FIVE #161

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BASKETBALL FOR LIFE

FIBA WORLD CUP WER KRÖNT SICH IN CHINA?

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WHAT A SUMMER!

09-10/2019

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HENRIK RÖDL DAS INTERVIEW VOR DER WELTMEISTERSCHAFT

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C.J. MCCOLLUM DER ANDERE ALL STAR DER TRAIL BLAZERS

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POSTUP IST DAS SPIEL AM ZONENRAND TOT?

PAT BEVERLEY DER LANGE WEG DES KETTENHUNDES

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3,90 €

Österreich 5,00 € Schweiz 7,80 SFR BeNeLUX 4,60 € Italien 5,25 € Spanien 5,25 €

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IST ES NOCH DEINE NBA ? WIE EIN SOMMER DIE GESAMTE LIGA VERÄNDERTE

ISSUE 161 ISSN 1614-9297 WWW.FIVEMAG.DE

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D o n o v a n M i t c h e l l // p a s c a l s i a k a m // T r a e Y o u n g v s . s h a i G i l g e o u s - A l e x a n d e r // M a s a i U j i r i // J o h n B e i l e i n W h a t I f ? // N a t a s h a c l o u d // K o r l e o n e Y o u n g // Z a r k o P a s p a l j // R o y c e O ' N e a l e // u n d v i e l e s m e h r !


© Anne Wilk

©Anne Wilk

»Thomas Pletzinger versteht Basketball, und er kann großartig darüber schreiben – ich hätte mir keinen besseren Autor für meine Geschichte wünschen können.« Dirk Nowitzki

DAS AUSSERGEWÖHNLICHE LEBEN DES DEUTSCHEN BASKETBALL-SUPERSTARS


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Gebunden. € (D) 26,–. Verfügbar auch als E-Book

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editorial

FIVE

IMPRESSUM

161

Redaktion: redaktion@fivemag.de Verlag: KICKZ Never Not Ballin’ GmbH Landwehrstr. 60 80336 München Tel.: +49-89-324 781 70 Fax: +49-89-324 781 99

ERST DER SOMMER, DANN DAS VERGNÜGEN

Herausgeber: Christian Grosse Chefredakteur: André Voigt (verantw.) Grafik: Patrick „Mochokla“ Ortega Fotos: Getty Images Lektorat: Thomas Brill

Fotos: Jesse D. Garrabrant/Layne Murdoch/NBAE via Getty Images

LIEBE FIVE-GEMEINDE, in der vergangenen Ausgabe wurde an dieser Stelle der Slogan „Basketball never stops“ bemüht. Wahrere Worte wurden in dieser Zeitschrift wohl nie gedruckt … Was war das für ein NBA-Juli?! Über 40 Prozent der Profis in der besten Basketballliga der Welt unterschrieben neue Arbeitspapiere, darunter gleich sechs Mitglieder der All-NBA-Teams 2018/19. Hinzu kamen zum Teil sensationelle Blockbuster-Trades. Mit Kawhi Leonard wechselte sogar der amtierende Finals-MVP den Arbeitgeber, genau wie die ehemaligen LigaMVPs Russell Westbrook und Kevin Durant. Ebenfalls bald in neuen Trikots zu bestaunen gibt es die All Stars Paul George, Anthony Davis, Kyrie Irving, Kemba Walker, Mike Conley, D’Angelo Russell, Chris Paul, Al Horford, Jimmy Butler und DeMarcus Cousins. Dass sich bei einem solchen Personalbeben die Kräfteverhältnisse der Liga verschieben, ist nur logisch. Mehr noch: Die Dynastie der Golden State Warriors ist vorbei, dieser Fakt wird einige Teams motiviert haben, bei ihren Transfers für die Aussicht auf sofortigen Erfolg allin zu gehen.

Gestört hat das wohl niemanden. Auch wenn die NBA während der Dominanz der All-Star-Riege aus Oakland nie langweilig war, so dürfte die Vorfreude auf 2019/20 jede Skala komplett sprengen. Bis es dann im September mit den Training Camps weitergeht, gönnt sich die NBA einen Sommerschlaf. Doch Basketball never stops! Mit anderen Worten: Der FIBA World Cup 2019 in China steht an. Am 31. August ist TipOff in Foshan, wenn Angola auf Serbien trifft. Die DBB-Auswahl startet am 01. September gegen Frankreich ins Turnier. Das Finale steigt am 15. September. Das Beste: Die Partien in Fernost starten zu sehr humanen mitteleuropäischen Standardzeiten und laden zum Livekonsum ein. Die deutsche Nationalmannschaft geht in der härteren Hälfte des Turnierbaums in diese WM, muss sich aber vor keiner Nation verstecken. Denn die Nachwuchsreformen der vergangenen Jahre, die Positivquote für deutsche Spieler – all das macht sich jetzt bezahlt. Bundestrainer Henrik Rödl hatte bei der Nominierung (nach Redaktionsschluss) seines

BESTEN DUNK

nächste aUSGABE

Dré dunkt dem gesamten Team für eine weitere grandiose Saison sowie allen Gästen seiner Sommerpodcasts bei „Got Nexxt“!

Die FIVE #162 erscheint am 11. Oktober 2019 oder liegt schon bis zu vier Tage vorher bei allen Abonnenten im Briefkasten. Dann im Heft: die legendäre FIVE-NBA-Saisonvorschau!

Ausgabe verpasst? Kein Thema. Scannt den nebenstehenden Code mit eurem Smartphone ein oder

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schaut auf www.kickz.com/de/five vorbei und ordert einfach nach.

Kaders ein echtes Luxusproblem. Wann gab es das zuletzt im deutschen Basketball? Das Beste: Die Fans können sich jedes Spiel dieses FIBA World Cups 2019 live oder on demand und gratis anschauen! MagentaSport überträgt vom ersten Sprungball bis zur Medaillenzeremonie – mehr geht einfach nicht! Nach dem hektischen NBA-Sommer und dem ständigen Twitter-Checken gilt es also, Basketball am Vormittag oder am frühen Nachmittag zu genießen. Wir hier bei FIVE freuen uns extrem darauf und begrüßen euch dann 11. Oktober mit unserer patentierten NBASaisonvorschau zur Spielzeit 2019/20. Am 22. Oktober öffnet die beste Basketballliga der Welt ihre Pforten, und die Früchte des Sommers können geerntet werden. Wir können es kaum erwarten … genau wie ihr. In diesem Sinne: Genießt die Rest-Offseason, die WM und die Nächte mit ausreichend Schlaf.

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Christian Orban Sebastian Dumitru Moritz Wagner Ruben Spoden Manuel Baraniak Jens Leutenecker Peter Bieg Torben Adelhardt Daniel Müller Ivan Beslic Robbin Barberan Aboservice: KICKZ Never Not Ballin’ GmbH E-Mail: abo@fivemag.de Tel.: +49-89-324 781 70 Druck: Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG Frankfurter Straße 168 34121 Kassel Vertrieb: MZV GmbH & Co. KG Ohmstr. 1 85716 Unterschleißheim Für unverlangt eingesandtes und nicht mit einem Urhebervermerk gekennzeichnetes Bild- und Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Beiträge, die namentlich gekennzeichnet sind, geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Vervielfältigung, Speicherung sowie Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages. Gerichtsstand ist München.

ISSN 1614-9297

Viel Spaß mit FIVE #161! FIVE_MAG

André Voigt

NEXT

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FIVE

inhalt

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70 62 30 50 44 06

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58

78

24 SECONDS

#SHUTUPANDPLAY

JOHN BEILEIN

ZARKO PASPALJ

Prospects, Einwurf, Ruben Spoden,

Das fetteste Streetballevent des

Er coachte Joe Herber und Moritz

Pionier, Kettenraucher, aber eben auch

FIVE-Buchklub, Publetter, Moritz

Jahres? Das war erneut das

Wagner am College. Doch wer ist John

ein Basketballgenie …

Wagner, Bei der Geburt getrennt etc.

#SHUTUPANDPLAY – und FIVE hat es

Beilein? Und kann er NBA?

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auch wieder gewonnen!

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INTERVIEW: DONOVAN MITCHELL

30

„Spida“ war in Berlin, und FIVE sprach

INTERVIEW: HENRIK RÖDL

DAS POSTUP-URTEIL

Der Bundestrainer über die Entwicklung

DER NBA-OFFSEASON-REPORT 2019

Ist das Spiel am Zonenrand tot?

seiner WM-Mannschaft.

mit dem Star der Utah Jazz.

Diese NBA-Offseason war krass. Wir

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zeigen, was die 30 Teams im Sommer

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86

WHAT IF?

FIBA WORLD CUP 2019

Die Free Agency verändert immer

Die große WM-Vorschau!

wieder die Liga. Doch was wäre, wenn?

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getan haben und ob das Sinn ergibt.

Wer wird der bessere Aufbau: Trae

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Young oder Shai Gilgeous-Alexander?

MASAI UJIRI

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Wie wurde ein Nigerianer zum besten

ONE-ON-ONE

Manager der NBA?

Royce O’Neale und Pat Connaughton

50

im Porträt.

C.J. MCCOLLUM

26

Portlands anderer Star wird oft

ONEPAGER

vergessen. Zu Unrecht!

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Der NBA geht es verdammt gut!

Shut up and dribble? Natasha Cloud ist

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eine der wichtigsten WNBA-Stimmen!

74 KORLEONE YOUNG

Der Nationalspieler über sein Training

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in einer viel zu kurzen Offseason.

PATRICK BEVERLEY

So wie einst das Negativbeispiel

Der wohl ekligste Verteidiger der NBA!

Korleone Young …

INTERVIEW: MAODO LO

IN-DRÉ-SSANT

NATASHA CLOUD

Zukünftig sollen Highschooler auch wieder direkt in die NBA gehen können.

WARENKORB KICKZ hat die Styles, die ihr wollt!

98 IVAN BESLIC Ron Artest? Metta World Peace? Egal. Ein echt geiler Typ!

05


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einwurf

EINWURF

twenty four seconds D

FORTSCHRITT

In seiner Kolumne „Einwurf“ schaut Christian Orban über den Spielfeldrand hinaus und schreibt über die weniger beachteten Aspekte der Basketballkultur. Text: Christian Orban

ie NBA gilt als weltoffene Vorzeigeliga, in der verschiedene Menschen willkommen sind. Wiederholt wird ihr in puncto Vielfalt und Gleichstellung eine Fortschrittlichkeit bescheinigt, die im Profisport der Männer beispielgebend ist. Und das zu Recht. Dass die NBA eine globale Liga ist, ist wohlbekannt. So waren in der Saison 2018/19 knapp ein Viertel aller Profis Internationale. Dabei ist der amtierende MVP in Griechenland aufgewachsen, der „Rookie des Jahres“ kommt aus Slowenien, der Top-Verteidiger ist Franzose, und der Most Improved Player stammt aus Kamerun. Zudem repräsentieren die NBA-Champs der Toronto Raptors das Geburtsland von James Naismith, das seit jeher die meisten Spieler in die beste Basketballliga entsendet hat. Auch kann die Association heuer mit einer zu 55 Prozent nicht-weißen Schiedsrichterschaft aufwarten. Drei Frauen sind derweil als Referees tätig – was überschaubar anmutet, aber zumindest ein vorläufiges Allzeithoch darstellt. Abseits des Parketts steht Michele Roberts seit 2014 als erste (schwarze) Frau der Spielergewerkschaft vor. Deputy Commissioner Mark Tatum ist weiterhin der ranghöchste afroamerikanische Funktionär der großen Ligen Nordamerikas. Kathy Behrens und Amy Brooks (beide Präsidentinnen im Ligabüro) sind formell die ranghöchsten Frauen im Profisport der Männer. Ferner amtiert eine angesehene Geschäftsfrau, Cathy Engelbert, seit Mai 2019 als Commissioner der WNBA. Shareef AbdurRahim fungiert als Präsident der G-League. Im Ligabüro um einen gesellschaftspolitisch aufgeschlossenen Adam Silver bekleiden Frauen 40 und People of Color (PoC) 38 Prozent der Positionen (letzterer ist ein bisheriger Höchstwert). Auf Teamebene wirken Michael Jordan, Marc Lasry und Vivek Ranadivé als nicht-weiße Mehrheitseigner. Überdies sind mit Jeanie Buss, Gail Miller, Julianna Hawn Holt und Gayle Benson vier Frauen Teil des NBA Board of Governors.

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Neben ihnen leiten vier weitere Frauen – Gillian Zucker, Matina Kolokotronis, Maureen Hanlon und Cynthia Marshall – das operative Geschäft von Franchises, was im US-Profisport ebenso rar ist. Zumal ligaweit 25 Prozent der Vice Presidents (ein neuer Bestwert) sowie 31 Prozent der Führungskräfte im Senior-Management weiblich sind. Dies sind keine Glanzwerte, die gewiss Verbesserung zulassen – aber dennoch respektable Zahlen, die seit Jahren in die richtige Richtung weisen. Das gilt auch für die Teilhabe von PoC, die inzwischen 24 Prozent der Team Vice Presidents sowie 32 Prozent der SeniorManagement-Teams stellen. Wiederum noch ausbaubare Höchstwerte, die gleichwohl Fortschritte erkennen lassen. 2009 betrugen jene Anteile nicht-weißer Führungskräfte etwa 13 bzw. 23 Prozent. Im Hintergrund besetzen Frauen stabile 37 und PoC 38 Prozent der Positionen in der Administration und Organisation der 30 Franchises. All diese Zahlen und Namen stehen sonach für eine offene Liga, in der Frauen und Minderheiten vermehrt Verantwortung tragen. Doch sind sie noch immer nicht egalitär involviert. Trotz des zunehmenden Willens zur Einbeziehung und gleichberechtigten Teilhabe besetzen weiße Männer die meisten Führungspositionen. Das gilt insbesondere für die sportliche Leitung in einer spielerisch nicht-weißen NBA (82 Prozent PoC). So stagniert der Anteil schwarzer Chefentscheider in Sachen Basketball weiterhin, der der Frauen ist nicht existent. Masai Ujiri, Steve Mills (sekundär Scott Perry), Koby Altman, Elton Brand und James Jones bleiben daher die Ausnahme. Immerhin haben sich einige Frauen wie Kelly Krauskopf, Becky Bonner und Swin Cash den Zugang zu den NBA-Frontoffices erarbeitet. Dies trifft auch auf das Coaching zu, wenngleich es in der Liga noch keine Cheftrainerin gibt. Acht Frauen sind nunmehr als Assistant Coaches angestellt: Pionierin

Becky Hammon, Jenny Boucek, Karen Stack Umlauf, Lindsay Gottlieb, Kara Lawson sowie Natalie Nakase, Lindsey Harding und WNBAProfi Kristi Toliver in der Spielerentwicklung. Derweil sind beständige 42,5 Prozent der Assistenztrainer der Association PoC, während der Anteil nicht-weißer Headcoaches dagegen recht überschaubar bleibt. So stehen an der Seitenlinie aktuell Doc Rivers, Nate McMillan, Dwane Casey, Alvin Gentry, David Fizdale, Lloyd Pierce, Monty Williams, Erik Spoelstra und James Borrego in Verantwortung. Indes beschreiben diese 30 Prozent der NBA-Cheftrainer den Höchstwert im Profisport der Männer. Trotz aller Fortschritte besteht in der Vorzeigeliga also nach wie vor Handlungsbedarf. Auch deswegen wird die nachhaltige Einbeziehung und Teilhabe verschiedener Menschen von der NBA-Führung engagiert vorangetrieben. Wer sich dabei von der Erfolgsformel der Vielfalt überzeugen lassen will, braucht nur nach Toronto zu schauen. Beheimatet in einer der multikulturellsten Metropolen der Welt, verkörpert das Meisterteam der Raptors dieses Ideal sehr anschaulich. Vier Rotationsspieler – Pascal Siakam (Kamerun), Marc Gasol (Spanien), Serge Ibaka (Kongo) und OG Anunoby (Brite mit nigerianischen Wurzeln) – sind Internationale, die Assistant Coaches Patrick Mutombo und Sergio Scariolo sowie der Sportmediziner Alex McKechnie ebenso. Erfolgstrainer Nick Nurse hat ein Jahrzehnt in Großbritannien verbracht. Geboren in Südengland, ist Teampräsident Ujiri in Nigeria aufgewachsen und als ehemaliger Basketballprofi europaerprobt. Im hohen Norden ist er 2019 (nach Joe Dumars 2004) zum erst zweiten schwarzen Meisterarchitekten der NBAHistorie avanciert. Zudem ist Ujiri der erste Afrikaner, der als Executive in den großen Ligen Nordamerikas den Titel geholt hat …


Moe-diary

Fotos: Michael Reaves/ Rich Fury/Getty Images

MORITZ WAGNER Moritz Wagner steht vor seiner zweiten NBA-Saison. Die wird für den Big Man in Washington, D.C. beginnen. In FIVE nimmt er euch mit auf seine Reise, die ihn von Alba Berlin über die University of Michigan bis zu den Wizards geführt hat. Text: Moritz Wagner

R

ückblick. Es war Donnerstagfrüh in der Woche, in der am folgenden Freitag das „Sommer Mini Camp“ für die NBA Summer League beginnen sollte. Dieser Donnerstag sollte mein letzter freier Tag sein, bevor es wieder richtig losgehen würde. Ich hatte mir vorgenommen, noch einmal auszuschlafen und ein bisschen zu chillen, bevor die harten Trainingstage starteten. Es sollte anders kommen … Als ich aufwachte, hatte mich mein Agent schon fünfmal angerufen und mir eine Nachricht geschrieben: „Call me back asap!“ Ruf mich so schnell es geht zurück! Ausschlafen konnte ich also vergessen. In Trance rief ich ihn an, und er erzählte mir, dass es sein könne, dass ich an diesem Tag nach Washington getradet würde. Ohne irgendetwas zu fühlen, entschied ich mich, eine Folge meiner Serie zum Aufwachen zu schauen. Ich meine, es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass mein Agent mir so etwas erzählte. So was kam in letzter Zeit häufiger vor. Also guckte ich ganz entspannt eine Folge „Modern Family“, schaltete aber das Handy trotzdem auf laut, falls doch noch was passieren würde. Die Folge war übrigens sehr amüsant, falls das jemanden interessieren sollte … Danach bin ich ins Trainingszentrum gefahren, hab meine Physiotherapie gehabt und im Kraftraum ein paar Übungen für meine „Core“ gemacht. Isaac Bonga und ich witzelten noch darüber, wie das heute unser letzter Tag als Lakers sein würde … auch das war nicht das erste Mal, dass wir das gemacht haben. Seit Februar waren Witze wie diese fast schon ein Running Gag in der Kabine gewesen. Wie gesagt, ich hatte mein Telefon am Mann und auf laut … dann auf einmal, mitten in meiner Übung im Kraftraum, facetimte mich mein Agent. Gleichzeitig explodierte mein Telefon. „U ready to kill in the East, brother?“ Ich schaute auf mein Handy, Adrian Wojnarowski hatte es getweetet, was hieß: Das war real. Meine Jungs Bonga, Jemerrio Jones und ich wurden zu den Washington Wizards getradet. Richtig reagiert habe ich am Telefon darauf nicht. Ich glaube, ich habe einfach nur aufgelegt. Auf einmal kamen alle Leute, die in der Halle waren, auf mich und Bonga zu. Wir wurden wirklich gerade weggeschickt. Einfach so. Für Geld. Dafür, dass die Lakers mehr Platz unter dem Salary Cap haben, um einen dritten Superstar zu holen.

Zu meiner großen Überraschung war meine erste Emotion nicht Trauer oder Wut. Es war Erleichterung. Aus irgendeinem Grund hatte ich ein gutes Gefühl. Ich war im Jahr zuvor zweimal bei den Wizards für Draft-Workouts gewesen und hatte beide Male ein gutes Gefühl gehabt. Sie hatten sich dann zwar für Troy Brown entschieden, aber ich wusste, dass ich da ein paar Fans in der Organisation habe. Ich freue mich auf diese neue Situation. Auf diese neue Herausforderung. Auf alles. Ich will nur zocken, Alter! Das ist so mein Gedankengang gerade. Der Rest ist egal. Die erste Woche bei den Wizards war interessant. Neue Gesichter, neue Namen, andere Kultur. Es fühlte sich ein bisschen so an, als wenn ich noch einmal gedraftet worden wäre, was ich als gutes Zeichen gedeutet habe. Bei all dem Trubel um den Trade bin ich, wie gesagt, eigentlich gar nicht so aufgeregt oder nervös, was mich fast schon selber überrascht. Im Endeffekt spiele ich immer noch Basketball. Ich meine, das ist mein Beruf. Washington, D.C. ist eine sehr, sehr coole Stadt. Ich bin bei einer Organisation, die an mich glaubt. Die einzige Veränderung ist halt, dass aus dem Strand eine richtige Stadt geworden ist. Anstatt Sonne über zwölf Monate gibt es wieder Jahreszeiten ... das heißt, ich kann endlich meine ganzen schönen Mäntel anziehen. Vielleicht kommt in diesen Zeilen durch: Ich freue mich. Ich bin Berliner, mir gefällt das Stadtleben, und ich bin dem Leben sehr dankbar für diese neue Herausforderung. Menschlich, aber vor allem sportlich. Mann, ich bekomme endlich eine Chance zu zeigen, was ich kann. Was möchte ich mehr als junger Spieler? Ansonsten geht es für mich in ein paar Tagen nach Hause, wo ich mich auf die Zeit mit der Nationalmannschaft vorbereite. Darauf freue ich mich schon das ganze Jahr. Es macht mich so stolz, Teil eines so talentierten Spielerpools zu sein, und ich glaube, dass ich auch dort noch vielen Leuten zeigen kann, was ich draufhabe. Mit so erfahrenen und talentierten Spielern um einen Platz im WM-Team zu kämpfen und dann sogar vielleicht die Chance zu haben, bei Olympia dabei zu sein, das ist unglaublich cool für mich. Auf jeden Fall wird es zurzeit nie langweilig bei mir, sogar im Sommer … und das ist wohl auch gut so. Liebe Grüße, Moritz

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FIVE Buch Klub

Shaquille O’Neal: „Shaq Uncut: My Story“ 304 Seiten, Grand Central Publishing, 2012, ca. 15 Euro

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Shaquille O’Neal

„Shaq Uncut: My Story“ Jeden Monat stellen wir euch an dieser Stelle im FIVE-Buchklub lesenswerte Bücher aus der Welt des Basketballs vor. Text: Daniel Müller

K

leine Bücherwurmstory zum Auftakt: Phil Jackson schreibt in seinen Memoiren „Eleven Rings“, er habe Shaquille O’Neal bei den Lakers Hermann Hesses „Siddhartha“ geschenkt und ihn einen Essay zu dem Buch schreiben lassen. Shaqs Zeilen hätten gezeigt, so Jackson, dass er die dem Buch innewohnende Botschaft von Mitgefühl und Nächstenliebe verinnerlicht habe. Dazu „der Diesel“ * in „Shaq Uncut“: „Phil schenkte mir dauernd Bücher über diesen deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche, aber ich war verdammt beschäftigt und hatte wirklich keine Zeit, die Dinger zu lesen. Also schickte ich meinen Assistenten los, damit er mir die Kurzzusammenfassungen besorgte, und gut war.“ Sorry, Phil – aber wie es aussieht, hat Shaq dein Buch nicht gelesen (und sich noch nicht mal den Namen des Autors gemerkt). Aber geschrieben hat „The Big Aristotle“ * eins, oder besser gesagt hat Jackie MacMullan („When the Game Was Ours“) eins für ihn geschrieben. Es heißt „Shaq Uncut: My Story“ und ist unbedingt zu empfehlen, denn es bietet NBA-Storys ohne Ende, dreckige Wäsche en masse und die eine oder andere persönliche Facette von „The Big Deporter“ * . Gotta love it! Familiäre Verhältnisse und Kindheit von Shaq waren ähnlich hart wie die vieler anderer NBA-Größen: Die Mutter ist bei seiner Geburt noch eine Teenagerin, die Familie lebt in den Projects von Newark, NJ, der mit Drogenproblemen und Haftstrafen kämpfende Vater gibt früh das Sorgerecht an den neuen Partner von Shaqs Mutter ab, einen Drill Sergeant der US Army, dessen bevorzugte Erziehungsmethode die Prügelstrafe ist. „Er verdrosch mich mit Fäusten, Gürteln, Besenstielen oder was sonst gerade zur Hand war“, schreibt Shaq an einer Stelle und glorifiziert den Mann doch durchs gesamte Buch hindurch. „Alles, was er mit mir anstellte, hatte seine Berechtigung. Mein Vater hat mich zu dem gemacht, der ich bin.“ Durch den Job des Stiefvaters zieht die Familie von einer Army-Basis zur nächsten und landet irgendwann im hessischen Wildflecken, wo Shaq – wegen seiner enormen Größe von Gleichaltrigen gehänselt und zugleich von den Erwachsenen als enormes Basketballtalent gehandelt – bei einem Trainingslager Dale Brown, den Coach der Louisiana State University, kennenlernt und in ihm einen Mentor auf Lebenszeit findet. 1992 wird „The Big Shamrock“ * nach sensationellen Zahlen an Highschool und College mit dem ersten Pick von den Orlando Magic gedraftet … und die Saga beginnt.

Magic, Lakers, Heat, Suns, Cavs, Celtics. 4 Ringe, 3 x Finals-MVP, 15 x NBA-AllStar, 28K Punkte, 13K Rebounds, Olympiagold. Ihr kennt die Stationen, kennt die Zahlen, kennt die Highlights. Aber kennt ihr auch die Storys? Die von Shaqs Besuch beim potenziellen Sponsor Nike zum Beispiel, bei dem „The Real Deal“ * mit einer ReebokJacke aufläuft, weil er eigentlich gar keinen Swoosh-Deal will? Oder die von Shaqs heftigem Stottern, das ihn schon seit Kindheitstagen plagt? Die Story hinter seinem Rapsong „Biological Didn’t Bother“? Die vom Tod seiner Großmutter Odessa? Die von seinem silbernen Ferrari mit dem Rasenmähertank, die von den zwei zersägten und dann wieder zusammengeklebten Lamborghinis? Die Story vom wirklichen Grund für seine Schwäche an der Linie? Die von seiner Ausbildung an der Los Angeles Police Academy und seiner Arbeit als Polizist während seiner Zeit bei den Lakers? Die von seinem Statement zu Kobes Vergewaltigungsprozess und den katastrophalen Folgen für die eh schon angespannte Beziehung der beiden Alphatiere? Die Story von Yao Ming, der Shaq jedes Jahr eine Weihnachtskarte mit dem Spruch „Du bist mein Lieblingsspieler“ schrieb, bis „The Big Fella“ * sich einen Super-Fauxpas leistete? Die von Shaqs Rap-Alben, Spielfilmen, Reality Shows und Unternehmen, von seinen Frauen, Töchtern und Söhnen? Nein?! Dann gönnt euch dieses Buch, das nicht zuletzt auch mit allerlei unverblümten Kommentaren zu ehemaligen Mitspielern und Coaches unterhält. MJ? The Black Jesus. LeBron? So gut und doch so schlecht, wenn der Druck steigt. Rondo? Ein dünnhäutiger Dickkopf. Steve Kerr? Eine der wenigen ehrlichen Häute der Liga. Pat Riley? Ein Diktator, Schinder und Bully mit BMIObsession. Tim Duncan? Ein feiner Kerl und Shaqs schwierigster Gegner. Dwight Howard? Superman, my ass! Chris Bosh? Ein Softie. Kobe? Ach, lassen wir das lieber, denn zu diesem Drama lässt sich Shaq über gefühlte fünfzig Seiten aus. Etwas überflüssig sind vielleicht die zahlreichen und detaillierten Schilderungen von Shaqs Gewaltausbrüchen, Prügeleien und FastPrügeleien (mit Kobe, Pat Riley, Eddie Jones etc. pp.) sowie der stellenweise etwas bemüht wirkende Humor des Textes. Ansonsten beste Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite. * Auch die vielen Spitznamen von Shaquille Rashaun O’Neal werden in „Shaq Uncut“ erläutert.

