politikorange WorldSkills

Page 1

Berufen Juli 2013

Unabh채ngiges Magazin Zu den WorldSkills in Leipzig vom 02. bis 07. Juli 2013 Herausgegeben von der Jugendpresse Deutschland


Foto, Titelfoto: Simon Ruf

\\ 2


Um die Wette

Edi tor i a l

Stein auf Stein, Pixel an Pixel bis zusammenhängende Bilder entstehen. Dabei Geräuschkulisse, Kamerablitzen, Zuschauermassen Dramatische Momente, Hektik, Zittern – alles ist dabei wenn die Besten der Besten um den Weltmeistertitel kämpfen. Eine Reportage von Michael Rosenthal.

Ein Pfeifen durchzieht die Wettkampfhalle auf der Leipziger Messe. Isabelle Belanger dreht sich verwirrt um. Kann das Zeitgefühl nach vielen Stunden harter Arbeit schon so zerstört sein? Auf den WorldSkills in Leipzig treten über 1 000 junge Fachkräfte in 46 Berufen an. Die Kanadierin ist bei der 42. Auflage der Berufe-WM als Grafikdesignerin dabei. Für die heutige Aufgabe gestaltet sie einen politischen Aufruf. Ein fragender Blick zu ihrer Betreuerin. Diese macht mit einer schnellen Handbewegung zur Uhr klar: noch 7 Minuten, 38 Sekunden. Es bleibt genug Zeit für den letzten Feinschliff. Zur gleichen Zeit setzt Mathias Nielsen einen Stein in sein Bundeswappen. Der dänische Maurer ist der erste Teilnehmer, der vor sich einen vollständigen Adler sehen kann, trotz dass noch einige Steine fehlen. Jeden Tag erhalten die Handwerker eine neue Aufgabe. Am Vortag stand das Leipziger Völkerschlachtdenkmal auf dem Programm. Bevor losgemauert wird, schneiden die Teilnehmer ihre Steine akkurat zu. Noch sind einige dabei. Auch die Zuschauer hätten inzwischen Ohrenschützer dringend nötig, dazu legt sich Staub auf die Zunge. Bei den Grafikern sind währenddessen die letzten Prüfungsminuten angebrochen. Schneller und schneller werden die Bewegungen. Punkt für Punkt geht Isabelle Belanger die Anforderungsliste durch. Alles erfüllt. Sie schneidet den Ausdruck ihrer Arbeit zu und fügt die Teile geschickt zusammen. Nur leise hört man ein Klatschen, doch der Ruf des Endes verbreitet sich schnell. Die Teilnehmer klatschen mit und entfernen sich langsam von ihren Tischen. Es ist eine kollektive Unruhezu spüren, ob wirklich alles erledigt ist. Isabelle Belanger fährt

Isabelle w belanger ist hochkonzentriert im Wettlauf gegen die Zeit.

sich durch die Haare und wischt sich mit dem Handrücken Schweiß von der Stirn. Ein ganzer Tag Anspannung hat nun ein Ende gefunden. Sie lässt sich in einen an der Wand stehenden Stuhl fallen. Jetzt entscheidet nur noch die Jury. Den Maurern wird noch eine Viertelstunde angezeigt. Statt Mörtel sieht Mathias Nielsen neben sich nur den Eimerboden. Ein letztes Mal gießen die Betreuer nach. Er gibt die graue Masse auf die Mauer und setzt einen weiteren Stein. Den Mörtel streicht er aus der Fuge, bis nur noch wenig hervorsteht. Nur einen halben Meter daneben prüfen die Juroren bereits das Ergebnis des Vortags. Ein Juror legt eine große Wasserwaage auf die Mauer und verzieht die Augenbrauen. Mathias Nielsen zittert, während er kurz in ihre Richtung sieht. Dann ertönt auch hier ein Klatschen, die Maurer stoppen

Liebe Leserinnen und Leser,

Foto: Simon Ruf

ihre Tätigkeit. Mathias Nielsen räumt ruhig sein Werkzeug zusammen und verlässt die Arena. Isabella Belanger sitzt noch auf ihrem Stuhl. Die Entspannung ist ihr deutlich anzumerken und im Gespräch mit ihrer Trainerin hat sie sogar wieder ein Lächeln auf den Lippen. Doch am nächsten Tag beginnt der Stress wieder von vorn – denn das ist der Wettkampf.

vier Tage suchte Leipzig Weltmeister, Gladiatoren unterschiedlicher Nationen – je einen für 46 Disziplinen. Über 1 000 Wettkämpfer, 53 Länder und Regionen, 200 000 Besucher und 1 000 Journalisten. 12 davon waren wir, das Redaktionsteam der politikorange, die euch 20 Seiten prall gefüllt mit Berufen, Helden und den Grenzen präsentieren. Von krankheitsbedingten Ausfällen kreativen Potentials gebeutelt, arbeitete das Team drei Tage unter Hochdruck. Leiden mussten dabei vor allem die Dropbox, die wegen Chaos geschlossen wurde und die Süßigkeitenkörbe, die den Kampf gegen uns jeden Tag auf‘s Neue verloren haben. Aber nicht nur wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, sondern auch die Veranstalter: Vor neun Monaten begann die Logistik mit den Vorbereitungen. Friseure bekamen von ihren Chefs ein Jahr frei um für die WM zu trainieren. Der Autohersteller BMW stoppte sogar das Band, damit Teilnehmer an nagelneuen Karosserien arbeiten konnten. Wir bieten Euch Erfahrungsberichte, die unter die Haut gehen, Hintergrundstorys und haben weltmeisterliche Familien ins Heft gepackt, gewürzt mit einer Prise Selbstverwirklichung und Gesellschaftskritik. Eure Chefredaktion, Lisa Brüßler und Michael Rosenthal

Inha lt

»Werkzeug« Alles muss raus: Was nach der WM passiert. Seite 06

»Exoten« Unbekannte Berufe ausgegraben: Was macht ein Karosseriespengler? Seite 07

»Spiegel« Wer schön sein will, muss zahlen? Seite 13

»Tradition« Michael Rosenthal 19, Leipzig

Aus dem gleichen Holz: Schreiner in der vierten Generation Seite 15

... ist Weltmeister in spontanen Assoziationen.

Matthias Nielsen werkelt an seinem Exponat.

Foto: Simon Ruf

3 //


Skilled People

Fotos: Jussra Zamani, Simon Ruf, Wiebke Vollmar

Sie haben die verschiedensten BErufe, kommen aus den unterschiedlichsten Nationen und stehen vor den vielseitigsten Aufgaben. Was sie alle eint, ist der Ehrgeiz im Beruf. Darum sind sie hier. Jussra Zamani und Wiebke Vollmar haben sie getroffen.

Johannes Fleischmann, 22 Jahre, Hipolstein, Deutschland

Justin Schipper, 21 years and Jack van den Broek, 20 years rst kommt die Gesellenprüfung, Monarch, Canada

Feryan Romadhon, 20 JAhre, Indonesien

E

S

dann der Landeswettbewerb und ustin and his partner Jack are redann der Bundeswettbewerb, schließlich presenting Canada in the skill kommt man zur Weltmeisterschaft“. Johannes Fleischermann spricht aus Erfah- Landscape Gardening. Both won a rung. Denn so kam auch er damals zu competition in Canada which qualified den WorldSkills 2011 nach London und them to take part in WorldSkills 2013. brachte als Fliesenleger die Silbermedail- Justin has been working in Landscape le nach Deutschland. „Es war wahnsinnig Gardening for almost three years and aufregend und großer Druck lastete auf Jack started at the age of 15. They find einem“, erinnert sich der 22-Jährige. Er it satisfying to work outside, especially arbeitet auch hauptberuflich als Fliesen- when others appreciate their work. „We leger. Ihn reizte vor allem die zeitliche do happiness“, Jack laughs. Their expeHerausforderung. In fünf Tagen musste riences at WorldSkills are shaped by a Fleischermann damals Fliesen mit Mo- lot of work and exertion, as is evident from the earth and sweat on their ovetiven wie dem Big Ben legen. Ein Praktikum festigte seinen Be- ralls. Nevertheless, Jack and Justin are rufswunsch. Viel Kreativität und die impressed by the picturesque German Möglichkeit genau zu arbeiten machen landscape and historical monuments. den Beruf zu etwas Besonderem. Man „Canada doesn‘t have that much history sieht, was man erschafft. Auf die Frage, like old buildings,“ Justin noticed. But was er bisher als größte Herausforde- on the other side, the humidity is ratrung in seinem Beruf ansieht, antwortet her exhausting. „It‘s too warm. Very huer nur: „Die Weltmeisterschaft!“ Auch mid,“ complains Jack. Justin says that diesmal ist er wieder dabei. Aber nicht he tried construction for a while but als Kandidat, sondern als Helfer. Ihn fin- is convinced that landscaping is better. det man in der „Mitmach-Ecke“, in der „But most importantly, the food is great, die Besucher sich selbst als Fliesenleger especially the long Hot Dog known as Bratwurst…“ ausprobieren dürfen.

\\ 4

J

ommer, Sonne, Strand und Meer – das ist es, was normalerweise das Leben von Feryan Romadhon bestimmt. Er ist von Indonesien 11.022,871 Kilometer nach Deutschland geflogen, um an den WorldSkills in Leipzig teilzunehmen. Seit Dienstag misst er sich mit anderen Teilnehmern in der Kategorie Elektronik. Dabei geht es vor allem darum, trotz Druck ruhige Nerven zu bewahren. Die vier Hauptdisziplinen sind Hardware Design, Programmieren von Geräten, Fehlerfindung und Montage. Feryan ist 20 Jahre alt und zum ersten Mal in Europa. Er bewundert die Disziplin und Sauberkeit, für die Deutschland in der Welt bekannt ist. „Das steht im Kontrast zu meiner heimatlichen Kultur.“ Doch er sieht das alles positiv. Ebenso wie er die Ruhe und das dunkle Brot zu schätzen weiß. Für die Elektronik, erzählt er, braucht man skills in der Mathematik, Computer-Wissen, Analytisches Denken und die Fähigkeit im Team und unter Anleitung zu arbeiten. Feryan erzählt, dass er noch sieben Tage nach dem Wettbewerb hier bleibt, dann fliegt er wieder zurück. Er freut sich schon auf das deutlich wärmere Wetter in Indonesien, auch wenn dort gerade Regenzeit ist.

