cetera – university magazine

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cetera nr. 01, 2011 new design university

Magazin der New Design University_St. PĂślten_2011



cetera … ist im lat. Begriff „et cetera“, abgekürzt etc., enthalten, der „und so weiter”, „und sonstiges“ bedeutet. lat. ceteri, ceterae, cetera – die Übrigen, die Anderen.


Inhalt 56

Kalender 2011

Illustration & Graffiti 08

Marktlücke Illustration?

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Graffiti Art. Princess Hijab

Blick hinter die ndu-Kulissen 06

Interview mit Jaqueline Gritsch

Kunstgeschichte 28

Jean-Michel Basquiat

Workshops 14

Fotografie mit Craig Dillon

16

Atzgerei – Siebdruck

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Boat Project

20

Information Design

24 Einleuchten

Grafikdesign & mediale Gestaltung 32

Redesign eines Weinbaubetriebes

36

Chinchilla type family

38

Momentaufnahmen einer Freundschaft

40

Vom Aufbrechen zeitgenössischer Nomaden

Innenarchitektur & 3D-Gestaltung 44

Gastsemester mit Patricia Hepp

50

Projekt Hotch Potch

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Tanzstudio „Sphere“


S. 04 Über den Blindtext. Ich bin blind! Schon immer. Aber ich bin gerne Text. Und sollten Sie mich jetzt tatsächlich zu Ende lesen, dann habe ich etwas geschafft, was den meisten „normalen“ Texten nicht gelingt.

S. 10 Illustration – Chancen für die Zukunft Oft wird man gar nicht erst gelesen. Aber bin ich deshalb ein schlechter Text? Ich weiss, dass ich nie die Chance haben werde, im Stern zu erscheinen. Aber bin ich darum weniger wichtig?

S. 08 Über Werthers Blindtext. Oxmox und Franklin warteten auf die fette Gill, um bei der Bank of Helvetica die Kapitälchen in Kapital umzuwandeln.

S. 13 Ich bin nur ein kleiner Blindtext. Wenn ich einmal gross bin, will ich Ulysses von James Joyce werden. Aber jetzt lohnt es sich noch nicht, mich weiterzulesen. Denn vorerst bin ich nur ein kleiner Blindtext.

S. 36 Bachelor-Projekte aus Grafikdesign & mediale Gestaltung Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen genieße.

S. 22 Architecture goes Fashion mit Gastdozentin Patricia Hepp. Ich bin Blindtext. Von Geburt an. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, was es bedeutet, ein blinder Text zu sein: Man macht keinen Sinn. Man wirkt hier und da aus dem Zusammenhang gerissen.

S. 48 Blindtext von Werther. Ich bin so glücklich, mein Bester, so ganz in dem Gefühle von ruhigem Dasein versunken, dass meine Kunst darunter leidet. Nicht einen Strich könnte ich jetzt zeichnen.


6|Interview

Ein Blick hinter die ndu-Kulissen: Die Bibliothek / Angelika Derler, Studentin im 3.JG Grafikdesign, interviewte Jaqueline Gritsch. Was ist deine Aufgabe in der Uni? Zum einen bin ich für das Service-Center zuständig und zum anderen für das Organisatorische in der Bibliothek, aber auch im Marketing-Bereich bei den Veranstaltungen. Meine Aufgaben im Service-Center sind Beratung der Bewerber aller Studiengänge und des Foundation-Courses und aller NDU-Studenten. Wenn Dozenten etwas von mir brauchen, bin ich auch für sie da. Bei mir bekommt man die Kaffeemünzen, den Spintschlüssel, den Fotostudio-, Audio- und Videolaborschlüssel. Die Kopierkarte muss allerdings in der Caféteria zu gekauft werden. In der Bibliothek bin ich für die organisatorische Leitung verantwortlich. Ich betreue die Präsents-, die Firmen- und die Materialbibliothek. Ich unterstütze mit meiner Arbeit auch den Marketingbereich bei Veranstaltungen. Dazu gehören Tag der offenen Tür, Aufnahmeklausuren und Messen. Wo melden sich Bewerber für den Foundation-Course oder für die Uni an? Muss man das bei dir erledigen oder muss man dazu in das Office der Universität gehen? Anmelden kann man sich auf unserer Uni-Hompage oder man schickt das Anmeldeformular per Post an die Uni. Ich schicke dann den Antragstellern eine Nachricht und benachrichtige sie darüber, ob sie die bestimmten Vorraussetzungen für das Studium mit sich bringen, ob sie für eine Bewerbung eingeladen wurden und dann auch ob sie aufgenommen werden oder nicht. Was würdest du gern an der Uni verändern? Ich bin im Allgemeinen zufrieden. Verändern könnte man jedoch immer etwas. Das Equipment ist ausreichend, jedoch könnte man dieses verbessern. Platzschwierigkeiten treten auf. Es wäre angenehmer, wenn alles ein bisschen größer wäre.

Was magst du am meisten in der Uni? Ich mag sehr gerne die Beratung der Bewerber und die Mitarbeit bei den Veranstaltungen. Was magst du nicht an deiner Arbeit? Man kann überall etwas verbessern. In der Uni sind um die 350 Studenten. Dabei entstehen Lücken, die man akzeptieren muss. Was ich nicht mag? Ich mag es nicht, wenn Bücher nicht zurückgebracht werden. Es kommt auch vor, dass Dozenten Bücher aus der Bibliothek nehmen, während die Bibliothek geschlossen ist. Ich dann nicht wo die Bücher sind. Ich müsste sie ja im Computer eintragen. Und das fehlt dann alles. Wie funktioniert die Ausleihe der Bücher? Die Bibliothek in der Uni ist eine Präsentsbibliothek. Das bedeutet, unter der Woche muss man die ausgeborgten Bücher am gleichen Tag returnieren. Ausgenommen sind die BA-Studenten. Hier wird eine längere Ausleihfrisst gewährleistet. Die Bücher können am Wochenende und auch in den Ferien ausgeliehen werden. Im Sommer kann man auch Bücher ausleihen. Diese muss man selber in der Bibliothek abholen und kann sie über den Postweg wieder retournieren. Die Kosten die dabei entstehen, muss die Person, die das Buch ausgeliehen hat, selbst bezahlen. Zur jährlichen Inventur im August müssen alle Bücher wieder im Haus sein. Wieviele Bücher sind in der Bibliothek archiviert? In der Präsentsbibliothek sind 4000 Bücher archiviert. Die Schwerpunkte liegen auf Designgeschichte, Innenarchitektur und Innenbau, sowie Kunst und Kulturwissenschaften, Event, Licht, Ton und Informationstechnik.

Die Uni-Bibliothek © Fotograf Maria Krasa


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8|Illustration & Graffiti

Illustration – Chancen für den Markt? Zine Slab Bold Italic Subheadline, die über mehrere Zeilen gehen kann. Auch über drei.

rechts: Sitzender Akt Illustration von Marianne Riegelnegg, 2009

Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien, leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen sie in Buchstabhausen an der Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den wichtigsten Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein fast unorthographisches Leben. Eines Tages aber beschloß die kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich

nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es bereits die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rethorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unterwegs traf es eine Copy. Die Copy warnte das Blindtextchen, wo sie herkäme wäre sie zigmal umgeschrieben worden und alles, was von ihrem Ursprung noch übrig wäre, sei das Wort „und“ und das Blindtextchen solle umkehren und wieder in sein eigenes, sicheres Land zurückkehren. Doch alles Gutzureden konnte es nicht überzeugen und so dauerte es nicht lange, bis ihm ein paar heimtückische Werbetexter auflauerten, es mit Longe und Parole betrunken machten und es dann in ihre Agentur schleppten, wo sie es für ihre Projekte wieder und wieder mißbrauchten. Und wenn es nicht umgeschrieben wurde, dann benutzen Sie es immernoch.


