs Monate nach dem Klärungsgespräch statt und soll helfen, die gefundenen Lösungen nachhaltig umzusetzen.

Klärungshilfe – Warum überhaupt? Neueste Studien aus der Schweiz belegen: Eine angespannte und konfliktgeladene Stimmung unter Kollegen kann die Unternehmensproduktivität und somit die Umsätze um bis zu 30% verringern. Konflikte am Arbeitsplatz können also sowohl auf menschlicher als auch auf wirtschaftlicher Ebene zu negativen Auswirkungen führen. Dementsprechend wichtig ist es, zwischen den betroffenen Konfliktparteien zu vermitteln, um eine Einigung zu finden, mit denen alle Betroffenen leben

können. Nur so kann eine harmonische und konstruktive Zusammenarbeit am Arbeitsplatz gewährleistet werden. Ein Appell an Führungskräfte lautet daher: Trauen Sie sich qualifizierte Hilfe von außen zur Unterstützung zu holen, denn Konflikte verschwinden nicht von selbst. Führungskräfte, die es schaffen berufliche Auseinandersetzungen und die damit verbundenen „schwierigen“ Gefühle offensiv anzugehen und professionell klären zu lassen zeigen einen professionellen Führungsstil denn: Sie sorgen für eine offene Konfliktkultur und stärken die Zusammenarbeit der Mitarbeiter. Nur so kann der Balanceakt zwischen Professionalität und Menschlichkeit erfolgreich gemeistert werden.

Kontakt Barbara Kramer Diplom-Psychologin

Kramer Consulting Köln Eigelstein 128 - 130 D-50668 Köln Tel. Fax

+49 (0)22 135 943 81 +49 (0)16 012 345 00

dialog@consulting-kramer.com www.consulting-kramer.com

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Spitzenleistungs-Impuls: Die bösen Mitarbeiter Die meisten Unternehmen könnten deutlich mehr leisten, wenn in ihnen nicht eine Kultur des Misstrauens herrschen würde. Mitarbeiter werden oft als grundsätzlich “böse” angesehen, was man folglich nur durch verstärkte Kontrolle und Beschränkungen in den Griff bekommen kann. Der Ausweg heisst deutlich mehr Vertrauen – ein sehr schwieriger Schritt für viele Führungskräfte.

•• Mitarbeiter müssen ihre Anwesenheitszeiten erfassen. •• Mitarbeiter haben beschränkten Internet-Zugriff. •• Mitarbeiter informiert.

Was heisst überhaupt “Vertrauen”? Es ist schon erstaunlich, wie stark viele Unternehmen von fundamentalem Misstrauen durchsetzt sind – Misstrauen gegenüber den Kunden, den Lieferanten und den eigenen Mitarbeitern. Aber was heisst überhaupt “Vertrauen” und “Misstrauen”? Und warum ist das wichtig für Unternehmen und deren Leistungsfähigkeit? Eine plausible Definition von Vertrauen ist “die subjektive Überzeugung von der Richtigkeit, Wahrheit bzw. Redlichkeit von Personen, von Handlungen, Ein-

sichten und Aussagen eines anderen”. Misstrauen ist ganz einfach das Gegenteil davon. Hier geht es aber nicht um Definitionen, sondern darum, was eigentlich jeder weiss: Grossartige Leistungen basieren immer auf Vertrauen gegenüber sich selbst (“Selbst-Vertrauen”) und gegenüber anderen. Misstrauen hingegen führt immer zu verminderter Leistung und Begeisterung. Bevor wir diese Wirkungsmechanismen und deren Konsequenzen für Organisationen genauer anschauen, hier zunächst einige Indikatoren für eine Kultur des Misstrauens in Ihrem Unternehmen:

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werden

selektiv

•• Wichtige Weichenstellungen für die Zukunft werden nicht kommuniziert. •• Mitarbeiter werden nicht um ihre Meinung gefragt, oft aus der Befürchtung heraus, dass man “falsche Erwartungen weckt”. •• Mitarbeitern wird keine Verantwortung selbst für einfachste Entscheidungen übertragen. Sie müssen sich für alles und jedes beim Vorgesetzten absichern. Die Liste liesse sich nahezu endlos fortsetzen. Was alle diese Punkte gemeinsam haben, ist deren Grundannahme, dass den Mitarbeitern im Unternehmen grund-

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sätzlich Bösartigkeit unterstellt wird: Sie müssen ihre Zeiten erfassen, weil sie sonst zuhause bleiben würden. Sie dürfen nicht ins Internet, weil sie sonst endlos surfen würden. Sie werden nicht informiert, weil sie diese Informationen sofort an die Konkurrenz verkaufen würden. Sie werden nicht befragt, weil sie sonst unangenehme Ideen äussern würden. Und ihnen wird keine Entscheidungsmacht übertragen, weil sie sonst das Unternehmen schädigen würden. Dies sind nur einige Beispiele.

Die Sippenhaft der Mitarbeiter Hier geht es nicht darum zu beurteilen, ob Bösartigkeit existiert. Natürlich tut sie das. Die relevante Frage ist vielmehr, was dem Unternehmen insgesamt mehr nutzt und schadet: Die Annahme, dass allen Mitarbeitern grundsätzlich zu misstrauen ist oder die Vermutung, dass die Mitarbeiter gute Absichten haben und das Unternehmen unterstützen wollen, wenn – ja wenn – man ihnen vertraut. Wird es Missbrauch von Vertrauen innerhalb des Unternehmens geben? Ja, natürlich! Die Frage ist nur, ob man für vereinzelte Fälle die gesamte Belegschaft in Sippenhaft nimmt und eine Misstrauenskultur installiert.

Die teuren Konsequenzen Gewaltig sind jedenfalls die Konsequenzen der Misstrauenskultur für die Leistung des Unternehmens. Wir greifen hier nur die drei wichtigsten auf.

ten ist und sie überwacht werden oder wenn (b) Ihnen volles Vertrauen in Ihre Fähigkeiten und Leistungsbereitschaft entgegengebracht wird?

das Misstrauen in die Mitarbeiter anfänglich auslöst. Die typischen Ursachen für anfängliches Misstrauen sind vielfältig. Hier sind die wichtigsten in aller Kürze:

3. Mangelnde Innovation und Risikobereitschaft. Misstrauen und die damit verbundene Kontrolle sind Gift für das Wagen von Neuem und für den Mut zu Innovationen.

•• Schwache Führungskräfte mit Angst vor Kontrollverlust. Viele Manager werden einfach nicht darin ausgebildet, dass Führen vor allem das Leben mit Unsicherheit bedeutet. Sie glauben, die Kontrolle über die eigene Leistung 1:1 auf die Mitarbeiter übertragen zu können.

Die toxische Wirkung von Misstrauen Viel wichtiger als diese einzelnen Konsequenzen ist aber die toxische Wirkung von Misstrauen auf das Unternehmen insgesamt. Oft befinden sich diese Organisationen in einem Teufelskreis, aus dem es nur schwer auszubrechen geht, siehe Abbildung 1. Misstrauen verstärkt den Bedarf an Kontrollen. Diese wiederum vermindern die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, was zu geringerer Verlässlichkeit für die Einhaltung von Vereinbarungen führt. Die Schlussfolgerung daraus ist oft ein noch grösseres Misstrauen (“Wir haben ja schon immer gewusst, dass man sich auf unsere Mitarbeiter nicht verlassen kann!”), was dann die Installation weiterer Kontrollen nach sich zieht. Und so weiter.

Warum misstrauen wir überhaupt? Bevor wir uns damit beschäftigen, wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann, wollen wir klären, was denn überhaupt

1. Zusätzliche Kosten. Fast jedes Misstrauen generiert direkte Zusatzkosten für Kontrollmechanismen. So müssen Anwesenheitszeiten erfasst und überwacht werden. Dafür braucht es entsprechende Systeme, Prozesse und “Überwacher”. Internetsperren müssen installiert und überwacht werden. Die Leistung von Mitarbeitern muss fortlaufend kontrolliert werden. Und so weiter. 2. Sinkende Leistungsbereitschaft. Fragen Sie sich einfach selbst: in welcher Umgebung bringen Sie höhere Leistung? Wenn (a) Ihr Einfluss beschnit-

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•• Keine Mission und keine Vision. Wenn die Belegschaft kein gemeinsames grosses Ziel und einen klaren Sinn bei der Arbeit sieht, richtet sich der Blick verstärkt auf einzelne – oft unwichtige – Details, die man dann genau kontrollieren muss. •• Entkopplung einzelner Abteilungen von der Mission des Unternehmens. Insbesondere die Finanzabteilung, das Personalwesen und IT installieren oft eigene Prozesse und Regeln, die zwar ihrer Arbeit dienen, die aber entkoppelt vom eigentlichen Unternehmenszweck sind. Da die Mitarbeiter sich dann nur ungern an diese Regeln halten, muss man wiederum mehr Kontrollen einführen.

Welche Wege führen aus der Sackgasse? Wie bereits erwähnt ist es keineswegs einfach, den beschriebenen Teufelskreis zu durchbrechen. Die folgenden drei Schritte haben sich in der Praxis bewährt:


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1. Änderung der Grundannahme. Es führt kein Weg daran vorbei: Die Geschäfts- oder Bereichsleitung muss ihre Grundannahme ändern. Statt aus “bösen” besteht die Belegschaft zum grössten Teil aus “guten” Mitarbeitern, die immer das Beste für ihr Unternehmen wollen. Diese Änderung der Einstellung klingt einfacher als sie ist, da das Misstrauen oft auf tief verwurzelten Erfahrungen basiert. Ein gezieltes Coaching ist an dieser Stelle meist unabdingbar. 2. Visualisierung des idealen Unternehmens. Die verantwortlichen Führungskräfte beschreiben das Unternehmen, wie es sich im Idealfall darstellen würde: unter welchen Voraussetzungen erzielten wir die besten Ergebnissen, hätten die höchste Motivation, würden die Kunden am meisten begeistern, usw.? Dieser Schritt führt den

Unterschied zur bestehenden Situation oft sehr krass vor Augen und weckt damit den Wunsch nach unmittelbarer Änderung. 3. Kontrollen herunterfahren, Verantwortung übertragen, Kommunikation öffnen. Im dritten Schritt durchleuchten alle Manager den Sinn aller Kontrollmechanismen und entscheiden, welche sie davon in welcher Reihenfolge herunterfahren können. Gleichzeitig wird mehr echte Verantwortung (inkl. Budget) an einzelne Mitarbeiter übertragen, und die Kommunikation wird radikal geöffnet. Birgt diese Öffnung Risiken? Natürlich! Die Alternative aber heisst Lähmung und schlussendlich Untergang. Nur die Installation einer konsequenten Vertrauenskultur wie in diesem Artikel skizziert führt zu wirklicher Spitzenleistung.

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Kontakt Volkmar Völzke Geschäftsführer Leitender Berater

New Pace Consulting AG Seefeldstrasse 69 CH-8008 Zürich Tel. Fax

+41 (0)44 586 27 07 +41 (0)44 575 35 85

v.voelzke@newpaceconsulting.com www.newpaceconsulting.com/de

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Lösungsorientierte Kommunikation statt argumentativer Stellungskriege Argumente sind häufig Kampfmittel mit gravierenden Nebenwirkungen. Managementtrainer und Coach Helmut Kraft erklärt, wie sich verbale Schlagabtausche vermeiden und entschärfen lassen.

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ohl jeder hat bereits in Auseinandersetzungen versucht, seinen Gesprächspartner dazu zu bewegen, den geäußerten Wünschen und Zielen zustimmen – oft vermutlich vergeblich. Denn auch der Gegenüber denkt, dass seine Position oder Sichtweise die richtige ist und

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hält konsequent daran fest. Wenn aber beide Seiten sich nicht einigen können, beginnt der Kampf darum, wer Recht hat. Es geht dann um „richtig“ oder „falsch“ – eine logische Falle. Die Gesetze der Logik beinhalten nämlich, dass bei zwei widerstreitenden

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Meinungen mindestens eine falsch sein muss – natürlich die des Gegenübers! «Der Andere muss doch einsehen, dass er falsch liegt», denkt man dann und setzt ihn damit ins Unrecht, wogegen dieser sich verständlicherweise mit allen möglichen Gegenargumenten wehrt. Eine Negativschleife beginnt.


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Beim Militär nennt man solche Situationen Stellungskriege. Genau solche finden beim Austausch von Argumenten häufig statt. Positionen werden bezogen und Grenzlinien definiert. Jede Seite verteidigt ihre Position mit gut präparierten Waffen: den Argumenten. Diese sollen bewirken, dass der Andere seine Position aufgibt – und einem selbst Recht.

Die Ja-aber-Schleife Doch wenn Argumente zu „Kampfmitteln“ werden, haben sie unangenehme Nebenwirkungen: Argumente •• lassen sich nicht verhandeln. •• zementieren die Gegensätze. •• tragen nicht dazu bei, eine gemeinsame Lösung zu finden. •• bewirken, dass mit entsprechenden Waffen (hier: Gegenargumenten) zurück geschossen wird und der Streit eskaliert. •• schaffen Situationen, in denen die Seite das Gesicht verliert, die am Ende aufgibt, sich zurückzieht oder klein beigibt. •• führen am Ende dazu, dass es mindestens einen Verlierer gibt, meistens zwei. Es ist sehr schnell festzustellen, wenn ein kommunikativer Stellungskrieg beginnt. Es kommt dann zur «Ja-aber-Schleife», mit der jede Seite ihr Gegenargument startet, der Ton wird härter, die Atmosphäre schlechter. Man fühlt sich nicht mehr so richtig wohl und nimmt den Gesprächspartner zunehmend als Gegner wahr und seine Aussagen persönlich.

Verhärtete Fronten aufweichen Gottlob gibt es die Möglichkeit, Argumentationsschlachten zu beenden und ein Gespräch konstruktiv und ergebnisorientiert fortzuführen. Folgende Empfehlungen helfen dabei: Es ist besser einen Vorschlag zu machen, als ein Argument zu formulieren. Denn Vorschläge, die zur Klärung einer Situation beitragen, können verhandelt werden, Argumente nicht, sie verhärten die Fronten. Es empfiehlt sich auch, den Gegenüber zu fragen, ob er einen Vorschlag zur Lösung der Situation hat. Dieser muss überlegen, was einem die Zeit verschafft, selbst Vorschläge zu entwickeln. Gut ist eine lösungsorientierte Frage, etwa: «Was bräuchten Sie von mir, um meinen Wunsch akzeptieren zu können?“. Oder: „Unter welcher Voraussetzung wären Sie bereit, diesem Vorschlag zuzustimmen?».

Judo-Prinzip nutzen Im Gespräch sind Wünsche oder Bitten möglichst konkret zu formulieren. Das Gesprächsziel sollte gemeinsam definiert werden, zum Beispiel so: «Was wäre ein gutes Ergebnis unseres Gesprächs?». Notfalls hilft die so genannte Metakommunikation, das Reden über das aktuelle Gespräch. Dabei beschreibt man, wie man selbst den Gesprächsverlauf wahrnimmt, etwa: „Ich habe das Gefühl, dass wir uns im Kreis drehen, uns wiederholen und nicht weiterkommen.» Dann wird darüber gesprochen, wie miteinander geredet werden kann, was man sich wünscht, um ein gutes Ergebnis zu erreichen: «Wollen wir mal eine Pause machen oder uns überlegen, welches Ziel

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wir jetzt erreichen können?». Wenn die Absichten und Bedürfnisse im Gespräch geklärt werden, gelingt es sehr viel leichter, ein Gesprächsziel zu erreichen. Dabei hilft, zu verstehen versuchen, was dem Gegenüber so wichtig daran ist, dass man ihm zustimmt. «Wenn ich Ihnen zustimmen würde, was hätten Sie dann erreicht?“, „Welche Ziele möchten Sie realisieren?». Eine gelungene Kommunikation erleichtert es, Argumentations-Schlacht zu vermeiden und eine Lösung zu finden, die beiden Seiten gereicht wird. Notfalls bedarf es des „Judo-Prinzips“. Dann werden die möglichen Nachteile für den Gesprächspartner aufgezählt, die auftreten, falls man ihm zustimmen würde und fragt: «Möchten Sie diese Nachteile wirklich?». In der Regel öffnet sich spätestens jetzt der Gegenüber für eine neue Lösung.

Kontakt Helmut Kraft Managementtrainer Coach

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Mal schnell eine elektronische Personalakte? – Ja, aber nur mit der richtigen Planung!

Personalakten elektronisch bereitzustellen, war lange ein Prestigeprojekt: Spannend, innovativ, auch nützlich, aber für den gebotenen Nutzen meist sehr kostenintensiv – und bei den vorgefundenen Unternehmensstrukturen und HR-Prozessen oftmals nicht die dringendste Herausforderung.