Pia Ropo, 21 Jahre, Tampere, Finnland

W

enn man sieht mit welcher Leidenschaft und welchem Ehrgeiz die Teilnehmer ihre Disziplinen ausüben, denkt man eigentlich, diese Berufsrichtung war schon immer ihr Traum. Dass das jedoch nicht so sein muss beweist Pia Ropo: Die 21-Jährige Finnin entschied sich spontan für die Richtung Grafikdesign – kurz nach ihrem Schulabschluss. Ausschlaggebend waren für sie die Zukunftsperspektiven in diesem Beruf. Nun nimmt sie als eine der Besten der Welt an den WorldSkills teil. Vor zwei Jahren beendete sie ihre schulische Ausbildung und arbeitet nun in einer Werbeagentur als Grafikerin. Sie erzählt, dass sie zum großen Teil in ihrem Beruf an ihren Fähigkeiten feilen konnte, um sich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Bereichen Editorial Design und neue Medien, Verpackungsdesign, Unternehmens- und Informationsdesign und auf dem Werbe- und Anzeigendesign. Für die Zukunft wünscht sich Pia, dass sie in einem größeren Werbeunternehmen arbeiten kann. Und dabei bieten die World­ Skills natürlich viele Chancen potentielle Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen.


m ein un g

WerkStadt laibzSch

für 2012 träUmten die leiPziger von olymPiSchen SPielen in ihrer Stadt. doch der zUSchlag für olymPia ging aUSgerechnet an london – dem letzten aUStragUngSort der WorldSkillS. aUf 30 londoner kommt nUr ein leiPziger. damit Wirkt der dieSjährige aUStragUngSort Provinziell, iSt aber dennoch eine gelUngene Wahl. ein koMMentar von Michael rosenthal

A

m Flughafen, nur wenige Kilometer westlich der WorldSkills, werden Waren in alle Welt verfrachtet – so viele wie fast nirgendwo sonst. Auf der ganzen Welt findet man Produkte, die in Leipzig umgeladen wurden. In der Region produzieren die Sachsen nicht nur Autos und Halbleiter – daher auch die Bezeichnung „Silicon Saxony“. Die Teilnehmer können bei vielen Wettbewerben Hand an regionale Produkte anlegen. Schon seit Jahrhunderten ist Leipzig eine wichtige Handels- und Messestadt. Handwerker aus allen Himmelsrichtungen produzierten Waren, die hier angeboten wurden.

die WorldSkillS alS chance Spricht man mit den Besuchern, sticht Sächsisch als Sprache hervor. Die meisten, die an den Werkstätten die Teilnehmer bewundern, kommen aus Leipzig und Umgebung. Schulklassen nutzen die Veranstaltung, um sich über ihre eigene Zukunft zu informieren. Eine solche Vielfalt an Berufen an einem Ort werden sie nicht erneut erleben. Abgesehen von Leipzigern sieht man nur wenige Besucher. Weit reichte der Ruf der spannungsgeladenen Veranstaltung lei-

der nicht. Natürlich bringen die Teilnehmer ihre Unterstützer mit. Aus aller Welt begleiten sie ihre Freunde und feuern sie bei den körperlich und geistig anstrengenden Aufgaben an. Die Wettkämpfer und ihre Begleiter verströmen internationales Flair in der Stadt. Sie erleben den Wettkampf zu Gast bei Freunden. Für Leipzig und Sachsen bietet die internationale Großveranstaltung die Chance, sich als weltoffen zu präsentieren. Die internationalen Besucher können die Stadt mit spannenden Eindrücken im Gepäck verlassen – und mit Familie und Freunden nach Leipzig zurückkehren.

Ein Wiedersehen gibt es dann nächstes Mal 2015 in São Paulo, wieder Olympiastadt.

Michael Rosenthal 19, Leipzig ... ist Weltmeister der kürzesten Anreise: 15 min vom Bett zur Messe.

Bild: JiSiGn // fotolia.de

nachgeforScht

WaS macht eigentlich ein kUnStStoffformen-entWickler, ein karoSSerieSPengler Und WaS iSt modetechnologie? Wir konnten UnS nichtS darUnter vorStellen Und So haben sU odabasi, Franziska röpke Und lisa brÜssler aUf der meSSe nachgefragt.

K

unststoffformen-Entwicklung für wen, für was und warum? In diesem Berufsfeld arbeiten Werkzeugmechaniker. Das sind Menschen die Stanzwerkzeuge, Biegevorrichtungen, oder Gieß- und Spritzgussformen für die industrielle Serienproduktion herstellen. Sorgfalt, technisches Geschick und gute mathematische Kenntnisse sind die Grundvoraussetzung für die Arbeit. Dabei wird gebohrt, gefräst und gehämmert. Vorher stellt man Zeichnungen her und spritzgießt mit diesen die Kunststoffprodukte. Dazu muss man mit einem speziellen System umgehen, das die Formen anfertigt und anschließend poliert. Der Werkzeugmechaniker montiert dann diese Teile in eine Maschine, die die Spritzgießteile herstellt. Darüber hinaus warten und reparieren sie beschädigte Werkzeugteile. Ein konkreter Anwendungsbereich ist die Herstellung von medizin- und chirurgietechnischen Geräten.

D

er Karosseriespengler ist derjenige, der nach dem Auffahrunfall die Autos wieder gerade biegt. Genauer gesagt, die Karosserie des Wagens. Zu seinem Aufgabenbereich gehört auch die Reparatur nach einem Hagelschaden. Er bessert die Beulen im Dach aus und wechselt wenn nötig die Windschutzscheibe. Dabei arbeitet er eng mit dem Autolackierer zusammen. Eine Lehre zum Karosseriespengler dauert in der Regel vier Jahre. Sie gilt als eine der anspruchsvollsten Handwerkslehren. Also durchaus ein anerkannter Beruf, hinter diesem seltsamen Begriff. Das Wort „Spengler“ ist ein Synonym für Klempner. In Österreich und der Schweiz ist diese Bezeichnung offiziell anerkannt, in Deutschland ist sie nur im süddeutschen Dialekt zu finden. Das Vorurteil vom Klempner, der die Abwasserrohre montiert, entspricht nur in Teilen dem Berufsfeld. Klempner ist, wer mit Metall umgeht, Metall herstellt oder aus dem Material Dinge produziert.

M

odetechnologen beschäftigen sich mit vielen Bereichen der Kleidungsherstellung. Sie spüren Trends auf und zeigen Kreativität und Einfallsreichtum. Zu den Modetechnologen gehören beispielsweise Schneider, Designer und Manager. Die Modetechnologie befasst sich mit Prozessen vor und während der Produktion. Ein wichtiger Bestandteil ist die Textiltechnologie, bei der die Maßanfertigung von Bekleidungsstücken im Mittelpunkt steht. Aktuelle Mode- und Farbtrends sind ebenso zu beachten, wie das richtige Zuschneiden der Stoffe und das Nähen. Die technische Effizienz steht dabei genauso im Vordergrund, wie die Handhabung der unterschiedlichen Materialien und die Umsetzung an Nähmaschinen in Werkstätten oder Fabriken. Ein Modetechnologe ist also von der Planung bis zur Produktion von Kleidungsstücken involviert und trägt eine große Veranwortung.

5 //


Höchstes Niveau auf der Weltbühne

Die WorldSkills setzen sich dafür ein, Teilnehmern und Besuchern mehr über berufliche Ausbildung beizubringen. Dabei blicken sie auf eine lange Tradition zurück. Allerdings ist die Organisation kompliziert aufgebaut. Juan-Jacques Aupiais darüber, wie die WorldSkills funktionieren.

Foto: Simon Ruf

Wettbewerbsteilnehmer kommen aus der ganzen Welt nach Leipzig.

W

ie kann es heute eine Veranstal- anstaltung; die praktische Umsetzung, tung wie die WorldSkills geben? die sie ermöglicht, ist die andere Seite Die Geschichte der Organisation World­ der Medaille. Doch wie funktioniert das? Skills geht bis zu den Anfängen des Wie werden mehr als 1 000 Teilnehmer Kalten Krieges zurück: Nach Ende des ausgewählt und dennoch zusammengeZweiten Weltkriegs fehlten qualifizierte bracht, um ihre Länder und Disziplinen Facharbeiter auf dem europäischen Ar- geschlossen zu vertreten? Wie konzipiert beitsmarkt. Auch die Länder, die nicht man Wettkämpfe, die Schweißer und Frikriegsführend waren, befanden sich in seure in ihren Disziplinein in klarem und schlimmen Zuständen. Spanien musste direktem Wettbewerb zueinander stehen nicht nur mit weniger Handelsmöglich- lassen? keiten klarkommen, sondern auch nach dem gewaltsamen Bürgerkrieg gesun- Von unten nach oben den. Genau aus diesem Grund hatte ein gewisser Herr José Antonio Elola Olaso, „Es beginnt alles auf Provinzebene”, erGeneraldirektor der spanischen Jugendor- klärt Laura Decker, Projektmanagerin im Regionalbüro in Nova Scotia von Skills ganisation “OJE”, 1946 eine Idee: Eine Veranstaltung sollte es geben, Canada. Sie erklärt, wie die WorldSkills Organisationen aufgebaut sind: „In Nova die die spanische Jugend überzeugen kann. Nur mit einer fachlicher Ausbil- Scotia, zum Beispiel, haben wir einen Redung habe man eine gute Zukunft, so gionalwettbewerb, wo wir uns ein regiodie These. Zu Beginn haben nur Spani- nales Team aufbauen, indem wir Konkurer teilgenommen; 1953 kamen Deutsche, renten aus dem Gebiet zusammenbringen. Briten, Franzosen und andere Europäer So macht es auch jede Regionalgruppe im dazu. 1970 auch Japan und dann die Welt. Land; Skills Canada erwartet, dass jede Provinz teilnehmen wird.” Es gebe dann Heute, 2013 in Leipzig, stehen mehr als 1  000 Teilnehmer aus 67 ein nationales Skills Canada Büro, das die Mitgliedsländern/-regionen im Wettbe- regionalen Teams in einen Nationalwettbewerb setzt, erzählt sie. Auf dem wird werb – das sind die Olympischen Spiele der Berufe. Und obwohl wir nicht mehr das nationale Team ausgewählt. Somit im Kalten Krieg sind, brauchen wir heu- wird Beteiligung schon auf Regionalebete mehr als je zuvor qualifizierte Fach- ne geschaffen. „Man steht in Kontakt mit kräfte, die eine technisch fortgeschritte- den Berufsschulen, damit sie ihren Schülern mitteilen, was für Gelegenheiten wir ne Wirtschaft bedienen können. Das ist genau die Vision hinter der Ver- für sie anbieten. Auch mit Betrieben ko-

\\ 6

operieren wir. Einzige Voraussetzung ist, dass die Teilnehmer noch jung sind oder sich in einer Ausbildung befinden”, erklärt Frau Decker weiter. Die Gewinner aus dem Nationalwettbewerb werden von Experten aus ihrem Land darin geschult, ihre Fähigkeiten für die internationale Ebene zu schärfen. Weiterhin sollen diese Experten auch Vorschläge zu den Aufgabenstellungen abgeben, die in den Wettbewerben geleistet werden sollen. Genauer erklärt das Stefan Praschl, Vice President Technical Affairs im Vorstand von WorldSkills International: „In manchen Berufen ist es auch möglich, dass externe Agenturen die Aufgaben stellen. Manchmal werden die Aufgaben auch schon zwei Jahre vorher gewählt. In jedem Fall ist die Aufgabe aber für alle gleich.”