Fotos: Michael Tullberg/Getty Images

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five-buchklub


der ruben-report

I

ch ging vor einigen Tagen mit meinem Sohn spazieren. Besser gesagt, raste er mit seinem kleinen Laufrad vor mir her, und ich versuchte verzweifelt, ihn schnellen Schrittes wieder einzufangen. Die Sonne knallte mir in den Nacken, und die 33 Grad machten sogar meinem Kleinen zu schaffen. Ich konnte ihn zu einer kleinen Pause überreden. Gut … weniger überreden als eher mit einer „Capri-Sonne“ bestechen, aber immerhin setzten wir uns gemeinsam auf eine Bank neben einem Freiplatz hier in meiner Nachbarschaft. Einige Jugendliche warfen abwechselnd auf den Korb und entschlossen sich anschließend, eine Runde Drei-gegen-drei zu spielen. Gerne hätte ich trotz des begrenzten Talents der Jungs noch ein wenig zugesehen, allerdings wollte mein Kleiner wieder weiter. Während ich ihm also nachjagte, erinnerte ich mich ein wenig daran, wie ich früher im Sommer die Freiplätze unsicher gemacht hatte. Es muss 2003 gewesen sein, als ich mich mit ein paar meiner Mitspieler für die NBA Streetball Challenge in Frankfurt anmeldete. Streetball, das war damals ein großes Ding, und Basketball nahm eine riesige Entwicklung. Selbst im Fernsehen war man, vor allem auch dank Dirk, immer wieder zu sehen, und auch die Nationalmannschaft konnte international um Titel mitspielen. So ganz nebenbei gründete sich im Jahr 2003 auch noch die beste deutsche Basketballzeitschrift. Dank AOL konnte man nun zumindest einige Spielberichte und ab und an mal ein Video sehen, und so entwickelte sich eine richtige Jugendbewegung, die ihren Crossover zu HipHop und dem boomenden DeutschRap fand.

der Ruben Report Meine Mutter fuhr vier von uns in ihrem kleinen Polo zum Messegelände in Frankfurt, wo sie uns 13-jährige Jungs rausließ und jedem nochmal eine Wasserflasche in die Hand drückte: „Trinkt bitte genug, es ist schweineheiß!“ Ich erinnere mich noch gut, wie die Sonne auf uns herunterbrannte. Mit Streetball hatten wir nicht viel am Hut. Schon im ersten Spiel packten wir wie im Verein auch unsere Ganzfeldpresse aus und klauten unseren Gegnern (die sich Cashmoneyballerz nannten) einen Ball nach dem anderen. Streetball war das nicht. Erfolgreich schon. Die anderen schauten uns trotzdem ein bisschen schräg an. Wenig später hatten wir unsere Division gewonnen und fühlten uns wie Löwen, die gerade gemeinsam ein Tier gerissen haben. Nach kurzem Jubel stapften wir zum Hauptfeld, wo der Dunking-Contest anstand. Völlig fasziniert schauten wir den Jungs zu, die wirklich hüpfen konnten. Wie im Flug ging der Tag vorbei. Getrunken hatte ich zu wenig und lag abends schon mit einem Hitzschlag flach. Basketball aber hatte mich gefangen. Ich wollte Teil dieser Kultur sein, wollte auch auf dem Hauptfeld stehen und Dunkings vorführen. Die Streetball-Bewegung ging damals verloren, AOL den Bach runter … und von den Cashmoneyballerz habe ich auch nie wieder gehört. Ich allerdings blieb beim Basketball, auch wenn es im

Sommer kaum mehr Möglichkeiten gab, sich basketballerisch zu messen. Gerade eben konnte ich meinen Kleinen noch packen, bevor er, einer Katze folgend, auf die Straße rennen wollte. Wir traten den Rückweg an und kamen wieder an den spielenden Jugendlichen vorbei, die mittlerweile alle mit hochrotem Kopf – was teils dem Sonnenbrand und teils der Anstrengung geschuldet war – auf der Bank saßen und sich ausruhten. Plötzlich merkte ich, wie analog die Dinge doch laufen. Basketball hat inzwischen, vor allem dank des 3x3 im Sommer, wieder einige ganz neue Events dazubekommen und schafft es wieder, etliche Jugendliche zu begeistern. Das 3x3 ist eine hochattraktive Sportart, die dank ihrer Schnelligkeit und des ständigen Hin und Her auch in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Gleichzeitig haben wir eine Nationalmannschaft, die so gut aufgestellt ist, dass es vielleicht sogar NBA-Spieler nicht ins Team schaffen. Vielleicht kann man schon in diesem Sommer wieder um Titel mitspielen. Ich grinste zufrieden, weil ich weiß, dass ich mich um die Zukunft im deutschen Basketball nicht sorgen muss. Aber viel mehr noch, weil ich die Hoffnung habe, dass mein Sohn einmal, genau wie ich damals, von dieser Euphorie eingefangen wird. Die Schnelligkeit scheint er jedenfalls zu haben ...

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Bei der geburt getrennt / Publetter

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Bei der geburt getrennt Ricky Rubio

Hype Kid

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Ringo starr 10

enn ihr so wie ich wirklich alles, was mit Basketball zu tun hat, aufsaugt wie ein Schwamm und diversen BasketballOutlets in den sozialen Netzwerken folgt, dann werden euch Highlight-Clips von Zion Williamson seit circa drei Jahren eingeblendet. Vielleicht sogar vier. Ein fulminanter Dunk nach dem anderen. Tomahawk, Alley-Oop, Breakaway, 360 … der Junge hebt ab und donnert den Ball mit einer Power durch den Ring, die beängstigend ist. Diese Athletik, diese Kraft. Von einem Rookie erwartet man hinlänglich, dass der Körper „nachwächst“. Zion hatte schon in der Highschool einen NBA-Body. Ein absoluter Freak of Nature! Was ich mich jedoch ernsthaft frage – und das ist kein Hate oder voreilige Kritik, weil ich es tatsächlich nicht weiß: Kann der Junge Basketball spielen? Versteht mich nicht falsch. Alles, was ich bisher von ihm gesehen habe, deutet darauf hin, dass er einer der krassesten In-GameDunker aller Zeiten werden wird. Aber unter den Highlights, die mir seit einer halben Ewigkeit angezeigt werden, waren auffällig wenige bis gar keine Basketball-Plays. Ich habe in meiner Laufbahn auf dem Court fast alles gesehen, und nur wenige Dinge beeindrucken mich noch. Die Dunks, die der erst 19-Jährige hinlegt, sind tatsächlich beeindruckend. Aber zum Basketballspielen gehört mehr. Zion ist nicht der erste Spieler, der an Nummer eins gedraftet wurde, weil er körperlich seinen Klassenkameraden krass überlegen war. Greg Oden, Kwame Brown, Dwight Howard,

Michael Olowokandi, SHAQUILLE O’NEAL … allesamt Number-one-Draftpicks, die mit der Hoffnung in die Liga kamen, dass man Skills lernen kann. Allesamt Center. Williamson ist Forward, mit 2,01 Meter ein kleiner noch dazu. Sogar Ben Simmons ist größer. Und obwohl jeder Freizeitspieler, den ich kenne, einen besseren Wurf hat als Simmons, würde ich sagen, dass der Australier echte Basketball-Skills besitzt. Keiner kann bestreiten, dass „Big Ben“ Basketball spielen kann. Kann es Zion? Ich weiß es wirklich nicht. Recherchiert habe ich natürlich und ein YouTube-Video nach dem anderen angeschaut. Seine Highlights bestehen zu 95 Prozent aus Dunks und Blocks. Dann hoffte ich auf die Summer League. Zion verletzte sich in der ersten Halbzeit seines Debüts am Knie und fiel für die restlichen Spiele aus. WM in China? Zion zog seine Teilnahme am World Cup im Juli zurück. Kann mir also tatsächlich irgendjemand übel nehmen, dass der Junge für mich – zumindest im Moment noch – nichts anderes als ein überhyptes Talent ist? Es gibt Leute, die sprechen vom nächsten LeBron James. Die haben ganz offensichtlich Zugang zu anderen Highlights. Schickt mir die Links.

Christian Grosse (Herausgeber)


five-prospects Prospects

Fotos: FIBA/Cassy Athena/Melissa Majchrzak/Ron Galella, Ltd./Ron Galella Collection via Getty Images

OUMAR BALLO

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is ins Finale marschierte das Team aus Mali bei der U19-Weltmeisterschaft vor einigen Wochen. Die afrikanische Mannschaft stand beim Turnier auf Kreta kurz vor der absoluten Sensation, unterlag im Endspiel aber deutlich gegen die USA (79:93). Mali präsentierte ein athletisches, kampfstarkes und technisch sehr gut ausgebildetes Kollektiv, aus dem Center Oumar Ballo herausstach: 17,6 Punkte, 11,8 Rebounds und 3,8 Blocks bei 52,4 Prozent Feldwurfquote erzielte der Big Man. Neben der Silbermedaille brachte ihm das einen Platz in der „All Star Five“ des Turniers ein. Umso beeindruckender sind diese Leistungen, da Ballo zum Zeitpunkt des Finales noch 16 Jahre alt war! Mit aktuell 2,08 Meter Körpergröße und gigantischen 2,28 Meter Armspannweite bringt der Center körperlich schon jetzt alles mit, um auch auf höchstem Niveau seinen Mann unter den Brettern stehen zu können. Ballo ist lang, doch im Gegensatz zu vielen Youngstern ist er auch recht breit gebaut und sollte noch an Muskelmasse zulegen können. Auch ein weiteres Wachstum ist nicht ausgeschlossen. Ballo ist ein recht mobiler und aktiver Fünfer, der beim Rebound arbeitet und insbesondere als Ringbeschützer eine Zukunft haben sollte: In jedem Spiel bei der U19-WM blockte er mit seinen langen Armen mindestens drei Würfe – und veränderte zahlreiche weitere

Jeden Monat stellt euch Peter Bieg an dieser Stelle die größten Talente Europas und Deutschlands vor. Text: Peter Bieg

Wurfversuche. Obwohl er seine Freiwürfe solide traf, ist sein Offensivspiel noch weitestgehend eine Baustelle: Ausgefeilte Postmoves fehlen ebenso wie ein zuverlässiger Sprungwurf aus der Mitteldistanz. Zwar zeigte er Ansätze eines Babyhooks, und auch ein gewisses Wurfgefühl ist vorhanden. Dennoch punktete Ballo überwiegend per Putback oder nach Durchsteckern und Alley-Oops. Diese Umstände sind jedoch alles andere als besorgniserregend, ist doch die Zeit eindeutig auf Ballos Seite. Ab Herbst wird der junge Mann aus Mali sein Spiel in den USA weiterentwickeln: Oumar Ballo wechselt als Freshman an die renommierte University of Gonzaga. Im Nordwesten der USA kann Ballo seinen Körper ebenso wie seine offensiven Fähigkeiten auf ein neues Level heben. Zu seinen Teamkollegen bei Gonzaga werden auch andere Gesichter der U19-WM gehören, etwa der Serbe Filip Petrusev oder der Franzose Joel Ayayi. Angesichts seiner extrem geradlinigen Entwicklung und seiner Dominanz bei internationalen Junioren-Wettbewerben ist eine Zukunft von Ballo in der NBA zum aktuellen Zeitpunkt sehr, sehr wahrscheinlich. Oumar Ballo könnte dann neben Cheick Diallo (New Orleans Pelicans) der zweite malische NBAProfi werden. redaktion@fivemag.de

oumar ballo Geburtstag: 13.07.2002 Größe: 2,08 Meter Gewicht: 102 Kilogramm Position: Center Verein: University of Gonzaga (ab der Saison 2019/20)

Stats: 17,6 PPG, 11,8 RPG, 3,8 BPG, 52,4 FG% (U19-WM 2019)

QR-code: https://www. youtube.com/ watch?v=s2AIhAFpspk Oumar Ballo gegen Australien (U19-WM 2019)

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24 K1XAUTHORITY PARK streetball

twenty four seconds

2019 D

as jährliche Drei-gegendrei-Happening von K1X am altehrwürdigen Museum der Alten Pinakothek ist in München bereits seit acht Jahren eine feste Institution. Mehr Jam als Turnier, läuft hier einiges anders ab als bei gewöhnlichen Streetball-Events. Es darf zum Beispiel nicht jeder teilnehmen, nur zwölf eingeladene Teams, welche in der Regel aus bestehenden Crews, Klubs und anderen Freiplätzen zusammengestellt werden. Der besonders enge Platz erinnert an den Pigalle, und immer wieder sind hängende Äste und streunende Kinder im Weg. Und bis vergangenes Jahr – als zwei schwere Verletzungen den Commissioner und MC „Papa“ Niels Jäger zum Umdenken zwangen – waren noch nicht einmal Schiedsrichter zugelassen. Auch wenn das häufig zu minutenlangen Diskussionen führte … Zu gewinnen gibt es außer der überdimensionalen ParkAuthority-Fahne (Wanderpokal) eigentlich auch nichts. Ehre muss reichen. Wobei diesen Sommer KICKZ.com für das Siegerteam netterweise noch einige Pullen Schampus und eine exklusive Goody Bag spendete. Gewonnen hat heuer übrigens das jüngste aller Teams: Team FIVE-Mag! Ungewöhnlich

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ALTE PINAKOTHEK MÜNCHEN auch, weil sich hier in der Regel die alteingesessenen Platzhirsche mit Erfahrung und Bully Ball durchsetzen. Aber das FIVE-Team um MVP Niklas „Lanky“ Kropp gewann die 2019er Ausgabe von Park Authority mit Distanzwürfen und dem Extrapass. Die Fortsetzung folgt nächsten Sommer, dann hoffentlich wieder mit DJ Ki aka Matesandfriends aus London, der dieses Jahr einfach mal vorbeischaute und dann spontan als DJ eingespannt wurde. Aber so ist das: Manchmal ist es besser, man plant nicht jedes Detail voll durch. Einen Highlight-Clip von Park Authority 2019 findet ihr auf den Facebook-Seiten von K1X und KICKZ.com sowie auf Vimeo. Das Schlusswort soll an dieser Stelle „Papa“ Niels Jäger haben: „Park Authority ist eine Feier der Basketballkultur, wie wir sie leben und lieben. Dabei spielen wir auf den Korb und auf dem Platz, wo wir immer spielen – nicht in irgendwelchen nachgestellten Erlebniswelten eines x-beliebigen Sponsors. So bleibt Park Authority ein Familienfest und immer authentisch. Es freut mich sehr, dass jedes Jahr mehr Zuschauer kommen, obwohl wir ja eigentlich nur ein paar Freunde zum Zocken einladen und die Musik aufdrehen.“ redaktion@fivemag.de


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Fotos: K1X


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Artist

twenty DER BART ALS MUSE four seconds James Harden besitzt mit seinem Bart die ikonischste Gesichtsbehaarung der NBA. Der Illustrator Filip Peraic hat sich davon inspirieren lassen und in seiner Serie „James Harden Illustrated“ bislang 34 Porträts angefertigt. Im Interview spricht Peraic über den Ursprung seiner Idee, Inspirationen, Feedback aus Houston und seinen Mount Rushmore an Künstlern. Interview: Manuel Baraniak

kann. Deswegen habe ich dieses Projekt mit den vielen Porträts gestartet, um meine Fähigkeiten zu präsentieren. Und weil ich ein großer NBA-Fan bin, habe ich James Harden gewählt. Nicht nur deshalb, weil er mein Lieblingsspieler ist, sondern vor allem aufgrund seines einzigartigen Profils. Ich habe eine Möglichkeit gesehen, lustige Arbeiten über seinen Bart zu visualisieren. Waren die Harden-Illustrationen dein erster Versuch, Basketball und Kunst zu verbinden? Wenn ich zurückblicke, war das erste ernsthafte Porträt, das ich als Kind angefertigt habe, als Elfjähriger: Ich habe damals Vince Carter gezeichnet. Die Verbindung aus Basketball und Kunst liegt also weit zurück. Aber die James-Harden-Illustrationen sind meine ersten ernsthaften basketballbezogenen Arbeiten, seit ich beruflich als Illustrator arbeite. Mittlerweile fungiert das Projekt wie eine Zweitkarriere für mich: weil viele Leute mich deswegen kennen und einige Firmen mich anstellen, um Arbeiten in jenem Stil anzufertigen. Auch wenn es ein Projekt aus Leidenschaft ist, gehe ich es so ernsthaft an, als würde ich es für Top-Marken tun.

INFO-BOX

Filip Peraic ist ein Illustrator und Designer aus Zadar, Kroatien. Sein Studium hat er an der School of Design in Zagreb mit einem Master abgeschlossen. Der 30-Jährige hat unter anderem für IBM, Nike, adidas, „Forbes“, „Wired“ und Columbia Records gearbeitet. Bei seinem Projekt „James Harden Illustrated“ hat Peraic bislang 34 Porträts von Harden und dessen ikonischem Bart erstellt. Alle Arbeiten sind auf seiner Homepage peraic.com oder seinem Instagram-Account @filipperaic zu sehen.

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FIVE: Deine jüngste Arbeit zu James Harden trägt den Namen „The Offseason“, bei der Hardens Gesicht als Totenkopf porträtiert ist. Kann man das dahingehend interpretieren, dass mit der NBA-Offseason auch deine Harden-Serie pausiert? Filip Peraic: Die Arbeit symbolisiert zum einen eine Pause, die aber nicht lange anhalten wird, zum anderen das Ende der Saison für uns beide. Ich habe „The Offseason“ direkt nach dem Playoff-Aus der Houston Rockets gepostet. Davor hatte ich über acht Wochen acht Illustrationen angefertigt – das war eine hektische Zeit mit sehr viel Arbeit. Aber glücklicherweise hat mir das einiges an Aufmerksamkeit beschert: zum Beispiel ein einseitiges Feature in der Sonntagsausgabe der „New York Times“, CNN hat mich interviewt. Dennoch habe ich die Pause herbeigesehnt. (lacht) Was war bei dir zuerst da: das Interesse an Basketball oder an Kunst? Ich arbeite hauptberuflich als Illustrator, aber ich komme aus dieser basketballbesessenen kroatischen Stadt namens Zadar. Meine ganze Kindheit über habe ich Basketball gespielt und gezeichnet. Das sind die einzigen beiden Dinge, die ich mein ganzes Leben lang tue. (lacht) Vor sechs Jahren kam ich in meiner beruflichen Karriere an einen Punkt, an dem ich versucht habe, meinen Stil zu erweitern. Ich wollte den Leuten zeigen, dass ich verschiedene Dinge tun

Wie bist du überhaupt auf die Idee zu der HardenSerie gekommen? Kurz vor dem Abschluss meines Studiums habe ich bereits Vollzeit als Illustrator gearbeitet. In dieser Zeit wollte ich einfach verschiedene Stile ausprobieren, und ich nahm James Hardens Gesicht. Damals hatte ich aber noch nicht geplant, daraus ein ganzes Projekt zu machen. Ich fertigte das erste Porträt an – und habe mich selbst herausgefordert: Kann ich ein weiteres in einem anderen Stil machen? Das habe ich dann getan. Ich habe nachgedacht, die Dinge haben sich einfach zusammengefügt, und ich habe realisiert, dass daraus etwas wirklich Interessantes entstehen kann. Ich habe mir einen Platz geschaffen, an dem ich persönliche Arbeiten systematisch erledige und ein Subjekt immer und immer wieder zeichne. Ich habe mir dann die Domain jameshardenillustrated.com zugelegt – und gearbeitet. Es dauerte bis zum zehnten oder elften Porträt, ehe das Ganze Fahrt aufgenommen hat. Aber dann ging das Projekt das erste Mal viral – und es erschien unter anderem in der „USA Today“, bei Yahoo, ESPN und „Forbes“. Wie sieht bei dir generell der Prozess aus, um neue Ideen zu gewinnen? Das ist eine großartige Frage – weil ich sie mir auch ständig stelle. (lacht) Ich habe ein paar Skizzenbücher, die einzig diesem Projekt gewidmet sind, mit Hunderten von Ideen. Ich denke ununterbrochen über neue Ideen nach – während ich laufe, Sport treibe oder wenn ich durch die Stadt gehe. Dieses Projekt stellt mittlerweile eine kreative Herausforderung dar.


Fotos: Filip Peraic

Es ist nicht einfach, 34 verschiedene Porträts zu erstellen, glaub mir. Dann übertrage ich diese Funken an Ideen ins Skizzenbuch, wodurch ich sehe, ob ich eine Idee visuell umsetzen kann. Es beginnt also alles mit Nachdenken und Bleistiftskizzen. Das betrifft all meine Arbeiten, auch kommerzielle Projekte. Gibt es Illustrationen, die deiner Meinung nach eine gute Metapher für James Hardens Spielstil sind? Wenn man an seine Dribblings, Crossover, Stepback-Dreier und Eins-gegeneins-Aktionen denkt … Eine ist offensichtlich: „Harden the Scorer“. In dieser Saison hat er 36 Punkte im Schnitt erzielt. Ich habe ein Porträt erstellt, das ihn versteckt zeigt, während ein Basketball durchs Netz fällt, und bei dem der Bart zum Ball wird. Das ist vielleicht das einzige Porträt, das wirklich von seinem Spielstil inspiriert ist. Die meisten sind nicht damit verbunden, auch nicht mit seiner Persönlichkeit. Aber ich denke, das macht die Arbeiten so interessant. Einige sind sehr bizarr, unerwartet – die Menschen mögen es, wenn ungewöhnliche Dinge zusammenkommen. Ich musste an „Isle of Hardenia“ denken, wo Hardens Gesicht als eine Insel dargestellt ist. Im Basketball sagt man: „You put the defender

on an island“, wenn man gegen ihn ins Einsgegen-eins geht. Daran habe ich gar nicht gedacht … großartig. Ich sehe sie mir gerade an – und man kann sie durchaus verbinden. Zum Beispiel das Porträt im Stil von Wassily Kandinsky: James Harden ist auch eine Art Virtuose und Genie. Das Gleiche trifft auf „James Harden ft. Louis Armstrong“ zu. Auch das verbindet zwei Virtuosen, jeder in seiner eigenen Disziplin. Inwieweit haben die Illustrationen die Art verändert, wie du zu Harden und den Rockets stehst? Dass du beispielsweise zum Harden-Fan geworden bist … Genau das ist passiert. Wenn er 55 Punkte erzielt, sprechen mich viele in meiner Familie oder in meinem Umfeld an: „Hey, ich habe in den Nachrichten gesehen, dass Harden 55 gemacht hat.“ Durch die Arbeit mag ich ihn mittlerweile mehr als noch zu Beginn des Projekts. Viele Menschen aus Houston verfolgen meine Arbeit: Rund 80 Prozent der Grafiken und T-Shirts, die ich verkaufe, gehen nach Texas, vor allem natürlich nach Houston. Welches Feedback hast du von den Leuten bei den Rockets erhalten? Ende März dieses Jahres ging mein Projekt das

zweite Mal viral. Leute wie Houstons General Manager Daryl Morey und der Journalist Kirk Goldsberry haben in den höchsten Tönen darüber gesprochen. Und nach sechs Jahren Arbeit an dem Projekt hat James Harden das erste Mal direkt mit mir kommuniziert: über Twitter, als er einige meiner Porträts getweetet hat. Das war wirklich cool. Bislang habe ich noch nicht persönlich mit ihm gesprochen, aber ich stehe mit seinem Manager in Kontakt. Wir sprechen gerade über ein paar Sachen – vielleicht entsteht in Zukunft eine Zusammenarbeit. Aber darüber kann ich noch nicht viel verraten. In deiner Harden-Serie beziehst du dich auf Künstler wie Wassily Kandinsky, Andy Warhol, Katsushika Hokusai oder Jackson Pollock. Im NBA-Kosmos werden häufig die Mount Rushmores der vier größten Spieler aller Zeiten aufgestellt. Wie sieht dein Mount Rushmore an Künstlern aus? Ich bewundere den kroatischen Künstler Boris Bucan sehr, ich liebe seine Arbeiten. Es gibt so viele Künstler, die ich wertschätze … deshalb bleibe ich mal bei Illustratoren. Der in Berlin ansässige Christoph Niemann ist großartig, er ist der vielleicht größte Illustrator seiner Generation. Nehmen wir noch Milton Glaser und Shigeo Fukuda dazu. redaktion@fivemag.de

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summer of #nevernotballin

twenty four seconds

links

oben

rechts

new York, usa

lissabon, portugal

Paris, France

photo by Nelson Ndongala

photo by Kasper nyman

photo by Phil Olschowa

instagram: @whodunelson

Website: www.citiesofbasketball.com

instagram: @phlp_fil_a

instagram: @citiesofbasketball

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Street Courts of the

World



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interview

„AM FLUGHAFEN WURDE ICH AUSGELACHT!“

Donovan Mitchell ist nicht nur einer der spektakulärsten jungen Stars in der NBA, sondern auch einer der sympathischsten. FIVE traf den 22-Jährigen beim #SHUTUPANDPLAY-Turnier in Berlin, sprach mit ihm über seine Führungsrolle bei den Jazz und die „neue“ Western Conference. Interview: Robbin Barberan nicht zu erzwingen. Game-Film studieren, genau zu schauen, was da genau passiert. Von wo kommt das Double-Team in welchen Situationen, und dann entsprechend reagieren. Das hat ein paar Wochen gebraucht. Besonders weil ich es nicht gewohnt war. So viel Aufmerksamkeit von den gegnerischen Coaches zu bekommen, hab ich als Kompliment gesehen und als Anlass genutzt, mein Spiel zu verbessern. Wie sieht es abseits des Courts aus? Die Utah Jazz sind seit Jahren bekannt dafür, dass sie eine besonders gute Teamchemie haben und sich blendend verstehen. Wie siehst du deine Rolle darin? Ich versuche einfach, ich selbst zu sein und nicht vorzugeben, jemand zu sein, der ich nicht bin. Es stimmt, dass wir uns besonders gut verstehen, und ich denke, das hängt damit zusammen, dass unsere Charaktere sich gut ergänzen. Um besser zu spielen, müssen wir sogar noch enger zusammenrücken. Teamchemie ist das A und O. Daraus schöpfen wir unsere Energie.