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10|Illustration & Graffiti

Princess Hijab: underground resistance


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The Paris metro system is under attack – by graffiti artist extraordinaire Princess Hijab, who provocatively adds veils to billboard advertising. Why does she do it? Is she a religious fundamentalist? And is she really a woman? Angelique Chrisafis meets the elusive street artist. Just after dawn at Havre-Caumartin metro station, Paris's first commuters are stepping on and off half-empty trains. Then, at the end of the platform, a figure in black appears, head bowed and feet tapping with nerves. Princess Hijab is Paris's most elusive street artist. Striking at night with dripping black paint she slaps black Muslim veils on the half-naked airbrushed women – and men – of the metro's fashion adverts. She calls it "hijabisation". Her guerrilla niqab art has been exhibited from New York to Vienna, sparking debates about feminism and fundamentalism – yet her identity remains a mystery. In secular republican France, there can hardly be a more potent visual gag than scrawling graffitied veils on fashion ads. Six years after a law banned headscarves and all conspicuous religious symbols from state schools, Nicolas Sarkozy's government has banned the niqab from public spaces amid a fierce row over women's rights, islamophobia and civil liberties. The "burqa ban", approved last month, means that from next year it will be illegal for a woman to wear full-face Muslim veils in public, not just in government offices or on public transport, but in the streets, supermarkets and private businesses. The government says it is a way of protecting women's rights and stopping them being forced by men to cover their faces. Already this has prompted extreme reactions. One female teacher in favour of the ban was last week given a month's suspended jail sentence for trying to rip a veil from the face of a 26-year-old Emirati tourist in a shop, then slapping, scratching and biting her. On the other side of the argument, two French women calling themselves

"niqabitch“ reproduced the classic visual mixed metaphor of walking around central Paris in niqabs, black hotpants, bare legs and high heels, posting a film of it online in order to highlight the "absurdity“ of the ban. But Princess Hijab got there first, and her simple, almost childlike acts of sabotage with a black marker pen still manage to be the most unsettling, with the widest audience abroad. Yet who is she? A French Muslim woman in hijab raging at the system? That would be a rare thing on Paris's male-dominated graffiti scene. Is she a religious fundamentalist making a point about female flesh? But she likes to leaves a witty smattering of buttock cheeks and midriff on display. If she's a leftwing feminist making a point about the exploitation of women, it's odd that she always flees the scene of her crimes. Is she even Muslim? Her fans like to imagine a young rebel outsider from Paris's suburban ghettos travelling to the capital to make her mark. But like Paris's greatest street artist, Blek le Rat — who inspired Britain's Bansky — she could turn out to be a fiftysomething white man who voted for Sarkozy.

Princess Hijab … “I use veiled women as a challenge. The veil can be as profane as it is sacred”. Photograph: Princess Hijab


12|Illustration & Graffiti

The Princess winds through the corridors of Havre-Caumartin sizing up the advertising posters lining the walls. She has agreed to meet as she scours stations for targets for her next "niqab intervention". In Spandex tights, shorts and a hoodie, with a long black wig totally obscuring her face, one thing is clear; the twentysomething doesn't wear the niqab that has become her own signature. She won't say if she's a Muslim. In fact, it's more than likely that Princess Hijab isn't even a woman. There's a low note in her laughter, a slight broadness to her shoulders. But the androgynous figure in black won't confirm a gender. "The real identity behind Princess Hijab is of no importance," says the husky voice behind the wig. "The imagined self has taken the fore-ground, and anyway it's an artistic choice." "I started doing this when I was 17,“ she says (I'll stick to "she“ as the character is female, even if the person behind it is perhaps not). "I'd been working on veils, making Spandex outfits that enveloped bodies, more classic art than fashion. And I'd been drawing veiled women on skate-boards and other graphic pieces, when I felt I wanted to confront the outside world. I'd read Naomi Klein's No Logo and it inspired me to risk intervening in public places, targeting advertising." The Princess's first graffiti veil was in 2006, the "niqabisation“ of the album poster of France's most famous female rapper, Diam's, who by strange coincidence has now converted to Islam herself. "It's intriguing because she's now wearing the veil,“ the Princess muses. Intially she graffitied men, women and children and then would stand around to gauge the public's response; now she does hit-

and-runs. "I don't care about people's reactions. I can see this makes people feel awkward and ill at ease, I can understand that, you're on your way home after a tough day and suddenly you're confronted with this." With the Paris metro protective of its advertising spaces, her work now usually stays up for only 45 minutes to an hour before being ripped down by officials. She has become highly selective, doing only four or five graffiti "interventions“ in Paris a year. But each is carefully photographed and has its own afterlife circulating online. The "niqabised“ range from Dolce & Gabbana men's underwear to risque adverts for Virgin bookshops. Why does she do it? "I use veiled women as a challenge,“ she says, quick to add that she believes no one way of dressing is either good or bad. She's not defending the rights of any group and no one needs her as a spokesperson. "That's paternalistic. If veiled women want to make a point, they'd do it themselves. If feminists want to do something they're capable of doing it on their own.“ She later explains by email: "The veil has many hidden meanings, it can be as profane as it is sacred, consumerist and sanctimonious. From Arabic Gothicism to the condition of man. The interpretations are numerous and of course it carries great symbolism on race, sexuality and real and imagined geography." Princess Hijab is deliberately cool and detached, but the one issue that really shakes her – and perhaps reveals a little of her true identity – is the place of minorities in France. Beyond the arguments about whether Muslim women should cover their heads, Sarkozy's new ministry


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of "immigration and national identity“ and his national debate on what it means to be French has stigmatised the already discriminated and ghettoised young people of third- and fourth-generation immigrant descent. France has the largest Muslim population in Europe, but the prevailing anti-immigrant discourse, and what many view as a pointless burqa ban, has increased the feelings of marginalisation felt by young Muslims and minorities. Princess Hijab sees herself as part of a new "graffiti of minorities“ reclaiming the streets. "If it was only about the burqa ban, my work wouldn't have a resonance for very long. But I think the burqa ban has given a global visibility to the issue of integration in France,“ she says. "We definitely can't keep closing off and putting groups in boxes, always reducing them to the same old questions about religion or urban violence. Education levels are better and we can't have the old Manichean discourse any more." She adds: "Liberty, equality, fraternity, that's a republican principle, but in reality the issue of minorities in French society hasn't really evolved in half a century. The outsiders in France are still the poor, the Arabs, black and of course, the Roma." The Princess won't say what her own roots are. She simply says she sees her work as a kind of "cartography of crime“ a mapping out of the underbelly of the city where "I bring inside everything that's been excreted out." And yet her graffiti is particularly French in its anti-consumerism and ad-busting stance. For her, painting a veil on adverts works visually because the two are "dogmas

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that can be questioned". She feels young women wearing the hijab who were once stigmatised by French institutions are now being targeted for their purchasing power, the "perfect customers“ in France's increasingly consumerist society.

Photographs: Princess Hijab

Of her work, she comments: “If it was only about the burqa ban, my work wouldn’t have a resonance for very long. But I think the burqa ban has given Her next spree will focus on her favourite a global visibility to the target brand, H&M. After all, its ad campaigns are plastered all over the Paris metro. issue of integration in France”

She argues that the brand "democratised“ fashion at low prices, women in hijab often shop there, and inking out H&M models is the perfect act of confrontation: "It's visually very striking because [the brand's] images are ideologically very present in the urban landscape." So these blacked-out niqabs seem to represent everything but religion. "Am I religious?“ she asks, hesitating. "The spiritual interests me, but that's personal, I don't think it bears on my work. Religion interests me, Muslims interest me and the impact they can have, artistically, aesthetically, in the codes that are all around us, particularly in fashion,“ she muses. And with that, the graffiti performance artist scuttles off, kit-bag over her shoulder, to change out of her bizarre disguise and into her own everyday fashion and wander off above ground into the daylight.


14|Workshop


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Bevor Sie diesen Text lesen, sollten Sie unbedingt zwei Dinge tun. Erstens sollten Sie der Agentur noch einmal ausdrücklich versichern, dass Sie diese Anzeige für das Beste halten, was Sie je gesehen haben. Zweitens sollten Sie davon ausgehen, dass diese Anzeige über Nacht entstanden ist und deshalb noch stark verbessert werden kann. Am Layout wird noch ein bisschen gedreht, das Logo wird noch einen Tick grösser und der Text, der hier stehen soll, wird kein Tippfehler haben.

Bitte lächeln – 30 Sekunden

Fotografie: von Verena Manyet, Marianne Riegelnegg, Sandra Wild; entstanden im Fotoworkshop mit Craig Dillon.