Länderübergreifender Vergleich Es ist jedoch weniger wichtig, wie schwierig die Aufgabenstellungen sind. Es ist nicht die Absicht der WorldSkills, junge Fachkräfte selbst auszubilden, sondern Fachkräfte, die aus nationalen beruflichen Ausbildungssystemen stammen, zusammenzubringen. Auf den Veranstaltungen können sie Fertigkeiten, über die sie schon verfügen, stolz vorzeigen. Das Ganze steht im Zeichen des länderübergreifenden Vergleichs. Damit

verwirklichen die Wettbewerbe das Ziel, mehr zu schaffen, als die Ausbildungssysteme leisten können. Man will die jungen Konkurrenten Erfahrungen sammeln lassen, ihnen Gelegenheiten geben, zu Netzwerken, und sich auszutauschen und um Ideen für ihre eigene Zukunft zu sammeln. Dabei helfen die großen World­ Skills, die jedes zweite Jahr stattfinden. Die WorldSkills Leipzig verzeichnen rund 200 000 Besucher; genau so viele wie 2011 in London. Die WorldSkills sind eine einzigartige Gelegenheit für die Teilnehmer Erfahrungen zu sammeln, sowie für Besucher, mehr über Berufe, Sponsoren, eventuelle Arbeitgeber sowie soziale Unterstützungsstrukturen zu erfahren. Denn was kann man mehr erreichen, als dass sich alle für die Zukunft der Jugend – besonders der handwerklich fähigen Jugend – interessieren und einsetzen?

Juan-Jacques Aupiais 20, Johannesburg ... nutzte seine Fähigkeiten im Gebrauch eines Online Deutsch-Englisch Wörterbuches, um den Anschein zu erwecken, alles zu verstehen.


Alle Wege führen nach Leipzig

Die ersten Autoteile wurden fast drei Wochen vor Beginn des Wettbewerbs nach Leipzig geliefert. Die Planungen dafür laufen seit neun Monaten auf Hochtouren. Damit die Geburt der WorldSkills klappen konnte, waren viele Helfer notwendig. Michael Rosenthal war dabei.

D

er Ingenieur Stephan Bös sorgt sind die WorldSkills auch für Unternehals Workshop-Supervisor dafür, men eine große Chance. Fachbesucher dass alles glatt läuft. Am Wettbewerb werden auf ihre Produkte aufmerksam der Drucktechnologie achtet er jeden und die Teilnehmer lernen die Qualität zu Morgen darauf, dass die Druckmaschi- schätzen. Zudem stellen sie sich auch als nen ordnungsgemäß funktionieren. Alle potenzielle Arbeitgeber vor. Jeder arbeitet Kandidaten sollen die gleiche Chance gerne mit einem Weltmeister zusammen bekommen, ihre Aufgaben zu lösen. Die und die Wettbewerbssponsoren erhalten Teilnehmer müssen betreut und bei Be- einen direkten Draht zu ihnen. darf Papier und Farben nachgefüllt werden. Dafür steht ein ganzes Team von Aufbaukoordination Helfern am Stand zur Verfügung. Stephan Bös freut sich, bei den WorldSkills dabei Manche Hersteller nehmen viel Aufwand zu sein: „Es ist wirklich eine tolle Chance, in Kauf, damit ihre Produkte auf der mit Talenten aus der ganzen Welt zusam- WorldSkills verwendet werden können. Für die Wettbewerbe stoppte ein Autohermenzuarbeiten.“ Die Maschinen hat der Hersteller steller gar das Band, um damit Teilnehdem Wettbewerb zur Verfügung gestellt. mer an nagelneuen Rohkarosserien arbeiSie sind fertig zusammengebaut direkt ten können. Damit die WorldSkills reibungslos vom Werk in die Veranstaltungshalle geliefert worden. Zwei Wochen vor dem ablaufen können, muss zuerst sämtliches Wettbewerb sind sie noch einmal aus- Material nach Leipzig geliefert werden. giebig getestet worden. Alexander Amiri Darum kümmert sich Therese Gussmann, Managerin Logistik der WorldSkills. von den WorldSkills sorgt dafür, dass die Sponsoren ausreichend Geräte in allen „Alle Hersteller zu koordinieren ist keine Disziplinen zur Verfügung stellen. Somit leichte Aufgabe. Zum Glück haben wir

mehrere Wochen zur Verfügung standen, ist die Zeit danach sehr knapp: „Innerhalb von vier Tagen muss die komplette Fläche wieder freigeräumt werden. Das ist ein richtiger Kraftakt, den wir als Team stemmen müssen.“ Da die meisten Geräte direkt aus der Fabrik stammen, können sie natürlich im Anschluss weiterverwendet werden. Passend zum Gedanken der WorldSkills können Berufsschulen die Geräte vergünstigt erwerben. Eine der Druckmaschinen ist sogar schon fest verplant, berichtet Stephan Bös. Die Schule baut derzeit noch einen passenden Raum und erhält dann die Maschine. Sie wurde bereits auf Herz und Nieren getestet – vielleicht auch vom Weltmeister. Einige Geräte gehen wieder zurück an den Hersteller, doch die meisten werden über eine Online-Plattform allen Interessierten angeboten. Ausbildungsstätten werden gesondert bevorzugt – ganz im Sinne des WorldSkillsGedanken.

starke Partner gewonnen, die uns helfen, die Aufgabe zu managen.“ Damit alles verzögerungsfrei in die Hallen kommt, stellte die Messe für den Aufbau Kräne in die Hallen. Nicht nur CNC-Fräsen, Autos, vollausgestattete Küchen und ein Hubschrauber müssen rechtzeitig auf die Leipziger Messe gebracht werden. Auch über zwei Millionen Einzelteile wurden seit Mai geliefert, darunter 20.000 Fliesen und ebenso viele Klinker, 10.000 Schnittblumen sowie 1000 Knöpfe. Sogar eine Tonne Schokolade verwenden die Teilnehmer innerhalb von vier Tagen. In einigen Disziplinen bringen die Teilnehmer ihr eigenes Werkzeug mit. Damit alles rechtzeitig zu den Wettkampfstätten kommt, muss jede Lieferung genau koordiniert und geplant werden.

Am Ende ist es nicht vorbei Am Ende der WorldSkills ist die Arbeit für Therese Gussmann längst nicht vorbei. Während vor der Veranstaltung noch

FruchtflEisch Straßenumfrage: Was kriegt Leipzig von der WM mit?

Fotos: Simon Ruf

„Küsse“

„Supporting“

„Meet & Greet“

Alexander Krankisko, 35 Jahre Criminal Consultant, Leipzig

Daniella & Svante Strandberg, 60 & 56 years pedagogue & Music therapist, Stockholm

Ellen Baumann, 27 Jahre Rechtsanwaltsfachangestellte, Leipzig

Als ZeitungsLeser ist man informiert und wenn man unterwegs ist, trifft man sich in der Innenstadt lacht, trinkt und bekommt vielleicht auch Küsse.

We are in Leipzig just for the World­ Skills because our son is one of the competitors. It has been very nice, Very nice people!

Eigentlich nichts. Obwohl da am Sonntag irgendein groSSes Meet & Greet auf dem Markt war.

7 //


SchnittStelle im Unternehmen

dUale StUdiengänge gelten alS Win-Win SitUation: Unternehmen möchten So qUalifizierten nachWUchS Sichern, Während die StUdenten den hohen PraxiSbezUg Und die finanzielle Sicherheit Schätzen. genaU daS Schätzt aUch britta dreier, die ein dUaleS StUdiUm der WirtSchaftSinformatik abSolviert, davor aber aUch Schon eine aUSbildUng gemacht hat. Sie SPricht mit lisa brÜssler über ihre erfahrUngen Und WarUm nicht einfach jeder ein dUaleS StUdiUm macht. BriTTa, du STudierST WirTSchafTSinformaTik in einem dualen STudiengang. Wie kam eS dazu? Ich habe vor dem dualen Studium eine Ausbildung zur Informatikkauffrau gemacht und wollte danach noch weiter. Deswegen habe ich mich bei Unternehmen erkundigt wie es mit dualen Studiengängen aussieht. Daraufhin habe ich mich in einem Hamburger Unternehmen für den Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik beworben und dort bin ich jetzt seit Oktober 2012 Studentin.

duale Studium losging. Auch das war eine spannende Erfahrung.

Welche erfahrung haST du JeTzT in den erSTen monaTen deineS dualeS STudium gemachT? Die Verbindung von Theorie und Praxis hat mich sehr schnell begeistert! Ich hatte erwartet, dass es nicht so praxisbezogen wird wie in meiner Ausbildung. Aber ich lerne das, was die anderen Studenten auch lernen – nur etwas länger und mit praktischen Anteilen. Im Gegensatz zu den WirtschaftsinformatikStudenten an allgemeinen Unis kann ich das, was ich im Theorieblock gelernt habe dann direkt in der Praxisphase ausprobieren und die Theorien, die ich nicht verstanden habe an einem Beispiel üben.

und Wie kommT man alS Junge frau zur WirTSchafTSinformaTik?

BriTTa dreier

Wie War deine auSBildungSzeiT für dich? Ich habe vorher ein Freies Soziales Jahr in der Lebenshilfe gemacht und mich in dieser Zeit für die Ausbildung zur Informatikkauffrau beworben. Die Ausbildung zu machen war eine gute Entscheidung, weil ich sehr viel gelernt habe und mich selbst weiterentwickeln konnte in dieser Zeit. Ich wollte danach einfach noch weiter, da war die Ausbildung ein gutes Grundgerüst, das ich jetzt mit dem Studium erweitere. Gerade in der IT gibt es viele Chancen sich weiterzubilden, da sehr viel Neues auf den Markt kommt. Nach der Ausbildung hab ich ein Jahr im debitorischen Rechnungswesen gearbeitet bevor das

\\ 8

Mich haben Computer schon immer interesFoto: privat siert und ich war einfach technikaffin. Dazu kommt, dass ich es total spannend finde im Unternehmen der Vermittler zwischen dem wirtschaftslastigen Teil und dem ITTeil zu sein. Klar, die Informatik ist ein sehr männerdominierter Bereich, aber solang die Kollegen nett sind, ist mir das egal.

