FIVE Special Edition

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VORWORT

SIMPLY THE BEST Michael Jordan wird 50 und die Basketballwelt feiert ihren größten Sohn. Zurecht. Der Mann ist und bleibt eben der beste Basketballspieler aller Zeiten. Aber wie können wir von der FIVE den G.O.A.T. huldigen? Noch eine Story über die unglaubliche Karriere und seinen unvergleichlichen Hunger nach Erfolg schien unangebracht. Es wurde halt schon alles über diesen Mann geschrieben und spannende Neuigkeiten über ihn gibt es (leider) nicht. Aber muss man denn etwas neues schreiben? Wenn man, wie ich, ein Heft herausbringt, was einen so hohen Anspruch hat wie die FIVE, welches gespickt ist mit erstklassigen, unvergesslichen Artikeln der aus meiner Sicht besten Basketball-Redakteure Deutschlands kann man auch einmal inne halten und im Archiv wühlen. Also entschied ich mich kurzerhand eine „Greatest Hits“ Ausgabe zu machen mit den besten Michael Jordan Stories, die je unter dem FIVE Dach erschienen sind. Quasi das Beste für den Besten von den Besten.

Und das ist eine Menge! Die Ausgaben 11, 12, 62, 81 und 83 beinhalteten allesamt Jordan Artikel, die einfach zu gut sind, um sie nur einmal zu printen und dann für immer im Archiv verschwinden zu lassen. Diese Artikel sind zeitlos und können ... nein sollten, immer wieder mal gelesen werden, damit wir Basketballfans niemals vergessen, was wir an diesem Mann gehabt haben. Und die vielen neuen jungen Basketballfans, die wir in den letzten Jahren gewonnen haben, werden es zu schätzen wissen, ALLES über diesen Basketballer zu erfahren, den sie wahrscheinlich nur von Videos auf Youtube kennen. Anstatt also auf die zweite Hälfte der Saison 2012/13 zu schauen und Prognosen zu machen, wer am Ende Champion sein wird, möchten wir nun ausnahmsweise mal die Zeit zurückdrehen. Für den Champion der Champions. Ich präsentiere euch mit viel Stolz die Jordan Edition der FIVE.

Christian Grosse (Herausgeber)


NBA Legends

Michael >>Air<< Jordan

Air Jordan TIMELINE

AIR JORDAN 2

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1978 • Schafft es als Sophomore nicht ins Team der Laney Highschool.

1980 • Besucht das Five-StarCamp. Scouts und Coaches in den ganzen USA werden erstmals aufmerksam.

1981 • Schreibt Briefe an UCLA, um dort zu spielen. Doch die Bruins antworten nicht.

1982 • 29.03. Trifft den Gamewinner im NCAA-Finale gegen Georgetown. UNC gewinnt 63:62.

1983 • Gold mit Team USA bei den Panam-Spielen in Caracas, Venezuela. • Gewinnt Wahl zum Collegespieler des Jahres.

1984 • Gewinnt Wahl zum Collegespieler des Jahres. • An dritter Stelle von den Bulls gedraftet. • Unterschreibt Vertrag bei

Nike für 2,5 Millionen Dollar. Sein Rookievertrag bringt sechs Millionen in sieben Jahren. • Olympia-Gold in Los Angeles.

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MICHAEL

„AIR“

JORDAN I.

OHNE MICHAEL JORDAN WÄREN WIR ALLE GAR NICHT HIER. FIVE BRINGT EUCH DAS LEBEN VON AIR IN ZWEI TEILEN!

Text : andre voigt

Foto: NBA E/Getty Images/Fernando Medina

M

Momente nach „The Shot II“. Der zweite Three-Peat ist im Sack.

ichael Jordan. Der Name steht für Basketball wie kein anderer. Ohne ihn hätte es den großen Boom der 90er-Jahre nie gegeben. Die NBA wäre hierzulande nur eine kryptische Buchstabenreihe. Wir würden auf dem Weg zum Korb nicht die Zunge rausstrecken, es gäbe keine langen Shorts, wir würden keine Air Jordans tragen. Die Geschichte von Air wurde schon oft erzählt. Trotzdem will es FIVE sich nicht nehmen lassen, dem größten Basketballer aller Zeiten zu huldigen. Denn: Ohne ihn würde es auch uns nicht geben! Lest in dieser Ausgabe alles über MJs Weg in die NBA und sein Jahr als Rookie. In FIVE #12 folgen dann die Championships, die Comebacks – und die dunklen Seiten … Michael Jeffrey Jordan wächst nicht in den typischen NBA-Verhältnissen auf. Während Mutter Deloris in einer Bank arbeitet, bringt Vater James gleich zwei Gehälter nach Hause: eines als Abteilungsleiter in einem Werk der Firma General Electric und seine Pension der U.S. Air Force, bei der Michaels Dad jahrelang gedient hatte. Die siebenköpfige Familie lebt in Wilmington, einer netten Kleinstadt an der Atlantikküste North Carolinas, weit weg von den Problemen der Ghettos in den US-Großstädten. Zwar existiert im Süden noch immer der latente Rassismus, die Jordans achten aber sehr darauf, dass Michael – den damals noch alle „Mike“ nennen – und seine Geschwister keine Farbe sehen. Von den fünf Jordan-Kids wird im Haushalt viel erwartet. Sie helfen an allen Ecken und Enden, jeder hat seine Aufgabe. Auch Mike – doch der findet immer wieder einen Weg, sich das Leben etwas einfacher zu machen. Sei es durch geschickte verbale Manöver, oder indem er sich einfach mit ein wenig Taschengeld freikauft. Außerdem liebt Mike Sport, vor allem Baseball. 1975 wird er im Alter von zwölf Jahren zum „Mr. Baseball“ der „Dixie Youth Baseball Association“ gewählt. Der Sport mit dem Schläger und den Bases ist seine erste Liebe. Er spielt Pitcher oder steht im Outfield. Auch Basketball >>

1985 • Rookie-Punkterekord mit 49 gegen Detroit. • Jordan wird Rookie des Jahres mit 28,2 PPG, 6,5 RPG, 5,9 APG und 2,4 SPG. • Isiah Thomas führt

1986 angeblich eine Intrige beim All-Star-Game in Indianapolis. Jordan soll den Ball nicht bekommen, weil die Veterans denken, dass er zu früh zu

viel Aufmerksamkeit (Geld) bekommt. • Verliert beim SlamDunk-Wettbewerb gegen Dominique Wilkins. • Air Jordan-Kollektion

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wird präsentiert. Die Bulls verbieten MJ, seine Schuhe zu tragen – das Design passte nicht zu den Teamfarben. Die NBA überstimmt die Bulls.

• Im dritten Spiel der Saison bricht sich MJ den Fuß. Jordan kehrt nach 64 Spielen ins Team zurück. • 20.04. Scort 63 Punkte in den Playoffs gegen

Boston. Playoffrekord. • MJ macht seinen Abschluss bei UNC in Kultur-Geographie.

• Die Air Jordan-Kollektion bringt Nike allein im ersten Jahr 130 Millionen Dollar.

1987 • Gewinnt Slam-DunkContest in Seattle gegen Jerome Kersey. • 58 Punkte und ClubRekord-26 von 27 Freiwürfen gegen New Jersey.

• 61 Punkte gegen Detroit. • 61 Punkte gegen Atlanta. MJ ist der erste Spieler, der seit Wilt Chamberlain (1962/63) 3.000 Zähler in einer Saison erzielt.

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NBA Legends

Michael >>Air<< Jordan

>> hat es ihm angetan. Mit seinem älteren Bruder Larry liefert er sich harte Duelle auf dem kleinen Basketballplatz, den James Jordan für seine Kids gebaut hat. Larry ist zwar nur 1,70 Meter groß, packt aber eine Menge Muskeln, Sprungkraft und Talent in seinen kleinen Körper. Es soll Jahre dauern, bis der Jüngere den Älteren im Eins-gegen-eins schlagen soll. Bis es soweit ist, wartet eine Menge Frust auf den kleinen Mike. Er ist schnell, kann springen, gegen Larry reicht all das aber einfach nicht. Michael beschließt zu wachsen, um seinem Bruder den entscheidenden Vorteil in ihren Spielen zu nehmen. Immer wieder hängt er sich minutenlang an eine Reckstange – in der Hoffnung, so einen Zentimeter aus seinem Körper herauszukitzeln. Die Niederlagen im Hof entzünden ein Feuer in Michael Jordan. Dieses Feuer erhält eine Menge Zündstoff, während Mike in der zehnten Klasse an die Laney High School kommt. Pop Herring ist dort Trainer der ersten Basketballmannschaft. Er lädt Michael zusammen

„ER WAR NIE EIN UNC-FAN. ICH GLAUBE, DAS WURDE ER ERST IM SOMMER NACH SEINEM JUNIOR-JAHR, ALS WIR ANFINGEN, IHN WIRKLICH ZU REKRUTIEREN.“ ROY WILLIAMS mit dessen Freund Roy Smith zum Probetraining ein. Als die Aufstellung für das Laney-Team später bekannt gegeben wird, ist Michael am Boden zerstört. Während Smith im Team ist, bleibt für Jordan nur die zweite Mannschaft. Er ist einfach körperlich noch nicht so weit. Fred Lynch, Assistenztrainer in Laney zu dieser Zeit, erklärt in David Halberstams Buch „Playing for Keeps“, warum Jordan es damals nicht ins Team schaffte. „Wir wussten, dass Michael gut ist“, sagt er. „Aber wir wollten, dass er mehr spielt, deshalb schien uns das zweite Team besser für ihn zu sein.“ Eine Meinung, die Mike nicht wirklich teilt. Die Absage treibt ihn nur noch weiter an. Fortan zerstört er regelrecht seine Gegner bei den Spielen der Reserve. Sein Killerinstinkt wird geboren.

NORTH CAROLINA UND MANNHEIM Pat Ewing (l.) und Michael Jordan. Schon im College ließ MJ Pat keinen Ring gewinnen.

Als Jordan in die elfte Klasse kommt, erlebt er einen Wachstumsschub. Er ist jetzt 1,90 Meter groß. Trotzdem hat ihn keine der großen Unis auf ihrem Talentsichtungsradar. Was auch nicht verwunderlich ist, spielt er doch erst seine Premierensaison in der Varsity der Laney Highschool. Es gibt kein Internet, keine TV-Übertragung von Schulspielen. Mundpropaganda und Zeitungsberichte sind die Hauptinformationsquelle der Colleges. Eine dieser Quellen ist Michael Brown, Athletic Director des Schulbezirks New Hanover. Früh in der Highschool-Saison 1979/80 ruft er Roy Williams an, der ein junger Assistent von Coach Dean Smith an der University of North Carolina (UNC) ist. Brown erzählt ihm von Mike Jordan, dem besten jungen Athleten, den er je gesehen hat. Williams arrangiert einen Trip zu einem Spiel der Laney High, den schließlich ein anderer Assistent namens Bill Guthridge antritt. Leider ist die Reise nicht sehr aussagekräftig. Jordan nimmt an diesem Tag zumeist Sprungwürfe aus der Mitteldistanz. Immerhin fällt Guthridge auf, dass dieser Junge „einen extra Gang hat“. „Er wurde noch nicht gemolken“, antwortet er auf Dean Smiths Frage, was dieser Jordan für ein Spieler sei. Es ist seine Art zu sagen, dass in diesem Kerl eine Menge Talent steckt, das noch nicht durch Coaching in die richtige Form gebracht wurde. MJ fehlen zu dieser Zeit einfach noch die Fundamentals. Der Trainerstab beschließt, Mike Jordan im Auge zu behalten und ihn zum jährlichen Basketball-Camp von Dean Smith einzuladen. „Michael kam damals an einem Sonntagnachmittag zu unserem Camp. Wir trainierten 20 Minuten und ich bat ihn, noch weitere 20 Minuten zu bleiben“, erinnert sich Roy Williams. „Danach ging er den ganzen Weg bis zur Tür und schlich sich für eine weitere Einheit Michael war von Beginn an ein Liebling der Industrie und der NBA. Kein Spieler wurde je so schnell von der Liga gehyped und mit sämtlicher Marketing-Power der Liga gefördert.

1988 • Gewinnt den ersten von sieben aufeinander folgenden Topscorer-Titeln. • Erste von sieben Berufungen ins All-NBAFirst-Team in Folge.

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• Hat eine Serie von sieben Triple-Doubles. • Gewinnt den Slam-DunkContest gegen Dominique Wilkins in Chicago. • Wird erstmals NBA-MVP.

1989 MJ ist wieder Scoring Champ (35,0) und wird auch noch Verteidiger des Jahres. Den MVPAward nimmt er nicht persönlich entgegen,

weil er in North Carolina Golfstunden nimmt. • Erste von sechs Ernennungen zum All-Defensive-Team in Folge.

• 07.05. Craig Ehlo wird berühmt. MJ trifft „The Shot“ und die Bulls schlagen Cleveland 101:100 im fünften Spiel der zweiten Playoff-Runde.

1990 • 02.09. MJ heiratet um 02:30 Uhr in der “Little White Chapel” in Las Vegas Juanita Vanoy. Zusammen mit vier Freunden waren sie mit

einem Taxi vorgefahren. • Im ersten Spiel der Saison scort Jordan 54 Punkte gegen Cleveland. • MJ spielt vor 35.427 Fans gegen die T-Wolves.

• Überholt Bob Love (12.623 Punkte) und ist jetzt der beste Scorer der Bulls-Geschichte. • MJ muss gegen Orlando mit der Nummer „12”

spielen, die „23“ wurde aus der Trikottasche der Bulls gestohlen. • Karriere-Bestleistung: 69 Punkte gegen Cleveland.

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Foto: NBA E/Getty Images/Andrew D. Bernstein, Walter Iooss Jr. (3), Scott Cunningham

zurück. Damals dachte ich, dass er ein wundervolles Talent war. Niemand konnte aber ahnen, was aus ihm werden würde, weil niemand wusste, wie ehrgeizig er war, wie hart er an sich arbeiten würde – und wie viel Herz er hatte.“ North Carolina ist die erste Uni, die sich wirklich für MJ interessiert, und obwohl das so bleiben soll, beschließt Williams, Jordan ins renommierte FIVE-Star-Camp von Howard Garfinkel zu bringen. Während Mike im Smith-Camp nur gegen regionale Talente brillierte, trifft er bei FIVE-Star auf die Top-Teenager der USA. Dunken ist dort verboten, es geht nur um Drills, die Technik in der Offense und Defense. Garfinkel braucht nicht lange, um zu sehen, dass dieser Mike Jordan etwas ganz Besonderes ist. „Eigentlich überzeugte mich ein einziger Spielzug“, erinnert sich „Garf“ in „Playing for Keeps“. MJ spielte Defense, klaute seinem Gegenüber den Ball und sprintete über das Feld für einen einfachen Korbleger. Eine alltägliche Aktion, sicher – doch der Antritt, den Jordan nach dem Ballgewinn zeigte, war der schnellste, den Garfinkel je gesehen hatte. Sehr zum Verdruss der UNC-Coaches war nach der Woche FIVE-Star das Geheimnis um Mike Jordan von der Laney High gelüftet. Ein Star war geboren. In der Folge versuchten auch andere Unis, Jordan in ihr Programm zu holen. Virginia mit Center-Star Ralph Sampson war interessiert. Genau wie Maryland und South Carolina, wo selbst der Gouverneur des Staates die Jordans bei sich im Haus empfing. Smith wurde unwohl bei dem Gedanken, dieses Talent zu verlieren – zumal er wusste, dass Mike nie ein Fan der Tar Heels gewesen war. „Er war ein North Carolina State-Anhänger“, verrät Roy Williams – ausgerechnet die Uni, die neben Duke zu den Hauptrivalen UNCs gehört. „Ich glaube, er wurde erst im Sommer nach seinem Junior-Jahr an der Highschool zu einem UNC-Fan, als wir anfingen, ihn wirklich zu rekrutieren.“ Um die Sache wasserdicht zu machen, lief Dean Smith zusammen mit seinen Assistenten Eddie Fogler und Williams bei den Jordans zu einem Hausbesuch auf. Während sich die Erwachsenen auf Stühle setzten, hockte sich Mike mit einem Basketball daneben. „Du liebst den Ball wirklich, was?“, fragte Smith, und der 17-Jährige antwortete: „Auf jeden Fall!“ Die Eltern stellten ihre Fragen, und ihnen gefiel augenscheinlich, was sie hörten. Sie fragten, ob sie den Coaches das Haus zeigen sollten, und natürlich auch Mikes Zimmer, was diesem extrem peinlich war. „Ich erinnere mich daran, Michaels Zimmer war sehr aufgeräumt“, schmunzelt Roy Williams. „An was ich mich aber besonders erinnere, ist, dass er während der ganzen zwei Stunden, die Coach Smith mit ihm geredet hat, einen Basketball in den Händen hielt.“ Nach dem Besuch war so gut wie klar: Mike Jordan wird ein Tar Heel. Um ein Haar wäre nach seiner letzten Highschool-Saison auch Deutschland in den Genuss gekommen, Mike Jordan zu sehen. Er erhielt eine Einladung zum Albert-Schweitzer-Turnier in Mannheim, schlug diese aber aus. Jordan liebte Mathematik und hatte viel Respekt vor seinem Mathe-Lehrer. Um seine Note nicht zu gefährden, blieb er lieber in Wilmington.

DER „JORDAN STOPPER“ MICHAEL JORDANS LETZTES SPIEL FAND VOR ALLEM EIN MANN ZUM KOTZEN – DER, DER HIS AIRNESS AUSSCHALTETE! .„You want a piece of me?“ Seine gesamte Karriere über versuchte sich Jordan durch TrashTalk zu motivieren.

Jordans Mitspieler als Bulls-Rookie: Dave Corzine, Steve Johnson, David Greenwood – wer kennt sie nicht …

1984

verloren die Tar Heels im NCAA-Tournament gegen Bobby Knights Indiana Hoosiers 68:72. Knight sollte Jordan wenige Monate später zur Olympischen Goldmedaille in Los Angeles führen – jetzt aber, im letzten Spiel von Jordans NCAA-Karriere, waren sie Kontrahenten. Als Verteidiger gegen His Airness wählte Knight Dan Dakich, einen 1,97 Meter großen Prototypen des unathletischen weißen Basketballers, dessen besonderes Merkmal eine dicke Zahnlücke war. Als Dakich von seiner Spezialaufgabe hörte, reagierte er prompt. Er ging in die nächstliegende Toilette und begann sich zu übergeben. Knights Anweisungen waren simpel: „Verhindere die einfachen Punkte, die Offensivrebounds und Backdoor-Cuts. Lass ihn aus der Distanz werfen, wenn es sein muss.“ Zu Beginn des Spiels ging diese Taktik nicht besonders gut auf. Jordan machte vier Punkte in der ersten Minute. „Nach dem zweiten Korb lief ich nach vorne und dachte nur: Okay, wenn das so weitergeht, macht er 160. Ich muss jetzt was tun“, erinnert sich Dakich. „Ich wollte nicht irgendwann meinen Sohn fragen hören: ‚Daddy, du bist der Mann, der 72 Punkte gegen Michael Jordan kassiert hat?‘“ Dazu kam es auch nicht. MJ kassierte zwei schnelle Fouls, seine Lieblingswürfe waren nicht da. 33 Minuten lang stand der Hoosier an dem Platz, wo Jordan hin wollte. 13 Minuten in der zweiten Hälfte gelang es dem Star nicht, gegen Dakich zu punkten. Am Ende traf Jordan nur 6 von 13 Würfen. Er machte 13 Punkte – vier zu Beginn und vier Punkte, nachdem Dakich vier Minuten vor Schluss mit fünf Fouls draußen war. Übrigens, als Dakich auf die Bank ging, nahm er sich einen Eimer voller Eis, legte sich ein Handtuch über den Kopf und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Der Hoosier lacht übrigens noch heute über sein Statement nach dem Spiel. Gefragt, wie er Jordan so kontrollieren konnte, antwortet er: „Ach, so schwer war das gar nicht …“

GEORGETOWN KILLER! Als Freshman wird von Jordan nicht viel erwartet, seine Kumpels zu Hause glauben sogar, dass MJ in Chapel Hill in den vier Jahren nicht viel spielen wird. „Du bist nur hier bei uns die große Nummer“, sagen sie ihm. „Du wirst dir den Arsch auf der Bank platt sitzen.“ Die Skepsis ist nicht unbegründet. North Carolina behält mit James Worthy, Sam Perkins, Matt Doherty und Jimmy Black vier Starter des Vorjahres. Dean Smith lässt nicht gern Neulinge starten, doch trotz aller Schwierigkeiten hat der 1,93 Meter große Jordan eine Chance – weil er Defense spielt. Seine Schnelligkeit ist eine absolute Ausnahmeerscheinung. Sie passt perfekt in die aggressive Verteidigung der Tar Heels. Außerdem versteht MJ unheimlich schnell. Einmal gezeigt, hat er die meisten Prinzipien verinnerlicht, andere Freshmen brauchen >>

1991 • Erster NBA-Titel nach einem 4-1-Sieg über Magic Johnsons Lakers. Zum zweiten Mal NBAMVP. Finals-MVP. • MJ will zunächst nicht

1992 für das Dream Team spielen, lenkt dann aber doch ein. • Das Buch „Jordan Rules“ kommt auf den Markt. Es beschreibt MJs Spiel-

leidenschaft und Probleme mit Mitspielern.

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• 03.06. Im ersten Spiel der Finals gegen Portland macht MJ 35 Punkte (sechs Dreier) in der ersten Halbzeit – beides sind Playoffrekorde.

1993 • Die Bulls schlagen die Blazers um Clyde Drexler mit 4-2 in den Finals. MJ wird zum zweiten Mal Finals-MVP und holt den dritten NBA-MVP-Award.

• Bedeckt während der Siegerehrung bei Olympia das Reebok-Zeichen auf seinem Team USA-Anzug mit der amerikanischen Flagge – erst wollte MJ

das Outfit gar nicht anziehen (falsches Logo). • Bei einem ermordeten Mann werden Schecks von Jordan über 108.000 Dollar gefunden.

Es handelt sich um Spielschulden, die Jordan so abbezahlte.

• Eröffnet sein erstes Restaurant in Chicago. • Macht 64 Punkte gegen Orlando. • Vor einem Playoffspiel gegen die Knicks zockt

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Michael >>Air<< Jordan

Michael Jordans Zungenrausstreck-Angewohnheit auf dem Spielfeld hat er von seinem Vater. Wissen wir. Aber warum zückte James Jordan die Zunge? JJ hatte es wiederum von seinem Dad.

>> dafür ein Jahr. Aber das ist nicht alles, was die Coaches beeindruckt. „Sein Siegeswille und seine mentale Stärke waren schon damals absolut einzigartig“, erklärt Williams. Zur Überraschung vieler startet MJ von Beginn an. Es wird eine Saison mit Höhen und Tiefen für den Freshman (13,5 Punkte und 4,4 Rebounds im Schnitt), Smith ist jedoch zufrieden. UNC erreicht das Finale des NCAA-Tournaments. Worthy und Perkins sind die Stars. Über sie soll es auch im Endspiel gegen Georgetown mit Über-Center Patrick Ewing gehen. Die Entscheidung fällt 32 Sekunden vor Schluss. Es steht 62:61 für Georgetown. North Carolina hat Einwurf in der Hälfte der Hoyas. „Wir sind in einer großartigen Ausgangsposition“, sagt Coach Smith, als seine Spieler in den Huddle kommen. Er sagt die Spielzüge an, die im Falle einer Zone oder Manndeckung Georgetowns gelaufen werden sollen („Two“ und „B-Three für James“). Der Ball soll entweder zu Worthy an den Zonenrand gehen – oder zu Doherty und Perkins an der Freiwurflinie. Bevor er seine Jungs wieder auf das Feld schickt, nimmt er Jordan kurz zur Seite. Smith hat das Gefühl, sein Gegenüber John Thompson würde James Worthy doppeln lassen. In diesem Fall würde Jordan fast zwangsläufig frei sein. „Wenn der Ball zu dir kommt, Michael, schieß ihn rein“, sagt er seinem Frischling, der später zugeben wird, dass sein Mund vor Nervosität trocken war. Der folgende Einwurf geht zu Jimmy Black. Georgetown spielt eine Zone, und wie erwartet konzentriert sich die Verteidigung auf Worthy. Black täuscht einen Pass an, feuert den Ball über die gesamte Hälfte zu Jordan. Dieser springt ab, wirft und schließt sofort seine Augen. Es ist der größte Moment seiner College-Karriere – und Jordan sieht nicht, wie der Ball durch das Netz fällt. Er hört nur den Jubel und rennt zurück in die Defense … UNC 63, Georgetown 62. Die Hoyas haben den Ball. Fred Brown dribbelt nach vorne und sucht Guard Eric „Sleepy“ Floyd. Just als Brown passen will, sieht er, wie Jordan in den Passweg springt. In voller Bewegung und außer Balance dreht sich Brown um. Er sieht im Augenwinkel ein weißes Jersey. Georgetown hatte das gesamte Turnier über seine hellen Jerseys getragen. Instinktiv passt er auf den vermeintlichen Mitspieler. Es ist James Worthy. UNC trägt an diesem Abend weiß – als höher gesetztes Team. „Big Game James“ dribbelt die Uhr herunter, wird gefoult und verwirft die anschließenden Freiwürfe. Ein Verzweiflungswurf Floyds aus 15 Metern gibt Georgetown noch einmal Hoffnung, doch es nutzt nichts mehr. Die University of North Carolina ist NCAA-Champion, zum ersten Mal unter Dean Smith – und Michael Jordan ist endgültig in der gesamten Basketballwelt bekannt. Die folgenden beiden Jahre bringen zwar keinen weiteren Titel für die Tar Heels, trotzdem entwickelt Jordan sein Spiel in einem atemberaubenden Tempo weiter. „Michael wurde jedes Jahr besser. Er wuchs vier Zentimeter zwischen seinem Freshman- und SophomoreGANZ FRÜHER KONNTEN DIE BULLS NOCH UNERKANNT REISEN. Jahr“, sagt Williams. „Michael wurde sogar schneller … Größer und schneller, das ist eine ziemlich gute Kombination.“ Vor jeder DANN KAM MJ, UND ES HIESS: WECKER STELLEN … Saison werden die UNC-Spieler gemessen und müssen sich einem Leistungstest unterziehen, in dem sie unter anderem einen 40ereits in seiner Rookie-Saison griff das Jordan-Fieber schnell um sich und überall galt die Yards-Sprint (36,5 Meter) absolvieren müssen. Als Freshman „Fünf-Minuten-Regel“. Hielt sich MJ länger als fünf Minuten an einer Stelle auf, wurde er braucht Jordan für die Strecke 4,55 Sekunden, ein erkannt und es kam zu einem Chaos. Besonders an Flughäfen. ZuJahr später nur 4,39, dabei ist er jetzt 1,98 Meter nächst begegneten die Bulls dem Trubel vor allem dadurch, dass sie groß. Er zeigt eine Geschwindigkeit, die sonst nur stets den frühesten Flug in die nächste Stadt nahmen, was dazu Sprinter oder Wide Receiver im Football bringen, die führte, dass das Team gegen 06:00 Uhr am Flughafen aufschlagen meist viel kleiner sind. musste. Eine gottlose Zeit für die Bulls-Profis, die für diese Maßnahme Auch MJs Persönlichkeit entwickelt sich. auch kein Verständnis hatten, konnten sie doch fünf Stunden in der AbSchon als Neuling war er zwar selbstsicher, flughalle stehen, ohne erkannt zu werden. Als das auch nicht mehr half, gleichzeitig aber unterschwellig unsicher gewesen. wurde Jordan in letzter Minute in die Flugzeuge geschmuggelt, Er weiß noch nicht, wie gut er wirklich sein kann. nachdem er sich vorher in den Lounges der Airlines versteckt hielt. Erst Das Führen des Teams überlässt er den Älteren. „Als zu Beginn der 90er-Jahre hatten die Bulls ein Einsehen und ließen das Freshman redete Michael nicht viel. Wir hatten ältere Team mit Chartermaschinen fliegen. Spieler im Team, die echte Anführer waren: James

MJ-FIEBER B

1994 MJ am Abend in einem Casino in Atlantic City bis 02:00 Uhr. Am nächsten Tag schießt er 12/32. Die Bulls verlieren. • Mit dem höchsten Punkte-

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schnitt einer Finals-Serie (41,0) komplettieren die Bulls gegen die Suns und Charles Barkley den ersten Three-Peat. • In South Carolina wird

der stark verweste Körper von James Jordan gefunden. MJs Vater wurde von zwei Jugendlichen ermordet und seit 21 Tagen vermisst.