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eute ist das anders. Im Vergleich zur Leistung sind die Kosten deutlich gesunken, und gerade bei verteilten Unternehmensstrukturen sowie vor dem Hintergrund einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt, in der der genaue Blick auf die Mitarbeiter immer wichtiger wird, entfalten elektronische Personalakten den größ-

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ten Nutzen: Sie beschleunigen den Zugriff, reduzieren den Aufwand für administrative Prozesse und schaffen so mehr Freiraum für die eigentliche Personalarbeit. Hinter der Einführung einer elektronischen Personalaktenlösung stehen meist Forderungen nach Vereinheit-

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lichung und Zentralisierung des Aktenbestands, etwa im Kontext von Merger & Acquisitions, Umzügen oder der Einführung von Shared Service Centern. Ein weiterer Grund können zahlreiche Niederlassungen mit jeweils eigenen Personalverantwortlichen sein. Die elektronische Personalakte hilft


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hier, strukturelle Herausforderungen zu meistern. Dazu gesellt sich meist die Erwartung, durch Zeitersparnis bei der Dokumentensuche und verbesserte Zugriffsmöglichkeiten die Produktivität der Routinearbeit im Personalwesen zu steigern. Was aber müssen die Verantwortlichen sowohl im Unternehmen als auch von Seiten des Lösungsanbieters im Vorfeld bedenken, um das Projekt

„Einführung einer elektronischen Personalakte“ zum Erfolg zu führen? Die folgende Übersicht stellt die wichtigsten Aufgaben für jede Projektgruppe vor.

Sieben Schritte zum erfolgreichen Projekt 1. Analyse Der eigentliche Startpunkt eines jeden Projekts muss die Analyse der Anforderungen sowie des Ist-Zustands im Unternehmen sein, inklusive der HR-Workflows und Compliance-Forderungen. Denn je nach Unternehmensstruktur, je nachdem, was mit der elektronischen Personalakte tatsächlich erreicht werden soll, welche und wie viele Mitarbeiter damit arbeiten werden und welche Voraussetzungen IT-seitig gegeben sind, muss der Projektrahmen unterschiedlich definiert werden. Die Erstellung des Lastenhefts ist daher idealerweise eine Gemeinschaftsarbeit von Auftraggeber und Lösungsanbieter.

2. Projektgruppe definieren Aus dieser Analyse ergibt sich fast zwingend der nächste Schritt: die Zusammenstellung des Projektteams. Denn die Einführung einer elektronischen Personalakte ist nicht die Entscheidung nur eines Geschäftsbereichs. Vielmehr sind Management, Personal- und IT-Abteilung gleichermaßen davon betroffen. Datenschutzbeauftragte

und Betriebsräte müssen schon rein rechtlich eingebunden werden. Ein frühzeitiger Austausch über datenschutz- und personalrechtliche Bedenken hat aber schon so manches Veto verhindert. Sinnvollerweise binden Projektverantwortliche auch von Anfang an Fachkräfte aus dem Personalbereich, Fachvorgesetzte und Verantwortliche eventueller Standorte mit ein. Also Vertreter jener Gruppen, die später mit der elektronischen Personalakte arbeiten werden. 3. Definieren der Aktenstruktur Sind die späteren Nutzer der elektronischen Personalakte am runden Tisch versammelt, macht es Sinn, als nächstes die Aktenstruktur nach ihren Anforderungen zu definieren. Dabei sollte man stets das Prinzip Datensparsamkeit im Auge behalten. Nicht alle Bestandsakten müssen übernommen werden (Kopien, verjährte Abmahnungen etc.). Eine schlanke Struktur erleichtert die spätere Arbeit mit der Akte und beschleunigt sowohl die Digitalisierung fortlaufender Dokumente als auch der Bestandsakten. Statt alle Dokumente einfach in chronolo-

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gischer Reihenfolge in eine Akte zu packen oder lediglich die Registerstruktur der Bestandsakten zu übernehmen, empfiehlt sich häufig, jedes Dokument einer eigenen Dokumentenklasse zuzuordnen. So entstehen im Regelfall zwischen 50 und 100 Klassen – von Arbeitsvertrag bis Zulassungen, die dann noch für jeden Mitarbeiter digital indiziert und mit einem Datum versehen werden. Diese Struktur der elektronischen

Akte sollte der Auftraggeber idealerweise jederzeit selbst anpassen können, um unkompliziert auf Neuerungen zu reagieren. 4. Rechte und Rollen Nach der Festlegung der Aktenstruktur, die dann idealerweise den Bedürfnissen der späteren Nutzer entspricht, gilt es deren Zugriffs- und Bearbeitungsrechte zu regeln, um den Schutz sensibler Mitarbeiterdaten und -dokumente zu gewährleisten. Zu den Zugriffsberechtigten zählen neben der Personalabteilung selbstverständlich Geschäftsführer, Fachvorgesetzte sowie der Mitarbeiter selbst. Daneben muss aber auch Dritten der Zugriff möglich sein, etwa Betriebsräten und Justitiaren aber auch Führungskräften aus anderen Unternehmensbereichen. Es gilt darüber hinaus zu klären, wer die Akten in welchem Umfang bearbeiten darf, wie die Zugriffe zu protokollieren sind, ob zeitliche Beschränkungen für Dritte sinnvoll sind und wer letztlich das Rollenkonzept verwaltet: der Administrator oder doch besser der Personalverantwortliche? Die

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Festlegung von Rollen und Rechten klingt zwar nach dem normalen Implementierungsalltag, ist aber angesichts des sensiblen Charakters von Personalakten besonders wichtig.

rieren? So komplex dieser Punkt auch erscheinen mag – gemeinsam mit dem Lösungsanbieter lassen sich auf all diese Fragen schnell die richtigen Antworten finden.

Bereitstellung der Ressourcen ist aber aus Kostengründen wenig sinnvoll – und wohin mit allem, wenn das Projekt beendet ist? Ein externer Dienstleister ist daher meist die bessere Wahl. Bei der Auswahl des Digitalisierungsdienstleisters sollte man auf ein entsprechendes Qualitätsmanagement, eine durchgängige Prozessdokumentation und die durchgängige Beachtung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen in allen mit der Digitalisierung verbundenen Prozessen wie Transport und Lagerung Wert legen. Ein Dienstleister, der diese Kriterien erfüllt, ist auch der richtige Ansprechpartner für die Archivierung der Altakten. 7. Rollout Der eigentliche Rollout ist dann meist nur noch die Kür. Über den ursprünglichen Kreis der Projektbeteiligten hinaus gilt es jetzt nur noch, die Mitarbeiter des entsprechenden HR-Bereichs im Umgang mit der neuen Lösung vertraut zu machen. Da sich die Softwarelösung durch eine hohe Nutzerfreundlichkeit und intuitive Bedienoberfläche auszeichnen sollte, ist dabei nur mit minimalem Aufwand zu rechnen. Dem sofortigen Zugriff auf Personalakten – von überall her, für jeden Berechtigten, ohne doppelte Aktenführung und ohne lange Wartezeiten – steht damit nichts mehr im Weg.

5. Systemintegration vorbereiten Ganz zu Anfang wurde geklärt, ob die elektronische Personalakte als On-Premise-Lösung im eigenen Rechenzentrum betrieben oder als Software-as-a-Service in der Cloud gemietet wird und an welches HR-System sie angehängt werden soll. Jetzt geht es vor allem darum, Geschäftsprozesse und Transaktionen zwischen den Systemen zu definieren und sich abschließend Klarheit über Schnittstellen und Workflows zu den anderen Businessanwendungen im Unternehmen zu verschaffen. Soll eine automatisierte Übernahme von Dokumenten aus Office-Anwendungen und E-Mail-Clients möglich sein? Sollen Daten aus anderen Anwendungen wie der Lohnbuchhaltung eingebunden werden? Und wenn ja, ad-hoc oder in einem Batchverfahren mit festen Intervallen? Wie lassen sich externe Daten von Partnern oder Bewerbern integ-

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6. Digitalisierung – Intern oder extern? Ist der Konsens über die Grundlagen des Projekts hergestellt, gilt es gleich die nächste Hürde zu nehmen: die Digitalisierung der Akten. Als erstes stellt sich die Frage, ob die Akten intern im Unternehmen digitalisiert oder an einen externen Dienstleister übergeben werden sollen. Entscheidend ist hier die richtige Bewertung der eigenen Ressourcen und der Kosten/Nutzen-Relation. Außerdem gilt es, datenschutzrechtliche Aspekte zu beachten. Da prinzipiell nur ein ausgesuchter Mitarbeiterkreis Einsicht in Personalakten erhalten darf, ist eine Überlassung der Akten an die eigene Poststelle zum Scannen daher nicht ohne weiteres möglich. Die HR-Abteilung verfügt im Regelfall aber weder über das notwendige Hardwareequipment, die nötige Software und das nötige geschulte Personal, um die Akten in kurzer Zeit und fachlich korrekt in eine digitale Form zu überführen. Eine

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Kontakt Matthias Edel Senior Consultant ECM Products,

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Gut ist nicht genug:

Wie Sie mit Qualitätsmanagement für exzellenten Service sorgen

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icher kennen Sie es selbst: Wenn Sie heute auf der Suche nach einem Restaurant oder Hotel sind oder sich nach einer günstigeren Versicherung umsehen wollen, werden Sie von einem Wust an Angeboten schier erschlagen. Kunden jeglicher Branchen können heute aus einer Vielzahl

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vergleichbarer Dienstleister wählen, es tobt ein immer härter werdender Konkurrenzkampf. Für Unternehmen reicht es daher nicht mehr, wenn sie ihren Kunden lediglich das liefern, was sie bestellen, und ansonsten weiterhin „Dienst nach Vorschrift“ fahren. Für den Service gilt: Gut ist nicht genug,

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Kundenerwartungen gilt es zu übertreffen! Machen Sie also nicht das, was alle machen. Um aus der breiten Masse herauszustechen, ist es erforderlich, dass Sie als Unternehmen einzigartig und unverwechselbar werden! Immer nach den neusten, originellsten Servicegimmicks zu streben, ist dabei nur die eine Seite


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der Medaille. Gleichzeitig ist es notwendig, dass Unternehmen dafür sorgen, dass die Standardprozesse ebenfalls Tag für Tag reibungslos funktionieren und Kunden ebenso wie Mitarbeiter glücklich machen.

von Aufgaben und für eine reibungslose Zusammenarbeit ist dies von unschätzbarem Wert. Gleichzeitig steckt darin ein wichtiges Optimierungspotenzial, denn nur, was man klar vor Augen hat, kann man auch verbessern.

Wer stehen bleibt, fällt zurück

Die Trägheit der Masse – Wie Sie Mitarbeiter begeistern

Hohe Servicequalität ist kein einmal gesetzter Standard, der dann nur noch gehalten werden muss. Sie ist eine ständige Herausforderung, denn was dem Kunden heute gefällt, ist morgen gewöhnlich und übermorgen vergessen. Ein Beispiel gefällig? Bestimmt haben Sie bei Ihrem letzten Besuch in der Apotheke zu Ihrem Einkauf ein Paket Taschentücher oder ein Tütchen Hustenbonbons bekommen. Beim ersten Mal empfanden Sie es vielleicht als positive Überraschung, beim nächsten Mal als eine nette Geste – aber seitdem nur noch als langweilig. Spannend wird es dann höchstens noch, wenn der Jahreswechsel naht und … dann gibt es stattdessen einen Kalender. Mal ehrlich: Originell ist anders. Wie anders wäre es, wenn der Kunde zum Beispiel nach Kauf eines Mittels gegen Reisekrankheit vom Apotheker eine zusammenklappbare Reisezahnbürste erhalten würde? Doch mit originellen Zugaben alleine begeistern Sie Ihre Kunden auf Dauer nicht. Service ist ein komplexes Gefüge, in dem zahlreiche Rädchen perfekt ineinandergreifen, wenn kontinuierlich hohe Qualität gewährleistet wird. Exzellenter Service ergibt sich nicht von allein – gelegentliche Mitarbeiterschulungen zum Thema Kundenfreundlichkeit und morgendliches Einschwören im Jour Fixe sind bei weitem nicht ausreichend. Servicequalität ist jeden Tag neu zu erobern und muss stetig neuen Herausforderungen angepasst werden. Der klassische Handlungszyklus des Qualitätsmanagements spiegelt diese stetige Herausforderung wider. Im Kern geht es beim Qualitätsmanagement unter anderem um eins: Schreibe auf, was du tust, und halte dich an das, was du aufgeschrieben hast. Richtig verstanden, führt es dazu, dass Unternehmen Anforderungen, Prozesse und Anweisungen auf den Prüfstand stellen, sie übersichtlich dokumentieren und damit für jeden zugänglich und leicht nachvollziehbar machen. Für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, für die Abstimmung

Das Problem bei der Einführung von Qualitätsmanagement im Unternehmen: Die meisten Menschen mögen Veränderungen nicht sonderlich. Wäre das anders, würden wir nicht seit Jahrzehnten über Change-

Management diskutieren. Denn das beste System und die beste Dokumentation nützen wenig, wenn sie von Ihren Mitarbeitern nicht angenommen werden. Entscheidend ist, dass Sie Ihre Mitarbeiter von Anfang an einbinden. Es bringt nichts, wenn Sie alleine über die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems entscheiden und es Ihren Teammitgliedern dann einfach „überstülpen“. Damit es funktioniert: Machen Sie aus Betroffenen Beteiligte! Sprechen Sie über das Vorhaben, lassen Sie Mitarbeiter Vorschläge machen und ihr Know-how einbringen. Ein gutes Handbuch ist eine Gebrauchsanweisung für das Unternehmen: Es erschließt übersichtlich, wie wiederkehrende Abläufe im Unternehmen gehandhabt werden. Eine funktionierende Dokumentation entlastet

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so Führungskräfte und ermöglicht Mitarbeitern mehr eigenverantwortliches und selbstständiges Arbeiten. Ein Arbeitshandbuch vermindert, dass Wissen verloren geht, setzt klare Standards, verringert Fehler und erleichtert die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Das alles funktioniert jedoch nur, wenn die Arbeitskräfte auch mit dem Handbuch arbeiten und nicht ständig versuchen, es durch Missachtung der Arbeitsbeschreibungen und Richtlinien auszubremsen, ganz nach dem Motto „das haben wir schon immer so gemacht“. Darüber hinaus stehen heute auch technische Lösungen zur Verfügung, die es möglich machen, dass ein Handbuch

webbasiert und damit elegant auch über mobile Endgeräte zur Verfügung gestellt werden kann. Daher sollten Sie sich als Chef Ihrer Vorbildrolle bewusst sein: Nur, wenn Sie konsequent und bemerkbar mit dem Handbuch und dem System arbeiten, werden es Ihre Mitarbeiter Ihnen gleichtun.

Aus Fehlern lernen: Feedback ist unersetzbar Die meisten Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass zufriedene Mitarbeiter eine Voraussetzung für zufriedene Kunden sind. In Leitbildern, Stellenanzeigen und auf Websites werden daher Werte wie „Wertschätzung“, „Fairness“ oder „Offenheit“ propagiert.

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Doch damit ist es nicht getan, denn Aufsteller und Infoblätter werden bestenfalls überflogen und noch schneller vergessen. Die Führungsebene ist daher verantwortlich dafür, welche Werte von einem Unternehmen nach außen kommuniziert und hoffentlich auch intern gelebt werden. „Offen“, „respektvoll“, „mit den Mitarbeitern im Mittelpunkt“, und selbstverständlich „kooperativ“ geführt – so beschreiben viele Unternehmen in Broschüren und auf ihrer Website die vorherrschende Unternehmenskultur. Doch zwischen der traumhaften Situation auf dem Papier und der Wirklichkeit klaffen häufig enorme Lücken. Eine Qualitätskultur ist ohne Feedback-Kultur und klare Absprachen jedoch nicht möglich. Mitarbeiter wollen wissen, woran sie sind und was von ihnen erwartet wird, wenn sie gute Arbeit leisten sollen. Eigentlich sollte das selbstverständlich sein. Ein solches Verhalten setzt jedoch funktionierende Feedbackroutinen, einen konstruktiven Umgang mit Fehlern sowie die Fähigkeit aufrichtig zu loben voraus. „Müller, was haben Sie denn da schon wieder gemacht?! Das kann doch nicht so schwer sein, selbst Frau Einfältig bekommt das besser hin als Sie!“ – so viel zum Thema respektvoller Umgang und angenehmes Arbeitsklima. Wenn in einem Unternehmen eine solche Fehlerkultur vorherrscht, ist es kein Wunder, wenn die Mitarbeiter die propagierten Werte nicht ernst nehmen. Natürlich dürfen in einem Unternehmen, das Wert auf Servicequalität legt, Fehler nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden. Doch es ist keinem damit ge-

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holfen, wenn Führungskräfte ihre Angestellten vor versammelter Mannschaft rund machen und öffentlich bloßstellen. Mangelhafte Arbeitsergebnisse gilt es anzusprechen, aber auf die richtige Art und Weise. Ein persönliches Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter hilft, Probleme aufzudecken und im Idealfall in Zukunft zu vermeiden. Standpauken hingegen blockieren Verbesserungsprozesse, führen zur Vertuschung von Fehlern und hemmen Innovationen, weil sich dann niemand mehr traut, seine Ideen vorzustellen.