-------------------------------Für mehr exklusive Insights von „Spida“ Mitchell checkt den „Cheat Day Chatter“ auf KICKZ.com. Donovan packt unter anderem darüber aus, wer sich von seinen NBAFreunden am besten kleidet, was der Unterschied zwischen Drip und Swag ist und was er von Ananas auf Pizza hält. Außerdem klärt er: Beach oder Pool, „Star Trek“ oder „Star Wars“, Biggie oder Pac, Text oder Call, Tarantino oder Spielberg, PS4 oder Xbox. --------------------------------

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FIVE: Donovan, du gehst jetzt in deine dritte NBA-Saison. Wie siehst du deine sportliche Entwicklung über die Jahre? Donovan Mitchell: Es war okay, denke ich. Aber ich bin weit davon entfernt, zufrieden zu sein. Gedraftet zu werden, reicht nicht aus. 50 Siege einzufahren und die Playoffs zu erreichen, ist nicht gut genug. Um ein richtig großer Spieler zu werden, muss man immer weiter an sich arbeiten. Zufriedenheit bedeutet Stillstand. Ich hab noch viel Arbeit vor mir. Schon nach deinem ersten Jahr war zu sehen, wie sich die Verteidigung eurer Gegner auf dich eingeschossen hat. Wie hast du dich darauf eingestellt? Das war nicht ganz einfach. Ich musste lernen, geduldig zu sein und die Sachen

Mit deinen 22 Jahren bist du immer noch einer der Jüngsten in deiner Mannschaft. Wie schwer war es, direkt zu Beginn die Rolle als Leader zu übernehmen? Das war überhaupt nicht schwer. Ich denke, dass ich ein geborener Leader bin, und ich führe das Team, ohne viel darüber nachzudenken. Das war auch nicht mein Ziel, als ich gedraftet wurde, direkt ein Team anzuführen. Es hat sich halt so entwickelt, und das Team hat einen Leader gebraucht. Natürlich hab ich Mitspieler, die ein ganzes Stück älter als ich sind und sehr viel mehr Erfahrung haben. Aber nicht jeder ist eine Führungspersönlichkeit. Viele wollen den Job gar nicht. Für mich war es eher Instinkt, die Führung zu übernehmen, als ein tatsächlicher Job, den es zu machen galt. Es gibt verschiedene Arten, ein Team zu führen. Was ist deine Vorgehensweise? Ich schreie nicht rum oder sage den Leuten ständig, was sie zu tun haben. Ich laufe


auch nicht herum und bezeichne mich selbst als den Team-Leader. Ich denke, meine Teamkameraden haben mich als Führungsspieler angenommen, weil ich ihnen zuhöre. Ich höre viel mehr zu, als ich rede. Das ist eine Führungsqualität, die oft vergessen und unterschätzt wird: zuhören können, für die Mitspieler da sein und auf ihre Bedürfnisse und Sorgen eingehen. Nur so wird Leadership mehr als nur ein leerer Titel. Nur so entsteht die Teamchemie, auf die wir so stolz sind. Gab es keine sogenannten Rookie-Chores für dich? (lacht) Doch, natürlich! Vom pinken Rucksack bleibt keiner verschont. Und meiner hatte sogar Flügel! Das war doppelt peinlich, und den musste ich das ganze Jahr über tragen. Wenn ich den bei der Flughafen-Security aufs Band gelegt habe, hat die ganze Mannschaft gelacht … und das Sicherheitspersonal natürlich auch. Aber hey, das gehört dazu. Und dann halt das Übliche. Equipment schleppen. Die Bälle nach dem Training aufsammeln. Essen besorgen.

Essen für das ganze Team? Manchmal für das ganze Team, aber hauptsächlich für Rudy Gobert. Für Rudy musste ich manchmal vom einen Ende der Stadt zum anderen, nur um ihm sein Essen zu besorgen. Ich bin heilfroh, dass ich das nicht mehr machen muss. Der Westen wurde durch viele Free-AgentBewegungen und Trades ganz schön durcheinandergewürfelt. Wie siehst du die Chancen der Jazz nächste Saison? Wir ziehen unser Ding durch. Ich schaue nicht allzu viel darauf, was andere Teams gemacht haben, wer da jetzt neu ist und wie sie sich verbessert haben. Die Sache ist: Alle Teams, die sich verstärkt haben, müssen erst lernen, wie sie effektiv zusammenspielen können. Vielleicht funktioniert es gar nicht, und die Teamchemie ist komplett kaputt. Darüber brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Wir wissen, was funktioniert, wir wissen, dass wir gut harmonieren und dass uns das stark macht. Das ist mehr, als die anderen wissen.

Wenn wir schon beim Thema Wissen sind … du bezeichnest immer wieder Chris Paul und Dwyane Wade als Mentoren. Was hast du von ihnen gelernt? Die beiden sind für mich wie große Brüder. Natürlich hab ich mir viele Moves von ihnen abgeschaut, aber wirklich wichtig ist, dass sie mir gezeigt haben, wie man ein echter NBA-Profi ist. Immer wenn es die Zeit erlaubt, versuche ich mit den beiden zu sprechen. Es bedeutet mir sehr viel, dass sie immer für mich da sind. Das ist keineswegs selbstverständlich. Wenn Spieler, zu denen du aufschaust, ihr Wissen an dich weitergeben, dir immer alle Fragen beantworten und du sie Tag und Nacht anrufen kannst, ist das eine Möglichkeit, aus der man Vorteile ziehen muss. Du bist nicht nur bei deinen Teamkollegen äußerst beliebt. Du hast auch außerhalb von Utah viele Freunde unter den aktiven NBA-Profis. Wie bringst du Freundschaft zu anderen Spielern und Wettkampf unter einen Hut?

Ich trenne oncourt und offcourt einfach strikt. Natürlich hab ich für manche Spieler gewisse Sympathien und hänge in der Freizeit viel mit ihnen ab. Wir lachen viel und zocken Videospiele. Aber auf dem Platz herrschen andere Regeln. Da will jeder von uns gewinnen. Schon allein für die „Bragging Rights“. Den Trashtalk will sich keiner von uns anhören. Wer ist der größte Trashtalker von euch? Da muss man unterscheiden. Es gibt welche, die können es sich leisten zu labern, weil da auch was dahintersteckt. Andere labern viel, aber das kann man dann nicht ernst nehmen. Frank Ntilikina ist einer meiner engsten Freunde … aber sorry, Bro, du kannst mir gar nix sagen. Die Knicks waren seit 100 Jahren nicht mehr in den Playoffs. Ich hab dich echt gern, Frank, aber das geht echt nicht. Du hast die Frage nicht beantwortet, wer der größte Trashtalker von euch ist. (lacht) Das bin ich! redaktion@fivemag.de

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skills-check

Pascal

Siakam

PASCAL SIAKAM

Pascal Siakam ist der Most Improved Player (MIP) der NBA-Saison 2018/19 – Coach Jens analysiert das Spiel von Torontos zukünftigem Hauptakteur! Text: Jens Leutenecker

Position: Power Forward Geburtstag: 02. April 1994 Größe: 2,06 Meter Gewicht: 104 Kilo Verein: Toronto Raptors Erfahrung: 3 Saisons

Stats 2018/19: 19,1 PPG || 7,8 RPG 3,5 APG || 2,2 TO 0,7 BPG || 36,9 3P% (PER 36 MIN.)

M

it knapp 17 Punkten, sieben Rebounds und drei Assists pro Spiel hat sich Pascal Siakam 2018/19 in allen Spielkategorien erheblich verbessert und wurde mit großem Abstand zum „MIP“ gewählt. Der Kameruner erhielt mehr als jede zweite Stimme der Wahlberechtigten und wird in der kommenden Saison nach dem Weggang von Kawhi Leonard die offensive Hauptlast bei den Toronto Raptors übernehmen. Die größte Stärke von Siakam ist das Fastbreak-Spiel: Pro Partie erzielt er so mehr als fünf Punkte bei einer außergewöhnlich hohen Trefferquote von 70 Prozent. Weitere Fastbreak-Spezialisten wie Jimmy Butler, LeBron James oder MVP Giannis Antetokounmpo agieren im Umschaltspiel deutlich ineffizienter als Siakam. Auch in der Halbfeld-Offensive hat er in der abgelaufenen Saison einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Insbesondere „Spicy Ps“ Sprungwürfe haben sich enorm verbessert: Fanden in der Vorsaison lediglich 22,0 Prozent seiner Dreier ihr Ziel, so zeigte sich der 25-Jährige mit einer Trefferquote von 36,9 Prozent als sehr treffsicher. Es gibt nur wenige Spieler in der NBA-Geschichte, die den Sprung vom „Non-Shooter“ zu einem guten Werfer in nur einem Jahr geschafft haben. Für eine hohe Qualität dieser Würfe sorgte nicht zuletzt das Passspiel von Leonard, der Siakam konstant gut in Szene setzte. Das spiegelt sich auch eindeutig in den Zahlen wider: In den Spielen mit Leonard traf Siakam 40 Prozent seiner Dreierversuche, in den 21 Spielen ohne den späteren FinalsMVP sank die Trefferquote auf schwache 29 Prozent! Wenn sich Siakam die Würfe selbst kreieren muss, leidet also seine Wurfquote.

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Das Erzeugen von hochprozentigen Abschlüssen wird die erste Herausforderung für ihn in der kommenden Saison sein. Anstatt wie bisher abseits des Balles zu arbeiten und von anderen Kreativspielern wie Kyle Lowry oder Fred VanVleet zu profitieren, muss der Kameruner nun Verantwortung übernehmen. Tatsächlich sind Lowry und VanVleet deutlich bessere Werfer aus dem Catch-and-Shoot als aus dem Dribbling. Außer Leonard traf kein einziger Raptor in der vergangenen Saison mehr als 34 Prozent aus der Bewegung, damit rangierte das Team auf dem drittletzten Platz. Mit Siakam als ballführendem Spieler im Pick-and-Roll könnten die Raptors für große Matchup-Probleme sorgen sowie Lowry und VanVleet mit direkten Würfen in Szene setzen. Giannis Antetokounmpo schließt hochprozentig im Fastbreak ab und hat sich in den vergangenen Spielzeiten zu einer echten Postup-Option entwickelt. Mehr als zwei Drittel aller Wurfversuche schließt der „Greek Freak“ hocheffizient in Ringnähe ab und erspielte sich dadurch den Titel des wertvollsten NBAAkteurs 2018/19. Wer genau hinschaut, sieht viele vergleichbare taktische Elemente bei Pascal Siakam: überragende Länge und Athletik gepaart mit smarten Entscheidungen. Die Postup-Offensive hat sich beim Power Forward der Raptors in dieser Saison schlagartig verbessert, muss jedoch noch variantenreicher werden. Ob Skyhook à la Kareem Abdul-Jabbar oder der Babyhook nach dem Spinmove – die meisten Aktionen enden mit einem rechtshändigen Abschluss. Je häufiger der Ball „inside“ zu Siakam wandert, desto eher werden sich die athletischen und

smarten NBA-Verteidiger auf diese Abschlüsse einstellen und die rechte Hand überspielen. Dann sollte mindestens eine Variante zur anderen Hand im Skillset vorhanden sein, und wenn es „nur“ der Dunk nach Spinmove zur linken Hand ist. Ganz ähnliche Probleme werden Siakam ebenfalls an der Dreierlinie erwarten, zum Beispiel in Eins-gegen-eins-Situationen aus dem Dribbling oder auch nach dem direkten Ballfangen. Ganz oben auf dem gegnerischen Scouting-Bogen wird in Zukunft nicht mehr „Kawhi Leonard, strong driver with excellent midrange game“, sondern „Pascal Siakam, strong right handed driver, hesitant to shoot“ stehen. Dribbelaktionen und Abschlüsse zur linken Hand standen in diesem Sommer bestimmt auf dem Trainingsplan der Raptors, kam Siakam doch trotz Titelgewinn in diesen Playoffs an seine Grenzen. Während das Team in der regulären Saison ein überragendes Net-Rating von +14 (auf 100 Angriffe gerechnet) mit ihm auf dem Feld vorzuweisen hatte, so fiel dieser Wert in den Playoffs sogar auf -1. Eine mögliche Erste Fünf in der kommenden Saison mit Lowry, VanVleet, Powell, Siakam und Ibaka kam in den Playoffs auf ein äußerst schwaches Offensivrating von 79 Punkten auf 100 Angriffe, da hat Meistercoach Nick Nurse noch eine große Aufgabe vor sich. Dennoch: Man darf Siakam einen weiteren Sprung zum Kreativspieler durchaus zutrauen. In den 21 Spielen ohne Leonard erzielte er im Schnitt mehr als 19 Punkte, leistete sich weniger Ballverluste bei mehr Korbvorlagen und kam auf eine extrem starke Plus-Minus-Bilanz von +13,6! redaktion@fivemag.de


Philadelphia

nba-plays

76ers

1

A

5

3

4

2

Ben Simmons (1) bringt den Ball nach vorne. In der Mitte hat sich Joel Embiid (5) positioniert, der von seinem Point Guard bedient wird. Die Flügel Josh Richardson (2) und Tobias Harris (3) warten hinter der Dreierlinie, Al Horford (4) am Lowpost.

5

HO

B

1 3

Laufweg

Philadelphia 76ers

Pass Dribbling Block HO Handoff

4

2

Nach dem Pass auf Embiid stellt Simmons einen Block für Richardson, der diesen nutzen kann, um in Richtung Dreierlinie zu laufen. Eine andere Möglichkeit ist, am Block von Horford vorbei in die Zone zu ziehen. Gleichzeitig spielen Embiid und Harris einen Handoff.

5

Die Philadelphia 76ers sind nach einer wilden Offseason einer der Favoriten im NBA-Osten. Hier eines ihrer Plays. Text: André Voigt

Fotos: Mark Blinch/Vaughn Ridley/Getty Images

D

ie Philadelphia 76ers hatten eine interessante Offseason. Jimmy Butler und J.J. Redick verließen die Sixers. Tobias Harris blieb, verstärkt durch Big Man Al Horford und Threeand-D-Experte Josh Richardson. Gut möglich, dass die talentierten Teile dieses Mal gerade im Angriff besser zusammenpassen als noch im Vorjahr, als Butler und Harris erst spät zum Team kamen. Doch: Verfügt diese 76ersVersion über genug Potenz hinter der Dreierlinie? Redicks Abschied wiegt in dieser Hinsicht schwer. Auch weil eine überraschende Entwicklung von Simmons in Sachen Downtown … nun … sehr überraschend wäre. Er wird wohl ein Nichtwerfer bleiben. Trotzdem dürfte Coach Brett Brown eines seiner Lieblingsplays weiter

einsetzen: nämlich dieses angepasste Floppy-Action-Set. Dieser Spielzug lebt von viel Bewegung, von cleveren Entscheidungen abseits des Balles, aber eben auch von einem Schützen, der um Blöcke gejagt werden muss, weil er halt sehr sicher von außen ist. „JRich“ kann dieser Spieler sein, in seiner Dreier-Vita finden sich aber auch immer wieder Krisen von draußen. Wenn er die Konkurrenz dazu zwingen kann zu switchen, kreiert das potenzielle Mismatches, wenn sein kleiner Gegenspieler in der Folge die Big Men Embiid oder Horford an der Zone verteidigen muss. Simmons? Der ist in diesem Spielzug so viel in Bewegung, sein Verteidiger kann kaum ungestraft überall aushelfen und absinken.

3

C

1

4

2

Harris dribbelt in die Mitte, Richardson nutzt den Block in Richtung linker Flügel und kann dort eventuell schon für den Dreier frei sein. Embiid geht in die Zone, wo auch er schon für einen schnellen Abschluss bedient werden kann.

3

D

2 5 1 4 Simmons sprintet in der Folge um zwei Screens von Horford und Embiid. Da er kein Dreierschütze ist, sollen beide Big Men ihre Blöcke im Zweifel früh auflösen, um in oder an der Zone anspielbar zu sein. Simmons kann im Zweifel am Ende den Drive setzen.

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Trae Young trae young Geburtstag: 19. September 1998 Größe: 1,88 Meter Gewicht: 81 Kilo Erfahrung: 1 Saison

Stats 2018/19*: 22,3 PPG || 4,3 RPG 9,4 APG || 1,0 SPG 4,4 TPG || 41,8 FG% 32,4 3P% || 82,9 FT%

Advanced Stats: 17,0 PER (5.) || 30,2 USG (8.) || 53,9 TS% (36.) || 6,3 RBR (37.) 27,2 AST (31.)**

Trae

Young

vs.

Shai

Gilgeous-Alexander

W

eder Damian Lillard noch D’Angelo Russell oder Kemba Walker laufen die meisten Pick-and-Rolls in der NBA. Trae Young von den Atlanta Hawks spielt mit eigenen Abschlüssen oder Pässen am meisten Blocken-und-Abrollen. Er ist damit eigentlich der einzige Kreativspieler seines zuletzt weniger erfolgreichen Teams. Während Young mit einem ausgeglichenen Talentpaket aus Sprungwurf, Floater-Bewegung und Abschluss am Ring zwar effizient punkten kann, verliert er dennoch zu häufig den Ball. Bei jedem fünften Pick-and-Roll leistet sich der 20-Jährige einen Ballverlust, das ist definitiv zu viel und drückt die Effizienz nach unten! Sein Passspiel ist trotz des jungen Alters herausragend, abrollende Centerspieler und Atlantas Werfer werden von ihm regelmäßig mit kreativen Anspielen bedient. Trotz hoher Ballverlustrate im Pickand-Roll sind mehr als acht Korbvorlagen auf knapp vier Turnovers absolut in Ordnung und brachten ihn hinter Luka Doncic auf einen verdienten zweiten Platz bei der Wahl zum Rookie des Jahres 2018/19. Sprungwurf und Floater sind die meistgenutzten Abschlussvarianten von „Ice Trae“, knapp drei von vier Abschlüssen enden in diesen Kategorien. Während Young bei Catch-and-Shoot-Würfen zu überzeugen wusste, wollte der Sprungwurf aus dem Dribbling mit einer Trefferquote unter 30 Prozent noch nicht so recht fallen. An der limitierten Reichweite liegt das bestimmt nicht, denn Young ist gerade bei tiefen Dreiern hochgefährlich: Über 40 Prozent fanden bei den Würfen vom gefühlten Parkplatz der Arenen in dieser Saison ihr Ziel, einzig Stephen Curry traf hier mit 48 Prozent besser! Der technisch anspruchsvolle Floater-Wurf ist Trae Youngs Paradedisziplin, mehr als drei Punkte pro Spiel erzielt er mit der Mischung aus Wurf und Korbleger und trifft dabei besser als James Harden, Steph Curry oder Kyrie Irving. Probleme bereitet ihm jedoch noch der Abschluss direkt am Korb: Nur jeder zweite Korblegerversuch findet sein Ziel, die oben genannten NBA-Top-Guards befinden sich da auf einem anderen Level.

one-on-one

Die vergangene NBA-Saison war eine Spielzeit der Rookie-Point-Guards – Luka Doncic als bester Rookie des Jahres, gefolgt von Trae Young und einem erstaunlich souverän aufspielenden Shai Gilgeous-Alexander von den L.A. Clippers. Coach Jens vergleicht den Franchise-Player Young mit dem Rollenspieler Gilgeous-Alexander. Text: Jens Leutenecker 22


Fotos: Andrew D. Bernstein/Scott Cunningham/NBAE via Getty Images

S

hai Gilgeous-Alexander hat etwas geschafft, was sich nicht viele Rookie-Point-Guards auf die Fahne schreiben können: Mit seinem abgeklärten Spiel kam der 21-Jährige in der hochklassigen Western Conference auf knapp elf Punkte und etwas mehr als drei Assists pro Spiel. Spielminuten müssen bei einem Playoffteam hart erarbeitet werden, da gibt es nicht viel Zeit für Entwicklungsspiele. Nach Lou Williams lief Gilgeous-Alexander für die Clippers die meisten Pick-and-Rolls – und das mit einer guten, aufgrund einer relativ hohen Ballverlustrate jedoch nicht exzellenten Effizienz. Das Passspiel ist bei GilgeousAlexander sehr gut, jedoch interpretiert er den direkten Block mit sechs Abschlüssen auf vier Pässe etwas zu individualistisch. Sein „Sweetspot“ ist dabei definitiv die linke Ecke der Freiwurflinie, von dort warf er 2018/19 am häufigsten und traf starke 56 Prozent seiner Würfe. Der neue Teamkollege von Dennis Schröder hat dennoch Raum für Verbesserungen beim Scoring aus dem Pick-and-Roll: Erstens ist der Wurf von der rechten Ecke der Freiwurflinie deutlich schwächer, zweitens nimmt und trifft der Kanadier fast keine Dreipunktewürfe aus dem Dribbling, und drittens fehlt der Floater-Wurf noch in seinem Arsenal. Der 1,98 Meter große Aufbauspieler verfügt eigentlich über das technische Rüstzeug für eine sehr erfolgreiche NBA-Karriere: Den Wurf trifft er sehr gut ohne vorheriges Dribbling, und die Pullup-Jumper sind ebenfalls auf einem guten Niveau. Mit kraftvollen Powermoves und eleganten Korblegervarianten schließt er mit einer starken Quote von 58 Prozent ab, das ist besser als bei „Abschluss-Magier“ Kyrie Irving. Ein sicheres Ballhandling ermöglicht ihm die souveräne Organisation der Offensive, das ist bei jungen Aufbauspielern nur selten zu sehen.

fazit *Auf 36 Minuten Spielzeit hochgerechnet ** In Klammern steht der Rang unter allen Point Guards der Saison 2018/19. PER – Player Efficiency Rating, USG – Usage Rate, TS% – True Shooting Percentage, AST – Assistrate, RBR – Reboundrate

Shai Gilgeous-Alexander Shai GilgeousAlexander Geburtstag: 12. Juli 1998 Größe: 1,98 Meter Gewicht: 82 Kilo Erfahrung: 1 Saison

Stats 2018/19*: 14,7 PPG || 3,8 RPG 4,5 APG || 1,6 SPG 2,3 TPG || 47,6 FG% 36,7 3P% || 80,0 FT%

Advanced Stats: 13,5 PER (40.) || 18,7 USG (51.) || 55,4 TS% (29.) || 5,7 RBR (47.) 22,3 AST (54.)**

Bevor wir ein Fazit ziehen können,

auf 1,88 Meter) und zum anderen die

zu einem NBA-Star reifen könnte.

müssen wir noch einen Blick auf

unsägliche Tendenz, zu häufig auf den

Sein Offensivpotenzial scheint für ein

das andere Ende des Feldes werfen.

direkten Steal zu gehen und dadurch

junges, auf Tempo ausgelegtes Team

Defensiv agiert Trae Young bisher

hochprozentige Würfe für den Gegner

wie die Atlanta Hawks die perfekte

katastrophal! Mit ihm bekommen die

zu verschulden.

Lösung zu sein.

Hawks in der Verteidigung 117 Punkte

Shai Gilgeous-Alexander

Shai Gilgeous-Alexander

auf 100 Angriffe eingeschenkt, für die

hat ebenfalls Defensivprobleme und

ist jedoch der bessere Rollenspieler,

etwas schwächere Eastern Conference

wurde von den Golden State Warriors in

der jetzt bereits bewiesen hat, dass

ist das nicht tragbar.

den Playoffs häufiger attackiert, stellte

er die Offensive organisieren und die

jedoch aufgrund seiner Länge und

Trainervorgaben effektiv umsetzen

Minus von ESPN, das die Gegnerstärke

Athletik in der regulären Saison keine

kann. Eine größere Rolle in OKC könnte

miteinberechnet, rangiert er auf dem

defensive Schwachstelle dar.

eine Leistungsexplosion zur Folge

Im defensiven Real-Plus-

allerletzten Platz aller Point Guards. Das Problem von Young ist zum einen die Statur (81 Kilogramm

Zum jetzigen Zeitpunkt ist

haben, wir vertagen die Entscheidung

Trae Young der talentiertere Franchise-

deshalb und unterhalten uns in einem

Spieler, der in einigen Jahren durchaus

Jahr nochmal!

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onepager

Royce

O’Neale

Defense und Dreier In der heutigen NBA braucht es defensiv- und wurfstarke Rollenspieler. Royce O’Neale hat bewiesen, dass er für die Utah Jazz solch ein wichtiger Akteur sein kann. Text: Christian Orban

W

ie so vielen Rollenspielern der Association blieb Royce O’Neale der direkte Weg in die NBA verwehrt. Denn entgegen seiner Erwartung wurde er am Draftabend 2015 nicht gezogen. „Ich hatte es erwartet“, sagt O’Neale rückblickend. „Alle tun das. Es ist aber nicht passiert. Jeder hat andere Wege. Ich habe meinen angenommen.“ So ging der Baylor Bear nach seinem Abschlussjahr nach Europa. Jeweils eine Saison verbrachte er in Ludwigsburg und Las Palmas. Wiederholt spielte O’Neale zudem in der NBASummer-League vor. Im Juli 2017 waren es schließlich die Utah Jazz, die er von sich überzeugen konnte. Die Belohnung: ein Kaderplatz und ein (teamfreundlicher) Dreijahresvertrag. „Der Weg jedes Spielers, wenn er ein Rollenspieler ist, ist anders“, weiß Jazz-Manager Dennis Lindsey. „Das Timing, die Umstände und ihre Mentalitäten sind verschieden. Einige müssen nur eine Chance bekommen.“ Wie O’Neale, der in Salt Lake City das passende Team fand und seine Chance nutzte. Dass er für dieselbe Uni wie Lindsey und dessen Sohn gespielt hatte, war gewiss ebenso hilfreich … Nunmehr ist der 1,98-MeterMann ein wichtiger Ergänzungsspieler eines Playoffteams. In zwei Jahren in Utah hat O’Neale in 18,7 Minuten pro

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Partie 5,1 Punkte, 3,5 Rebounds und 1,5 Assists erzielt. Zumal er achtbare 37,4 Prozent seiner Dreier eingenetzt hat. Damit konnte der Texaner genau das bestätigen, was Lindsey 2017 in ihm sah: einen körperlich starken und defensivorientierten Flügel, der offene Würfe trifft, uneigennützig den Ball bewegt und generell äußerst diszipliniert auftritt. So ist O’Neale einer jener teamdienlichen Vollprofis, welche die Jazz überaus wertschätzen. Im Angriff agiert der 26-Jährige als solider Schütze primär abseits des Balles. Dabei traf er 2018/19 starke 38,6 Prozent seiner Distanzwürfe, die die Hälfte seiner Abschlüsse ausmachen. Besonders der Eckendreier fiel mit 40,0 Prozent sicher. Zudem versteht es O’Neale, gegen herauslaufende Verteidiger zu attackieren und aus dem Catch-and-Drive Plays zu machen. Auch wenn er nicht der Allerschnellste und etwas anfällig für Ballverluste ist, besticht er durch seine Entschiedenheit und gute Übersicht. Besonders wohl fühlt sich der smarte Jazzer beim Drive entlang der Grundlinie, von wo er gerne per Pass die Schützen bedient. Hinzu kommt O’Neales Abschlussstärke am Ring (66,9 FG%). Denn er ist nicht nur kräftig, sondern auch athletisch und lang genug, um

verlässlich zu finishen. Das zeigt sich nicht zuletzt in Transition, wo der Flügel ein Viertel seiner Würfe nimmt und ligaweit im 84. Perzentil rangiert. O’Neales größte Stärke liegt derweil in der Defensive. Hier geht er mit all seiner Zähigkeit, Hartnäckigkeit und Ausdauer einsatzvoll voran. Er verteidigt alle Außenpositionen und übernimmt dabei oft den besten Scorer und Playmaker des Gegners. Sonach erfolgt ein Großteil seiner Defensivaktionen gegen Ballführer im Pick-and-Roll, die er effektiv einschränkt. Das musste in den Playoffs 2019 auch James Harden erfahren. Beim „Gentlemen’s Sweep“ gegen die Jazz traf „The Beard“ im direkten Duell mit O’Neale nur 20 seiner 63 Wurfversuche und leistete sich elf Ballverluste. Was folgte, war viel Anerkennung für den ruhigen und unaufgeregten Arbeiter, der in der Serie obendrein 10,6 Punkte und 4,6 Rebounds beisteuerte. „Es ist großartig, diesen Respekt von ihm als MVP-Kandidat zu erhalten“, sagt O’Neale über ein Gespräch mit Harden. „Es gab mir das Gefühl, dazuzugehören – jemand in dieser Liga zu werden.“ Eine Einschätzung, die Teamkollege Joe Ingles teilt: „Royce wird in Zukunft sehr wichtig für uns sein. Und er wird noch besser werden.“ redaktion@fivemag.de


onepager

Pat

Connaughton

Vanilla Thunder Mitbewerber um die Meisterschaft benötigen produktive Reservisten. Pat Connaughton hat 2018/19 gezeigt, dass die Milwaukee Bucks auf ihn zählen können. Text: Christian Orban