• Am 06. Oktober gibt Jordan seinen Rücktritt vom Basketball bekannt.

• Spielt für die Birmingham Barons, ein Baseballteam in den Minor Leagues (Entwicklungsligen für Talente). Sein Batting Average liegt bei

1995 miesen 20,2 Prozent. • 30.07. Jordan hämmert seinen ersten Homerun als Profibaseballer. • 09.09. Spielt bei Scottie Pippens Benefiz-Spiel im

Chicago Stadium, das kurz danach abgerissen wird, und küsst das Parkett dort zum letzten Mal. Die Bulls ziehen kurz danach ins United

Center. um. Er macht 52 Punkte. • Die Bulls enthüllen Jordans Statue und „retiren“ die Nummer 23.

• 10.03. Im Major League Baseball bricht ein Spielerstreik aus, Jordan lässt verlauten, dass er aufgrund der Arbeitsniederlegung „seine

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Foto: NBA E/Getty Images/Bill Smith, Walter Iooss Jr. (2), Bill Smith

Worthy, Sam Perkins und Jimmy Black“, erklärt Roy Williams. „Als Sophomore sagte er dann schon mehr, und in seinem letzten Jahr bei UNC war er sehr laut.“ Nach seinem Gamewinner gegen Georgetown scheint bei Jordan ein Schalter umgelegt worden zu sein. Er beginnt mehr und mehr zu verstehen, dass er besser sein wird als alle anderen im Team – vielleicht sogar besser als alle Spieler in der NCAA. Bei den sommerlichen Pickup-Games in Chapel Hill, zu denen viele NBAProfis kamen, dominiert er. Jordan bringt mehr und mehr Trash-Talk,

Nach seiner RookieSaison musste MJ seine sportlich schwerste Zeit durchmachen. Im dritten Spiel bricht er sich den Fuß.

ER KANN NICHT VERLIEREN. EGAL, OB ES UM EINE RUNDE „H-O-R-S-E“ GEHT, BILLARD ODER GOLF. WENN JORDAN VERLIERT, WIRD SO LANGE GESPIELT, BIS ER GEWONNEN HAT. nicht um andere zu beleidigen, sondern um sich selbst Aufgaben zu stellen. Von Beginn an sucht er sich Herausforderungen, reale oder eingebildete. Er weiß: Wenn er das Maul aufreißt, muss er seinem Gelaber auch Taten folgen lassen. Durch seinen Arbeitswillen versucht MJ, seine Mitspieler zu motivieren. Beim so genannten „Explode Drill“ spielen zwei Mann fünf Meter vom Korb entfernt Eins-gegen-eins. Nach jedem Training, „Jordan macht als Rookie Dinge, die ich in dem diese Übung gelaufen wird, geht Michael in die Kabine, schnappt sich ein Stück Kreide und schreibt die Namen seiner Gegen- als Veteran noch nicht einmal machen spieler an die Tafel, jeder gefolgt von einer römischen Zahl – es ist die kann.“ Larry Bird Anzahl der Dunks, die das jeweilige Opfer während des Drills ein- >>

1996 Entwicklung als Spieler nicht gewährleistet sieht“ und mit dem Baseball aufhört. • 18.03. „I’m back“. MJ ist wieder bei den Bulls. Ei-

nen Tag später macht er 19 Punkte gegen die Pacers. Er trägt die „45“ – seine Nummer beim Baseball und in der JuniorHighschool.

• Erzielt bei den Knicks 55 Punkte. • 18.05. Die Bulls verlieren in der zweiten Playoffrunde gegen die Magic. • „Space Jam“ mit MJ und

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den Looney Tunes kommt in die Kinos.

• Gewinnt den ersten von drei weiteren Scoringtiteln in Serie – insgesamt werden es zehn Topscorer-Trophäen sein. • Bulls gewinnen als er-

1997 stes Team überhaupt 70 Saisonspiele und beenden die Spielzeit mit 72 Siegen. • Schafft das Triple als Saison-, All-Star-Game-

und Finals-MVP. • Gegen Seattle mit Detlef Schrempf, Gary Payton und Shawn Kemp holt Chicago seinen vierten Titel mit 4-2.

• Wird zu einem der „50 besten Spieler aller Zeiten“ gewählt. • Schafft als erster Spieler einen Triple-Double im All-Star-Game (14 Punk-

te, 11 Rebounds und 11 Assists). • Karl Malone und John Stockton verlieren mit 24 gegen die Bulls, die ihre fünfte Meisterschaft

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Michael >>Air<< Jordan

>> stecken musste … Michael Jeffrey Jordan zeigt aber auch eine andere Seite seines Ehrgeizes. Er kann nicht verlieren. Egal, ob es um eine Runde „H-O-R-S-E“ geht, Billard oder Golf. Wenn Jordan verliert, wird so lange gespielt, bis er gewonnen hat. Es ist eine einzigartige Kombination. Der beste Spieler in einem der besten Teams des Landes ist gleichzeitig der härteste Arbeiter, getrieben von imaginären Herausforderungen. „Er war so ehrgeizig, dass er jeden antrieb. Wenn du weniger als 100 Prozent gabst, dann ließ er dich das wissen. Er trieb jeden an … bei jedem Ballbesitz“, bringt es Roy Williams auf den Punkt. „Wenn es im Training eine Wettbewerbssituation gab, trieb er jeden dazu, sein absolut Bestes zu geben. Einige Leute interpretierten das als aggressiv, Michael aber wollte einfach, dass sie zu jeder Zeit das Maximum aus sich herausholen.“ Jordans letzte Saison in North Carolina wird zu einer großen Enttäuschung. UNC gilt als eines der besten Collegeteams aller Zeiten – und doch scheiden sie noch vor der Final Four gegen die von Bob Knight gecoachten Indiana Hoosiers aus. Nach dem Aus

MICHAEL JORDAN GILT BALD ALS NEUER JULIUS ERVING, DIE WIEDERKEHR VON „DR. J“. KEIN WUNDER, DAS SPIEL DES ALTMEISTERS UND DES NEUEN ÄHNELN SICH UNHEIMLICH.

Gut getaped ist halb gewonnen. Bis auf den Fußbruch 1985 bleibt MJ bei den Bulls unverletzt.

machte sich Dean Smith Gedanken über die Zukunft Jordans. Wie immer hatte der Coach nicht das Beste für sein Programm, sondern für seinen Spieler im Sinn. Was sollte Michael Jordan noch am College lernen? Andere Teams richten ihre ganze Taktik auf ihn aus. Jordan sieht fast nur Zonenverteidigungen und Triple-Teams. Smith beschreibt in seinem Buch „A Coach’s Life“, wie er die drei NBA-Clubs, die die ersten drei Draft-Picks 1984 haben, anruft. Zwischen Houston und Portland wird per Münzwurf entschieden, wer den ersten Pick hat. Portland wird auf jeden Fall entweder Akeem Olajuwon an Nummer eins oder Sam Bowie an Nummer zwei nehmen. Houston hingegen will Olajuwon an eins und Jordan an zwei verpflichten. Chicagos Manager Rod Thorn versichert, dass Mike an Nummer drei auf jeden Fall sein Mann ist. Smith bestellt die Jordans in sein Büro. Der Coach präsentiert die Szenarien, bleibt aber neutral. Jordans Vater will, dass der Junge geht. Seine Mutter, dass er seinen Abschluss macht, genau wie die Assistant Coaches. MJ selbst weiß nicht, was er tun soll.

1998 feiern – MJ wird zum fünften Mal Finals-MVP.

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• Zum zehnten und letzten Mal Scoring-Champion. • Zum fünften Mal NBAMVP, sechsten Mal FinalsMVP und dritten Mal AllStar-Game-MVP.

1999 • Die Bulls vollenden den zweiten Three-Peat gegen die Jazz (4-2). Die Serie endet mit „The Shot II“. MJ stößt Bryon Russell aus dem Weg

und versenkt cool den Jumper (siehe Poster). • 27.03. 62.046 Fans kommen in den Georgia Dome, um MJ gegen die Hawks zu sehen – NBA-Rekord.

• 13.01. Der Lockout der NBA dauerte bis zum 06.01., jetzt erklärt MJ seinen zweiten Rücktritt. Er ist zu „99,9 Prozent sicher“, nicht wieder zu spielen.

Die Familie zieht sich zurück, um zu entscheiden. Am nächsten Morgen erklärt Michael, dass er in die NBA geht.

STOCKDAN ODER JORDTON Hätten die Bulls ihren Willen am Draft Day 1984 gehabt, es hätte Stockalone nie gegeben. Während Michael Jordan an Nummer drei gesetzt ist, versucht Chicago, einen zweiten Guard durch einen Trade oder in der zweiten Draftrunde zu verpflichten. John Stockton ist den Scouts der Bulls aufgefallen, und da er an einer kleinen Uni spielt, machen sie sich berechtigte Hoffnungen, ein Guard-Duo der Extraklasse in einer Draft zu bekommen. Dumm nur, dass Frank Layden, legendärer Coach der Utah Jazz, ähnliche Qualitäten in Stockton sieht und ihn in der ersten Runde verpflichtet. Jordan kommt also alleine zu den Bulls – oder genauer – ohne wirkliche Hilfe. Chicago hatte 27 Spiele in der Saison 1983/84 gewonnen – und der einzige Draft-Pick, der neben MJ in irgendeinem Sport für Furore sorgen soll, ist Sprintgott Carl Lewis … MJ merkt schnell, dass dieses Team schlecht ist. Mehr noch: Die ganze Franchise ist ruiniert. Die Trainingshalle ist lange nicht so komfortabel wie in Carolina. Trainingseinheiten laufen mitunter chaotisch. Einige seiner neuen Mitstreiter lassen ganz gern mal die Puppen tanzen – nicht immer mit legalen Drogen. Mike merkt schnell, dass er nicht mehr in North Carolina ist. Auch die Stadt mag die Bulls nicht, das Herz Chicagos hängt am Football, den Bears der NFL und ihrem Running Back-Gott Walter Payton. Zumindest Letzteres soll sich bald ändern … Bereits in Jordans drittem NBA-Spiel kriegt Milwaukee eine 37-Punkte-Dusche. Wenige Tage später schlucken die Knicks im Madison Square Garden 33 Zähler – und San Antonio ist MJs erstes 45-Punkte-Opfer. Insgesamt siebenmal soll der Rookie die 40Punkte-Schallmauer in dieser Saison durchbrechen. Michael Jordan gilt bald als neuer Julius Erving, die Wiederkehr von „Dr. J“. Kein Wunder, das Spiel des Altmeisters und des Neuen ähneln sich unheimlich. Jordan ist wie gemacht für die NBA. Er ist schneller als seine Gegner, er springt höher. Es gibt keine Zonenverteidigung. Jeder, der ihn Eins-gegen-eins deckt, ist ihm hilflos ausgeliefert. Keine Frage: Michael Jordan ist der „Rookie des Jahres“ 1984. „Als Michael in die NBA kam, nahm er nicht oft den Sprungwurf. Er

2000 • Jordan wird Teilhaber und General Manager bei den Washington Wizards.

2001 • MJs wichtigste Entscheidung als Manager. Mit dem ersten Pick der Draft wählt er Highschooler Kwame Brown. • 25.09. Tritt offiziell als

2002 Manager zurück und unterschreibt einen Vertrag als Spieler in Washington. MJ is wieder back! • Macht 51 Punkte gegen die Hornets.

• Juanita Jordan reicht die Scheidung ein. Gerüchten zufolge hatte MJ in jeder NBA-Stadt eine Gespielin. Einen Monat später zieht sie die Scheidung

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DER LETZTE VERSUCH WARUM WURDE MJ EIGENTLICH NICHT HIGHSCHOOLALL-AMERICAN? WEGEN DES VERDAMMTEN REDAKTIONSSCHLUSSES!

H

oward „Garf“ Garfinkel wusste sofort, dass dieser Mike Jordan ein Star war. Als er MJ das erste Mal in seinem Camp spielen sah, rief er sofort Dave Krider von „Street and Smiths“ an – dem führenden Magazin, wenn es um Basketballtalente ging. Sämtliche Colleges verließen sich in den 80er-Jahren auf die Berichte des Ausnahmemagazins. Garfinkel: „Dave, ich sehe hier etwas Außergewöhnliches. Ich habe hier einen großartigen Spieler. Sein Name ist Mike Jordan! Ist er auf eurer Liste?“ Jordan war es nicht. Garfinkel redete auf seinen Freund ein, während er mit ansah, wie Jordan ein Spiel mit neun anderen gehypten College-Talenten völlig dominierte. „Dave, wenn ihr ihn nicht auf eure Liste setzt, werden sich die Leute über euch lustig machen“, rief Garfinkel in den Hörer – und sein Gegenüber versuchte alles, um seinen Redakteur zu überzeugen, Jordan aufzunehmen. Zu spät. Der Redaktionsschluss war vorbei und die Redaktion wollte kein Risiko eingehen. Jordan blieb außen vor und der zuständige Scout in North Carolina bekam einen riesigen Einlauf. Er hatte MJ wohl absichtlich nicht der Redaktion gemeldet, weil er verhindern wollte, dass andere Unis ihn UNC wegschnappen.

Foto: NBA E/Getty Images/Walter Iooss Jr. (2), Tim DeFrisco

Die „Unterm-Brett-durchtauch-Moves“ zeigte Michael Jordan schon als junger Teenager an der Laney Highschool. Dunken konnte MJ aber erst in der 11. Klasse.

ging lieber jedes Mal zum Korb“, beschreibt Roy Williams, der seinen Schützling – genau wie Dean Smith – in der NBA genau verfolgte, das Spiel Jordans in dieser Zeit. „Wenn er gezogen war, legte er auch auf andere ab.“ Im Gegensatz zu den Stars bei UNC gehörten seine Mitspieler in dieser Liga nicht zu den Besten der Besten. Die Bulls gewinnen zwar elf Spiele mehr als im Jahr zuvor, scheiden aber in der ersten Runde der Playoffs gegen Milwaukee aus. „Nach seiner ersten Saison kam er nach North Carolina – und obwohl er ‚Rookie des Jahres’ war, begann Michael an seinem Sprungwurf zu arbeiten.“ Auch wenn es niemand recht bemerkt, Jordan läutet in seinem ersten Jahr ein neues Zeitalter ein. Sein eigener Schuh „Air Jordan“ bringt Nike 130 Millionen Dollar. Die Medien und Fans stürzen sich auf ihn. Sein Spiel ist anders. Es bringt Bewegungen und Dunks, die bis heute – 20 Jahre später – niemand gebracht hat. Zunächst weiß Basketballamerika gar nicht, was da in seinen Schoß gefallen ist. Die Älteren mögen den Hype um den Neuen nicht. Er erreicht (verdient) zu früh zu viel. Beim All-Star-Game dieser ersten Spielzeit, so will es die Legende, organisieren Isiah Thomas, Magic Johnson und George Gervin den berühmt-berüchtigten „FreezeOut“. Der Shooting Star soll den Ball nicht bekommen. Bis heute weiß niemand, ob es wirklich eine Intrige war. Gervin und Johnson spielen im West-Team, können also kaum Einfluss auf die Ballverteilung im Osten nehmen. Die vermeintlich Schuldigen streiten die Anschuldigungen allerdings nicht unbedingt ab. Jordan schießt in seinem ersten All-Star-Game zwei von neun und macht sieben Punkte. Es wird Jahre dauern, bis Magic und Air dieses Ereignis vergessen und Freunde werden. Davon konnte in der Beziehung zwischen Isiah und MJ keine Rede sein … Weiter geht’s in FIVE #12 ab dem 22. Oktober 2004 … <<

dre@fivemag.de

2003 jedoch zurück. • 11.09. MJ tradet Rip Hamilton für Jerry Stackhouse nach Detroit. • Ein Knorpelschaden im Knie zwingt Jordan dazu,

die Saison vorzeitig zu beenden. In der Offseason bringt er sich bei Privattrainer Tim Grover in Topform.

• MJ wird mit 43 Zählern gegen die Nets zum ersten NBA-Spieler, der mit über 40 Jahren 40 Punkte macht. • Das All-Star-Game 2003

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wird zur MJ-Gala mit Auftritt von Mariah Carey. • 07.05. Nachdem die Wizards die Playoffs verpassen, feuert Besitzer Abe Pollin Jordan.

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Michael >>Air<< Jordan - Part II

Air Jordan

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Jordan

RULES

DER BESTE! DER GELIEBTESTE! DER BESESSENSTE! DER

ERBARMUNGSLOSESTE! DER REICHSTE! LEST IM ZWEITEN TEIL, WIE SICH MICHAEL SEINE EIGENE WELT SCHUF.

Text : Sven Simon

E

igentlich ist alles bekannt. Michael Jordan – über keinen Sportler wurde so viel geschrieben. Seine Titel, die Gamewinner, die Rücktritte, die Comebacks – alles tausendmal geschrieben und öfter gelesen. Deshalb soll es hier nicht um seine Taten im Rampenlicht, Rekorde und Stats gehen – sondern um den Menschen, sein Umfeld und die kleinen Anekdoten. Dass Jordan anders ist, war allen Menschen klar, die mit Basketball zu tun hatten. Aber wie anders er war, beziehungsweise werden würde, ahnte 1984 nicht einmal Michael himself. „Ich würde zumindest gerne mal in einem All-Star-Game spielen“, sagte er zu Beginn blauäugig. Es war augenscheinlich, dass man ihm besser keine Sprüche drückte, weil er mit seinem Ehrgeiz daraus Motivation zog und beim nächsten Duell Demut lehrte. Aber keiner ahnte, wie weit sie ihn tragen würde, diese Gabe, sich neue Herausforderungen zu suchen. Mit seinem Schuh, dem Air Jordan, stieß er wirtschaftlich die Tür zu neuen Dimensionen auf. Aber dass später Weltkonzerne kränkeln würden, wenn er hustet, war nicht voraussehbar. Dass er in der globalen Medienwelt bekannter werden würde als die großen Stars vor ihm, war auch abzusehen. Aber dass selbst der Besuch des 41-jährigen Jordan in Hongkong zu einem Verkehrschaos führt, glaubte Mitte der Achtziger niemand. Damals war er halt nur ein besonders talentierter Basketballer und noch nicht die potenzierte Essenz von Jesus und Elvis in einem.

liegen zwei Punkte hinten: Money und Money ... und eine weitere Verlängerung. Dass er nach 58 Minuten einen Jumper auf den Ring setzt und die Bulls 131:135 verlieren, interessiert später niemanden. Nur Jordan: „Am meisten erinnere ich mich daran, dass wir verloren haben.“ Genau das ist in den ersten Jahren sein Trauma: verlieren. Immer ist vorzeitig Endstation. Zweimal gegen Boston, dann dreimal gegen Detroit. Während um ihn herum mit John Paxson, Scottie Pippen, Horace Grant, Bill Cartwright und Headcoach Phil Jackson langsam der Meisterkader eintrifft, schluckt Jordan jedes Jahr das Aus. Seine Reaktion ist Wut. Er meckert über seine Mitspieler, die an seiner Messlatte keine Gnade finden. Als Will Perdue im Training einen harten Block gegen Jordan setzt, steht dieser auf und schlägt den Center nieder. „Toller Block“, brüllt er. „Warum setzt du mir im Spiel nicht auch mal solche Blöcke?“ Auch dem Landei Pippen traut er nicht viel zu. Grant hält er für viel zu schwach und seinen Mitspielern verbietet er, Cartwright in den entscheidenden Szenen anzupassen.

DER SOLIST Irgendwann schaut Cartwright im Locker Room ein Video, auf dem Jordan und er Pick-and-Roll spielen. Immer sieht er sich nach dem Abrollen frei unter dem Korb und sieht, wie Jordan gegen das Double Team zieht und trifft. „Du bist frei“, zieht ihn Grant >>

Foto: NBA E/Getty Images/Andrew D. Bernstein, Walter Iooss Jr.

LOVE FOR THE GAME

Der erste Threepeat: Diesen drei Fingern sollten noch drei weitere folgen. Viele NBA-Stars dieser Ära gingen ohne Ring nach Hause, weil MJ ihnen immer im Weg stand.

Nachdem er Rookie des Jahres wurde, weiß Jordan, dass die Liga für ihn geschaffen ist. Er brennt auf neue Taten. Im dritten Spiel seiner zweiten Saison aber zieht sich Jordan die erste ernsthafte Verletzung seiner Karriere zu, einen Bruch im linken Fuß. Er will bald wieder spielen, aber die Bulls lassen ihn nicht. Irgendwann spielt er wieder, ohne das Wissen des Bulls-Managements. Pick-up-Games gegen Collegespieler und alte Freunde. In seinem Vertrag steht eine unübliche „Love-for-the-Game-Klausel“. Er durfte an jedem Freiplatz der Welt auftauchen und mitspielen. Ein Wagnis für jeden Club. Als die Bulls ihn auf das Parkett lassen, ist der Nachholbedarf groß. Zu spüren bekommen das in der ersten Playoff-Runde die Celtics. Im dritten Spiel erzielt er im Boston Garden 63 Punkte, bis heute Playoff-Rekord und Anlass für Birds Ausspruch „Jordan ist Gott, verkleidet als Basketballer“. Zuerst ist es wie immer: Jordan bietet eine Show und die Celtics lassen ihn gewähren – in der Zuversicht, dass ein Mann sie nicht schlagen kann. Das war immer die Devise gegen die Bulls. Aber diesmal ist es anders. Während ein Verteidiger Bostons nach dem anderen rausfoult, scort Air Jordan weiter. Am Ende der ersten Verlängerung steht Jordan an der Linie. Die Zeit ist um, seine Bulls

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SEINE LIEBSTEN OPFER • CRAIG EHLO Als Jordan mit 69 Punkten seinen höchsten Score auflegte, war sein Gegner Craig Ehlo. Als er seinen als „The Shot“ bekannten Playoff-SeriesWinner traf, war sein Gegner ... Craig Ehlo. Wie buchstabiert man noch mal Prügelknabe? • JOHN STARKS Starks war ein guter Verteidiger ... der 1994 in den Conference-Finals von Jordan 54 Punkte eingeschenkt bekam und 1995 kurz nach dem Comeback 55 Punkte kassierte. Alle weiteren Geschichten könnt ihr bei Johns Psychiater erfragen. • BRYON RUSSELL 1997 im ersten Spiel und 1998 im sechsten Spiel der Finals schaute Russell zu, wie Jordan den Gamewinner über ihn hinwegfliegen ließ. Na ja, zumindest weiß jetzt jeder, wie sein Vorname richtig geschrieben wird.

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Michael >>Air<< Jordan - Part II

Der Topscorer der Liga kann nicht NBA-Champion werden, war der Tenor in der Liga. 1991 bewies Michael Jordan mit Hilfe seiner Mitspieler und der Triangle Offense das Gegenteil.

>> lachend auf. „Du bist schon wieder frei.“ Der Center schüttelt den Kopf. „Er ist der beste Athlet, den ich je gesehen habe. Vielleicht der beste Athlet, der je einen Sport betrieben hat. Er kann machen, was er will. Es ist alles so einfach für ihn“, sagt er. „Aber er ist einfach kein Basketballspieler.“ Das trifft die Kritik auf den Punkt. Magic, Larry und Isiah sehen MJ nicht auf ihrem Level, eben weil der Topscorer Mitspieler nicht besser macht und keinen Ring trägt. Wenn du willst, dass der Job gut gemacht wird, dann mach ihn selber, ist sein Dogma zu der Zeit. Coach Jackson sieht das und will die Triangle Offense seines Assistenten Tex Winter einführen. Dadurch bekämen alle Spieler den Ball. Vorher spricht er mit seinem Star. „Du musst das Rampenlicht teilen, sonst können deine Mitspieler nicht wachsen“, beginnt Jackson. „Führen wir die Offense von Tex ein?“, fragt Jordan sofort. Jackson nickt. „Okay“, antwortet Jordan. „Du kennst mich. Ich habe immer auf meine Trainer gehört. Was immer du machst, ich folge dir.“ In den folgenden zwei Jahren ändert sich das Spiel der Bulls. Der Wendepunkt kommt 1989 in einem Spiel gegen Utah. John Stockton doppelt Jordan ständig. Paxson ist dadurch frei und Jordan füttert ihn. Sein Aufbau enttäuscht nicht und versenkt einen Jumper nach dem anderen. Jordan merkt, dass er nicht der einzige Clutch-Player ist. „Das war der Beginn seiner Wandlung vom begabten Soloartisten zum uneigensinnigen Teamspieler“, sagt Jackson.

ENDLICH MEISTER 1991 kommt die Wachablösung. In den Conference-Finals treffen die Bulls auf das Team, das sie drei Jahre lang aus den Playoffs prügelte: Detroit. Die Pistons sind nicht talentierter, aber sie schüchtern Chicago mit ihren Psychospielchen ein. Und dann sind da ja noch die Jordan Rules. Ständig wurde MJ früh gedoppelt – und jedes Mal, wenn er zum Korb flog, erteilte der Detroiter Frontcourt durch harte Fouls sofortige Landeerlaubnis. „Die Erdanziehung funktioniert“, sagte Bill Laimbeer. Jordan arbeitete den Sommer erstmals mit Fitness-Guru Tim Grover, um Masse zuzulegen. Das macht sich bezahlt. Im ersten Spiel zieht er zum Korb und dunkt über John Salley. „Block that, Bitch“, brüllt er. Der Bann ist gebrochen und der Sweep nimmt seinen Lauf. Im Finale geht das erste Spiel gegen die Lakers verloren, dann dominieren die athletischen Bulls. Vor dem letzten Finale fragt Walt Disney, wann ein Jordan-Werbespot gedreht werden kann. „Ich mache es nur, wenn meine Mitspieler auch darin vorkommen“, sagt Jordan. Welch eine Wandlung. Nach dem vierten Sieg sitzt er in der Umkleide und klammert sich an die NBA-Trophäe. Endlich! In den zwei Jahren danach dominieren die Bulls. Jordan infiziert seine Kollegen immer aufs Neue mit seinem Siegeswillen. Als sie 1993 im Finale ins Flugzeug steigen, sind sie unsicher, da sie zuvor zwei der drei Heimspiele verloren hatten und nur noch 3-2 führen. Jordan kommt als Letzter. Er raucht eine Zigarre und grinst. „Hello, World Champions“, tönt seine Stimme durch den Flieger. „Let’s go to Phoenix and kick some ass.“ Die Stimmung schwenkt um, das Ergebnis ist bekannt: 4-2 für die Bulls. Der erste Threepeat.