Woher kommT eS denn daS in deinem STudiengang und auch in anderen dualen STudiengängen die mehrzahl der STudenTen männlich iST? Ich glaube die Dominanz der Männer hat nichts mit der Art des Studiums zu tun, sondern viel mehr damit, dass es duale

Studiengänge außer in den Wirtschaftswissenschaften momentan nur im technischen, ingenieurswissenschaftlichen Bereich gibt. Und das hat wieder etwas mit der Sozialisation und Emanzipation zu tun. Wir sehen ja, dass es langsam immer mehr KFZ-Mechanikerinnen, Informatikerinnen und Ingenieurinnen gibt.

du haST SelBST nach der auSBildung noch ein STudium draufgeSeTzT. daS machen immer mehr auSzuBildende, Weil Sie Sich dem arBeiTSmarkT anpaSSen Wollen... Ja, das stimmt. Am Anfang lockt es, sein eigenes Geld zu verdienen und selbstständig zu sein. Allerdings bleibt die betriebliche Weiterbildung oft aus und auch die Karriereleiter ist schnell erklommen. Dazu kommt, dass man mit einem Uniabschluss natürlich auch anders verdient, als „nur“ mit einer Ausbildung.

haBen auSBildungSBerufe nichT aBer auch dadurch Sehr STark an WerTSchäTzung verloren? und Brauchen Wir üBerhaupT So viel STudierTe, Wenn eS um praxiS gehT? die univerSiTäT haT Ja ein WiSSenSchafTlicheS inTereSSe. üBer andere WeiTerBildungSmaSSnahmen könnTe man Sicher auch viel erreichen, Wenn man Sich den fachkräfTemagel in deuTSchland anSchauT... Ja, Ausbildung hat auch mit Wertschätzung zu tun. Nehmen wir die Friseurin: Jeder muss alle ein bis zwei Monate zum Friseur, ist aber trotzdem nicht bereit, so viel zu zahlen, dass die Friseurin einen anständigen Lohn erhält. Hier ist es nun mal so, dass sich eine Mentalität breitgemacht hat, die möglichst wenig Geld für Dienstleistungen ausgeben will. Trotzdem ist „Friseurin“ immer noch einer der beliebtesten Ausbildungsberufe der Auszubildenden, deswegen hoffe ich, dass uns dieses Handwerk und der Ausbildungsberuf noch lange erhalten bleibt!

i nfor maTi onen duales Studium Als duales Studium bezeichnet man in deutschland ein (Fach­)hoch­ schulstudium mit fest integrierten praxisblöcken in einem Unternehmen. das Modell kommt ursprünglich aus Baden­Württemberg, ist aber mitt­ lerweile in allen Bundesländern stu­ dierbar. der Grundbestandteil eines dualen Studiums ist der Wechsel von Theorie und praxis im regelmäßigen Rhythmus. Somit kann das in der The­ orie Gelernte unmittelbar in der praxis ausprobiert werden. Bisher gibt es nur duale Studiengänge im Bereich Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Soziales. es gibt verschiedene Typen von dualen Studiengängen, die je nach Hochschule und Studiengang variieren. Am ende des dualen Studi­ ums stehen dann sowohl der staatlich anerkannte Ausbildungs­, als auch der Studienabschluss als Bachelor. Seit der einführung von dualen Studien­ gängen steigt die Beliebtheit bei Be­ trieben und Absolventen exponentiell.

Lisa Brüßler 21, Göttingen ... seit sie bei politikorange ist, ist sie Weltmeisterin in den Kategorien Stressresistenz und Kaffeekonsum.


Azubis auf den Spuren Europas

Eine Gruppe französischer ZimmermannAuszubildender mitten in Thüringen? Das Leonardo da VinciProgramm der Europäischen Union fördert Auszubildende beim Erwerb von europäischer Kompetenz. von Robin El Kady

A

usbildung – ein Begriff, der in den Köpfen der Gesellschaft an einen örtlichen Betrieb gebunden ist. Ist diese traditionelle Vorstellung noch modern? Ist eine Förderung des Auslandaufenthaltes lediglich Erasmus-Studenten vorbehalten? Bei den diesjährigen WorldSkills in Leipzig darf auch das Leonardo da VinciProgramm nicht fehlen. Seit 1995 ermöglichte das Programm Auslandsaufenthalte für über 860.000 Auszubildende. Alleine zwischen 2007 und 2011 hat die EU Fördergelder in der stolzen Höhe von 1,27 Milliarden Euro bereitgestellt. Um das Programm weiter an die Bedürfnisse der Teilnehmer anzupassen, versammelten sich Mitarbeiter der Aubildungsbetriebe und Vertreter der Europäischen Kommission in Leipzig, um sich mit vielen Absolventen des Programms auszutauschen. Die Heimkehrer hatten in

ihrem Gastland Impressionen in Form von Filmbeiträgen festgehalten, die besten drei wurden auf der Messe gekürt.

Unvergessliche Erfahrungen Der Film von Natalie Wilbrecht, auszubildende Industriekauffrau, wurde mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Natalie setzte ihre Erinnerungen mit einem Stop Motion Lego Film in Szene. Sie nutzte die Förderung des Programms und arbeitete einen Monat in der Budapester Niederlassung ihres Arbeitgebers. In Nostalgie schwelgend erzählt sie von den tollen Erinnerungen, welche ihr keiner mehr nehmen kann. Vor allem ist sie selbstständiger geworden und kann offener auf Leute zugehen. Die Begegnung mit dem Fremden hat ihren Horizont erweitert.

­ atalie lobt das Programm und freut sich N nun über ein neues Smartphone, den Preis für ihren Filmbeitrag. Herr Rieke, Vertreter des Programms, sieht die Lebensphase im Ausland vor allem als „Reifung der Persönlichkeit“. Er ruft die jungen Auszubildenden dazu auf, mutig das Programm zu nutzen. Wie Frank Sinatra schon sang: „If you can do it here, you can do it anywhere.“ Die Auszubildenden haben reichlich von ihren Erfahrungen im Ausland berichtet. Neben der Steigerung des Selbstbewusstseins und der Verantwortungsbereitschaft, hat sich vor allem die Fremdsprache gefes­ tigt. Durch die Arbeit in ausländischen Betrieben konnten die Azubis unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven mitnehmen. Ein Azubi erzählte eine Anekdote über seine Erfahrungen in England: Im Restaurant

fiel ihm das englische Wort für Lamm nicht ein und behalf sich so mit der Nachahmung eines Schafes: Mäh! Die Teilnehmer präsentierten abschließend Danksagungen an das Programm und baten um weitere Förderung. Aliceson Crap von der Europäische Kommission in Brüssel griff den Gedanken der verstärkten Förderung auf und verkündete stolz die Aufstockung des Budgets um 40% im nächsten Jahr. Außerdem wird das Programm von Leonardo da Vinci künftig in „Erasmus+“ umbenannt. Eine Neuerung wird dabei die verstärkte Zusammenarbeit mit Nicht-EU Staaten sein. Die zukünftigen Stipendiaten können sich auf internationale Auslandsaufenthalte freuen – und die europäischen Grenzen durchbrechen.

Schöne Haare – schlechte Aussichten

Su Odabasi hat einen Blick hinter die Kulissen der Glamourösen Schöpferszene geworfen.

I

m Bademantel stehen wir vor der Kabine an dem Beauty-Therapy-Stand und warten darauf, abgeholt zu werden. Zu fünft sitzen wir in einer Reihe. Beautyexperten kontrollieren, ob unsere Gesichter frei von Make-Up sind. Von einer jungen, hübschen Kosmetikerin werde ich zu einem Kosmetiktisch geführt. Sie heißt Ella, ist zwanzig Jahre alt und hat hellbraunes Haar mit einem rötlichen Stich. Sie ist Irin, lebt in Dublin und arbeitet in einem großen Salon. Zuvor hat sie in Dublin studiert – ein drittes Jahr wird sie voraussichtlich jetzt zum Thema „Spa Therapies“ dranhängen. Während Ella meine Nägel feilt, lackiert und in ein UV-Lichthärtungsgerät legt, schaue ich mich ein wenig um: sechs Wettbewerbsteilnehmerinnen sind um mich herum mit kosmetischen Behandlungen beschäftigt. Jurorinnen aus Thailand und Frankreich machen sich mit kritischen Mienen Notizen. Insgesamt verbringe ich tatsächlich drei Stunden mit Ella, und lasse mich schminken und beraten. Zuschauer sind erlaubt und erwünscht: Sie bewundern Ellas Kunstwerk auf meinem Gesicht und meinen Nägeln, machen Fotos und unterhalten sich über ihr Talent. Talent hat sie wirklich – schon beim ersten Anblick erahnt man ihre Professionalität: Sie hat ihre Haare toupiert und zurück

gesteckt, ihre Augenlider sind in hellen Lila- „Mein Erfolgsgeheimnis: Bindung zum Kun- Und von Vielfalt kann wirklich die Rede tönen schattiert und ihre Lippen hat sie mit den. Jeden Tag mindestens genauso gut sein sein, denn zum Friseurwerden gehören viele wie am Vortag und immer wieder aufstehen, Tätigkeiten: „Friseur zu sein, bedeutet nicht einem rosafarbenen Lippenstift betont. wenn man hingefallen ist.“ Die Friseurmeiste- einen, sondern ganz viele Berufe zusammen zu haben. Man ist Creative Director, Farbrin führt gemeinsam mit ihrer Schwester die Dem Trend entgegen vierte Generation eines Familienunternehmens. experte, Schnittschaffer und Ausführender Doch wäre Ella jemals nach Leipzig gereist, Sie selbst berichtet davon, dass der elterliche zugleich“, behauptet Pascal Frantz. Wähwenn sie nicht die Möglichkeit gehabt hätte, Druck viele Jugendlichen in ihrer Entschei- rend der Colorist also nur für das Färben an einem Wettbewerb ihrer Berufskategorie dung, Friseur zu werden, negativ beeinflusst. verantwortlich ist, beschäftigt sich der Stylist teilzunehmen? So absolvierte die Friseurin einst Praktika im eher mit dem Haarschnitt. Beim Wettbewerb Wohl kaum. Denn die meisten Kosmeti- medizinischen Bereich, weil ihre Eltern sich schulen Trainer die jungen Friseure vor Ort kerinnen sind im Verhältnis zu ihren erbrach- wünschten, dass sie etwas „Vernünftiges“ aus- und lehren Grundlagen. Da ist der große Erten Leistungen unterbezahlt und können sich folg doch vorprogrammiert, oder? übe. Doch dem widersetzte sie sich, indem sie eine solche Reise nicht leisten. Momentan leider nicht. Die Demograbeschloss, den Familiensalon zu übernehmen. Genau dieses Problem spricht Pascal „Die Kunden haben ein großes Bedürf- fie in Leipzig sei jedenfalls deutlich spürbar. Frantz, Manager bei L‘Oréal an: „Immer we- nis nach Schönheit und Optimierung“, sagt „Es kommen immer weniger Bewerbungen niger junge Menschen bewerben sich heute sie, „dafür müssen wir qualitativ gute Arbeit rein“, findet Reimann-Richter. „Früher noch um einen Ausbildungsplatz als Friseur abliefern, Menschenkenntnis mitbringen und konnten wir nach einem Auswahlverfahren und auch die Qualität der Bewerbungen flexibel sein.“ arbeiten, in dem wir nur Leute genommen nimmt stetig ab.“ haben, die einen guten Realschulabschluss Trotzdem ist der Beruf des Friseurs be- Friseure gesucht vorweisen können. Das ist heute leider nicht sonders bei Mädchen immer noch der beliebmehr möglich.“ teste Ausbildungsberuf. 27.000 begannen im Als eine der 400 Botschafter der Beauty-KamUnd das, obwohl Deutschland in Euletzten Jahr eine Ausbildung. Um zu fördern, pagne hat Reimann-Richter eine ganz klare ropa der größte Markt für Friseurdienstleidass mehr Menschen sich für das Berufsbild Meinung zum Berufsbild: „Der Beruf des Fri- stungen ist. 260 000 ausgebildete Friseure, interessieren, startete der Kosmetikhersteller seurs wird gesellschaftlich zu wenig geschätzt. 30 000 Azubis und 82 000 Salons bundesweit vor einem Jahr die Kampagne „My Beauty Ca- Die meisten Menschen besuchen regelmäßig – doch blickt man hinter die Kulissen, erkennt reer“. Begleitet werden die jungen Friseure von den Friseur, sind aber nicht bereit, einen Lohn man, wie sich der Trend des Friseurwerdens Botschaftern, die jahrelange Berufserfahrung zu zahlen, von dem der Friseur gut leben immer mehr auflöst. Der erste Schritt dem kann.“ mitbringen. entgegenzuwirken ist getan. Lohntechnisch Ziel sei es, mit der Kampagne den Beruf Eine davon ist Sylvia Reimann-Richter, Chefin ist jedoch keine Besserung zu spüren. eines Friseursalons in Leipzig, die vom Erfolgs- des Friseurs schmackhaft zu machen und die konzept des Traditionsunternehmens erzählt: dahinter steckende Vielfalt zu zeigen.