Im letzten Jahr sorgte der Blindtext-Fall in Fachkreisen für große Aufregung und gab Anstoß zu heftigen Diskussionen. Sie erinnern sich. Der Blindtext-Fall im vorigen Jahr. Nun will Karl noch nach Canossa. Und Claudia heiratet zur Busse Copperfield. Jeden Morgen entzünden sie eine Kerze. Jeden Nachmittag ist eine Runde Rosenkranz fällig. Zur Heiligen Marie. Weil Karl mit dem Zopf der Annemarie mit dem Smile optisch nette Koran-Typo aufs Mieder hat sticken lassen. Heiliger Blindtext am Busen. Bumm. Da lässt der Mullah nicht mit sich scherzen. Blindtext killt Chanel, Islam erklärt K. den Krieg, das Abendland zittert. Der Blindtext-Fall ist geboren. Nun wird die Geschichte des Blindtextes und seiner Texter aufgeblättert. Endlich. Was wissen Sie über Blindtext? Katholischen nimmt man für Kochbücher, evangelischen für Bauhausmöbelprospekte, hebräischer wird in Hollywood verfilmt, atheistischer ist für Procter & Gamble Waschmittel, arabischer ist nicht. Und? Zu wem beten Karl und Annemie jeden Tag als Buße für ihre Blindtext-Sünde? Zur Heiligen Marie Antoinette. Madame ging schön aufs Schafott. Welch eine Haltung.


16|Workshop

Der 3. Jahrgang Grafikdesign beim Siebdrucken in der Atzgerei in Wien.

Siebdruck macht Eindruck Vogel Quax zwickt Johnys Pferd Bim. Sylvia wagt quick den Jux bei Pforzheim. Polyfon zwitschernd aßen Mäxchens Vögel rote Rüben, Joghurt und Quark.

Achtung! Dieser Blindtext wird gerade durch fast 130 Millionen Rezeptoren Ihrer Netzhaut erfasst. Die Zellen werden dadurch in einen Erregungszustand versetzt, der sich über den Sehnerv in den hinteren Teil Ihres Gehirns ausbreitet. Von dort aus überträgt sich die Erregung in Sekundenbruchteilen auch in andere Bereiche Ihres Großhirns. Ihr Stirnlappen wird stimuliert. Von dort aus gehen jetzt Willensimpulse aus, die Ihr zentrales Nervensystem in konkrete Handlungen umsetzt. Kopf und Augen reagieren bereits. Sie folgen dem Text, nehmen die darin enthaltenen Informationen auf wie ein Schwamm. Nicht auszudenken, was mit Ihnen hätte passieren können, wenn dieser Blindtext durch einen echten Text ersetzt worden wäre. Franz jagt die quirlige Eva im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur sagen: Ich habe diesen Text lediglich als Blindtext für die Setzerei Appel in Graz geschrieben. Wenn ich gewusst hätte, dass Sie diese Zeilen lesen, dann hätte ich mir natürlich mehr Mühe gegeben. Immerhin bin ich gelernter Texter und seit 20 Jahren am Üben – zwei Jahrzehnte – da hätte ich wahrlich was Besseres schreiben können als diesen Stuss. Was sollen Sie jetzt von mir denken? Bisher haben Sie Konstantin Jacoby vielleicht für einen ganz ordentlichen Kreativen gehalten – und dann das hier! Ehrlich gesagt: Ich weiß auch nicht, wie mir das passieren konnte. Eine Worthülse nach der anderen! Buchstabe an Buchstabe – Inhalt aber gleich Null. Vermutlich geben Sie mir nie einen Auftrag, nachdem Sie das hier gelesen haben, da kann ich so viele Goldmedaillen haben, wie ich will. Dies ist der Beweis: Jacoby kann’s einfach nicht, Schluss aus!


gemeinsame Illustration der Wahlpflichtfachgruppe im 5. Semester.

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18|Workshop

Boat Project. oben: Monika Kanakova rechts: Urban n채chste Seite: Vorskizze


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Wir sitzen alle im selben Boot

Text: www.blindtextgenerator.de Fotos: Daniel Craig

Das Boat Project fand im ersten Jahrgang Innenarchitektur und 3dimensionale Gestaltung statt. Der Schwerpunkt lag auf Entwurf und Konstruktion. Dies ist ein Typoblindtext. An ihm kann man sehen, ob alle Buchstaben da sind und wie sie aussehen. Manchmal benutzt man Worte wie Hamburgefonts, Rafgenduks oder Handgloves, um Schriften zu testen. Manchmal auch Sätze, die alle Buchstaben des Alphabets enthalten – man nennt diese Sätze „Pangrams“. Sehr bekannt ist dieser: The quick brown fox jumps over the lazy old dog and sings loud. Oft werden in Typoblindtexte auch fremdsprachige Satzteile eingebaut (APPLE and Wefox™ are testing aussi la Kerning), um die Wirkung in anderen Sprachen zu testen. In Lateinisch sieht zum Beispiel fast jede Schrift gut aus: Quod erat demonstrandum. Seit dem Jahr 1975 fehlen in den meisten Testtexten die Zahlen, weswegen nach TypoGb. 204 § 123017 ab dem Jahr 2091 Zahlen in der Texte zur Pflicht werden. Nichteinhaltung wird mit bis zu 29 € oder gar 39 $ bestraft. Genauso wichtig in sind mittlerweile auch Âçcèñtë, die in neueren Schriften aber fast immer enthalten sind. Ein wichtiges aber schwierig zu integrierendes Feld sind OpenType-

Funktionalitäten. Je nach Software und Voreinstellungen können eingebaute Kapitälchen, Kerning oder Ligaturen nicht richtig dargestellt werden. Dies ist ein Typoblindtext. An ihm kann man sehr gut sehen, ob alle Buchstaben da sind und wie sie aussehen. Manchmal benutzt man Worte wie Hamburgefonts, Rafgenduks oder Handgloves, um Schriften zu testen. Manchmal Sätze, die alle Buchstaben des Alphabets enthalten – man nennt diese Sätze „Pangrams“. Sehr bekannt ist dieser: The quick brown fox jumps over the lazy old dog. Häufig werden in Typoblindtexte auch fremdsprachige Satzteile eingebaut (AVAILS® and Wefox™ are testing and c'est aussi la Kerning), um die Wirkung in anderen Sprachen zu testen. In Lateinisch sieht zum Beispiel fast jede Schrift gut aus: Lorem ipsum est quod erat demonstrandum. Seit 1975 fehlen in den meisten Testtexten die Zahlen, die ab dem Jahr 2035 für neue Schriften zur Pflicht werden.


20|Workshop

Informationen sind schön

Informationsdesign-Projekt „Smile for St. Pölten“: Mainstream oder Kultur? Stellt das Cinema Paradiso wirklich einen kulturellen Pluspunkt für St. Pölten dar?

Die Grafiken verwerfen den Vorwurf des Megaplexes, das Cinema Paradiso würde auch Blockbuster spielen. Außerdem konnte man erst anhand der Infografiken feststellen, dass die meisten Filme den Leuten gar nicht bekannt sind.

Die Lesegewohnheiten haben sich in den letzten Jahren seit dem Aufkommen von Online-Medien und dem Web 2.0 stark verändert. Durch die neuen Möglichkeiten, wie Artikel und Meldungen aufbereitet, wo und wann sie konsumiert werden, ergeben sich für die On- und Offlinemedien neue Herausforderungen, denen sich nun auch Designer stellen müssen. Hinzu kommt, dass News-Interessierte ihre Vorlieben und Interessen mit anderen Lesern auf lokaler und internationaler Ebene teilen oder sogar beispielsweise mittels Kommentaren in direktem Austausch mit den Herausgebern selbst stehen. In nahezu jedem Artikel verbergen sich daher eine Vielzahl von „Datenspuren“, und für den Grafiker gilt es, diese neuen und ebenso spannenden Möglichkeiten für den Bereich Informationsdesign zu finden, zu analysieren und zu visualisieren und mit neuen Konzepten diese wieder zum Leser zurückzuführen.

In diesem Workshop stellte sich den Studenten die Aufgabe, die potentiellen Daten, die in einem Artikel oder einer Newskategorie versteckt sind, zu erkennen, zu sammeln und anschließend in eine aussagekräftige Datenvisualisierung zu transformieren. Ausschlaggebend dafür ist, dass die entdeckten Daten die Grundlage für die Kommunikationsidee bieten, die dann, visuell umgesetzt, dem Leser einen anderen (ungeahnten), vielleicht sogar unterhaltsamen, doch auf jeden Fall einfach konsumierbaren Zugang zu einem Thema bieten. Die Studenten konnten sich zwischen zwei verschiedenen Themen entscheiden. Das erste Projekt hieß „Smile for x“, wobei x durch eine beliebige Stadt oder Region auszutauschen war. Anhand der Daten aus den News sollte eine Idee visualisiert werden, die zeigt, warum ein Tourist oder Einheimischer die Stadt lieben sollte. Das zweite Projekt, „Social & Enviroment“, beschäftigte sich mit einem sozialen Thema. Zu beiden Themen wurde entweder eine Plakatserie oder ein Editorial gestaltet.