Sein Siegeswille hat krankhafte Züge. Zu Beginn geht er nicht mit den Kollegen in den Kraftraum. Er befürchtet, dass jemand mehr drückt. In den Trainingsspielen hält er sich nicht an die taktischen Vorgaben, wenn sein Team Gefahr läuft zu verlieren. Einmal im ersten Jahr führt sein Team 8:0, als Coach Kevin Loughery ihn in die andere Mannschaft schickt. Er soll lernen, dass es im Training nicht nur auf das Gewinnen ankommt. Jordan tobt. „Das ist nicht fair“, brüllt er. „Aber so ist es“, antwortet Loughery. „Null zu acht steht es. Du wirst verlieren.“ Fünf Minuten später steht es 10:8 ... für Jordans neues Team. „Eat this“, brüllt er und verschwindet Richtung Dusche.

WO VIEL SONNE IST ... Jordans Leben basiert auf Wettkampf – dominieren und gewinnen. Bei einem Flug nach Portland steckt Jordan einem Gepäckarbeiter fünfzig Dollar zu. „Michael, ich kümmere mich schon um die Trinkgelder“, sagt Teambetreuer Mark Pfeil. „Sieh einfach zu“, antwortet Jordan. In der Wartehalle wettet er mit den anderen Spielern, wessen Gepäck zuerst erscheint. Dann fällt sein Koffer auf das Band, er sackt 900 Dollar ein. „Kein schlechter Gewinn für 50 Dollar Investition, oder?“, grinst er Pfeil an. Mit seinem Agenten David Falk spielt er Videogames – und wenn Falk am Joystick sitzt, redet er über geschäftliche Dinge, um seinem Agenten die Konzentration zu rauben. Jordans Popularität nimmt nach dem Dream Team in Barcelona weltweit perverse Züge an. Selbst zur Premiere seiner Werbespots gibt es Pressekonferenzen. Neben dem Court gibt es kaum Plätze, an denen er ungestört ist. „Es war seltsam“, sagt Charles Barkley. „Fast immer, wenn wir uns trafen und abhingen, war das in seinem Hotelzimmer.“ Und dort wird dann Karten gezockt – und die Summen werden größer. Auch auf dem Golfplatz beginnt das große Wetten. Erst 100 Dollar pro Loch, dann 1000. Gerüchte über Wettschulden kommen auf. James Bouler, ein vorbestrafter Kokaindealer, gibt an, 57.000 Dollar beim Golf von Jordan gewonnen zu haben. Der muss deshalb vor Gericht aussagen. Eddie Dow, der vom Kautionshandel lebt, wird tot aufgefunden, in seiner Brieftasche zwei Schecks von Jordan über 108.000 Dollar. Auch das Wettschulden. Der spielsüchtige Richard Esquinas schreibt in seinem Buch „Michael & Me“, dass der Basketball-Profi in zehn Tagen 1,25 Millionen Dollar beim Golf an ihn verlor. NBA-Commissioner David Stern redet mit Jordan über diese Ereignisse, Folgen gibt es keine. In den Playoffs 1993 fährt Jordan nach der ersten Niederlage gegen die Knicks nach Atlantic City und zockt dort bis in die Nacht Blackjack mit der Familie. Als am nächsten Abend das zweite Spiel verloren geht, berichten die Medien über seinen Ausflug. Mit vier Siegen in Folge sorgen die Bulls für Ruhe. Kurz nach dem Threepeat mehren sich die Anzeichen seines Rücktritts. Jordan vermisst die unbekümmerDer vierte Titel ... am Vatertag. Jordan liegt nach dem Sieg weinend auf dem Parkett, denkt an seinen toten Vater – und die ganze Welt schaut zu.

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DIE HÄRTESTEN GEGNER • JOE DUMARS Niemand verteidigte Jordan im Eins-gegen-eins besser. Dumars war stark genug, um gegen MJ im Lowpost nicht unterzugehen, klug genug, um nicht auf die üblichen Fakes reinzufallen und vorne gefährlich genug, um Jordan in Atem zu halten. Er machte das Beste aus einer unmöglichen Aufgabe. • REGGIE MILLER Niemand spielte besser Psycho-Spielchen mit Jordan als Killer-Miller. Einmal trieb er MJ mit seinem TrashTalk so weit, dass der zum männlichen Schwinger ausholte. • SCOTTIE PIPPEN Natürlich ... die beiden trafen nur einmal als Rentner in einem NBA-Spiel aufeinander (10.12.2002: Washington - Portland 79:98), aber ihre Fights früher Gentleman Joe und His Airness verband beidseitiger Respekt. im Bulls-Training sind legendär.

te Liebe zum Spiel, immer mehr Menschen wollen etwas von ihm. Er fühlt sich gehetzt und ist es leid, nach dem Abgang von Larry und Magic die alleinige Lichtgestalt der NBA zu sein. Ende August wird die Leiche seines Vaters in einem Fluss gefunden. James Jordan wird zu dem Zeitpunkt bereits drei Wochen vermisst. Zwei Jugendliche sahen seinen Lexus – ein Geschenk seines Sohnes – am Straßenrand stehen und erschossen den schlafenden Mann, um an Geld und Auto zu kommen. Einige Medien mutmaßen völlig haltlos, dass Michaels Wettschulden Grund für den Mord gewesen sein könnten. Für Jordan steht fest, dass er Abstand vom alten Leben braucht. „Die Leute werden verstehen, dass nichts ewig hält“, sagt er. Am Tag der Pressekonferenz erzählt er seinen Mitspielern im Locker Room, was gleich geschehen wird. Sie begleiten ihren Anführer zum Gang vor die Weltöffentlichkeit. Still stehen sie hinter dem Podium. „Das war ehrlicher Respekt“, sagt Jordan später. „Sie mussten nicht da sein und ihre Tränen zeigen.“ Einen Monat später nimmt er ein letztes Mal am Training teil. An dem Tag will er im Büro sein offizielles Rücktrittsformular unterschreiben. Zuvor muss er aber noch wissen, ob er wirklich bereit ist, das Spiel hinter sich zu lassen. „An dem Tag hieß die Anwort ja“, sagt Jackson.

„I’M BACK!“ Die Liga leidet unter dem Abgang ihres Alpha-Männchens. Die Finalspiele gegen die Suns schauten sich 27,2 Millionen Amerikaner an, die Finals New York gegen Houston sehen noch 17,8 Millionen. Gut ein Drittel sah also nur wegen ihm zu. Jordan versucht sich derweil bei seiner ersten Liebe, dem Baseball. Einer Sportart, der sein Vater auch sehr zugetan war. Nach anderthalb Jahren und der Erkenntnis, dass er es nicht in die Major League schafft, macht er sich aufgrund des Baseballstreiks auf den Weg nach Chicago. Dort hatten sich die Bulls zu einem normalen Playoff-Team entwickelt. „Ich versuchte der ganzen Entwicklung irgendwie einen positiven Dreh zu geben“, erzählt Jackson in seinem Buch „Sacred Hoops“. „Aber irgendwie fanden sich die Spieler damit ab, ein durchschnittliches Team zu sein.“ Der Coach weiß nicht weiter. Dann tritt Jordan durch die Tür. „Was läuft bei dir“, sagt Jackson. „Bereit, ein Trikot überzuziehen?“ MJ grinst nur. „Es sieht nicht so aus,

Foto: NBA E/Getty Images/Andrew D. Bernstein, Scott Cunningham, Nathaniel S. Butler, NBA Photos

„MICHAEL REISST DIR DAS HERZ HERAUS UND ZEIGT ES DIR.“ DOUG COLLINS

„Not in my house“, sagte Mount Mutombo. „Of course in your house“, antwortete der Prophet.

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als ob aus Baseball und mir noch mal etwas wird!“ Beide schauen sich an. „25 Spiele, das ist alles, was du brauchst, um wieder fit zu werden“, sagt Jackson. „25?“, kommt es fragend zurück. „Na ja, sagen wir 20“, relativiert der Coach. Am nächsten Tag steigt Jordan ins Training ein. „Der Effekt auf die Mannschaft war überwältigend“, erinnert sich Jackson. Selbst Profis, die nie mit ihm zusammenspielten, brennt wieder das Feuer in den Augen. Alleine durch seine Anwesenheit im Training verwandelt sich das Team zurück in die erfolgsgierige Bestie von früher. Jordan – obwohl nicht in Wettkampfform – fordert vom ersten Tag an jeden heraus. Zudem zeigt er, wie man mit erhabener Art das Beste aus der Triangle Offense herauskitzelt. Schnell macht die Kunde die Runde. Am zweiten Tag schwillt die Medienmeute vor dem Trainingscenter der Bulls an. Die Welt linst durch die Fenster. Breaking News auf allen Sendern. Vor der Jordan-Statur knien die Bulls-Fans nieder, um zu beten. Es ist krank. Die Presse saugt jede kleinste Neuigkeit auf. „Jesus geht jetzt duschen, Details um elf“, spottet Pressesprecher Tim Hallam. Nach gut einer Woche geht ein Fax raus in die Redaktionen der Welt. Einziger Inhalt: I’m back!“ Beim ersten Spiel in Indiana sind alle Kameras auf Jordan gerichtet. „Die Beatles und Elvis sind zurück“, bemerkt Larry Brown, Coach der Pacers, sarkastisch. Für Jordans neue Mitspieler ist der Rummel fremd. „Guckt, jetzt interviewen sie seine Schuhe“, sagt Courie Blount, als ein Kameramann ihn aus der Nähe von unten nach oben abfilmt. Dass das Spiel in Overtime verloren geht, ist zweitrangig, ebenso seine Quote von 7/28. Wichtig ist nur, dass der Messias wieder in der Liga ist. Kurz danach trifft er gegen Atlanta den Winner mit dem Buzzer und im fünften Spiel beschenkt er die Knicks mit 55 Punkten. Soviel erzielte noch nie ein Spieler im Madison Square Garden. In der Schlusssekunde legt er auf Wennigton ab, der mit seinem einzigen Korb den Sieg sichert. „Michael und ich haben >> 89

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Michael >>Air<< Jordan - Part II

Meister. Jordan wird MVP der Saison, des All-Star-Games und der Finals. Jordan transformiert sich vom explosiven Slasher zum erfahrenen Winner. Sein wichtigstes Werkzeug ist ein Turnaround-FadeawayJumper, dessen tödliche Schönheit nicht zu beschreiben ist. Dazu weiß er nach seinen Erfahrungen beim Baseball, wie es ist, wenn man nicht die Erwartungen erfüllt, und geht deshalb besser mit den Fehlern seiner Mitspieler um. Chicago gewinnt das letzte Spiel gegen Seattle in eigener Halle. Es ist Vatertag. Bloß ohne Vater. Die Bilder von Michael Jordan, wie er weinend auf dem Boden liegt, gehen um die Welt. Im Jahr darauf warten die Jazz im Finale. Im fünften Spiel blättert Jordan zu einem neuen Kapitel seiner heroischen Leistungen. Wegen einer Magen-Darm-Grippe übergibt er sich die ganze Nacht und schläft nicht. Sein dehydrierter Körper bekommt Infusionen und Schmerzmittel. Der beste Spieler der Welt sieht aus wie ein Zombie. Unvorstellbar, dass er an diesem Tag spielt. Schnell spricht sich die Kunde rum. Bei der Ankunft im Delta Center filmen die Kameras einen Menschen mit grauer Hautfarbe, der gekrümmt geht. Dennoch läuft er auf, hält die Bulls mit 21 Punkten in der ersten Hälfte im Spiel. Mit 46 Sekunden auf der Uhr liegt Utah mit einem Punkt vorne. Jordan zieht zum Korb und wird gefoult. Zu schwach, um aufzustehen, lässt er sich von Pippen hochhelfen. Den ersten Freiwurf trifft er. Nachdem er den zweiten versiebt, holt er irgendwie seinen eigenen Rebound und trifft den entscheidenden Dreier. Die Bulls gewinnen dank 38 Punkten ihres Topscorers, 15 davon im letzten Viertel. Jordan zeigt der Welt wieder einmal, was ihn von allen anderen Profis der NBA unterscheidet. Hingabe siegt über >> heute 57 Punkte gemacht“, protzt der Center. Großes Gelächter. Im Jahr darauf sorgt er für ein märchenhaftes Ende. Opfer sind Schmerz: 1997 in den „Die ganze Situation erinnerte mich an 1987, als ich als Assistenz- wieder die Utah Jazz. Im sechsten Spiel sind noch 40 Sekunden zu Finals spielt er vom trainer zu den Bulls kam“, sagt Jackson später. „Michael hatte ein spielen – und die Bulls liegen mit drei hinten. Jordan zieht über rechts Fieber geschwächt, großartiges Jahr und gewann alle Auszeichnungen. Aber seine Mit- zum Korb und trifft den Leger. Dann schlägt er Karl Malone in der Pippen muss ihn spieler waren so beeindruckt, dass sie vergaßen, mit ihm zusammen- Defense den Ball aus den Händen. Als er über die Mittellinie dribbelt, stützen. 1991 spielt er zuspielen. Und nach seinem Comeweiß die ganze Welt, was passieren mit verstauchtem back war es genauso.“ Auch Jordan ist „DIE GEGNERISCHEN FANS WOLLEN SEHEN, DASS ICH 50 PUNKTE MACHE wird. Er täuscht einen Drive an, Zeh. „Gimme da pain“, klar, dass sich das ändern muss, um bringt Bryon Russell mit einem sagt er nur. wieder Erfolg zu haben. „Sag den UND IHR TEAM GEWINNT.“ MICHAEL JORDAN Schubser aus dem Gleichgewicht, Jungs, dass sie nicht erwarten können, drückt den Jumper ab und lässt dass ich das, was ich in New York gemacht habe, jeden Abend tue. Wir die Hand stehen. Der letzte Wurf, der letzte Titel. Der beste Basketmüssen als Team zusammenspielen.“ Wahre Worte eines gereiften baller aller Zeiten ist auch der beste Winner aller Zeiten. Mannes. In den Conference-Finals kommt das Aus gegen die jungen Orlando Magic um Shaq und Penny Hardaway. Im ersten Spiel FAZIT verliert Jordan am Ende zweimal den Ball. Auch im entscheidenden fünften Spiel zeigt er Konditionsmängel. „Das Ausscheiden war 25 Gamewinner traf Jordan. Bei 24 davon waren weniger als zehn meine Schuld“, sagt er. „Aber dafür werde ich jemanden bezahlen Sekunden zu spielen, acht fielen mit dem Buzzer. 38-mal legte er 50 lassen“, prophezeit Jordan. oder mehr Punkte auf. Das führte zu sechs Meisterschaften, zehn JORDANS BESTE Scoring-Titeln und fünf Auszeichnungen als MVP. Sein weltweiter WERBESPOTS UND HERAUSFORDERUNG GESUCHT wirtschaftlicher Einfluss belief sich nach Schätzungen des Forbes NOCH MEHR ÜBER Magazine bis 1998 auf rund 18 Milliarden Dollar. Er selber verdiente HIS AIRNESS FINDET Den Sommer über trainiert er mit Grover. Bestform ist angesagt, alleine in diesem Jahr 69 Millionen Dollar. Viele reiche und mächtige IHR IM BONUSschließlich will er gewinnen. Dafür braucht er eine neue Heraus- Leute wetteifern noch heute darum, sein Freund zu sein, seinen Namen BEREICH AUF forderung – so wie immer in seiner Karriere. beiläufig auszusprechen ... und mit ihm Golf zu spielen. „Selbst WWW.FIVEMAG.DE Von jeher setzt er sich selber unter Druck, indem er das Maul deine Tante Matilda, die nichts über Basketball weiß, schaut ihm gerne aufreißt. „Sag deinem Kumpel Dennis Johnson, dass ich morgen was zu“, sagte NBC-Kommentator Bob Costas einst. Wenn Jordans Karriere Besonderes für ihn habe“, gibt er Danny Ainge am Tag vor dem 63- Grundlage eines fiktiven Films wäre, würde man die Story als zu << Punkte-Spiel gegen die Celtics mit auf den Weg. 1993 macht ein Profi perfekt bemängeln, um glaubwürdig zu sein. sven@fivemag.de von den Washington Bullets namens LaBradford Smith 37 Punkte gegen ihn und verabschiedet sich mit den Worten: „Nice Game, Michael.“ Am nächsten Tag spielen sie wieder gegeneinander. Jordan drückt ihm 36 Punkte in der ersten Hälfte rein, 47 insgesamt. Als er im Dezember 1987 über einen kleinen Guard Utahs dunkt, ruft ihm JazzBesitzer Larry Miller zu, dass er sich doch jemanden seiner Größe suchen solle. Jordan jammt kurz danach über den Seven-Footer 2001 gibt Jordan mit 38 Jahren sein Comeback als Spieler bei den Washington Mel Turpin. „Groß genug?“, fragt er. Er findet immer etwas, das ihn herausfordert. Sei es ein MVP-Titel, der an Charles Barkley oder Karl Wizards. Am 29.12.01 erzielt er 51 Punkte gegen die Charlotte Hornets. Gegen Malone geht – oder die Ansage, dass Clyde Drexler ihm ebenbürtig ist New Jersey erzielt er vier Tage nach seinem vierzigsten Geburtstag 43 – oder der Vorwurf des Knicks-Trainers Rick Pitino, er würde eine VerPunkte. Außer ihm schaffte das kein 40-Jähriger in der NBA. In seinem letzung vortäuschen, um von den Refs Nachsicht zu bekommen. Das zweiten Jahr bei den Wizards bestreitet er alle 82 Saisonspiele und spielt im Ergebnis ist immer fürchterlich für die Gegner. Viele Spieler vermeiSchnitt 37 Minuten. Washington verpasst knapp die Playoffs. Michael Jordan tritt den es im späteren Verlauf seiner Karriere, ihm in die Augen zu sehen. nach der Saison 2002/03 zurück – mit dem höchsten Punkteschnitt (30,1 PPG), Der Coach und sein Ein falscher Blick reicht – und er teilt 45 Punkte aus. Einfach aus Prinzip. den je ein NBA-Spieler erzielte. „Ich bin zu hundert Prozent sicher, dass es das Spieler: Niemand hatIn einer Liga voller Trash-Talker steht er alleine auf dem Gipfel. war“, sagt er. Im Sommer 2004 wird er in Chicago gesehen, wie er mit einigen te soviel Einfluss auf Er meistert auch die Herausforderung, nach 21 Monaten Pause NBA-Spielern Basketball spielt. Sofort gibt es verschiedene Meldungen, Jordans Entwicklung als 32-Jähriger wieder der Mann zu werden. Die Bulls stellen in der dass er ein Comeback plane. wie Phil Jackson. Saison 1995/96 mit 72 Siegen einen NBA-Rekord auf und werden

THE THIRD COMING

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Foto: NBA E/Getty Images/Andy Hayt, Andrew D. Bernstein

NBA Legends


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dIe 90er Jahre der nBa

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in den 90er jahren entwickelt sich die nba zu eineM weltweit Verfolgten sPektakel. iM MittelPunkt stehen eine trauMolyMPiaMannschaft und eine trauMtruPPe aus chicago. auch deutschland träuMt: erst Von eineM deutschen nba-chaMPion und dann Von einer neuen hoffnung … text: tobias Pox

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Andy Hayt

1990/91 Meistertränen

Am Abend des 12. Juni 1991 weint Michael Jeffrey Jordan ganz bitterlich. Was denn, schon wieder – wie in den drei Jahren zuvor – gegen die bösen Prügelbuben aus Detroit in den Playoffs verloren? Nee, diesmal sind es Tränen des Glücks. Soeben haben Jordan und seine Chicago Bulls die L.A. Lakers im fünften Finalspiel besiegt, ihre allererste Meisterschaft errungen. „His Airness“ hat den Ruf, er könne nur individuelle Scoringtitel abgreifen, aber keine Mannschaft ins Gelobte Championshipland führen, endgültig ins Märchenreich verbannt. Auch dies ist jetzt klar: Jordan kann nicht nur nach Belieben punkten, sondern auch hervorragend passen, wie seine im Schnitt 11,4 Vorlagen in der Finalserie unterstreichen. Kurzum: MJ ist nunmehr das perfekte Paket. Gehört ab sofort in die allerhöchste Kaste der Basketballlegenden, ist ein NBA-Champion. Alles andere als perfekt ist das Verhalten der in den eastern Conference Finals unterlegenen Detroit Pistons. Mit Ausnahme von Joe Dumars verweigern sie geschlossen dem Triumphator aus Chicago nach dem Schlusspfiff den Handschlag und zementieren so ihre kontroverse Legende. Ihre Ära ist vorbei. Die Liga beweist unter Boss David Stern unterdessen weiterhin Weitsicht und

Cleverness. Sie schickt die Utah Jazz und Phoenix Suns Anfang November nach Japan, um dort zwei reguläre Saisonspiele auszutragen. Ein Novum im US-Sport und ein weiterer Schritt der Strategie, die NBA aggressiv auf der ganzen Welt zu vermarkten. Die Suns stecken die Reiserei bestens weg. Wieder in der Heimat angelangt, erzielt das Team in der Partie gegen Denver 107 Punkte in einer Halbzeit und trägt sich in die Rekordbücher ein. Auch Craig Hodges und Scott Skiles setzen neue Maßstäbe. BullsGuard Hodges netzt beim All-StarDreierwettbewerb mal eben so 19 Würfe in Folge ein und verteidigt seine Krone aus dem Vorjahr. Magic-Aufbau Skiles legt am 30. Dezember gegen Denver seinen Mitspielern den Ball 30-mal maßgeschneidert zum Korberfolg auf. Allerdings erzielt der Point Guard diese Bestmarke gegen ein Nuggets-Team, welches von Coach Paul Westhead zu einem bedingungslosen Fastbreakstil gezwungen wird. Defense ist bei den Goldstückchen Nebensache. Deutschlands Basketball-Aushängeschild Detlef Schrempf, 1989 von Dallas nach Indiana getradet, wird zum besten Sechsten Mann der Liga gekürt.1 Lieber spät als nie: Die NBA führt das unsportliche Foul ein und vernichtet damit jegliche Hoffnung Detroits, sich den Meisterpott zurückzuholen …

1. Wie gut „Det the Threat“ damals war? 1990/91 legte er in 32,1 Minuten von der Bank kommend 16,1 Punkte, 8,0 Rebounds, 3,7 Assists sowie Wurfquoten von 52,0 Prozent aus dem Feld und 37,5 Prozent von der Dreierlinie auf. Zum Vergleich: 2010/11 legten nur Blake Griffin, Pau Gasol und David Lee mindestens 16 Zähler, acht Rebounds, drei Assists sowie eine Wurfquote von mindestens 50 Prozent auf.

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1991/92 träuMe und alBträuMe

Am 07. November 1991 erschüttert Magic Johnson die (Basketball-)Welt mit der Mitteilung, dass er sich mit HIV infiziert habe. Vor 20 Jahren kommt eine solche Diagnose einem Todesurteil gleich. „Als ich davon hörte, dachte ich nur: ‚Magic wird abmagern und sterben‘“, erinnert sich US-Entertainer Arsenio Hall im Dokumentarfilm „Courtship of Rivals“. Der Lakers-Superstar tritt sofort zurück – auch weil einige Spieler nicht gegen ihn antreten wollen. Vor allem Karl Malone verleiht seinen Ängsten Ausdruck, bereut diese Aussagen aber später. Magics Vermächtnis sind fünf Meisterringe, drei MVP-Kronen in zwölf unvergesslichen Dienstjahren … und die Erinnerung daran, dass Profisportler es mit Monogamie und Treue oftmals nicht so genau nehmen.2 Die Popularität des erst 31-Jährigen hält trotz seines Abschieds an. Er wird von den Fans ins All-Star-Game berufen, erzielt bei dem emotionalen Showspektakel 25 Punkte, neun Rebounds und fünf Assists und wird zum wertvollsten Spieler ernannt. Seine drei Dreier in den letzten Minuten sind Hollywood pur! Das Spiel endet sogar nach dem dritten Distanzschuss des Magischen, obwohl noch 15 Sekunden auf der Uhr sind, als Spieler beider Teams aufs Feld laufen. In L.A. läuft nach dem Abgang von Magic alles schief.

Die Lakers qualifizieren sich unter der Führung von Point Guard Sedale Threatt nur mit Ach und Krach für die Playoffs und stehen in der Endabrechnung schlechter da als die Clippers! Auch Johnsons ewiger Widersacher aus Boston muss seine Karriere beenden. Die Rückenschmerzen von Larry „Legend“ Bird sind mittlerweile so stark, dass es einfach nicht mehr geht. Die NBA hat somit jene zwei Spieler verloren, die die Liga in den frühen 80er Jahren fast im Alleingang vor dem Ruin gerettet haben. Die 90er haben endgültig als neue Epoche begonnen. Zum Glück gibt es noch den Kollegen Jordan, der seine Dominanz fortsetzt. Zwar erzielt seine Lufthoheit nur für ihn bescheidene 30,1 Punkte im Schnitt, dafür poliert er seine Führungsrolle weiter auf. Und mit dem sich scheinbar ewig verbessernden Allrounder scottie Pippen hat er einen echten edeladjutanten an seiner Seite. Chicago besiegt im Endspiel Portland in sechs Partien und verteidigt seinen Titel. Im ersten Finalmatch zimmert sich MJ in der ersten Halbzeit 35 Punkte und sechs verwandelte Dreier ins Boxscore – gegen solche Finals-Rekorde ist die Konkurrenz schlichtweg chancenlos. Auch Detlef Schrempf gelingt ein Back-to-Back-Triumph, der Ex-Leverkusener wird erneut zum besten Einwechselspieler ernannt. In Minnesota heißt es „Good day, mate!“ – mit Luc Longley, von den Timberwolves an siebter Stelle

gedraftet, betritt der erste Australier die NBA-Bühne. Und hinterlässt keinen bleibenden Eindruck … Den macht dagegen einige Wochen später die US-amerikanische Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Barcelona. Dank neuer Statuten – von der NBA und der FIBA ausgearbeitet – dürfen erstmals NBA-Profis mitwirken. Die USA entsendet einen Kader, der alles enthält, was die Liga an Superstars zu bieten hat. Die Mission hat zwei Ziele: Gold und die totale Unterwerfung des gesamten Basketballuniversums. Olympia wird, im Gegensatz zur NBA, auf der ganzen Welt im Fernsehen übertragen. Vor allem ganz Europa schaut bei diesen Spielen live zu. Das „Dream Team“ um Jordan, Johnson, Bird, Charles Barkley und weitere Stars soll mit einem spektakulären Turnier den gesamten Planeten im Handstreich für die NBA einnehmen. Endlich soll von Reykjavik bis Wladiwostok realisiert werden: NBA Basketball, it’s fantastic … und natürlich sollen Fernsehrechte und Trikots gekauft werden. Das gelingt besser, als es die Strategen in New York sich jemals hätten träumen lassen. Team USA siegt nach Belieben und zieht den gesamten Globus in seinen Bann. Die Dream Teamer faszinieren eine gesamte Generation junger Basketballer. Der Weltbasketball macht den größten Entwicklungssprung in der Geschichte.