9 //


\\ 10


WorldSkillS verBindeT! 11 //


Bastelanleitung zur Individualität

Warum „kreative“ Berufe trotz schlechter Bezahlung überlaufen sind erforscht Franziska Röpke.

S

ofie Kellner sitzt vor ihrer Nähmaschine und schaut konzentriert auf das Stück Stoff unter ihren Händen. Eine Jacke in der Optik des Military chic soll daraus entstehen. Klapp-Taschen sollen dran sein, Accessoires soll sie haben und die Nähte natürlich sauber eingenäht. Mit Sophie kämpfen 21 andere Teilnehmer um den Weltmeistertitel in der Kategorie Fashion Technology. Die deutsche Teilnehmerin steht kurz vor Abschluss ihrer Ausbildung zur Modenäherin. Ihr Ziel ist es, im Handwerk zu arbeiten, wenn sie genug Erfahrungen gesammelt hat. „Im Handwerk“, das heißt für Sofie, nach Kundenvorstellungen eigene Modestücke zu entwerfen und umzusetzen. Die 21-Jährige erzählt: „Die Skizze am Anfang und am Ende das fertige Stück in den Händen zu halten, das macht mir am meisten Spaß.“

Lohnhöhe verliert an Bedeutung Über schlechte Berufsaussichten in ihrer Branche macht sie sich kaum Sorgen. Auch bei besserer Bezahlung würde sie ihren praktischen Beruf nicht gegen eine Büroaufgabe tauschen. „Ich arbeite viel zu gerne mit dem Stoff“, erklärt sie. Wie auch Sofie empfinden viele Einsteiger die finanziellen Aspekte bei der Berufswahl als eher nebensächlich. „Wir

können es uns leisten weniger zu verdienen“, sagt Sofie. „Ich gehöre auch zu den verzogenen Kindern“. Dabei lacht sie. In einer Generation, die in finanzieller Sicherheit groß geworden ist, haben materielle Statussymbole, wie der Besitz eines Autos, eine immer geringere Bedeutung. Stattdessen werden Themen wie Carsharing und Tauschbörsen diskutiert. Natürlich möchte man von seinem Beruf gut leben können. Aber das Motto lautet immer seltener „Hauptsache viel Geld verdienen“. Viel mehr zählen die Tätigkeiten an sich und die Zufriedenheit mit diesen.

Individualität durch Beruf Ein weiterer Trend in der Gesellschaft spiegelt sich ebenfalls in der veränderten Rolle des Berufs wieder: Die Suche nach Individualität. Ein Extrembeispiel für diese Entwicklung sind die meist belächelten Hipster, die sich in ihrer gemeinsamen Suche nach Individualität dann doch verdächtig ähneln. Der Traumberuf ist zum Ideal geworden. „Mach‘ was dir Spaß macht; worin du dich wohl fühlst“, wird oft geraten. Ein Beruf ist nicht länger nur Zweck, um Geld zu verdienen, sondern definiert einen Teil der Persönlichkeit und Selbstverwirklichung. Kreativberufe können sich vor Bewerbungen kaum noch retten. Berufseinsteiger arbeiten oft Tag und Nacht an der

Naht um Naht: Handarbeit ist nicht nur was für Frauen

Verwirklichung ihres Traumberufs. Hangeln sich manchmal jahrelang von Praktikum zu Praktikum – oftmals unbezahlt. Häufig sind dies Berufe mit niedrigen Löhnen und langen Arbeitszeiten. Was sie attraktiv macht, ist die Möglichkeit eigene Ideen zu verwirklichen. Junge Menschen streben nach Individualität. Der Mensch definiert sich heute durch all die Kleinigkeiten des Alltags, wie auch Tillmann Prüfer, Stilkolumnist, beschreibt: „Mit der Rolle der Mode ändert sich auch die Rolle von Kreativität in unserer Gesellschaft. Wir haben plötzlich viele bunte Bausteine in der Hand, mit der wir unsere Individualität

Foto: Franziska Röpke

zusammen basteln.“ Der Beruf wird zum Baustein des selbstgebauten Lebenshäuschens. Der Verwirklichung der eigenen Vorstellungen.

Franziska Röpke 17, Waldshut ... ist das einzige Redaktionsmitglied ohne MacBook und Weltmeister des passiven Widerstands.

Karriereweltkarte

Nicht jedes Teilnehmerland nimmt an jedem Wettbewerb teil, denn qualifizierte und fähige Konkurrenten zu finden ist keine leichte Aufgabe. Denn es gibt andere regionale Faktoren, die bestimmte Berufsmöglichkeiten ermöglichen und auch ausschlieSSen. Ein Bericht von Juan-Jacques Aupiais.

A

lle Teilnehmerländer haben die Möglichkeit, einen neuen Beruf zum Wettbewerb vorzuschlagen”, sagt Stefan Praschl, Vice President Technical Affairs im Vorstand von WorldSkills International. „Nachdem ein Land einen neuen Beruf vorgeschlagen hat, müssen die anderen Länder entscheiden, ob das für sie auch interessant ist. Beim nächsten Wettbewerb müssen mindestens sechs Teilnehmer antreten.” Neu in diesem Jahr ist der Prototypenbau: Deutschland, Indonesien, Japan, Singapur, Thailand und Taipeh nehmen daran teil. Warum aber nur sie?

Wer kann’s? Selbstverständlich könnte man antworten, dass nur diese Länder wettbewerbsfähig sind. Die interessante Frage ist aber,

\\ 12

welche Bedingungen dazu führen, dass sem Beruf finden, die sie zur Weltveranein Land qualifizierte Teilnehmer zum staltung schicken könnten. Damit dient internationalem Ausscheid schicken WorldSkills als Karriereweltkarte. kann! Der erste wichtige Faktor ist die Kulturspezifische Fachkenntnis. Es muss geübte Lehrmei- Möglichkeiten ster geben, die den jungen Leuten die relevante Fertigkeiten beibringen können, „Wenn Kanada einen Wettbewerber in und auch Bildungseinrichtungen, wo der Kategorie Restaurantservice hat, diese Fachkundigen erreichbar sind. Das weißt du, er kommt aus Quebec, Onist aber nur möglich, wenn noch ande- tario, oder Alberta. In Nova Scotia, re Bedingungen erfüllt werden. Ausbil- zum Beispiel, haben wir keine Einrichtungen, die Unterricht darin bieten dungen müssen finanziert werden und es muss überhaupt Jobangebote geben. würden. Aber in Quebec – französisch Außerdem muss Nachfrage nach den Fer- geprägt mit einer großer Restaurantkultigkeiten bestehen. Denn wenn ein Beruf tur – ist es sehr verbreitet”, erklärte für Individuen nicht ausübbar ist, dann Laura Decker, Projektmanagerin von werden regionale WorldSkills-Organisa- SkillsCanada. Dabei merkt sie noch tionen auch keine Wettbewerber in die- etwas Interessantes an: Es gibt auch

kulturelle Bedingungen, die mit Berufsmöglichkeiten zu tun haben. Die Lebensstile verschiedener Kulturen stehen natürlich in Wechselwirkung mit ökonomischen Bedingungen und beeinflussen, wofür sich junge Leute interessieren. Die Faktoren, die bestimmen woher die Konkurrenten kommen und worin sie wettbewerbsfähig sind, gründen sich also auf einem komplizierten Netz sozialer, kultureller und ökonomischer Aspekte von denen wir auf der Veranstaltung nur einen sehr kleinen Teil erfahren haben.


Indiana Jones wäre überfordert

Jeder kann sich auf die Suche begeben. Die Entdeckungsreise nimmt kein Ende. In einen Dschungel voller Impressionen von Den WorldSkills in Leipzig begab sich Robin El Kady.

E

in alter Mann liegt regungslos auf dem Boden. Eine Krankenschwester deckt ihn behutsam mit einer Rettungsdecke ab. Die Beobachter der Szene auf dem Messegelände in Leipzig sind schockiert. Ist er verletzt? Muss der Mann ins Krankenhaus? Moment, atmet der Mann noch? Warum flüstern die Krankenschwester gut hörbar? Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass es sich um ein Szenario handelt. Die brasilianische Krankenschwester hat die Aufgabe, einen Patienten zu versorgen. Dabei wird sie von kritisch blickenden Experten beobachtet, die ihr Handeln bewerten und evaluieren. Sowohl der Patient, als auch die Krankenschwester sind mit kleinen Ansteckmikros ausgestattet, damit Jury und Zuschauer alles verstehen. Eine Simultanübersetzerin sorgt für die Kommunikation zwischen der Krankenschwester aus Brasilien und dem englischen Patient. Nach Beendigung der Aufgabe: Applaus. Die Zuschauer jubeln.

Olympiastimmung in Leipzig Weite Bühnen, Flaggen verschiedener Nationen wohin das Auge reicht, fotografierende Zuschauer, Imbisse. Mittendrin: ein Stadion. Es gleicht einer gewaltigen Arena: weitläufig, aufsteigende Publikumstribünen, monumental. Das Publikum blickt auf ihr Zentrum, eine Bühne. Dort werden am Ende der WorldSkills die Sieger gekürt. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Disziplinen und das Zusammentreffen kultureller Einflüsse ist die Leipziger Messe ein Ort zum Staunen. Sie gleicht einem großen Pool etlicher Impressionen, in den man an beliebigen Stellen eintauchen kann, um bestimmte Szenen näher zu beobachten.