Mit gutem Beispiel vorangehen Führungskräfte haben Vorbildfunktion, ob sie wollen oder nicht. Dabei wirkt der Symbolcharakter von Handlungen im negativen, aber auch im positiven Sinne. Wenn das Unternehmen beispielsweise sparen muss, macht es einen guten Eindruck, wenn auch der Geschäftsführer Economy Class fliegt. Und ebenso verhält es sich mit der Servicequalität. Wenn sie ein zentraler Unternehmenswert ist, gewinnt dieser Wert an Glaubwürdigkeit, wenn nicht nur die Mitarbeiter angehalten sind, gegenüber ihren Kunden guten Service zu leisten, sondern wenn auch die Führungskräfte guten Service für ihre Mitarbeiter erbringen, etwa in Form von regelmäßigem Feedback oder Weiterbildungsangeboten und gut organisierten Strukturen. Für die Mitarbeiter ist der direkte Vorgesetzte eine Schlüsselfigur: Er ist es, der klare Arbeitsaufträge erteilt, und er sollte die erforderlichen Arbeitsmittel bereitstellen, Mitarbeiter entsprechend ihrer Eignung

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einstellen und einsetzen, sie fördern und gute Leistung anerkennen. Im Grunde genommen erwarten Mitarbeiter etwas ganz Grundsätzliches: Sie erwarten, tatsächlich geführt zu werden. Dabei geht es nicht um ein Wunschkonzert individueller Vorlieben, sondern um Basics, die produktive Arbeit ermöglichen. Dazu zählen Punkte wie „Weiß ich, was bei der Arbeit von mir erwartet wird?“, „Habe ich in den letzten Tagen Lob oder Anerkennung für gute Arbeit erhalten?“ oder „Gibt es jemanden, der mich in meiner Entwicklung unterstützt und fördert?“. Führungsqualität bedeutet, Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, gute Arbeit zu leisten und entscheidet sich u.a. an Basics wie Klarheit, Berechenbarkeit, eindeutigen Informationen, gezielter Delegation und Förderung. In Summe bedeutet das: Mitarbeiter wünschen sich Klarheit und Berechenbarkeit – auch und gerade in einem turbulenten und unsicheren wirtschaftlichen Umfeld. Sie sind die Basis des Vertrauens in die Führungskraft. Natürlich ist der Führungsalltag heute von komplexen Anforderungen geprägt, die oftmals ein Handeln auf Basis unvollständiger Informationen oder unter Zeitdruck erfordern. Damit die Service-orientierte Mitarbeiterführung dabei nicht auf der Strecke bleibt, ist es klug, Standardprozesse klar zu organisieren. Gute Führungsqualität bedeutet letztlich: „Guter Service“ der Führungskraft für die Mitarbeiter. Und wenn diese Servicequalität stimmt, steigen die Chancen beträchtlich, dass auch beim Kundenservice ein hohes Qualitätsniveau erreicht wird.

Kontakt Markus F. Weidner Autor Referent Trainer

Qnigge® GmbH – Freude an Qualität Am Hellenberg 15 B D-61184 Karben Tel.

+49 (0)60 394 861 10

info@qnigge.de www.qnigge.de


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Change-Management: Veränderungsvorhaben sind Investitionen – betriebswirtschaftlich betrachtet. Das bedeutet: Sie müssen sich für das Unternehmen rechnen, und sie sind mit Investitionsrisiken verbunden. Um diese Risiken zu minimieren, ist ein professionelles Change-Management nötig.

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hange-Maßnahmen in Unternehmen müssen sich rechnen, damit sie als Investitionen ihren Zweck erfüllen. Die Betriebswirtschaftslehre bietet zahlreiche bewährte Methoden an, um betriebliche Veränderungen effizient zu begleiten. Dabei geht es nicht um den formalen Einsatz universeller Erfolgsrezepte, sondern darum, in den verschiedenen Phasen eines ChangeProzesses den Handlungsbedarf präzis zu bestimmen und zum passenden Zeitpunkt geeignete Maßnahmen zu platzieren. Oder anders formuliert: Es geht darum, das Richtige zur richtigen Zeit in richtiger Weise zu tun. Präzise Prognosen und Rechenexempel über den Barwert von Change-Maßnahmen sind meist pseudogenau und eher

als Marketingmaßnahme zu verstehen. Doch aufgrund des Investitionscharakters von Veränderungsmaßnahmen sollten Unternehmen dieses Thema unter dem Blickwinkel der Risikoreduzierung betrachten und ihm die nötige Beachtung schenken.

Risikoanalyse unverzichtbar Ein professionelles Management von Projekten setzt eine Risikoanalyse voraus. In der Regel werden die Risiken nach der Wahrscheinlichkeit und den betriebswirtschaftlichen Folgen ihres Eintretens bewertet; gegebenenfalls werden danach Präventivmaßnahmen ergriffen. Erstaunlicherweise beschränkt sich diese Betrachtung jedoch häufig auf

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die operativen Risiken struktureller Natur. Kulturelle Faktoren – beispielsweise die Akzeptanzprobleme, die bei Fusionen oder Umstrukturierungen auftreten – werden hingegen meist vernachlässigt, obwohl ihre Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg unumstritten ist. Werden Veränderungsprozesse schlecht begleitet, gehen die Verantwortlichen folgende Risiken ein: •• Ressourcen bleiben ungenutzt. •• Die nötige Veränderungsenergie wird nicht erzeugt oder erlahmt im Laufe des Prozesses. •• Risiken, aus denen Probleme werden könnten, werden nicht rechtzeitig erkannt. •• Führungskräfte und Mitarbeiter tragen den angestrebten Wandel nur formal mit, was zu Reibungsverlusten beim Umsetzen der Veränderungsmaßnahmen und verlängerten Projektlaufzeiten führt.

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•• Schlüsselpersonen kündigen (innerlich), da sie sich nicht mit den angestrebten Zielen identifizieren und sich als Verlierer des Prozesses empfinden. Die Folgen sind gravierend: Zum einen treten die geplanten positiven Effekte der Veränderung entweder verspätet ein oder sie bleiben sogar aus, zum anderen verursachen die mangelnde Identifikation

Die kulturellen Implikationen beachten Neben den strukturellen Faktoren müssen auch die kulturellen Lernfelder des Unternehmens identifiziert und beim Gestalten des Change-Prozesses berücksichtigt werden. Nur wenn dies geschieht, können die Einzelmaßnahmen so gestaltet werden, dass sie wirksam und rentabel sind.

lichkeiten des professionellen Umgangs mit den verschiedenen Reaktionen aufgezeigt. Diese „Präventionsarbeit“ erwies sich als richtig und wichtig. Denn aufgrund der gezielten Vorbereitung der Führungskräfte verliefen in den betroffenen Bereichen sowohl die kleineren als auch größeren Veränderungen schneller und reibungsärmer. Zudem wurde es einfacher, Change-Themen in Projekten zu platzieren, da die Projektverantwortlichen auf die möglichen Reaktionen der Betroffenen vorbereitet waren und sie bei ihren Planungen berücksichtigen konnten.

Die verschiedenen Projekt-Typen

mit dem Projekt oder gar der Verlust wichtiger Know-how-Träger Reibungsverluste und Zusatzkosten. Das belastet das Projekt und kann es sogar existenziell gefährden. Deshalb müssen Veränderungsprozesse professionell begleitet werden. Dann verlaufen sie nicht nur effizienter, sondern die gesammelten Erfahrungen wirken auch in der Organisation nach. Alle Beteiligten und Betroffenen wissen, welche Art von Unterstützung sie in welchen Situationen benötigen, und jedem ist klar,

Hierzu ein Beispiel: Im Rahmen eines Großprojekts eines Unternehmens wurden die Führungskräfte in Workshops auf ihre Rolle als Multiplikatoren im Veränderungsprozess vorbereitet. Mit ihnen wurden die Auswirkungen der bevorstehenden Veränderung analysiert und die zu erwartenden Reaktionen der Betroffenen in den verschiedenen Projektphasen prognostiziert. Diese wurden den Workshop-Teilnehmern verständlich gemacht. Zudem wurden ihnen Mög-

•• welche Change-Maßnahmen in seinem Bereich, seiner Abteilung, seinem Arbeitsteam wann was bewirken und •• wie sie den Erfolg eines Projekts beeinflussen. Mit anderen Worten: Gut begleitete Change-Projekte bergen weniger Risiken als Veränderungsvorhaben, die Unternehmen einfach „laufen lassen“. Je professioneller ein Veränderungsprozess gesteuert wird, desto geringer ist das Investitionsrisiko der einzelnen Change-Maßnahmen.

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Veränderungen wirken stets mehrdimensional. Deshalb ist das Ausmaß der Veränderung auf den verschiedenen Ebenen von Projekt zu Projekt und selbst innerhalb der Phasen eines Projekts verschieden. Das erschwert ein Messen des Change-Erfolgs. Die Erfahrung zeigt jedoch: Es ist möglich, Projekte nach dem Ausmaß der durch sie verursachten strukturellen und kulturellen Veränderungen zu klassifizieren; des Weiteren, die damit verbundenen Risiken zu identifizieren und passende Change-Maßnahmen abzuleiten. Hierfür ist eine Einteilung der Projekte in Routineprojekte, Innovationsprojekte, Akzeptanzprojekte und Wandelprojekte sinnvoll. Routineprojekte: Hierbei handelt es sich um Maßnahmen wie zum Beispiel Vertriebsprojekte oder Verkaufskampagnen. Sie haben zwar den Charakter von Projekten im Sinne von zeitlicher Begrenzung und bereichsübergreifender Beteiligung, doch sie verändern die strukturellen oder


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kulturellen Grundlagen der Organisation bestenfalls punktuell. Typisch für Routineprojekte sind Review-Workshops zum Abschluss, die einerseits auf eine strukturelle Optimierung des Prozesses (Standardisierung) und andererseits auf eine Professionalisierung der Zusammenarbeit (Feedback-Kultur) und damit auf eine Reduzierung der kulturellen Risiken zielen. Innovationsprojekte: Sie dienen in der Regel der Weiterentwicklung oder Erneuerung von organisatorischen oder technischen Strukturen innerhalb der bestehenden strategischen Ausrichtung (beispielsweise die Einführung eines Expertensystems zur Unterstützung der Risikoprüfung oder Qualitätssicherung). Bei solchen Projekten liegt der Fokus der Begleitung meist auf dem Herstellen der sachlichen Handlungskompetenz der Betroffenen (Schulungen, Trainings). Wenn hierbei aber beispielsweise die beteiligten Multiplikatoren lernen, den Widerstand gegen Neues als typisches Verhaltensmuster der von der Veränderung Betroffenen zu verstehen und angemessen damit umzugehen, reduziert dies das Risiko von Friktionen, die aus Frust entstehen. Akzeptanzprojekte: Ihr Gestaltungsschwerpunkt liegt auf der kulturellen Ebene und ihr Erfolg manifestiert sich als echte Verhaltensänderung der Betroffenen – zum Beispiel, indem das eingeführte Zielvereinbarungs- und Leistungsbeurteilungssystem als verbindlicher struktureller Rahmen für einen fairen Dialog zwischen Führungskräften und Mitarbeitern verstanden und tatsächlich genutzt wird. Bei solchen Projekten sind Maßnahmen wichtig, die frühzeitig Klarheit schaffen, permanent Rückkopplungsmöglichkeiten aus der Organisation ermöglichen und geeignet sind, einflussreiche Verbündete als Multiplikatoren zu gewinnen. Wandelprojekte: So bezeichnet man tief greifende Veränderungsprozesse mit spürbaren Auswirkungen auf allen Ebenen, wie sie zum Beispiel bei Fusionen oder grundlegenden strategischen Neuausrichtungen eines Unternehmens auftreten. Hier geht es nicht selten um existenzielle Fragen auf allen Ebenen. Für den Fundus an Change-Maßnahmen bedeutet dies, dass im Hinblick auf die

Gestaltung des Veränderungsprozesses eine hohe Komplexität zu erwarten ist. Das muss sich bereits in der Besetzung der Projektleitung niederschlagen. Hier braucht man einen echten ChangeManager, der sich aller Facetten seiner Aufgabe bewusst ist; ohne Profi geht hier nichts.

Im Verlauf eines Projekts verändert sich oft dessen Charakter Die obige Klassifizierung von Projekten erleichtert eine integrierte Sicht auf strukturelle und kulturelle Risiken – unabhängig davon, ob ein Veränderungsprozess in seinem Verlauf die Merkmale eines Projekttyps beibehält oder (was oft der Fall ist) sich sein Charakter im Laufe der einzelnen Phasen verändert. So kann ein Projekt zum Beispiel als Innovationsvorhaben beginnen und in seinem Verlauf deutliche Züge eines Akzeptanzprojekts annehmen, weil die Implementierung einer neuen technischen Infrastruktur zu einer Veränderung der Arbeitsteilung führt, die eine Reorganisation ganzer Unternehmensbereiche zur Folge hat. Oder eine Vertriebsoffensive, die üblicherweise den Charakter eines Standardprojekts hat, wird dadurch zum Wandelprojekt, dass

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sie auch einen neuen Vertriebskanal erschließen und die Zusammenarbeit zwischen Innen- und Außendienst nachhaltig intensivieren soll. Deshalb ist es wichtig, in den einzelnen Phasen des Wandels eine integrierte Sicht auf die Risiken beizubehalten und alle Maßnahmen unter Rentabilitätsaspekten laufend zu überprüfen und, wenn nötig, anzupassen.

Kontakt Dr. Greorg Kraus geschäftsführender Gesellschafter Autor

Dr. Kraus & Partner Werner-von-Siemens-Strasse 2-6 D-76646 Bruchsal Tel.

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Der CEO – selbstbestimmt oder fremdgesteuert?

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bgesehen davon, dass ich immer wieder höre, dass insbesondere CEOs nicht selten bis zu 40 Prozent ihrer Zeit damit verbringen, sich politisch intern abzusichern, weil irgendwer wieder irgendeine Initiative boykottiert, torpediert oder simpel ablehnt, oder weil jemand den Job des

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CEOs selbst gerne hätte, oder weil jemand einfach Unfrieden stiften möchte, höre ich auch immer wieder von CEOs, dass sie stark fremdgesteuert seien. Terminkalender füllen sich in dramatischer Geschwindigkeit, es bleibt kaum Raum um Luft zu holen, geschweige denn, substanziell nachzudenken. Jeder will

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irgendetwas, alles wird besonders cihtig gemacht, denn man weiß ja: Der CEO hat nur für sehr wichtige Dinge Zeit. Hier ist Vorsicht geboten, denn der wesentliche Wert des CEOs liegt nicht darin, Entscheidungen zu treffen, die andere wesentlich fundierter treffen könnten.


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Er liegt auch nicht darin, dass unsinnige Compliance-Regeln im Unternehmen durchgeboxt werden. Schon gar nicht liegt der Wert des CEOs in gezielter Sacharbeit. Der wesentliche Wert eines guten CEOs liegt darin, dass er weiter denkt, dass er de Horizont des Unternehmens erweitert, dass er dafür Sorge trägt, dass das Unternehmen sich gezielt in neue Dimensionen traut. Dazu muss er natürlich sein TopManagement mitnehmen, damit es keine „not-invented-here“-Situation gibt, aber dafür muss er sich vor allem Zeit nehmen.

Ich bin – nicht nur konzeptionell, sondern auch durch meine Arbeit mit vielen Dutzend Geschäftsführern, Vorständen und Unternehmern bestätigt – davon überzeugt, dass der Grad der Selbstbestimmung, der Terminhoheit, der Gestaltungsfreiheit bei fast allen CEOs dramatisch erhöht werden kann. Sie müssen an einem Routinemeeting teilnehmen? Warum? Die erste Frage, nach der Frage „Ist ein Meeting für die Sache nötig?“ ist „Muss ich teilnehmen?“ Oft genug lautet die Antwort „Nein.“ Muss

der Kalender so voll sein, meist ohne vernünftige Übergänge, die zumindest einmal erlauben, durchzuatmen? Nein. Wenn Sie unter dem Eindruck von Fremdbestimmung leiden, behalten Sie im Kopf, dass Sie es sind, der diese Fremdbestimmung zulässt. Es gibt keine Sachzwänge, die Zwänge erlegen wir uns selbst auf. Wer, wenn nicht der CEO, kann über seinen Kalender frei bestimmen? Sie schöpfen Wert, wenn Sie das Unternehmen entwickeln, wenn Sie Talente entdecken und dafür sorgen, dass sie gefördert werden, wenn Sie Geschäftschancen sehen und ihre Nutzung sondieren lassen. Sie schöpfen Wert, wenn Sie sich mit Ihrer Top-Mannschaft einschließen und eine verbindliche Strategie beschließen, nebst begleitender Maßnahmen. Lösen Sie sich von dem immer größer werdenden Kontrollwahn, ignorieren Sie unsinnige Meetinganfragen, streichen Sie Termine aus dem Kalender, besprechen Sie mit Ihrer Assistenz, was wirklich wichtig ist, sorgen Sie dafür, dass Sie unwichtige Dinge nicht in Ihren leistungsstärksten Zeiten tun. Damit haben sie bereits einen großen Schritt getan. Beginnen Sie damit jetzt.

Quellenangabe: -- Prof. Dr. Guido Quelle: Mandat Growthletter® Nr. 85 Januar 2014: CEO-TIPP, «Der CEO - selbstbestimmt oder fremdgesteuert?»

Kontakt Prof. Dr. Guido Quelle Geschäftsführender Gesellschafter Autor von «Profitabel wachsen» Mandat Managementberatung GmbH Emil-Figge-Straße 80 D-44227 Dortmund Tel. Fax

+49 (0)231 9742 390 +49 (0)231 9742 389

guido.quelle@mandat.de www.mandat.de

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Raus aus der Imagefalle:

Marke macht Low-Interest-Produkte begehrlich Starke Marken interessieren uns alle: Wir wollen ein imageträchtiges Auto fahren, wir achten beim Schokoladenkauf auf unsere Lieblingssorte, wir fahren regelmässig einen Umweg zum Baumarkt unseres Vertrauens, und wir zittern genauso wie die Tachonadel kurz vor „Empty“, weil wir es unbedingt noch zu „unserer“ Tankstelle schaffen wollen.