1992/93 threepeat

Phoenix hat so ziemlich alles, was man sich wünschen kann: eine funkelnagelneue Halle (America West Arena), einen neuen Superstar (Charles Barkley, der in der Sommerpause aus Philadelphia losgeeist und in seiner neuen Heimat prompt Liga-MVP wird), einen Dreierschützen mit einem ultracoolen Spitznamen („Thunder Dan“ Majerle) – und die beste Bilanz nach der regulären Saison. Am Ende fehlt nur eines: der Meistertitel. Spielverderber sind einmal mehr die Chicago Bulls, die den ersten Threepeat seit den Boston Celtics in den 60ern feiern. Wer dank vier Vierzig-PunkteSpielen Finals-MVP wird (nachdem er zuvor bereits zum siebten Mal in Folge Topscorer der Liga geworden ist), ist ein Selbstgänger. Sein Nachname fängt mit J an und reimt sich auf Norden. Auch in Orlando darf gejubelt werden. Die neue Franchise hat mit Shaquille O’Neal eine wahre Naturgewalt an Land gezogen. Der 2,16 Meter große

Centerhüne ist ein (Dunking-)Biest am Brett und wird gleich in seinem ersten Profijahr mit 23,4 Punkten neuntbester Ligakorbjäger. In der Reboundwertung liegt er gar auf dem zweiten Rang. Die Pole-Position dieser Kategorie geht indes im zweiten Jahr in Folge an Mr. Dennis Rodman aus Detroit (18,3 Rebounds pro Spiel) – den Titel wird „The Worm“ auch in den kommenden fünf Jahren nicht abgeben. Dank O’Neal gewinnt Orlando mit 41 Partien fast doppelt so viele Spiele wie im Vorjahr. Von so einer Bilanz darf Dallas nur träumen. Die Mavericks verlieren sage und schreibe 71-mal und gehen als eines der miesesten Teams aller Zeiten in die Geschichte ein. Wer daran gezweifelt hat, dass utahs John stockton und Karl Malone ein Paar sind, wird beim All-Star-Game eines Besseren belehrt. „Stockalone“ wird vor heimischem Publikum gemeinsam zum wertvollsten Spieler gekürt. Im Sommer hält die NBA aufgrund zweier Tragödien inne. Am 07. Juni 1993 verunglückt New Jerseys Shooting Guard Drazen Petrovic auf der A9 in der

Nähe von Ingolstadt tödlich. Der 28-Jährige hatte gerade seine beste Saison in der NBA gespielt. Dank 22,3 Punkten, 3,5 Assists und Quoten von 51,8 Prozent aus dem Feld sowie 44,9 Prozent von der Dreierlinie wurde er ins „All-NBA Third Team“ gewählt. Der Kroate war auf dem Sprung in die NBA-Elite, seine Nets schienen mit ihm, Point Guard Kenny Anderson und Power Forward derrick Coleman den Kern für eine endlich erfolgreiche Gegenwart zu haben … Ganz Kroatien trauert noch heute um sein Idol. Am 27. Juli 1993 kollabiert Reggie Lewis, Small Forward der Boston Celtics, in der Halle seiner ehemaligen Northeastern University, wo er sich auf die neue Saison vorbereiten will. Der All Star des Jahres 19923 erliegt einem Herzfehler, der in den vorangegangenen Playoffs diagnostiziert worden war. Für die Celtics ist es der zweite Todesfall in nur sieben Jahren, nachdem 1986 Rookie Len Bias nur zwei Tage nach der Draft an einer Kokainüberdosis gestorben war.

3. Lewis erzielte in seiner letzten NBA-Saison 20,8 Punkte, 4,3 Rebounds und 3,7 Assists. Nur vier andere Profis hatten 1992/93 mehr Minuten auf dem Parkett gestanden als Lewis.

1993/94 BaseBall und andere aBenteuer

Wenige Wochen vor der Saison gibt es den SuperGAU: Zwei Jahre nach dem Aus von Magic und Larry tritt mit Jordan der nächste Superstar zurück. MJ, mit 30 Jahren eigentlich in der Blütezeit, gibt an, dass er sich nach drei Meisterschaften und sieben Scoringtiteln in Folge nichts mehr zu beweisen habe und eine neue Herausforderung brauche. Zudem nagt der gewaltsame Tod seines Vaters an seinem Gemüt. Statt eines Basketballs hält „His Airness“ künftig einen Baseballschläger in der Hand. In seinem neuen Job beweist er allerdings wenig Geschick. Jordan kommt nicht über das MinorLeague-System der Chicago White Sox hinaus. Ohne ihren Dominator ist die NBA ausgeglichen wie lange nicht mehr. Am Ende stehen die Houston Rockets und New York Knicks im Finale, das in Deutschland live auf Sat1 übertragen wird. Die von Pat Riley trainierten Knicks sind in Sachen Defensiveinstellung und Bissigkeit eine Neuauflage

der Detroit Pistons. Alle Abwehranstrengungen nutzen jedoch nichts. New York verliert in sieben langweiligen Spielen, die geprägt sind von: Wirgeben-den-Ball-in-den-Lowpost-und-wenn-dieanderen-dann-doppeln-geht-der-Spalding-wiederraus-und-wir-schießen-einen-Dreier. Die „SLAM!“ schreibt damals über die Endspiele: „They shot, they missed, they put us to sleep.“ Held der Endspielserie und überhaupt der ganzen Saison ist Houstons Hakeem Olajuwon. Der gebürtige Nigerianer heimst beide MVPAuszeichnungen ein und wird außerdem zum besten Verteidiger ernannt. Bester Punktesammler wird am allerletzten regulären Spieltag San Antonios David Robinson. Der „Admiral“ erzielt erstaunliche 71 Punkte und reißt Orlandos „shaq Attack“ O’Neal doch noch die Korbjägerkrone vom Kopf. Auch einige Wochen vorher sorgt Robinson für Schlagzeilen: Gegen Detroit legt er mit 34 Punkten und jeweils zehn Assists, Blocks und Rebounds ein Quadruple-Double auf.

Robinsons neuer Mannschaftskollege Dennis Rodman steht ebenfalls im Rampenlicht, denn er zeigt immer deutlicher werdende Anzeichen von Wahn. Der Ex-Piston raspelt sich die Haare ab und färbt sie blond. Auch die Farbtöne Lila, Blau sowie Rot probiert er aus. Während sein Körper dank diverser Tätowierungen ebenfalls immer bunter wird, gestaltet sich sein Verhalten impulsiver: Er wütet und schimpft auf dem Court wie Captain Haddock, zweimal gibt er einem Gegenspieler eine Kopfnuss, abseits des Feldes hat er eine heiße Affäre mit Popikone Madonna. Detlef Schrempf, inzwischen in Seattle neben Gary „Glove“ Payton und Shawn „Reign Man“ Kemp angestellt, muss erleben, wie seine SuperSonics zum allerersten Team werden, das an Position eins gesetzt in der ersten Playoffrunde gegen die Nummer acht (Denver) verliert.4 die Lakers, in diesem Jahr in 16 Spielen von Magic Johnson gecoacht, verpassen erst zum vierten Mal in ihrer illustren Geschichte die Playoffs.

4. Damals wird die erste Playoffrunde noch im Format Best-of-Five ausgespielt. Bitter: Seattle gewinnt die ersten beiden Partien mit 106:82 und 97:87, bevor die letzten drei Spiele abgegeben werden – zwei davon nach Verlängerung … In einem tiefen Denver-Kader spielen zu dieser Zeit Mahmoud Abdul-Rauf, Dikembe Mutombo, LaPhonso Ellis, Reggie Williams, Bryant Stith, Robert Pack, Rodney Rogers und Bison Dele!

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Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Andy Hayt/Rocky Widner/Nathaniel S. Butler/Andrew D. Bernstein

2. Zu dieser Zeit infizieren sich nur wenige Heterosexuelle mit HIV. Deshalb sprießen schnell Gerüchte, Johnson sei bi- oder homosexuell. In „When the Game Was Ours“ machte Johnson seinen ehemaligen Freund Isiah Thomas dafür verantwortlich, dass diese Gerüchte die Runde machten. Außerdem enthüllte Magic in diesem Buch, dass er gegen eine Aufnahme von Thomas ins Team USA 1992 war. „Isiah hat sich selbst um diese Chance gebracht“, wird Johnson zitiert. „Niemand wollte mit ihm spielen … Michael wollte es nicht. Scottie wollte es auf keinen Fall. Bird setzte sich nicht für ihn ein. Karl Malone wollte ihn nicht. Wer sagte damals: ‚Wir brauchen diesen Typen!‘? Niemand!“


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Oben Mitte: John Stockton und Karl Malone erhalten zusammen den Titel als All-Star-GameMVP. Mit dabei Stocktons Sohn Michael, der in dieser Saison bei der BG Karlsruhe auf Korbjagd geht. Oben rechts: Magic Johnson gibt seinen Rücktritt aufgrund seiner HIV-Infektion bekannt. Oben links: Shaquille O’Neal wird 1992 von den Orlando Magic an Nummer eins gedraftet. Im Folgejahr sichern sich wieder die Magic den ersten Pick. Dieses Mal ziehen sie Chris Webber, traden ihn aber direkt nach Golden State für Penny Hardaway. Unten Mitte: Hakeem Olajuwon und

Patrick Ewing in den Finals 1994. Unten links: das Dream Team … und Christian Laettner. Unten rechts: Detlef Schrempf und die Sonics traten 1996 gegen die Indiana Pacers in der Berliner Deutschlandhalle an. Die „Berliner Zeitung“ rührt im Vorfeld die Werbetrommel für die „Basketball-Missionare“ und stellt Pacers-Star Reggie Miller so vor: „Viele nannten den exakt zwei Meter großen und 84 Kilogramm leichten Miller nur ,Giraffe‘ … Mit manchmal unflätigen Bemerkungen treibt er Gegenspieler zu Fehlpässen, wenn nicht zum Wahnsinn.“

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Rodman bleibt der Rüpel der Liga. Nach einem Streit mit den Kluboberen wird der Spurs-Forward für die ersten drei Spiele gesperrt. Danach beurlaubt er sich selber, anschließend wird er wieder suspendiert. Zu guter Letzt verletzt er sich bei einem Motorradunfall. Trotz allem wird er erneut Reboundkönig. Der brave Junge und AntiRodman John Stockton wird ebenfalls geehrt. Am 01. Februar liefert er seinen insgesamt 9.922. Assist (dreimal darf geraten werden, wer der Empfänger ist ...) und löst Magic Johnson als „AllTime-Assist-Leader“ ab. Gefeiert wird im üblich nüchternen Stockton-Stil: mit einem Low-Five mit Kalle Malone (psst, er war der Empfänger).

Auch Lenny Wilkens setzt eine neue Bestmarke. Mit dem Sieg seiner Atlanta Hawks über die Washington Bullets am 06. Januar, seinem 939. Erfolg – kein anderer Coach gewann mehr Partien in der NBA.5 Und wie zelebriert man gebührend, dass man den legendären Red Auerbach überflügelt hat? Ganz klar, mit einer fetten Zigarre, die siegessicher kurz vor Schluss angefeuert wird. Auch Michael Jordan will wieder Triumphtabak schmecken. MJ sieht ein, dass Baseball doch nicht seine Sache ist, und teilt den Medien im März in einem Fax lapidar mit: „I’m back.“ Der Rost lässt sich jedoch nicht so leicht abschütteln. Jordan hatte für sein Baseballabenteuer ein komplett anderes Trainingsprogramm durchgezogen, sein Körper ist nicht auf Basketball eingestellt.

5. Wilkens fuhr bis zum Ende seiner NBA-Laufbahn insgesamt 1.332 Siege ein. Am 08. April 2010 überholte ihn jedoch Don Nelson. Die Top Five der Trainer mit den meisten Siegen liest sich also wie folgt: Nelson 1.335, Wilkens 1.332, Jerry Sloan 1.221, Pat Riley 1.210 und Phil Jackson 1.155. 6. Houston beschreitet damals wahrlich keinen leichten Weg in die Finals. Zum Auftakt gewinnen die

1995/96 ein teaM für die ewigkeit

Orlandos distanzschütze dennis „3-d“ scott nutzt aus, dass die Liga – in der Hoffnung auf mehr Scoring – die Dreierlinie vor einem Jahr nach vorne versetzt hat. Statt 7,24 Meter Entfernung sind es nur noch 6,70 Meter bis Downtown. Scotts 267 Treffer von dort sind neuer Rekord. Die zwei neuen NBA-Klubs Toronto Raptors und Vancouver Grizzlies wollen beweisen, dass in Kanada nicht nur Eishockey gespielt wird. Toronto und Rookie Damon Stoudemire sichern sich in der Debütsaison immerhin 21 Siege. Vancouver? Draftet als ersten Spieler der Franchise Bryant „Big Country“ Reeves und rumpelt sich zu 15 Erfolgen … In Utah setzt weiter der gute Johnny neue Maßstäbe. Am 21. Februar holt Stockton gegen Boston seinen 2.311. Steal, damit überholt er Maurice Cheeks in der ewigen Balldiebstahl-Liste. Unmittelbar danach assistiert der Jazz-Playmaker bei einem Korberfolg. „Was für ein Spieler!“, schwärmt der Fernsehkommentator und fasst die

1996/97 neue generation, alter chaMpion

Die NBA begrüßt viele Draftgesichter, die das Geschehen in der Liga nachhaltig prägen werden. Die Klasse von 1996 enthält unter anderem Allen Iverson, Kobe Bryant, Steve Nash, Ray Allen, Stephon Marbury, Peja Stojakovic, Jermaine O’Neal, Marcus Camby, Antoine Walker und Shareef Abdur-Rahim. Iverson kommt von den Georgetown Hoyas und bringt eine neue Geschmacksnote mit in die Profiliga: den HipHop-Style mit ewig weiten Klamotten, Tattoos und den „Geruch der Straße“. Philadelphias Nummer-eins-Pick hat außerdem trotz seiner Größe von nur … räusper … 1,83 Meter eine Menge Scoring im Gepäck. Er erzielt in fünf Spielen in Folge mindestens vierzig Punkte und wird zum Prototypen einer Aufbaugeneration, deren Blick einzig Richtung Korb und nicht gen Mitspieler ausgerichtet ist. In Los Angeles wittern sie wieder bessere Zeiten, denn neben dem Highschool-Star Bryant ziehen die Lakers im Sommer mit Shaquille O’Neal den im wahrsten Sinne des Wortes (ge-)wichtigsten Free Agent

Chicago verliert in der zweiten Playoffrunde gegen die von O’Neal und Penny Hardaway angeführte Jugendbande aus Orlando. Die Magic schaffen es sogar bis ins Finale gegen die Houston Rockets. Dort gelingt es Nick Anderson kurz vor Schluss des ersten Spiels jedoch nicht, auch nur einen von vier Freiwürfen zu verwandeln und den Sack zuzumachen. Houston, das seit einem Trade im Februar Clyde Drexler als Starter auf der Zwei hat, gewinnt nach Verlängerung und sweept die serie. Die Titelverteidigung ist umso erstaunlicher, da die Rockets nur als Sechster im Westen ins Meisterrennen starten (Bilanz: 47 Siege und 35 Niederlagen) – und mit einem alternden Kader. „Unterschätze nie das Herz eines Champions“, belehrt Meistercoach Rudy Tomjanovich.6

Raketen mit 3-2 gegen Utah und „Stockalone“, obwohl sie schon mit 1-2 zurückliegen. Gegen Sir Charles’ Suns beträgt der Rückstand sogar 1-3, mit dem Rücken zur Wand schlagen sie nach Verlängerung Phoenix auswärts im fünften Spiel und gewinnen in sieben. San Antonios David Robinson wird von Olajuwon in den Conference Finals der Lächerlichkeit preisgegeben – Houston gewinnt alle drei Begegnungen in Texas und die Serie nach sechs Partien.

Akte John Stockton mit diesen wenigen Worten bestens zusammen. In der Rubrik „die meisten Blocks aller Zeiten“ übernimmt Olajuwon das Zepter von Kareem Abdul-Jabbar – da die NBA Blocks aber erst seit der Spielzeit 1973/74 erhebt, „fehlen“ Abdul-Jabbar die Rejections seiner ersten vier Saisons. Auch hinsichtlich der Zahl der absolvierten Spiele muss Abdul-Jabbar zusehen, wie seine Spitzenposition stibitzt wird – und zwar von Robert Parish, der seine zwanzigste Saison absolviert. Doch all diese individuellen Errungenschaften stehen im Schatten dessen, was die Chicago Bulls in diesem Jahr in Sachen Dominanz abziehen. Jordan hat den langen Sommer – sowie die Motivation der Playoffniederlage – genutzt, um sich unter Anleitung seines Privattrainers zu alter Stärke zu peitschen. Zudem hat sich das Team auf ein Wagnis eingelassen und Dennis Rodman aus San Antonio geholt. Wie sich zeigt, ist der Troublemaker bei Chicagos „Zen-Meister“ Phil Jackson und unter Jordans strengem Auge bestens aufgehoben.

Die Bulls werden wie Rockstars gefeiert und eilen von Sieg zu Sieg. Am Ende steht die einzigartige Bilanz von 72-10. In den Playoffs gibt es nur drei Niederlagen, zwei davon im Finale gegen Schrempfs tapfere SuperSonics. Jordan feiert Titel Nummer vier, einen MVP-Hattrick (All-Star-Game, reguläre Saison und Finals) und wird zum achten Mal Topscorer. Jackson wird Coach des Jahres, sein Forward Toni Kukoc bester Sechster Mann. Bei all dem Trubel um die Bulls ist das Comeback von Magic Johnson fast nur eine Randnotiz. Die Rückkehr des Lakers-Stars währt allerdings auch nur 32 spiele, in denen er solide 14,6 Punkte, 6,9 Assists und 5,7 Rebounds abliefert, aber als Power Forward wenig Magisches vollbringt. In Portland geht derweil eine beeindruckende Serie zu Ende: Nach 814 ausverkauften Heimspielen in Folge (Rekord im gesamten US-Sport) können die Blazers am 16. November gegen Sacramento nicht alle Tickets absetzen. Im April bekommt die NBA eine Frau: Die Women’s National Basketball Association (WNBA) wird gegründet.

seit Menschengedenken an Land. Gegen die ausgebufften Utah Jazz haben die renovierten Lakers in der zweiten Runde aber keine Chance. Chancenlos sind weiterhin auch die Gegner der Chicago Bulls. Das Starensemble um Jordan, Pippen und Rodman überrollt die Liga ein weiteres Mal und liegt am Ende der regulären Saison erneut auf Rekordkurs. Dass die Bestmarke aus dem Vorjahr am Ende nicht erreicht wird, liegt allein daran, dass drei der letzten vier Partien verloren gehen. So lautet die Bilanz schließlich „nur“ 69-13. In der Endabrechnung bleibt jedoch alles beim Alten: Chicago wird zum fünften Mal Meister. Opfer im Finale ist diesmal Utah. Für einen Bullen ist der Titel besonders süß: Robert Parish, inzwischen einhundert Jahre alt, reitet mit seinem vierten Ring in den Sonnenuntergang.7 der alte Verein des „Chief“, Rekordmeister Boston, setzt hingegen seinen traurigen Niedergang fort und wird Letzter im Osten. Zum ersten Mal seit neun Jahren heißt der beste Vorlagengeber der Liga nicht Stockton, diesmal geht der Zuschlag an Mark Jackson von den Pacers, der 11,4 Assists an den Mitspieler bringt.

Beim All-Star-Spiel am 09. Februar ehrt die Liga anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens die 50 besten Spieler aller Zeiten (siehe Kasten). 47 der 50 Geehrten sind anwesend. Nur Pete Maravich (verstarb 1988), Shaquille O’Neal (Knie-Operation) und Jerry West (Operation aufgrund einer Mittelohrentzündung) fehlen. Auf Ligageheiß müssen sich die Ausgezeichneten jedoch in fiese, bunte Varsity-Jacken zwängen, die selbst einem Mofarocker vom Dorf noch extrem peinlich wären.

7. Parish geht schlussendlich mit einem wohl ewigen Rekord für absolvierte Spiele in die NBA-Historie ein. Hier die Top Five der Dauerbrenner: Robert Parish 1.611 Spiele, Kareem Abdul-Jabbar 1.560, John Stockton 1.504, Karl Malone 1.476 und Kevin Willis 1.424. Moses Malone absolvierte 1.455 Partien in der NBA und ABA zusammen.

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Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Andy Hayt/Rocky Widner/Nathaniel S. Butler/Andrew D. Bernstein

1994/95 das unterschätzte herz des chaMpions


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1997/98 kiffen, würgen und MurMeltiertag

Es ist doch nicht alles Gold, was glänzt. Die NBA mag sich bester Popularität erfreuen und auch international immer mehr Fans gewinnen, doch ein unmittelbar vor Saisonbeginn veröffentlichter Artikel der „New York Times“ erinnert daran, dass es durchaus auch gravierende Probleme gibt. 60 bis 70 Prozent aller Spieler rauchen Marihuana, vermeldet der Bericht. „Wenn auf Gras getestet würde, gäbe es keine Liga“, wird ein ehemaliger Akteur zitiert. Aus dem Koksdilemma zwanzig Jahre zuvor ist ein Kiffdilemma geworden. Anfang Dezember gibt es die nächste Schlagzeile, die empfindlich am Ligaimage kratzt. GoldenState-Guard Latrell Sprewell geht im Training seinem Coach P.J. Carlesimo an die Kehle und droht, ihn zu erwürgen. Der Attentäter wird für den Rest der Saison gesperrt. Der NBA droht ein neuzeitliches PR-desaster: sind die spieler der

Generation X ichbezogene, kiffende Gangster? Sportlich müssen sich die beiden Finalisten aus dem Vorjahr zunächst mit Verletzungssorgen herumplagen. Utahs Stockton hat ebenso Wehwehchen wie Chicagos Pippen und muss ebenfalls länger pausieren. Beide erholen sich jedoch, und das Endspiel steht unter dem Motto „Murmeltiertag“: Wieder heißt es Bulls gegen Jazz, und wieder siegen die Bulls in sechs Spielen. In der letzten Partie schwächelt Pippen, sodass Jordan mit 45 Punkten den Alleingang einschalten muss. In der letzten Minute klaut er Karl Malone von hinten den Ball, vorne netzt er nach einem (hoheitlichen) Schubser gegen Bryon Russell mit einem Jumper vom oberen Zonenrand ein. 87:86. Chicagos zweiter Threepeat ist perfekt. Für viele ist es das perfekte ende einer perfekten Karriere. Perfekt ist auch die Gesundheit und Fitness von A.C. Green. Der frühere Laker, der inzwischen bei den Dallas Mavericks angeheuert hat, absolviert

am 26. November sein 907. Spiel in Serie und wird somit zum offiziellen Ironman der Liga – auch in Sachen Enthaltsamkeit, denn Green blieb eine Jungfrau, bis er 2002 im Alter von 39 Jahren heiratete.8 Larry Bird wird Trainer in Indiana, führt die Pacers bis ins Ostfinale, wo sie Chicago in sieben Spielen alles abverlangen. „Larry Legend“ wird folgerichtig zum Trainer des Jahres gekürt. Die Washington Bullets sehen endlich ein, dass ihr Spitzname in einer Stadt mit einer der höchsten Kriminalitätsraten des Landes nicht eben passend ist, und taufen sich in Wizards um. Einen Neuanstrich könnte auch Denver gebrauchen. Mit 71 Niederlagen treten die Nuggets dem unrühmlichen Klub der schlechtesten Teams aller Zeiten bei. Wegen Verletzungssorgen und Mangel an neuen Tricks wird beim All-Star-Wochenende kein Dunkwettbewerb ausgetragen. Rookie des Jahres wird Tim Duncan aus San Antonio.

8. Green litt außerdem an chronischem Singultus – zu Deutsch: Schluckauf. Nur wenn der Power Forward trainierte, stoppte die zwanghafte reflektorische Einatmungsbewegung. Nachts konnte Green nie länger als zwei Stunden am Stück schlafen. Erst nach seiner Karriere verschwand das Leiden plötzlich.

Dirk Nowitzki, Zweitligaspieler aus Würzburg, wird an neunter Stelle von Milwaukee gedraftet, aber sofort im Tausch für Robert Traylor, Nummer-sechs-Pick der Mavericks, nach Dallas verfrachtet. Bevor Deutschlands neuer NBAExport jedoch seinen ersten Korb in der besten Basketballliga der Welt erzielen kann, vergeht mehr als ein halbes Jahr.9 Die Klubbesitzer und die Spielergewerkschaft können sich nicht auf einen neuen Manteltarifvertrag einigen, es kommt zum Lockout. Zum ersten Mal fallen in der NBA wegen eines Arbeitskampfes Spiele aus. Im Januar einigen sich die Streithähne endlich, gespielt wird ab dem 05. Februar. Statt 82 bestreitet jeder Verein nur fünfzig Matches. Das All-Star-Wochenende wird abgesagt. Sportlich steht die Saison im Zeichen der

Bulls-Dynastie, die nunmehr beendet ist. Nach Querelen mit dem Management hat Ausnahmecoach Phil Jackson sein Amt niedergelegt. Der Dominoeffekt ist fatal: Jordan erklärt zum zweiten Mal sein Karriereende, Pippen wird nach Houston verschifft, Rodman erhält keinen neuen Vertrag. Die neue ChicagoTruppe gewinnt katastrophale 13 Begegnungen. Nur die Clippers und die Grizzlies aus Vancouver sind schlechter. Die meisten Spiele im Osten gewinnt das von Pat Riley gecoachte Team in Miami. Die Heat verlieren jedoch sensationell in der ersten Playoffrunde nach einem Buzzerbeater von Allan Houston im entscheidenden fünften Spiel gegen den Erzrivalen aus New York, wo Riley zuvor an der Seitenlinie stand. Die lediglich an Position acht gesetzten Knicks reiten trotz (oder

gerade wegen) eines verletzten Patrick Ewing auf einer Euphoriewelle bis ins Endspiel. Doch die Underdogs um Houston, Larry Johnson, Marcus Camby, Kurt Thomas und Würger Latrell Sprewell sehen gegen San Antonio keine Sonne. Dort steht die unmöglich zu nehmende Zonenburg mit den Türmen David Robinson und Tim Duncan. Die Spurs feiern nach fünf spielen ihren ersten NBA-Titel. Aufgrund Jordans Abwesenheit avanciert Allen Iverson, inzwischen Cornrows und Brillis rockend, in seiner zweiten Saison zum Topscorer der Liga. Die L.A. Lakers spielen ihre letzte Saison im Great Western Forum. Nowitzki kommt als Neuling auf 8,2 Punkte. Die Ankündigung seines Coaches Don Nelson, dass der deutsche Rookie des Jahres werden würde, verhallt im Gelächter der Basketballwelt.

9. In seinem ersten NBA-Spiel begegnen die Mavericks wem? Natürlich den Seattle SuperSonics und Detlef Schrempf! Das Duell geht klar an den Altvorderen. Schrempf erzielt neun Punkte neben zehn Rebounds, während Nowitzki in 16 Minuten zwei Zähler, keinen Feldkorb und auch keinen Rebound bringt. Seattle gewinnt 92:86.