Wie wäscht man sich die Hände? Am anderen Ende der Halle tritt ein Junge heftig in die Pedalen eines Fahrrads, um einen technisch mit den Speichen verbundenen elektrischen Quirl in Betrieb zu set-

zen. Zwei Stände weiter: Eine Frau lässt sich mit einem großen arabischen Falken auf dem Arm fotografieren, während zwei Einheimische aus Abu Dhabi mit traditionellen Trachten neben ihr stehen. Der Besucher muss auf einzelne Ereignisse zoomen – die gewaltige Größe der Messe verhindert die Aufnahme aller Eindrücke. Jeder kann sich auf die Suche nach dem machen, was ihn interessiert, verschiedene Spektakel beobachten. Die breite Masse an Wettkämpfern ist meist in einheitliche quadratische Boxen eingeteilt, die an Pferdeboxen erinnern, in welchen sie an ihren Aufgaben arbeiten. Stetig hektische Blicke auf die Uhr. Ein festes Zeitlimit sorgt für Druck und Stress. Sie sind nebeneinander positioniert, die Individualität wird lediglich durch die unterschiedlichen Flaggen untermalt. Entspannte Zuschauer schlendern gemächlich an ihnen vorbei, fotografieren den hart Arbeitenden und beißen genüsslich in ihre saftigen Hot Dogs.

Die Sieger werden am Ende schon durch die ästhetische Wirkung der großen Arena geehrt. Sie stechen hervor und entziehen sich so der Masse durch die Zentrierung auf die Bühne. Von der Pferdebox in den Mittelpunkt. Die Sieger werden am Ende schon durch die ästhetische Wirkung der großen Arena geehrt. Sie stechen hervor und entziehen sich so der Masse durch die Zentrierung auf die Bühne. Von der Pferdebox in den Mittelpunkt.

Robin El Kady 20, Berlin … ist Weltmeister in der Wingman-Kategorie.

FruchtflEisch As a child, what did you want to be when you grow up?

Fotos: Simon Ruf

„Doctor“

„Soccer PLayer“

„Pilot“

Pia Kroskinen, 21 years Finland, Landscape Gardening

Rahul Gomes Pereira, 21 Years India, Cooking

Renata Santos, 17 years Brazil, Jewellery

I wanted to become a Doctor of Medicine to heal people.

I don‘t remember very clearly, but chef for sure wasn‘t one of them. I think it was soccer Player.

When I was a child, I wanted to be­ come an aircraft pilot. Then I beca­ me a Mechanic, but for the competi­ tion I learned about Jewellery.

13 //


z ur perSon Richard Schauer ist 47 Jahre und arbeitet als Bauschreiner. Zum ersten Mal nahm er 1988 bei den WorldSkills in Australien teil und erzielte den 6. platz. Sein Sohn gewann 2011 in london die Goldmedaille. Seit 18 Jahren ist er als experte f端r das deutsche Team bei den WorldSkills dabei und bewertet die Werkst端cke der Teilnehmer.

Foto: Simon Ruf

\\ 14


»Es ist besser, wenn Vater und Sohn nicht in einem Team sind.« Vom Teilnehmer zum Experten Herr Schauer, wie lange arbeiten Sie schon in ihrem Beruf? Ich arbeite eigentlich schon immer als Bauschreiner – quasi seitdem ich denken kann, hätte ich fast gesagt. Ich bin selbstständig und habe eine eigene Firma in Rohrdorf bei Rosenheim und arbeite als Experte alle zwei Jahre auf den WorldSkills. Das ist eher ein Hobby für mich geworden.

Hier sind verschiedene Schreinerberufe vertreten. Können Sie uns kurz den Unterschied erklären? Da gibt es den Bauschreiner und den Möbelbauer. Der Bauschreiner arbeitet mit Massivholz und stellt Fenster, Türen, Treppen und ähnliches her. Der Möbelschreiner hingegen macht den klassischen Möbelbau und furniert die Möbel.

Jedes Jahr werden die Aufgaben an die Teilnehmer verteilt. Wie wird das organisiert und wer bestimmt was die Teilnehmer zu tun haben? Im Vorfeld ist es so, dass jeder Experte einen Vorschlag machen kann. Sechs Wochen vor dem Wettbewerb wird ein Vorschlag ausgewählt und wir wissen was ungefähr dran kommen wird und vor allem was gebraucht wird. So können die Materialien vorbereitet werden, sodass wir hier das fertige Material haben. Die Experten verändern das Material so, dass die Teilnehmer nicht wissen, was es für ein Werk werden soll. Das wäre sonst auch viel zu einfach und jeder könnte sich darauf vorbereiten. Der Wettbewerbscharakter würde dabei verloren gehen.

Haben Sie ihren Sohn besonders trainiert und gefördert oder vielleicht auch selbst für den Wettbewerb 2011 vorbereitet? Mein Sohn hat bei meinem Kollegen die Vorbereitung vorgenommen. Ich denke es ist besser, wenn Vater und Sohn nicht in einem Team arbeiten. Man kann den nötigen Respekt und den Druck in so einer kurzen Zeit nicht aufbauen für solch eine Weltmeisterschaft – und gerade der ist ziemlich wichtig. Man hört oft, dass im Sport die Kinder von einem Elternteil trainiert werden, aber das hätte bei uns nicht funktioniert. Das war die beste Entscheidung und das schlägt sich dann auch im Ergebnis nieder.

Ihr Sohn war Teilnehmer bei den WorldSkills 2011 in London und Sie waren natürlich mit dabei. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Er hat damals als einziger Deutscher unter 26 Teilnehmern die Goldmedaille gewonnen. Natürlich war ich da sehr stolz. Man sieht plötzlich die Sterne leuchten. Er hat einfach alles abgeräumt, was da war. Auch das Erlebnis von der Siegerehrung war einmalig. Wenn die jungen Leute zur Siegerehrung gehen, wissen sie überhaupt nicht welchen Platz sie belegen werden. Wir saßen in der Halle und haben darauf gewartet bis alle Teilnehmer aufgerufen wurden und er war übrig – dann war es Gold! Es verschlägt einem immer noch die Sprache. Mehr braucht man dazu nicht sagen.

land zu gehen. Im Moment ist er auf der Meisterschule und sucht noch einen festen Stand im Leben. Dann kann er entscheiden wie es für ihn weitergeht.

Welche Aufgaben mussten Sie denn damals, vor 25 Jahren, in Australien meistern?

Der Wettbewerb ist über die letzen Jahre konstant gewachsen. Zu meiner Zeit waren es etwa 500 Teilnehmer und in diesem Jahr sind es zum ersten Mal über 1000 Teilnehmer. Es kommen jedes Mal neue Länder dazu, es wird immer vielfältiger und größer. Man muss auch sagen, dass die Ansprüche beim Wettbewerb wesentlich gestiegen sind. Besonders das Niveau und die Komplexität der Aufgaben. Wichtig ist es den zeitlichen Rahmen einzuhalten, um die Aufgaben meistern zu können. Arbeiten die ich vor 25 Jahren in 22 Stunden fertigstellen musste, müssen wir heute in vielleicht 16 Stunden fertig haben.

Ich war in diesem Bereich als Bauschreiner tätig, deswegen bin ich heute als Experte hier. Wir haben damals Fenster mit verschiedenen Sprossen hergestellt und Rundbögen – das sind unsere klassischen Aufgaben.

Warum ist der Schreinerberuf für Sie so besonders und wie hebt er sich von anderen Berufen ab? Ich denke, wenn man einen Holzberuf ergreift, ist es die Liebe zum Material, zum Holz. Zu sehen was man mit den eigenen Händen machen kann ist ein unglaubliches Gefühl. Schon allein dieser Duft von frischen Holz und die Arbeit damit macht einfach unglaublich viel Spaß.

Sie und Ihr Sohn üben diesen Beruf aus. Kann man sagen, dass es sich schon um eine Familientradition handelt? Ist ihr Vater auch schon Schreiner gewesen?

Da Sie ja wettbewerbserfahren sind und das Geschehen beobachten konnten: Gab es gröSSere Veränderungen mit den Jahren? Und hat sich ihr Beruf nach dem Wettbewerb für Sie verändert?

Wie schwer hat man es denn als Experte? Lastet auch Druck auf Ihnen oder sind nur die Kandidaten davon betroffen? Man darf sich die Nervosität nicht anmerken lassen – besonders den Teilnehmern gegenüber nicht. Schlaflose Nächte gehören dazu und wenn wir beobachten wie die Jungs Fehler bei der Arbeit begehen, stehen wir daneben und dürfen nichts sagen oder eingreifen. Das ist sehr belastend. Von außen schaut es so aus, als hätten wir Experten kaum was zu tun, aber wir kontrollieren, leiden mit den Teilnehmern und müssen bei den Bewertungen alles geben.

Ich bin mittlerweile die dritte Generation, die diese Tradition weiterführt. Auch mein Vater war Schreiner und mein Großvater hat schon 1927 begonnen den Beruf auszuüben und eine Firma zu gründen. Mein Vater hat die Firma schließlich lange geführt und 1995 habe ich sie übernommen und ich hoffe natürlich das mein Sohn unsere Firma übernehmen wird.

Hat Ihr Sohn in manchen Momenten geäuSSert, dass er mal etwas anderes werden möchte und Sie waren damit nicht einverstanden oder unzufrieden? Er ist komplett frei in dem was er tut und tun möchte. Ihm etwas vorzuschreiben und einen Weg vorzugeben würde keinen Sinn ergeben. Ich habe ihn auch nie in die Rolle eines Schreiners gedrängt. Mein Sohn ist erst 23 und hat noch einige Jahre, um zum Beispiel mal ins Aus-

Jussra Zamani 20, Bayreuth ... hat die meisten Kilometer auf der Messe zurückgelegt und somit den WM-Titel als rasende Reporterin abgeräumt.

15 //


Kreativität in der Wertetabelle

Hairdressing steht auf den Schildern der Teilnehmer der Disziplin. Auffällig viel Wert wird hier auf die Kreativität gelegt. Doch, was ist kreativ? Jeder Mensch hat eine andere Auffassung von „kreativ“ und „schön“. Viel hängt von Nationalität und Kultur ab und gerade auf einer Weltmeisterschaft treffen viele Kulturen aufeinander. Wie wird also eine gerechte Bewertung gewährleistet? fragt Wiebke Vollmar.