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arken sind alltäglich und überall: Bei Google gibt es etwa 37 Millionen Einträge unter diesem Stichwort. So unglaublich es klingt, es ist gut vorstellbar, dass es auch genauso viele Unternehmens- und Produktmarken gibt. Irgendwo müssen die 3.000 Markenbotschaften ja herkommen, denen jeder Mensch jeden Tag ausgesetzt ist. Ausserdem werden in Europa jedes Jahr 38.000 neue Marken angemeldet.

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Die Vorzüge von Marken: 1. Sie geben Orientierung. 2. Sie geben Sicherheit. 3. Sie geben das gute Gefühl. Das sind gleich drei Dinge auf einmal, und die sollten auch die Branchen interessieren, deren Produkte und Dienstleistungen auf den ersten Blick gar nicht so sexy sind und so begehrlich wie Automobile, Möbel und Schuhe. Am Wichtigsten: Starke Marken unterstützen den Verkäufer dabei, eine

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bessere Verhandlungsposition zu haben und die Rabattdiskussion in erträglichen Grenzen zu halten. Jeder kennt gute Beispiele dafür, dass sich ein Kunde für ein Produkt entschieden hat, das zwar teurer ist, aber einfach ein besseres Image bei ihm hat. Und jeder kennt es aus eigener Erfahrung im Alltag: Wir buchen die teurere Reise, weil der Veranstalter so einen guten Ruf hat; wir gönnen uns diese eine


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teurere Schokolade, weil uns genau nach ihr gelüstet; wir gehen in das besondere Lokal, weil es so einen exquisiten Ruf hat. In jedem Fall bedeutet das, dass starke Marken die Preise schützen, die Stundensätze verbessern und den Gewinn erhöhen. Oder haben Sie schon einmal im Restaurant versucht zu feilschen, oder der Dame an der Supermarktkasse ein Gegenangebot unterbreitet?

Unwiderstehliche Begehrlichkeit: Andere machen es vor Weshalb ist das alles so schrecklich traurig und banal? Weil bisher nur wenige Unternehmen in Low-InterestBranchen versucht haben, daran etwas zu ändern; und weil es noch wenigeren tatsächlich gelingt. Die Sensibilisie-

Sie steht für das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens, also für den klaren Vorteil im Vergleich mit anderen Unternehmen und deren Produkten und Leistungen. Wir alle wissen das alles. Weshalb kommen dennoch viele Unternehmen daher, als hätten sie von der Kraft der Marke noch nie etwas gehört? Dabei braucht sie doch so gut wie jeder, bloss interessiert oder begeistert sich einfach niemand wirklich für sie. Dazu zählen zum Beispiel viele Firmen im Maschinen- und Apparatebau, Zulieferer für die Nahrungsmittelindustrie, chemisch-pharmazeutische Betriebe und Unternehmen, die im Objektschutz oder im Agrarhandel tätig sind. Da arbeiten doch auch Menschen! Und die wissen in ihrer Freizeit doch auch ganz genau, welche Markenprodukte sie wollen und welche nicht! Wenn man sie aber im Berufsleben wahrnimmt, kommen sie graumäusig und gramgebückt daher, gern mit dem Entschuldigung-Dass-IchGeboren-Bin-Ausdruck. Da hilft der schöne Firmenname nichts, genauso wenig das bunte Logo. Maschinen und Teile, Halbfertigprodukte zum Kochen und Braten, Chemikalien und Pharma, SecurityDienstleistungen und die Landwirtschaft sind meistens immer noch schlicht und einfach unsexy: Low-Interest-Produkte! Die interessieren nicht wirklich. Sie müssen einfach da sein, Maschinen in Gang halten und dafür sorgen, dass das alltägliche Leben funktioniert. Am besten sind sie auch noch billig, und die Mitarbeiter sollten sich lieber im Hintergrund aufhalten. Aber wehe, etwas funktioniert mal nicht so wie gedacht… Dann sind die Schuldigen ganz schnell ausgemacht: Es sind genau diese grauen Menschen, die bloss funktionieren und eine Arbeit machen, für die sie einen Lohn erhalten. Unterm Strich ist bei solchen Unternehmen ganz wenig mit gutem Gefühl, mit Begehrlichkeit und Unbedingt-Habenwollen. Sie wirken billig, und oftmals sind sie es dann auch.

rung innerhalb der Unternehmen, dass die eigenen Produkte wichtige Funktionen erfüllen, wichtigste Produktionsfaktoren sind und ohne sie nichts geht, wird halbherzig betrieben. Und draussen in der Bevölkerung hat man den Eindruck, dass die einschlägigen Branchen sich aufgegeben haben, was das Thema „positives Image“ angeht. Dabei ist das mit dem Image – und damit mit der Marke und ihrer Wirkung – gar nicht so schwer, wenn man seine Kraft zu schätzen weiss und es mit einem klaren Plan und vor allem mit Geduld und Spucke anpackt. Etliche tolle Unternehmen in Low-InterestBranchen machen es vor: •• Hilti machte aus der Bohrmaschine einen treuen Begleiter fürs Arbeitsleben: In den Köpfen der Arbeiter ist eine Bohrmaschine immer rot, und sie wollen ganz gezielt eine „Hilti“, wenn sie eine neue brauchen. Darauf passen sie dann mit sehr viel Stolz auf wie auf ihre eigene. •• Carglass gab dem bis dato eher etwas zwielichtigen Autoscheibenaustauschgewerbe ein Gesicht und lässt in der Werbung echte Monteure sprechen. Das verleiht dem nüchternen Gewerbe Nähe und Wärme. •• Amerikanische Schornsteinfeger (so jemanden will man nur zuhause haben, wenn es unbedingt sein muss) schlossen sich zur „A Step In Time“-Kooperation zusammen und verleihen ihrer Branche mit einem einheitlichen, hoch emotionalen Auftritt eine ganz neue Begehrlichkeit (www.chimneycleaners.com).

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•• Die Leute, die einem bei Problemen mit dem Computer oder mit dem Natel weiter helfen, haben in den USA aus ihrem schlechten Image (Hochwasserhosen, Ziegenbärtchen, Colaflaschenbodenbrillengläser, maulfaule Griesgrams) eine Tugend gemacht: Sie schlossen sich zu den „Geek Squad“, einer Truppe aus Computerfreaks, zusammen, und auf einmal sind sie dermassen cool unterwegs in ihren coolen Autos und den coolen Uniformen mit der coolen Plakette, dass man sich wünscht, der eigene Computer möge auch bald den Geist aufgeben (www.geeksquad.com). •• Etliche andere Low-Interest-Produkte wurden mit der Kraft der Marke ebenfalls High-Interest-Produkte – Hörgeräte von Phonak, Zündkerzen von Bosch, Computerchips von Intel, Nippelspanner von… wer weiss – und konnten sich ein veritables Hochpreisimage aufbauen. All diese Firmen und Dienstleister setzen beim Imageaufbau besonders auf die Kraft ihrer Mitarbeiter, wenn es um die best mögliche Wahrnehmung geht: Die Menschen sind Markenbotschafter, und das nicht nur während der Arbeitszeit. Je besser sie informiert und je mehr sie involviert sind, desto stärker und klarer ist auch ihre „Human Brand“ und tragen sie die Markenbotschaften ihres Arbeitgebers in die Welt.

Markenwerkzeuge und -technik Eine Markenpersönlichkeit wird gebildet, indem alle Ansichten über das Unternehmen und seine ganze Kommunikation auf den Prüfstand kommen. All das wird zu seinem Kern verdichtet. Und dort wird, angereichert durch positionierende Aussagen, formuliert, welchen ultimativen Nutzen das Unternehmen, das Produkt oder die Dienstleistung bietet. (Dies veranschaulicht der Markentrichter.) (Abbildung Grafik Markentrichter, Bildunterschrift: Der Markentrichter konzentriert alles auf den einen Kern, als Ausgangspunkt von allem) Wichtige Einflussfaktoren bei der Markenbildung sind

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1. die „Unique Selling Proposition“ (USP): Sie steht für das Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens, also für den klaren Vorteil im Vergleich mit anderen Unternehmen und deren Produkten und Leistungen. Es ist dieses eine gewisse Etwas, das niemand anderes hat; das zum Beispiel eine Bohrmaschine unverwechselbar und zu etwas ganz Besonderem macht und sie so aus der grauen Masse der anderen heraushebt. Sie bohrt zum Beispiel links- wie rechtsherum mit immer konstanter, besonders hoher Durchschlagkraft; die Griffe sind ergonomisch geformt, und man rutscht beim Arbeiten nicht ab. Und sie muss nur alle 1.000 Stunden gewartet werden. Das bieten die Maschinen von der Konkurrenz in dieser Form nicht. Bei einer Schokolade ist es der besonders zarte Schmelz, der vom besonders langen Conchieren kommt. Oder die raffinierte Füllung. Oder der USP beschränkt sich sogar bloss auf die Verpackung, zum Beispiel auf ihre clevere Wiederverschliessbarkeit. Was ist es bei einer Chemikalie, einem Rolladenkasten, einer Lüsterklemme?

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2. der Wettbewerbsvorsprung: Gibt es bereits eine Schokolade mit einem vergleichbaren USP und einem vergleichbaren Nutzen, wird sie nur schwerlich erfolgreich sein. Dann überspringt sie einfach nicht die Messlatte, die ihr die vielen Wettbewerber vorgeben. Vielmehr ist sie dann nicht eindeutig, sondern austauschbar positioniert: „Ich bin auch zart schmelzend!“, „Ich habe auch ganze Mandeln!“ Wie langweilig! Genauso bei der Bohrmaschine. Auch deshalb verschwinden neun von zehn neuen Produkten bereits nach einem Jahr wieder aus dem Regal, im Baumarkt wie im Supermarkt: Sie haben nichts, was die anderen nicht auch haben. Sie haben keinen Vorsprung. Es gibt keinen Grund sie zu kaufen. Welchen Wettbewerbsvorsprung muss ein Computerchip, ein Turbolader, eine Zündkerze haben? 3. der Nutzen: Das beste Produkt mit dem besten Verkaufsmerkmal ist nur so gut, wie es am Markt begehrt wird. Nur wenn das so genannte Nutzenversprechen der Maschine wie der Schokolade – sie erfüllt einen lang

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gehegten Traum, sie wird einem bestimmten Bedürfnis ganz besonders gut gerecht, sie macht das Leben leichter und erquicklicher – möglichst viele Menschen interessiert, ja fasziniert, wird sie beachtet. Welcher ist der Nutzen einer Schokolade, welche Relevanz hat sie? Sie macht zum Beispiel glücklich. Das sagt auch unser Unterbewusstsein, besonders wenn wir uns gestresst fühlen oder traurig sind. (Dann arbeitet es sich wenigstens leichter, und man kann sogar beim Weinen wieder etwas lächeln.) Bei einer solchen Positionierung kann man sich die Werbung schon ganz gut vorstellen, die dieses Glücklichmachen unwiderstehlich auf den Punkt bringt. (Wollen wir nicht alle ein bisschen glücklich sein?) Und die Bohrmaschine? Mit ihrem USP entlastet sie den Bauarbeiter. Das erhält ihn gesund, macht besonders schnell besonders akkurat gearbeitete Löcher und, natürlich, spart dem Unternehmer Kosten. Die Wette gilt: Ein Nippelspanner, ein PC-Hub und eine Senkkopfschraube haben auch einen


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Relevanz – Markt Ist absolut begehrenswert

Hat

so unverwechselbaren wie grossartigen Nutzen. Man muss ihn nur auf den Punkt bringen und konsequent kommunizieren. (Abbildung Grafik Markendreieck, Bildunterschrift: Das Markendreieck bringt die wichtigsten Faktoren bei der Markenbildung auf den Punkt)

Bohrmaschinen von Hilti haben einen eindeutig definierten USP, einen klaren Wettbewerbsvorsprung und einen sofort nachvollziehbaren Nutzen. Nach der kraftvollen Positionierung richtet sich die gesamte Kommunikation des Unternehmens. Das stellt sicher, dass alle Produkte und Dienstleistungen so wahrgenommen werden, wie es beabsichtigt ist. Klar ist: Was der Maschinenbau kann, können andere Branchen auch. Sie brauchen nur den Mut zum Anpacken – in dem Sinne, dass sie eine begehrliche Wahrnehmung erreichen, die nicht nur den Kopf („Wir brauchen diese Unternehmen, dann sollen sie wenigstens unauffällig und möglichst billig ihren Job machen!“), sondern vor allem auch das Herz („Die sorgen dafür, dass wir gut arbeiten und leben können und dass wir uns wohl fühlen!“) anspricht. Marke macht stolz. Dieses Gefühl ist Motivationsmotor Nummer 1, und die Mitarbeiter, die Markenbot-

t itz Be s

t ch

Was Marke leistet

bri rch Du

Wenn die Soll-Positionierung, der MarkenPersönlichkeit, erst einmal steht, werden alle zukünftigen Marketingmassnahmen an ihr ausgerichtet. Das sorgt dafür, dass das Unternehmen in Zukunft überall auch tatsächlich so wahrgenommen wird, wie es positioniert ist. Dann, sagen die Fachleute, „zahlt das Marketing auf die Marke ein“, was Alleinstellung, Differenzierung von der Konkurrenz und Begehrlichkeit angeht. Der Nutzen wird lebbar und erlebbar. Auf einmal geht es nicht mehr in erster Linie um viel und preiswert, sondern vor allem um Orientierung – um Sicherheit im Sinne der richtigen Wahl und um das gute Gefühl, das starke Marken auslösen. Ein schöner Nebeneffekt der Markenpositionierung: Sie gibt nicht nur die Leitlinien dafür vor, was ein Unternehmen für seine Darstellung konkret tun sollte, sondern auch und vor allem dafür, was es dabei getrost alles einfach weglassen kann.

Starke Marke

Norm – Wettbewerb Von Marktbegleitern vorgegeben

USP – Zielgruppe Leuchtet sofort ein

schafter im Aussendienst genauso wie intern, haben es sich redlich verdient. Bei den Menschen (sie sind das eigentliche Kapital des Unternehmens) wird mithilfe der konsequent gelebten Marke das Gefühl immer stärker, dass sie mehr als nur gebraucht werden; dass sie vielmehr einen wertvollen Beitrag zur Gesellschaft und zum Wohlergehen aller leisten. Das steigert dann auch ihre Leistung, und so haben alle, die Menschen wie die Unternehmen, etwas davon, was Marke kann.

6. Seien Sie mutig: Hilti hat auch mal einfach angefangen! 7. Erhöhen Sie den Herzschlag: Wer von Ihnen angetan ist, will mehr! 8. Justieren Sie die Tarife: Die evolutionäre Preisentwicklung wird von Ihrer starken Marke begleitet! 9. Erreichen Sie Pull statt Push: Potenzielle Kunden sollen bei Ihnen anrufen, nicht umgekehrt!

Das Schönste: Starke Marke entstehen nicht mit dem grössten Budget, sondern vor allem durch Mut und Ideen.

10 Regeln für Ihre imagestarke Marke 1. Auch Low-Interest-Produkte machen Spass: Zeigen Sie, dass es tatsächlich so ist! 2. Low-Interest-Unternehmen sollten sympathisch sein: Da arbeiten echte Menschen, keine Roboter! 3. Denken Sie daran, was Sie begeistert: Bewirken Sie dasselbe bei Ihren Leuten! 4. Finden Sie Ihre Zielgruppe heraus: Alles für alle anbieten macht nicht sexy! 5. Machen Sie sich attraktiv: Da vergisst man vor lauter Begeisterung das Feilschen!

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10.Tun Sie weniger, um mehr zu verdienen: Die Marke macht klar, wo es sich lohnt, Zeit, Kraft und Geld zu investieren! .

Kontakt Jon Christoph Berndt® Markenexperte Management-Trainer Keynote-Speaker Inhaber brandamazing GmbH Corneliusstrasse 10 D-80469 München Tel. +49 (0)89 215 81 86 0 Fax +49 (0)89 215 81 86 19 amaze_me@brandamazing.com www.brandamazing.com

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Management / Marketing

Selbstführung und Unternehmenswachstum – Ein Zusammenhang?