Fotos: Gary Dineen/Zach Beeker/NBAE via Getty Images

A

ls Pat Connaughton in Arlington, Massachusetts aufwuchs, bestimmten zwei Sportarten gleichermaßen sein Leben: Baseball und Basketball. Noch heute sagt der 26-jährige NBA-Profi, dass er einen Ballsport nicht dem anderen vorzieht. „Für mich ging es in meinem Leben schon immer darum, Wege zu finden, mich in den beiden Sportarten zu verbessern, die ich liebe.“ Diese Liebe befreit auszuleben, war von Anfang an nicht ganz einfach. Auch weil Connaughton als Heranwachsendem nahegelegt wurde, dass er sich lieber auf das Schlagballspiel fokussieren solle, da es in der NBA wenige weiße Guards gebe. Doch ließ sich der talentierte Youngster davon nicht beirren und ging seinen dualen Weg weiter. So entschied er sich für die University of Notre Dame, die ihm die Chance gewährte, beide Sportarten auszuüben. Für die Fighting Irish, die einst NBA-All-Stars wie Bill Laimbeer und Kelly Tripucka hervorgebracht hatten, spielte Connaughton über vier Jahre erfolgreich auf. Bereits 2014 wurde der Rechtshänder als Junior von den Baltimore Orioles in der MLB-Draft ausgewählt. Indes war er nicht bereit, den Basketball aufzugeben, und verblieb für

sein Abschlussjahr in Indiana (12,5 PPG, 7,4 RPG). Danach wollte er sich vorerst in der NBA probieren. 2015 wurde Connaughton schließlich als 41. Pick von den Brooklyn Nets gedraftet, die ihn aber umgehend zu den Trail Blazers tradeten. In Portland verbrachte der 1,93 große Shooting Guard seine ersten drei Profijahre, fungierte jedoch zunächst nur als Bankdrücker. Erst in der Saison 2017/18 avancierte Connaughton zum Rotationsspieler. Als Backup auf der Zwei markierte er in 18,1 Minuten pro Partie 5,4 Punkte und traf passable 35,2 Prozent seiner Dreier. Dennoch ließen ihn die Blazers im Sommer 2018 widerstandslos ziehen. In der Folge unterschrieb Connaughton als Free Agent bei den Milwaukee Bucks einen Zweijahresvertrag über 3,3 Millionen US-Dollar, der sich 2018/19 bereits bezahlt gemacht hat. Als produktiver Reservist erreichte er mit dem Spitzenteam der regulären Saison das Ostfinale. Dabei legte er nicht nur solide Zahlen auf – 6,9 Punkte (57,3 TS%), 4,2 Bretter und 2,0 Vorlagen –, sondern erarbeitete sich auch das Ansehen als geschätzter Teamkollege. Was Connaughton als Spieler ausmacht, sind vor allem seine imposante Sprungkraft, Entschlossenheit und Energie, die er an beiden Enden einbringt. So putzt der Swingman formidabel die

Bretter, erschwert viele Distanzwürfe und finisht exzellent am Ring (70,3 FG%). Letzteres beruht auf seinen klugen Cut-Bewegungen im Halbfeld (88. Perzentil ligaweit) und seiner Stärke im Schnellangriff, wo er ebenso regelmäßig für leichte Punkte einfliegt. In 61 Partien hat „Vanilla Thunder“ demnach zuletzt 43 Dunks vollendet. Entsprechend betont sein vormaliger Mitspieler Ed Davis: „Pat ist ein fantastischer Athlet für einen NBASpieler. Er ist schon besonders.“ Der versierte Baseballer bewegt zudem auch den Spalding sehr sicher, während er über einen ansehnlichen Wurf verfügt und mehr als die Hälfte seiner Abschlüsse von Downtown nimmt. Jedoch fehlt Connaughton beim Dreier (33,0 3P%) nach wie vor die Konstanz. So traf er 2018/19 vor der All-Star-Pause nur 28,8 Prozent seiner Versuche, danach fanden 38,2 Prozent der langen Bälle ihr Ziel. Hier muss der 26-Jährige zulegen, um im BucksSystem als Schütze von der Bank mehr Gefahr auszustrahlen. Am defensiven Ende gibt er seiner Mannschaft Lineup-Flexibilität, da er problemlos switchen und größere Gegenspieler übernehmen kann. Auch mit flinken, kleinen Guards hält Connaughton annehmbar Schritt. redaktion@fivemag.de

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interview

Maodo

Lo

MAODO LO „ICH HAB RICHTIG BOCK AUF DIE WM!“ Nach der Saison ist vor der Saison. Das weiß niemand besser als Maodo Lo. Wir haben den 26-jährigen Spielmacher des deutschen Meisters beim Training im AthLeague Gym besucht und sprachen mit ihm über seine Vorbereitung, den harten Euroleague-Spielplan und die kommende Weltmeisterschaft. Interview: Robbin Barberan FIVE: Maodo, danke, dass wir dir ein bisschen beim Training zuschauen dürfen. Kannst du uns kurz beschreiben, was AthLeague ist und wie sich das Training hier von anderen modernen Fitnessstudios unterscheidet? Maodo Lo: AthLeague ist seit circa drei Jahren für mich der perfekte Ort, um zu trainieren. Ich bin zurzeit jeden Tag zwei Stunden hier und habe mit Gründer Eugen Bantschikow einen Wahnsinnstrainer an meiner Seite, der sehr viel Zeit in seine Schützlinge investiert, aber sich selbst auch weiterentwickelt. Heutzutage kann jeder ein Fitnessstudio aufmachen und die Leute dann sich selbst überlassen. Aber Eugen widmet jedem hier seine persönliche Aufmerksamkeit. Das ist mir sehr wichtig. Wie siehst du deine sportliche Entwicklung, seitdem du bei Bayern spielst? Hat sich dein Game verändert, vielleicht sogar verbessert?

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Ich bin vergangenes Jahr quasi ohne Vorbereitung in die Saison gegangen. Ich hatte Fersenprobleme, die mich davon abgehalten haben, mich gescheit auf die Bundesliga oder Nationalmannschaft vorzubereiten. Es war dann besonders am Anfang der Saison schwierig, meinen Rhythmus zu finden. Nichtsdestotrotz bin ich zufrieden. Ich hab mehr die Rolle des Organisators in der Offense übernommen und das Spiel geleitet, was ich zum Teil neu lernen musste, weil ich normalerweise meine Stärken eher im kreativen Spielaufbau sehe. Ich hab also eher die klassische Point-Guard-Rolle gespielt. Wie läuft die jetzige Vorbereitung für dich? Was können wir von dir erwarten? Du, ich hab Euroleague, Pokal und Bundesliga plus Playoffs gespielt. Das sind circa 80 Spiele. Meine Saison endet ungefähr Mitte Juni, und die Vorbereitung beginnt Anfang August. Das sind nur vier bis sechs Wochen Zeit, zu regenerieren

und mich auf die nächsten zehn bis elf Basketball-Monate vorzubereiten. Das ist wahnsinnig kurz. Viel zu kurz, um physisch große Sprünge zu machen. Wie sehen für dich diese vier Wochen genau aus? Wir sind ja mittendrin. Zwei Wochen mache ich wirklich richtig Pause, damit der Körper sich erholen kann. Man kann nicht einfach weitermachen, sonst verletzt man sich durch Überbelastung. Die verbleibenden zwei bis drei Wochen verbringe ich hier, um mich dann körperlich vorzubereiten. Aber wie gesagt, die Zeit reicht eigentlich nicht. Was will man in zwei bis drei Wochen großartig verändern? Weder körperlich noch vom Game her sind da große Fortschritte möglich. Ich versuche das Beste aus der Situation zu machen und mit dem Training bei AthLeague das Maximum rauszuholen. Aber ideal wäre natürlich, wenn ich mich länger vorbereiten könnte. Aber so kann ich


ATHLEAGUE

ruhigen Gewissens in die Saison gehen und weiß, dass es zumindest reicht, um körperlich die Strapazen zu überstehen. Wobei du diese Doppelbelastung mit der Euroleague ja schon gewohnt bist, oder? Ja, klar. Das war meine dritte Saison mit dieser Doppelbelastung. Ich muss sagen, dass es für mich hinsichtlich Belastung auch die einfachste war. Man kann sich darauf einstellen, wenn man professionell und diszipliniert an die Sache rangeht.

Fotos: Phil Olschowa

AthLeague ist ein leistungsorientiertes Gym im Zentrum Berlins mit innovativem Trainingskonzept und limitiertem Mitgliederzugang für Profis und ambitionierte Hobbysportler. Die Mitgliederzahl ist streng begrenzt, damit Eugen Bantschikow und Navod Hasib Jawid (beides Basketballer) sich persönlich um die Bedürfnisse der Athleten kümmern können. Jedes AthLeague-Mitglied profitiert somit von dieser einzigartigen professionellen Atmosphäre.

Bayern hat dieses Jahr die Bundesliga dominiert, die Titelverteidigung war eigentlich nie gefährdet. War es tatsächlich so einfach, wie es von außen aussah? Oder gab es da Stolpersteine, von denen man wenig mitbekommt? Einfach ist es nie. Diese Doppelbelastung aus Euroleague und Bundesliga darf man nicht unterschätzen. Das ist nicht einfach und kostet viel Kraft. Man macht nichts anderes außer Basketball, trainiert viel, reist viel. Und selbst die Spiele, die easy aussahen, waren es nicht. Okay, wir haben Alba 3-0 geschlagen, aber die Spiele waren alle knapp. Wir mussten in allen Spielen hart um den Sieg kämpfen. Hart gekämpft habt ihr auch in der Euroleague, allerdings fielen die Ergebnisse nicht oft zu euren Gunsten aus. Woran lag das? Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist da der Faktor Erfahrung. Die Euroleague ist für viele unserer Spieler immer noch Neuland, die Unterschiede zur Bundesliga sind doch zu groß, um mit derselben Spielweise dieselben Ergebnisse zu erwarten. Die Teams sind einfach zu gut und zu abgezockt. Wenn man da nicht perfekt spielt, verliert man. Das Spiel ist halt schneller. Man hat weniger Zeit, Entscheidungen auf dem Feld zu treffen. Falsche Entscheidungen werden konsequent vom Gegner ausgenutzt. Lass uns über die kommende WM in China sprechen. Du wirst Dennis Schröder ablösen und von der Bank kommen. Wie verstehst du dich mit Dennis?

Sehr gut. Wir kennen uns schon ewig. Noch aus NBBL- und Oberliga-Zeiten. Er ist ein klasse Kerl, der mir auch viel geholfen hat. Immer mit Tipps am Start und bereit, mich zu unterstützen. Ich hoffe, dass ich auch wie in den vergangenen Jahren die Chance bekomme, mit ihm zusammen auf dem Feld zu stehen. Mit welchen Gefühlen gehst du in dieses große Turnier? Mit Begeisterung und Vorfreude auf jeden Fall. Gegen nichteuropäische Teams zu spielen, ist eine willkommene Abwechslung, und für mich ist es auch aufregend zu sehen, wie Basketball in der ganzen Welt präsent ist. Ich hab richtig Bock drauf und bin voll motiviert! Schaut ihr nur von Spiel zu Spiel in der Vorrunde? Oder habt ihr auch ein bisschen auf den weiteren Turnierverlauf in China geschielt? Wir werden uns natürlich in erster Linie erst einmal auf die Gegner konzentrieren, die direkt vor uns sind. Aber natürlich schaut man ein bisschen, wie es danach weitergehen könnte. Und da würden uns einige Kracher erwarten. Aber da sollten wir auch keine Angst haben. Ich bin mir sicher: Genauso wie wir geschaut haben, was uns erwartet, sind wir auf dem Radar der anderen Teams, die uns bestimmt auch gerne aus dem Weg gehen würden. Mit welchem Abschneiden wärst du persönlich zufrieden? Das würde ich nicht unbedingt an einer bestimmten Runde oder einem bestimmten Platz festmachen. Ich wünsche mir einfach, dass wir uns auf der internationalen Bühne etablieren und einen jungen, hungrigen Basketball spielen. Und für mich persönlich hoffe ich, dass ich dem Team helfen kann, möglichst weit zu kommen. Meine Stärken, wie zum Beispiel in schwierigen Situationen entweder für mich selbst und für meine Mitspieler Chancen zu kreieren, würde ich sehr gerne im Dienste der Mannschaft unter Beweis stellen. redaktion@fivemag.de

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streetball

#SHUTUPANDPLAY

2019

#SHUTUPANDPLAY 2019 Das wohl prestigeträchtigste 3X3-Turnier auf deutschem Boden wurde am 20. und 21. Juli zum insgesamt sechsten Mal in Berlin ausgetragen. Von der „For Ballers by Ballers“-Atmosphäre ließ sich auch Ehrengast Donovan Mitchell anstecken, der während seines gesamten Aufenthalts für alle Fans ein Star zum Anfassen war. Text: Robbin Barberan

I

nternationales Basketball-Festival“, so könnte man die sechste Edition des #SHUTUPANDPLAY bezeichnen. Insgesamt nahmen 320 Spieler und 80 Teams in drei Kategorien (All Star, Damen & U18) am KICKZ-Traditionsturnier teil. Davon kamen knapp 20 Teams aus dem Ausland. Polen, Serbien, Bosnien & Herzegowina, Syrien, Belgien, Dänemark, die Mongolei, Belgien, Kroatien, die Ukraine und die USA waren allesamt mit eigenen Teams vertreten. Es besteht kein Zweifel, dass das SUAP zunehmend auch über die deutschen Grenzen hinweg an Bedeutung gewinnt. Das hat auch Donovan Mitchell mitbekommen. Der Jazz-Star war sichtlich begeistert vom SUAP-Vibe, der schon immer urbaner und härter war als bei anderen Streetball-Turnieren. Wohin der 22-Jährige auch ging, wurde er auf Schritt und Tritt von einer Menschenmasse umringt, war sich dabei aber nicht zu schade, um für Selfies zu posieren und Autogramme zu geben. Eigentlich war „Spida“ Mitchell ja am Start, um die Slams im Dunk-Contest zu bewerten, aber bald fand er sich, den Ball über den Kopf haltend, auf dem Court wieder. Piotr „Grabo“ Grabowski von „Dunk Elite“ entführte Mitchell kurzerhand aus der Jury und bat ihn, bei einem seiner Dunks zu assistieren. Mit Erfolg! „Grabo“ gewann wenig später den mit 2.500 Euro dotierten Contest in beeindruckender Manier und

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kassierte massig Props von niemand Geringerem als dem Star der Utah Jazz. Neben „Spida“ Mitchell, der selbst im vergangenen Jahr NBA-SlamDunk-Champion wurde, waren Alex King (FC Bayern Basketball), Nationalspielerin Satou Sabally, YouTube-Community-Host C-Bas und der Künstler Ivan Beslic in die Jury des Contests berufen worden. Beslic hatte noch eine besondere Überraschung für Mitchell parat und überreichte dem Shootingstar ein eigens für ihn angefertigtes Porträt. Die All-Star-Kategorie der Herren, stets qualitativ die stärkste Division, hatte ihre eigenen Highlights. Das Team FIVE-Mag – bestehend aus Ex-BBL-Profi Andrej Mangold, Highflyer Brian Butler, Big Man Andreas Kronhardt und Sharpshooter Eric Curth – war angetreten, um seinen letztjährigen Titel zu verteidigen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurden die Jungs von Spiel zu Spiel besser und setzten sich am Ende überlegen gegen „Team BIL“ durch. Back2Back! Für Mangold und Butler war es sogar die dritte SUAP-Championship in Folge, denn beide spielten vor zwei Jahren auch schon für das Gewinner-Team „Nation of Hoop“. Für erstklassige Stimmung an beiden Turniertagen sorgten DJ Shorty an den Turntables sowie die Hosts Faris The Ferocious und Thabo Paul. Letztere fanden dabei die optimale Mischung aus Entertainment und Information. So wurden die knapp 3.000 Zuschauer am Wochenende gut unterhalten, bekamen aber auch immer mit, was auf den Nebencourts passierte. Als Abschluss kurz vor dem Finale konnten alle Anwesenden am Sonntag die Show von „Dunk Elite“ bestaunen, bei der Joel Henry und CJ in ihre spektakulären Stunts unter anderem ein extravagantes Lowrider-Showbike und einen Dodge Challenger integrierten! Highlight-Videos und Fotos vom Streetball-Turnier des Jahres findet ihr wie gewohnt auf den Social-Media-Kanälen von FIVE und KICKZ! redaktion@fivemag.de


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Fotos: Kickz.com


NBA

Der

große

NBA-Offseason-Report

2019

DER GROSSE NBA-OFFSEASONREPORT 2019 Der NBA-Sommer 2019 war einer für die Ewigkeit. Nie zuvor wechselten so viele Stars als Free Agents oder per Trade das Team. Fast täglich gab es Anfang Juli einen Kracherdeal nach dem nächsten. Zeit, sich zurückzulehnen und zu analysieren, was dabei am Ende für die 30 Franchises herausgekommen ist. Text: André Voigt

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Fotos: Andrew D. Bernstein/Bettmann/NBAE via Getty Images


NBA

Der

ATLANTA HAWKS

große

NBA-Offseason-Report

BOSTON CELTICS

2019

BROOKLYN NETS

DEALS: DEALS:

Kemba Walker (Trade), Enes Kanter, Vincent Poirier, Daniel Theis, Brad Wanamaker (alle Free Agents), Grant Williams, Romeo Langford, Carsen Edwards und Tremont Waters (alle Draft)

DEALS:

Jabari Parker (Free Agent), Evan Turner, Allen Crabbe, Chandler Parsons, Damian Jones (alle Trade), Cam Reddish, De’Andre Hunter und Bruno Fernando (alle Draft)

Kevin Durant, Taurean Prince (beide Trade), Kyrie Irving, DeAndre Jordan, Garrett Temple, Wilson Chandler, Theo Pinson, David Nwaba (alle Free Agents), Nicolas Claxton und Jaylen Hands (beide Draft)

ABGÄNGE:

Kyrie Irving (Nets), Terry Rozier (Hornets), Al Horford (76ers), Marcus Morris (Knicks) und Aron Baynes (Suns)

D’Angelo Russell (Warriors), DeMarre Carroll (Spurs), Ed Davis (Jazz), Jared Dudley (Lakers), Allen Crabbe (Hawks), Rondae Hollis-Jefferson (Raptors), Shabazz Napier und Treveon Graham (beide Wolves)

Manager Travis Schlenk absolvierte eine – wenn auch wenig beachtete – sehr gute Offseason. Hunter und Reddish erweitern den jungen Kern, mit Parsons, Crabbe und Turner laufen die Verträge der drei Topverdiener 2020 aus. Parker verdient nur 6,5 Millionen in den kommenden beiden Saisons. Schlägt er ein, dürfte er 2020 aus seinem Vertrag per Spieleroption aussteigen und stellt so oder so kein Risiko dar. Atlanta könnte – sofern die Youngsters weiter Fortschritte machen – bald eine Top-Adresse für Free-AgentStars sein.

Irving durch Walker zu ersetzen (er trägt übrigens die Nummer acht, genau wie einst Antoine Walker), war ein absoluter Glücksfall. Der ehemalige Charlotte Hornet dürfte besser mit seinen jungen Mitspielern klarkommen als sein Vorgänger und dessen statistische Produktion ersetzen. Horford zu verlieren, war jedoch ein herber (defensiver) Schlag – auch wenn es angesichts seines langen, hoch dotierten Vertrages bei den 76ers verständlich war. Kanter wird ihn weder am eigenen Korb noch als Big Man mit Dreier ersetzen können. Falls die Celtics 2019/20 besser sein sollten als zuletzt, dann nicht, weil sie bessere Spieler geholt haben, sondern weil die Teamchemie viel, viel besser ist. Vor allem Jaylen Brown und Jayson Tatum kamen am Ende schlicht nicht mehr mit Irvings Egotrips zurecht.

Die Nets sind einer der absoluten Gewinner des Sommers. Mit Durant und Irving kommen zwei Superstars, die das Team zu einem Meisterschaftsfavoriten machen werden … allerdings erst dann, wenn „KD“ von seinem Achillessehnenriss zurück ist. Das kann dauern, und selbst eine Rückkehr auf MVP-Niveau ist nicht sicher. 2019/20 dürfte das Team kaum besser sein als zuletzt mit D’Angelo Russell anstelle von „Mr. Flatearth“. Außerdem sind die 40 Millionen Dollar für einen alternden DeAndre Jordan zu viel, aber er ist nun mal ein extrem guter Kumpel von Irving und Durant. Dennoch: Die Franchise war seit den Tagen der American Basketball Association nicht mehr so relevant wie jetzt, und selbst die kleineren Deals des Sommers ergeben allesamt Sinn.

Note: 2+

Note: 3

ABGÄNGE:

Kent Bazemore (Blazers), Dewayne Dedmon (Kings), Omari Spellman (Warriors), Miles Plumlee (Grizzlies), Deyonta Davis (Rockets) und Jaylen Adams (unbekannt)

32

ABGÄNGE:

Note: 1+


CHARLOTTE HORNETS

CHICAGO BULLS

CLEVELAND CAVALIERS

DEALS:

Fotos: Melissa Majchrzak/Brian Babineau/Jonathan Daniel/Dylan Buell/Andy Lyons/Steve Freeman/NBAE via Getty Images

Terry Rozier (Trade), P.J. Washington, Cody Martin und Jalen McDaniels (alle Draft)

ABGÄNGE:

Kemba Walker (Celtics), Jeremy Lamb (Pacers), Frank Kaminsky (Suns) und Tony Parker (Karriereende) Wissen Michael Jordan und sein Management, wie die NBA anno 2019 funktioniert? Dass die Entscheider Walker keinen Supermax-Vertrag geben wollten, ist noch halbwegs verständlich. Den einzigen All Star im Team aber nicht im vergangenen Februar bereits getradet zu haben, das ist ein klarer Kündigungsgrund. Zumal mit Rozier zwar der direkte Ersatz per Sign-and-Trade kam, „Scary Terry“ aber mit 56,7 Millionen Dollar für drei Jahre wahrscheinlich extrem überbezahlt ist. Der Guard traf in seinen vier NBA-Jahren bisher nie auch nur 40 Prozent aus dem Feld und nur 2017/18 überdurchschnittlich von der Dreierlinie (38,1 Prozent). Terry bei den Hornets ist ein extrem risikobehafteter Zock, der nur zugunsten von Charlotte ausgeht, wenn der 25-Jährige an seine Leistungen aus den Playoffs 2017/18 (16,5 Punkte, 5,3 Rebounds, 5,7 Assists) anknüpfen kann. Und selbst wenn … dieses Team geht nirgendwohin.

Note: 6

DEALS:

Tomas Satoransky (Trade), Thaddeus Young, Ryan Arcidiacono, Luke Kornet (beide Free Agents), Coby White und Daniel Gafford (beide Draft)

DEALS:

Darius Garland, Kevin Porter Jr. und Dylan Windler (alle Draft)

ABGÄNGE:

ABGÄNGE:

Die Bulls überraschten mit ihrem Signand-Trade für Satoransky, der den Job als Aufbaustarter von Kris Dunn übernehmen dürfte. Der Tscheche spielt einen intelligenten, teamdienlichen Basketball – ganz nach dem Geschmack von Coach Jim Boylen. Mit Young und Kornet kamen zwei Big Men mit Dreier für die Bank, die wohl hinter den Jungstars Lauri Markkanen und Wendell Carter Jr. für Stabilität sorgen sollen. Alles in allem ein solider Sommer.

Die Cavs befinden sich in mehreren Warteschleifen. Sie warten auf einen Trade von Kevin Love. Sie warten auf Angebote für Tristan Thompson, Brandon Knight, Jordan Clarkson, John Henson und Matthew Dellavedova, die allesamt 2020 Free Agents werden. Sollten letztere ausbleiben, warten sie darauf, dass in der kommenden Offseason Platz unter dem Salary Cap vorhanden ist – und natürlich auf die Draft Lottery.

Robin Lopez (Bucks)

Note: 3

J.R. Smith (unbekannt) und David Nwaba (Nets)

Note: 4 33


NBA

Der

DALLAS MAVERICKS

große

NBA-Offseason-Report

DENVER NUGGETS

2019

DETROIT PISTONS

DEALS:

Kristaps Porzingis, Maxi Kleber, Dorian FinneySmith, Seth Curry, Boban Marjanovic (alle Free Agents), Dwight Powell (Verlängerung), Delon Wright (Trade) und Isaiah Roby (Draft)

ABGÄNGE:

Dirk Nowitzki (Karriereende) und Kostas Antetokounmpo (Lakers) Die Mavs absolvierten die Free-AgentPflicht, indem sie Porzingis mit einem Maximalvertrag hielten sowie ihre eigenen vertragsfreien Rollenspieler weiterverpflichteten. Die namhaften Neuzugänge aber – eben die Kür – fielen wenig spektakulär aus. Kein Goran Dragic (der in einem Trade hätte kommen können), kein Danny Green (der sich nach Kawhi Leonards Entscheidung gegen Toronto den Lakers anschloss) und auch kein Kemba Walker. Doch mit Wright, Curry und Marjanovic wurde der Kader so gezielt wie günstig verstärkt. Vor allem Wright könnte als Three-and-D-Guard neben Luka Doncic glänzen. Eventuell sorgt Manager Donnie Nelson auch noch während der Saison für einen Paukenschlag: Tim Hardaway Jr. und Courtney Lee sind zu haben, gemeinsam verdienen sie genug Geld, um einen sehr guten Starter nach Texas zu bringen. Am Ende des Tages wird aber der Erfolg des Teams von Porzingis’ Gesundheit (kehrt von seinem Kreuzbandriss zurück) und Doncic’ nächstem Entwicklungsschritt abhängen.

Note: 3 34

DEALS:

Jamal Murray (Verlängerung), Jerami Grant (Trade) und Bol Bol (Draft)

ABGÄNGE:

Isaiah Thomas (Wizards), Trey Lyles (Spurs) und Tyler Lydon (Kings) Kaum jemand sprach über die Nuggets, dabei war der Sommer für Nikola Jokic und Co. ein guter. Der Trade für Jerami Grant brachte einen athletischen Dreierund-Defense-Big (39,2 3P% sowie 1,3 BPG) ins Team – eine Jobbeschreibung, die vorher keiner im Kader so richtig ausfüllte. Außerdem wurde mit Bol Bol ein interessantes Centerprojekt gedraftet. Auch die Nuggets haben übrigens unter Umständen einen Trade in der Hinterhand. Mason Plumlees Vertrag läuft aus … zusammen mit einem der zu erwartenden Härtefälle im tiefen Kader könnte der Center als Trade-Gegenwert interessant werden. Die 130-Millionen-DollarVerlängerung von Murray ist vielleicht teuer, aber die Realität in der heutigen National Basketball Association.