1999/00 revival der lakers Mit dreieck

Phil Jackson kehrt auf die Trainerbank zurück und übernimmt bei den Lakers. Er bringt seinen treuen Assistenten Tex Winter mit, und beide vermitteln dem Team jene Triangle-Offense, die in Chicago so erfolgreich war. Diesmal wird indes die Centerposition in den Mittelpunkt gerückt. Shaq O’Neal freut sich wie ein Kleinkind an Weihnachten über die neue Aufmerksamkeit und offenbart jordanesque Dominanz. Wie MJ vor vier Jahren streicht er alle drei MVP-Auszeichnungen ein (die des All-Star-Games teilt er sich mit Duncan). Kobe Bryant hat sich derweil zum Pippen-Klon gemausert, wie seine Allroundwerte von 22,5 Punkten, 6,3 Rebounds und 4,9 Assists sowie seine Wahl ins „All-Defensive First Team“ belegen. Im Westfinale scheint für das Hollywood-Ensemble jedoch Schluss zu sein. schließlich führen die

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sündhaft teuer zusammengestellten Portland Trail Blazers, bei denen nun auch Schrempf unter Vertrag steht, im letzten Viertel des siebten Spiels mit fünfzehn Punkten. L.A. aber liefert ein Comeback für die Ewigkeit und sichert sich mit einem Alley-Oop von Kobe auf Shaq den ersten Finaleinzug seit neun Jahren. Im Endspiel wird Indiana in sechs Partien besiegt. O’Neal und Bryant haben ihren ersten Ring, Jackson seinen siebten. Auch Jordan feiert ein Comeback, diesmal jedoch als Funktionär. Er wird Präsident bei den Washington Wizards und soll die Franchise an die spitze des NBA-Ostens führen. Ansonsten stehen die Zeichen auf Abschied. Nach sechzehn Jahren hängt der unvergleichliche „Sir Charles“ Barkley verletzungsbedingt seine Air Max an den Nagel. Und auch die Endlichkeit des Lebens im Allgemeinen wird einmal mehr zum großen Thema. Am 16. Januar verstirbt die Legende Wilt Chamberlain im Alter von 63 Jahren.

Mit Bobby Phillis und Malik Sealy werden auch zwei Aktive ins Jenseits berufen, beide sterben innerhalb von vier Monaten bei Autounfällen. Doch es gibt auch Licht und Hoffnung: Acht Monate nach einer Nierentransplantation kehrt am 14. März Spurs-Forward Sean Elliott auf das Parkett zurück. san Antonio trägt außerdem ein Grinsen im Gesicht, weil es mit dem Argentinier Manu Ginobili, der erst in der zweiten Runde und an 58. Stelle gezogen wird, ein echtes Schnäppchen abgegriffen hat. In Dallas ist Nowitzki derweil zum zweitbesten Schützen (17,5 Punkte) seiner Mavericks gereift, die Fans in Texas beginnen diesen „Irk“, das „German Wunderkind“ zu mögen. Beim All-Star-Wochenende wird der Dunkwettbewerb wieder ausgetragen – und entpuppt sich als echte Granate. Sieger des wahrlich anmutigen Spektakels ist Vince Carter. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Jahrzehnt … tobias@fivemag.de

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1998/99 ausgesperrt


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Pepito s Chamäleon Damn Wie sagt da gry. Oben rechts: 2“? „So young, so an ße sich ttle in „Dr. Dooli so ähnlich lie rewell ic!“ So oder ll Sp tre La s de that rap mus ere Teil der Karri niemand der zweite örperte doch ngsta fassen, verk ter Freizeitga er zusammen tri en stz „Spree“ typ „selb hade, denn den Spieler Sc er. e wi gut tigen Wut. mit Skills“ so Ring mit einer einzigar r des den de lie itg M e attackierte ht s ts: Ausgesuc hält übrigen Unten rech Kobe Bryant weil er ngs 1996 – cken, Rü n Draftjahrga de r te am ame n Arm hin em Pickup-G seinen linke r Draft bei ein k gebrochen hatte. sich nach de gelen nd Ha s da h Venice Beac

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greatest of Alltime

Michael jordan Prägte die 90er jahre – und die gesaMte nba – wie nieMand Vor oder nach ihM. er wurde zuM ersten echten weltstar des sPorts. 20 jahre nach seineM ersten triuMPh hat nuMMer 23 nichts Von seiner faszination eingebüsst. doch wie grossartig war der grösste aller zeiten? wo Verklärt sich unsere erinnerung? wo Vergessen wir, wie gross „his airness“ wirklich war? was wissen wir heute, was wir daMals nicht wussten? fiVe blickt zurück auf die grössten MoMente und sucht nach antworten auf die grössten fragen. text: andré voigt

Das Duell, das nicht war G

ibt es eine Fliege in der Suppe der sechs Köstlichkeiten des Michael Jordan? Eine nicht wegzudiskutierende Tatsache, die die Stellung von „Air“ als „Greatest Of All Time“ halbwegs plausibel in Frage stellt? Nun, vielleicht die hier … Michael Jordan errang seine sechs Meisterschaften in den 90er Jahren. Dieses Jahrzehnt wird als die goldene Ära der Center bezeichnet. Hakeem Olajuwon, David Robinson, Patrick Ewing, Shaquille O’Neal sowie Alonzo Mourning bildeten die Elite der Pivoten-Zunft. Einigen von ihnen begegnete Jordan in den Playoffs, nur O’Neal gelang es, eine Serie gegen die Bulls zu gewinnen. Unter besonderen Umständen: Beim Sieg der Magic 1995 war Jordan nach seinem Baseball-Abenteuer noch längst nicht wieder in Basketballform.1 Chicago macht im Folgejahr kurzen Prozess (4-0) mit Orlando. Ähnlich ergeht es Mourning, der mit den Hornets sowie Heat eine wenig erfolgreiche Playoffbilanz von zwei Siegen bei zehn Niederlagen gegen den Abomeister aus der Windy City einfährt. Weder O’Neal noch Mourning haben zu diesem frühen Zeitpunkt in ihrer Karriere bereits die notwendige Erfahrung, um Jordan gefährlich zu werden – dasselbe lässt sich über ihre recht frisch zusammengestellten Teams sagen. Was ist aber mit den anderen Meistern des Lowposts? Mit den Centern, die in ihrer Blüte gegen Jordan antraten? Ewing konnte Jordan in der Postseaon nie gefährden. Nur ein einziges Mal zwangen seine Knicks die Bulls in ein siebtes Spiel, in der zweiten Playoffrunde 1992 … und verloren die entscheidende Partie 81:110. Seine persönlichen Statistiken in den Serien gegen Chicago mögen ansprechend daherkommen, die Siegesbilanz ist es nicht:

Bilanz (s/N) 15-6 Michael Jordan 6-15 Patrick ewing

FG% 3P% Ft% rPG 45,0 34,9 85,0 5,5 48,6 50,0 69,7 11,0

aPG sPG 5,3 2,0 2,1 0,7

BPG 0,8 2,2

tPG FPG PPG 2,5 2,8 32,3 2,8 3,8 22,7

Doch was ist mit den beiden besten Centern der 90er Jahre? Jordan traf weder David Robinson noch den alle anderen Big Men überragenden Olajuwon in den Finals. Eine Tatsache, die es im Rückblick zu bedauern gilt. Denn in der regulären Saison gestalteten sich die Aufeinandertreffen ausgeglichen: Bilanz (s/N) 5-6 David robinson 6-5 Michael Jordan

FG% 3P% Ft% rPG aPG sPG 56,1 0,0 76,0 13,5 3,2 2,1 46,3 40,9 89,0 6,5 5,2 3,3

Bilanz (s/N) FG% 3P% Ft% rPG 10-9 Hakeem Olajuwon 51,0 10,5 77,1 11,3 9-10 Michael Jordan 48,0 24,1 86,8 6,0

aPG 2,4 5,5

sPG 2,1 3,1

BPG 4,2 0,7

tPG FPG PPG 3,4 3,4 25,4 3,2 3,4 35,5

BPG 3,6 0,8

tPG 2,8 2,8

FPG PPG 3,5 23,3 2,5 32,9

Was hätte vor allem „The Dream“ mit den hauptamtlichen Bulls-Centern des zweiten Threepeats (Luc Longley, Bill Wennington) angestellt, nachdem er ja selbst einen wie Robinson mit dem „Dream Shake“ seekrank spielte? Wäre eventuell Dennis Rodman für die Bewachung Olajuwons zuständig gewesen? Wäre der Wurm effektiv gewesen? Jordan brachte mit seinem ersten Rücktritt die Basketballwelt um das interessanteste Duell der 90er. Er verpasste als Birmingham Baron die Chance, sich gegen den einen Spieler zu beweisen, der für zwei Jahre das Nonplusultra war. Bitter für jemanden, der händeringend nach einem Gegner auf Augenhöhe suchte, der so ehrgeizig, so besessen von der Idee des Gewinnens gegen die Besten war. Hätte er damals gewusst, was alle heute wissen … MJ hätte es anders gemacht. 1. Jordan hatte sich für seinen einstigen Lieblingssport einen kräftigeren Oberkörper zugelegt und sich eine andere Kondition antrainiert. Dies galt es im Sommer nach dem Comeback mit Trainer Tim Grover zu korrigieren. Unter anderem am Set von „Space Jam“, wo MJ sich einen Trainingsplatz errichten ließ, um auch während der Dreharbeiten zu schuften.

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Die poesie des legers h, a spectacular move by Michael Jordan!“ Es ist ein Satz, der ähnlich in der Karriere des „Jumpman“ hunderte Male gefallen sein muss. Um welchen spektakulären Move es an dieser Stelle gehen soll, weiß dennoch jeder – Marv Alberts Kommentar für den TV-Sender NBC ist seit dem 05. Juni 1991 untrennbar mit einem Korbleger verbunden. Einem Korbleger? Einem Korbleger! Einem unnötigen noch dazu. Cliff Levingston geht 1990 in sein neuntes Jahr als NBA-Profi. Er ist einer dieser Power Forwards, deren Name sich niemand wirklich merkt. Dabei verrichtet er ordentliche Arbeit für die Atlanta Hawks, ein Team, das Ambitionen in Sachen Conference Finals hegt, diese aber nie realisieren kann.2 Hinter Starter Kevin Willis sorgt er mit einem Gespür für den offensiven Rebound dafür, dass die Falken an den Brettern präsent bleiben. Im Alter von 29 Jahren will Levingston Veränderung. Die Chicago Bulls, ebenfalls nach Höherem strebend, nehmen den Free Agent unter Vertrag. Hinter Horace Grant sind noch einige Minuten für einen frei, der sich den Ball in der gegnerischen Zone besorgt, anderweitig aber im Angriff keine Ansprüche anmeldet. Die Rechnung für beide Seiten geht auf. Die Bulls treten die Detroiter Bad Boys im Ost-Finale nach Jahren der Pein à la Leonidas in die Grube des Sommerurlaubs3, erreichen erstmals die Finals. Dort wartet die letzte Inkarnation der „Showtime Lakers“, angeführt von Magic Johnson. Das mit Veteranen gespickte Team gewinnt den Auftakt 93:91 im Chicago Stadium. Die Bulls, siegreich in elf ihrer zwölf vorangegangenen Partien in diesen Playoffs, zweifeln. Immerhin haben die Lakers jetzt den Heimvorteil, Johnson, James Worthy, Byron Scott, A.C. Green und Mychal Thompson allesamt schon Titel gewonnen. „Jordan sagte vor der zweiten Partie zu seinem Team: ‚Wir werden gegen diese

Jungs kein Spiel mehr verlieren!’“, erinnert sich Sam Smith, Reporterlegende der Tageszeitung „Chicago Tribune“. So kam es … Auch weil Cliff Levingston etwas sehr Seltenes tat … er spielte einen Assist.4 der Power Forward blieb an jenem Abend im Great Western Forum in Inglewood ohne Punkt. In 22 Minuten Spielzeit verzeichnete er mehr Fouls (4) als Punkte, Rebounds, Steals und Blocks zusammen (3). Trotzdem fand Jordan den links das Feld entlangrennenden Power Forward mit einem Pass. Sein eigentlicher Bewacher James Worthy hatte auf Höhe der Freiwurflinie Jordan den Weg abgeschnitten. Levingston hätte freie Fahrt bis zum Korb, wenn nicht Horace Grant wenige Meter vor ihm – und von Magic Johnson verteidigt – genau diesen Weg versperren würde. Grant schaltet schnell. Einen Schubser gegen die magische Schulter, schon steht er unter dem Korb, was Sam Perkins zwingt, ihn zu verteidigen. Levingston realisiert die Lücke, dribbelt zwischen Worthy und Johnson, was A.C. Green dazu veranlasst, seinen beiden Stars auszuhelfen. Punkten, das realisiert Levingston schon, als er den Spalding Richtung Parkett drückt, wird er nicht. Er weiß: Der Tisch ist nun gedeckt … Der 30-Jährige springt in die Luft, zieht den Ball mit beiden Armen nach oben, schaut Richtung Korb. Green fällt auf die Finte herein. Er geht zum Block, kann nur noch mitansehen, wie das Spielgerät nicht Richtung Ring, sondern zu Jordan an der Freiwurflinie fliegt. Nur: Levingston steht jetzt selbst im Weg. Geistesgegenwärtig läuft er direkt mit dem ersten Bodenkontakt zum rechten Zonenrand,

von wo er Jordan einfliegen sieht. Alle Welt rechnet zu diesem Zeitpunkt mit einem Dunk. Auch MJ selbst: „Cliff warf mir den Ball zu, und ich sah einen freien Weg zum Korb“, erklärt Jordan, was dann geschieht. „Ich wollte dunken. Ich brachte den Ball nach oben, aber dann bemerkte ich den langarmigen Sam Perkins. Aus Instinkt wechselte ich die Hand.“ Perkins bricht den zaghaften Versuch, seinen alten Unikameraden zu blocken, jäh ab. „His Airness“ weiß, dass das sinnlos ist. Perkins geht nicht hoch, er geht zur Seite. So wird der Handwechsel und die immer länger werdende Hangtime Jordans unnötig. Egal … „Michael war nie der Typ Spieler, der eine wirklich gute linke Hand hatte, aber bei der Aktion sah er echt spektakulär aus“, lacht Scottie Pippen zwanzig Jahre später. Heute ist klar, dass dieser eine Korbleger in der Dekade der Dunks das endgültige Ende von Showtime sowie den Beginn der BullsDynastie markierte. Chicago verlor kein weiteres Spiel in diesen Finals. „Der Korb war nicht spielentscheidend. Michael Jordan war bereits in seinem siebten NBA-Jahr, wir hatten all diese wahnsinnigen Körbe von ihm gesehen … Es war nicht die Kraft, sondern fast schon die Poesie der Bewegung“, versucht Sam Smith die Bedeutung dieser zwei Punkte in Worte zu fassen. „Ich denke, die Lakers realisierten in diesem Moment, dass unsere Jugend, unsere Athletik, unsere Fähigkeiten schwer zu schlagen sein würden. Dieser Korb war fast wie ein Dunk … Er nahm den Lakers das Momentum, sie hatten von da an kein Benzin mehr im Tank. Ein Korbleger schafft so etwas nur selten.“ Cliff Levingston ist sich der Größe des Moments voll bewusst. Genau wie Jordan. Die beiden klatschen kurze Zeit später an der Mittellinie ab, Jordan flext fälschlicherweise den rechten Bizeps. Beide schreien sich im ohrenbetäubend lauten Chicago Stadium etwas zu. Beide wissen: Sie haben gerade etwas ganz Besonderes getan – jeder auf seine Weise.

2. Die Hawks von Dominique Wilkins, Doc Rivers, Spud Webb und Kevin Willis waren in den 80ern gut, aber eben nie gut genug. Von 1986 bis 1988 scheitern sie jeweils in der zweiten Playoffrunde: 1986 mit 1-4 gegen Boston, 1987 mit 1-4 gegen Detroit und 1988 in einer legendären Serie (Stichwort: Shootout zwischen Larry

Bird und Wilkins) mit 3-4 gegen die Celtics. 1989 schließt sich das Fenster zur Meisterschaft, als es mit 2-3 gegen Milwaukee in den Sommer geht. 1990 verpasst Atlanta die Postseason komplett.

4. Cliff Levingston hatte in den gesamten Playoffs sieben Assists verteilt – viele davon in der Garbage Time. Sein Karriereschnitt bei den direkten Korbvorlagen? 0,9.

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3. Zugegeben, dieser Vergleich wäre passender, wenn Dennis Rodman damals schon gepierct gewesen wäre …

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wilt, Kobe, david, david, elgin … so gut michael Jordan war, so sehr er auch in jungen Jahren spiele offensiv an sich riss (30-mal nahm er mindestens 35 würfe in einer Partie …) 5, fünf andere nBa-Profis erzielten mehr Punkte in einer Partie. hier die zwölf besten scorer aller nBa-Zeiten:

PUNkte NaMe 100 Wilt Chamberlain 81 Kobe bryant 78* Wilt Chamberlain 73 DaviD thompson 73 Wilt Chamberlain 73 Wilt Chamberlain 72 Wilt Chamberlain 71 DaviD robinson 71 elgin baylor 70 Wilt Chamberlain 69** miChael JorDan 68 pete maraviCh *naCh DreiFaCher verlängerung

teaM DatUM Warriors 02. märz 1962 laKers 22. Januar 2006 Warriors 12. august 1961 nuggets 04. september 1978 Warriors 16. november 1962 philaDelphia 13. Januar 1962 Warriors 11. märz 1962 spurs 24. april 1994 laKers 15. november 1960 Warriors 03. oKtober 1963 bulls 28. märz 1990 Jazz 25. Februar 1977 **naCh verlängerung

5. Die meisten Würfe nahm Jordan im Übrigen gegen die Orlando Magic am 16. Januar 1993. In 47 Minuten Spielzeit drückte er sagenhafte 49-mal ab, bekam elf Freiwürfe zugesprochen. Seine 64 Punkte reichten am Ende allerdings nicht für den Sieg. Orlando gewann 128:124.

trendsetter wider willen Je länger die shorts von Jordan wurden, desto kürzer kam sein haupthaar daher. In diesem fall war der von ihm neu kreierte trend allerdings nicht der „friend“ von „his airness“. mJ wurde opfer der androgenetischen alopezie (zu deutsch: sichtbare lichtung des Kopfhaars). 1990 wollte sich Jordan die tatsache, dass seine haarfollikel wohl nie mehr einen prallen afro hervorbringen würden, noch nicht eingestehen. nummer 23 kam zwar mit schnittiger Kürze daher, die Problemzone stirn trat trotzdem klar sichtbar hervor. erst zur Zeit seines ersten titels 1991 gab sich Jordan der – in diesem einen fall – genetischen Benachteiligung geschlagen. anstatt an den seiten wachsen zu lassen und fies über die mitte zu kämmen, beschloss er den totalen Kahlschlag. fortan legte er woche für woche selbst hand an, kratzte sich die kümmerlichen haarreste vom schädel und inspiriert so bis heute nachfolgende athletengenerationen.

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Alle, nur nicht mJ! Michael jordan erzielte nie Mehr Punkte in eineM sPiel als 1990 gegen die caValiers. fragt sich: wie kaMen seine 69 zähler gegen die cleVeland caVs zustande? so …

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d

ie Chicago Bulls sind zu Gast bei den Cleveland Cavaliers. Einem Team, das an diesem 28. März 1990 ums Überleben kämpft. Die Cavs brauchen am Ende des Marathons der regulären Saison ein imposantes Sprint-Finish, um noch in die Playoffs einzuziehen. Das Team von Coach Lenny Wilkens und Point Guard Mark Price hat in dieser – von Verletzungen verseuchten – Saison zu diesem Zeitpunkt nur 32 Siege auf dem Konto … bei 36 Niederlagen. Die Atlanta Hawks belegen den achten Platz im Osten mit einem Sieg mehr, hinter den Cavs lauern die Indiana Pacers. Cleveland liefert trotz allem die neuntbeste Defense der NBA.6 Price und Co. sind Meister darin, das Spieltempo zu verschleppen. Clever doppeln sie den Ball und zwingen den dribbelnden Gegner in die Fänge ihrer Shotblocker Larry Nance und John „Hot Rod“ Williams. An diesem Tag geht es jedoch gegen Michael Jordan, Clevelands personifizierten Albtraum, und dessen Bulls, die mit bereits 45 Siegen zu den Meisterschaftsfavoriten zählen. Zehn Monate zuvor hatte MJ mit seinem Sprungwurf über Craig Ehlo die Serie der ersten Playoffrunde beider Teams entschieden, Chicago war mit 3-2 als Sieger vom Parkett gegangen – genau wie im Vorjahr. Und dann? Dann kamen ausgerechnet die Bulls zur ersten Partie der saison 1989/90 erneut nach Cleveland … und Jordan legte 54 Punkte, 14 Rebounds, sechs Assists sowie drei steals auf. Alles in allem erzielte er in dieser Spielzeit im Schnitt 44,3 Zähler gegen die Cavs, jedes Mal gewannen die Bulls. Dann kommt dieser 28. März 1990. Als die Partie im Coliseum zu Richfield beginnt, ist die Taktik von Coach Wilkens klar. Jordan soll zu einem Sprungwerfer gemacht werden, der bei jedem Versuch mindestens eine Hand im eigenen Gesichtsfeld stecken hat. Wann immer er den Ball zum Dribbling auf den Boden bringt, ist ein zweiter Verteidiger instruiert, auf ihn zuzurennen. „His Airness“ soll den Ball abspielen, die drei anderen Cavaliers stehen zur Hilfe bereit. Nicht dieser Ausnahmespieler soll die Cavaliers heute bezwingen, sondern seine Zuarbeiter: Scottie Pippen, Horace Grant, John Paxson … Jordan beginnt seinen Arbeitstag als Scorer dennoch mit dem ersten Ballbesitz Chicagos. Clever bewegt er sich von einem Lowpost zum anderen, wo sein Verteidiger, Winston Bennett, dem Turnaround-Jumper hilflos ausgeliefert ist.

Der Rookie ist mit seinen 2,01 Meter zwar größer als MJ, athletisch hat er seinem Gegenüber aber nur wenig entgegenzusetzen. Er zieht als erster das Los, Jordan zu verteidigen. Ehlo, der fähigste hier ein Blick auf alle Körbe von michael Jordan am 28. märz 1990. 14-mal Defensivmann, soll zunächst trifft er per sprungwurf, vier angriffe schließt er per Korbleger ab. nur ein für die späteren Viertel dunk gelingt „air Jordan“ am ende eines quasi 1-0-fastbreaks. Bei diesem geschont werden. springt er ein gutes stück hinter der gestrichelten linie ab … und lässt auch die Rest-Bulls das einfach aussehen. produzieren im ersten Viertel vor allem eins: Turnovers. Vier an der Zahl, um genau zu Verlängerung des 117:113-Erfolgs. „Wir werden sein. In den vorangegangenen Aufeinandertreffen einen neuen Punkterekord für das Richfield verlor Chicago im Schnitt nur zehnmal den Coliseum sehen … außer Jordan wird hier bald Ballbesitz. Jetzt leistet sich John Paxson ein von einem Bus überfahren“, kommentiert TNTvermeidbares Rückspiel, Scottie Pippen begeht Moderator Bob Neal und soll recht behalten. ein unnötiges Offensivfoul im Fastbreak, das Nie wieder wird Michael Jordan mehr Team scheint merkwürdig verschlafen. Auch die Punkte in einer NBA-Partie erzielen als an diesem Würfe fallen nicht. Dennoch verzichtet MJ darauf, 28. März 1990. 69 sind es zum Schluss in 50 die Partie zu übernehmen. Im Minuten Spielzeit. Dazu kommen 18 Rebounds, Gegensatz zur Frühzeit seiner sechs Assists und vier Steals. Er trifft 23 seiner Karriere schaltet er nicht direkt 37 Würfe, zwei seiner sechs Dreier, 21 von 23 in den Egomodus. Seinen Freiwürfen. es ist so etwas wie ein perfekter zweiten Korb erarbeitet er sich Basketball-Sturm. per Offensivrebound, der dritte Auf der einen Seite ist Jordan ausgeruht. fällt nach einem Pass aus dem Zwei Tage zuvor hatte er beim 121:92 gegen die Lowpost an die dreierlinie, wo Suns nur 28 Minuten auf dem Parkett verbracht, Jordan einsam und verlassen in den sieben vorangegangenen Partien traten die abdrückt. Danach bekommt Bulls sechsmal im Chicago Stadium an. er einen Block auf Höhe der Auf der anderen seite fehlen den Freiwurflinie. Cavs-Center Brad Cavaliers schlicht die Optionen in der Defense. Daugherty zeigt nur verzweifelt In Ermangelung eines adäquaten Verteidigers für auf MJ, ohne zu helfen … Jordan betrauen sie sogar kurz Point Guard Price Korbleger. Zwei Sprungwürfe (1,80 Meter) mit der Bewachung des Überfliegers später, einer nach einem Block, …. Einzig und allein das Doppeln funktioniert, der andere als Resultat eines Drives gegen wenn es denn schnell genug kommt. Viele seiner Lieblingsgegner Craig Ehlo, steht Jordan an der Assists spielt Jordan direkt am heranstürzenden Freiwurflinie und verwandelt seinen 16. Zähler zweiten Verteidiger vorbei. im Anfangsdurchgang. Spätestens jetzt ist klar, Schließlich kommt die Partie in einer dass Michael Jeffrey Jordan „in the zone“ ist. „Bei Phase der Saison, in der MJ einen Gang höher Michael sieht es immer einfach aus, aber wenn schaltet. Die Knicks (49 Punkte) und Heat (47) man darüber nachdenkt, merkt man, dass er viele kommen ebenfalls in den Genuss seiner Bestform. schwierige Würfe getroffen hat“, wird John Paxson Der März 1990 wird mit durchschnittlich 36,4 später sagen. Punkten, 8,1 Rebounds und einer Quote von 55,2 Immer wieder bringt Jordan seinen Prozent der beste Monat seiner Saison. Bewacher Ehlo aus dem Gleichgewicht, indem Ach, und eine Sache wäre da er den Drive antäuscht. Sobald Jordan erkennt, noch … 23 Freiwürfe bekommt MJ in seinem dass sein Verteidiger sich auch nur einen Tick in Rekordspiel von den Referees zugesprochen. Alle eine Richtung bewegt, dribbelt er blitzschnell in berechtigterweise? Sagen wir so: Einige der Pfiffe die andere und geht sofort hoch. Denn hinter dem lagen im Ermessensspielraum der Schiedsrichter. geschlagenen Cavalier wartet die Hilfe, den Drive „Das war wohl meine größte Partie“, in den Pulk der Cavs-Big-Men braucht Jordan sagt Jordan später. „Als ich 63 gegen die Boston nicht zu riskieren – immerhin stehen dort Williams Celtics erzielte, verloren wir das Spiel. Das hier und Nance. So lässt er in den anderen Vierteln 15, fühlt sich eine Ecke besser an.“ 20 und zehn Punkte folgen, acht erzielt er in der

„wir werden einen neuen Punkterekord für das Richfield Coliseum sehen … außer Jordan wird hier bald von einem Bus überfahren.“ Bob Neal

6. Im Vorjahr belegte Cleveland sogar den zweiten Platz in Sachen Defensiveffizienz. Das Team schwächte sich jedoch am 16. November 1989 selbst, als es mit Ron Harper seinen athletischen Shooting Guard und besten Verteidiger gegen Jordan zu den L.A. Clippers verschiffte. Denn im Gegenzug kam keine sofortige Hilfe. Danny Ferry, zweiter Pick der Draft 1989, war lieber zu Il Messaggero Basket Roma gewechselt, anstatt in L.A. zu spielen. Der Power Forward stieß erst in der Saison 1990/91 zum Team.