Text: Mel Seyer (gekürzt von: Marianne Riegelnegg)


Infografik: Sujet 1, Megaplex St. Pรถlten vs Cinema Paradiso Karina Winkelmann cetera_01 |21


22|Workshop


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Infografiken: Karina Winkelmann

Dies ist ein Blindtext. Blindtexte sind zumeist weder informativ noch interessant, sondern ausgesprochen langweilig. So auch dieser.

Smile for St. Pรถlten Mainstream oder Kultur?


24|Workshop


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Einleuchtende Plastiken

Unter dem Titel Einleuchten fand im ersten Jahrgang Innenarchitektur & 3D-Gestaltung ein Workshop mit Dillon Harrison statt. Einige einleuchtende Beispiele werden hier vorgestellt.

Abb. oben: Bubbleup. Installation der Gruppe 12. Abb. links: Jellyfish. (thermoverformte Petflaschen) Projekt von S. Donis, M. Ellensohn, O. Haffner, E. Haslinger, R. Taurok

Nein, meine Texte les ich nicht, so nicht, stöhnte Oxmox. Er war mit Franklin, Rockwell und dem halbtaxgrauen Panther Weidemann in Memphis (Heartbreak Hotel) zugange. Sie warteten auf die fette Gill, um bei der Bank of Helvetica die Kapitälchen in Kapital umzuwandeln. Oxmox liess nicht locker. Ich fleh euch an, rettet meine Copy, gebt meinem Body nochn Durchschuss! Kein Problem, erbarmte sich Old Face Baskerville, streichelte seinen Hund, zog seine einspaltige Poppl, legte an und traf! (Zeidank nichts Ernstes nurn bisschen Fraktur.) Oxmox: Danke, ist jetzt mit Abstand besser. Derweil jumpte der Fox leise over the Buhl, die sich mal wieder immerdar wie jedes Jahr gesellte. Diesmal war Guaredisch ihr Erwählter, weil seine Laufweite einem vollgetankten

Bodoni entsprach und seine ungezügelte Unterlänge ihre Serifen so serafisch streifte, dass sie trotz Techtelmechtelei die magere Futura, jene zuverlässige und gern eingesetzte Langstreckenläuferin, rechtsbündig überholen konnten. Leute, giftelte Tiffany, macht endlich maln Punkt. Und das Komma soll sich gefällixt an die richtige Stelle setzen. Und keine Trennungen. Und nicht zu viele Anschläge heut nacht! Die Goudy war vorbei. Aus einem üblen Geviert tauchte eine Horde Gemeiner auf, angeführt von einem Versalen. Als sie des Grauwerts anblickig wurden, machten sie auf dem Absatz kehrt - ohne Einzug. Die in der letzten Reihe warfen noch schnell eine Handvoll Buchstaben in die Luft, blind darauf vertrauend, dass ... Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte.


26|Workshop

Monokohl. Installation der Gruppe 08.


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Goldnugget. Installation der Gruppe 05.

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28|Kunstgeschichte

Riding with Death, 1987 Acryl und Ölkreide auf Leinwand 248,9 × 289,6cm

Jean-Michel Basquiat Diese Bachelor-Arbeit beschäftigt sich mit dem Leben und dem Werk des Malers Jean-Michel Basquiat, der in den 80er Jahren in New York tätig war. Obwohl er früh starb, hinterließ er ein umfangreiches Œvre an unverwechselbaren, lebendigen Arbeiten. Basquiats Bewunderung für da Vincis Arbeiten in vielen Bereichen – von Malerei über anatomische Studien und maschinelle Konstruktionspläne – wird in vielen seiner eigenen Bilder deutlich. „Die Figuren in Riding with Death sind eine direkte Übernahme einer Zeichnung allegorischen Inhalts von Leonardo da Vinci. Die Bewunderung, die Basquiat fürda Vinci hegte, ist vielfach belegt, und es gibt zahlreicheZitate aus dem Werk des Renaissance-Malers.“ Weitere Beispiele finden sich in großer Zahl. Nennenswert ist hier JeanMichel Basquiats „Mona Lisa“ von 1983, eine paraphrasitische Darstellung des wohl bekanntesten Gemäldes der Welt von Leonardo da Vinci. Dieses Werk wird als Hommage an seine Galeristin Mary Boon verstanden, die als sehr eitel galt. In diesem Sinne ist dieses Gemälde als hässlicher Seitenhieb auf ihre Eitelkeit und auch auf das allgemeine Schönheits- und Frauenideal zu sehen (vgl. Emmerling 2003, S. 50). Möglicherweise ist es sogar ein Seitenhieb auf die Kunst selbst, die, wenn es um die Darstellung


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30|Kunstgeschichte

von Schönheit geht, wie bei der berühmten Mona Lisa, sie so vollkommen wie möglich zu zeigen versucht. Schönheit ist ein obligater Bestandteil des menschlichen Lebens und Erlebens. Daraus ergibt sich, dass die Abwandlung eines Gemäldes, das jedem als das Abbild einer schönen Frau bekannt ist, Entsetzen und Aufmerksamkeit für eine neue Bedeutung hervorruft. Die Darstellung von Frauen bei Basquiat ist kaum erwähnt. Dennoch zeigt sich – wie eben bei der Reproduktion der Mona Lisa – dass ihn das abendländische Frauenbild sehrwohl beschäftigte. Darstellungen von schwarzen Frauen kommen hier nur sehr selten vor. Schwarze Menschen sind im Allgemeinen selten gemalt worden. Höchstens in der Rolle von Bediensteten für die weißen Protagonisten, als Unterdrückte und Sklaven sind sie bildwürdig geworden. Dies bemerkte auch Basquiat, der aus diesem Grund die Schwarzen zu seinen Protagonisten erkor (vgl. Guigan 1985, S. 12). Aber vielmehr auch zu seinen Helden, da er viele schwarze Menschen portraitierte, die, in einer Welt der Unterdrückung durch die Weißen, Erfolg hatten oder aber auch oft daran zerbrachen. Dies soll aber erst später aufgezeigt werden, an dieser Stelle werde ich mich noch einmal zusammenfassend mit Basquiats Frauen-Darstellungen befassen. Einige seiner Arbeiten waren auch von Modezeichnungen beeinflusst. Neben des Themas „Schönheit“ beschäftigte er sich wiederholt der Mann-Frau-Problematik (vgl. Emmerling, S. 49). Im selben Jahr, wie Basquiats „Mona Lisa“ entstand auch ein Gemälde mit dem Titelzusatz „Venus“, eine fratzenhafte Darstellung eines weiblichen Torsos. Das Gesicht der Frau ist an den oberen Bildrand gequetscht und zu einem grässlichen Grinsen verzerrt. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und verteilt über das ganze Format stehen die Brüste, der Bauchnabel und der von Schamhaaren verdeckte Schambereich der Frau. „[…] die Physognomisierung des Körpers, also die gleichzeitige Lesbarkeit des Körpers als Gesicht, könnte von Dubuffet angeregt sein“ (Emmerling 2003, S. 49). „Untiteld (Venus) […] zählt darunter zu den monumentalsten Werken, das in seiner Wucht und Kraft den Einfluss von Dubuffets Werkgruppe «Corps des Dames» vom Anfang der 50er Jahre unmittelbar unter Beweis stellt“ (ebd.). Man kann annehmen, dass Basquiat das Werk des Franzosen Jean Dubuffet kannte. Er besuchte häufig Galerien und Museen und interessierte sich immer sehr für Kunst, besonders aber für die Moderne. Scheuch Kerstin stellte bei einer Gegenüberstellung von Arbeiten Dubuffets und Basquiats „abgesehen von den Materialunterschieden, einige verwandte Tendenzen beziehungsweise auch entgegengesetzte Momente“ fest. Sie erkennt bei beiden „die Reduktion der Darstellungsweise auf die essentielle Form – ohne Berücksichtigung anatomischer Gegebenheiten – die Betonung des Linearen, de[n] Verzicht auf Räumlichkeit, das Rücken des Gegenstandes in die vor-