Note: 2

DEALS:

Derrick Rose, Markieff Morris, Tim Frazier (alle Free Agents), Tony Snell (Trade), Sekou Doumbouya, Jordan Bone und Deividas Sirvydis (alle Draft)

ABGÄNGE:

Ish Smith (Wizards), Wayne Ellington (Knicks) und Glenn Robinson III (Warriors) Die Pistons suchten vor allem mehr Dreierpotenz – etwas, das Rose (37,0 3P%), Snell (39,7) sowie Frazier (36,6) zuletzt einbrachten und Morris (35,5 3P% seit 2016/17) theoretisch bringt. Treffen alle von Downtown überdurchschnittlich und liefert Rose Playmaking, sind die Pistons besser – wenn auch nicht viel –, ohne langfristige Verträge abgeschlossen zu haben.

Note: 3


GOLDEN STATE HOUSTON WARRIORS ROCKETS

INDIANA PACERS

DEALS: DEALS:

Fotos: Glenn James/RJ Sangosti/MediaNews Group/Hannah Foslien/Michael Reaves/Zach Beeker/Ron Hoskins/NBAE via Getty Images

D’Angelo Russell, Omari Spellman (beide Trade), Klay Thompson, Kevon Looney, Willie Cauley-Stein, Glenn Robinson III, Alec Burks (alle Free Agents), Jordan Poole, Alen Smailagic und Eric Paschall (alle Draft)

Russell Westbrook (Trade), Danuel House Jr., Austin Rivers, Gerald Green und Deyonta Davis (alle Free Agents)

ABGÄNGE:

Chris Paul (Thunder)

Das Ende der Dynastie kam mit der Zusage Durants an die Nets. Manager Bob Myers verlor in der Folge keine Zeit und machte den Abgang seines Superstars zu einem Sign-and-Trade für Russell, der seinerseits Free Agent der Brooklyn Nets war. Ob der Scoring Guard erst neben Steph Curry und später neben die „Splash Brothers“ passt, wenn Klay Thompson seinen Kreuzbandriss auskuriert hat, wird sich zeigen. Myers war auf jeden Fall schnell dabei, der Idee eine Absage zu erteilen, dass Russell nur geholt wurde, um ihn bei nächster Gelegenheit zu traden. Doch die Umbaumaßnahmen gingen noch viel weiter: Iguodala wurde getradet, Cousins und Cook zu den Lakers ziehen gelassen. Bell verschlug es zu den Wolves, Jones tradete Myers zu den Hawks, Livingstons Vertrag löste er auf. Immerhin wurde Looney gehalten und mit CauleyStein ein absolut günstiger Jungcenter geholt, der überraschen dürfte. Diese Warriors sind natürlich kein Titelkandidat, doch angesichts der Umstände zeigte sich Golden State sehr solide.

Eigentlich war der Plan von Daryl Morey ein anderer. Der Manager baggerte hart bei Jimmy Butler, um James Harden und Chris Paul einen dritten All Star an die Seite zu stellen. Als es Butler jedoch zu den Heat zog und Paul George die Thunder per Trade verließ, wurde Houston hellhörig. Egal ob die kolportierten Probleme zwischen Harden und Paul – die Morey öffentlich dementiert hatte – am Ende eine weitere Zusammenarbeit unmöglich gemacht hätten, der Trade von „CP3“ für Westbrook kreierte ein neues Top-Duo in Texas. Wie einst in OKC gehen die beiden MVP-Kandidaten gemeinsam auf Korbjagd, im Vergleich zu damals jedoch als ganz andere Basketballer – als gereifte Alphatiere, die es gewohnt sind, den Ball zu dominieren. Das kann in die Hose gehen, muss es aber nicht. Denn bei aller Qualität der beiden: Der große Teamerfolg fehlt in ihren Karrieren bisher. Wenn sie zusammen mit Coach Mike D’Antoni eine Offensive bauen, die weniger auf Dribbelarien und mehr auf Pick-andRolls setzt, könnten diese Rockets ein großes Problem darstellen. Abschließend: Morey wird heilfroh sein, dass er für Westbrook zwar einen heftigen Preis in Sachen Draftpicks bezahlen und einen so lange laufenden wie extrem hoch dotierten Vertrag aufnehmen musste – dafür konnten aber Clint Capela, Eric Gordon und P.J. Tucker gehalten werden.

Note: 3

Note: 2

ABGÄNGE:

Kevin Durant (Nets), Andre Iguodala (Grizzlies), DeMarcus Cousins, Quinn Cook (beide Lakers), Jordan Bell (Wolves), Damian Jones (Hawks) und Shaun Livingston (unbekannt)

DEALS:

T.J. Warren (Trade), Malcolm Brogdon, Jeremy Lamb, Edmond Sumner, T.J. McConnell (alle Free Agents) und Goga Bitadze (Draft)

ABGÄNGE:

Bojan Bogdanovic (Jazz), Thaddeus Young (Bulls), Wesley Matthews (Bucks), Cory Joseph (Kings), Kyle O’Quinn (76ers), Darren Collison (Karriereende) und Tyreke Evans (zwei Jahre Sperre, Drogen) Die Pacers agierten weitgehend unter dem Radar. Einzig die 85 Millionen Dollar für Brogdon verteilt auf vier Jahre sorgten kurz für Aufregung. Dieser Preis könnte zu hoch sein, wenn der Point Guard wie in seinen ersten drei Jahren verletzungsanfällig bleibt. Bisher verpasste er 59 seiner 246 NBA-Partien. Bleibt Brogdon aber auch in den kommenden Jahren wie schon 2018/19 Mitglied im 5040-90-Klub (dafür muss er 50 Prozent aus dem Feld, 40 Prozent von der Dreier- und 90 Prozent von der Freiwurflinie treffen), dann ist die Verpflichtung auch zu diesen Bezügen komplett richtig. Zusammen mit Lamb und Warren macht er die Pacers offensiv variabler.

Note: 2 35


NBA

Der

große

NBA-Offseason-Report

L.A. CLIPPERS

L.A. LAKERS

DEALS:

DEALS:

ABGÄNGE:

ABGÄNGE:

Kawhi Leonard, Patrick Beverley, Ivica Zubac, JaMychal Green, Rodney McGruder (alle Free Agents), Paul George, Maurice Harkless (beide Trade), Mfiondu Kabengele und Terance Mann (beide Draft)

Danilo Gallinari, Shai Gilgeous-Alexander (beide Trade), Garrett Temple, Wilson Chandler (beide Nets), Tyrone Wallace (Wolves) und Sindarius Thornwell (unbekannt)

MEMPHIS GRIZZLIES

Anthony Davis (Trade), Danny Green, DeMarcus Cousins, JaVale McGee, Avery Bradley, Quinn Cook, Rajon Rondo, Kentavious Caldwell-Pope, Troy Daniels, Jared Dudley, Alex Caruso (alle Free Agents) und Talen Horton-Tucker (Draft)

Lonzo Ball, Brandon Ingram, Josh Hart, Moritz Wagner, Isaac Bonga, Jemerrio Jones (alle Trade), Mike Muscala (Thunder) und Reggie Bullock (Knicks)

Nicht nur beim A-Team lieben sie es, wenn ein Plan funktioniert. Die Clippers baggerten die gesamte Saison über bei Leonard und bewegten sich in dieser Hinsicht wohl nicht immer nur im legalen Bereich. Sei es drum: Am Ende konnten sie einen heftigen Deal für Paul George an den Start bringen, der Leonards Zusage nach sich zog. Danilo Gallinari, Shai Gilgeous-Alexander, fünf Erstrundenpicks plus die Bürde, in zwei Jahren das eigene Erstrundenwahlrecht mit den Thunder tauschen zu müssen, waren eigentlich ein zu hoher Preis für George allein. Aber der Tausch brachte eben auch Leonard, und damit war der Deal vertretbar. Allerdings müssen natürlich beide gesund bleiben. Leonard wird wohl wieder nur so um die 60 Partien absolvieren, um sein lädiertes Bein nicht überzustrapazieren, George wurde nach der Saison gleich an BEIDEN Schultern operiert. Egal: Bleiben die Stars gesund, sind die Clippers (die sich auch mit brauchbaren Rollenspielern verstärkt haben) ein absoluter Favorit – das ließ sich noch nie über die Clippers sagen.

Am Ende dann also doch: Anthony Davis ist ein Laker! Auch hier war der Preis heftig (Lonzo Ball, Brandon Ingram, Josh Hart, drei Erstrundenpicks, zwei Tauschrechte), aber alternativlos. In der Folge musste Rob Pelinka als Manager entscheiden, ob er das restliche Geld in einen (fast) Maximalvertrag oder mehrere brauchbare, preiswertere Akteure investieren würde. Es war eine Entscheidung, die ihm schließlich der länger zögernde Kawhi Leonard abnahm. Als sich der Finals-MVP für die andere Heimkabine im Staples Center entschied, gab es keinen würdigen Maximalspieler mehr auf dem Markt, Pelinka verpflichtete mit seinen Restmillionen Green, Cousins und Bradley. Zudem wurden Veteranen aus dem Vorjahr gehalten. Der Kader mag zwar gerade auf Point Guard noch etwas unrund daherkommen, solche Probleme dürften den Lakers aber erst mal egal sein: Sie werden auf ein Nachbessern während der Saison spekulieren. Sollte Cousins (er wirkte im Sommer extrem fit) zu alter Stärke finden, wäre er der Steal des Sommers für 3,5 Millionen Dollar.

Note: 1+

Note: 1-

36

2019

DEALS:

Jonas Valanciunas, Tyus Jones (beide Free Agents), Jae Crowder, Grayson Allen, Josh Jackson, De’Anthony Melton, Miles Plumlee, Solomon Hill, Andre Iguodala (alle Trade), Ja Morant und Brandon Clarke (beide Draft)

ABGÄNGE:

Mike Conley (Jazz), Delon Wright (Mavericks), Avery Bradley (Lakers), C.J. Miles (Wizards), Chandler Parsons (Hawks) und Jevon Carter (Suns) Die Grizzlies sind komplett im Neuaufbau angekommen und dürften weiterhin dealen. Morant und Jaren Jackson Jr. gehört die Zukunft. Josh Jackson kann beweisen, dass er wirklich einen vierten Pick wert war … Valanciunas und Jones wurden vor allem verpflichtet, um Druck von den beiden Youngstern zu nehmen (bzw. im Falle des Litauers so lange Center zu spielen, bis Jackson körperlich dazu in der Lage ist). Den Trades von Conley, Wright und Parsons dürften noch weitere folgen. Iguodala, Crowder, Hill und Plumlee werden nicht gebraucht, können aber (abgesehen von Plumlee) einem Favoriten helfen.

Note: 3+


MIAMI HEAT

MILWAUKEE BUCKS

Minnesota T’wolves

Fotos: Mark Blinch/Adam Pantozzi/Ezra Shaw/Vaughn Ridley/Michael LeBrecht II/David Sherman/NBAE via Getty Images

DEALS:

Khris Middleton, Brook Lopez, Robin Lopez, George Hill, Kyle Korver, Wesley Matthews, Dragan Bender und Thanasis Antetokounmpo (alle Free Agents)

ABGÄNGE: DEALS:

Jimmy Butler, Meyers Leonard (beide Trade), Tyler Herro und KZ Okpala (beide Draft)

ABGÄNGE:

Dwyane Wade (Karriereende), Hassan Whiteside (Blazers), Josh Richardson (76ers) und Ryan Anderson (unbekannt) Mit Butler holte Macher Pat Riley endlich wieder einen All Star nach Miami. Dabei schmerzt der Abgang von Richardson zwar, aber „Jimmy Buckets“ soll natürlich mit seinem Namen über kurz oder lang einen zweiten Hochkaräter anlocken. Soll das eventuell Chris Paul sein, dessen Name immer wieder mit den Heat in Verbindung gebracht wurde? Riley wird ab Mitte Dezember – wenn die Free Agents des Sommers getradet werden dürfen – sehr aktiv sein.

Note: 2-

Malcolm Brogdon (Pacers), Nikola Mirotic (FC Barcelona), Tony Snell (Pistons), Tim Frazier (Pistons) und Jon Leuer (entlassen) Das beste Team der regulären Saison 2018/19 blickt auf einen durchwachsenen Sommer zurück. Middleton, Brook Lopez und Hill blieben, dafür gingen Brogdon und Mirotic. Nach den schwachen Vorstellungen von Eric Bledsoe – der während der Saison eine Verlängerung unterschrieben hatte – würde das Management sicher die Zeit in diesem Fall zurückdrehen, dieses Geld sparen und lieber Brogdon anbieten. Dass Mirotic sich lieber dem FC Barcelona anschloss, war eine handfeste Überraschung, verzichtete er doch auf mehrere Millionen Dollar. Mit Robin Lopez vereinten die Bucks indes die Lopez-Brüder, und auch der Neue soll den Dreier werfen – den ebenfalls die in die Jahre gekommenen Matthews und Korver nehmen werden.

Note: 3-

DEALS:

Noah Vonleh, Jordan Bell (beide Free Agents), Shabazz Napier, Treveon Graham, Jake Layman (alle Trade), Tyrone Wallace (Waiver), Jarrett Culver und Jaylen Nowell (beide Draft)

ABGÄNGE:

Derrick Rose (Pistons), Taj Gibson (Knicks), Tyus Jones (Grizzlies), Dario Saric (Suns) und Anthony Tolliver (Blazers) D’Angelo Russell war das Ziel der Wolves, am Ende wurden es ein paar solide Ergänzungsspieler. Wirklich besser dürfte Minnesota so nicht geworden sein, und mit Saric, Jones, Gibson und Rose gingen einige wichtige Veteranen verloren.

Note: 4 37


NBA

Der

große

NBA-Offseason-Report

New Orleans New York Pelicans Knicks

DEALS:

Julius Randle, Bobby Portis, Taj Gibson, Elfrid Payton, Marcus Morris, Wayne Ellington, Reggie Bullock (alle Free Agents), R.J. Barrett und Ignas Brazdeikis (beide Draft)

ABGÄNGE:

DEALS:

Zion Williamson, Jaxson Hayes, Nickeil Alexander-Walker, Marcos Louzada Silva (alle Draft), Derrick Favors, Brandon Ingram, Lonzo Ball, Josh Hart (alle Trade), Darius Miller, Nicolo Melli und J.J. Redick (alle Free Agents)

ABGÄNGE:

Anthony Davis (Lakers), Elfrid Payton, Julius Randle (beide Knicks), Solomon Hill (Hawks) und Stanley Johnson (Raptors) David Griffin durchlebte einen so spektakulären wie erfolgreichen ersten Sommer als Manager der Pelicans. Trades mit den Lakers und Jazz brachten vier potenzielle Starter in den Kader, ganz zu schweigen von den Draftpicks der Lakers. J.J. Redick und Nicolo Melli kamen als Schützen, die vor allem den jungen Big Men rund um die Zone Platz verschaffen sollen. Es gab wohl kaum einen Neuaufbau in der Geschichte der Association, der so rasant vonstattenging.

Note: 1+ 38

2019

Oklahoma City Thunder

DEALS:

Chris Paul, Danilo Gallinari, Shai GilgeousAlexander (alle Trade), Darius Bazley (Draft), Mike Muscala und Nerlens Noel (beide Free Agents)

Mario Hezonja (Blazers), Noah Vonleh (Wolves), DeAndre Jordan (Nets) und Lance Thomas (unbekannt)

ABGÄNGE:

Ja gut, äh … die Knicks wollten mal wieder den ganz großen Wurf. Doch aus Kyrie Irving und Kevin Durant wurden am Ende Elfrid Payton plus Julius Randle. In dieser Hinsicht war der Sommer ein weiterer Fehlschlag in einer ganzen Reihe von Free-Agency-Desastern in Manhattan. Aber: Die Knicks warfen nicht panisch mit Millionen um sich. Bis auf Randle unterzeichnete keiner der Neuzugänge einen Vertrag, der länger als zwei Saisons läuft. Bei allen Neuen ist das letzte Jahr ihres Arbeitspapiers nicht garantiert. Heißt: Die Knicks können sie vorzeitig entlassen, ohne ihnen das volle Restgehalt bezahlen zu müssen. New York kann also in den kommenden beiden Sommern wieder ins Buhlen um Stars einsteigen oder diese Verträge traden. Bis dahin jedoch muss die Frage erlaubt sein, wie die Frontcourt-Neuzugänge basketballerisch zusammenpassen und wie der Stau auf Point Guard gelöst werden soll.

Manager Sam Presti wurde von Paul Georges Trade-Forderung komplett überrascht. Mit ihr stand über Nacht eine schwere Entscheidung ins Haus: Neuaufbau um Westbrook oder ein kompletter Neuaufbau? Auch wenn diese Frage nicht abschließend beantwortet wurde, so scheint festzustehen: Sobald Mitte Dezember die Free Agents des Sommers getradet werden dürfen, wird auch Chris Paul die Thunder wieder verlassen. Ein Deal für den Point Guard wurde vor der Saison nicht gefunden – eine weitere Zusammenarbeit ergibt für beide Seiten aber keinen Sinn. Denn die Zukunft auf der Eins heißt GilgeousAlexander, Paul will Titel gewinnen. Presti wird in den kommenden Monaten den Markt für „CP3“, aber auch für Dennis Schröder, Steven Adams und Danilo Gallinari sondieren. Der Neuaufbau hat gerade erst begonnen, und die bis zu 15 Erstrundenpicks in den kommenden sieben Jahren sind ein guter Start dafür.

Note: 3-

Russell Westbrook, Paul George und Jerami Grant (alle Trade)

Note: 1+


Orlando Magic

Philadelphia Phoenix 76ers Suns

Fotos: Layne Murdoch Jr./David Dow/Zach Beeker/Fernando Medina/Jesse D. Garrabrant/Melissa Majchrzak/NBAE via Getty Images

DEALS:

Tobias Harris, Al Horford, Mike Scott, Kyle O’Quinn, James Ennis III, Raul Neto, Shake Milton, Furkan Korkmaz (alle Free Agents), Josh Richardson (Trade), Ben Simmons (Verlängerung), Matisse Thybulle, Marial Shayok und Jordan Bone (alle Draft)

ABGÄNGE:

Jimmy Butler (Heat), J.J. Redick (Pelicans), T.J. McConnell (Pacers) und Boban Marjanovic (Mavericks)

Die Orlando Magic hielten ihre Free Agents und so ihr Playoff-Team zusammen. Fraglich ist jedoch, ob Aminu viel zu diesem Kader wird beisteuern können. Defensiv hilft der Flügel, aber der Dreier fällt nicht wirklich sicher.

All-in – die 76ers sind komplett im „Win now“-Modus angekommen. Harris (180 Millionen Dollar, fünf Jahre) und Horford (109 und vier) sind die neuen Spitzenverdiener des Teams. Harris wird mehr offensive Anteile bekommen, Horford kann neben Center Joel Embiid für Spacing und Defense sorgen. Simmons unterschrieb eine fünfjährige Verlängerung ab 2020/21 im Wert von 170 Millionen Dollar. Mit Richardson kam ein günstigerer und jüngerer Ersatz für Jimmy Butler. So weit, so gut (und teuer). Aber das Team verlor in Redick auch seinen besten Schützen, Fragen zum Thema Dreier und Bank bestehen. Doch das dürfte eine Franchise mit derartig formidabler Erster Fünf erst einmal ziemlich egal sein. Die Sixers wollen jetzt den Titel!

Note: 3

Note: 2

DEALS:

Nikola Vucevic, Terrence Ross, Al-Farouq Aminu, Michael Carter-Williams, Khem Birch (alle Free Agents) und Chuma Okeke (Draft)

ABGÄNGE:

Timofey Mozgov (unbekannt)

DEALS:

Kelly Oubre Jr., Ricky Rubio, Jalen Lecque, Cheick Diallo (alle Free Agents), Dario Saric, Aron Baynes, Jevon Carter (alle Trade), Cameron Johnson und Ty Jerome (beide Draft)

ABGÄNGE:

Troy Daniels (Lakers), Josh Jackson, De’Anthony Melton (beide Grizzlies), T.J. Warren (Pacers), Richaun Holmes (Kings) und Kyle Korver (Bucks) Rubio kommt als Point Guard ohne Dreier, Saric als Stretch-Vierer und Baynes als harter Backup auf Center. Einen wirklichen Unterschied machen sie alle nicht.

Note: 439


NBA

Der

große

NBA-Offseason-Report

2019

Portland Sacramento San Antonio Trail Blazers Kings Spurs

DEALS:

Damian Lillard (Verlängerung), Kent Bazemore, Hassan Whiteside (beide Trade), Rodney Hood, Mario Hezonja, Anthony Tolliver, Pau Gasol (alle Free Agents) und Nassir Little (Draft)

ABGÄNGE:

Al-Farouq Aminu (Magic), Enes Kanter (Celtics), Seth Curry (Mavericks), Evan Turner (Hawks), Maurice Harkless (Clippers), Jake Layman (Wolves) und Meyers Leonard (Heat) Die Blazers bekamen in Whiteside und Gasol Ersatz für den noch immer verletzten Jusuf Nurkic. Der Ruf von Whiteside litt zuletzt aufgrund genereller Unlust auf das System in Miami. Wird sich das in Portland ändern? Gut möglich, denn Whiteside wird 2020 vertragsfrei. Solange Nurkic ausfällt, ergibt sich also theoretisch eine Win-win-Situation für Team und Spieler. Die restlichen Neuzugänge sollen für mehr Gefahr von der Dreierlinie sorgen – was bei Bazemore zuletzt nicht der Fall war. Der Ex-Hawk muss sich jedoch ebenfalls für ein neues Arbeitspapier empfehlen und zeigte in der Vergangenheit die Fähigkeit, nicht nur von Downtown zu treffen, sondern auch als sekundärer Playmaker aktiv zu sein.

Note: 3 40

DEALS:

Harrison Barnes, Trevor Ariza, Dewayne Dedmon, Cory Joseph, Richaun Holmes, Tyler Lydon (alle Free Agents), Kyle Guy, Justin James und Vanja Marinkovic (alle Draft)

ABGÄNGE:

Willie Cauley-Stein, Alec Burks (beide Warriors) und Frank Mason (unbekannt) Die Kings legten früh in der Free Agency mächtig los – mit dem Ziel, endlich wieder die Playoffs zu erreichen. Während Barnes als variabler Forward-Scorer agieren kann, den das Guard-Duo De’Aaron Fox/Buddy Hield braucht, ist er doch mit 85 Millionen Dollar für vier Jahre heillos überbezahlt. Zumal es eventuell ein Problem mit der Wurfverteilung geben kann, wenn Marvin Bagley größere Ansprüche anmeldet … Ariza und Dedmon sollen Dreier plus Defense bringen, Joseph und Holmes solide Leistungen als Backups auf Aufbau bzw. Center. Jede dieser Entscheidungen ergibt Sinn … bis auf Barnes.

Note: 3+

DEALS:

Rudy Gay, Trey Lyles (beide Free Agents), DeMarre Carroll (Trade), Luka Samanic, Keldon Johnson und Quinndary Weatherspoon (alle Draft)

ABGÄNGE:

Davis Bertans (Wizards) Die Spurs sind die Spurs. Mit Lyles und Carroll holten sie solide Rollenspieler, wobei ersterer mit nur 23 Jahren noch einiges an Potenzial als Stretch-Big in sich trägt. Bis 2021 die Verträge von DeMar DeRozan (er kann schon 2020 aussteigen) und LaMarcus Aldridge auslaufen, dürfte San Antonio das Maximale aus diesem Kader herausholen.

Note: 3-


Toronto Raptors

Utah Jazz

Washington Wizards

DEALS:

Thomas Bryant, Ish Smith, Isaiah Thomas (alle Free Agents), Jonathon Simmons (Trade), Moritz Wagner, Isaac Bonga, Jemerrio Jones, Davis Bertans (alle Trade), Rui Hachimura und Admiral Schofield (beide Draft)

ZUGÄNGE:

Stanley Johnson, Rondae Hollis-Jefferson, Cameron Payne, Matt Thomas, Patrick McCaw, Terence Davis (alle Free Agents) und Dewan Hernandez (Draft)

ABGÄNGE:

ABGÄNGE:

Fotos: Sam Forencich/Rocky Widner/Elsa/Michael Reaves/Atiba Jefferson

Kawhi Leonard (Clippers) und Danny Green (Lakers) Als Leonard die Raptors nicht mal einen Monat nach dem Titelgewinn verließ, blieb Macher Masai Ujiri nicht viel anderes übrig, als auf dem Schnäppchenmarkt auf die Jagd zu gehen – was auch gelang. Johnson, Payne und Hollis-Jefferson können sich als bisher enttäuschende ehemalige Erstrundenpicks empfehlen. Ansonsten dürfte Ujiri bereits einen Schritt weiter sein: ein Rebuild um Pascal Siakam. Kyle Lowry, Marc Gasol und Serge Ibaka werden 2020 Free Agents … es wäre recht überraschend, wenn sie dann alle noch bei den Raptors spielen. Ujiri kann im Meisterrennen 2020 das Zünglein an der Waage sein.

Note: 4

ZUGÄNGE:

Mike Conley (Trade), Bojan Bogdanovic, Ed Davis, Jeff Green, Emmanuel Mudiay (alle Free Agents), Jarrell Brantley, Justin WrightForeman und Miye Oni (alle Draft)

ABGÄNGE:

Derrick Favors (Pelicans), Ricky Rubio (Suns), Raul Neto (76ers) und Kyle Korver (Bucks) Die Jazz hatten zuletzt einfach zu wenig Offensive. In dieser Hinsicht schaffen Conley und Bogdanovic Abhilfe. Aber auch Green, Davis und Mudiay sollten allesamt einen positiven Beitrag leisten. Keine Frage: Diese Jazzer sind ein Kandidat für die Conference Finals.

Note: 1

Trevor Ariza (Kings), Dwight Howard (Grizzlies), Bobby Portis (Knicks), Tomas Satoransky (Bulls), Jabari Parker (Hawks), Jeff Green (Jazz) und Jonathon Simmons (unbekannt) Wann traden die Wizards endlich Bradley Beal? Der Shooting Guard ist neben Chris Paul der am meisten zu habende All Star. Doch wo wollen die Wizards überhaupt hin? Die Antwort kann nur „Rebuild“ heißen. Beals Trade wäre der endgültige Startschuss für einen überfälligen Neustart. Denn John Walls SupermaxVertrag ist der einzige hoch dotierte, der über die Saison 2020/21 hinaus läuft. Ansonsten sollten die Wizards ihren Youngstern – unter anderem Rui Hachimura, Moritz Wagner und Isaac Bonga – viele Minuten geben.