W

er sich nicht selbst führen kann, sollte auch andere nicht führen dürfen. Wie oft werden Selbstmanagement-Grundsätze, die wir inzwischen alle kennen, in den Raum geworfen? Die Liste ist lang: A-Aufgaben nur in der A-Zeit, stille Stunde einführen und einhalten, den

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Tag nicht überplanen, Puffer einplanen, Übergangszeiten zwischen Terminen einrichten, um Eventualitäten abzufedern, sich Raum und Zeit schaffen für strategische Themen, keine E-MailAbrufautomatik einstellen, vor allem nicht mit Benachrichtigung, Meetings nur dann, wenn sie nötig sind, eventu-

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ell auch als Stehtreffen, damit es nicht zu kuschelig wird, sich gut vorbereiten, ... Brauchen Sie noch mehr? Solche Regeln einzuhalten, dazu werden Mitarbeiter immer wieder animiert. Der Erfolg, indes, bleibt meist aus. Die statthafte Frage muss auch sein: Wie


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verhalten sich denn die Vorgesetzten? Wie verhalten sich denn diejenigen, die diese Regeln einfordern? Halten sie sich daran? Genauer: Halten SIE sich daran? Ich erlebe auf Führungsebene oft ein Organisationschaos, das gar nicht aus Liederlichkeit oder Unwillen entsteht, sondern oft aus mangelnder Disziplin. Wie soll man auch all die obigen Regeln – die je nur einen winzigen Teil dessen ausmachen, was im Selbstmanagement so gefordert wird – gleichzeitig beherzigen, wenn man vorher eher „freihändig“ organisiert war? Das allumfassende Veränderungsprogramm sieht zwar auf dem Papier gut aus, hat aber seine Grenzen in der Realisierung, denn der Schwenk von Chaos zu gezielter Selbstführung ist nicht mit der Erkenntnis getan. Es bedarf nach der Erkenntnis des Handelns. Hier stoßen wir an den Punkt der Einsicht und den Punkt der Verhaltensänderung: Will man sich selbst besser führen, bedarf es der Umstellung von Lebensgewohnheiten. Man kann nicht mal ein wenig mehr Selbstführung machen. Man kann nicht ein bisschen Zeitmanagement betreiben. Man kann auch nicht heute auf die eine und morgen auf die andere Art agieren – zumindest nicht, wenn man mit anderen zusammenarbeitet. Nein, will man in Sachen Selbstführung besser werden,

bedarf es der Erkenntnis, der Einsicht, des Handelns und des Dranbleibens. Das Leben wird anders. Ist der Anspruch zu hoch? Das weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, dass „ein bisschen Selbstführung“ nicht funktioniert. Die Maßnahmen, die man für sich als richtig erkennt, müssen durchgehalten werden. Daher plädiere ich auch dafür, dass Veränderungen Stück für Stück eingeführt werden. Erst dann, wenn die Führungskraft erlebt hat, welchen Aufwandes es bedarf, um einen neuen Schritt in Richtung Selbstführung zu tun, hat sie auch die erforderliche Sensibilität im Umgang mit den Mitarbeitern. Zurück zur Überschrift: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Selbstführung und Unternehmenswachstum? Ich kann ihn nicht wissenschaftlich nachweisen, aber in meiner Beratungspraxis und aus der Erfahrung mit einigen hundert Unternehmen und tausenden von Führungskräften kann ich beobachtend schließen, dass eine gute Selbstführung sich nahezu immer auf das Unternehmenswachstum positiv auswirkt – in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht. Vielleicht bietet der Jahresstart ja die Möglichkeit, dass Sie sich mit Ihrer Mannschaft über den einen oder anderen

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Aspekt der Selbstführung gemeinsam austauschen und zwei, drei gezielte Maßnahmen ergreifen, um hier wirksamer zu werden. Der Lohn liegt auf der Hand: Ein echtes gemeinsames Voranschreiten in Richtung persönliches Wachstum. Wenn das kein Anreiz ist.

Quellenangabe: -- Prof. Dr. Guido Quelle: Mandat Growthletter® Nr. 85 Januar 2014: Strategie & Führung, «Selbstführung und Unternehmenswachstum - Ein Zusammenhang?»

Kontakt Prof. Dr. Guido Quelle Geschäftsführender Gesellschafter Autor von «Profitabel wachsen» Mandat Managementberatung GmbH Emil-Figge-Straße 80 D-44227 Dortmund Tel. Fax

+49 (0)23 197 423 90 +49 (0)23 197 423 89

guido.quelle@mandat.de www.mandat.de

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Wie KMUs ihre Daten effizient sichern können Die elektronische Datenflut macht auch vor KMUs nicht halt: E-Mails, Verträge und andere Geschäftsdaten gilt es zu bearbeiten und abzulegen. Doch dabei vernachlässigen nicht wenige Unternehmen die Sicherheit. Der Schaden kann gross sein. Entsprechend lohnt es sich, mit einer sicheren Lösung vorzubeugen. Praktische Hilfen bieten Dokumenten-Management-Systeme (DMS).

D

er Verlust oder die Manipulation von Daten ist eine Gefahr, gegen die auch KMUs nicht gefeit sind. Sensible Informationen können durch Diebstahl verloren gehen (Industriespionage) oder auch durch Fehlverhalten von Mitarbeitenden. Gerade Letzteres kommt immer wieder vor: Das Personal löscht versehentlich wichtige Daten oder überschreibt sie. Weiteres Ungemach droht

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den KMUs von Kriminellen im Internet, die seit einigen Jahren auch über Mobiles und andere Endgeräte an Computer und somit an sensible Daten heranzukommen versuchen. Aber auch das Gesetz stellt Anforderungen an den Datenschutz. Je nach Staat gelten wieder andere Vorschriften. Hinzu kommen internationale Richtlinien, die für IT-Programme und ihre Anwendung gewisse Standards vorschreiben, die es ebenfalls

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zu berücksichtigen gilt. Die Einhaltung aller dieser Regularien wird in der Fachsprache unter dem Oberbegriff „IT-Compliance“ zusammengefasst. Während grössere Unternehmen meist um einen umfassenden Datenschutz besorgt sind, kommt dies bei vielen KMU zu kurz. Entweder sind ihnen die Gefahren zu wenig bewusst, oder es fehlen ihnen die Ressourcen, um sich vertieft damit auseinanderzusetzen.


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DMS als raffinierte Lösung Was können die Unternehmen konkret tun? Sinnvoll ist eine Analyse unter Anleitung eines externen Experten. Dieser kann aufzeigen, welche Richtlinien und Gesetze zu beachten sind und welche Massnahmen es zu planen und umzusetzen gilt. Den Kern dieser Massnahmen bildet vielfach ein Dokumenten-Management-System (DMS). Es sorgt nicht nur für effiziente Geschäftsabläufe, sondern stellt auch den nötigen Rahmen für eine rechtskonforme und sichere Archivierung von Daten zur Verfügung. Darüber hinaus sind moderne DMS leicht in bestehende Betriebssysteme wie Windows integrierbar. Und für die Datensicherheit haben solche Lösungen eine ganze Bandbreite an Optionen anzubieten.

Vielseitige Schutzfaktoren Was DMS genau an Schutzmöglichkeiten zu bieten haben, hängt vom jeweiligen Produkt ab. Auf dem Markt erhältliche Lösungen bieten zum Beispiel Folgendes: Es können ausgewählte Dokumente und Archivbereiche gesichert werden – auch über das Internet. Umfangreiche Berechtigungsfunktionen erlauben nur bestimmten Personen den Zugang. Auf technischer Seite verantwortlich für diese Absicherung ist – je nach Produkt – eine mit 1024-bit verschlüsselte Datenübertragung. Zudem kann eine professionelle Software helfen, versehentlich gelöschte oder überschriebene Daten wiederherzustellen. Und wer alte Versionen von Dateien zwar behalten, diese aber nicht mit neuen verwechseln möchte, profitiert von der Versionskontrolle. Sollten zweimal dieselben Dateien abgespeichert werden, kommt der Doublettencheck zum Einsatz: Die Software erkennt beim Speichervorgang, dass eine Version des Dokuments schon irgendwo anders liegt und fragt nach, wie der Nutzer weiterverfahren möchte. Darüber hinaus verhindert das System, dass mehr als eine Person gleichzeitig an derselben Datei arbeitet. Diese Check-in/Check-out-Funktion offenbart auch, wer das gewünschte Dokument gerade geöffnet hat. Bei Bedarf kann man diese Person kontaktieren und so verhindern, dass eine dringend benötigte Datei zu lange „besetzt“ bleibt. Und damit die Sicherheit für E-Mails gewähr-

leistet ist, lassen sich manche DMS ohne Unterbrüche mit MS Outlook verknüpfen. Diese Vielfalt an Schutzfaktoren zeigt, welch wichtige Rolle moderne DMS in der Datensicherheit übernehmen können.

Bundesgesetz über den Datenschutz). Es ist für Unternehmen schwierig, daraus die relevanten Anforderungen abzuleiten. Deshalb empfiehlt es sich, dafür einen externen Experten hinzuzuziehen.

Gesetze und Richtlinien Weitere Anforderungen haben Unternehmen bezüglich der weiter oben genannten IT Compliance zu erfüllen. Relevante Vorgaben sind zum Beispiel Regularien wie CobiT (Control Objectives for Information and related Technology), ITIL (IT-Infrastructure Library) oder ISO/IEC2700 I. Diese internationalen Standards – auch Frameworks genannt – geben vor, wie Programme aufgebaut und angewandt werden müssen. Solche Regularien sind in den gängigen DMSSystemen schon integriert. Weil diese Richtlinien aber sehr umfangreich sind, müssen sie für KMUs von der jeweiligen EDV-Abteilung angepasst werden. Sonst verursachen sie bei der Nacharbeit einen zu grossen Aufwand. Indes hinkt die Gesetzgebung der technischen Entwicklung der IT hinterher. Ein eigentliches Informatikgesetz kennt die Schweiz nicht. So überschneidet sich das Informatikrecht mit einer Vielzahl von anderen Rechtsgebieten und betrifft unterschiedliche Gesetze (zum Beispiel das

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Kontakt Helmar Steinmann Niederlassungsleiter

ELO Digital Office CH AG Industriestr. 50 CH-8304 Wallisellen Tel. Fax

+41 (0)43 544 39 00 +41 (0)43 544 39 19

info@elo.ch www.elo.ch

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Per Online- oder E-Auktion einkaufen Online-Auktionen, auch E-Auktionen genannt, haben sich im B-to-B-Bereich als Beschaffungsinstrument etabliert. Dabei lassen sich mehrere Auktionsformen unterscheiden. Unternehmen, die Materialien und Dienstleistungen per E-Auktion einkaufen möchten, sollten diese kennen und wissen, was bei der Auktionsvorbereitung und -durchführung zu beachten ist.

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uktionen wurden im Internet erstmals 1993 über textbasierte Newsgroups durchgeführt. Seitdem erfreuen sie sich wachsender Beliebtheit. Studien zeigen: Bereits circa 50 Prozent der Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit einem Beschaffungsvolumen von über 100 Millionen Euro/Jahr nutzen E-Auktionen als Beschaffungsinstrument. Sie wickeln im Schnitt fast 20 Prozent ihres Volumens über E-Auktionen ab. Tendenz steigend! Einige Unternehmen schreiben bereits über 30 Prozent ihres kompletten Beschaffungsvolumens über Auktionen aus, und die Zahl der Auktionen steigt jährlich um zehn bis 15 Prozent. Dabei gilt jedoch festzuhalten: Der Beschaffungsprozess als reine Auktion ohne

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Interaktion mit den Lieferanten kommt heute noch selten vor. Re-alitätskonformer ist es deshalb, von auktionsintegrierten Beschaffungsprozessen zu sprechen. Denn zumeist wird in den Auktionen ausschließlich der Preis bestimmt.

Die verschiedenen Auktionsformen Bei der englischen Auktion (auch mündliche, offene oder „Descending-bid-Auktion“ genannt) werden die Gebote der Lieferanten von einem relativ hohen Startpreis ausgehend sukzessiv gesenkt, bis nur noch das Gebot eines Lieferanten übrig bleibt. Dieser

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erhält den Zuschlag mit einem Preis in der Höhe seines letzten Gebots. Die englische Auktion ist sehr transparent, denn jeder Lieferant kennt ohne zu wissen, welche Lieferanten mitbieten, jederzeit die Gebote der Wettbewerber und kann sein Gebot entsprechend anpassen. Die holländische Auktion („Ascending-bidAuktion“) beginnt mit einem sehr niedrigen Startpreis. Der Auktionator erhöht diesen Preis sukzessiv, bis ein Lieferant das Angebot akzeptiert. Er erhält den Zuschlag mit einem Preis in der Höhe seines Gebots. Eine Abwandlung der englischen und holländischen Auktion sind sogenannte „Descending Clock-“ oder „Ascending Clock-Auktionen“. Das Prinzip ist ähnlich wie das der englischen und holländischen Auktion. Allerdings wird der Preis in definierten Zeitabständen um eine bestimmte Summe geändert. Der Auktionator gibt den Startpreis bekannt. Die Lieferanten können ihn entweder akzeptieren oder ablehnen und somit aus der Auktion ausscheiden. Bei der „Descending Clock-Auktion“ wird der Preis in kleinen Schritten verringert, bei der „Ascending


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Clock-Auktion“ erhöht. Sobald kein Gebot mehr eingeht, wird der Zuschlag vergeben. Darüber hinaus gibt es die verdeckte Erstpreisauktion („first-price sealed-bid auction“). Für sie werden einmalig verdeckte Angebote abgegeben, und der Lieferant mit dem niedrigsten Gebot erhält den Zuschlag. Die An-gebote der Wettbewerber sind dabei nicht bekannt. Eine Spielart dieser Auktion ist die verdeckte Zweitpreisauktion („secondprice-sealed-bid auction“), die nach dem glei-chen Schema verfährt. Der Lieferant, der den Zuschlag erhält, erhält jedoch einen Preis in Höhe des zweitniedrigsten Gebots. Dieser Mechanismus ist im Vorfeld bekannt. Entwickelt wurde diese Auktionsform von William Vickrey, dem Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften 1996. Deshalb wird sie auch „Vickrey-Auktion“ genannt. Seit einigen Jahren gewinnen gewichtete oder multiattributive Auktionen an Bedeutung. Dabei werden nichtpreisliche Faktoren wie Versorgungssicherheit und Qualität mit einer Punktzahl bewertet. Diese Punktzahl wird vom Gebotspreis des Lieferanten abgezogen, um einen Vergleichswert zu erzeugen. So errechnet der Auktionator den relativen Wert der einzelnen Gebote unter Berücksichtigung des Preises und nichtpreislicher Faktoren. Während einer gewichteten Auktion dürfen Bieter die nichtpreislichen Elemente ihres Angebots nicht ändern. Bei einer multiattributiven Auktion hingegen können sie diese Elemente bei Bedarf anpassen – beispielsweise durch eine Verkürzung der Lieferzeit – um ihre Gesamtbewertung zu verbessern.

Die Vor- und Nachteile von Auktionen E-Auktionen haben eine Reihe von Vorteilen. Aufgrund des starken Konkurrenz- und Preisdrucks sind über E-Auktionen hohe Kosteneinsparungen beim Einkauf von Materialien und Dienstleistungen zu erzielen. Zudem kann die Produktivität des Einkaufs gesteigert werden, da mehr Aufträge intensiv verhandelt werden können. Aus-gereifte Spezifikationen sind für die erfolgreiche Teilnah-me an E-Auktionen ausschlaggebend. Sie erfordern eine entsprechend gute Strukturierung der Beschaffungsprozesse. Die qualitativ und zeitlich optimierten Prozesse senken wiederum die indirekten Beschaffungskosten (Prozesskosten).

Ein weiterer Vorteil von E-Auktionen im Vergleich zu klassischen Verhandlungen ist ihre Transparenz. Die Wettbewerbssituation ist glaubhaft und realitätsnah abgebildet und zahlreiche Lieferanten nehmen am Onlineverfahren teil. Die traditionellen Vertrauensbeziehungen werden in E-Auktionen durch faktenbasierte Beziehungen ersetzt. In traditionellen Beschaffungsprozessen mussten beide Seiten bis zu einem gewissen Grad schlicht auf die Richtigkeit der Aussagen des Geschäftspartners vertrauen. E-Auktionen hingegen erlauben beiden Seiten gleichermaßen Einblicke in die Marktsituation und tragen zur Dyna-misierung von Verhandlungen sowie einem intensiven Preiswettbewerb bei. Über Online-Auktionen werden Preisverhandlungen außerdem entpersonalisiert. Das erleichtert internationale Verhandlungen, da kulturelle Unterschiede nicht mehr signifikant zum Tragen kommen. Zudem sind E-Auktionen effektiv. Aufgrund der automatisierten Prozesse werden bei der Mehrzahl der Vertragsabschlüsse Konditionen erreicht, die auf traditionellem Weg einen weit höheren Aufwand seitens der Einkäufer erfordert hätten. Den zahlreichen Vorteilen von E-Auktionen stehen Nachteile gegenüber, die Nutzer zumindest in Erwägung ziehen sollten. Den bereits erwähnten Kosteneinsparungen stehen beispielsweise zusätzliche Kosten, etwa für Lizenz- oder Providerentgelte für den EAuktionssoftware-Dienstleister, gegenüber. Die Entwicklung der Spezifikationen, vor allem der nichtpreislichen, bedarf erhöhter Konzentration und Aufmerksamkeit, denn nur detailgenaue und vergleichbare Angaben gewährleisten eine gemeinsame Bezugsbasis für die Lieferanten.

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E-Auktionen lassen zudem keine Zeit für technische oder kaufmännische Berechnungen, und Anpassungen nach der Angebotsabgabe sind in der Regel nicht möglich (außer in der multiattributiven Auktion). Deshalb sind im Vorfeld die Bedingungen und Konditionen festzulegen und zu kommunizieren. Die Befürchtung hingegen, die Teilnahme an E-Auktionen könne strategische Lieferantenbeziehungen schädigen, ist zu vernachlässigen, denn sie werden selten über E-Auktionen abgewickelt. Materialien und Dienstleistungen, die Gegenstand strategischer Partnerschaften sind, bedürfen nach wie vor der persönlichen und kreativen Zusammenarbeit der Geschäftspartner, um eine Win-Win Situation für beide Parteien zu erreichen.