derste Bildebene und die Kombination von Schriftzeichen und Bildern“ (1998, S. 78f). Ein Unterschied zwischen den künstlerischen Arbeiten ergibt sich weniger auf der formalen, der darstellenden Ebene, als auf der inhaltlichen. Beide Künstler stellen realistische Gegenstände und Momente dar. Es geht ihnen aber schließlich nicht um die bloße Abbildung oder Nachahmung der Realität. Die inhaltliche Bedeutung ist auf eine neue Ebene verlagert, die sich besonders bei Basquiat dem Betrachter nicht gleich erschließt. Laut Scheuch bedient sich Jean Dubuffet stets einer uns verständlichen Bildsprache. Die Darstellung ist einfach und nachvollziehbar. Bei Basquiat ist das bestimmt nicht der Fall. Obwohl auch seine Darstellung linear und einfach ist und die Einzelteile auch erkennbar sind, stehen diese doch in keinem sinnhaften Zusammenhang, sodass sich ein großer Spielraum für Interpretationen und eine Unzahl an Anhaltspunkten für Assoziationen ergeben (vgl. 1998, S. 80). „Er trennt die Bildteile durch Linien, kleine farbige Flächen und das Aneinanderreihen von Wörtern. Aber auch die einzelne Darstellung ist in sich verschlüsselt […]“ (vgl. ebd.). Scheuch Kerstin beschäftigte sich in ihrer Diplomarbeit aus dem Jahr 1998 in erster Linie mit den Gemeinsamkeiten in der Kunst von Jean-Michel Basquiat und Keith Haring, sowie mit dem „Phänomen der 80er Jahre in New York“. Die unmittelbare Wirkung der Werke von Basquiat und Haring stehen in einem krassen Gegensatz (vgl. S. 1). Die „farbig-fleckige, verwirrende Kombination von darstellenden Bildern, Zeichen, Geschriebenem und Gekritzel in Basquiats Werk“ steht im Widerspruch zu „Harings symmetrisch klarer, rhythmischer Komposition. Es handelt sich hier um zwei verschiedene Gestaltungsmodi, die von einer grundsätzlich anderen Auffassung von Farbe und Licht ausgehen.“ Basquiat setzt unregelmäßige Flächen neben- und übereinander. Farbdichte, Mischverhältnis und Material verändern sich (z.B. Acryl- und Ölfarben, sowie Filzstifte auf einem Gemälde) (vgl. ebd.). „Basquiats Strich ist äußerst unregelmäßig: er verändert sich von zögernd-abgesetzt bis entschlossen-kräftig und variiert dabei in Breite und Farbstärke“ (ebd.). Ist das ein Zeichen von Unruhe und Unsicherheit oder zeugt das vielleicht doch von starker künstlerischer Aussagekraft? Scheuch fasst zusammen, dass sich durch die angewandten Gestaltungsmodi ein völlig anderer Gesamtcharakter ergibt. Eine Gemeinsamkeit sieht sie hingegen in der Betonung des Zweidimensionalen, der Bedeutung des Graphischen und dem Bekenntnis zur Gegenständlichkeit. Letzteres ist kennzeichnend für die postmoderne Kunst. Scheuch verweist auf Christa Bürger, die hierfür zwei Erscheinungen als bezeichnend für die Postmoderne anführt: „erstens, die Aufhebung der Trennung von Kunst und


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populärer Kultur, da die Postmoderne keine klare Funktionstrennung von hoher und niederer Kunst vornähme […] Zweitens, die Ästhetisierung des Alltags, ein Prozeß der die Kunst schwächte, da er letztendlich auf die Vernichtung der Distanz zwischen Kunst und Leben ziele“ (S. 4). Scheuch erklärt, dass damit die Annäherung der Kunst an die Massenkultur gemeint sei, „indem sie ihren Anspruch auf Originaliät, Avantgarde und Opposition aufgibt und sich statt dessen die Prinzipien der populären Kultur – direkte, allgemeinverständliche Bildsprache, unmittelbare Wirkung, gefälliger Charakter, etc. – aneignet.“ (ebd.). Erklärt wird das in Bezug auf „die Verwendung unterschiedlicher Gestaltungsmodi“, die scheinbar undifferenziert und willkürlich aufgegriffen und kombiniert werden. „Es kommt dadurch zu einer Gleichzeitigkeit heterogener Bestandteile, die der Überflutung unserer Gesellschaft durch eine Unzahl an verschiedenen Informationen entspricht und in derselben Indifferenz der Öffentlichkeit beziehungsweise des Betrachters resultiert“ (ebd.). „Die Eindrücke der Außenwelt werden von Basquiat miteinander in Zusammenhang gebracht, indem er sie vor einen unter der Verwendung unmodulierter Farben flach bemalten, einem wild bekritzelten oder collagierten Hintergrund miteinander kombiniert“ (Scheuch, S. 6). Ebenfalls entscheidenden Einfluss und wohl auch Vorbild-Wirkung auf Basquiats Kunst hatten Picasso, der frühe Jackson Pollock, Cy Twombly und Franz Kline (vgl. Emmerling 2003, S. 30-31). Aber auch Andy Warhol, mit dem Basquiat auf Anraten Bruno Bischofbergers 1984 an 15 Malereien zusammenarbeite, beeinflusste ihn noch sehr und trug viel zu seiner Bekanntheit bei. Vielmehr war es wohl sogar so, dass beide sich in ihrer Arbeit befruchteten und sich durch die Zusammenarbeit wieder mehr in die Öffentlichkeit drängten. Vor allem um Andy Warhol war es um diese Zeit bereits stiller geworden. Seine Glanzzeit war längst vorbei und mithilfe eines jungen, begabten und scheinbar von allen geliebten, Künstlers strebte er an die Kunstkritiker erneut für sich zu gewinnen. Die Kritik an den gemeinsamen Arbeiten viel aber durchgehend negativ aus (vgl. Berger 2009, S. 180-181). Man kritisierte, dass Warhol zu viel Einfluss auf die gesamte Arbeit genommen hätte. Basquiat selbst sah dies scheinbar anders. In einem Interview mit dem New York Magazine sagte er: „‚I think I’m more economical now‘ […] ‚Every line means something.‘“ (McGuigan 1985, S. 14).

Bildanalyse: Riding with Death. Das dritte und letzte Gemälde, welches ich für meine Arbeit formal analysieren möchte ist „Riding with Death“, das im Jahr seines Todes entstanden ist (Abb. 7). Ich habe dieses Bild ausgewählt, weil es sich deutlich von den

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anderen beiden bereits beschriebenen unterscheidet. Im Gegensatz zu deren formalen Komplexität und Vielschichtigkeit ist dieses in seiner Bildwirkung und Aussage radikal reduziert. In keinem anderen mir bekannten Werk fand er zu einer vergleichbaren „[…] Klarheit der Mittel, die es nicht nur angesichts des nahenden Todes des Künstlers zu einem der besten Gemälde in seinem gesamten Œvre machen“ (Emmerling 2003, S. 82). Das Thema des Todes findet man im gesamten Werk Basquiats. Die vielen Darstellungen von Totenköpfen, Skeletten und durchsichtigen Körpern zeugen weniger von großem Interesse an der Anatomie, als von einer obsessiven Beschäftigung mit der (eigenen) Sterblichkeit, aber auch Leiblichkeit (vgl. Emmerling 2003, s. 79). In diesem Gemälde ist die Todesthematik aber klarer und für den Betrachter im Gegansatz zu anderen Werken auf den ersten Blick zu erkennen. Die Ursache dafür ist mit Sicherheit wohl auch auf die Einfachheit der Stilmittel und der Darstellung zurückzuführen. Der Hintergrund ist nur leicht modelliert und in einem blassen Olivgrün gehalten, das durch Dazumengen von Weiß einen Hang ins Gräuliche bekommt. Diese Farbe findet sich oft bei Basquiat. Des Weiteren weist der Hintergrund einen Hell-Dunkel-Verlauf von rechts nach links auf. Im Vordergrund reitet eine rötlich-braune Figur auf einem Skellett. Der Hintergrund und die Figur weisen daher eine fast komplementäre Farbgebung auf, wodurch die Kontrastwirkung drastisch erhöht wird. Die figürlichen Darstellungen befinden sich ausschließlich in der Mitte des Formates. Die Figur des Todes schließt genau mit der horizontalen Mitte ab. Dadurch entsteht eine imaginäre Horizontlinie. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt gleichfalls in der Bildmitte. Durch die leichte Verschiebung nach rechts der rötlichen, sitzenden Gestalt ensteht ein Gleichgewicht in der Komposition. Würde man nun von den äußeren Gliedern des auf allen Vieren kriechenden Skelettes zum Kopf der menschlichen Figur Linien ziehen, entstünde ein Dreieck. Viele Werke Basquiats wiederholen formelhaft einzelne Elemente, da sie sich verkaufstechnisch als zweckerfüllend erwiesen haben. Hier jedoch verzichtet er vollständig darauf. Nicht einmal die sonst so typische Wort-BildKombination kommt hier zur Anwendung. In seiner starken Reduziertheit bekommt das Gemälde eine Bildwirkung, die das Schreckliche und Zynische der Darstellung in den Vordergrund rückt. „Es ist das Aufgreifen von Bildern aus allen Bereichen des Lebens, ihre stilistische Umgestaltung und die Entfremdung aus dem ursprünglichen Kontext, die Kombination mit anderen Bildern und Begriffen, und daraus resultierende, ambivalente Gestaltungen, welche Basquiats Kunst ausmachen“ (Scheuch, S. 33).