Note: 4 41


NBA

Der

Wer ist zu haben? Auch wenn 2020 nicht die Güteklasse A der NBA-Stars vertragsfrei auf den Markt kommt, so gibt es doch einige Hochkaräter, die unter Umständen schon ab Mitte Dezember – wenn die Free Agents 2019 getradet werden dürfen – zu haben sind und die Kräfteverhältnisse der Liga beeinflussen können. Zum Beispiel diese hier …

Fotos: Richard Lautens/Toronto Star via Getty Images

Chris Paul, Thunder Bradley Beal, Wizards D’Angelo Russell, Warriors Kevin Love, Cavaliers Kyle Lowry, Raptors Marc Gasol, Raptors Steven Adams, Thunder Myles Turner, Pacers Goran Dragic, Heat Andrew Wiggins, Wolves Danilo Gallinari, Thunder Dennis Schröder, Thunder

42

große

NBA-Offseason-Report

2019


Der Dürresommer von 2020 Die Free Agency 2020 könnte eine recht ereignislose werden. Grund: Es gibt kaum Hochkaräter, die vertragsfrei auf der Suche nach neuen Teams sein werden – vor allem da Anthony Davis aller Wahrscheinlichkeit nach in L.A. verlängert. Hier eine Auflistung der besten …

FREE AGENTS Kyle Lowry Fred VanVleet Goran Dragic Jeff Teague Andre Iguodala Eric Gordon Danilo Gallinari Paul Millsap Draymond Green Serge Ibaka Derrick Favors Marc Gasol Montrezl Harrell Hassan Whiteside DeMarcus Cousins

SPIELEROPTION* DeMar DeRozan Gordon Hayward Otto Porter Jr. Anthony Davis Andre Drummond

RESTRICTED FREE AGENTS** Dejounte Murray Buddy Hield Jaylen Brown Bogdan Bogdanovic Caris LeVert Cedi Osman Taurean Prince Pascal Siakam Brandon Ingram Dario Saric Domantas Sabonis *Spieler kann aus seinem Vertrag aussteigen **Restricted Free Agent, Team kann mit Angebot gleichziehen

43


NBA

Masai

Ujiri

MASAI UJIRI GIANT OF AFRICA Er nennt Nelson Mandela sein Vorbild, wird vom nigerianischen Präsidenten hofiert und hat Barack Obamas Handynummer auf Schnellwahl gespeichert. Er war der erste afrikanische General Manager in der Basketball Association und erst der zweite farbige Macher, der jemals einen NBA-Titel gewinnen konnte. Masai Ujiris Werdegang vom unbezahlten Scout zum Meister ist der Stoff, aus dem Träume gemacht sind. Text: Sebastian Dumitru 44


Fotos: Harry How/Getty Images

D

as erste Mal traf FIVE Masai Ujiri vor fünf Jahren. Es war in Italien. Die Sonne brannte ein Loch in die Hallendecke, während europäische Nachwuchsakteure versuchten, sich in die Laptops der versammelten NBA-Scouts zu spielen. Ujiri hatte gerade seine erste Saison als Manager in Toronto absolviert und die Raptors schon in seinem Premierenjahr zum ersten DivisionsTitel seit 2007 geführt. Über die zweite Playoff-Runde waren die Kanadier zu jenem Zeitpunkt, im Juni 2014, dennoch nie hinausgekommen. Die Franchise wurde nicht für voll genommen, galt selbst im eigenen Land als ulkige Sideshow, als irrelevanter Zeitvertreib neben der Staatsreligion Eishockey. Den Nigerianer störte das schon damals überhaupt nicht. „Wie es bisher immer war, interessiert mich nicht, denn wir schauen nach vorne. Toronto ist eine der tollsten Städte der Welt, eine unterhaltsame, kosmopolitische Metropole, die alles zu bieten hat, und wir sind sehr stolz, dort arbeiten zu dürfen“, führte Ujiri aus. „Ein gutes Team zu kreieren, ist meine Aufgabe als General Manager, und unsere Aufgabe als Raptors ist es, eine erfolgreiche Gewinnerkultur zu etablieren. In diesem Prozess stecken wir gerade – Besitzer, Spieler, Coaches, ich … wenn wir das schaffen und gewinnen, kommen auch die Stars. Wir werden dort etwas Großes aufbauen, und dann werden wir ja sehen, ob Spieler immer noch einen Bogen um Toronto machen. Wir haben ein Ziel zu erreichen, und das heißt ‚Meisterschaft‘. Und wir werden alles dafür tun, um da eines Tages auch hinzukommen.“ Zwei Dinge fielen schon damals auf: Ujiris Selbstbewusstsein und der unerschütterliche Glaube an die eigenen Stärken. Und: Er spricht immer von „wir“ statt von „ich“. Integration ist kein Modewort, Inklusion kein abstraktes Konzept in der Welt des frischgebackenen NBA-Champions. Sie bildet die Grundlage seines Handelns. Sein Leben ist voller Momente, in denen seine „people skills“ über das entschieden haben, was wir im Allgemeinen als Erfolg und Misserfolg interpretieren. Ujiri ist ein Meister darin, sich mit den richtigen Sachkennern zu umgeben, progressiv zu denken und bestehende Konventionen auf den Kopf zu stellen, um Ergebnisse zu erzielen. Dieses menschliche Mosaik, das er im Laufe der Zeit um sich geschart hat, ist das Geheimnis seines durchschlagenden Erfolgs.

Zu schlecht für den Traum

„Unterm Strich geht es in dieser Liga nur darum: Erfolg – und den hatte Masai Ujiri überall, wo er bisher gearbeitet hat“, sagt David Thorpe, der in Florida Profiund College-Spieler trainiert und Ujiris

erster Kontakt im Business war. „Seine Art funktioniert. Die Raptors haben in den letzten fünf Jahren die drittmeisten Siege der Liga eingefahren. Natürlich haben sie in den Playoffs früher enttäuscht, aber das galt für jedes andere Team genauso, das eben nicht Golden State oder Cleveland hieß. Und jetzt sind sie NBA-Champions!“ Die Laufbahn des in England geborenen Sohnes zweier Medizinstudenten ist der Stoff, aus dem Träume sind – und eine immerwährende Gedächtnisstütze, dass Plan B manchmal besser funktioniert, als es Plan A jemals gekonnt hätte. Ihr kennt die Story vermutlich längst: Ujiri zog als Kind mit

„Ich bin weder enttäuscht, noch habe ich nachts Probleme mit dem Einschlafen. Und das möchte ich auch den RaptorsFans mit auf den Weg geben: Wir werden okay sein. , Weiter geht s ...“ -----------

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seinen Eltern zurück nach Nigeria, fing im Alter von 13 Jahren mit Basketball an, wollte Profispieler werden. Seine Eltern erlaubten ihm, seinem Traum in den Vereinigten Staaten nachzujagen. Er lebte bei einer nigerianischen Familie in Seattle, wo er auf die Highschool ging. Danach Junior College in North Dakota, Uni in Montana ... noch bevor er den Abschluss in der Tasche hatte, zog es ihn nach England, um als Profi durchzustarten. Doch es startete so gut wie gar nichts. Derby County in England, dann zweite Liga in Belgien, Wolfenbüttel in der zweiten Bundesliga, dann wieder Belgien, Finnland, Dänemark ... Im Alter von nur 32 Jahren lernte Ujiri eine schmerzhafte, aber überlebensnotwendige Lektion: Manchmal

jagst du vergeblich einer Sache hinterher, die gar nicht oder nicht mehr existiert. Für ihn war das der Traum vom Profi-Basketballer. Er war „einfach nie gut genug“, wie er selbst sagt. So platzen Träume: von jetzt auf gleich. Diese Lektion nahm er für später mit – es half ihm bei vielen seiner Entscheidungen im Laufe seiner weiteren Karriere. Ujiri disponierte um, stieg ins Coaching und Scouting ein und ging zurück nach Afrika. Er begann – während ausgedehnter Scouting-Trips in die USA, nach Südamerika und Europa – ein noch engeres Netzwerk von Kontakten, Beziehungen und Insider-Infos zu knüpfen. Thorpe stellte ihn beim NCAA Final Four 2002 Coaching-Kollegen vor, die sofort von ihm eingenommen waren. Sein Name machte die Runde. Wenige Monate später absolvierte einer von Ujiris Klienten bei den Orlando Magic ein Pre-DraftWorkout, sie lernten deren Chefscout Gary Brokaw kennen. Über Brokaw kam prompt der Kontakt zum damaligen Magic-Headcoach Doc Rivers und General Manager John Gabriel zustande. Sichtlich beeindruckt, offerierten sie dem 32-Jährigen dessen erste Anstellung in der NBA: unbezahltes Scouting für das Team aus der Southeast Division. Ujiri nahm dankend an. Er lebte von seinen Ersparnissen, „von Turnier zu Turnier“, übernachtete auf Sofas von Freunden oder teilte sich Hotelzimmer mit Kollegen und Spielern. Seine Ausdauer machte sich bezahlt, als ihn Jeff Weltman – damals für die Denver Nuggets tätig, heute Präsident der Orlando Magic – mit General Manager Kiki Vandeweghe bekannt machte. Vandeweghe stellte Ujiri prompt als internationalen Scout ein, komplett mit Gehaltsscheck und allem Drum und Dran. Vier Jahre später offerierten ihm Bryan Colangelo und die Toronto Raptors eine Position als Boss ihrer internationalen Scouting-Abteilung, beförderten ihn kurze Zeit später sogar zum Assistant Manager. Denver holte ihn drei Jahre später zurück, installierte ihn als ersten afrikanischen General Manager der LigaHistorie! Er machte sich sofort einen Namen, als er Superstar Carmelo Anthony tradete, führte die Nuggets zu ihrer besten NBA-Saison aller Zeiten und wurde als „Executive of the Year“ gekürt. Toronto lockte ihn 2013 abermals, diesmal mit einem lukrativen Deal und allen Privilegien als Basketballpräsident. Ujiri nahm an.

Nicht nur Basketball

„Masai hat sich hier in einer Umgebung durchgesetzt, die lange Zeit sehr schlecht darin war, Ausländer zu integrieren“, sagt Thorpe. „In den USA haben Afrikaner, Afroamerikaner oder andere Minderheiten kaum eine Chance, auf professioneller Ebene in

45


Fotos: Mark Blinch/Carlos Osorio/Toronto Star via Getty Images/Chris Elise/Ron Turenne/NBAE via Getty Images

NBA

Masai

die Entscheidungsriege aufzusteigen. Hierzulande haben immer nur weiße, alte Männer den Ton angegeben. Das ist kein guter Look. Ich bin unglaublich stolz darauf, was Masai erreicht hat und welche Türen er dabei geöffnet hat. Wir brauchen mehr Menschen wie ihn. Wir brauchen mehr Frauen, die das Sagen haben. Wir brauchen mehr Ausländer, die das Sagen haben. Das ist das Tolle an den Raptors: So vielseitig und multikulturell Toronto als Stadt ist, so vielseitig und zukunftsorientiert ist auch die Raptors-Franchise unter Masai Ujiri. Er blickt über den Tellerrand hinaus, denkt global, hat das schon immer getan. Von solchen Leuten brauchen wir mehr in unserer Liga, denn Basketball ist heute ein globales Phänomen.“ Commissioner Adam Silver vergleicht Ujiri und dessen Einfluss auf einen ganzen Kontinent mit dem Rattenfänger von Hameln. Der RaptorsPräsident sitzt dem „Basketball Without Borders“-Programm vor, hat mit seinem gemeinnützigen Entwicklungsprogramm „Giants of Africa“ die Grundlage für Tausende afrikanischer Kids geschaffen – nicht nur in Nigeria. Die Youngsters, die an seinen Camps teilnehmen, erhalten oft die Chance, an einer Uni zu studieren, ihre natürlichen physischen Anlagen in freie Bildungsmöglichkeiten umzuwandeln und ihrem Leben so eine neue Richtung zu verleihen. Das muss nicht zwingend mit einem Kaderplatz in der NBA oder in einer hochwertigen europäischen Liga enden. „Ich kann nicht die Welt verändern, aber in meinem Bereich, mit Basketball als Vehikel, kann ich mein Bestes tun. Ich werde keinen Erfolg gehabt haben, wenn ich nicht den Weg für die Generation nach mir ebne. Ich will andere Manager, Präsidenten, Besitzer aus Afrika sehen“, erklärt Ujiri, warum Basketball für ihn gleichzeitig Mittel zum Zweck und der Zweck selbst ist. Der 49-Jährige ist einer der scharfsinnigsten, raffiniertesten Entscheider im Basketball-Business. Er tritt furchtlos, vorwärtsdenkend, resolut auf und dabei doch bescheiden, einfühlsam, menschlich. Er zitiert Schriftsteller, trägt maßgeschneiderte Designeranzüge, verkörpert Stil und Klasse und lässt sich dennoch von seinem inneren Wettbewerber zu „Fuck Brooklyn“Statements hinreißen – die ihm damals ein mächtiges Bußgeld einbrachten. Er hat bewiesen, dass er genauso mühelos über einen längeren Zeitraum organisch aufbauen kann (die Raptors 905 gewannen vor zwei Jahren den Titel in der G-League, angeführt von Pascal Siakam, Fred VanVleet und Norman Powell, die integraler Bestandteil des Meisterkaders 2018/19 wurden), wie er in aggressiven Trades Superstars vom Schlage eines Kawhi Leonard nachjagt. Leonard, Danny Green und Marc Gasol

46

Ujiri

kamen allesamt vor oder während der abgelaufenen Meistersaison. „Alles fing lange vor Kawhi an. DeMar DeRozan, Coach Dwane Casey, Jonas Valanciunas – sie waren Teil der Grundlage, die alles überhaupt möglich gemacht hat. Veränderung ist schwer. Veränderung fällt schwer. Aber manchmal ist das im Sport die einzige Möglichkeit, besser zu werden“, fährt Ujiri fort und führt weiter aus: „Wir hatten es jahrelang stets auf dieselbe Tour probiert. DeMar hatte Unfassbares geleistet über die Jahre, hatte uns überhaupt erst auf das Niveau einer respektablen Franchise gehoben. Wenn du aber die Chance hast, einen Spieler vom Kaliber eines Kawhi Leonard zu bekommen, dann setzt du alles in Bewegung. Via Trade, Draft oder Free Agency – egal wie. Das war unsere Chance als Franchise.“ Für den Raptors-Macher war der Trade für den unzufriedenen Star der San Antonio Spurs kein fahrlässiges Aufs-Spiel-Setzen der Geschicke seiner Franchise. „Kawhi ist ein kompletter Basketball-Spieler, der an beiden Enden überragt. Seine Präsenz alleine, seine Mentalität, das hilft jungen Spielern und gibt allen im Team Selbstvertrauen“, erklärt Ujiri. „Kawhi Leonard verändert das Level, das eine Organisation erreichen kann. Wir mussten nur ein bisschen Vertrauen aufbauen, und dann kam alles wunderbar zusammen.“ Und die Gefahr, den werdenden Free Agent weniger als zwölf Monate später wieder an die Gesetze des Marktes zu verlieren und ihn aus der Stadt ziehen zu sehen? „Mir ist es immer lieber, einen werdenden Free Agent eine volle Saison in meiner Franchise zu haben, ihm quasi ein Jahr lang unsere Kultur und Qualität und Vision zu präsentieren, ihn mit unseren Ärzten und Coaches arbeiten zu lassen, als während der Free Agency nur eine Stunde neben ihm zu sitzen und ihm unser Produkt verkaufen zu müssen“, findet Ujiri. „Der Spieler sieht höchstpersönlich, wie es hier ist, Beziehungen werden geknüpft und gepflegt, und am Ende wird eben eine Entscheidung getroffen. Die ist aber stets viel umfassender und gründlicher als ad hoc nach einem oder zwei Meetings.“

Am Ende: Meister

So oder so: Mit dem Gewinn der Meisterschaft legitimierte der Präsident der Raptors alle Manöver, alle Verpflichtungen, alle Kritiken – wenngleich letztere natürlich völlig verstummten, als die Dinos die Larry O’Brien Trophy in die Höhe reckten. „Den Titel zu gewinnen, ist unfassbar schwer“, sagt Ujiri. „Du brauchst die richtige Mischung und ganz viel Glück. Aber es ist ein unglaubliches Gefühl, eine NBA-Championship zu feiern. Das ist das ultimative Ziel, darauf haben wir hier so lange hingearbeitet. Es fühlt sich immer noch ein wenig surreal an. Dass wir alle kollektiv – Spieler, Coaches,

Besitzer, Mitarbeiter, Fans, Lokalmedien, diese Stadt, dieses Land – diesen Moment gemeinsam feiern können, lässt sich kaum in Worte fassen.“ Ujiri fährt fort: „Wir sind eine globale Franchise. Es ist immens wichtig, dass wir als erstes Nicht-US-Team überhaupt einen Titel gewinnen konnten, denn das wird unzählige Leute auf der ganzen Welt inspirieren. Hier liegt der Ursprung dieses Sports, hier wurde Basketball erfunden. Und jetzt ist der Titel nach Hause gekommen. Ich habe vom ersten Tag an gesagt: ,Wir werden hier in Toronto gewinnen.‘ Daran habe ich immer fest geglaubt. Und ich glaube, dass wir hier noch ein bisschen mehr gewinnen werden. Wir wollen hier weiter gewinnen. Immer und immer wieder. Jetzt geht es weiter, so ist das eben in der NBA.“ Zwischen Freudentaumel und Ernüchterung liegt in der NBA oft nicht viel Zeit. Manchmal weniger als ein Monat. Als Kawhi Leonard am 06. Juni seine Entscheidung bekannt gab, als erster amtierender Finals-MVP aller Zeiten zu einem anderen Team zu wechseln und die Raptors zu verlassen, war Masai Ujiri bereits vorbereitet. „Ich weiß natürlich auch, wie die Free Agency funktioniert. Dieses Jahr war alles ein bisschen größer, wilder, die Einsätze waren höher, und wir wussten, womit wir es zu tun hatten. Du verlässt dich auf deine Taten und darauf, was wir hier geleistet haben. Natürlich bist du da ein bisschen voreingenommen und hältst deine Position für die beste. Wir sind Meister geworden, alles hat perfekt funktioniert, blablabla. Aber so ist das eben mit Free Agents. Kawhi hat unseren Segen. Er hat hier alles gegeben, und das wissen wir sehr zu schätzen. Das habe


ich auch noch einmal klargemacht. Alle haben das bekommen, was sie wollten. Der Deal hat sich für uns mehr als gelohnt. Und jetzt geht’s eben von vorne los. Das hier ist die NBA. Es geht immer weiter. Du kannst dich hier nicht in eine Ecke verziehen und schmollen. Ich bin weder enttäuscht, noch habe ich nachts Probleme mit dem Einschlafen. Und das möchte ich auch den Raptors-Fans mit auf den Weg geben: Wir werden okay sein. Weiter geht’s ...“ Toronto wird nun evaluieren müssen, wie gut ein Team, das von Pascal Siakam, Fred VanVleet und OG Anunoby angeführt wird , künftig sein kann. Die Verträge von Kyle Lowry, Serge Ibaka und Marc Gasol laufen im kommenden Sommer aus. Ujiri wird nicht zwei Mal überlegen, wenn sich eine Möglichkeit bietet, sein Team für die Zukunft besser aufzustellen. Kaum eine Franchise arbeitet besser, kaum eine verfügt über

eine effektivere Scouting-Abteilung. Gut möglich, dass diese neue Phase Ujiris Kreativität völlig neu entfesselt. Auf kurze Sicht werden die Raptors gewinnen wollen. Von der Titelverteidigung träumt niemand – realistisch sind sie in Kanada schon immer gewesen. Die PlayoffPlatzierung ist aber so gut wie sicher mit diesem immer noch starken Kader. Das findet auch der Boss: „Unser Team ist exzellent aufgestellt. Ich mag unsere Spieler. Und wir sind perfekt positioniert, um die nächsten Schritte mit Bravour anzugehen. Wir verfügen über junge Talente im Kader, haben zukünftig Cap Space, kontrollieren unsere eigenen Draftpicks und finden dank unserer exzellenten Scouting-Abteilung sicher die nächste Welle talentierter Youngsters, irgendwo auf der Welt. Diese Organisation ist kerngesund, das Coaching ist sehr gut und Toronto ein Ort, an dem Spieler heute gerne leben und spielen möchten. Ihr seht

also, wo mein Selbstbewusstsein herrührt. Wir fühlen uns sehr gut mit Blick auf die neue Saison. Wir sind alle zusätzlich motiviert, wenn es im Herbst wieder losgeht.“ redaktion@fivemag.de

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NBA

C.J.

McCollum

C.J. MCCOLLUM AUF DEM WEG Die Portland Trail Blazers haben 2018/19 ihre erfolgreichste Saison seit der Jahrtausendwende gespielt. Auch weil C.J. McCollum an der Seite von Damian Lillard in den Playoffs ablieferte. Doch kann der 27-Jährige mehr als ein kongenialer Sidekick sein? Ăœber die ambitionierten Blazers und ihren lauffreudigen Shooting Guard. Text: Christian Orban 50


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aller Blazers-Punkte. Außer ihnen lieferte allein Defensivanker Jusuf Nurkic, der bis zu seinem Ausfall auch im Angriff als dritter Scorer und sekundärer Playmaker überzeugte, 2018/19 recht konstant ab. Wenig überraschend war in den Playoffs die Verteidigung ohne „The Bosnian Beast“ zu durchlässig und die Last für das Offensiv-Duo letzten Endes zu groß. Zumal sich nicht nur die steigende Ermüdung bemerkbar machte, wie Lillard herausstellt: „Es ist die Reife und die Einsicht, wie beständig man sein muss. Wir haben phasenweise gut gespielt und hatten starke erste Hälften. Aber in den Momenten, in denen wir nachließen und aufhörten, die Dinge zu tun, die uns die Führung gebracht hatten, fehlte uns die Erfahrung und das Wissen, wie es ist, so weit in der Saison zu gehen.“ Der geschätzte Teamplayer fügt an: „Und natürlich müssen wir uns als Spieler alle verbessern. Denn es gab einige Situationen, in denen wir nicht

in der Lage waren, daraus Kapital zu schlagen. Wenn sich die Gelegenheit dann erneut bietet, werden wir uns durchzusetzen wissen.“ Um genau das zu erreichen, baute Manager Neil Olshey im Sommer den Kader um. Al-Farouq Aminu, Enes Kanter und Seth Curry als Free Agents sowie Evan Turner plus Maurice Harkless per Trade verließen das Team. Ersetzt wurden sie bis Redaktionsschluss durch Kent Bazemore, Hassan Whiteside, Mario Hezonja und Anthony Tolliver. Nach sechs Jahren Playoffs in Folge soll es für Olshey und Coach Terry Stotts höher hinausgehen. Lillard und McCollum, die Olshey einst als Top-Ten-Picks nach Oregon brachte, bilden natürlich weiterhin das Rückgrat der Franchise. Und das aus Gründen … die nicht am defensiven Ende liegen. Dort bleiben die 1,90-MeterLeichtbau-Guards trotz aller Bemühungen angreifbar. In puncto Scoring und Shooting bilden sie dagegen fraglos eine der schlagkräftigsten Combos der NBA.

Double Trouble

Seit C.J. McCollum 2015 in Portland zum Starter befördert wurde, haben er und Lillard zusammen 1.645 Dreier eingestreut. Mehr als jedes andere Duo in der Liga außer Steph Curry und Klay Thompson. Auch sind die „Splash Brothers“ der einzige Backcourt, der in den vergangenen vier Jahren mehr Punkte pro Partie aufgelegt hat als Lillard (26,2 PPG, 36,9 3P%) und McCollum (21,6 PPG, 40,3 3P%). Lillard steht dabei mit 28 Jahren in der Blüte seiner Karriere. Der Abo-AllStar ist einer der versiertesten Angreifer der Liga: herausragend als Ballführer im Pick-and-Roll, superb als Sprungwerfer aus der Bewegung und kreativ wie effektiv beim Drive zum Korb. Während „Logo Lillard“ mit seiner Anziehungskraft und Dreierpotenz die effiziente Pick-and-Roll-Offense

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Fotos: Steve Dykes/Cameron Browne/Sam Forencich via Getty Images

018/19 gehörten die Portland Trail Blazers zu den Überraschungen der Saison. Zogen sie im hart umkämpften Westen doch erneut auf Platz drei in die NBA-Playoffs ein. Zudem war nicht wie in den Vorjahren in der ersten Runde abrupt Endstation. Stattdessen marschierten die Blazers mit viel Herz und Hingabe erstmals seit dem Jahr 2000 bis in die Conference Finals. Seinerzeit musste sich das Team um Rasheed Wallace und Scottie Pippen den dominanten „ShaKobe“-Lakers nach sieben Spielen geschlagen geben. Und auch heuer verlangte Portland den Golden State Warriors im Westfinale mehr ab, als das Resultat des Sweeps suggeriert. Die Blazers können sonach stolz auf ihre Saisonleistung sein. „Was wir dieses Jahr erreicht haben, ist beachtlich“, weiß Anführer Damian Lillard. „Wir haben ohne unseren Starting Center gespielt. (Jusuf Nurkic zog sich im März eine schwere Beinverletzung zu, d. Red.) Gegen Ende der Hauptrunde spielten wir zudem zehn Partien ohne C.J.“ Portlands Franchise-Player bekräftigt: „Wenn man sich das vergegenwärtigt, sind wir trotzdem so weit gekommen. Wir waren einen Schritt von den Finals entfernt. Und nicht nur das: In drei von vier Partien hatten wir eine zweistellige Führung herausgespielt. Ich denke, all dies ist ermutigend, dass wir den Job in Zukunft zu Ende bringen können.“ Indes wurde in den Playoffs abermals auch deutlich, dass die Pioniere in der Spitze zwar stark besetzt sind, ihnen in der Breite jedoch vielseitige und stete Ergänzungsspieler fehlen, die für echte Entlastung sorgen können. Nämlich vor allem verlässliche Schützen und Verteidiger – die Abhängigkeit von AllNBA-Guard Lillard und Backcourt-Partner C.J. McCollum ist nach wie vor immens. In der Offense dominierten sie den Ball und erzielten mehr als 40 Prozent


NBA

C.J.

der Blazers dominiert, hält McCollum das Spielgerät nur halb so lange in den Händen. An der Seite von „Dame“ agiert der wurfstarke Guard demnach oft abseits des Balles. Das gilt auch für banklastige Formationen, in denen zuletzt NonShooter Evan Turner den Playmaker gab. Schließlich ist McCollum ein exzellenter Spotup-Schütze, der es versteht, indirekte Blöcke zu nutzen, und sich clever ohne Spalding bewegt. Nicht zufällig hat er vier Jahre in Folge ligaweit im Angriff die weitesten Wege zurückgelegt. Indes fungiert der lauffreudige Dreierschütze in bestimmten Aufstellungen de facto als Ersatz-Einser, der die Offense tragen kann. Denn McCollum ist zugleich ein variabler Angreifer. Ein fähiger Pickand-Roll-Guard (rund ein Drittel seiner Abschlüsse), der sich seit Jahren den eigenen Wurf größtenteils selbst kreiert und besonders in der Halbdistanz als Pullup-Artist brilliert. Ob nach Handoffs oder im Eins-gegen-eins – der smarte 27-Jährige kommt zu Punkten. Auch weil er sich auffallend ballsicher zeigt. Nur Klay Thompson (der kaum dribbelt) bietet von allen 20-Punkte-Scorern eine niedrigere Turnoverrate an. McCollum bringt also viele Fähigkeiten mit, um in der Pace-andSpace-Ära Anerkennung zu erhalten. Doch war der „Most Improved Player“ der Saison 2015/16 noch nie All Star und wurde vielmehr beständig als „Trade Bait“ typisiert. Als „Lillards kleiner Bruder“ und Co-Star, der die Blazers nicht voranbringt.