3

... 2 ... 1 uuunnd STOP! Nach drei Stunden und 45 Minuten legen alle Teilnehmer der Kategorie ihre letzten Utensilien weg. Damenfrisur mit Styling und zusätzlicher Farbgebung: Das war die längste der acht Disziplinen, die die Kandidaten bewältigen müssen. Jetzt müssen sie innerhalb von fünf Minuten ihren Arbeitsplatz säubern – auch das gehört zum Wettbewerb. Maria Launer ist 20 Jahre und tritt für Deutschland in der Kategorie Friseure an. Sie ist zusammen mit Bernd Hoffman aus Thüringen angereist. Er trainiert sie, ist Experte auf dem Wettbewerb und nebenbei auch ihr Arbeitgeber. In der Vorbereitungszeit, die im Februar diesen Jahres begann, trainierte er sie in den Bereichen Männerschnitt und Trendcut. Joachim Wolf, Trainer der Nationalmannschaft übernahm dann die Module Tagesfrisur und Hair-by-Night.

bei einem vollen fehlenden Punkt wird es schwierig bis nach ganz vorne zu kommen. „Weitere 10 Punkte kommen durch die subjektive Bewertung“, erzählt Juror Bernd Hoffmann. Dafür ist der zweite Teil der Experten zuständig. Während der Arbeitszeit sitzen sie in einem angrenzenden Raum und dürfen vom Geschehen nichts mitbekommen. Darauf wird so sehr geachtet, dass sie nicht einmal die Toilette ohne Begleitung aufsuchen dürfen. Bei dieser subjektiven Bewertung kommt es dann viel auf den persönlichen Geschmack an. „Die Arbeiten sind allerdings nur nummeriert, sodass keiner weiß, welche Frisur von welchem Teilnehmer stammt.“ In diesem Teil wird streng bewertet: Wenn Farbe benutzt wurde, wird geschaut, ob diese auch bis zum Ansatz aufgetragen ist. Dabei kann man aber eine Aussparung von 1-2 Zentimetern zur Kopfhaut wieFünf Monate Vorbereitung der als persönlichen Stil beziehungsweisind Minimum se als Technik des Kandidaten verste„Fünf Monate Vorbereitung hören sich viel hen. „Viele der Experten sind schon seit an, sind jedoch sehr wenig im Vergleich vielen Jahren dabei. Dieses Jahr sind es zu anderen Teams“, erklärt Maria. „Noch mit mir nur 3 Experten, die zum ersten dazu habe ich während meiner Vorberei- Mal dabei sind“, sagt Bernd Hoffmann. tungsphase im Salon gearbeitet und größ- „Bei den „Alteingesessenen“ merkt man tenteils in meiner Freizeit trainiert. Andere dann die Erfahrung. Aber auch, dass sie Kandidaten wurden ein Jahr vom Arbeiten ihren eigenen Stil haben und der ist zu freigestellt und konnten sich voll auf die erkennen. Es geht jedoch nicht, dass Weltmeisterschaften konzentrieren.“ Die man etwas schlechter bewertet, nur, Teilnehmer kennen die Aufgaben schon weil es nicht der eigene Geschmack ist. seit Anfang der Trainingsphase. So entwi- Man honoriert jede Leistung so, wie sie ckeln sie nach und nach eine Idee für die es wert ist.“ Frisur. Sie legen sich auf einen Trend und Styling fest, schleifen an Feinheiten. Nach- 30 Prozent sollen spontan dem die Arbeitszeit abgelaufen ist, tritt ein geändert werden Teil der Experten an die Frisierköpfe und begutachtet die Arbeiten. Diesmal ist auch Alle Juroren sind schon seit einer WoBernd Hoffmann unter ihnen. Sie haben che in Leipzig. Sie wurden extra für dieschon während des Wettkampfes die Kan- ses Event noch einmal trainiert, damit didaten beobachtet. Ihre Aufgabe ist es, möglichst alle auf dem gleichen Stand objektiv zu bewerten, also auf die Arbeits- sind. Zudem wurden neue Ideen geweise, Sicherheit und das Zeitmanagement sammelt um die Bedingungen zu verder Teilnehmer zu achten. Außerdem le- ändern. Diese sind nämlich schon seit gen sie Wert auf Sauberkeit und Hygiene. Jahren gleich, und verlangen nach einer So sollen etwa nach jedem Arbeitsgang Erneuerung. So soll es in zwei Jahren die abgeschnittenen Haare weggekehrt in Brasilien wohl so sein, dass wie in werden. Ebenso dürfen im Gesicht keine anderen Disziplinen vor Ort spontan 30 Farbverschmutzung und kein Schnitthaar Prozent der Aufgabe geändert werden. Somit sind die Teilnehmer, die sich ein vorhanden sein. Jahr frei nehmen konnten nicht so stark im Vorteil. Subjektive Objektivität Gleich geht es schon mit dem zweiAuf diese objektive Seite gibt es vier ten Wettbewerb weiter: modische Daumögliche Punkte. Es wird in 0,25‘er erwelle für Männer nach Fotovorlage. Schritten auf- oder abgewertet. Schon Diesmal sind es zwei Stunden, die die

\\ 16

Bernd Hoffmann beim Begutachten einer Arbeit.

Teilnehmer Zeit haben die Frisierköpfe zu einem Kunstwerk zu verwandeln. Nicht nur in der Kategorie Friseure liegt ein großes Augenmerk auf der Kreativität. Doch in allen Bereichen geben die Experten ihr Bestes, ihr eigenes Empfinden nicht zu sehr einfließen zu lassen.

Foto: Simon Ruf

Wiebke Vollmar 19, Schleusingen ... ist Vizeweltmeisterin im Roller fahren, Simon, unser Fotograf, hat gewonnen.


Debatte

Schön getrennt

In Deutschland ist das Ausbildungssystem schon seit Jahren stark in die Sektoren Praxis und Theorie Geteilt. Bei der Frage, ob dies dem heutigen Fortschritt noch angemessen ist oder ob es Zeit ist etwas daran zu ändern, scheiden sich die Geister. Juan-Jacques Aupiais, Robin El Kady und Wiebke Vollmar stoSSen auf genau dieses Problem und erläutern ihre Ansichten.

PRO

Theorie und Praxis sind von je an getrennt – schon zu Zeiten der griechischen Antike war der „Akademie“, welche vor allem durch Aristoteles geprägt ist, lediglich wissenschaftlichen, theoretischen Arbeiten vorbehalten. „Theoria“ bedeutet im Griechischen „Schau“. Man „schaute“ sich Natur und Praxis an und leitete daraus Theorien ab. Die Praxis ist also in der Theorie impliziert, weshalb zusätzliche praktische Aufgaben während des Studiums nicht nötig sind. Außerdem ermöglicht die Trennung eine intensivere Fokussierung auf einen Bereich bis man diesen vollkommen beherrscht. Man kann sich also ganz auf ein Gebiet einlassen, sich lange mit diesem beschäftigen und das alles vor allem: Ohne Stress! Dazu kommt, dass eine universitäre Laufbahn nach der Schule den Geist reift und ausprägt. Nötig ist dabei jedoch ein intensiver Lernprozess, der nicht durch praktische Unterbrechungen gestoppt werden darf. Die meisten Studenten arbeiten sowieso neben der Uni und sammeln „praktische“ Erfahrungen, weshalb eine zusätzliche Förderung der Praxis seitens der Universität fatal wäre und lediglich zur Ablenkung führen würde. So kann man es als geeignetes Modell ansehen, wenn zuerst die Theorie in Form von wissenschaftlichem Arbeiten gelehrt wird. Die Praxis eignet sich der Student im Arbeitsleben dann selber an. Und ein Nebeneinanderlegen der beiden Module würde den Geist überfordern, wenn man das gleiche Maß an wissenschaftlichem Arbeiten erlernen will. In der Berufspraxis von Auszubildenden liegt der Fokus verstärkt auf der praktischen Arbeit, die Theorie

steht im Hintergrund. Somit wäre eine Zusammenlegung auch bei der Ausbildung nicht gewinnbringend. Der Beruf der Arbeiter ist in eine klare, praktische Richtung gelenkt, in der die Theorie nicht im Vordergrund steht. Dies spiegelt sich auch in der Ausbildung wieder. Wieso also alte und bewährte Tradition verwerfen und in unbekannte Gewässer steuern?

Robin El Kady 20, Berlin Wiebke Vollmar 19, Schleusingen ... sind Weltmeister in theoretischer Abstraktion.

CONTRA

Die Trennung, die wir heute in unserem Ausbildungssystem zwischen Hand und Verstand, Praxis und Theorie machen, ist nicht selbstverständlich. Unsere Ausbildungspraxis an Unis und Berufschulen war nicht immer so, wie sie heute ist. Und sie ist auf keinen Fall eine Linie von Fortschritt. Der englische Chemiker C.P. Snow identifizierte schon 1959 in einer berühmten Vorlesung eine Trennung zwischen zwei Arten von Wissenschaft, von der man nie vorher sprechen konnte: Die Trennung zwischen Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Erstere werden als idealistisch, emotional und subjektiv bezeichnet – letztere hingegen als praktisch, rational und objektiv. Die Kluft zwischen „idealistischen” und „praktischen” Wissenschaften ist ziemlich schmal, denn man kann die Wissenschaft insgesamt „idealistisch” nennen. Leider trifft Snows Argument der „Two Cultures” auf das deutsche Ausbildungssystem wie die Faust aufs Auge. Eigentlich ist die Formel ganz einfach: Um kreativ zu sein, muss man interdisziplinär denken können. Unsere Probleme sind multidimensional und wir brauchen somit auch multidimensionale Lösungen. Werfen wir einen Blick in die Geschichte: Für Galileo Galilei, einer der größten Genies aus Italien, war sowohl sein technisches Können, als auch seine kognitiven Fähigkeiten entscheidend. Ohne das wären mit dem neu erfundenen Teleskop astronomische Beobachtungen und somit auch sein Einsatz für das kopernikanische Weltsystem nicht möglich gewesen. Sein durch diese Verbindung entstandener „Dialog über die beiden wichtigsten Weltsystemen” war aber nicht nur eine „bloß wissenschaftliche”

Arbeit: Es ergab sich daraus ein skandalöser Streit über geistige und religiöse Fragen. Denn Galilei interessierte sich auch für diese Aspekte des „Weltsystems”. Er wollte nicht, wie unsere heutige Fachleute es oft wollen, die ethische und humanistische Dimensionen seiner Forschung einfach ausblenden. Er dachte über die Folgen seiner Arbeit nach und reflektierte diese. Er war also kein einfacher Wissenschaftler, stark von humanistischen Theorien beeinflusst und auch kein einfacher Fachmann – aber er kombinierte alles. Wie können wir auf immer mehr Fortschritt hoffen, so wie er früher schon stattfand, wenn unsere Fachleute keine sozialen Werte erfahren und unsere Künstler nicht verstehen, wie ihre Ideen dingliche Gestalten aufnehmen können? In unserem Ausbildungssystem müssen daher Theorie und Praxis in enger Verbindung stehen. Ansonsten wird der Fortschritt blockiert.