Die gewünschte Bietdynamik sicherstellen Eine E-Auktion wird üblicherweise als ein Prozess mit drei charakteristischen Phasen betrachtet: die Vorberei-tung, Durchführung und Nachbereitung. In ihnen steht der Auktionator vor unterschiedlichen Aufgaben. Die entscheidende Phase ist die Vorbereitung der Auktion. Hier stellt der Auktionator die Weichen für (Miss-)Erfolg seiner E-Auktion, denn während der Auktion sind seine Handlungsspielräume extrem eingeschränkt. Zunächst sollte der Anbieter die Wettbewerbsintensität unter den Lieferanten analysieren. Besteht viel Wettbewerb, so fördert das die Bietdynamik der Auktion. Die Wettbewerbssituation kann entweder ein „natürliches“ Marktcharakteristikum sein oder/und durch die Auktion gefördert werden. Zum Beispiel durch deren Transparenzgrad. Sind die absoluten Gebote nicht sichtbar, wie in Rangauktionen, bei denen die Lieferanten

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nicht die Preise der Wettbewerber sehen, sondern nur auf welchem Platz (zum Beispiel drittbestes Angebot) sie mit ihrem aktuellen Gebot liegen. Rangauktionen fördern erfahrungsgemäß die Bietdynamik. Auch das Volumen des Vergabepakets spornt Bieter an. Erfolgreiche Auktionen im B-to-B-Bereich weisen häufig Volumina von einer Million Euro und mehr auf. Gut motiviert sind in der Regel die Lieferanten, die den Käufer für sich gewinnen oder als Kunden binden möchten. Sie werfen sich besonders ins Zeug, um den Zuschlag zu bekommen. Ungeachtet der Wettbewerbssituation sind manche Produkte und Dienstleistungen allerdings prinzipiell nicht für den Auktionshandel geeignet. Das sind zum einen solche, die auf anderen Plattformen wie Warenbörsen in großem Umfang gehandelt werden. Eine E-Auktion würde in diesem Fall keine zusätzliche Dynamik erzeugen. Zum anderen sind das die Produkte und Dienstleistungen, die strategische Bedeutung für den Käufer haben. Hier ist ein zweiter und dritter Blick auf Qualität und Konditionen nötig. In diesem Fall gerät jede noch so ausgeklügelte E-Auktion an ihre Grenzen. Auf das Handeln solcher Produkte und Dienstleistungen sollten kluge E-Auktionatoren deshalb verzichten.

Die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen Der Auktionator hat in der Vorbereitungsphase noch weitere Aufgaben. Unter anderem sind eindeutige und umfassende Spezifikationen nötig. Die Lieferanten müssen wissen, worauf sie bieten, und die Käufer, was sie bekommen. Ausgangspunkt sind Mindestniveaus, auch Satisfizierungskriterien oder Mussziele genannt. Sie sind die Eintrittshürde zur E-Auktion. Nur wer sie erfüllt, wird zur Teilnahme zugelassen. Hat ein Lieferant diese Hürde genommen, entscheiden nur noch der Preis, das sogenannte Optimierungskriterium oder das Maximalziel (wie zum Beispiel eine Kombination aus Preis- und Qualitätsansprüchen) über den Zuschlag. Kompensationen zwischen diesen Kriterien, beispielsweise bessere Qualität für einen höheren Preis, werden in „traditionellen“ E-Auktionen nicht zugelassen. E-Auktionen neueren Typs, wie multiattributive Auktionen, verfahren in dieser Hinsicht anders. Sie beruhen auf der relativen

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Bewertung unterschiedlicher Merkmale. Der Auktionator sollte die Anzahl der zu verauktionierenden Artikel beziehungsweise Auftragspositionen überschaubar halten, um die Bieter mit der Dynamik des Auktionsprozesses nicht zu überfordern. Mehr als 60 individuelle Artikel oder Positionen verunsichern die Teilnehmer. Wer dennoch mehr Positionen einstellen will, sollte sie zu überschaubaren Warenkörben bündeln, auf die der Lieferant dann bietet. Der Auktionator klärt darüber hinaus in der Vorbereitungsphase kommunikationsbezogene Details. Die Auktionsdetails, die Datenverwaltung, und die Hard- und Soft-wareausstattung der Lieferanten sind festzulegen und Auktionstrainings durchzuführen. Um allen Teilnehmern die gleichen Chancen zu bieten, empfiehlt es sich, im Fall der Neueinführung von E-Auktionen vorbereitende Test-Auktionen durchzuführen. Der Platzierung von Phantomgeboten, sowohl von Käu-fer- als auch von Lieferantenseite, beugen technische Maßnahmen und dokumentierte Verhaltenskodizes vor. Die Auktionsregeln sind bei jeder Auktion aufs Neue zu bestätigen. Nur so lässt sich eine stabile Auktionsreputation bilden, und es wird unter Umständen sogar ein höheres Maß an Objektivität erzielt als bei traditionellen Verhandlungen. Wichtig ist es, in der Auktionsdurchführungsphase, die Verfahren und Transparenz – entsprechend dem gewählten Auktionstyp – konsequent einzuhalten. Unabhängig vom Auktionstyp ist bei der Durchführung zu gewährleisten, dass alle Teilnehmer in Echtzeit Zugang zu den Auktionsinformationen haben und selbst im Fall von technischen Problemen rechtzeitig ihre Gebote abgeben können. Kritisch ist, wie eine Auktion beendet wird. Als Strategie wird zunehmend das „weiche Ende“ gewählt. Bei ihm verlängert sich die Auktion automatisch um einen gewissen Zeitraum, wenn kurz vor Ende noch ein Gebot eingeht. Einige Anbieter limitieren inzwischen die Zahl der Verlängerungen, um unnötigen Verzögerungen vorzubauen. Die Auktionsnachbereitung optimiert Qualität und Reputation der Auktion. Feedbacks von und an die Lieferanten sowie unternehmensinterne „Lessons Learned-Runden“ helfen, Fallstricke und Verbesserungsoptionen zu identifizieren. Auktionsergebnisse können auf Nachfrage der Lie-feranten im Detail erklärt werden, um diese zur Teilnahme an weiteren Auktionen zu motivieren. Die

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gemachten Erfahrungen sollten dokumentiert werden und allen Beteiligten, eventuell in unterschiedlich detaillierten Fassungen, zugänglich sein.

Die Funktion des Service-Providers Soweit die Dinge, die der Auktionator vor, während und nach der Auktion bedenken sollte. Der Service-Provider, also der Anbieter der E-Auktions-Software, steht gewissermaßen über dem Prozess, und kann in ihm unterschiedliche Rollen einnehmen. Weit verbreitet ist die Administratorrolle, die lediglich eine administrative Unterstützung der Auktion vorsieht und das Bereitstellen von Software für das Abwickeln der gesamten Auktion beinhaltet. Darüber hinaus kann der Service-Provider beratend tätig sein, wodurch er stärker in den Prozess, vor allem die Auktionsvorbereitung, eingebunden wird. Der Service-Provider kann zum Beispiel bei der Auswahl der (potenziellen) Lieferanten unterstützen. Diesen Service nehmen bislang wenig Unternehmen in Anspruch, da er stark in den Aufgabenbereich des Einkaufs eingreift. An Bedeutung gewinnt die Treuhänderrolle. Das heißt, der Provider fungiert als Abwicklungsinstitution und ist auch für die Sicherung der Auktionsreputation zuständig. Das entlastet den Auktionator entscheidend, und er kann sich ganz der wichtigen Phase der Auktionsvorbereitung widmen.

Kontakt Dr. Bernhard Höveler geschäftsführender Gesellschafter

HÖVELER HOLZMANN CONSULTING GmbH Schanzenstraße 20 A D-40549 Düsseldorf Tel.

+49 (0)21 156 387 510

bernhard.hoeveler@hoeveler-holzmann.com www.hoeveler-holzmann.com


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Facebook’s Erben Facebook kauft WhatsApp, Threema schlägt Telegram in Sachen Sicherheit und neue Netzwerke drängen in den Markt: Aus aktuellem Anlass widmet sich dieser Artikel dem Trend in Sozialen Netzwerken, welche Alternativen zu Facebook es gibt und was dies für Unternehmen und Unternehmer bedeutet.

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ie wohl grösste Firmenübernahme im Bereich Digitaler Startups kam wie ein Paukenschlag: 19 Milliarden Dollar hat Facebook für den Messager-Dienst WhatsApp und seine rund 450 Millionen User im Februar dieses Jahr bezahlt. Noch Ende Oktober wartete Facebook mit einer überraschenden Meldung auf: junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren laufen dem Netzwerk zunehmend davon. Zwar gewinnt das Netzwerk in absoluten Zahlen und wächst weiter, allerdings in anderen Ziel- und Altersgruppen. So überraschend dies

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in den schweizer und deutschen Medien aufgenommen wurde: bereits am 11. August bloggte die 13 jährige Ruby Karp auf der Trend-Plattform mashable. com: “I’m a teen living in New York. All of my friends have social networks (…) but lately, I’ve been noticing something different. Facebook is losing teens, and I think I know why.” / „Ich bin ein Teenager aus New York. Alle meine Freunde nutzen Soziale Netzwerke (...) aber in letzter Zeit habe ich einen Unterschied bemerkt. Facebook verliert Teenager und ich weiss wieso.“ Der Beweggrund dahinter war

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wohl einfach: immer mehr Freunde wanderten vom mühsam zu verstehenden, sich immer mehr zum Selbstdarstellungsnetzwerk entwickelnden Facebook weg hin zu direkteren Methoden mit Freunden zu kommunizieren.

Grund Nummer eins: Uncool Der erste Grund: die Sozialen-Netzwerke überaltern zunehmend. Welche jungen Menschen wollen sich schon auf demselben Platz etablieren wie ihre Eltern, Lehrer


IT / Technik

oder gar Grosseltern. Während Facebook in der Nutzergruppe ab 40 zulegte (+40% seit 2010), gaben gemäss einer Studie des US-Forschungsinstituts Pew 42% der 18- bis 29-Jährigen und 34% der 30- bis 49-Jährigen an, im letzten Jahr weniger Zeit täglich auf Facebook verbracht zu haben als zuvor. Wechselnde, komplexe Einstellungen der Privatsphäre verfehlten ebenfalls ihre Wirkung nicht: wenn etwas zu kompliziert wird, kehren Jugendliche der Komplex lieber den Rücken.

Grund Nummer zwei: Alternativen Der zweite Grund ist wie eingangs angetönt trivialer: Die Alternativen haben zugenommen – und zwar massiv. Derzeit zählt man über 300 Social Media Plattformen. Darunter die Veteranen wie Twitter (Kurznachrichten) oder Foursquare (Check-In’s), die Newcomer Pinterest (Online Sammlungen) oder Tumblr (Mikro-Blogging) und allen voran: Instagram. Der Dienst entspricht dem neuen Selbstverständnis der heutigen Jugend: zeig mir was Du tust und ich sage Dir wer Du bist. Nicht viel schreiben, nur fotografieren, keine komplexen Sicherheits- und Privatsphäreneinstellungen (Privat oder Öffentlich) und sehr wenig Text. Dieser Trend hatte auch Facebook erkannt, als es 2012 Instagram für USD 1 Milliarde kaufte und nun auch WhatsApp einverleibte. Wer nun eine Abwanderung der Messengerdienste befürchtet wird (vorerst) enttäuscht: rund 91 Prozent aller Anwender kommunizieren auch weiterhin mit WhatsApp, wie eine repräsentative Umfrage des Internet-Vergleichsdienstes comparis.ch im März ergab. Daran konnten auch die Alternativen Threema und Telegram nichts ändern.

Die Hidden-Champions Aber welche Netzwerke sind nun in der zweiten und dritten Reihe? Immer mehr wird klar, dass der Sieg auf dem Mobiltelefon ausgemacht werden wird: social, local und natürlich: mobile. Eine Webseite im klassischen Sinn inklusive Navigation ist für die Ü30 und älteren unter uns immer noch eine Anlaufstellte mit Orientierungsfaktor. Die Generationen nach uns, sind aber bereits sehr angetan von WhatsApp

und Snapchat, Telegram und Threema. WhatsApp verwandelt das persönliche Adressbuch in einen Chatroom, in welchem Bilder und Videos einfach geteilt, Standorte übermittelt und Statusmeldungen verteilt werden können. Snapchat hat sich auf eine besondere Nische spezialisiert: so kann man mit der App Snapchat Bilder nur für eine bestimmte Zeit verfügbar machen, von 5 bis 60 Sekunden ist es dem Übermittelnden überlassen, wie lange die Nachricht zu sehen ist. Wird ein Bildschirmfoto gemacht, erhält der Absender eine Nachricht. Erst Mitte November 2013 hatte der Gründer von Snapchat ein Angebot von Facebook in der Höhe von USD 3 Milliarden ausgeschlagen. Nun hat Facebook bei WhatsApp zugeschlagen und besitzt nun über 450 Millionen Telefonnummern, Chat-Geschichten und kann sehen, worüber sich die User tagtäglich unterhalten – zumindest das die allgemeine Befürchtung.

Netzwerke der nächsten Generation Wohin geht die Reise in diesem hart umkämpften und oft unübersichtlichen Markt? Der Trend ist wie angetönt: Social – Local - Mobile. Menschen wollen zwar international informiert sein, interagieren wollen sie jedoch lokal und zwar mit Menschen, welche die gleichen Interessen teilen wie sie selbst: Dazu gibt es Riffer (für Gitaristen), Goodreads (für Bücherfans), RedKaraoke (Sie erraten es) sowie Nextdoor (für die Nachbarschaft). Alle Apps und Webseiten können einfach gefunden und getestet werden. Auch wenn derzeit die meisten Netzwerke grosse Nutzer in den USA sowie Deutschland besitzen. Wenn Netzwerke also vemehrt persönlicher, lokaler und vor allem mobil sein sollen, so sind zwei Netzwerke auf sehr gutem Weg Facebook & Co den Rang abzulaufen oder von eben jenen akquiriert zu werden. Diese zu erwähnenden zwei Newcomer sind bereits Champions in den USA und die Frage bleibt, wann diese nach Europa und in die Schweiz rollen werden: Path.com und Highlig.ht (man beachte die Aufteilung von Name und Domain). Das besondere daran: beides sind Apps, keine Websiten und erlauben dem Benutzer sein eigenes, kleines lokales Netzwerk auf- und auszubauen. Path.com ist eine App, welche

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dem Benutzer erlaubt, seinen ganzen Tagesablauf wiederzugeben – inklusive wann diese Person aufsteht oder zu Bett geht. Highlig.ht hingegen setzt ganz auf den „sechsten Sinn“. So zeigt die App an, wenn Highlighter in der Nähe sind, welche gemeinsamen Freunde und Interessen man hat (auch wenn man nicht mit ihnen befreundet ist) und wenn Freunde in die Nähe kommen, benachrichtigt die App mich selbständig. BigBrother mit Stalking-Funktion lässt grüssen. Aber auch hier gilt: jeder Nutzer entscheidet selbst über Teilnahme und Freigabe.

Chancen für Unternehmer und Unternehmen? Was bedeutet dies für Unternehmer und Unternehmen? Facebook und Twitter werden nach wie vor die dominierenden Netzwerke sein und bleiben, zumindest bis 2016. KMU tun sich gut daran, den Markt zu beobachten und zu analysieren, welche Zielgruppe in welchem Netzwerk wirklich Sinn macht. Für Marken und Konsumgüter heisst es jedoch, dass selbst klassische Online-Kampagnen je länger je weniger funktionieren, ganz einfach weil sich die User dem Zugang entziehen. Mit persönlichen, lokalisierten Netzwerken werden Anzeigen faktisch immer mehr ausgeschaltet. Über Botschafter, und gesponserte Geschichten im grossen Stil, geteilt über alle Netzwerke (so wie RedBull es mit Stratos bereits getan hat) werden die Karten ab 2014 nochmals neu gemischt werden.

Kontakt Roger Basler Betriebsökonom FH Unternehmens-Architekt Geschäftsführer

Unternehmens-Architekt Pflanzschulstrasse 33 CH-8400 Winterthur Tel.

+41 (0)44 586 07 97

basler@unternehmens-architekt.ch www.unternehmens-architekt.ch

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Seminare / Coaching

Mein Gott, noch ein Kongress Es gibt immer wieder Zeiträume im Jahr, da könnte man jeden Tag auf 3 Vorträge sind keine verschiedenen Kongressen, Vorträgen oder Tagungen sein. Was in diesem Selbstbeweihräucherung Zusammenhang immer wieder unangenehm auffällt, ist die Disziplinlosigkeit mancher Referenten in Bezug auf die Einhaltung der Redezeit. Jeder weiß, dass bei Manche Vorträge sind uns ein Graus. Wenn der Referent schon ankündigt, 20 Minuten Redezeit die Grenze für die Aufnahmefähigkeit eines Zuhörers liegt dass er Stoff für x Stunden hat und aber kaum einer hält sich daran. Aus dem Ruder laufende Veranstaltungen werden mal sehen will, wie weit er heute aber zu einem Bumerang, der negativ auf Veranstalter und Referenten zurückfällt. kommt, geht ein innerer Entsetzens-

Die Stars der Konferenzen So wichtig Kongresse sind, so enttäuscht ist man von manchen Veranstaltungen. Besonders bei den Hauptrednern sind immer wieder Starallüren festzustellen, die mit Disziplinlosigkeit einhergehen. Gerade bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Show und Wirtschaft (Wobei das oft gar nicht so weit auseinander liegt) nehmen sich gern das Recht heraus, ihren eigenen Kongress- und Zeitplan

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zu machen. Sie akzeptieren dabei das Durcheinander, dass sie im Kongressverlauf anrichten und übersehen die negativen Auswirkungen für sich selbst und den gesamten Kongress. Ein großes Problem sind hier auch Menschen mit wenig Redeerfahrung und Menschen, die sich stark für ein bestimmtes Thema begeistern. Wer wenig Redeerfahrung hat, weiß nicht viel von einer Redeplanung, wen die Begeisterung packt, der vergisst häufig die Zeit.