Fotos: Steve Dykes/Garrett Ellwood/NBAE via Getty Images

Zeit zu glänzen

Unterschätzt zu werden, ist für den Mann aus Canton, Ohio indes nichts Neues. Vier Jahre verbrachte er an einer kleinen Privatuni in Pennsylvania. „Ich habe mich nach oben gearbeitet – ich war an der Lehigh University. Niemand wurde dort jemals gedraftet. Also geht es für mich darum zu zeigen, was ich jeden Abend leisten kann“, betonte Christian James McCollum Mitte Mai. Zuvor hatte er amtlich abgeliefert: in Spiel sieben der Semifinals auswärts 37 Punkte aufgelegt, dabei 17 seiner 29 Feldwürfe eingenetzt und sich keinen einzigen Ballverlust geleistet. Mit 17 Zählern hatte Portland gegen Denver im zweiten Viertel bereits zurückgelegen, ehe McCollum die Pioniere nach vorne und erstmals seit 19 Jahren ins Westfinale führte. Hierbei demonstrierte er seine Qualitäten als Scorer und Shotmaker. Allein zwölf Punkte erzielte er aus der Halbdistanz, 14 direkt am Ring. Keiner seiner vier Feldkörbe im Schlussabschnitt wurde assistiert. „Vor dem Spiel hat mir mein Bruder eine Nachricht geschickt und gesagt, ich solle attackieren“, erklärte McCollum seine Leistung. „Er meinte: ,Geh in die Mitteldistanz, bring den Floater an

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McCollum

und zieh so oft wie möglich zum Korb.‘ Also habe ich versucht, aggressiv zu sein ... und ich denke, das habe ich getan.“ „C.J. McCollum hat gezeigt, warum sie einen der besten Backcourts der NBA haben“, gab Nuggets-Coach Michael Malone anerkennend zu Protokoll. „Er hat sein Team auf den Rücken gepackt und ein Big Play nach dem anderen gemacht.“ Eine Einschätzung, die Kollege Terry Stotts teilte: „Es ist ein Luxus, zwei Jungs zu haben, die verschiedene Wege finden können, um zu punkten. C.J. macht das auf die eine, Dame auf eine andere Weise. In diesem Spiel, in dem Dame mit seinem Wurf zu kämpfen hatte, ist C.J.

Schütze zelebrieren kann. McCollum vermag sich jederzeit den nötigen Platz zu verschaffen und verwandelt den Sprungwurf aus der Bewegung hochprozentig. Zuvorderst aus der Mitteldistanz, wo er mehr als ein Viertel seiner Würfe nimmt und überragende 51,1 Prozent seiner Pullups einnetzt. Ein Wert, den 2018/19 unter allen Volume-Scorern einzig Kevin Durant überboten hat. McCollums Brillanz zeigt sich dabei gerade in Situationen, wenn Plays nicht funktionieren, wenn Improvisation und Konter gefragt sind. Dann kommt seine Raffinesse zum Tragen. Denn er verfügt über eine exzellente

hervorgetreten. Er wollte den Ball und hat die Fähigkeit, eine Partie zu übernehmen. Also haben wir ihn gesucht, und er hat die wichtigen Treffer gesetzt.“ Der Glanzabend in Denver blieb dabei keineswegs die Ausnahme. Denn auch wenn er im Westfinale gegen die Warriors etwas strauchelte, zeigte McCollum in den Playoffs seine Klasse. So erzielte er im Schnitt 24,7 Punkte, 5,0 Rebounds und 3,7 Assists, während er 39,3 Prozent seiner Dreier traf und sich zwei Drittel seiner Abschlüsse selbst erarbeitete. Wenn der Blazer den Ball mehr als siebenmal auf den Boden setzte, betrug seine effektive Feldwurfquote 57,1 Prozent. Nur Steph Curry und Kevin Durant trafen aus dem Dribbling bei hohem Volumen ähnlich stark. Mehrheitlich funktionierte McCollums Spiel also – schien er auf großer Bühne als freiheitlicher Flammenwerfer bestehen zu können. Zumal in einer NBA, die Shotmaker wertschätzt, die Defensivreihen auszutanzen verstehen.

Körperkontrolle, Auge-Hand-Koordination und Fußarbeit. Gleiches gilt für sein Ballgefühl und Timing. So ist McCollum ein begnadeter Basketballer, der dem Gegner mit einem imposanten Repertoire an Tempo- und Richtungswechseln, Ballund Körpertäuschungen zusetzt, die kaum zu verteidigen sind. Entsprechend sagt er über sein Spiel: „Vieles davon beruht auf Geschicklichkeit und Dingen, an denen man tatsächlich arbeiten und die man auch umsetzen kann. Es ist ja nicht so, als würde ich über Leute dunken wie Zion.“ Auch deswegen betont der agile und spielstarke Guard: „Ich arbeite jeden Tag an meinen Fertigkeiten. Ich studiere das Spiel. Ich nehme es sehr ernst und tue alles, was in meiner Macht steht, um sicherzustellen, dass ich ein überaus kreatives Arsenal an Waffen und Moves parat habe, die ich anbringen kann.“ Etwa um die Pick-and-Roll-Defense gekonnt zu durchbrechen oder aggressiven Verteidigern gewandt zu entwischen. „C.J. macht seine Hausaufgaben“, weiß auch Coach Stotts. „Er schaut jede Menge Film, und er hat die Fähigkeit, das nicht nur aufzunehmen, sondern auch zu reflektieren, was er tun kann oder was er in einer bestimmten

Mit Finesse zum Erfolg?

Genau dies zeichnet den 27-Jährigen aus. Er bevorzugt das Spiel auf engem Raum, wo er seine Befähigung als dribbelstarker


C.J. MCCOLLUM Situation hätte tun sollen. Ich denke, man hat im Laufe seiner Karriere gesehen, wie er sich innerhalb eines Spiels oder von Gegner zu Gegner anzupassen vermag.“ Wie in den diesjährigen Playoffs, als McCollum für den müden Lillard in den Semis in die Bresche sprang. In 87 Einsatzminuten generierte er in Spiel sechs und sieben effiziente 67 Punkte – ohne einen einzigen Ballverlust. Apropos Effizienz: Wenn die oft schweren Würfe nicht fallen, treten die Schwächen in McCollums Spiel deutlich zu Tage. Denn sein Vertrauen in lange Zweier und akrobatische Floater ist durchaus riskant für jemanden, der kaum Fouls zieht und seine Dreierpotenz (noch) nicht so ausnutzt, wie er könnte. Zwar zieht der Blazer fast zehnmal pro Partie zum Korb, wobei er extrem ballsicher agiert und solide finisht. Doch kommt er kaum an die Freiwurflinie und bedient seine Mitspieler zu selten.

Generell sinkt McCollums Assistrate seit 2015/16 beständig. Gewiss ist dies auch seiner Rolle als Scorer geschuldet, zumal Portland außer ihm und Lillard kaum Schützen aufbieten konnte. Was den Abschluss in der Zone anbetrifft, geht er oft nicht bis zum Ring, wo er pro Partie nur 3,8 Würfe nimmt und unterdurchschnittlich trifft (u.a. bloß die Hälfte seiner Layups). Stattdessen präferiert der Techniker den Floater, den er exzellent einnetzt. Doch dadurch nimmt er eben kaum Kontakt auf und zieht keine Fouls. So stand McCollum 2018/19 in der Hauptrunde nur 2,7 Mal pro Einsatz an der Linie (Playoffs: 3,5 FT). Ein wenig eindimensional zu sein, ist demnach kein unbegründeter Vorwurf. Auch besteht hinsichtlich der Wurfauswahl Luft nach oben – was McCollum als smarter Akteur jedoch längst erkannt und sein Spiel etwas verlagert hat.

„C.J. macht seine Hausaufgaben. Er schaut jede Menge Film, und er hat die Fähigkeit, das nicht nur aufzunehmen, sondern auch zu reflektieren, was er tun kann oder was er in einer bestimmten Situation hätte tun sollen.“ Terry Stotts -----------

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Folgerichtig nimmt McCollum seit zwei Jahren weniger lange Zweier. Dafür hat er nicht nur das Volumen seiner Dreier auf 6,4 pro Partie gesteigert (Playoffs: 7,3), sondern auch das Verhältnis von Würfen aus dem Stand und dem Dribbling angepasst. So sind die Hälfte seiner Distanztreffer nunmehr Pullup-Dreier, die er verlässlich einstreut. Er hat begonnen, Würfe zu nehmen, die ihn zu einem effizienteren Spieler machen können. Indes wird er aufgrund seiner Physis am Korb nicht viel zulegen können. Auch dürfte er mit 27 Jahren kein grandioser Passgeber mehr werden. Aber das ist okay. Denn C.J. McCollum ist als Basketballer die starke zweite Option eines Playoff-Teams, das sich darin bestärkt fühlen darf, an ihm festgehalten zu haben. Was zudem bleibt, ist die Hoffnung, dass das Beste für ihn und „Rip City“ noch kommen wird. redaktion@fivemag.de

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NBA

Patrick

Beverley

PATRICK BEVERLEY

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FUSS VERTEIDIGUNG

Jeder hasst es, gegen ihn zu spielen. Jeder liebt es, ihn im Team zu haben. Auf kaum einen Spieler trifft dieser Gegensatz so sehr zu wie auf Patrick Beverley. Das liegt wohl auch in seiner Heimat Chicago begründet. Text: Manuel Baraniak

A

us Träumen wird Realität … in den seltensten Fällen. Meistens platzen Träume wie Seifenblasen. Zumindest die von Abertausenden US-amerikanischen HighschoolSpielern, die sich eine Karriere in der besten Basketballliga der Welt ausmalen. Vielleicht habt ihr schon mal von William Gates oder Arthur Agee gehört … Anfang der 1990er Jahre träumen auch sie von der NBA, an der Chicagoer St. Joseph Highschool beginnen beide ihre Laufbahn – dort ging einst auch Isiah Thomas zur Schule. Doch mal fehlen der Familie die finanziellen Mittel, um für das Schulgeld aufzukommen, mal gibt es Schwierigkeiten beim Aufnahmetest fürs College. Auch wenn es beide schließlich an eine Universität schaffen, die NBA bleibt letztlich ein Traum … „Hoop Dreams“ eben. So heißt der 1994 erschienene, legendäre Dokumentarfilm, der Gates und Agee begleitet.

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13 Jahre später erscheint eine inoffizielle Fortsetzung, wieder ist eine Highschool in Chicago Schauplatz des Geschehens. Und erneut wird der Hauptdarsteller mit Highschool-Wechseln und akademischen Schwierigkeiten keinen geradlinigen Weg in die NBA verfolgen. Doch letztlich schafft es der Protagonist, mit drei Jahren Übersee als Umweg, in die Association. Seine Name: Patrick Beverley. Der Titel des Films: „Hoop Reality“. Wie passend.

Parkett-Pitbull

Die harte Realität für jeden Gegenspieler Beverleys misst 28,65 Meter. Oder in US-Maßstäben: 94 Fuß. So lang ist ein NBA-Parkett. Und innerhalb dessen, von Grundlinie zu Grundlinie, macht Beverley seinem Kontrahenten das Leben zur Hölle. Darin liegt Beverleys Spitzname begründet: „Mr. 94 Feet“.

Das hat Lonzo Ball direkt bei seinem Profidebüt gespürt. Ende Oktober 2017 stehen sich die Clippers und Lakers im Stadtduell von Los Angeles gegenüber, nach einer Auszeit Mitte des ersten Viertels nimmt Beverley seinen Kontrahenten über das ganze Feld auf. Beim Einwurf an der Grundlinie der Lakers klebt er direkt am Rookie. Den Ballvortrag gewährt Beverley seinem Gegenüber noch, doch kaum hat Ball die Mittellinie passiert, geht Beverley so hart in ihn hinein, dass dieser die Kontrolle verliert und zu Boden geht. Ein bewusstes Foul, um den Lakers-Guard wohl mit gesunder Härte in der Liga zu begrüßen. Beim darauffolgenden Einwurf klebt Beverley erneut an Ball, welcher in der eigenen Hälfte steht – und womit die Lakers einen Turnover durch ein Rückspiel begehen. Und so gelangt Beverley erfolgreich in den Kopf von Ball. Viereinhalb Jahre zuvor ist Beverley der Rookie gewesen. Doch seine intensive Gangart gab es schon damals zu sehen. Wie in den Playoffs 2013. Mit


ist einfach Teil des Basketballs. Jeder geht dort raus und will gewinnen“, erklärt Beverley nach der Begegnung. „Jeder, der mich kennt, kennt meinen Charakter: Ich werde vor niemandem zurückweichen – egal, ob Russell Westbrook oder irgendjemand anders.“ Egal, ob es sich um den explosivsten Spieler der Liga oder einen Liganeuling handelt, Beverley begegnet jedem mit der gleichen Intensität. Mit einer solchen Einstellung dürfte der Point Guard auch die Binsenweisheit kennen: Wer austeilt, muss auch einstecken können. Wie vier Jahre später, in den Playoffs 2017. Erneut duellieren sich die Thunder und Rockets in der ersten Runde, diesmal unter umgedrehten Vorzeichen. Mitte des dritten Viertels der Auftaktbegegnung verteidigt Beverley erneut Westbrook, natürlich über das ganze Feld. Mit dem vollen Fokus auf den Thunder-Guard sieht Beverley einen Block von Steven Adams nicht – und wird niedergestreckt, als wäre Adams ein Eishockey-Spieler, der Beverley gegen die

Bande checkt. Etwa vier Sekunden lang bleibt der Aufbauspieler benommen liegen, die Thunder nutzen dies und verkürzen per Dreier auf 62:64. Spätestens zwei Minuten später, nachdem beide Teams nicht aus dem Feld erfolgreich waren, ist Beverley wieder zu sich gekommen. Mit zwei Dreiern in Folge bringt er die Rockets mit elf Zählern in Führung, am Ende avanciert er zu einem der Matchwinner: zum einen wegen seines damaligen Playoff-Karrierebestwerts von 21 Punkten, zum anderen aufgrund seiner Verteidigung gegen Westbrook, der nur sechs seiner 26 Würfe trifft und neun Mal den Ball verliert. „Er bringt das in jedem Spiel. Er bringt diese Intensität, diese Entschlossenheit. Er war heute Abend einfach Pat“, macht Teamkollege James Harden auf der Pressekonferenz kein großes Aufsehen um Beverleys Leistung. Und dennoch ist dieses Spiel, sind diese Aktionen eine Blaupause dessen, was Beverley auszeichnet.

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Fotos: Andrew D. Bernstein/Brian Rothmuller/Icon Sportswire via Getty Images

den Houston Rockets nimmt Beverley in der ersten Runde als achtplatziertes Team gegen den Hauptrundenkrösus aus Oklahoma City die Außenseiterrolle ein. Mitte des zweiten Viertels der zweiten Partie dribbelt Russell Westbrook an der Seitenauslinie nach vorne, um eine Auszeit zu nehmen. Es ist ein fast ungeschriebenes Gesetz, dass dem Offensivspieler dies ungehindert gestattet wird. Doch Beverley befindet sich ganz im Defensivmodus – und springt nach vorne zu Westbrook, um den Ball zu klauen. Dabei geht Beverley in Westbrooks Knie, wodurch sich dieser letztlich einen Meniskusriss zuzieht und ab dem dritten Spiel nicht mehr in den Playoffs zum Einsatz kommt. Aus dieser vielleicht nicht dreckigen, aber durchaus gefährlichen Aktion hat sich eine Fehde entwickelt, die in der NBA derzeit wohl ihresgleichen sucht. Später im Spiel geht Westbrook nach einem Foul Beverleys zu Boden, der Rockets-Guard will Westbrook aufhelfen – dieser schlägt seine Hand aber weg. „Das


NBA

Patrick

Beverley

„Du tust natürlich das, was du kennst: Ich habe also Drogen verkauft, um zu gewährleisten, dass es meiner Familie gut ging. Das habe ich drei, vier Monate lang gemacht.“ -----------

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Bereits in seinem zweiten Jahr in der NBA wird der Guard in das „AllDefensive Second Team“ gewählt, in der Spielzeit 2016/17 gar in das „All-Defensive First Team“. ESPN-Mann Stephen A. Smith mag häufig kontroverse Meinungen vertreten, aber sein Satz bringt es auf den Punkt: „Patrick Beverley ist ein Pitbull.“ Doch der 1,85-Meter-Mann ist nicht nur ein starker Verteidiger, weil er wie eine Klette am gegnerischen Aufbauspieler hängt und diesen vor sich hält. Beverley besticht auch gegen größere und physischere Stars. Wie gegen LeBron James. Als die Clippers sich im März dieses Jahres gegen die Lakers durchsetzen, verteidigt er James in 23 Ballbesitzen – und gewährt dem „King“ in dieser Zeit keinen einzigen Punkt! In der zweiten Partie der diesjährigen Erstrundenserie gegen die Golden State Warriors glückt den Clippers das größte Playoff-Comeback der NBAHistorie, einen 31-Punkte-Rückstand machen sie wett. Dass sie diesen Rückstand noch vor dem vierten Viertel in etwa halbieren, liegt auch an Beverleys Verteidigung gegen Kevin Durant: Er lässt den Warriors-Star erst gar nicht an den Ball kommen und zieht zudem zwei Offensivfouls. Durant muss zum ersten Mal in seiner Karriere ein Playoff-Spiel wegen sechs Fouls vorzeitig beenden. Bereits in der Auftaktbegegnung hat Durant vor dem Schlusspfiff in die Kabine gehen müssen, wie auch Beverley. Denn nach einer kleinen Auseinandersetzung kassieren beide jeweils ihr zweites technisches Foul. Zwar führen die Warriors zu diesem Zeitpunkt

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bereits mit 17 Zählern, doch dass so etwas Golden State mehr schwächt, liegt auf der Hand. „Beverley ist ein Mordsverteidiger, der hart spielt. Ich habe den größten Respekt vor ihm. Aber man darf da nicht anbeißen – das ist ein schlechter Tausch für uns“, weiß WarriorsCoach Steve Kerr um Beverleys Art, in den Kopf des Gegners zu gelangen und diesen zu provozieren. Davon will Beverley aber nichts wissen. „Ich versuche nicht, in den Kopf der anderen zu gelangen. Ich kann auch nichts dafür, dass andere von mir abgelenkt werden“, wiegelt der 31-Jährige danach in der Kabine ab. „Ich gehe dort raus und versuche, der beste Verteidiger auf diesem verfluchten Planten zu sein – immer. Tagein, tagaus. Ich nehme meine Rolle und meinen Job sehr ernst. Ich tue das für meine Mitspieler.“ Es ist diese Einstellung der Aufopferung und Hingabe, die auch beim Gegner Respekt findet. Wie bei Durant, der nach der Partie erklärt: „Er ist ein Kind Chicagos. Der Typ spielt mit einer anderen Einstellung. Das kann ich an Pat wertschätzen.“ Es scheint, als wäre Chicago ein besonderes Pflaster. Dort wurden nicht nur aktuelle und einstige NBA-Stars wie Dwyane Wade, Anthony Davis, Derrick Rose, Tim Hardaway oder der zuvor erwähnte Isiah Thomas geboren, sondern eben auch Malocher wie Tony Allen oder eben Beverley. Und übrigens auch Beverleys derzeitiger Coach bei den Clippers, Doc Rivers. Das verbindet.

Tunnelblick in Übersee

Dass Chicago etwas Besonderes ist, gibt es auch in einer diesjährigen Ausgabe des „Knuckleheads“-Podcasts von Quentin Richardson und Darius Miles zu hören,

als Beverley dort zu Gast ist. Denn auch Richardson ist ein Kind Chicagos, Miles wurde zumindest im selben Bundesstaat (Illinois) geboren. Wie das Trio über das Leben in der „Windy City“ spricht, wie Chicago Einstellungen formt, ist eindringlich. Eine alleinerziehende Mutter, die ihren Sohn als noch Minderjährige bekommt. Todesfälle im nahen Umfeld. Gangmitglieder in den Zuschauerrängen, die auf Highschool-Spiele wetten. All das erlebt Beverley – was ihn abhärtet. Druck vor großen Partien, macht er im Gespräch mit den „Knuckleheads“ deutlich, kenne er unter heutigen Gegebenheiten nicht. Widrige Umstände hat sich Beverley derweil auch selbst zuzuschreiben, auch wenn er für seine College-Zeit Chicago verlassen hat und nach Arkansas ging. An der Universität in Fayetteville wird Beverley vor seinem Junior-Jahr suspendiert, weil er eine Uniarbeit von einer Ghostwriterin schreiben lässt. Die Sperre wird zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben, zu dem er sich nicht mehr für die Draft 2008 anmelden kann. Der Entschluss, sofort als Profi Geld zu verdienen, führt ihn schließlich in die Ukraine – aber erst im November. Dazwischen? Beverley blickt im Gespräch mit Richardson und Miles zurück: „Mein Agent hat mir drei-, viertausend Dollar geliehen. Mein Sohn war gerade erst geboren. Du tust natürlich das, was du kennst: Ich habe also Drogen verkauft, um zu gewährleisten, dass es meiner Familie gut ging. Das habe ich drei, vier Monate lang gemacht. Ich habe in dieser Zeit einen Cousin verloren, der auch Drogen verkauft hat. Danach habe ich gründlich


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Fotos: Chris Elise/Andrew D. Bernstein/Brian Rothmuller/Icon Sportswire via Getty Images

FUSS VERTEIDIGUNG

nachgedacht: Will ich auf der Straße sein? Oder will ich Basketball spielen?“ Das tut Beverley schließlich bis Dezember 2012 rund drei Spielzeiten lang in Europa. Er entwickelt einen „Tunnelblick“, wie er es nennt, und blendet das Umfeld in Übersee zunächst komplett aus. Zu sehr fokussiert er sich auf ein Engagement in der NBA. Erst in seinem dritten Jahr im Ausland öffnet der US-Amerikaner seine Augen für eine andere Kultur. Nach einem Jahr bei Olympiakos Piräus (wo er übrigens Teamkollege von Milos Teodosic ist, beide sind später eineinhalb Jahre lang Teamkollegen bei den Clippers) verschlägt es ihn damals ins russische St. Petersburg. Beverley schätzt seine Zeit in Europa. Er sei dort schließlich erwachsen geworden und habe gelernt, was wirklich harte Arbeit sei. Dann geht es ganz schnell: Im Januar 2013 unterschreibt Beverley einen mehrjährigen Vertrag bei den Houston Rockets, wird zwar zunächst in der Entwicklungsliga eingesetzt, spielt sich dann aber direkt als Backup in die Rotation der Raketen. In den Playoffs rutscht er sogar nach einem Spiel von der Bank in die Startformation. Fünf Jahre lang bekleidet Beverley eine „Dreier-und-Defense“Rolle in Houston, offensiv kommt er nie über 10,2 Punkte pro Spiel hinaus. Und trotzdem wird der Guard bei seiner Rückkehr nach Houston, nachdem er im Zuge des Trades um Chris Paul zu den Clippers verschifft worden ist, mit einem Video geehrt. Nicht vielen Spielern mit diesen Zahlen wird eine solche Ehre zuteil, doch zu sehr hat er mit seiner Intensität einen Eindruck in Houston hinterlassen. Dass Beverley in jenem Video zu sehen ist,

wie er eine Thunder-Figur boxt und sich mit Westbrook Trashtalk liefert, mag dabei nicht verwundern. Apropos Paul-Trade: Bei den Clippers tritt Beverley in große Fußstapfen – was er aber auch will. Schließlich hatte der Guard die Rockets von sich aus um einen Trade gebeten. Doch solch große Fußstapfen, die ein neunmaliger All Star wie Paul hinterlässt, können auch einschüchtern. Diesbezüglich erklärt Beverley bei „The Ringer“ einmal: „Du solltest dieses Gefühl, davonlaufen zu wollen, auch haben. Das Davonlaufen ist die Extra-Arbeit: die ExtraLaufeinheiten, die Extra-Kraftübungen, die Extra-Würfe. So läufst du vor der Angst davon: mit Mehrarbeit.“

Herz der Außenseiter

Diese Mehrarbeit hat Beverley in der abgelaufenen Saison keinen Platz in einem der beiden All-Defensive-Teams beschert – was viele als Farce betrachtet haben. Die anfangs erwähnten Spiele gegen die Warriors um Durant und die Lakers um James sind Beispiele, die Beverley als einen der hartnäckigsten Verteidiger der Liga verorten. ESPNs Real-Plus-Minus-Statistik hat ihn 2018/19 immerhin als zehntbesten Guard-Verteidiger geführt. Für Doc Rivers geht Beverleys Einfluss aber darüber hinaus: „Es gibt keine Analytics und keine Zahlen, die quantifizieren können, was Pat für ein Team tut. Er gibt niemals klein bei, er ist tough, und er hat das größte Herz, das ich jemals gesehen habe.“ Mit solchen Attributen kann ein Spieler die Kultur einer Franchise prägen. Das gilt vor allem für eine Franchise, die in ihrer Stadt immer im Schatten der glamourösen Lakers

steht. „Wenn du für die Clippers spielst, dann bist du wie ein Außenseiter, wie ein Arbeiter, wie jemand, der nicht in die erste Reihe kommt und ganz hinten stehen muss“, beschreibt es Beverley im „Knuckleheads“-Podcast. Ob sich dies jemals ändern wird? Zumindest sportlich, mit Blick auf die vergangenen Jahre, befinden sich die Clippers auf einem sehr guten Weg. Bereits vor dem Saisonstart hatte Beverley einen Playoff-Einzug seines Teams prophezeit – und dass die Clippers besser abschneiden würden als die Lakers. Große Klappe, aber auch was dahinter. Wenn auch nicht so sehr in der Offensive, dort werden Beverleys Limitationen bleiben: Ballabseits als Schütze ist der Guard gut aufgehoben. Er arbeitet trotz Größennachteilen stark am offensiven Brett, doch ein primärer Ballhandler mag Beverley beileibe nicht sein. Damit die Clippers den nächsten Schritt gehen, ist es also wichtig, dass Beverley keine größere Offensivrolle einnehmen muss und dass stattdessen Franchise-Spieler wie Kawhi Leonard und Paul George in Los Angeles aufgeschlagen sind. Wenig Skills im Angriff? Mag sein, doch Beverley schaut auf andere Dinge. „Heutzutage ist hart zu spielen eine Fähigkeit – weil viele Spieler das einfach nicht tun“, macht er im Podcast von Adrian Wojnarowski deutlich. „Das zeigt allen Kindern auf der Welt, dass du nicht all die besonderen Fähigkeiten haben musst, um in der NBA zu spielen.“ Träume können also auch anders Realität werden. Patrick Beverley ist das beste Beispiel dafür. redaktion@fivemag.de

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NBA

John

Beilein

JOHN BEILEIN REBUILD STATT PENSION John Beilein ist ein Vollblut-Coach der alten Schule. Seit mehr als 40

Jahren steht der Übungsleiter an der Seitenlinie und trainierte auf jedem Level, das der amerikanische Basketballsport zu bieten hat: Highschool, Community College, NCAA-Division III, II und I. In der kommenden Spielzeit feiert der 66-Jährige sein NBA-Debüt bei den Cleveland Cavaliers. Wie der älteste NBA-Rookie-Headcoach aller Zeiten noch seinen Weg in die beste Basketballliga der Welt fand – und wie die Cavaliers von ihm profitieren könnten. Text: Torben Adelhardt

M

it 66 Jahren, da fängt das Leben an! […] Mit 66 ist noch lange nicht Schluss!“

Wer kennt ihn nicht, den bekannten Gassenhauer der Schlagerlegende Udo Jürgens, in dem die Lebensfreude im Rentenalter besungen wird … Es ist unwahrscheinlich, dass John Patrick Beilein diesen Refrain im Kopf hatte, als er im Mai dieses Jahres seine Arbeitspapiere bei den Cleveland Cavaliers unterzeichnete. Und doch entsprechen die Songzeilen so genau der aktuellen Situation von Beilein, dass Jürgens sie auch extra für den Basketballlehrer aus New York verfasst haben könnte. Deutsche Basketballfans dürften den Namen Beilein wohl am ehesten mit Moritz Wagner in Verbindung bringen, coachte er den Neu-Wizard während dessen dreijähriger Collegezeit bei den Michigan Wolverines. Oder vielleicht sogar noch mit Johannes Herber, den der Trainer in West Virginia anleitete. Als die Cleveland Cavaliers am 21. Mai ihren neuen Headcoach im Rahmen einer großen