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perfect Jordan nur einMal in seiner karriere war Michael jordan so gut, dass er es selbst nicht glauben konnte. dabei gab es den Perfekten Mj erst ein jahr sPäter zu sehen … eine Ahnung, wie ich das gemacht habe.“ Die Geste sagt alles. Egal, wie spektakulär seine Dunks zuvor über der Gegnerschaft einschlugen, wie unglaublich lang sein Verbleib außerhalb der Fänge der Schwerkraft je gewesen sein mag, nie schien Michael Jordan überrascht zu sein. Jetzt blickt er hinüber zu Magic Johnson und Marv Albert, die die Finals 1992 für NBC kommentieren. MJ zuckt mit den Schultern, hebt die Handflächen nach oben, schüttelt mit dem Kopf, verdreht die Augen. Es geht ihm plötzlich dieses eine Mal so wie seinen Fans. Eine außerkörperliche Erfahrung? Irgendwie schon … Zwei Meter entfernt scheint aus Clifford Robinsons Körper nun jegliche Spannung zu weichen. Gerade noch hatte er seinen 2,08 Meter langen Körper dem von der Dreierlinie abdrückenden Jordan in voller Streckung entgegengeworfen. Jetzt hängen seine Arme leblos von den Schultern herab, der Mund steht offen. Frustration pur. Was war passiert? Michael Jordan hatte gerade seinen sechsten Dreier in der ersten Halbzeit getroffen – ein NBA-Finals-Rekord. Während der Saison hatte Nummer 23 eiskalte 27,0 Prozent von Downtown verwandelt. In der gesamten Spielzeit 1991/92 hatte er nie mehr als fünf Dreier in einer Partie versucht, nie mehr als drei getroffen. Nachvollziehbar, dass die Portland Trail Blazers unter Leitung von Rick Adelman Chicago unter allen Umständen daran hindern wollten, zum Korb zu ziehen. Die Bulls sollten zum Dreier gezwungen werden. Die athletischen Blazers planten, dank langer Rebounds ihr gefürchtetes Spiel im Fastbreak aufzuziehen. Dumm nur, dass sie diese Taktik schon vor dem ersten Sprungball der Presse verrieten. Dumm, weil Michael Jordan eigentlich keine zusätzliche Motivation benötigt hätte. Der Superstar brannte auch so auf die Finals 1992. Es galt, eine alte Rechnung zu begleichen. Mit Clyde Drexler, dem „Jordan des Westens“. Dabei hatte sich der direkte Gegenspieler MJs nichts zuschulden kommen lassen, Trashtalk war seine sache nicht. die Medien aber hatten die Finalserie zum Duell Jordan vs. Drexler aufgebaut. Portland griff auf den talentierteren Kader zurück, besaß ebenfalls Finalerfahrung. Wenn das Aufeinandertreffen der beiden besten Shooting Guards der Liga halbwegs ausgeglichen verlaufen würde … In den ersten sechs Minuten des ersten Spiels geht Adelmans Plan auf. Die Blazers sprinten von einem Schnellangriff in den nächsten. Robinson dunkt, Aufbau Terry Porter trifft Dreier aus dem Dribbling, Drexler zieht unwiderstehlich

zum Ring. Portland verwandelt seine ersten sieben Würfe, führt 17:9. Auszeit Chicago. Was in den folgenden 17 Minuten geschieht, fasst Bill Simmons in seinem grandiosen „Book of Basketball“ wie folgt zusammen: „MJ 3 … MJ 2 +1 … MJ 3 … MJ 3 … MJ 2 … MJ 2 … (das erste Viertel endet beim Stand von 33:30 für Chicago, Jordan hat 18 Punkte und nimmt sich eine kurze Pause) … MJ kommt wieder ins Spiel … (45:44 für Chicago) … MJ 2 … MJ 3 … MJ Steal + 2 … MJ 2 … MJ 3 … MJ Tip-Dunk 2 … komischer Dreier-Airball von Drexler … MJ 3 + Schulterzucken … dritte Auszeit Portland im zweiten Viertel … Chicago 69, Portland 49. Jordan erzielt 33 Punkte in 17 Minuten, 35 in der Halbzeit, 27 mehr als Drexler und bricht den NBA-Rekord für Dreier in einer Playoffhalbzeit. Das ist wirklich passiert.“ Es ist bezeichnend, dass Simmons fast 20 Jahre später nochmals darauf hinweisen muss, dass all das keine Räuberpistole ist. Die zweite Halbzeit erlebt Jordan überwiegend auf der Bank. Er beendet seinen Arbeitstag mit 39 Zählern, elf Assists, 6/10. Chicago triumphiert 122:89. Die Frage, wie gut Michael Jordan gewesen wäre, wenn er einen halbwegs verlässlichen Dreier im Arsenal gehabt hätte, stellte sich während seiner aktiven Zeit trotz dieser Darbietung nie. MJ traf extrem sicher aus der Halbdistanz, um seinen Turnaround und Fadeaway ranken sich noch heute Legenden. Und außerdem: Die sechs Dreier gegen Portland, sie waren der Halleysche Komet im Universum Michael Jordan – niemand erwartete, etwas Derartiges nochmal in der eigenen Lebenszeit bewundern zu dürfen. Der erste Durchgang des Finals-Auftaktes 1992 ist allerdings einer von zwei Hinweisen darauf, wie unglaublich ein Michael Jordan mit Dreier gewesen wäre.7 Der weitaus aussagekräftigere Fingerzeig ereignet sich jedoch fast genau ein Jahr später gegen die New York Knicks. Der 31. Mai 1993 lässt sehr wohl erahnen, was gewesen wäre, wenn … Die Bulls liegen mit 1-2 in den Conference Finals zurück. Zwei Tage zuvor hatte

7. Jordan traf nur in der Saison 1989/90 mit 37,6 Prozent eine überdurchschnittlich gute Quote. Die Zahlen der Jahre 1994 bis 1997 fielen in die Zeit der „kurzen Dreier“ – damals verlegte die NBA „Downtown“ für drei Jahre von 7,24 Meter Entfernung auf nur noch 6,70 Meter. 8. Das dreckige, kleine Geheimnis des Portland-Spiels? Checkt das Video im Internetzer auf www.fivemag.de und zählt, wie oft die Blazers wirklich bei den Dreiern eine Hand in Jordans Gesicht haben …

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Jordan nur drei seiner 18 Feldwürfe getroffen, Chicago hatte trotzdem 103:83 gewonnen. Der Superstar weiß, dass er brennen muss, wenn Pat Ewings Knickerbockers nicht die Vorentscheidung gelingen soll. 54 Punkte, 18 von 30 Würfen getroffen, sechs von neun Dreiern, zwölf von 14 Freiwürfen in 39 Minuten. 105:95 Bulls. Anders als gegen Portland muss Jordan beide Halbzeiten spielen, brauchen die Bulls jeden seiner Punkte. Er ist nicht pervers heiß wie gegen die Blazers. Auch laden die Knicks ihn nicht permanent dazu ein, den Dreier zu nehmen …8 er seziert New York, John Starks und Pat Rileys Defense mit seinen Bewegungen, Täuschungen, Entscheidungen. Jordan ist jordan – er ist sein eigenes Adjektiv. An diesem Abend beantwortet er die Frage nach dem „Was wäre, wenn?“. Drive, Mitteldistanzwurf, Fadeaway, Dreier, Freiwürfe – all das fügt sich zum perfekten Shooting Guard zusammen. Und Jordan? Ballt mal die Faust, schreit mal „Yeah!“. Ungläubiges Schulterzucken? Kopfschütteln? Nur bei den Spielern der Knicks, nur bei den Fans.

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Andrew D. Bernstein/Nathaniel S. Butler

K


Die inkarnationen des michael J. d

ie Karriere eines NBA-Stars folgt in der Regel ganz einfachen Gesetzen. In den Anfangsjahren gilt es, die Fertigkeiten weiterzuentwickeln. Das eigene Spiel muss an die Konkurrenzsituation angepasst, gegebenenfalls erweitert werden. Irgendwann erreicht die aufsteigende Kurve der eigenen Skills ihren Scheitelpunkt. Jetzt beginnt das Plateau der besten Jahre, das irgendwann aufgrund der schwindenden Athletik endet. Im Herbst der Laufbahn verlässt der Protagonist dann das allerhöchste Level. Better to burn out than to fade away? Nicht in der NBA. Michael Jordan wäre nicht Michael Jordan, wenn er dieses Gesetz des sports ohne Weiteres akzeptiert hätte. Nur einen Höhepunkt? Danach irgendwann nur noch einer von vielen auf der Basketballbühne sein? Nicht mit Michael „Air“ Jordan. Wie vielleicht kein anderer Spieler vor und nach ihm war er in der Lage, sich nicht nur zu entwickeln, sondern – wann immer es nötig war – sich immer wieder neu zu erfinden. Nicht um den Verfall des eigenen Spiels aufzuhalten, sondern um trotz seines fortschreitenden Alters weiter zu dominieren.

der Überathlet Zeit: 1984 bis 1990 Scouting Report: Speed kills! Dieses Sport-Axiom gilt eigentlich im American Football. Vielleicht geriet deshalb in Vergessenheit, dass der frühe Jordan ein Athlet ist, den die NBA so noch nie gesehen hat. In Sachen Sprungkraft würde dies jeder sofort unterschreiben, vertikal extrem befähigte NBA-Profis gab es allerdings schon vor MJ. Im Gegensatz zu einem Julius Erving oder David Thompson ist Jordan aber gleichzeitig extrem schnell.9 Sein Antritt ist so explosiv, dass selbst der noch wackelige Sprungwurf sein Spiel nicht behindert. Der Verteidiger mag Abstand lassen, um Nummer 23 den Weg zum Korb zu nehmen, es hilft jedoch meist nichts. Gleichzeitig zehrt Jordan von einem schier unendlichen Energiereservoir. 1988 und 9. Was ihn übrigens auch vom jungen Kobe Bryant unterscheidet. Gab es überhaupt jemals einen Shooting Guard mit 1,98 Meter Körpergröße, der derart schnell antrat? Nein.

1989 spielt niemand mehr Minuten im Schnitt als er. Er punktet, verteidigt, assistiert, klaut und blockt sogar Bälle. Ruhepausen? Die gibt es nur im Sommer, denn Jordan ist der alleinige Grund, weshalb die Franchise von Teambesitzer Jerry Reinsdorf überhaupt die Playoffs erreicht. Wenn es etwas an dieser frühen MJVersion auszusetzen gibt, dann die Tatsache, dass er noch nicht gelernt hat, seinen Mitspielern zu vertrauen (was ein Stück weit auch der Unfähigkeit der anderen Bullen anzulasten ist). Außerdem löst er noch zu viele Probleme mit dem Drive. Den Sprungwurf aus der Mitteldistanz entwickelt er erst in der Folge, denn er braucht ihn jetzt noch nicht: Im Rest der Liga hat die Fitness-Revolution noch nicht Einzug gehalten, die Hilfe in der Defense kommt oft zu spät – vor allem bei Jordan.

GO-tO-MOVe: „stUtter stePs“ iM DriBBLiNG, DriVe iN Die ZONe, aBsPriNGeN UND warteN, Bis aLLe aNDereN wieDer LaNDeN, irGeNDwie DeN BaLL reiNLeGeN.

das KomPlettPaKet Zeit: 1990 bis 1993 Scouting Report: Rein statistisch macht Jordan in dieser Zeit einen kleinen schritt zurück. der Grund dafür sind seine Mitspieler. scottie Pippen und Horace Grant erarbeiten sich sein Vertrauen. John Paxson, B.J. Armstrong und Bill Cartwright füllen effektiv ihre Rollen. Die Last auf Jordan nimmt ab, gleichzeitig ist sein Körper dank eines rigorosen Kraftprogramms gestählter denn je, reift das Spiel in der Mitteldistanz auf Weltniveau. Bis zu seinem ersten Rücktritt ist er in der Lage, auf dem Parkett alles zu tun, wenn er es nur will. In diese Zeit fallen seine größten Spiele (siehe „Perfect Jordan“). Nicht die Partien mit den meisten Punkten, sondern die, in denen er selbst von der härtesten Konkurrenz einfach nicht zu stoppen ist. Die Liga mag athletisch aufgeholt haben, Jordan ist ihr dennoch meilenweit voraus. Keine Taktik greift mehr. Nicht die Prügeleien der Pistons oder Knicks, nicht der „Jordan stopper“.10 10. Als Gerald Wilkins 1992 aus New York zu den Cavaliers kam, glaubte die Franchise, endlich eine Antwort auf MJ gefunden zu haben. Der Bruder von Dominique wurde von der Presse in Cleveland als „Jordan Stopper“ bezeichnet. Oh, oh … In den Playoffs 1993 erzielt MJ in der Auftaktpartie der Serie gegen Cleveland 43

Der Überathlet ist nicht mehr so schnell wie früher, dafür kräftiger, vor allem schlauer, ein besserer Basketballer. „Meine Aufgabe ist es, unberechenbar zu sein“, sagt Jordan 1993.

GO-tO-MOVe: JaB-steP, Hartes DriBBLiNG NaCH reCHts, aBsPriNGeN aUs VOLLeM LaUF, kerZeNGeraDe iN Der LUFt steHeN, aBDrüCkeN.

der Professor Zeit: 1996 bis 1998 Scouting Report: Nach seiner Baseball-Auszeit beginnt Jordan im Alter von 32 Jahren seine erste volle Saison nach dem Titel 1993. Die Zeiten der nicht enden wollenden Hangtime sind vorbei. MJ weiß, dass er sein Spiel umstellen muss, wenn er weiter dominieren will. Er begibt sich jetzt immer häufiger an den Zonenrand. Wenn er zum Wurf in die Luft steigt, springt er nicht mehr nur in die Höhe, sondern oft von seinem Verteidiger weg. Der Fadeaway gleicht jegliches Abebben seiner athletischen Vorteile aus. Gleichzeitig profitiert er von der Verkürzung der Dreierlinie. Der distanzwurf wird zu einer echten Waffe, 1995/96 trifft er 42,7 Prozent von Downtown! Abstand kann keine Defense mehr lassen. Jordan denkt Basketball perfekt. Er versteht es wie einst Larry Bird oder Magic Johnson, die eigenen Mitspieler optimal in Szene zu setzen. Hier hilft ihm die Zeit beim Baseball, als er selbst die Rolle eines mindertalentierten Sportlers ausfüllte. Am erstaunlichsten ist Jordans Fähigkeit, in den wirklich wichtigen Momenten stets zu überragen. Er besitzt ein unglaubliches Gespür für die Big Points, hat immer eine Antwort. Keine Aufgabe scheint zu groß. Sei es das „Flu Game“ oder Spiel sechs der Finals 1998. Wenn Jordan den Sieg will, fährt er ihn ein.

GO-tO-MOVe: aUFPOsteN iM LOwPOst, DeN HiNterN iN DeN GeGNer sCHieBeN, kUrZ ZUM GeGNer UMDreHeN, sCHULter-tÄUsCHUNG, DreHUNG ZUr aNDereN seite, NaCH HiNteN weGsPriNGeN, aBDrüCkeN. Punkte in 43 Minuten. „Ich konnte in seinen Augen sehen, dass er heute nicht auf Assists aus war“, sagt Wilkins danach. „Mir kam es so vor, als hätte der ‚Jordan Stopper‘ heute einen schweren Stand gehabt“, mutmaßt Jordan. Chicago gewinnt die Serie 4-0.

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NBA Top 20

The GreaTesT of all Time Während der Finals 2011 kam die diskussion auF, ob dirk noWitzki eigentlich zu den besten zehn spielern aller zeiten gehört. grund genug, dieser Frage nachzugehen … Text: André Voigt

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eden wir nicht lange drum herum. Seriös eine Liste der 20 besten Basketballer aller Zeiten zu erstellen, ist – geben wir es zu – fast unmöglich. Das ist in jeder Sportart so. Egal ob Fuß-, Hand-, Base-, Foot-, Wasser- oder eben Basketball, jede dieser Leibesertüchtigungen durchlief im Zeitalter des Profisports eine natürliche Evolution. Eine Evolution, die es verhindert, Spieler verschiedener Epochen miteinander zu vergleichen. Der erfolgreichste Basketballer aller NBA-Zeiten ist das beste Beispiel dafür. Bill Russell war zu seiner Zeit einer der zwei besten Center der Liga und gewann mehr Titel, als er Finger hat. Russell war ein Dominator am Brett, eine Rebound- und Blockmaschine. 22,5 Bretter griff der Boston Celtic über seine Laufbahn hinweg pro Partie – und wer weiß, wie viele Würfe er allabendlich von ihrer gewünschten Flugbahn abbrachte.1 Trotzdem fällt es schwer, den heute 1. Die NBA erhebt erst seit der Saison 1973/74 geblockte Würfe als offizielle Statistik.

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77-Jährigen in der NBA 2K12 zu sehen. Sicher, seine unterbewerteten Fähigkeiten als Passgeber und die exzellente Verteidigung würden auch heute das Spiel beeinflussen. Russell wäre auch in der Gegenwart ein überragender Mitspieler. Jemand, der die kleinen Dinge tut, die es braucht, um erfolgreich zu sein. Doch ein Dominator? Ein Franchise-Player? Mit 2,07 Meter auf Center? Wäre Bill Russell heute nicht viel eher Ben Wallace mit einem Auge für den Pass? Wäre er zwar ein sehr guter NBA-Profi, mehrfacher All Star, Hall-of-Famer, aber eben niemand, der in der Diskussion um die absolut besten Akteure der Liga aller Zeiten genannt wird? Fragt sich: Wie also Center wie Bill Russell und Shaquille O’Neal in ihrer Blüte vergleichen? Wie Bob Cousy und Allen Iverson? Wie Dirk Nowitzki und Bob Pettit?


Um eine ernst gemeinte Liste der 20 besten Basketballer aller Zeiten zu erstellen, braucht es mehr als nur ein paar Statistiken. Wie vergleichbar sind Zahlen, die in gänzlich unterschiedlichen Epochen erzielt wurden? Sind die 27,2 Rebounds pro Partie, die Wilt Chamberlain 1960/61 auflegte, mehr Wert als die 18,7 Bretter, die Dennis Rodman 1991/92 abgriff? Sicherlich nicht. Die Liga war eine andere. Es braucht also klare Voraussetzungen, die für alle Spieler gelten, um eine Liste der Top 20 aufzustellen, die nicht komplett subjektiv daherkommt. Natürlich, eine solche Aufzählung wird sich nie gänzlich von den Vorlieben des Autors freimachen können, aber minimieren lässt sich der Input auf jeden Fall. Deshalb sollen hier vor Beginn des Countdowns zunächst die Kriterien klar umrissen werden, nach denen die Reihenfolge bestimmt wird. Vorweg eine Einschränkung: Es wird keine Rücksicht auf kulturelle Leistungen genommen. Sprich: Allen Iverson mag eine extrem wichtige Figur in der Geschichte der NBA gewesen sein, weil er eine komplette Generation mit seinem Style und seiner Spielweise beeinflusste. Julius Erving war natürlich ein Pionier, der den Dunk endgültig salonfähig machte. Und ja, Magic Johnson rettete zusammen mit Larry Bird die NBA vor dem Drogentod. Alles richtig, alles wichtig. Nur leider in dieser Liste ohne Belang. Am Ende geht es allein um Basketball. Deshalb findet sich ganz oben auf der Checkliste ein ebenso simples wie schwer zu fassendes Kriterium: die basketballerischen Fähigkeiten. Hierunter fallen alle Fertigkeiten im Angriff, aber auch in der Verteidigung. Wobei die Offensive – wie immer und überall – stärker gewichtet wird. Der Grund hierfür ist einfach. Ein einzelner Spieler vermag eine Partie viel weniger defensiv zu beeinflussen, als er das im Angriff kann. Superstars sind Superstars, weil sie im Angriff nicht von einem einzelnen Gegenspieler zu stoppen sind, sondern nur – wenn überhaupt – von einem Teamkonzept. Ein überragender Angreifer braucht zwar Mitstreiter, die ihn entlasten, von ihm kreierte freie Würfe treffen etc. Am Ende eines Spielzuges spielt er trotzdem meist eins-gegen-eins. Die Entscheidung liegt in seinen Händen. Ein Defensivartist kann ebenfalls über Sieg und Niederlage entscheiden. Doch einen Buzzerbeater in der Verteidigung gibt es nur höchst selten. In der Defense ist das Team der Star, ein Einzelner allein kann wenig(er) bewirken. Ausnahmen wie Ben Wallace, Tim Duncan oder Russell – Akteure, um die eine gesamte Strategie rund um die eigene Zone gebaut werden kann – bestätigen die Regel. Außerdem können offensiv wenig Befähigte im Teamkonzept am eigenen Korb leicht versteckt werden. Im Angriff ist das ungleich schwerer. Die vergangenen Playoffs zeigten erneut eindrucksvoll, dass jeder NBA-Spieler in einem Team mit Ambitionen wenigstens eine Fertigkeit in der Offensive an den Tisch bringen muss, die zumindest Ligadurchschnitt ist. Beispiel: Thabo Sefolosha.2 Der Schweizer gehört zurzeit zu den besten Verteidigern der NBA. Wer in der Postseason allerdings eiskalte 15,4 Prozent von der Dreierlinie schießt, verliert seine Spielzeit … Die Defense wird in dieser Wertung trotzdem mitnichten vergessen. Bei zwei Spielern von gleichem offensivem Niveau entscheidet die Verteidigungsleistung.

immaterielle Werte

Unter den basketballerischen Fähigkeiten finden sich außerdem die sogenannten „Intangibles“. Die lassen sich mit „immateriellen Werten“ übersetzen, gemeint sind jedoch vor allem die Qualitäten als Teamspieler und Anführer. Jemand wie Bill Russell war als Führungspersönlichkeit wertvoller als im Angriff. Ein charismatischer Franchise-Player kann ein Team auch abseits des Feldes besser machen. Er bringt Spieler zusammen, schwört sie auf ein Ziel ein, kitzelt den letzten Tropfen Einsatz aus seinen Mitstreitern heraus – er trägt entscheidend dazu bei, dass aus fünf Individuen ein Team wird. Diese Fähigkeit wird oft übersehen, wenn es um die Bewertung eines Basketballers geht. Dabei weiß jeder, wie wertvoll ein solcher Spieler ist, wenn er im eigenen Team steht. Deshalb gibt es niemanden, der nicht gern mit dem Fremden auf dem Freiplatz spielt, der ständig Blöcke stellt, sich in die freien Räume abrollt, die freien Sprungwürfe dankend einnetzt oder zum Korb zieht, nicht um vornehmlich zu scoren, sondern um den Verteidiger des Mitspielers zu ziehen und dann abzulegen. Eine weitere Facette der basketballerischen Fähigkeiten ist die Leistungsfähigkeit am Ende eines Spiels. Das mag auf den ersten Blick verwundern, doch es gab in der Geschichte selbst unter den Superstars einige Akteure, die aus verschiedensten Gründen in der Crunchtime nur bedingt effektiv waren. Karl Malone, Patrick Ewing (die lieben Nerven), Shaquille O’Neal oder Wilt Chamberlain (beide aufgrund ihrer Freiwurfschwäche) waren allesamt keine Hochkaräter, wenn das Geld auf dem Tisch lag … 2. Nicht dass Sefolosha in dieser Liste auftauchen wird, aber sein Beispiel war das aktuellste, und leider wird der Schweizer wohl in der kommenden Saison auch seinen Startplatz verlieren. Wenn er doch nur den Dreier aus der Ecke so konstant treffen würde wie einst Bruce Bowen. 3. Hm, wenn wir ehrlich sind, war MJ sogar noch mit Anfang 40 einer der besten Scorer der Liga. Immerhin legte er 2002/03 im zarten Alter von 40 Jahren und vier Tagen als Washington Wizard 43

Das zweite Kriterium, welches beim Erstellen dieser Liste zum Einsatz kam, ist eigentlich eine Begrenzung des in die Wertung eingehenden Materials. Selbst Superstars agieren im Laufe ihrer Karriere nicht von Anfang bis Ende auf gleichem Niveau. Sie kommen auf einem Level zu den Profis und steigern es in den kommenden Jahren. Sie sammeln Erfahrung, werden cleverer, fügen ihrem Angriffsarsenal Sommer für Sommer neue Facetten hinzu. Gegen Ende ihrer Laufbahn führt dann die schwindende Athletik dazu, dass sie gewisse Fähigkeiten verlieren, sich auf andere Bereiche konzentrieren. Michael Jordan etwa legte sich ein erdverbundenes Spiel zu, als die wahnwitzige Hangtime abnahm. Ihm wurde bewusst, dass er sich nicht mehr Abend für Abend der physischen Bestrafung in den NBA-Zonen aussetzen konnte, wenn er eine gesamte Saison lang auf Top-Niveau agieren wollte. Also perfektionierte er den Turnaround, feilte am Sprungwurf und blieb so bis Ende 30 höchst effektiv.3 Dennoch war Michael Jordan von seinem 24. bis 29. Lebensjahr am stärksten, und nur dieser Teil geht in die Bewertung ein. Bedeutet: Jeder Superstar in den Top 20 wird aufgrund seiner absoluten Top-Jahre bewertet. Meist zieht sich der Zeitraum der absoluten Top-Leistungen über knapp fünf Jahre hin, und genau dieses Segment geht in die Wertung ein. Davon profitieren Spieler wie Shaq, die sich zeitlebens durch eine eher ambivalente Einstellung zum Thema Fitness und Prävention auszeichneten. Gleichzeitig schadet sie einem dauerhaft auf hohem Niveau brennenden Stern wie Kareem Abdul-Jabbar nicht. Schlussendlich geht es bei dieser Top 20 darum, die Spieler auf ihrem Höhepunkt zu sehen. Denn nicht immer sind Verletzungen, die Stars weniger leistungsfähig zurücklassen, der Fehler des Sportlers. Trotzdem muss ein Superstar über mehrere Jahre wirklich dominant gewesen sein, um in dieser Liste berücksichtigt zu werden. Bill Walton etwa konnte wenig für seine fragilen Fußgelenke, gehörte aber nur über zwei Spielzeiten zu den besten Centern aller Zeiten.4 Das ist zu wenig, um Einlass in die Top 20 zu finden …

Was wäre, wenn?