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schrei durchs Publikum. Der Referent übersieht, dass vor ihm – gerade bei Abendveranstaltungen – Menschen sitzen, die nach einem langen Tag noch ein interessantes und kein langatmiges Referat hören wollen. Er stellt seine Bedürfnisse in den Vordergrund, nicht die seiner Zuhörer. Aber wenn jemand seine Botschaft vermitteln will, braucht er Zuhörer. Zuhörer bekommt man, wenn man über Themen spricht, die die Zuhörer interessieren oder faszinieren. Häufig jedoch sind Vorträge zur Selbstbeweihräucherung des Referenten gedacht, gerade Zwangsveranstaltungen wie Vorlesungen sind oft ein schönes Beispiel dafür.


Seminare / Coaching

Tagungen sollen motivieren Tagungen bestechen durch die Fülle von Themen, die abgehandelt werden sollen. In der Regel handelt es sich hier um Firmenveranstaltungen, bei denen Mitarbeiter einmal im Jahr zusammenkommen, um sich auszutauschen. Da so etwas immer teuer ist, versucht die Geschäftsführung, möglichst viel zu erledigen, um eine größtmögliche Wissensvermittlung zu erreichen. Da ähnlich wie bei Kongressen die Zeitpläne immer schnell ins Hintertreffen gelangen, entsteht Hektik, die zu Druck und zur Aggression führt. Ein Austausch findet nicht mehr statt, die durchgepeitschten Tagungsthemen gehen zu Lasten der Ruhepausen der Teilnehmer und hinterher ist man froh, dass die Tagung vorbei ist. Das Geld hätte man

bestimmt auch sinnvoller einsetzen können, langfristige Motivation für das Unternehmen entsteht hier nicht.

Planung schafft die Wende Kongresse, Tagungen und Vorträge stehen und fallen mit der Planung und dem Moderator. Eine Planung, die Freiräume lässt, die die Aufnahmefähigkeit der Teilnehmer berücksichtigt und die bewusste Pausen und Erholungsphasen einbaut, ist die Basis für eine gute Veranstaltung. Zeit für Kontakte zu schaffen ist wichtig, denn fast jeder hat schon mal einen neuen Geschäftskontakt auf einer solchen Veranstaltung kennen gelernt. Die Fokussierung auf die wichtigsten Themen schafft einen Zeitplan, den man einhalten kann. Vor

oder nach der Tagung können Telefon- oder Viedeokonferenzen weitere Themen behandeln oder die Tagung vor- oder nachbereiten. Die Auswahl der Referenten muss überlegt sein, eine schwarze Liste für die „Redezeitüberzieher“ ist eine gute Idee. Manche notorischen Überzieher braucht man trotzdem, aber vielleicht kann man den ein oder anderen auch ersetzen. Der Moderator selbst ist Vorbild und Überwacher der Regeln. Er stellt vor, unterstützt und greift ein, wenn die Veranstaltung aus dem Ruder zu laufen droht. Er braucht organisatorische und unterhaltende Fähigkeiten, denn er lenkt Redner, Publikum und Veranstaltung und unterhält das Publikum in den Pausen und bei Stockungen. Generell führt eine gut geplante Veranstaltung zu motivierteren Teilnehmern und zu besseren Tagungsergebnissen. Man trifft auch ab und zu auf eine Veranstaltung, die perfekt organisiert ist, aber das ist eher die Ausnahme. Schade, dass sich noch zu wenige Menschen über diese Art der effektiven Kommunikation Gedanken machen.

Kontakt Helmut König Geschäftsführer

KÖNIGSKONZEPT Mittelstrasse 19 D-35516 Münzenberg Tel.

+49 (0)60 337 466 34

helmut-koenig@koenigskonzept.de www.koenigskonzept.de

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Seminare / Coaching

Aussendienstmitarbeiter coachen Unsere Führungskräfte im Außendienst sollen ihre Mitarbeiter coachen. Das fordern zahlreiche Unternehmen. Doch meist fällt den Führungskräften das Wahrnehmen dieser Aufgabe schwer – vor allem, weil sie nicht ausreichend hierauf vorbereitet sind.

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nternehmen, die ihre Produkte über Außendienstmitarbeiter vertreiben, kämpfen beim Sichern der Qualität in ihrem Vertrieb oft mit folgendem Problem: •• Ihre Verkäufer sind im ganzen Bundesgebiet, wenn nicht gar europaoder weltweit im Einsatz, und •• sie agieren im Arbeitsalltag weitgehend als Einzelkämpfer.

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Entsprechend schwierig können die Unternehmen ihr Verhalten steuern.

Außendienstschulung verschlingt viel Zeit und Geld

Trotzdem ist im Außendienst ein systematischer Kompetenzauf- und -ausbau nötig. Denn häufig sind die Außendienstmitarbeiter die einzigen Ansprechpartner der Kunden beispielsweise in einer Region. Entsprechend stark hängt der Vertriebserfolg der Unternehmen vom Verhalten ihrer Außendienstmitarbeiter ab.

Das wissen die meisten Unternehmen mit einer großen Außendienstmannschaft. Deshalb investieren sie viel Zeit und Geld in das Schulen ihrer Außendienstmitarbeiter. Dabei kämpfen sie jedoch oft mit dem Problem: Sie können ihre Verkäufer im Außendienst nicht allzu häufig zu Schulungen in ihren Zentralen einbestellen. Denn dies wäre wegen der langen Anreisen mit

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Seminare / Coaching

zu hohen Kosten verbunden. Zudem sind die Außendienstmitarbeiter an Schulungstagen nicht bei Kunden. Also verdienen sie bei einer provisionsabhängigen Bezahlung kein Geld. Deshalb opponieren sie oft gegen zu viele Schulungstage. Auch darum haben heute die meisten Unternehmen mit einem großen Außendienst eine elektronische Lernplattform für ihre Mitarbeiter. Doch das Weiterqualifizieren der Vertriebsmitarbeiter mit elektronischen Lernmedien stößt rasch an seine Grenzen – vor allem weil sich mit ihnen primär kognitive Lerninhalte vermitteln lassen. Die verkäuferische Kompetenz der Mitarbeiter hingegen lässt sich mit ihnen nur bedingt erhöhen.

Führungskräfte sollen ihre Mitarbeiter coachen

meist auch die relevanten Coachingmethoden kennen. Doch damit sind die Führungskräfte noch nicht für ihre Arbeit als Coachs qualifiziert. Denn wenn eine Führungskraft zugleich Coach ihrer Mitarbeiter sein soll, dann benötigt sie ein neues Selbstverständnis. Sie sollte es zum Beispiel als eine ihrer Kernaufgaben begreifen, Lern- und Entwicklungsprozesse bei den Mitarbeitern anzustoßen und zu begleiten. Und dies setzt wiederum ein verändertes Führungsverhalten voraus.

Führungskräfte müssen ihr Verhalten reflektieren Die Führungskräfte sich zum Beispiel häufiger mit ihren Mitarbeiter zusammensetzen und mit ihnen darüber sprechen,

•• vor welchen (neuen) Herausforderungen sie bei ihrer Arbeit stehen, •• wie diese gelöst werden können und •• welche Unterstützung sie hierfür benötigen. Sie sollten außerdem ihre Mitarbeiter häufiger zu Kunden begleiten, •• um anschließend das Verkäuferverhalten im Kundenkontakt gemeinsam zu reflektieren und •• daraus Coaching- oder Entwicklungsziele für die Verkäufer abzuleiten. Formal tun dies viele Führungskräfte bereits. Doch häufig haben sie ihre Rolle als Coach noch nicht verinnerlicht. Deshalb

Deshalb entschieden viele Unternehmen: Unsere Führungskräfte im Vertrieb – also zum Beispiel die Bezirksdirektoren und Gebietsleiter – sollen ihre Mitarbeiter coachen. Davon erhofften sie sich folgende Vorteile: 1. Die verkäuferische Kompetenz der Außendienstmitarbeiter wird mit System erhöht. 2. Bei ihnen stellt sich mit der Zeit die im Kundenkontakt nötige Verhaltenssicherheit ein. Und: 3. Weil das Coachen durch die unmittelbaren Vorgesetzten erfolgt, können bei der Kompetenzentwicklung zum Beispiel stärker die Besonderheiten einer Region oder Kundengruppe berücksichtigt werden. Die Praxis zeigt jedoch: Den meisten Führungskräften im Außendienst fällt das Coachen ihrer Mitarbeiter schwer – auch weil viele Unternehmen beim Vorbereiten ihrer Führungskräfte auf ihre Coachingfunktion ähnlich wie beim Vorbereiten ihrer Verkäufer auf ihre Verkäuferaufgaben verfahren. Das heißt: Sie schicken die Führungskräfte in ein zwei- oder dreitägiges Seminar. Danach werden sie auf die „Kunden“, sprich Mitarbeiter, losgelassen. In solchen Kompakt-Ausbildungen erfahren die Führungskräfte, warum ein Coachen der Mitarbeiter wichtig ist. Sie lernen

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Seminare / Coaching

verfallen sie beim Coachen schnell in ihr altes Führungsverhalten. Das heißt, sie geben ihren Mitarbeitern vor, was diese künftig tun sollen, statt Lernprozesse bei ihnen anzustoßen. Und statt ihre Mitarbeiter zu ermutigen, weisen sie diese lehrerhaft auf Fehler hin, was zu einem Gefühl der Bevormundung führt – auch weil die

Führungskräften also in wohldosierten Häppchen vermittelt. Und ihre Coachingkompetenz? Sie wird weitgehend anhand von Aufgaben, vor denen sie im Arbeitsalltag stehen, entwickelt. Dabei wird prozessbegleitend auch ihr Führungsverhalten reflektiert, so dass sich mit der Zeit ihr Selbstverständnis als

führt. Denn je professioneller ihre Mitarbeiter ihre Aufgaben wahrnehmen, umso seltener müssen sie korrigierend eingreifen. Außerdem steigt, wenn ihre Mitarbeiter professioneller im Markt agieren nicht nur deren Umsatz und Provision, sondern auch ihr Einkommen. Denn im Vertrieb orientiert sich die Ver-

Führungskräfte ihren Mitarbeitern nicht ausreichend vermitteln, was das Ziel des Coachens ist: nicht die Außendienstmitarbeiter noch stärker zu kontrollieren. Das Ziel lautet vielmehr: Die Außendienstmitarbeiter sollen beim Entwickeln ihrer Kompetenz unterstützt werden, so dass sie künftig noch erfolgreicher arbeiten und mehr Geld verdienen – ein Punkt, der im stark erfolgsabhängig bezahlten Außendienst ein starker Motivator ist.

Führungskraft wandelt und bei ihnen die erforderliche Verhaltenssicherheit beim Coachen entsteht.

gütung der Führungskräfte meist stark an der Performance der Mitarbeiter. Deshalb lohnt sich auch für sie die Investition von Zeit.

Die Coachingkompetenz mit System entwickeln Dass die Coachingkompetenz der Führungskräfte mit System entwickelt werden sollte, ist inzwischen zahlreichen Unternehmen bewusst. Deshalb bilden sie ihre Führungskräfte berufsbegleitend zu Vertriebs- oder Salescoachs aus. Das heißt, die sie werden über einen längeren Zeitraum – zum Beispiel zwölf oder 15 Monate – für ihre Coachingaufgabe qualifiziert und zwar in modular aufgebauten Ausbildungen. Das erforderliche Coaching-Knowhow wird den

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Auch die Führungskräfte profitieren vom Coaching Das Coachen und Unterstützen der Mitarbeiter bei ihrer Kompetenzentwicklung erfordert von den Führungskräften gerade in der Startphase eine hohe Investition an Zeit – Zeit, die ihnen, so ein häufiger Einwand von ihnen, im Arbeitsalltag oft fehlt. Deshalb sollte den Führungskräften in der CoachingAusbildung auch vermittelt werden, wie wichtig das Wahrnehmen dieser Funktion für den Erfolg des Unternehmens ist. Außerdem sollten sie darin trainiert werden, ihren Arbeitsalltag so zu strukturieren, dass sie ihre Coachingfunktion erfüllen können. Vermittelt werden sollte ihnen auch, dass das systematische Entwickeln der Kompetenz ihrer Mitarbeiter mittelfristig zu einer Arbeitsentlastung von ihnen

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Kontakt Iris Hartmann Salestrainerin und Salescoach-Ausbildnerin

ifsm Institut für Salesmanagement Klostergut Besselich D-56182 Urbar Tel. Fax

+49 (0)26 196 236 41 +49 (0)26 196 231 14

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Gesundheit

Unternehmensziel: Die Gesundheit und Leistungskraft der Mitarbeiter bewahren Wie gesund und leistungsfähig ein Mitarbeiter ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die ihre Wurzeln teils in der Person, teils in der Organisation haben. Entsprechend vielschichtig muss ein betriebliches Gesundheitsförderungskonzept sein, das die Gesundheit der Mitarbeiter nachhaltig fördern und bewahren möchte.

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er amerikanische Soziologe Aron Antonovsky (1923 – 1994) fragte sich aller einer der ersten Wissenschaftler: Warum bleiben in derselben Belastungssituation manche Menschen gesund während andere erkranken? Er fand die Antwort in der unterschiedlichen Persönlichkeitsstruktur der Menschen und entwickelte das sogenannte Salutogenetische Modell. Dieses stellte die Gesundheitsvorsorge auf ein neues Fundament. Denn statt der Frage „Was macht Menschen krank?“ stand nun die Frage „Was

Menschen sowie in deren Umfeld unterschiedlich stark ausgeprägt. Diese protektiven Faktoren bezeichnet er als Widerstandsressourcen.

Kernfrage: Warum bleiben Menschen gesund? fördert deren Gesundheit?“ zentral; des Weiteren die Frage: Was können Menschen tun, um ihre Gesundheit zu bewahren?“ Antonovsky ging davon aus: Ein Stressor wie zum Beispiel eine hohe Arbeitsbelastung macht Menschen nicht grundsätzlich krank. Entscheidend ist vielmehr der individuelle Umgang mit der jeweiligen Situation. Er ging zudem davon aus: Es gibt Faktoren, die helfen, das Risiko einer Erkrankung zu mindern. Und diese sind bei den einzelnen

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Antonovsky unterschied zwischen inneren und äußeren Widerstandsressourcen. Zu den inneren Ressourcen zählte er die physische Konstitution und die „Ich-Stärke“, also das Selbstvertrauen und -bewusstsein von Menschen; des Weiteren deren Introspektions beziehungsweise Selbstbeobachtungsfähigkeit sowie deren Fähigkeit zu entspannen. Ebenfalls zu den inneren Widerstandsressourcen zählte er das Wissen um das Thema Gesundheit sowie die Kenntnis von Strategien zum Meistern herausfordernder und belastender Situationen.

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Gesundheit

Zu den äußeren Widerstandsressourcen zählte Antonovsky die soziale Unterstützung, die eine Person durch ihr Umfeld erfährt; zudem ein stabiles und somit Vertrauen und Sicherheit vermittelndes Lebensumfeld. Auch die finanziellen Möglichkeiten wirken sich positiv oder negativ auf die Widerstandskraft aus. Und nicht unterschätzen sollte man die Bedeutung der Grundeinstellungen, die das Denken, Fühlen und Verhalten einer Person sowie von deren Umfeld prägen.

Die Widerstandskraft stärken Das Konzept der Salutogenese hat sich in der Beratungspraxis und Gesundheitsprävention bewährt. Deshalb liegt es heute fast allen modernen Konzepten zur betrieblichen Gesundheitsförderung zugrunde – auch wenn es in der betrieblichen Praxis oft nur bruchstückhaft realisiert wird. Und es gewinnt weiter an Bedeutung, je mehr die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter in den Betrieben steigt. Denn umso stärker setzt sich auch im Top-Management der Unternehmen die Erkenntnis durch, dass gesunde und somit auch motivierte und leistungsfähige Mitarbeiter ein zentraler Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen sind.

Dabei spielt in der betrieblichen Gesundheitsförderung der Begriff der Resilienz eine wachsende Rolle. Er stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und beschreibt die Fähigkeit eines Stoffs, nach einer Verformung durch Druck- oder Zugeinwirkung wieder seine alte Form anzunehmen. Im Bereich der Gesundheitsförderung versteht man unter Resilienz die Fähigkeit, auf Belastungen flexibel zu reagieren. Diese Fähigkeit gewinnt in einem Arbeits- und Lebensumfeld an Bedeutung, in dem die Menschen immer häufiger auf neue Herausforderungen angemessen reagieren müssen, obwohl sie hierfür noch keine Lösungs- und Handlungsstrategien haben.

Der Handlungsdruck steigt Diese Fähigkeit kann nicht nur entwickelt werden, sie sollte auch entwickelt werden. Das erkennen immer mehr Unternehmen, je häufiger ihre Mitarbeiter an ihre Belastungsgrenzen stoßen und zum Beispiel Burnout-bedingt oder bedingt durch eine andere psychische oder chronische Erkrankung ausfallen. Ihrem Top-Management wird zunehmend bewusst, wie stark sich „soft facts“ wie die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeiter

positiv oder negativ auf die „hard facts“, also zum Beispiel die betrieblichen Ergebnisse, auswirken. Also investieren die Unternehmen mehr Zeit und Geld in das Entwickeln und Umsetzen praxisnaher Trainings- und Beratungskonzepte, die darauf abzielen, •• die krankmachenden Faktoren im Arbeitsumfeld der Mitarbeiter zu reduzieren, •• die Resilienz, sprich Widerstandskraft der Mitarbeiter zu erhöhen und •• ihnen die Kompetenz zu vermitteln mit herausfordernden beziehungsweise belastenden Situationen „gesundheitsschonend“ umzugehen.