Juan-Jacques Aupiais 20, Johannesburg ... ist Weltmeister des Trotzes.

17 //


Two peas in a pod

„Two minutes left“ announces a voice from somewhere. Alyn Ilyas stands beside his project. His hands are sticking cables together. He moves quickly but his eyes are calm and concentrated. His colleague Putri Chairany kneels in front of a box and searches feverishly for the right component. Putri and Alyn are competing for Indonesia. Franziska Röpke talked to them.

A

reverberating sound comes out of the boxes and all competitors are stopping their work. Lunchtime. Alyn takes a step back and raises his hands like a prisoner to show that he has indeed stopped working. His countenance changes slowly. The concentrated glance disappears and he looks around like he would see all the people around him for the first time. The mechatronic engineers are one of just a few competitors, who work in teams of two.

you compete in teams of two. What do you like best about your job?

Putri: I really like the competitions every year. Since I am in this job, I compete with other young fellows. It is a lot of fun and you can always learn something new.

In a team it is important to trust the partner to achieve the best results. For how long have you known each other? Aly: We are training together since four years. When we won our national Indonesian competition two years ago, we were invited to WorldSkills. Since the end of

november, we trained every day, so we know each other very well. We are good friends.

Did you ever have some trouble with each other? Putri: Yes, sometimes when we have different opinions. And I hate that he plays online games all the time. There we have different hobbies.

Would you prefer to work alone if you could?

kind of competition alone. I think it is much easier when you work as a team.

Can you describe how you work together? Aly: Well, the programming role at the PC is more Putri‘s and I care for the mechanics. So we complement each other relatively well, I guess.

Thank you very much, and good luck.

Putri: No. We always exchange our views in training and I wouldn‘t like to do this

Ein Internationaler Mittag

Wer möchte nicht für einen Tag in einem hochklassigen Restaurant bedient werden? Su Odabasi Testete die Servicequalität der potentiellen Weltmeister

V

on Feindseligkeit und Konkurrenzdenken war nichts zu sehen und spüren. Stattdessen konnte ich in netter Gesellschaft ein leckeres Mittagessen genießen und die Stimmung eines Restaurantservice-Wettbewerbs live miterleben. Zu Beginn wurde ich zusammen mit drei anderen Besuchern von unserer Servicekraft Meiling Suo an einen Tisch geführt. Meine Gesellschaft, die mit mir das Essen genießen sollte, stammte aus Kanada, Finnland und Brasilien. Die sympathische Meiling ist eine junge Dame aus Singapur, die sich während des Wettbewerbs unter anderem mit unserem Tisch beschäftigte. Sie hieß uns herzlich willkommen und stellte uns mündlich die Speisekarte vor. Unsere Auswahl war klein, aber vielfältig: Wir durften zwischen Pasta, Salat, Käseteller und Sandwich wählen. Auf dem Tisch lagen auch deutsch- und englischsprachige Speisekarten. Nach gründlicher Absprache – denn jedes Gericht durfte pro Tisch nur einmal gewählt werden – entschied ich mich für die Käseplatte. Und nach einigen Minuten durften wir auch schon anfangen zu bestellen. Meiling gab sich wirklich viel Mühe, besonders hilfsbereit und aufmerksam zu sein. Sie versüßte uns die Wartezeiten, indem sie sich mit uns über Singapur und Leipzig unterhielt. So habe ich zum Beispiel erfahren, dass sich bei-

\\ 18

spielsweise der Tourismus in Singapur sehr schnell entwickelt hat. Das kann soweit gehen, dass es dort Strände, Hotels und Restaurants gibt, die speziell auf die Bedürfnisse europäischer Touristen abgestimmt sind. Zusammen mit meiner Käsepalette bekam ich einen vollmundigen Weißwein. Die Menüs waren sparsam gehalten, aber sehr schmackhaft. Auf meinem Teller befanden sich vier Sorten Käse, darunter Schimmel- und Goudakäse. Die anderen Käsesorten waren auf Basis eines Brotaufstrichs. Auch ein prall gefüllter Brotkorb stand vor uns. Die anderen Gäste am Tisch durften sich über einen Wintersalat mit Garnelen, ein Gemüse-Sandwich und Penne mit Tomaten freuen. In der Kategorie Restaurant-Service auf den WorldSkills geht es darum, Situationen aus einem Nobelrestaurant nachzustellen und als Servicekraft einen möglichst guten Eindruck beim Gast zu hinterlassen. Die Experten bewerten das Geschehen anhand folgender Kriterien: Servicevorbereitung, Essensservice, (alkoholischer und nicht-alkoholischer) Getränkeservice, Kaffee- und Teeservice, persönliches Auftreten und soziale Kompetenz. Dabei müssen die Servicekräfte eine hohe Multitasking-Kompetenz mitbringen, ein gutes Gedächtnis haben und dazu noch stressige Situationen souverän meistern.

Während wir die Mahlzeit zu uns nahmen, schenkte uns Meiling regelmäßig Wasser nach und fragte uns nach unserem Wohlergehen. Eigentlich ließ sie uns keine Sekunde aus den Augen – einerseits eine sehr sichere Atmosphäre, aber andererseits auch ziemlich einengend. Was das Dessert zu bieten hatte? Nun, wir durften uns zwischen Limetten-Haselnuss-Eis Foto: Simon Ruf Service: Meiling Suo beim Servieren und Käsekuchen mit Erdbeeren entscheiden. Daraufhin gab es Kaffee – zumindest für alle, die einen bestellten. Ich bestellte keinen, erhielt aber trotzdem einen Kaffee, der eigentlich für meine Sitznachbarin bestimmt war. Ob die Juroren diese Verwechslung bemerkt haben, kann ich nicht sagen. Ich kann mir vorstellen, dass das an der Nervosität unserer Servicekraft gelegen hat. Su Odabasi Uns störte es allerdings nicht; ich schob 18, Köln die warme Kaffeetasse einfach zu meiner rechten Sitznachbarin, die aus Brasilien ... ist Weltmeisterin im stammte – und alle waren glücklich. Wir Testen und Ausprobieren: darunter Restaubedankten uns herzlich beim Hinausgehen rantservice, Beauty aus dem imaginären Nobelrestaurant. SchaTherapy und Hairstyling. de, dass es nicht existiert, ich hätte dieses Restaurant gerne noch öfter besucht.


F RISC H , F R U CH T I G, S E L BS TGE P R E S S T – M IT M ACHEN @PO LIT IK O RAN G E.DE

i mpr eSSum diese ausgabe von politikorange entstand im rahmen der „ WorldSkills“, vom 03. bis 06. Juli 2013 in leipzig. herausgeber: politikorange ℅ Jugendpresse deutschland e.V. Alt­Moabit 89, 10559 Berlin www.politikorange.de

A

ls Veranstaltungszeitung, Magazin, Onlinedienst und Radioprogramm erreicht das Mediennetzwerk politikorange seine jungen Hörer und Leser. Krieg, Fortschritt, Kongresse, Partei- und Jugendmedientage – politikorange berichtet jung und frech zu Schwerpunkten und Veranstaltungen. Junge Autoren zeigen die große und die kleine Politik aus einer frischen, fruchtigen, anderen Perspektive.

poliTikorange – daS mulTimedium

Wie komm’ ich da ran?

Wer machT poliTikorange?

Gedruckte Ausgaben werden direkt auf Veranstaltungen, über die Landesverbände der Jugendpresse Deutschland e.V. und als Beilagen in Tageszeitungen verteilt. In unserem Online-Archiv stehen bereits über 50 politikorange-Ausgaben und unsere Radiosendungen sowie Videobeiträge zum Download bereit. Dort können Ausgaben auch nachbestellt werden.

Junge Journalisten – sie recherchieren, berichten und kommentieren. Wer neugierig und engagiert in Richtung Journalismus gehen will, dem stehen hier alle Türen offen. Genauso willkommen sind begeisterte Fotografen und kreative Köpfe fürs Layout. Den Rahmen für Organisation und Vertrieb stellt die Jugendpresse Deutschland. Ständig wechselnde Redaktionsteams sorgen dafür, dass politikorange immer frisch und fruchtig bleibt. Viele erfahrene Jungjournalisten der Jugendpresse stehen mit Rat und Tat zur Seite. Wer heiß auf‘s schreiben, fotografieren, mitschneiden ist, findet Infos zum Mitmachen und zu aktuellen Veranstaltungen im Internet oder schreibt einfach eine E-Mail. Die frischesten Mitmachmöglichkeiten landen dann direkt in Deinem Postfach.

Warum eigenTlich politikorange wurde 2002 als Veranstal- poliTikorange? tungszeitung ins Leben gerufen. Seit damals gehören Kongresse, Festivals und Jugendmedienevents zum Programm. 2004 erschienen die ersten Themenmagazine: staeffi* und ortschritt*. Während der Jugendmedientage 2005 in Hamburg wurden erstmals Infos rund um die Veranstaltung live im Radio ausgestrahlt und eine 60-minütige Sendung produziert.

In einer Gesellschaft, in der oft über das fehlende Engagement von Jugendlichen diskutiert wird, begeistern wir für eigenständiges Denken und Handeln. politikorange informiert über das Engagement anderer und motiviert zur Eigeninitiative. Und politikorange selbst ist Beteiligung – denn politikorange ist frisch, jung und selbstgemacht.

www.politikorange.de mitmachen@politikorange.de

chefredaktion (v.i.S.d.p.): lisa Brüßler (lisa­bruessler@web.de) Michael Rosenthal (rosenthal@mitspinnen.de) redaktion: Juan­Jacques Aupiais, Robin el Kady, Su odabasi, Franziska Röpke, Wiebke Vollmar, Jussra Zamani Bildredaktion: Simon Ruf (foto@s5r3.com) layout: Maximilian Gens (max@maximiliangens.de) projektleitung Tina leskien (t.leskien@jugendpresse.de) Betreuung: Max Rodermund (m.rodermund@jugendpresse.de) druck: BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH Am Wasserwerk 11 10365 Berlin Auflage: 20 000 exemplare ein besonderer dank gilt Werner Kipp, dem pressesprecher der WorldSkills leipzig 2013.

Foto: Simon Ruf

19 //


daS Waren die

WorldSkillS 2013

Wusstest du, dass... ... die Veranstaltungsfläche fast so groß ist, wie 25 Fußballfelder? ... für die Messe insgesamt über zwei Millionen einzel­ teile verwendet wurden? ... über 10 000 Schnittblumen zu tollen Gestecken ver­ arbeitet wurden? ... der Wettbewerb mit den meisten Utensilien poly­ mechanik/Automatisierung war? ... während den WorldSkills 1,2 Tonnen Schokolade verarbeitet wurden? ... für die WorldSkills eine eigene eissorte kreiert wurde? ... 20 kleine Roboter die WorldSkills belebten? ... es insgesamt 800 fleißige Frösche ... ähh ... Helfer gab?

danke! vemo-noS 2015 no braSil!


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.