Das jetzt folgende Kriterium ist das am schwersten zu fassende. Hierbei geht es um die Projektion des Spiels der Altvorderen auf den modernen Basketball. Richtig gelesen. Alle Topstars werden laut dem Anforderungsprofil bewertet, das heute für jede der fünf Positionen angelegt wird. Außerdem wird versucht zu spekulieren, wie sich moderne Trainingsmethoden bei den Oldtimern ausgewirkt hätten. Einem Spieler wie Abdul-Jabbar hätte modernes Athletiktraining sicherlich eher wenig gebracht, war er doch schon zu seiner Zeit in dieser Hinsicht der Konkurrenz weit voraus. Außerdem hätten aufgeblähte Muskelpakete den Filigrantechniker eher in seinem Spiel behindert, als dass sie geholfen hätten. Jemand wie Jerry West jedoch würde mit den heutigen Trainingsmethoden sicherlich ein ähnliches Dominanzlevel erklimmen. Vor allem, da der extrem sichere Distanzschütze und vielseitige Scorer zu einer Zeit ohne Dreierlinie spielen musste. Es ist also zu vermuten, dass sich West athletisch mit modernen Methoden im athletischen Bereich verbessern würde. Dank des Dreiers wüsste er außerdem eine Waffe in seinem Arsenal, die es der Verteidigung um einiges schwerer machen dürfte, ihn zu stellen. Trotz aller Mühen in Sachen faire Projektion sind es aber vor allem die NBA-Pioniere, die in dieser Hinsicht fast durch die Bank weg den Kürzeren ziehen. Bis auf einige rühmliche Ausnahmen finden sich vor den 70er Jahren fast nur behäbige Basketballdinosaurier, die in der modernen NBA einfach nicht lebensfähig wären. Ihnen fehlen essenzielle evolutionäre Errungenschaften wie der Sprungwurf oder der Dunk. Sollen sie in Frieden ruhen … Eine Erstellung der Top 20 aller Zeiten bringt mit sich, dass – quasi nebenbei – nicht nur eine Liste produziert wird, die die komplette NBA umfasst, sondern gleich mehrere. So wird im Vorbeigehen geklärt, wer der beste Aufbau, Shooting Guard, Small oder Power Forward sowie Center ist (siehe Kästen). Es ist sogar zwingend notwendig, sich erst über die Reihenfolge auf diesen fünf Positionen klar zu werden, bevor es an die „große Liste“ geht. Wenn Michael Jordan ein besserer Shooting Guard als Kobe Bryant ist, kann der Laker am Ende nicht vor der Bulls-Ikone stehen. Ein Quintett von Big Men belegt die Plätze 20 bis 16 und setzt damit den Ton für diese Top 20. Nur je drei Point bzw. Shooting Guards finden sich in dieser Liste. Das hat seine Gründe. Während sich viele der folgenden Flügel und Center die Skills der kleineren Spieler aneigneten, gelang es den Guards im Umkehrschluss nur sehr vereinzelt, die Dominanz der Big Men zu brechen. „You can’t teach height“, alles andere ist erlernbar. Punkte auf – gegen die New Jersey Nets, die in dieser Saison die Finals erreichten! Ach ja … „His Airness“ versuchte in dieser Partie nicht einen Dreier! 4. Walton spielte 1976/77 in 65 Spielen. Er trug die Trail Blazers mit 18,6 Punkten, 14,4 Rebounds, 3,8 Assists und 3,2 Blocks zur Meisterschaft (22,9 PER). Es war die einzige Saison, in der er während seiner Hochzeit in mehr als 60 Spielen auflief.

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Foto: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler

es geht um basketball!


NBA Top 20

Kevin GarneTT, T-Wolves, 2002-06, 27,9 Per

50,7 fG%, 10,5 rPG, 5,2 aPG, 1,7 BPG, 22,8 PPG

Der KG Dieser Jahre War Der fleischGeWorDene Slogan „There’S only one Way To Play BasKeTBall … harD!“. er War Der Duracellhase nach einer inTravenös GeseTzTen sPriTze miT reD Bull.

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Wie vielseitig ein moderner Power Forward sein kann, zeigt eindrucksvoll Kevin Garnett. Von 2002 bis 2006 gab es auf dem Parkett – mit Ausnahme des Dreiers – nichts, was der Timberwolf nicht liefern konnte. 2003/04 blockte er sogar 2,2 Würfe pro Partie. Der KG dieser Jahre war der fleischgewordene Slogan „There’s only one way to play basketball … HARD!“. Er war der DuracellHase nach einer intravenös gesetzten Spritze mit Red Bull. Wie besessen knallte sich Garnett in jeden Ballbesitz. Von 2002/03 bis 2006/07 führte er Saison für Saison die NBA bei den Defensivrebounds sowie den Abprallern pro Spiel an!5 Defensiv war er überall, wo seine zum großen Teil minderbemittelten Teamkameraden nicht waren. Im Angriff teilte er den Ball, traf clevere Basketballentscheidungen, erlag nie der „Verdammt, außer mir kann in diesem Team keiner spielen, ich nehme jetzt jeden Schuss!“-Versuchung. Dabei wäre vor allem Letzteres durchaus plausibel gewesen. Nur in der Saison 2003/04 – in der der 27-Jährige als MVP ausgezeichnet wurde – hatte KG mit Sam Cassell und Latrell Sprewell wirklich brauchbare Helfer im Team. Prompt ging es angeführt von Garnetts 24,3 Punkten, 14,6 Rebounds und 5,1 Assists bis in die Western Conference Finals, wo selbst die Shakobe Lakers zittern mussten, bevor sie mit 4-2 die Oberhand behielten. Doch bei allen Vorzügen, die der Prototyp des Vierers des neuen Jahrtausends hatte – Kevin Garnett war kein dominanter Offensivspieler. Ihm fehlte dieser Go-to-Move, trotz all seiner Punkte war er nie ein Dominator im Angriff wie etwa Tim Duncan. „The Big Ticket“ brauchte immer gute Spieler um sich, die im Angriff ihre eigenen Würfe kreierten. 5. 2002/03 belegte er ebenfalls den ersten Rang bei den Defensivrebounds. Von 1999/00 bis 2001/02 fand sich Garnett immer unter den besten fünf Defensivreboundern der NBA.

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charles BarKley, sixers, 1987-91, 27,7 Per 58,4 fG%, 6,9 rPG, 3,9 aPG, 0,8 BPG, 26,7 PPG

Charles Barkley hätte es als Spieler so nicht geben dürfen. Denn seine Mängelliste vor allem im körperlichen Bereich war so kurz, wie sie entscheidend schien: zu klein, zu … fett. Wer mit 1,94 Meter und 120 Kilo (abgespeckt von 130 am College in Auburn) in der NBA zu einem Superstar reift, der muss schon außerordentliche Fähigkeiten haben. Die hatte der Mann, den sie „Sir“ nannten … Nach drei Lehrspielzeiten hinter Moses Malone und Julius Erving detonierte Barkley 1986/87 auf der NBABühne und hinterließ eine ungeahnte Verwüstung. Er griff sich die meisten Rebounds (1986/87), führte die NBA beim „True Shooting“ an (1986/87 bis 1989/90) und wurde zum Bud Spencer der Liga.6 Immer in voller Fahrt punktete der MVP der Saison 1992/93 nach Belieben gegen größere Gegner am Zonenrand oder ging ohne Reue selbst gegen die Elitecenter zum Ring. Krafttraining? Fitness? Ernährung? Brauchte „Sir Charles“ alles nicht, er dominierte auch so im Angriff, obwohl er kaum Mitspieler an seiner Seite fand, die ihn offensiv entlasten konnten. Zum Rundumsorglospaket fehlten allerdings drei Komponenten: Der Dreier fiel nur selten sicher, die Verteidigung gegen größere Gegner ließ arg zu wünschen übrig, und Barkley war eben kein kompletter Scorer, der auf dem Niveau der Besten aller Zeiten agierte. 6. Barkley hält noch immer die Rekorde für Offensivrebounds in einer Halbzeit mit 13 Brettern und in einem Viertel mit elf. Ja, Moses Malone war sein Mentor in den ersten Jahren in Philly.

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Karl malone, Jazz, 1994-98, 27,0 Per

53,3 fG%, 10,2 rPG, 4,0 aPG, 0,8 BPG, 26,7 PPG

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Ähnlich wie Barkley dominierte Malone seine Konkurrenz durch schiere körperliche Überlegenheit. Der Modellathlet aus Louisiana bildete den Gegenentwurf zu seinem Widersacher aus Philadelphia. Malones legendär harte Saisonvorbereitung machte ihn zur fast perfekten Lowpost-Waffe. So konnte der – in Sachen Sprungkraft wenig hervorstechende – Power Forward immer wieder eine Position tief in der Zone des Gegner besetzen oder nach dem patentierten Pick-and-Roll mit John Stockton am Ring abschließen. Niemand stellte sich damals dem „Mailman“ in den Weg, wenn der einmal in Fahrt kam. Defensiv verstand Malone mit zunehmender Erfahrung immer besser, wie er seinen Körper gewinnbringend einsetzen konnte. Auch wenn er nie ein Shotblocker war, so gab es wenig bessere Power Forwards, wenn es darum ging, den Zonenrand zu verteidigen. Der große Makel des MVP der Jahre 1997 und 1999 war indes sein Spiel in den entscheidenden Playoffpartien seiner Karriere. Es schien, als sei er nicht für die ganz großen Momente gemacht. Immer wieder versagte er in wichtigen Phasen der Postseason.

48,0 fG%, 9,1 rPG, 3,2 aPG, 1,1 BPG, 25,3 PPG

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Den besten Dirk Nowitzki aller Zeiten gab es nicht in den Playoffs 2011 zu sehen! Dieses Statement mag auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, gewann „Dirkules“ doch endlich die so lang gejagte Meisterschaft und trug sein Team in einer Postseason für die Ewigkeit zum Titel. Die Zahlen sprechen trotzdem eine klare Sprache für den jungen Dirk Nowitzki. 2005/06 (Finaleinzug) und 2006/07 (MVP) erklomm der Deutsche den vorläufigen Gipfel seiner Karriere. Die Mavericks gewannen 60 und 67 Partien. Der jeweils zweitbeste Spieler im Team? Wahlweise Josh Howard (All Star 2007) oder Jason Terry (nie All Star). Seine Starter auf Point Guard hießen Terry und Devin Harris. Seine Center? Erick Dampier und DeSagana Diop. Wie konnten diese Mavs-Teams pro Saison über 60 Siege einfahren? Weil Nowitzki überragte. Unter Coach Avery Johnson reifte endlich auch das Spiel seines Musterschülers am Zonenrand. Der Power Forward wurde 2006/07 sogar Mitglied des exklusiven 50-40-90-Klubs. Einlass wird hier nur demjenigen gewährt, der über eine Saison 50 Prozent aus dem Feld, 40 Prozent von der Dreier- sowie 90 Prozent von der Freiwurflinie trifft. In der Geschichte der NBA gelang dies nur sieben Spielern. Zwei von ihnen legten in derselben Saison über 20 Punkte pro Spiel auf: Larry Bird und Dirk Nowitzki!7 Sein Spiel basierte auf dem Sprungwurf, seinen exzellenten Wurftäuschungen und der Fähigkeit, per Drive in der Zone zu punkten. Allerdings hatte auch „Dirkules“ zwei Schwächen. Defensiv war er immer lediglich Durchschnitt. Zwar fiel er kaum negativ auf, weil er meist den offensiv schwächeren Big Man in der Verteidigung zog, ein Spiel in der Defense drehen konnte er nicht. Im Angriff wurde ihm zum Verhängnis, dass er noch nicht die Distanzschützen um sich gruppiert hatte wie 2010/11. Diese brauchte er jedoch, konnte er sich als Big Man doch nur bedingt den eigenen Wurf kreieren, wenn mehrere Verteidiger über ihn herfielen. Weitgehend auf sich allein gestellt, brach er so 2006 in den Finals gegen die Miami Heat sowie in der ersten Playoffrunde 2007 gegen die Golden State Warriors zusammen.

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler/Dick Raphael/NBA Photos/Lou Capozzola

DirK noWiTzKi, mavericKs, 2004-08, 26,6 Per

7. Neben Bird (zwei Saisons) und Nowitzki sind folgende Akteure (mindestens 60 Spiele in der jeweiligen Spielzeit) Mitglieder des Klubs: Reggie Miller (1993/94), Mark Price (1988/89), Steve Nash (vier Saisons), Jose Calderon (2007/08) und Steve Kerr (1995/96).

2735


NBA Top 20

DaviD roBinson, sPurs, 1991-96, 28,2 Per 52,1 fG%, 11,5 rPG, 3,4 aPG, 3,5 BPG, 25,8 PPG

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Dass Robinson in dieser Liste auftaucht, wird viele überraschen. Zu Unrecht! Die Reputation des „Admirals“ leidet bis heute unter der Tatsache, dass Hakeem Olajuwon ihn in den Western Conference Finals 1995 an die Wand spielte. Robinson ging damals als frisch gekürter MVP in die Serie, konnte „The Dream“ indes nichts entgegensetzen8, und die Spurs schieden klanglos aus. Trotzdem gehört der Absolvent der US Naval Academy zu den 20 besten Basketballern aller Zeiten. Auf seinem absoluten Top-Level war Robinson der beste Athlet unter allen Pivoten. Aller Zeiten. Auf der Welt. Sein Körper, die Koordination, die Athletik – all das war und ist selbst nach heutigen Standards absolut perfekt. Der Linkshänder verteidigte gegen seinen Mann aber auch im Teamkonzept auf allerhöchstem Level (von 1989/90 bis 1995/96 blockte er pro Saison mindestens 3,2 Würfe!), führte die NBA 1991/92 mit 4,5 Blocks pro Partie an. Im Angriff war er mit seiner Schnelligkeit, Kraft und den versierten Moves ebenfalls eine Ausnahmeerscheinung. Dabei fehlte bis zur Ankunft von Tim Duncan 1997 ein echter All Star an seiner Seite. Bevor „The Big Fundamental“ nach Texas kam, war Sean Elliott die einzige echte offensive Hilfe im Team. Also hievte Robinson ansonsten minderbemittelte Spurs-Teams in die Playoffs, legte Fabelzahlen auf, gewann die Topscorer-Krone 1994 und scheiterte früh in der Postseason. Letzteres auch, weil er einfach nicht den Killerinstinkt eines Hakeem Olajuwon oder Michel Jordan besaß. Vielleicht war der Philanthrop Robinson einfach ein Stück weit zu nett, um als Alphatier Erfolg zu haben … in diese Liste gehört er trotzdem. 8. Olajuwon legte in den sechs Partien gegen die Spurs 27, 41, 43, 20, 42 und 39 Punkte auf! Houston gewann die Serie mit 4-2 und später auch die Meisterschaft.

moses malone, rocKeTs, 1978-83, 25,0 Per

15

28 36

51,6 fG%, 15,4 rPG, 1,7 aPG, 1,6 BPG, 26,8 PPG

Er ist der am meisten unterbewertete Center aller Zeiten. Moses Malones Name fällt selten, wenn es heutzutage um die besten Pivoten geht – dabei gewann er dreimal den MVP-Award! Warum? Zum einen kam er schlicht zur denkbar schlechtesten Zeit und auf einem ungünstigen Weg in die NBA. Als Highschooler erreichte Malone über die wenig bis gar nicht beachtete American Basketball Association (ABA) das Profilager. Dies hatte zur Folge, dass die Basketballfans der 70er Jahre ihn nicht aus dem Collegespiel kannten. Ein fataler Umstand … In einer Zeit, in der sich ein Großteil der Basketballanhänger ob des augenscheinlichen Drogenkonsums der Profis dem Unisport zuwendete, waren die Talente des Moses Malone lange nur absoluten Kennern der Szene bekannt. Und als der Reboundfanatiker dann endgültig zu den besten Spielern der Welt gehörte, zu einer Naturgewalt am Brett avancierte … nun, da wurden Malones Wundertaten zu einem großen Teil medial ignoriert. Etwas wie „Medientraining“ gab es damals nicht. Deshalb sprach der Star ungern mit der Presse. Seine tiefe Stimme, der Akzent der US-Südstaaten und das nur schwer zu verstehende Nuscheln sorgten dafür, dass Malone die Journaille abschreckte – über ihn gab es einfach keine interessante Geschichte zu schreiben. Auf dem Feld schrieb er dafür die Rekordbücher um. Nie zuvor – und seitdem nie wieder – gab es einen Offensivrebounder wie Moses Eugene Malone. In den ersten acht Jahren seines Profilebens griff sich niemand mehr Abpraller im Angriff als er. Sechs der besten Offensivreboundsaisons der Geschichte gehen auf sein Konto.9 Da machte es auch wenig aus, dass Malone kein Basketballtechniker war. Selbst als er 1981/82 sagenhafte 31,1 Punkte auflegte, geschah dies nicht aufgrund gereifter Bewegungen am Brett. Der 26-Jährige kannte jeden Trick, um sich die beste Reboundposition zu sichern, hatte den Körper, die Athletik und die Ausdauer, um sich viele, viele Bälle zu erkämpfen. Wer braucht schon einen Hookshot, wenn der Rebound eh bei einem selbst landet? Malone fing den Ball einfach noch näher am Brett, legte ab oder wanderte an die Freiwurflinie, wo er sicher traf. Auch in der heutigen Zeit wäre der dreifache MVP auf diese Art erfolgreich. Muskulär wenig definiert, wäre er dank modernen Trainings noch dominanter. Wenn ein wenig athletisch begünstigter Power Forward wie Kevin Love schon die Liga bei den Offensivrebounds anführen kann, wozu wäre dann Malone in der Lage? 9. In der NBA-Geschichte griffen nur zwei Spieler mehr als 500 Offensivrebounds pro Saison ab: Malone und Dennis Rodman! „The Worm“ gelang dieses Kunststück 1991/92, als er 523 Bretter sammelte. Malone legte zwischen 1978/79 und 1981/82 folgende Reboundsummen auf: 587, 573 und 558.


elGin Baylor, laKers, 1959-63, 26,6 Per 43,3 fG%, 17,3 rPG, 4,5 aPG, 34,2 PPG Anfang der 60er Jahre wurde in der Liga keine Verteidigung gespielt. Gegen die 121,3 Punkte, die etwa die Syracuse Nationals 1960/61 auflegten, wirkten die Phoenix Suns der D’Antoni-Ära wie konservative Beamtenbasketballer. Selbst das offensivschwächste Team dieser Saison (die Knicks) erzielte noch 113,7 Zähler im Schnitt! Vor diesem Hintergrund dürfte es also recht leicht sein, gegen Elgin Baylor zu argumentieren. Immerhin werden seine Leistungen vor dem Hintergrund seiner fast defensivlosen Ära relativiert, oder? Nein, der Small Forward der Lakers hat durchaus seinen Platz in den Top 20 verdient. Elgin Baylor war der erste „moderne“ Swingman der NBA. Er revolutionierte bei seiner Ankunft die Flügelposition in der NBA. Baylor agierte – im Gegensatz zur Restliga – nicht nur in der Horizontalen, sondern auch in der Vertikalen. Seine Sprungkraft und seine Fähigkeit, in der Luft zu stehen und dort allerlei Korbleger oder Würfe erfolgreich zum Abschluss zu bringen, faszinierten die Basketballwelt. Gleichzeitig verstand Baylor Basketball. Jahr für Jahr fand er sich unter den besten fünf Scorern sowie Reboundern der NBA wieder – bei den Assists rangierte er unter den zehn Top-Profis. In Sachen Player Efficiency Rating belegte er von 1959/60 bis 1962/63 immer mindestens den zweiten Platz. 1960/61 war er sogar der effizienteste NBA-Profi und unterbrach damit die Herrschaft Wilt Chamberlains, der von 1959/60 bis 1967/68 achtmal diesen Titel eingeheimst hatte. Bis heute erzielten nur Chamberlain (100 Punkte), Kobe Bryant (81) und David Thompson (73) mehr Zähler in einer NBA-Partie10 als Baylor (71). Sicher, der Laker bekam es zu seiner Zeit mit wenig trainierten Profis zu tun, die heutzutage in der Mehrzahl selbst in der deutschen Regionalliga schlecht aussehen würden. Doch Baylor verfügte über eine physische Präsenz, ein modernes Spiel. Hesitation Dribblings, Jab-Steps, Shake-and-Bake – all das brachte der 1,96 Meter große Small Forward in die NBA. Auch in der heutigen Zeit würde er sich nicht nur zurechtfinden, sondern sogar dominieren.

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Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler/Dick Raphael/NBA Photos/Lou Capozzola

10. Chamberlain erzielte in insgesamt fünf Partien mehr als 71 Zähler. Hier seine Bestleistungen in einem Spiel: 100, 78, 73, 73, 72.

oscar roBerTson, royals, 1963-67, 26,2 Per 48,3 fG%, 8,2 rPG, 11,0 aPG, 30,9 PPG

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Statistikfreaks und NBA-Historiker dürften bei der Angabe 1963-67 laut aufschreien. Immerhin fällt damit die Triple-DoubleSaison von Oscar Robertson nicht in dessen beste Zeit. Wie kann das sein? Nun, spätestens seit Bill Simmons sein „Book of Basketball“ geschrieben hat, dürfte geklärt sein, dass diese Saison des „Big O“ überbewertet ist.11 Dennoch war Robertson ein Ausnahmespieler, der auch heute Erfolg haben dürfte. Seine Physis würde es ihm auch heute noch erlauben, seinen Verteidiger à la Jason Kidd an der Dreierlinie aufzuposten und Richtung Zone zu schieben, wo er entweder per Sprungwurf punkten oder per Drive einen Mitspieler freispielen würde. Der MVP von 1964 las das Spiel exzellent, war eindrucksvoll in seiner Beständigkeit. Er müsste sich allerdings einen Wurf aneignen, den die Defense respektieren muss, sonst wäre er nur eine etwas bessere Version von Andre Miller. Robertson war jedoch ein extrem fokussierter Mensch, der eine Menge einstecken musste – war er doch als Afroamerikaner in der Frühzeit der NBA enormen Attacken ausgesetzt, die ihn zwar umso ehrgeiziger machten, aber auch verbittert zurückließen. Robertson wollte immer perfekt sein, verlangte genau dies von seinen Mitspielern. Ein Anspruch, dem kaum jemand gerecht werden konnte, weshalb „The Big O“ nicht gerade als Mustermitspieler in die Geschichte einging. 11. Simmons erklärt die Triple-Double-Saison wie folgt (und im Übrigen damit auch alle Saisons von 1960/61 bis 1964/65, in denen Robertson immer mindestens 28,0 Punkte, 9,5 Assists und 9,0 Rebounds auflegte): 1. Robertson spielte in der „Run and Gun“-Ära, es gab 80 Rebounds und 120 Punkte pro Partie. 2. Robertson war mit seinen 1,98 Meter um einiges größer und bulliger als seine Gegenspieler, die meist nur um die 1,80 Meter auf das Parkett brachten. Er war im Post kaum zu stoppen – zumal es nur wenige Power Forwards oder Center mit Gardemaß gab. 3. Die NBA bestand damals aus acht Teams, von denen keines mehr als zwei Afroamerikaner im Kader hatte, Robertson hatte also auch in puncto Athletik einen großen Vorteil.

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37


NBA Top 20

WesTs suPersTar-sTaTus unD Die TaTsache, Dass er es War, Der so ziemlich JeDen WichTiGen Wurf für Die laKers nahm, hinDerTen ihn nie Daran, sich als Teil eines Teams zu sehen.

Jerry WesT, laKers, 1963-67, 24,1 Per 48,0 fG%, 6,3 rPG, 5,9 aPG, 29,9 PPG

leBron James, cavaliers, 2007-11, 29,8 Per 49,7 fG%, 7,6 rPG, 7,5 aPG, 0,9 BPG, 28,7 PPG

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Auch Baylors kongenialer Partner auf dem Flügel in Los Angeles verfügte über ein modernes Spiel. Jerry West verfügte sogar über mehr als das, sein Game war eines für die Ewigkeit. Der Combo-Guard war schnell und konnte zumindest so hoch springen, dass er seinen Schuss auch gegen größere Verteidiger anbringen konnte. Außerdem perfektionierte er das Hochsteigen zum Sprungwurf aus dem Dribbelsprint. Ohne von der Trägheit der Masse nach vorne getragen zu werden, ging West mitten in einem Hochgeschwindigkeitsdrive kerzengerade nach oben, während sein Gegenspieler am Boden blieb. Auch scheute er den Weg in die Zone nicht, wo er mit seinen 1,88 Meter selbst in der martialischen Welt der damaligen NBA (Drives endeten nicht selten mit einem Umreißen des Angreifers oder einem gezielten Ellbogen) bestand. Bis heute bekam kein Guard in der Geschichte der NBA mehr Freiwürfe zugesprochen als er in der Saison 1965/66 (977) … 840 dieser Freebies traf er, bis heute Rekord! Doch West war nicht nur ein Scorer. In der Tat fällt es schwer, ihn auf eine Position festzulegen. Während er früh in seiner Karriere als Shooting Guard vor allem selbst den Abschluss suchte und fand, verlegte er sich im Herbst seiner Laufbahn darauf, seine Mitspieler als Aufbau immer besser in Szene zu setzen. Nicht dass der frühe West ein Egomane gewesen wäre, weit gefehlt. Doch erst mit 32 Jahren spielte er erstmals über 8,0 Assists pro Spiel (9,5) UND legte 26,9 Zähler auf! Die Tatsache, dass „The Logo“ in seiner letzten kompletten Saison mit 34 Jahren noch 22,8 Punkte, 8,8 Assists und eine Wurfquote von 47,9 Prozent bot, zeigt nachhaltig, wie schwer sein Spiel zu stoppen war. Selbst als er für einen Guard steinalt war, bekamen ihn die Spätgeborenen nicht in den Griff. Eine oft übersehene Qualität war Wests Fähigkeit, Teams zusammenzuführen. Sein Superstar-Status und die Tatsache, dass er es war, der so ziemlich jeden wichtigen Wurf für die Lakers nahm, hinderten ihn nie daran, sich als Teil eines Teams zu sehen. West wäre in der heutigen NBA ein extrem intelligenter, scorender Point Guard vom Schlage eines Steve Nash. Nur mit viel mehr Defense und einem besseren Scorerinstinkt.

3830

LeBron James ist der eine Spieler, der diese Liste in zehn Jahren auf den Schrottplatz der Geschichte befördern könnte. Dann nämlich, wenn der physisch imposanteste Spieler seiner Generation massenhaft NBA-Rekorde pulverisiert und auch (endlich) die „Larry O’Brien Trophy“ in die Höhe gestemmt hat. Finalskollaps 2011 hin oder her, LeBron James ist ein einzigartiger Basketballer mit dem perfekten Körper für seinen Sport. Noch nie gab es eine derart kraftvolle, schnelle und sprunggewaltige Waffe im Weltbasketball. Seine schiere körperliche Wucht würde ihn unter die Top 20 katapultieren. Doch James ist mehr als nur die Summe seiner Muskeln und Gliedmaßen. Er ist einer, der Basketball eigentlich verstanden hat, der den intelligenten Pass zu einem frei stehenden Rollenspieler mit Wurf dem eigenen Zug zum Korb gegen drei Verteidiger vorzieht – als er in die NBA kam, schwärmte die gesamte Welt von der Uneigennützigkeit dieses Teenagers und der Abgeklärtheit, mit der er sofort in der NBA einschlug. Diese Tage sind lange vorbei. Die Gründe, warum der MVP von 2009 und 2010 nicht weiter vorne in dieser Liste steht, sind wohl dokumentiert. Die basketballerische Entwicklung des selbsternannten Königs hielt nicht mit der seines Körpers mit. Während sein Torso heutzutage vor Muskulatur zu bersten droht, gibt es kaum einen neuen Pfeil, den er sich über die Jahre in seinen offensiven Köcher gesteckt hätte. Natürlich dominiert James alle Bereiche, in denen es vor allem auf Physis ankommt. Doch Lowpost-Moves? Fehlanzeige. Der Distanzwurf? Mittelmäßig, nicht mehr. Das Punkten in der Crunchtime? Siehe Finals 2011. LeBron James ausgestattet mit dem Ehrgeiz eines Kobe Bryant oder Larry Bird wäre verdammt nah an der Nummer eins, vielleicht sogar „The Greatest of All Time“. Doch woher soll er diesen Hunger jetzt nach acht NBA-Jahren noch nehmen? Vielleicht ist LeBron James auch der eine Spieler in dieser Liste, bei dem wir uns in zehn Jahren am häufigsten fragen: Was wäre gewesen, wenn?

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Die PoinT GuarDs John Stockton war der eine Aufbau, der nur haarscharf an den Top 20 vorbeischrammte. oft wird vergessen, dass der Jazzer über vier Saisons mindestens 52,8 prozent aus dem Feld und 42,2 prozent von der Dreierlinie traf. Über fünf Jahre verteilte er mindestens 13,6 Assists pro partie!