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handschriftliches Weinetikett.


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Redesign eines Weinbaubetriebes Dieses Bachelor-Projekt von Christine Weiß ist ein bereits realisiertes Projekt für einen Weinbaubetrieb in Niederösterreich. Wer würde ihm schon folgen, spät in der Nacht und dazu noch in dieser engen Gasse mitten im übel beleumundeten Hafenviertel? Gerade jetzt, wo er das Ding seines Lebens gedreht hatte und mit der Beute verschwinden wollte! Hatte einer seiner zahllosen Kollegen dieselbe Idee gehabt, ihn beobachtet und abgewartet, um ihn nun um die Früchte seiner Arbeit zu erleichtern? Oder gehörten die Schritte hinter ihm zu einem der unzähligen Gesetzeshüter dieser Stadt, und die stählerne Acht um seine Handgelenke würde gleich zuschnappen? Er konnte die Aufforderung stehen zu bleiben schon hören. Gehetzt sah er sich um. Plötzlich erblickte er den schmalen Durchgang. Blitzartig drehte er sich nach rechts und verschwand zwischen den beiden Gebäuden. Beinahe wäre er dabei über den umgestürzten Mülleimer gefallen, der mitten im Weg lag. Er versuchte, sich in der Dunkelheit seinen Weg zu ertasten und erstarrte: Anscheinend gab es keinen anderen Ausweg aus diesem kleinen Hof als den Durchgang, durch den er gekommen war. Die Schritte wurden lauter und lauter, er sah eine dunkle Gestalt um die Ecke biegen. Fieberhaft irrten seine Augen durch die nächtliche Dunkelheit und suchten einen Ausweg. War jetzt alles vorbei, waren alle Mühe und alle Vorbereitungen umsonst? Er presste sich ganz eng an die Wand hinter

ihm und hoffte, der Verfolger würde ihn übersehen, als plötzlich neben ihm mit kaum wahrnehmbarem Quietschen eine Tür im nächtlichen Wind hin und her schwang. Könnte dieses der flehentlich herbeigesehnte Ausweg aus seinem Dilemma sein? Langsam bewegte er sich auf die offene Tür zu, immer dicht an die Mauer gepresst. Würde diese Tür seine Rettung werden? Tradition und Geschichte des Weinguts Seltenhammer wird über die Schrift aus der Chronik reflektiert. Wer würde ihm schon folgen, spät in der Nacht und dazu noch in dieser engen Gasse mitten im übel beleumundeten Hafenviertel? Gerade jetzt, wo er das Ding seines Lebens gedreht hatte und mit der Beute verschwinden wollte! Hatte einer seiner zahllosen Kollegen dieselbe Idee gehabt, ihn beobachtet und abgewartet, um ihn nun um die Früchte seiner Arbeit zu erleichtern? Oder gehörten die Schritte hinter ihm zu einem der unzähligen Gesetzeshüter dieser Stadt, und die stählerne Acht um seine Handgelenke würde gleich zuschnappen? Er konnte die Aufforderung stehen zu bleiben schon hören. Gehetzt sah er sich um. Plötzlich erblickte er den schmalen Durchgang. Blitzartig drehte er sich nach rechts und verschwand zwischen den beiden Gebäuden. Beinahe wäre er dabei über den umgestürzten Mülleimer gefallen, der mitten im Weg lag. Er versuchte, sich in der Dunkelheit seinen Weg zu ertasten und erstarrte: Anscheinend gab es nur einen einzigen Ausweg.


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SELTENHAMMER seit 1746. Die Familienchronik wird 端ber die Schrift transportiert. Abb. oben: Weinschokolade aus dem Weinviertel


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Christine Weiß gestaltete nicht nur Logo und Etiketten, sondern auch Broschüren, Geschäftspapiere, Weinfächer, Verpackungen und Website.


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Chinchilla type family Die erste Schriftfamilie von X. Weisskopf Chinchilla ist eine auf Modulen basierende Schrift von X. Weisskopf, die sie für ihr BA-Projekt gestaltet hat. Dies ist ein Typoblindtext. Auch gibt es niemanden, der den Schmerz an sich liebt, sucht oder wünscht, nur, weil er Schmerz ist, es sei denn, es kommt zu zufälligen Umständen, in denen Mühen und Schmerz ihm große Freude bereiten können. Um ein triviales Beispiel zu nehmen, wer von uns unterzieht sich je anstrengender körperlicher Betätigung, außer um Vorteile daraus zu ziehen? Aber wer hat irgend ein Recht, einen Menschen zu tadeln, der die Entscheidung trifft, eine Freude zu genießen, die keine unangenehmen Folgen hat, oder einen, der Schmerz vermeidet, welcher keine daraus resultierende Freude nach sich zieht? Ein Typoblindtext zeigt das Aussehen der Buchstaben eines Alphabetes und auch ob alle vorhanden sind. Es ist auch wichtig zu testen, ob auch Ligaturen, Sonderzeichen, Zahlen und mathematische Zeichen da sind. Dies ist ein Typoblindtext. An ihm kann man sehen, ob alle Buchstaben da sind und wie sie aussehen. Manchmal benutzt man Worte wie Hamburgefonts, Rafgenduks oder Handgloves, um Schriften zu testen. Manchmal Sätze, die alle Buchstaben des Alphabets enthalten – man nennt diese Sätze »Pangrams«. Sehr bekannt ist dieser: The quick brown fox jumps over the lazy old dog. Oft werden in Typoblindtexte auch fremdsprachige Satzteile eingebaut (AVAIL® and Wefox™ are testing aussi la Kerning), um die Wirkung in anderen Sprachen zu testen. In Lateinisch sieht zum Beispiel fast jede Schrift gut aus. Quod erat demonstrandum. Seit 1975 fehlen in den meisten Testtexten die Zahlen, weswegen nach TypoGb. 204 § ab dem Jahr 2034 Zahlen in 86 der Texte zur Pflicht werden. Nichteinhaltung wird mit bis zu 245 € oder 368 $ bestraft. Manchmal benutzt man Worte wie Hamburgefonts, Rafgenduks oder Handgloves, um Schriften zu testen. Manchmal Sätze, die alle Buchstaben des Alphabets enthalten – man nennt diese Sätze »Pangrams«.

Alle unter einem Dach. Chinchilla ist eine große Schriftfamilie mit charmantem und sympatischem, aber gleichwohl ausdrucksstarkem Charakter.


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Drei Freunde. Drei B체cher. Editorial Design + Plakate und Einladungen zur Pr채sentation.


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Freundschaft in Momenten Maria Krasa widmete ihre praktische Bachelor-Arbeit ihren besten Freunden. Sie widmete jedem ein eigenes Buch mit eigenem Design basierend auf Schriftwahl und Farbkodierung. Ein wirklich schöner Freundschaftsdienst. Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen Sie in Buchstabhausen an der Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den allernötigsten Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – wahrlich ein geradezu unorthographisches Leben. Eines Tages aber beschloß eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es endlich die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rethorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unterwegs traf es eine Copy. Die Copy warnte unser Blindtextchen, da,

wo sie herkäme wäre sie zigmal umgeschrieben worden und alles, was von ihrem Ursprung noch übrig wäre, sei das Wort „und“ und das Blindtextchen solle umkehren und wieder in sein eigenes, sicheres Land zurückkehren. Doch alles Gutzureden konnte es nicht überzeugen und so dauerte es nicht lange, bis ihm ein paar heimtückische Werbetexter auflauerten, mit Longe und Parole betrunken machten und es dann in ihre Agentur schleppten, wo sie es für ihre Projekte wieder und wieder mißbrauchten. Und wenn es nicht umgeschrieben wurde, dann benutzen sie es immer noch. Hinter den Wortbergen, fern der großen Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen sie in Buchstabhausen an der weißen Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein kleines Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit den allernötigsten Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen – ein paradiesmatisches Land.