Führungskräfte spielen Schlüsselrolle In diesen modernen Gesundheitsförderungskonzepten spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle, da sie wichtige Multiplikatoren sind und einen Vorbildcharakter für ihre Mitarbeiter haben. Hinzu kommt: Aufgrund ihrer Funktionen in der Organisation prägen sie weitgehend die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Deshalb sollte ihnen das Bewusstsein vermittelt werden, dass zum Beispiel ein Burnout (der eigenen Person oder) von Mitarbeitern ein Indiz darauf ist, dass – beispielsweise aufgrund veränderter Rahmenbedingungen – die nötige Balance zwischen Anspannung und Entspannung sowie Beruf und Freizeit fehlt. Insofern ist eine steigende Zahl von Burnouts auch ein Anlass, die bisherige Art der Führung, der Zusammenarbeit sowie der Arbeitsorganisation zu überdenken. Dies ist auch nötig, weil die nachrückenden Mitarbeiter aus der sogenannten Generation Y (nach 1980 geborene Menschen) teils andere Ansprüche an ihren Arbeitsplatz als ältere Mitarbeiter haben. Sie erwarten, dass ihnen ihr Job ermöglicht, die Balance zwischen Beruf und Freizeit zu wahren. Zudem wollen sie ihre Arbeit als befriedigend und sinnvoll erfahren. Diesen Anforderungen müssen sich die Unternehmen auch aufgrund des demografischen Wandels stellen, wenn sie nicht zu den Verlierern im „war for talents“ zählen möchten.

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Gesundheit

„Gesunde Unternehmen“ haben gesunde Mitarbeiter

•• eine gesundheitsfördernde und sinnstiftende Arbeitsorganisation sowie

Das fällt vielen Unternehmen schwer, auch weil – gemäß dem salutogenetischen Modell – beim Fördern der Gesundheit und des Wohlbefindens von Menschen eine Vielzahl personaler und organisationaler Faktoren zusammenspielen. Entsprechend viele Dimensionen gilt es beim Entwickeln eines zukunftsfähigen Konzepts der betrieblichen Gesundheitsförderung beziehungsweise des betrieblichen Gesundheitsmanagements zu berücksichtigen. Zusammenfassend lassen sich sieben Ebenen beziehungsweise Dimensionen unterscheiden (siehe Grafik 1):

•• das Bereitstellen der hierfür erforderlichen Ressourcen an Geld, Zeit und Personal. 2. Gesunde Führung als (Unternehmens-)Ziel Wichtig ist eine Unternehmens- sowie Führungskultur, die auch das Thema Gesundheit im Fokus hat. Um eine solche Kultur zu entwickeln, gilt es Führungskräfte rekrutieren und zu fördern, die ein Gespür dafür haben, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf das Wohlbefinden und somit die Gesundheit ihrer Mitarbeiter hat.

4. Gesundes Arbeiten im Team Das Thema „Wie gelingt es uns, trotz hoher Anforderungen eine gesundheitsfördernde Arbeitsatmosphäre zu wahren?“ sollte auch regelmäßig auf der Agenda beispielsweise von Teambesprechungen stehen – unter anderem damit die Mitarbeiter erfahren, dass sie von ihrer Führungskraft auch als Menschen wahrgenommen werden. Zudem sollte im Team über Strategien nachgedacht werden, wie in Zeiten einer hohen Arbeitsbelastung trotzdem eine gewisse Work-Life-Balance gewahrt werden kann beziehungsweise wann und in welcher Form ein Ausgleich erfolgen kann. 5. Individuelle Kompetenz zur Life-Balance Burnout hat fast immer auch private Ursachen. Er wird jedoch zunächst im beruflichen Umfeld manifest, weshalb dieses häufig als alleiniger Verursacher erscheint. Also sollte den Mitarbeiter auch die Kompetenz vermittelt werden, selbst zu erkennen, wann sie an Belastungsgrenzen stoßen, um dann entweder die Belastung zu reduzieren und/oder einen Bedarf an Unterstützung zu signalisieren. 6. Angebote zur Gesundheitsförderung

Grafik 1: Modell des betrieblichen Gesundheitsmanagements (nach Angela Kissel/Birgit Huber-Metz) 1. Resilientes Unternehmen als Rahmen Das Unternehmen hat den institutionellen Rahmen zu schaffen, der neben einem Bewahren der Gesundheit deren aktive Förderung ermöglicht. Hierfür zählen unter anderem •• das Schaffen von (flexiblen) Arbeitszeitmodellen, die sich auch an den privaten Bedürfnissen der Mitarbeiterorientieren,

3. Gesundes Führen Damit eine „gesundheitsorientierte Führung“ im Betriebsalltag erfolgt, gilt es auch, die Führungskräfte zu schulen. Sie müssen unter anderem lernen, mit ihren Mitarbeitern eine von Vertrauen geprägte Beziehung aufzubauen – so dass im Gespräch mit ihnen auch die Gesundheit sowie das Wohlbefinden der Mitarbeiter belastende Faktoren thematisiert werden können. Sie sollten zudem wissen, welchen Einfluss ihr Vorgesetzten-Verhalten auf die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter hat.

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Den Mitarbeiter sind zudem Angebote zu unterbreiten, mit denen sie ihre Gesundheit fördern und bewahren sowie bei „Krisen“ wiederherstellen können. Diese Förderungs- und Unterstützungsmaßnahmen können sehr vielfältig sein – abhängig davon, ob bei ihnen der Hebel beim Individuum oder der Organisation angesetzt wird oder die Zielgruppe bereits erkrankte oder (noch) gesunde Mitarbeiter sind (siehe Grafik 2): Anhand der vier Dimensionen Individuum und Organisation sowie Pathogenese und Salutogenese können Unternehmen auch eine Standortanalyse durchführen und ermitteln, wo bei ihnen noch ein Handlungsbeziehungsweise Change-Bedarf besteht. 7. Gesundheit als Projekt Das Projekt „Entwickeln und Implementieren eines zukunftsfähigen Gesundheitsförderungskonzepts im Unternehmen“ braucht die Unternehmensleitung als Auf-

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Gesundheit

traggeber. Maßnahmen zur Förderung der Salutogenese greifen und wirken in einer Organisation in der Regel nur, wenn in der Unternehmensleitung ein Commitment über deren Notwendigkeit besteht und sie deshalb deren Einführung aktiv promotet und nachhaltig unterstützt.

Gesundheitsorientiertes Führen Eine Schlüsselrolle beim Einführen eines zukunftsweisenden und -fähigen Gesundheitsförderungskonzepts in Unternehmen spielen die Führungskräfte. Sie sollten aufgrund des steigenden Veränderungsdrucks unter dem die Unternehmen stehen und der vielen neuen Herausforderungen, die hieraus an die Mitarbeiter resultieren, ihr Selbstverständnis überdenken und ihre Rolle neu definieren. Sie müssen lernen, den Mensch Mitarbeiter mit seinen Wünschen und Bedürfnissen stärker in den Mittelpunkt ihres Denkens und Handels zu stellen, weil nur gesunde und zufriedene Mitarbeiter die gewünschte oder geforderte Leistung erbringen. Das erfordert auch Führungskräfte, die aufgrund ihrer Persönlichkeit in einem zunehmend von geringer Planbarkeit

geprägten Arbeitsfeld die erforderliche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen, um ihren Mitarbeiter den gewünschten Halt zu bieten. Das setzt auch eine gesunde Selbstführung seitens der Führungskraft voraus. Verfügen die Führungs-

kräfte eines Unternehmens über diese Kompetenz, dann ist in der Regel ein erster wichtiger Schritt in Richtung „Schaffung eines gesundheitsfördernden Arbeitsumfelds“ getan.

Kontakt Birgit Huber-Metz Geschäftsführerin

Angela Kissel Geschäftsführerin

Balance fürs Leben Klostergut Besselich D-56182 Urbar Tel.

Grafik 2: Dimensionen eines zukunftsweisenden Gesundheits-förderungskonzepts

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Gesundheit

Was ist Stress? Bis in die 30er-Jahre gab es das Wort Stress im heutigen Sinne noch nicht. Es stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde, wo es den Zustand eines unter Druck stehenden Materials bezeichnet. Der österreichisch-kanadische Mediziner Horst Selye übertrug 1936 den Begriff auf Menschen. Seither versteht man unter Stress psychische und körperliche Reaktionen auf äußere und innere Reize sowie Belastungen, die als unangenehm, bedrohlich oder überfordernd bewertet werden.

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tress und die damit verbundenen Reaktionen sind normalerweise nichts Negatives, sondern können kurzfristig durchaus sinnvoll sein. Aber dieser Zustand sollte nur dann vorhanden sein, wenn Stresssituationen dem Körper gut tun (z.B. Sport) oder in Gefahrensituationen (Flucht oder Angriff). Gefährlich

für die Gesundheit wird es, wenn die Entspannungsphasen gegenüber der Anspannung immer weniger werden oder sich ein dauerhaftes Missverhältnis einspielt. Wenn die mit dem Stress verbundene Hormonausschüttung, der Stresshormonpegel nicht mehr abgebaut werden kann. Bei Stress wird Adrenalin

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freigesetzt das Energie zur Bewältigung einer Aufgabe bereitstellt, die Herzfrequenz und der Blutdruck steigt. Wenn die damit verbundene Anstrengung nicht zu einem Ergebnis führt, ergebnislos weitergeführt wird oder dauerhaft auf hohem Niveau ohne Abbau bleibt, wird zusätzlich Cortisol freigesetzt. Cortisol aktiviert den

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Gesundheit

Stoffwechsel, dämpft bzw. beeinträchtigt das Immunsystem und die Produktion von Immunbotenstoffen die den Schutz vor viralen Infektionen gewährleisten. Auch Serotonin, dass sogenannte Glückshormon, wird in der Wirkung behindert. Zuviel Cortisol führt zur einer Wahrnehmungsverzerrung. Wenn Adrenalin und Cortisol in höherer Konzentration zum Dauerzustand wird, oder die Situation als

häufig oder sehr häufig gestresst. Die Studie stellt fest, dass der Anteil der Personen, die „häufig“ und „sehr häufig“ Stress empfinden, von 26.6% auf 34.4% zugenommen hat. Im Vergleich zum Jahr 2000 sind damit rund 30% mehr Erwerbstätige chronisch d.h. länger andauernd gestresst. Der Anteil der Personen, die „nie“ und „manchmal“ Stress empfinden, hat von 17.4% auf

mehr als 10 Stunden am Tag arbeiten (1-2 Mal pro Woche bis jeden Tag), unklare Arbeitsanweisungen und die Anforderung in der Arbeit, Gefühle zeigen zu müssen, die mit den eigenen nicht übereinstimmen. Bei Erwerbstätigen, die starkem Termindruck oder Arbeit in hohem Tempo ausgesetzt sind, ist der Anteil der Personen, die sich gestresst fühlen, beinahe doppelt so hoch (66%), wie bei Personen, die unter weniger Zeitdruck arbeiten (34%). Ebenfalls sind Personen, die angeben während der Arbeit unter sozialer Diskriminierung (wie beispielsweise Mobbing) zu leiden, doppelt so häufig gestresst wie andere Erwerbstätige.

Führungsverhalten als Schutzfaktor Die Studie kommt zum Schluss, dass das Führungsverhalten von Vorgesetzten die Gesundheit der Mitarbeitenden massgeblich beeinflusst.

in einem hohen Masse bedrohlich erlebt wird, dann werden noch körpereigene Morphine (Endorphine) freigesetzt. Der Betroffene kommt in einen neurobiologischen Ausnahmezustand.

12.2% abgenommen. Von den betroffenen Personen fühlen sich im Vergleich zur früheren Studie 11% weniger völlig imstande, ihren Stress zu bewältigen (Rückgang von 31% auf 20%).

Wer unter chronischem Stress steht, wird irgendwann krank. Zu unterscheiden gilt es zwischen der Stretch-Zone und der Stress-Zone. In der Stretch-Zone ist eine Herausforderung individuell zu bewältigen, die Lücke zwischen dem vorhandenen Wissen, Können und der Erfahrung zu dem was verlangt wird, kann geschlossen werden. Der Lerneffekt und die damit verbundene Persönlichkeitsentwicklung führt zu einem Wachstum an Kompetenzen. Ist die Lücke zwischen den individuell vorhanden Ressourcen und Kompetenzen, die zur Bewältigung einer Aufgabe zur Verfügung stehen und den neuen Anforderungen zu gross und kann nicht geschlossen werden, fällt der Betroffene in die Stress-Zone. Die damit verbundene Ueberfoderung führt auf die Dauer zu chronischem Stress, mit dem Risiko auszubrennen.

Abbildung 2 Stressempfinden im Jahr 2000 (N = 906) und 2010 (N = 1‘003), Erwerbstätige in Prozent

Gemäss einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Auftrag gegebenen Studie 2010 fühlen sich rund ein Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz

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Dies sind 30% mehr als noch vor 10 Jahren. Das Erleben von Stress hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen.

Wenn die Mitarbeitenden das Führungsverhalten ihres direkten Vorgesetzen positiv beurteilen (wie beispielsweise respektiert die Mitarbeitenden, löst Konflikte gut, kann gut planen und organisieren, usw.) konnte festgestellt werden, dass die Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen am höchsten und die Anzahl Personen, die sich gestresst oder emotional verbraucht fühlen, am niedrigsten ist. Diese Personen sind zudem in einem besseren allgemeinen Gesundheits-

Auswirkung

zustand als Personen, die ihre Vorgesetzten negativ erleben. Wenn alle Aspekte des Führungsverhaltens positiv beurteilt werden, fühlen sich nur 5% der Mitarbeitenden gestresst, im Vergleich zu 95%, wenn das Führungsverhalten negativ bewertet wird.

Für das Stressempfinden sind gemäss der Studie folgende Faktoren besonders bedeutend: Arbeit während der Freizeit,

Gute Führung ist nicht eine Frage der Methode oder der Technik, sie hat vielmehr mit der Persönlichkeit zu tun. In der

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Gesundheit

gelaufenen Organisation entwickelt sich wie eine verengende Spirale, die vom hektischen Aktionismus zu Chaos führt und letztendlich einen Tunnelblick zur Folge hat. Der Kopf ist nicht mehr frei, das Denken wird verengt. In der Stressstudie im Jahr 2000 wurden anhand von persönlichen Interviews die Absenzund Behandlungskosten in Zusammenhang mit Stress auf 4.2 Mia. Franken geschätzt. Heute dürften sie aufgrund der Zunahme bei ca. 6 Mia liegen. Nachhaltiger und auch profitabler in Bezug auf Produktivität und finanziellem Gewinn ist es deshalb, das Unternehmen langfristig auf einem tragfähigen Energieniveau zu halten. Nur wenn die Mitarbeitenden und die Organisation gesund sind, können Wertschöpfung und Profitabilität wachsen. Gesundheit ist ein strategischer Wirtschaftsfaktor. Das reine Effizienzdenken führt in den Blues, zuerst bei den Mitarbeitenden, dann bei den Teams und erfasst am Schluss das ganze Unternehmen. Ein Business-Coaching kann das Management bei einer Gefährdung zum Organizational Burn-out unterstützen um aus der kollektiven oder individuellen Beschleunigungsfalle herauszukommen.

Führungsverantwortung muss die Frage: «Wer bin ich?», «Was kann ich?», «Wie bin ich intrinsisch motiviert?» beantwortet werden können. Die eigenen Stärken und Schwächen müssen bekannt und die Blinden Flecken aufgearbeitet sein. Nur wer sich selber kennt, weiss wie er tickt und in der Lage ist kontext- und personenbezogen, d.h. situativ zu führen und dabei unterschiedliche Stile anzuwenden, ist auf die Dauer erfolgreich und sorgt für ein gutes Betriebsklima. Im Kompetenzportfolio ist von den fünf Kompetenzen (Fach-, Methoden-, Sozial-, Selbst- und System-Kompetenz) die Selbstkompetenz am stärksten zu gewichten. Die Entwicklung der Persönlichkeit, der «Leadership» ist ein Muss in der Führungsverantwortung. Man muss Menschen gerne haben und auch mit ihren Schwächen angemessen umgehen können.

Der strategische Umgang mit Stress ist Chefsache. Zentral ist die Strukturen, Funktionen und Aufgaben so zu gestalten und zu optimieren, dass Erschöpfung vermieden oder zumindest rechtzeitig erkannt wird. Wenn Mitarbeitende als das grösste Kapital bezeichnet wird, dann darf es nicht verbrannt werden. Sie müssen gemäss ihren individuellen Stärken eingesetzt werden und die dafür notwendigen Ressourcen und Kompetenzen zur Verfügung haben. Sinnhaftigkeit entsteht dann, wenn die Energie die in die Arbeit investiert wird durch das Gefühl zurückkommt das zu tun, was für einem selbst bedeutsam ist. Permanente und gnadenlose Beschleunigung führt zu Orientierungslosigkeit, einer unkontrollierten Flut von Aktivitäten und «Burn-out» für Alle. Eine heiss-

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Kontakt Heinz Léon Wyssling Dipl.Supervisor Organisationsberater BSO Reiss-Profil Master Neuroimaginationscoach® Coaching & Weiterbildung Wibichstrasse 76 CH-8037 Zürich Tel. Fax

+41 (0)44 363 84 81 +41 (0)44 363 85 21

hwyssling@bluewin.ch www.hwyssling.ch www.burn-out-praevention.net

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