1. 2. 3. 4. 5.

maGic Johnson, laKers oscar roBerTson, royals John sTocKTon, Jazz isiah Thomas, PisTons sTeve nash, suns


haKeem olaJuWon, rocKeTs, 1992-96, 26,0 Per 52,2 fG%, 11,7 rPG, 3,6 aPG, 3,6 BPG, 27,0 PPG

Aus der goldenen Ära der Center Mitte der 90er Jahre war es Olajuwon, der als unumstrittener Sieger hervorging. Während Michael Jordans Baseball-Sabbatical griff „The Dream“ die „Larry O’Brien Trophy“ der Jahre 1994 und 1995 ab. Auf dem Weg zu diesen zwei Titeln zerstörte er nacheinander Patrick Ewing (Finals 1994), David Robinson (siehe oben) und Shaquille O’Neal (Finals 1995). Der gebürtige Nigerianer war zu schnell, zu leichtfüßig und trotzdem zu kräftig für seine formidablen Gegenspieler. Sein „Dream Shake“ (checkt FIVE #80) vereinte all diese Fähigkeiten in einem kaum zu verteidigenden Move. Während Robinson unter der Last litt, die er im Angriff schultern musste, wuchs Olajuwon mit seinen Aufgaben. Er lebte für die großen Momente. Die Rockets stellten dem MVP 1994 ein Heer von Dreierschützen an die Seite, das in aller Seelenruhe darauf warten konnte, wie ihr Superstar die Defensive sezierte. Im Falle einer gegnerischen Rudelbildung in seiner Nähe fand der Star die dann freien Schützen, die hochprozentig abschlossen. Olajuwon brauchte keinen Zweitstar, der ihn entlastete oder Räume für ihn schuf. Zudem konnte Olajuwon defensiv dominieren. Auch wenn die nun folgende Statistik nicht in seine beste Zeit fällt, so spricht sie doch Bände darüber, wie effektiv der Mann in der Mitte Houstons war … 1989/90 führte er die NBA sogar bei den Rebounds (14,0), der defensiven Reboundrate (28,3 Prozent) sowie den Blocks (4,6) an und griff sich 2,1 Steals pro Partie. Nur Olajuwon gelangen JEMALS mindestens 10,0 Defensivrebounds, 4,0 Blocks und 2,0 Steals in einer Saison! Wenn es überhaupt etwas an der Karriere Olajuwons auszusetzen gibt, dann dass er anscheinend nur in einem Team funktionieren konnte, welches auf ihn zugeschnitten war.

KoBe BryanT, laKers, 2005-09, 25,6 Per 45,9 fG%, 5,6 rPG, 5,1 aPG, 0,5 BPG, 30,5 PPG

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Besessen. Kobe Bryant war und ist besessen. Besessen vom Erfolg. Über seine komplette Karriere war er getrieben von dem Gedanken, der Beste zu sein, auf der Jagd nach Michael Jordan. Im Gegensatz zu LeBron James tat er dafür alles, was ihn in irgendeiner Art und Weise besser werden ließ. Als er etwa merkte, dass er sein Spiel aufgrund merklich abnehmender Geschwindigkeit und Sprungkraft an den Zonenrand verlagern musste, trainierte er mit Hakeem Olajuwon den „Dream Shake“. Zuvor hatte er sich über Jahre von einem Athleten zu einem respektablen Distanzschützen gemausert. Kobe Bryant war immer schon Architekt seines eigenen Spiels. Doch diese Besessenheit hatte immer auch schon eine Kehrseite. Da gab es den Streit mit Shaquille O’Neal (wobei allerdings auch der „Diesel“ nicht ganz unschuldig war), der zur Auflösung des dominantesten Duos des neuen NBA-Jahrtausends führte. Dann durchlief Bryant die Egoshooter-Phase, in der er zumindest lernte, dass selbst die „Black Mamba“ allein nicht erfolgreich auf die Jagd nach NBA-Titeln gehen kann. Am Ende bleibt jedoch die Tatsache, dass Kobe Bean Bryant in seiner besten Zeit der beste Basketballer der Welt war. Offensiv wie defensiv bildete der MVP von 2008 den Platinstandard. Ob er allerdings je endgültig verstanden hat, dass er allein nicht größer als sein Team ist? Diese Frage bleibt bis heute unbeantwortet.

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler/Dick Raphael/NBA Photos/Lou Capozzola

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31 39


NBA Top 20

WilT chamBerlain, Warriors, 1961-65, 31,0 Per 51,7 fG%, 23,8 rPG, 3,6 aPG, 41,7 PPG

Die shooTinG GuarDs

Shaquille o’neal, laKers, 1999-03, 30,0 Per 57,5 fG%, 12,0 rPG, 3,4 aPG, 2,6 BPG, 28,3 PPG In den zurückliegenden Jahren wurden Wilt Chamberlain und Shaquille O’Neal ständig miteinander verglichen. Natürlich. Beide sind die dominantesten Erscheinungen, die die NBA je hervorgebracht hat. Um zu klären, wer von beiden jedoch besser in die moderne NBA passt, muss in diesem speziellen Fall vor allem eines unberücksichtigt bleiben: die Statistik. Chamberlains Fabelzahlen erdrücken jede Argumentation, dabei stammen sie aus einer Ära, die kaum etwas mit dem heutigen Spiel zu tun hat. Von 1961 bis 1965 bekam es „The Big Dipper“ mit INSGESAMT vier Sevenfootern zu tun, acht NBA-Profis waren zwischen 2,09 Meter und 2,11 Meter groß. Es war, als sei Chamberlain aus einem UFO gestiegen und habe sich der NBA angeschlossen. Natürlich gab es Bill Russell, Walt Bellamy oder Zelmo Beaty, aber der Großteil der neun NBA-Franchises hatte damals keine Antwort auf Chamberlains Mischung aus Länge, Kraft, Athletik und Beweglichkeit. Bei Shaq sah das ganz anders aus. Der „Diesel“ musste jeden Abend in einer Liga mit 30 Teams gegen einen Sevenfooter antreten. Natürlich fanden sich darunter viele steife Lowpost-Robots, doch O’Neal dominierte auch die ganz Großen der Centerzunft sowie die ausgeklügelten modernen Verteidigungskonzepte. Fit und motiviert war er selbst mit zwei Gegnern nicht nachhaltig zu bändigen, die einzige Taktik mit Erfolgspotenzial war „Hack-aShaq“ – allerdings gab es, vor allem in der regulären Saison, immer wieder Phasen, in denen der MVP von 2000 eben unmotiviert oder nicht fit war. Die Schwäche von der Freiwurflinie indes hatten beide Pivoten gemein. Neben der schieren Masse (Shaq war gut 20 Kilo schwerer) unterscheiden Chamberlain und O’Neal noch zwei weitere wichtige Merkmale. Shaq spielte in entscheidenden Partien groß auf, während Chamberlain oft nervös agierte. Außerdem machte der „Shaqster“ seine Mitspieler besser, während dem „Stilt“ zu Recht der Ruf vorauseilte, vor allem für die eigenen Statistiken zu spielen.

7

32 40

Jerry West war ein Grenzfall. Eigentlich hätte er genauso gut bei den point Guards auftauchen können, spielte er doch in seiner „prime“ hauptsächlich auf der Eins. Letztendlich wird er bei den Shooting Guards aufgeführt, weil sich sein Spiel irgendwie mehr nach Zweier anfühlte. Schwammige Erklärung, aber checkt die Videos im Internetzer – und ihr wisst, was gemeint ist.

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michael JorDan, Bulls KoBe BryanT, laKers Jerry WesT, laKers DWyane WaDe, heaT GeorGe Gervin, sPurs

Die small forWarDs

8

Julius Erving und Scottie pippen scheiterten beide ganz knapp am Cut. Erving, weil er eben keinen Sprungwurf besaß und seine Heldentaten in der ABA vollbrachte – in einer Liga, die defensiv wenig bis gar keinen Widerstand leistete. pippen war neben James der beste Verteidiger unter den Small Forwards, ließ als Scorer allerdings zu wünschen übrig.

1. 2. 3. 4. 5.

larry BirD, celTics leBron James, cavs elGin Baylor, laKers Julius ervinG, sixers scoTTie PiPPen, Bulls


Tim Duncan, sPurs, 2001-05, 27,0 Per

50,5 fG%, 12,3 rPG, 3,4 aPG, 2,7 BPG, 22,9 PPG

6 5

maGic Johnson, laKers, 1986-90 25,9 Per

50,0 fG%, 6,8 rPG, 12,1 aPG, 0,4 BPG, 22,1 PPG

Magic Johnson wurde in den 80er Jahren zum Inbegriff der Point-Guard-Position. Künftig, so waren sich die Experten sicher, würde es in der NBA von Aufbauspielern jenseits der 2,00 Meter nur so wimmeln. Die Tatsache, dass es bis heute nicht so kam, illustriert die Ausnahmeerscheinung des Earvin Magic Johnson. Ein 2,06 Meter großer Playmaker erscheint noch heute wie eine Utopie – vor allem, wenn er derart intelligent und motiviert zu Werke geht wie Johnson. Der „Magic Man“ überragte die Konkurrenz auf der Eins, hatte so immer das Spielfeld im Blick und konnte – ähnlich wie Larry Bird – eine Partie auf höchstem Level lesen. Während schnelle Gegenspieler ihm in der Defensive Probleme bereiteten, stellten selbst die besten Balldiebe kaum eine Bedrohung für den Laker dar. Ein Grund dafür: Der Point Guard ließ die Bälle im Great Western Forum immer extra hart aufpumpen, damit der Ball bei seinem hohen Dribbling schneller den Weg zurück in die Hand fand. Im Angriff war Johnson nie ein purer Schütze, eher ein Scorer, der es extrem gut verstand, die eigene Größe zu seinem Vorteil einzusetzen und Lücken in der Verteidigung schonungslos auszunutzen. Vor allem aber war er ein Dirigent. Egal ob im Fastbreak oder im Halbfeld: Johnson wusste, wie man den Ball von Punkt A zu Punkt B bewegt und wo dieser Punkt B überhaupt ist. Wo ist das Mismatch? Wer ist heiß? Wer steht gerade oder in ein, zwei Sekunden auf seinem „Sweet Spot“ frei? Johnsons Erfolg hatte weniger mit Magie als mit einem fortlaufenden Denkprozess zu tun. Die Gabe, den Ball dann selbst durch noch so kleine Öffnungen der Defense an den Empfänger zu bringen, öffnete ihm im Gegenzug selbst Räume, die er zum Punkten nutzen konnte. So blieben die Lakers erfolgreich, auch nachdem Kareem Abdul-Jabbar in den Winter seiner Karriere glitt und kein adäquater Ersatz gefunden wurde. Johnsons Spiel wäre ohne Probleme auf die moderne NBA übertragbar, der dreifache MVP würde sogar von den „Handchecking“-Regeln profitieren, war es doch zu seiner Zeit noch ohne weiteres erlaubt, den Ballvortrag mit den Armen zu behindern. Er ist und bleibt der beste Point Guard aller Zeiten.

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler/Dick Raphael/NBA Photos/Lou Capozzola

Vergessen ist so leicht. Vor allem im Fall von Tim Duncan, dem am wenigsten beachteten Superstar der Moderne. Der Tim Duncan des frühen Jahrtausends war nicht nur der – neben Shaq – dominanteste Lowpost-Spieler seiner Ära, sondern auch einer der fünf besten Verteidiger. Die Fußarbeit, der Wurf, die Kraft, die Beweglichkeit, die Schläue – Duncan vereinte die Vorzüge eines Hakeem Olajuwon mit einer perfekten Teamverteidigung. Um ihn konnten die Spurs eines der besten Defensivkonzepte aller Zeiten stricken, das vier Titel an den Alamo holte. Duncan machte seine Mitspieler auf eine Art und Weise besser, wie sie eigentlich nur Guards oder Forwards vorbehalten ist. Außerdem dachte der zweifache MVP das Spiel besser als jeder seiner Kontrahenten. Duncan schien immer genau zu wissen, wann sein Team was brauchte, um zu gewinnen. 30 Punkte? 20 Rebounds? Acht Blocks? „The Big Fundamental“ konnte all dies fast auf Bestellung liefern.

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NBA Top 20

larry BirD, celTics, 1984-88, 26,6 Per

51,8 fG%, 9,7 rPG, 6,8 aPG, 0,9 BPG, 28,1 PPG

Sie nennen ihn in Boston nicht umsonst den „Basketball Jesus“. Larry Bird verkörpert den feuchten Traum eines jeden athletisch limitierten Basketballers. Ein Sprungwurf, perfektioniert in Stunden auf dem Freiplatz. Ein Spielverständnis, das von Gott selbst gegeben sein musste. Ein unbeugsamer Siegeswille, der so stark war, dass er die Gesetze des Basketballs selbst zu seinen Gunsten beugen konnte. Ein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das die feine Grenze zur Arroganz aufreizend oft überschritt, ohne arrogant zu wirken. Und schließlich das dritte Auge. Wie sonst konnte Bird auf dem Spielfeld in die Zukunft sehen und Aktionen vorausahnen, die erst in wenigen Sekunden passieren würden? Es gab auf dem Parkettboden nichts, was er nicht erreichen konnte, wenn er es denn wollte. Obwohl er in Sachen Sprungkraft wirklich nicht gesegnet war, brachte er es in seiner Karriere sogar auf 0,8 Blocks pro Partie – der hundertfach athletischere Dominique Wilkins kam auf 0,6! Die Achillesferse in Birds Spiel war die Defense. Im Teamverbund fiel er nicht weiter auf, wusste der Small Forward doch immer, wo er wann zu stehen hatte. Im Eins-gegen-eins wurden dann allerdings die Defizite klar sichtbar. Intelligenz und Chuzpe trugen den dreifachen MVP in dieser Hinsicht nur ein gewisses Stück weit. Sein Spiel wäre trotzdem noch immer absolut überragend. Mit modernen Trainingsmethoden wäre Bird vielleicht sogar noch effektiver.

4

Bill russell, celTics, 1961-65, 19,1 Per 44,0 fG%, 24,0 rPG, 4,8 aPG, 16,2 PPG Bill Russell, der größte Gewinner in der Geschichte der NBA. Elf Meisterschaften. Eine Defense, die die Liga veränderte. Der beste Playoffrebounder aller Zeiten. Russell war defensiv das, was Michael Jordan im Angriff war: nicht zu stoppen. Der Center nutzte seine überragende Spielintelligenz, das exzellente Timing sowie die herausragende Sprungkraft12, um die NBA zu revolutionieren. Bostons legendärer Coach Red Auerbach war in der Lage, eine komplett neue Verteidigungsphilosophie um seinen Star zu erfinden. Russell speiste mit seinen Blocks (die zu seiner Zeit noch keine statistische Kategorie waren) den Fastbreak der Celtics, fungierte im Angriff als intelligenter Ballverteiler, der seine Mitspieler besser machte, ihnen perfekte Würfe servierte, die sie hochprozentig treffen konnten. Offensiv war der Center zwar limitiert, doch fand der fünffache MVP immer einen Weg, um für Punkte zu sorgen, wenn sein Team diese brauchte. Zehnmal standen seine Celtics in den Playoffs in einem entscheidenden Spiel fünf oder sieben, Boston gewann jedes einzelne! Seine Verteidigung und die Führungsqualitäten überragten all seine Kontrahenten: Chamberlain, West, Baylor etc. waren exzellente Basketballer, bessere Scorer. Trotzdem gewann Russell, weil er der Michael Jordan der Verteidigung sowie der Michael Jordan des Teamführens war und sich weigerte, jemals aufzugeben. Auch heutzutage würde Russell defensiv dominieren. Die Athletik besaß er schon damals, die in der Moderne nötigen Muskelpakete würde er ohne Probleme draufpacken und so auch längere, massigere Gegenspieler sehr effektiv verteidigen. 12. Russell belegte 1956 im Hochsprung mit 2,06 Meter den elften Rang der Jahresweltrangliste.

34 42

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Kareem aBDul-JaBBar,

BucKs, 1970-75, 27,7 Per, 55,1 fG%, 15,4 rPG, 4,4 aPG, 3,4 BPG, 30,7 PPG

Die PoWer forWarDs

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Warum es kein oldtimer in die Top Five schaffte? Die Anforderungen an power Forwards haben sich in den letzten 20 Jahren extrem gewandelt. Von den Altvorderen schien niemand den neuen Gegebenheiten vollends gerecht zu werden. Einzig Kevin McHale war in der engeren Auswahl für die Top 20.

Kareem Abdul-Jabbar war kein physischer Dominator wie Shaq oder Chamberlain. Er verteidigte nicht wie Russell und war vor allem kein Anführer, der seine Mitspieler zusammenschweißte. Im Gegenteil, viele ehemalige Weggefährten haben wenig bis gar nichts Gutes über AbdulJabbar zu erzählen. Aber der „Captain“ hatte den Skyhook, niemand anders konnte das behaupten. Es ist dieser eine Wurf, der Abdul-Jabbar an die Spitze der Centerposition katapultiert. Über zwei komplette Jahrzehnte versuchten Heerscharen von NBA-Pivoten, den Haken zu stoppen – alle sollten sie scheitern. Es ging einfach nicht. Abgeworfen von einem 2,18 Meter großen, motorisch Hochbegabten, der kräftiger war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte, war jeder Verteidiger Abdul-Jabbar ausgeliefert. „Hack-a-Kareem“ war keine Option bei einer Karrierefreiwurfquote von 72,1 Prozent – was ihn zu einem exzellenten Spieler in der Crunchtime machte. Auch defensiv stand der sechsfache MVP seinen Mann und verteilte im Angriff den Ball. Kein Center bot ein derart eindrucksvolles Gesamtpaket, keine Offensivaktion wird je so „unstoppable“ sein wie der Skyhook.

1. 2. 3. 4. 5.

Tim Duncan, sPurs DirK noWiTzKi, mavs Karl malone, Jazz charles BarKley, sixers Kevin GarneTT, T-Wolves

Die cenTer Auch wenn mit Dwight Howard ein Kandidat bereitsteht, der in die Top Ten eindringen könnte – „Superman“ hat in dieser Hinsicht noch einen weiten Weg vor sich. platz acht auf dieser Liste würde patrick Ewing gehören.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Kareem aBDul-JaBBar, BucKs Bill russell, celTics Shaquille o’neal, lakerS WilT chamBerlain, Warriors haKeem olaJuWon, rocKeTs moses malone, rocKeTs DaviD roBinson, sPurs

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„His Airness“, wer sonst … Kein NBA-Spieler dominierte derart den modernen Basketball. Dabei ist er nur einer von drei Guards, die überhaupt in den Top 10 dieser Liste stehen. Basketball werde immer ein Spiel der Big Men sein, so lautete die Lehrmeinung über Jahrzehnte. Ein Meisterteam brauche einen Star am Brett. Erst Jordan räumte mit dieser These auf. Seine Ankunft öffnete das Denken in der NBA. Die Mischung aus überragender Sprungkraft, bis dahin ungekannter Schnelligkeit und atemberaubender Kreativität schockte die Liga. Zumal Jordan es verstand, nach und nach seine Schwächen zu eliminieren. Ihm fehlte der Sprungwurf? „Air“ arbeitete in den Sommermonaten, bis der Jumper saß. Er würde seine Mitspieler nicht besser machen? MJ lernte die delikate Balance zwischen Vertrauen in die anderen und „Jetzt trage ich uns“. Er würde sich nur auf das Punkten konzentrieren? Jordan legte 1988/89 je 8,0 Assists und Rebounds, 2,9 Steals UND 32,5 Punkte auf. Er würde nie mit der knochenharten Verteidigung der Detroit Pistons zurechtkommen? Mit Personal Trainer Tim Grover (niemand hatte damals so jemanden) trainierte er sich einen Muskelpanzer an, dem die „Bad Boys“ nichts anhaben konnten. Michael Jeffrey Jordan war die perfekte Mischung aus der Sprungkraft eines Julius Erving, dem Drive eines Magic Johnson, der Arroganz eines Larry Bird und dem Sieger-Gen eines Bill Russell. All das kombinierte der fünffache MVP mit seinen eigenen brillanten Bewegungen in der Zone sowie der fantastischen Schnelligkeit. Wenn es bei MJ Schwächen gab, dann waren dies der Dreier13 und seine oft überkritische Haltung gegenüber seinen Mitspielern. Jordan war zwar kein Oscar Robertson, doch vor allem früh in der Karriere war es kein Vergnügen, mit ihm zusammenzuspielen. Doch diese Defizite gilt es zu vernachlässigen, und außerdem muss ja auch noch Platz für einen neuen „Greatest of All Time“ sein. Bis auf weiteres ist Jordan aber genau das: der beste Basketballer aller Zeiten. dre@fivemag.de 13. Von 1994/95 bis 1996/97 verkürzte die NBA die Dreierlinie. In dieser Zeit traf MJ 50,0 3P%, 42,7 3P% und 37,4 3P%. Als im Jahr darauf wieder die alte Entfernung eingeführt wurde, fiel seine Quote auf 23,8 3P%.

Fotos: NBA Photo/NBAE/getty images/NBA Photos/Nathaniel S. Butler/Dick Raphael/NBA Photos/Lou Capozzola

michael JorDan, Bulls, 1987-91, 31,4 Per 53,5 fG%, 6,6 rPG, 6,4 aPG, 1,0 BPG, 33,1 PPG

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KOLUMnE

ÜBer Den JorDan

MIcHAEL JORDAn ERREGTE MIT SEInER AnSPRAcHE AnLäSSLIcH DER AUFnAHME In DIE BASKETBALL HALL-OF-FAME VIEL Text: André Voigt AUFSEHEn. DER GRöSSTE BASKETBALLER ALLER ZEITEn KAnn EInEM nUR nOcH LEIDTUn.

Jeden Herbst, bevor die saisons auf diesem Globus wieder starten, ehrt die Basketballwelt ihre ganz großen Helden. dann nimmt die Basketball Hall-ofFame in Springfield, Massachusetts ihren neuen Jahrgang auf. Wer den schritt in die Ruhmeshalle des sports macht, noch dazu im ersten Jahr der eigenen Zugangsberechtigung (ein spieler muss fünf Jahre in Rente sein, um aufgenommen zu werden), der gehört zu den Allerallergrößten. die diesjährige Klasse war jedoch etwas Besonderes. die NBA-Legenden John stockton und david Robinson, NBA-Coaching-urgestein Jerry sloan sowie Trainerinnen-Legende C. Vivian stringer. sie alle wurden jedoch in den schatten gestellt von jenem Mann, der seit Mitte der 80er Jahre die gesamte sportart in seinen Bann zieht: Michael Jeffrey Jordan. die Aufnahme von His Airness in die Hall-of-Fame sollte den ruhmvollen schlussstrich unter eine Karriere setzen, die es in dieser Form nie zuvor gegeben hatte oder nie mehr je geben wird. Teil der Zeremonie ist die sogenannte „Acceptance speech“, eine Ansprache, ähnlich wie die bei den Oscars, in der der geehrte danksagungen loswerden kann. Nicht selten wird es bei dieser Gelegenheit sentimental, werden sogar manchmal jahrzehntelang schwelende Konflikte bedingt durch Altersmilde beigelegt. In einem solchen Moment höchster Wertschätzung verzeiht es sich halt leichter. Als Jordan jedoch an das Podium trat, wartete auf die versammelte Basketballprominenz etwas ganz anderes. 23 Minuten sprach Jordan. ein „danke“ hatte er nur für die allerwenigsten übrig. Anstelle einer ergreifenden emotionalen Rede brachte der größte Basketballer aller Zeiten eine Aufzählung derjenigen, die ihn über die Jahre motiviert hatten. Zum Verständnis: Jordans unerreichten ehrgeiz, seinen unvergleichlichen siegeswillen hielt der Überstar am Lodern, indem er sich einbildete, die gesamte Welt sei gegen ihn. Wenn jemand an ihm zweifelte, wollte er demjenigen nicht nur beweisen, dass er unrecht hatte. er wollte ihn bloßstellen. Behauptete jemand, dass er ihn decken könne, wollte Jordan diese Person zerstören. Jordan war schon krankhaft davon besessen, der Beste zu sein, schoss dabei oft über das Ziel hinaus. so auch bei seiner Aufnahme in die Hall-of-Fame. Genüsslich ging MJ seine Karteikarten durch. Jeder satz ein schlag ins Gesicht der ehemaligen Kontrahenten. sein College-Mitspieler Buzz Peterson, Jerry Krause, die Medien, Pat Riley, Bryon Russell – die Liste war lang, sehr 106 44

lang. Nach jeder überflüssigen abgeschossenen Spitze mochte man ihm am liebsten zurufen: „Lass es, du hast doch gewonnen.“ doch Jordan ist noch immer so, wie er als spieler war. unerbittlich wollte er vielleicht zum letzten Mal allen zeigen, wer über die Jahre die Nummer eins war – als ob das nur im Geringsten nötig gewesen wäre. Nicht wenige seiner Weggefährten und Kontrahenten lachten über die Anekdoten, die Jordan in seiner Ansprache preisgab. Gleichzeitig schreckten sie an vielen Punkten hoch. Aus einem feierlichen Abend mit versöhnlicher stimmung machte MJ sein ganz persönliches „Ich hab es euch allen gezeigt“-Fest. All das zeigte, wie schwer sich Michael Jordan noch immer damit tut, nicht mehr auf höchstem Level Basketball spielen zu können. Golf, Glücksspiel, die Jordan Brand, das dasein als Personaler der Wizards oder jetzt der Charlotte Bobcats – nichts von alledem füllt den Mann aus. er lebt im Gestern, würde wahrscheinlich alles dafür geben, es diesen Youngstern von heute noch einmal zu zeigen. solche Träume hat wahrscheinlich jeder alternde exstar, verwirft diese allerdings schnell, es gibt ja genügend dinge, die auch im neuen Lebensabschnitt Freude bereiten. Nicht so bei Jordan. Ihn füllte bisher nur das spiel selbst aus, der Wettkampf, er musste sich unbedingt beweisen. Aber jeder, der mal für den Basketball gelebt hat und dann damit aufhörte, weiß: Nichts und niemand kann das Gefühl ersetzen, auf dem Feld um den Sieg zu kämpfen. Andere Menschen finden nach der aktiven Zeit andere Beschäftigungen, die sie ausfüllen. Charles Barkley macht Fernsehen, Magic Johnson baut Kinos und ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Larry Bird leitet mit Herzblut die Indiana Pacers. Isiah Thomas … okay, schlechtes Beispiel. so erfolgreich Michael Jordan als Basketballer war, so sehr er uns alle faszinierte, als Mensch enttäuscht er auf ganzer Linie, seit er die NBA-Bühne verließ. das spielt auf der einen seite keine Rolle. Wir haben die erinnerungen, die dVds, Youtube. Wir wissen, was dieser Mann in uns ausgelöst hat, wenn wir ihn spielen sahen. Auf der anderen seite tut es einem in der seele weh, wenn man sieht, dass eine Ikone kein Leben nach dem Basketball findet. Es muss schrecklich sein, nichts zu finden, das einen wirklich interessiert, das einen fesselt. Michael Jordan mag alles Geld der Welt haben, in unseren und seinen erinnerungen immer der Größte bleiben. Gewonnen hat er am ende nur im Basketball. das ist traurig. dre@fivemag.de

Foto:getty images/Andrew d. Bernstein

In seiner 23 Minuten langen Rede benutzte Michael Jordan sechsmal das Wort „danke“ – David Robinson benutzte es in 7:45 Minuten 17-mal.



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