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Vom Aufbrechen zeitgenössischer Nomaden Denise Kopf; Auszug aus ihrer praktischen Bachelor-Arbeit. Ich bin ständig in Bewegung, steige ein, steige aus oder um. Manchmal reise ich so lange, dass ich mich noch im Schwebezustand befinde und in der Früh nicht weiß, wo ich gerade bin.

mannigfaltige Gräschen mir merkwürdig werden; wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzähligen, unergründlichen Gestalten der Würmchen, der Mückchen näher an meinem Herzen fühle, und fühle die Gegenwart des Allmächtigen, der uns nach seinem Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingeBilde schuf, das Wehen des Alliebenden, der uns in ewiger nommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, die ich mit Wonne schwebend trägt und erhält; mein Freund! ganzem Herzen genieße. Ich bin allein und freue mich Wenn's dann um meine Augen dämmert, und die Welt um meines Lebens in dieser Gegend, die für solche Seelen mich her und der Himmel ganz in meiner Seele ruhn wie geschaffen ist wie die meine. Ich bin so glücklich, so ganz die Gestalt einer Geliebten – dann sehne ich mich oft und in dem Gefühle von ruhigem Dasein versunken, dass meine denke : ach könntest du das wieder ausdrücken, könntest Kunst darunter leidet. Ich könnte jetzt nicht zeichnen, du dem Papiere das einhauchen, was so voll, so warm nicht einen Strich, und bin nie ein größerer Maler gewesen in dir lebt, dass es würde der Spiegel deiner Seele, wie als in diesen Augenblicken. deine Seele ist der Spiegel des unendlichen Gottes! – mein Freund – aber ich gehe darüber zugrunde, ich erliege unter Wenn das liebe Tal um mich dampft, und die hohe Sonne der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheinungen. an der Oberfläche der undurchdringlichen Finsternis Ich erliege unter der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheimeines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in nungen. Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze das innere Heiligtum stehlen, ich dann im hohen Grase Seele eingenommen, gleich den süßen Frühlingsmorgen, am fallenden Bache liege, und näher an der Erde tausend die ich mit ganzem Herzen genieße.


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Reiselust. Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen.


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Ein Bilderbuch mit unvergesslichen Momenten. Ein Leporello mit den schÜnsten Bildern, die während der Bachelorarbeit entstanden sind. Am Ende des Bilderbuches befindet sich ein Kontaktabzug der insgesamt 24 Bilder.


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„Heimat ist Nichtort …, Heimat ist Utopie. Am intensivsten wird sie erlebt, wenn man weg ist und sie einem fehlt; Das eigentliche Heimatgefühl ist das Heimweh.“ Bernhard Schlink


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Architecture goes Fashion Der zweite Jahrgang Innenarchitektur und 3D-Gestaltung zeigt, dass Kleidungsstücke auch dreidimensionale Objekte sind. Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen Sie in Buchstabhausen an der Küste des Semantik, eines großen Sprachozeans. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Noch nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein geradezu unorthographisches Leben. Eines Tages aber beschloß eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rethorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Unterwegs traf es eine Copy. Die Copy warnte unser Blindtextchen, da, wo sie herkäme wäre sie zigmal umgeschrieben worden und alles, was von ihrem Ursprung noch übrig wäre, sei das Wort „und“ und das Blindtext-

chen solle umkehren und wieder in sein eigenes, sicheres Land zurückkehren. Doch alles Gutzureden konnte es nicht überzeugen und so dauerte es nicht lange, bis ihm ein paar heimtückische Werbetexter auflauerten, es mit Longe und Parole betrunken machten und es dann in ihre Agentur schleppten, wo sie es für ihre Projekte wieder und wieder mißbrauchten. Und wenn es nicht umgeschrieben wurde, dann benutzen Sie es immernoch. Weit hinten, hinter den Wortbergen, fern der Länder Vokalien und Konsonantien leben die Blindtexte. Abgeschieden wohnen Sie in Buchstabhausen an der Küste der Semantik, eines großen Sprachozeans. Ein winziges Bächlein namens Duden fließt durch ihren Ort und versorgt sie mit nötigen Regelialien. Es ist ein paradiesmatisches Land, in dem einem köstliche gebratene Satzteile in den Mund fliegen. Nicht einmal von der allmächtigen Interpunktion werden die Blindtexte beherrscht – ein geradezu unorthographisches Leben. Eines Tages aber beschloß eine kleine Zeile Blindtext, ihr Name war Lorem Ipsum, hinaus zu gehen in die weite Grammatik. Der große Oxmox riet ihr davon ab, da es dort wimmele von bösen Kommata, wilden Fragezeichen und hinterhältigen Semikoli, doch das Blindtextchen ließ sich nicht beirren. Es packte seine sieben Versalien, schob sich sein Initial in den Gürtel und machte sich auf den Weg. Als es die ersten Hügel des Kursivgebirges erklommen hatte, warf es einen letzten Blick zurück auf die Skyline seiner Heimatstadt Buchstabhausen, die Headline von Alphabetdorf und die Subline seiner eigenen, so gewohnten Straße, der Zeilengasse. Wehmütig lief ihm eine rethorische Frage über die Wange, dann setzte es seinen Weg fort. Pedmolori aus.


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oben: Projekt von Andreas Radlinger unten: Projekt von Katrin Baumgartner


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Dieses ist ein Blindtext. Bitte beachten Sie den weiteren Inhalt dieses Textes nicht. Es handelt sich tatsächlich, so war mir Gott helfe, nur um einen Blindtext. Ja ja, ich merke schon, Sie können es wohl nicht lassen. Na gut, dann erzähle ich jetzt einen Witz: Wie viele Blondinen braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln? Fünf, eine, die die Glühbirne hält, und vier, die das Zimmer drehen. Soso, jetzt lachen Sie auch noch, wo ich doch ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, den Text überhaupt nicht weiter zu lesen. Manche Leute müssen einfach permanent Regeln brechen. Verdammt noch mal, hier kommt nichts mehr, was auch nur irgendwie von Relevanz wäre. Nonsens sozusagen. Nonsens, Nonsens, Nonsens. So was von Nonsens. Glauben Sie es jetzt? Nichts wichtiges mehr. Gar nichts. Das Telefonbuch wäre interessanter, da lernt man vielleicht noch nette Leute kennen. Oder an die Wand kucken. Was man auf so einer Wand alles sehen kann: Wand, Wand, etwas Wand, Spinnenweben (kommt auf die Wand an), Bilder (so vorhanden), Spiegel, keine Bilder, keine Spiegel und andere Sachen. Jedenfalls, um es kurz zu machen, viel interessantere Dinge als diesen Text. Man kan n ja auch einfach mal nichts machen. Einfach mal das etwas etwas sein lassen und nichts machen. Keine Texte lesen, vor allem keine Blindtexte. Und wenn schon Blindtexte, dann auf gar keinen Fall diesen hier. Weil, ich glaube, das hatte ich schon erwähnt, dieser Blindtext absolut keinen Inhalt hat. Sicher, es gibt auch noch andere Dinge, die keinen Inhalt haben, eine leere Flasche zum Beispiel. Obwohl, da ist ja noch Luft drin. Also dann halt eine Flasche mit keiner Luft drin, also mit einem Vakuum.

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Ich bin nur ein kleiner Blindtext. Wenn ich einmal gross bin, will ich Ulysses von James Joyce werden. Aber jetzt lohnt es sich noch nicht, mich weiterzulesen. Denn vorerst bin ich immernoch nur ein kleiner Blindtext.

Mist, ist ja doch was drin (das Vakuum, meine ich). Oder, anderes Beispiel, der Kopf von Jenny Elvers. Außer dem halben Brötchen mit Teewurst ist da nämlich auch nichts drin. Wobei der Wert dieses halben Teewurstbrötchens den Wert dieses Blindtextes bei weitem übersteigt. Bei weitem ist noch untertrieben. So wie dieser Blindtext inhaltsleer ist, so untertrieben ist der eben genannte Vergleich. Also mindestens doppelt so untertrieben. Aber ich glaube, bei diesen Größenordnungen von Untertriebensein wäre jeder Vergleich Nonsens. So wie dieser Blindtext. Dies ist ein Blindtext. Bitte beachten Sie den weiteren Inhalt dieses Textes nicht. Es handelt sich tatsächlich, so war mir Gott helfe, nur um einen Blindtext. Einen erblindeten Blindtext.


50|Innenarchitektur & 3-dimensionale Gestaltung

Durch mich gebiert das Netz die Kunst aus sich selbst heraus. Nicht schlicht reproduktiver Natur, repräsentiere ich vielmehr die stetige Evolution des Wortes, das sich Bahn brechen will aus der Gefangenschaft gestalterischer Experimente in die Freiheit des Üffentlichen Raums. Vielleicht bald schon!


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Project Hotch Potch Reihenhäuser. Haus reiht sich an Haus. Wand an Wand. Ein bewährtes Wohnmodell wurde neu interpretiert. Freilebende Gummibärchen gibt es nicht. Man kauft sie in Packungen an der Kinokasse. Dieser Kauf ist dann der Beginn einer fast erotischen und sehr ambivalenten Beziehung Gummibärchen-Mensch. Zuerst genießt man. Dieser Genuß umfaßt alle Sinne. Man wühlt in den Gummibärchen, man fühlt sie. Gummibärchen haben eine Konsistenz wie weichgekochter Radiergummi. Die Tastempfindung geht auch ins Sexuelle. Das bedeutet nicht unbedingt, dass das Verhältnis zum Gummibärchen ein geschlechtliches wäre, denn prinzipiell sind diese geschlechtsneutral. Nun sind Gummibärchen weder wabbelig noch zäh – sie stehen genau an der Grenze. Auch das macht sie spannend. Gummibärchen sind auf eine aufreizende Art weich und da sie weich sind, kann man sie auch ziehen. Ich mache das selbst sehr gerne. Ich sitze im dunklen Kino und ziehe meine Gummibärchen in die Länge, ganz ganz langsam. Man will sie nicht kaputtmachen, und dann siegt doch die Neugier, wieviel Zug so ein Bärchen aushält. (Vorstellbar sind Gummibärchen-Expander für Kinder und Genesende). Forscherdrang und gleichzeitig das Böse im Menschen erreichen den Climax, wenn sich die Mitte des gezerrten Bärchens von Millionen Mikrorissen weiß färbt und gleich darauf das zweigeteilte Stück auf die Finger zurückschnappt. Man hat ein Gefühl der Macht über das hilflose, nette Gummibärchen. Wie man damit umgeht: Mensch erkenne dich selbst!

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52|Innenarchitektur & 3-dimensionale Gestaltung

Tanzen im „Sphere“ Schön, dass Sie neugierig reinschauen, obwohl hier gar kein richtiger Text steht.

Hier sehen sie stattdessen nur den sogenannten Blindtext. Der soll Ihnen diesmal aber mehr Spass machen als das „Eiriseididum“ oder das „Kisuaheli omryx nomryx“ oder dieses „Iam quanto minoris constat haec felicitas accessio!“ oder „In general, bodytypes are measured in the typographical point size“. Dieser Blindtext will Ihnen nämlich dreierlei sagen: Erstens will er den Texter entschuldigen – tut uns leid, aber es war einfach unmöglich, das Ding gestern nacht noch exakt auf Länge runterzuschreiben. Das Briefing, Sie wissen schon. Schwieriges Thema. Und die Freundin ist krank, und der Freund wollte unbedingt in diesen neuen Film. Also sorry. Ja, und zweitens haben wir Sie bis hierhin zum Lesen gebracht und wollen damit belegen, dass nicht alle Marktforscher und Kaffeesatzzleser recht haben, die sagen, dass unser armer Freund Otto Normalverbraucher und seine hässliche Schwester Lieschen Müller maximal Null Komma gar kein Interesse haben für Texte. Das Wort will uns ja auch nur warnen. Drittens sollten wir für ein paar Zeilen abschweifen und uns dem Gegenstand unserer Bemühungen zuwenden. Was heisst überhaupt Blindtext? Macht er blind, und wenn ja, wen? Die Grafiker und Typografen, die solange blind in die Tasten hauen, bis ein Schreiber die Zeilen mit Sinn füllt? Ich denke, das Wort will uns ja auch nur warnend darauf hinweisen, dass viel zu oft nach dem Motto „Augen zu und durch“ verfahren wird bei der verantwortungsvollen Aufgabe, Grauwert zu verteilen. Ja sapperlot, sagen Sie jetzt vielleicht (wenn der Layouter den Text bis hierhin aus formalen Gründen noch nicht abgeschnitten hat), man sollte doch in einem Layout nur sehen können, wie das Schriftbild überhaupt aussieht: Welche Schrift haben wir, in welcher Grösse, wie sind die Buchstabenabstände und so weiter. (Form follows function?) Trotzdem: Vielleicht ist ja die aktuelle, zeitgeistige und allgemeine Missachtung interessanter, unterhaltsamer und ausschweifender Betrachtungen darin zu suchen, dass sie präsentiert wird erst mal in Form von Blindtext, also Blödsinnstext (siehe oben). Und wie sollen Sie, der geneigte Kunde, denn ahnen, wie spannend das später sein könnte. Stellen Sie sich mal vor, hier würde nix stehen.


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Nichts über Ihr Produkt, nichts über Ihre Leistungen, nichts über Ihren Service, nichts über Ihre tollen Leute. Nichts über Ihr Angebot, nichts über Ihren Stolz, nichts über Ihr Engagement, nichts über Ihren Optimismus. Wäre doch schade, oder? Für den Fall, dass Sie jetzt der Meinung sind, es gäbe über Ihre Sache ja gar nicht so viel zu sagen, gibt es diese alte Werberegel als Trost und Ansporn: Wenn Sie wirklich nichts zu sagen haben, dann sagen Sie das wenigstens lustig. Genug jetzt: Die durchschnittliche klassische Käfer-Anzeige hatte 632 Anschläge, und wir sind schon weit drüber. Warten Sie erstmal ab, wie schön der Text ist, der später hier gedruckt wird. Viel Spaß beim Lesen!

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Alle Abbildungen: Wiener Tanzloft „Sphere“ Bachelor-Projekt von Magdalena Baum


54|Innenarchitektur & 3-dimensionale Gestaltung

Hoffentlich wird es kein Hurenkind! Liebesbrief an die Type. Wie beiläufig, beim Umblättern der Buchseiten, habe ich Dein B berührt. Man hatte Dich mir als Type geschildert, der man in allen Bibliotheken begegnet: sehr belesen, doch eher unscheinbar, von etwas altmodelnder Art. Mir aber gefiel Deine Anmutung, kleine Antiqua.

Zwei flinke Boxer jagen die quirlige Eva und ihren Mops im Taxi durch Sylt. Falsches Üben von Xylophonmusik quält jeden größeren Zwerg. Nicht zu verschweigen Deine weiblichen Rundungen, Deine Os und Dein verlockendes V, das sich mit deutlichem Duktus durch das feine Dünndruckpapier wie in seidenen Dessous abdrückte. Mein Puls beschleunigte seine Frequenz. Wieder wollte ich Dich berühren. Und konnte kaum den Windstoss erwarten, der meine Textseite zu Dir zurückblies. Was nur sollte ich sagen, während Du mich mit Deinen ausdrucksvollen As ansahst? Vielleicht zunächst ein sachliches Gespräch über die Vorzüge der Linksoder Rechtsbündigkeit mit Dir beginnen. Ganz unauffällig konnte ich so Deine schlanken Ober- und Unterlängen studieren und den Anblick Deiner zierlichen Füsschen und Serifen geniessen. Nach einer gewissen Laufweite fasste ich mir ein Herz, Dich zu einem Zwiebelfisch-Imbiss einzuladen. Wir schlürften alten Linotype-Wein aus schlanken Versalien. Und unsere Gefühle wurden tiefer, unsere Haltung kursiver. „Ach, ich wünsche mir“, hauchtest Du, „einen süssen, kleinen Schusterjungen von Dir.“ „Hoffentlich“, dachte ich, „wird es kein Hurenkind!“

Text: www.all2e/Ressourcen/Blindtexte.com


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Impressum Š 2011 cetera_Magazin der New Design University St. PÜlten 1. Auflage Konzept & Grafische Gestaltung: Marianne Riegelnegg Text: www.blindtextgenerator.at, www.all2e.com/Ressourcen/Blindtexte, Marianne Riegelnegg Verwendete Schriften: Thesis Monospace, Zine SlabSerif Display, Zine Serif Display, Zine SansSerif Display Papier: Munken Pure, 120 g/m2 Druck: Druckerei Eigner, Neulengbach gebunden von: Marianne Riegelnegg


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