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Pressekonferenz vorstellten, machten sie Beilein offiziell zum bislang ältesten NBA-Rookie-Trainer. Während andere Übungsleiter mit 66 Jahren entspannt Richtung Karriereende blicken, wagt Beilein den Sprung von der NCAA zu den Profis. Eine Entscheidung, die für Außenstehende größtenteils nur schwer nachvollziehbar war, wie Beilein bei seiner Vorstellung berichtete: „Die Situation hat sich für mich absolut richtig angefühlt. Ich hatte aber das Gefühl, dass die Leute mich angeschaut haben und dachten: ,Ist der verrückt? Wieso macht er das?‘“ Die Frage nach dem Warum. Sie kommt einem schon zwangsläufig in den Sinn, wenn einer der meistdekorierten College-Trainer der Neuzeit den Campus verlässt, um sich in das Haifischbecken NBA zu stürzen. Schließlich stehen die Cavaliers nicht unbedingt für Kontinuität auf dem Trainerstuhl – Beilein ist der fünfte Cheftrainer in den vergangenen sechs Jahren. Cavs-Besitzer Dan Gilbert lässt mit seinem impulsiven Verhalten regelmäßig jene Weitsicht sowie Nachhaltigkeit vermissen, die ein Franchise-


Verantwortlicher an den Tag legen sollte. Die Liste an Verfehlungen des Entscheiders vom Eriesee ist lang. Dämlich-unkreative Hasstiraden in Comic Sans oder die dauerhaften Zwistigkeiten mit David Griffin, dem besten General Manager, den die Cavaliers in diesem Jahrtausend hatten, toppen diese sogar noch. In Michigan war Beilein eine Ikone. Fans und Spieler lagen dem sympathischen Übungsleiter gleichermaßen zu Füßen. In seiner zwölfjährigen Amtszeit führte er die Wolverines zu zwei Meisterschaften in der Big Ten (2012, 2014) und zweimal bis ins NCAA-Finale (2013, 2018). In Ohio wiederum agiert Beilein unter der Federführung eines Machtmenschen mit nachgewiesen kurzer Zündschnur. Also warum die Entscheidung für die NBA und die Cleveland Cavaliers? Um Antworten auf diese Frage zu finden, lohnt es sich, den Weg von Beilein nachzuverfolgen und seine CoachingPhilosophie bzw. -Mentalität zu verstehen. Als am 13. Mai in Ann Arbor die Meldung bekannt wurde, dass der Erfolgstrainer sein Amt bei den Michigan Wolverines sofort niederlegt, nahm eine Erfolgsgeschichte ihr jähes Ende. Die meisten Anhänger von „UMich“ hatten damit gerechnet, dass „JB“ bis zum Renteneintritt die Geschicke am Huron River leiten würde. Schließlich hatte Beilein noch vor dem Start der vergangenen Spielzeit seine Arbeitspapiere bis zur Saison 2022/23 verlängert. Die finanziellen Eckdaten: 3,8 Millionen US-Dollar pro Jahr inklusive einer jährlichen Steigerung um 400.000 US-Dollar. Auf offizieller Seite proklamierte niemand die Vertragsverlängerung als einen „Vertrag auf Lebenszeit“ – was er in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch war. Sicher, da waren die Gerüchte um ein Interesse der Detroit Pistons an seiner Person. Aber mit der Neuanstellung von Dwane Casey in der „Motor City“ schien das Thema NBA-Engagement für John Beilein endgültig passé zu sein. Der omnipräsente TwitterNewskönig Adrian Wojnarowski verkündete dann jedoch am Muttertag dieses Jahres im klassischen „WojBomb“-Stil, dass Michigans Headcoach laut seiner „Liga-Quellen“ einem FünfJahres-Vertrag bei den Cleveland Cavaliers zugestimmt habe. In Ann Arbor kam diese Nachricht genauso überraschend an wie im Rest des Landes. Weder Coaching-Staff noch Spieler aus dem aktuellen Wolverines-Kader hatten im Vorfeld eine Ahnung davon, dass Beilein in Kürze sein Amt niederlegen würde. Sie alle nahmen von seinem Abschied über die einschlägigen Social-Media-Kanäle Notiz. „Es gibt nie den perfekten Moment, um sich zu verabschieden“, betonte Beilein im Anschluss an die Bekanntmachung seines Wechsels. „Der

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Fotos: Harry How/Getty Images

Time to say Goodbye


NBA

John

Beilein

„Es geht jetzt darum, eine vernünftige Kultur zu etablieren, bei der es auf Zusammenhalt und Teamdienlichkeit ankommt. Wir haben mit Sicherheit auch holprige Zeiten vor uns.“ -----------

Job bei den Cavaliers bietet einfach so viel Potenzial für Großartiges, dass ich diese Möglichkeit nicht verstreichen lassen konnte.“ Diesen Worten haftete zweifelsfrei eine Spur von Rechtfertigung an. Beilein selbst hatte das Gefühl, er schulde seinen Spielern, seinen Trainerkollegen und auch allen Michigan-Anhängern eine Erklärung dafür, warum er sich letztlich zu diesem Schritt entschied. Am Nachmittag desselben Tages kamen zahlreiche Spieler sowie der erweiterte Trainerstab auf dem Campus zusammen, um in einem persönlichen und privaten Gespräch die Beweggründe von Beilein aus erster Hand zu erfahren. „Es war wirklich ein trauriger Moment“, berichtete einer der anwesenden Universitäts-Mitarbeiter. „Er wollte sich einfach nur selbst erklären. Die Wahrheit

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ist aber: Seine Spieler und Kollegen haben seine Entscheidung sofort verstanden. Was soll man auch sonst machen, wenn man ein NBA-Angebot erhält? Das ist schließlich auch der Traum von jedem seiner Jungs.“ Und so endete eine Ära, die 2007 ihren Anfang nahm. Beilein beerbte damals Tommy Ammaker, der es in seinen sechs Jahren bei den Wolverines verpasste, eine Rückkehr ins NCAA-Tournament zu feiern. Für Beilein selbst war Michigan zu diesem Zeitpunkt der nächste logische Schritt in seiner Karriere. Von 2002 bis 2007 war er bei den West Virginia Mountaineers tätig, die er vom Tabellenkeller der Big East Conference bis ins Elite Eight (2005) respektive Sweet Sixteen (2006) des großen NCAA-Turniers führte. In Michigan erhoffte man sich eine vergleichbar positive Entwicklung.

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Die erfolgsverwöhnte Universität hatte in der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre mit einem Korruptionsskandal zu kämpfen, weshalb den Wolverines alle Spiele von 1995 bis zum Ende der Saison 1998/99 aberkannt wurden. John Beilein stand zum Zeitpunkt seiner Ernennung als neuer Michigan-Trainer für zwei Dinge: Er war ein Verfechter eines prinzipientreuen Spielsystems, das auf einer 1-3-1-Zonenverteidigung sowie Cuts, Dreipunktewürfen und Dribble-Drives in seiner Zwei-Guard-Offensive fußt. Zum anderen genoss Beilein den Ruf als fairer Sportsmann, der die NCAA-Regularien strikt befolgt. Für Michigan somit der ideale Trainer, um den Erfolg auf dem Basketballfeld sowie die Reparatur des angeknacksten Images gleichermaßen sicherzustellen. Und


Beilein sollte in den folgenden zwölf Jahren tatsächlich abliefern. Nach anfänglichen Schwierigkeiten – Michigan verpasste in den ersten drei „Beilein-Jahren“ noch zweimal das NCAA-Turnier mit einer negativen Bilanz – gehörten die Wolverines ab 2010 jedes Jahr zu den besten Teams der Nation. Beilein präsentierte sich stets als nahbarer Trainer, der einen respektvollen und ehrlichen Umgang mit seinen Spielern pflegt. Bei der Suche nach dem Ursprung seiner Coaching-Mentalität muss man jedoch noch weiter zurückgehen.

Fotos: David Liam Kyle/NBAE via Getty Images

Der Lehrer

John Beilein wuchs in den Fünfziger- und Sechzigerjahren in Burt, New York auf. Der Basketballsport war in seiner Familie eine feste Konstante. Seine Mutter entstammt der Niland-Familie, die im westlichen Teil von New York in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den College-Basketball maßgeblich prägte. Ihre Brüder Tommy Niland Jr. und Joseph gingen für die Canisius Golden Griffins auf Korbjagd, kamen zu All-American-Ehren und trainierten später noch sehr erfolgreiche New Yorker College-Teams wie LeMoyne (Tommy) und Canisius (Jospeh). Beilein ging nach seiner Highschool-Zeit auf die Wheeling University (West Virginia), wo er von 1971 bis 1975 Division-II-Basketball spielte. Es zeichnete sich jedoch frühzeitig ab, dass ihm eine längerfristige Karriere auf dem Basketballfeld verwehrt bleiben sollte. In seinem dritten Jahr fungierte der Guard zwar als Teamkapitän, kam jedoch in keiner seiner vier Spielzeiten auf mehr als zehn Minuten Einsatzzeit pro Partie – insgesamt blieb er unter 100 Karrierepunkten. Als Backup-Guard wurde Beilein für seine bescheidene und teamdienliche Art sehr geschätzt. Aber einen Unterschied auf dem Spielfeld machte er zu keiner Zeit. Während die Basketballkarriere von Beilein mit dem Ende seines Senior-Jahres ihren Abschluss fand, war der Moment seines letzten Spiels für die Wheeling Cardinals zugleich der Beginn seiner Trainerlaufbahn. Beilein brach seine Zelte in West Virginia ab und kehrte zurück in seine Heimatstadt. An der Newfane Highschool verdiente sich der damals 22-Jährige seine ersten Sporen als Headcoach. Das JuniorVarsity-Team der Schule führte er in den ersten beiden Jahren zu einer Bilanz von insgesamt 27 Siegen bei neun Niederlagen. Dass es Beilein bereits zu diesem Zeitpunkt nicht an Selbstvertrauen und Zielstrebigkeit mangelte, illustriert eine Anekdote aus der Frühphase seiner Amtszeit bei den Newfane Panthers. Es war die zweite Trainingseinheit für das Junior-Varsity-Team in der Saison 1975/76, als der neue Übungsleiter, ein 22-jähriger College-Absolvent mit langen blonden Haaren, seine Spieler

während eines Drills zusammenrief. Die 15-jährigen Basketballer hatten die Übung nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit durchgeführt, sodass der Headcoach ernste Worte an sein Team richtete. „Ich werde eines Tages eine Top-Uni in der Division I trainieren und kann meine Zeit nicht mit eurer Lustlosigkeit und fehlender Einsatzbereitschaft verschwenden“, ließ er seine Jungs wissen. Auch 40 Jahre später ist der Satz bei Jim Weber noch präsent. „Ernsthaft, er sagte nicht zu uns: ‚Ich werde ein College-Coach werden.‘ Nein, er sagte: ‚Ich werde der Trainer einer Top-Mannschaft in der Division I.‘ Das sagte der Kerl einfach so am zweiten Tag seiner ersten JV-Saison“, erinnert sich der damalige Beilein-Schützling mit einem Lachen an die spezielle Trainingseinheit. Beilein arbeitete zu dieser Zeit nicht nur als Basketballtrainer, sondern leitete nebenbei noch die Football- und Baseballmannschaft der Schule. Zusätzlich stand er als Geschichtslehrer vormittags in den Klassenräumen. Bereits als 22-jähriger Nachwuchstrainer ging Beilein seiner Arbeit mit Detailbesessenheit nach. Er erfasste alle Statistiken seiner Spieler in sämtlichen Trainingseinheiten und händigte den pubertierenden Jungsportlern zum Ende jeder Saison Notizzettel aus, auf denen er ihnen ehrliches Feedback zu ihrem Entwicklungsstand gab – und in welchen Bereichen sie sich zukünftig noch verbessern mussten. „Er behandelte jeden Spieler wie einen Starter. Er gab uns das Gefühl, dass er sich persönlich darum kümmert, dass jeder von uns zu einem besseren Spieler wird“, erklärt Charlie Porter, ebenfalls Mitglied des ersten Basketballteams von John Beilein. Nach drei erfolgreichen Jahren als Headcoach der Newfane Highschool erfolgte der Wechsel an das Erie Community College. Von da aus ging es über die Stationen Nazareth, Le Moyne, Canisius und Richmond im Jahr 2002 zu den West Virginia Mountaineers in die höheren Sphären des NCAADivision-I-Basketballs – eine großartige Erfolgsgeschichte. Dabei blieb Beilein bei all seinen Stationen immer seinen Prinzipien treu. Ein Basketballlehrer, der den zweiten Teil des Begriffs so stark personifiziert wie kaum ein anderer Übungsleiter in der modernen Basketballwelt. „Er hat einen unfassbar großen Basketballsachverstand, achtet ganz genau auf die Details und kann sich ihnen in Windeseile anpassen. Er hilft seinen Spielern dabei, Fehler schnell auszumerzen. Am Ende lässt sich alles auf seine herausragenden Fähigkeiten als Kommunikator und Lehrer zurückführen“, bringt es Bill Beilein, Neffe von „JB“ und Trainer des Niagara County Community College, passend auf den Punkt.

Der perfekte Mann

John Beilein stand bei seinen bisherigen Stationen stets vor der gleichen Herausforderung: eine Mannschaft zurück zu Glanz und Gloria zu führen. Auch die Cleveland Cavaliers befinden sich zum Zeitpunkt seines Amtsantritts am Ende der Nahrungskette in ihrer Conference beziehungsweise Division. Ein Team, das jedoch gespickt ist mit vielversprechenden Youngstern wie Darius Garland, Collin Sexton, Kevin Porter Jr. und Cedi Osman. Für Beilein also die optimale Situation, um seinen Stärken als Förderer und Lehrer nachzukommen. „Es geht jetzt darum, eine vernünftige Kultur zu etablieren, bei der es auf Zusammenhalt und Teamdienlichkeit ankommt. Wir haben mit Sicherheit auch holprige Zeiten vor uns, aber es geht darum, konstant Fortschritte zu erzielen“, betont er. Das Spielermaterial entspricht aber nicht nur aus reinen Altersgründen den Ansprüchen von Beilein. Der 66-Jährige gehörte damals zu den ersten College-Trainern, die ihre Offensive konsequent auf „Pace-andSpace“ auslegten. Viele direkte Blöcke für den Dribbler, Dreier und Bewegung abseits des Balles prägen das Erscheinungsbild des favorisierten Stils von Beilein. Er wird von seinen Akteuren verlangen, dass sie sich auf seine Spielphilosophie vollständig einlassen – und dass sie bereit sind, ihr Spiel dementsprechend anzupassen beziehungsweise zu entwickeln. Was bei einem Veteranen-Team womöglich schwierig geworden wäre, könnte bei einer jungen Mannschaft, die sich im Neuaufbau befindet, aufgehen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Beilein mit dem „Kulturschock“ und den zahlreichen Unterschieden, die zwischen College- und NBA-Basketball bestehen, erfolgreich umgehen kann. Vor allem die Tatsache, dass in der Association kaum Zeit für Mannschaftstraining bleibt, wird für ihn gewöhnungsbedürftig sein. Mit Jerry Tarkanian wagte vor rund 27 Jahren zuletzt ein NCAAHeadcoach jenseits der 60 den Sprung in die NBA. Bei den UNLV Runnin’ Rebels feierte „Tark the Shark“ in den Achtziger- und Neunzigerjahren große Erfolge, installierte einen innovativen Hochgeschwindigkeits-Spielstil und war der Architekt eines der erfolgreichsten Teams der Neunziger. Seine Amtszeit bei den San Antonio Spurs betrug 1992 dann genau 20 Spiele – nach einem enttäuschenden 9-11-Saisonstart musste Tarkanian wieder seinen Hut nehmen. Daraufhin ging er zurück in die NCAA, wo er bis 2002 die Geschicke der Fresno State Bulldogs leitete. John Beilein muss sich in der NBA beweisen. Aber das ist okay. Das ist er gewohnt. Mit 66 Jahren ist es noch nicht zu spät für einen Neuanfang. redaktion@fivemag.de

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NBA

Das

Spiel

am

Zonenrand

TO POST OR NOT TO POST? WARUM DAS POSTUP-SPIEL NICHT AUSSTERBEN SOLLTE! Ist das Spiel am Zonenrand in der NBA tot? Coach Jens Leutenecker hat sich durch die Statistiken gewühlt, im Videokeller übernachtet und sagt: NEIN! Text: Jens Leutenecker

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V

eränderungen gehören zum Leben. Es entwickelt sich, passt sich an, findet bessere Lösungen für Probleme oder läuft Modeerscheinungen hinterher. Egal ob das Nasenpflaster im Fußball der 90er Jahre, die Regeländerungen im Volleyball oder der Rückgang des schönen, harten Postup-Spiels im Basketball – alles bleibt anders, auch in der NBA. Dort scheinen sich die Teams per stillem Taktikagreement in den vergangenen zehn Jahren darauf geeinigt zu haben, das Spiel mit dem Rücken zum Korb drastisch zu verringern. Während im Jahr 2009/10 noch fast 14-mal pro Spiel am Zonenrand aufgepostet wurde, waren es 2014/15 noch knapp 12,5 Angriffe rechts oder links unten am Zonenrand im Bereich, der auch „am Block“ genannt wird. In den vergangenen fünf Jahren waren es sogar nur noch durchschnittlich neun Postup-Angriffe. Dieser Rückgang von knapp 30 Prozent gegenüber der Saison 2014/15 ist in der Geschichte der NBA einzigartig! Teams wie die Utah Jazz oder die Atlanta Hawks verzichten sogar fast gänzlich auf diese Version des „Inside Game“ und nehmen stattdessen einen Dreier nach dem anderen. Und genau letzteres repräsentiert derzeit den aktuellen Stand der Wissenschaft: umso mehr Dreier, desto besser. Postup-Abschlüsse gelten als wenig effizient – dabei bildeten sie über Jahrzehnte das Erfolgsfundament der NBA. In diesem Artikel soll ein tieferer Blick in die Zahlen geworfen und beleuchtet werden, was in der NBA 2K20 sinnvoll ist und was nicht. Joel Embiid ist ein 2,13 Meter großer und 111 Kilogramm schwerer Center-Gigant, der gern den Dreier nimmt, mit dem Eurostep durch die Zone navigiert und generell dominiert. Seine größte Stärke (im wahrsten Sinne) ist dennoch das PostupSpiel: In etwas mehr als acht Angriffen mit dem Rücken zum Korb erzielt er 8,5 Punkte, was genau 1,05 Punkten pro Postup-Angriff entspricht. Zur Einordnung: Durchschnittlich bringt ein NBA-Angriff 0,99 Punkte ein. Hinzu kommt: So gut Embiid am Zonenrand auch agiert, auch er wirft mal einen Ball nach dem Postup neben den Korb. Diese Rebounds sichert sich Philadelphia in über 35 Prozent der Fälle, was dem Team eine Unmenge an zweiten Wurfchancen eröffnet. Nicht selten ist es Embiid selbst, der sich den Ball direkt wieder krallt und reinlegt. Problem: Die Statistiker sprechen in diesem Fall von einem Postup-Fehlwurf und einem erfolgreichen Putback. Dass Embiids Aufposten den

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Fotos: Rich Schultz/Getty Images

Versteckte Postups


NBA

Das

Rebound begünstigt hat, geht komplett unter. Taktisch gesehen sind diese beiden Aktionen jedoch nicht zu trennen. Oft hat der direkte Gegenspieler von Embiid keine optimale Reboundposition, wenn er zuvor gegen den Center verteidigte. Der 76er kommt mit zu viel Power auf seinen Verteidiger zu, schiebt ihn Richtung Korb, bringt ihn aus dem Gleichgewicht. Auch in der Bundesliga gab es mit Jon Brockman ein Beispiel für dieses Phänomen. Der ehemalige Center der Milwaukee Bucks und MHP Riesen Ludwigsburg besitzt eigentlich keine wirklichen Bewegungen mit dem Rücken zum Korb. Seine Strategie ist denkbar einfach: Er wühlt sich mit seinem massigen Körper (115 Kilogramm auf 2,01 Meter) einfach bis unter den Korb durch, wirft den Ball nach oben, sichert sich ziemlich häufig den Abpraller und legt den Ball dann rein. Nennen wir es PostupPunkte „über Umwege“. Joel Embiid erzielt bei den direkten Putbacks 1,15 Punkte pro Ballbesitz. Neben den Putbacks gibt es eine andere Kategorie, hinter der sich eigentlich Postup-Punkte verstecken. Eine taktisch gute Position für den Centerspieler wird häufig per indirektem Block vorbereitet. Das bedeutet: Ein kleinerer Spieler, meistens ein körperlich stabiler Small Forward, setzt einen guten Block für den Big Man, damit dieser unter Umständen gegen einen körperlich unterlegenen Verteidiger aus einer Position nah an der Zone angreifen kann. Manchmal schläft die Verteidigung jedoch, und der Center bekommt den Pass für einfache Punkte unterm Korb zugespielt. Taktisch gesehen ist das ein ganz klarer Postup-Spielzug, unter analytischen Gesichtspunkten spricht man von Cut-Punkten nach einem indirekten Block. Embiid erzielte 2018/19 in 30 Situationen aus dieser taktischen Variante 46 Punkte! Mit Würfen aus dem Eins-gegeneins, direkten Putbacks und Punkten aus Postup-Spielzügen erzielte Joel Embiid also zuletzt 1,17 Punkte pro Ballbesitz. Damit übertraf er James Hardens Isolationen (1,11 Punkte pro Ballbesitz) und befindet sich in Schlagdistanz zu Stephen Currys Würfen aus indirekten Blöcken (1,28 Punkte pro Ballbesitz).

Fotos: Abbie Parr/Getty Images

Weg vom Fadeaway

Der Augentest zeigt uns häufig und mit einer gewissen Sicherheit, ob wir gerade einen guten oder einen schlechten Wurf in der Zone gesehen haben. Um das auf eine statistisch saubere Ebene zu heben, muss grundsätzlich zwischen Bewegungen zum Korb mit Abschlüssen in der Zone und Sprungwürfen aus der Mitteldistanz unterschieden werden.

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Spiel

am

Zonenrand

Der Abschluss in der Zone ist im Schnitt völlig in Ordnung und schneidet mit 0,99 Punkten pro Abschluss genau im Liga-Mittel ab. Werden jetzt noch die gesteigerten OffensivreboundMöglichkeiten in die Gleichung mit aufgenommen, ergibt sich der Schluss: Mit dem Rücken zum Korb zu ackern (oder auf Englisch: „bangen“), lohnt sich definitiv! Ganz anders verhält es sich jedoch mit den Fadeaway-Sprungwürfen à la Michael Jordan, Kobe Bryant oder natürlich Dirk Nowitzki. Diese Abschlüsse sind absolute Spezialwürfe und für den Otto Normal-NBA-Spieler nicht effizient. Häufig springt der Spieler weg vom Korb, dreht sich dabei noch um die eigene Achse und muss mit einer Hand im Gesicht werfen. Oder anders gesagt: Es gibt einen Grund, warum nur die besten Spieler diese Abschlüsse häufig genug treffen – sie sind verdammt schwierig. Zudem wird ein Sprungwerfer nur selten gefoult – entsprechend entfallen die einfachen Punkte an der Freiwurflinie. Kobe Bryant, Dwyane Wade und in letzter Zeit auch Luka Doncic haben in ihr Postup-Spiel verschiedene Wurftäuschungen („Pumpfakes“) eingebaut, um Fouls zu ziehen. Dennoch: Selbst ein LaMarcus Aldridge, der den Fadeaway perfektioniert hat, kommt „nur“ auf eine 47-prozentige Trefferquote. Sprungwürfe aus dem Postup ergeben im Ligaschnitt 0,88 Punkte pro Ballbesitz, diese Würfe sind ineffizient. Der Fadeaway-Jumper ist natürlich ein schöner Wurf, der aus taktischen Gründen immer mal wieder eingestreut werden kann, um die Verteidigung zu verunsichern. Aber eine Postup-Offensive sollte eher auf körperlicher Überlegenheit denn auf technisch schwierigen Würfen aufbauen.

Post up to pass out

Mit Stephen Curry und Klay Thompson haben die Golden State Warriors gleich zwei der besten Distanzschützen aller Zeiten, und diese werden häufig mit indirekten Blöcken eingesetzt. Über 16 Punkte erzielen die Warriors mit dieser Variante pro Spiel, und nicht selten kommt der Pass für diesen Wurf aus dem Post. Obwohl die Warriors nicht überdurchschnittlich häufig vom Zonenrand werfen, passte kein Team den Ball häufiger in den Lowpost als Steve Kerrs von der Triangle-Offense inspirierte Mannschaft. Oftmals positioniert sich Draymond Green am Block, um von dort das Spiel aufzuziehen. Das Aufposten, um den Ball dann zum Mitspieler an die Dreierlinie zu spielen oder einen zum Korb cuttenden Mitspieler für den Korbleger zu finden, ist für die Warriors extrem lukrativ. Im NBA-Schnitt erzielt die „Post up to pass

out“-Offensive mit 1,12 Punkten pro Ballbesitz einen Topwert und scheint die deutlich bessere Taktik-Variante zum „Pick-and-Roll to pass out“ (0,93 Punkte pro Ballbesitz) zu sein.

Die Taktik-Opfer

John Collins von den Atlanta Hawks ist ein vielversprechender Jungprofi, der in der vergangenen Saison beeindruckende Zahlen auflegen konnte: 19,5 Punkte und fast zehn Rebounds pro Spiel produzierte der 2,08 Meter große Power Forward. Nachteilhaft für ihn ist jedoch die Tatsache, dass die Hawks einfach nicht an das taktische Mittel „Postups“ glauben. Pro Spiel wandert der Ball in genau vier von 118 Angriffen an den Block, davon zweimal zu Collins. Individuell kann er seinen Mitspieler regelmäßig schlagen und gehört zum oberen Drittel im Spiel mit dem Rücken zum Korb. Bei Pässen aus dem Post treffen seine Mitspieler so gut, dass die Hawks 1,29 Punkte pro Ballbesitz erzielen. Das Problem: Collins hat verständlicherweise gar nicht die Absicht, den Ball wieder abzuspielen, wenn er ihn tatsächlich mal bekommt. Nur in jedem fünften Spiel wandert der Spalding wieder zurück hinter die Dreierlinie! Strategisch machen die Hawks Collins zu einem typischen US-Center, der hart arbeitet und den Ball nicht länger als zwei Sekunden in der Hand behalten darf. Dagegen ist nichts einzuwenden, es wird aber Collins’ Postup-Potenzial nicht gerecht … Keine Mannschaft läuft prozentual gesehen so viele Pick-andRolls wie die Utah Jazz. Rudy Gobert hämmert den Ball mit 70-prozentiger Sicherheit nach einem Anspiel von Ricky Rubio, Joe Ingles oder Donovan Mitchell durch die Reuse. Damit rangierte der Franzose auf dem ersten Platz der Abroller in der NBA! Problematisch wird es, wenn der Gegner beim Blocken-und-Abrollen switcht und Gobert danach gegen den Verteidiger des Ballführers angreifen kann: Seit Jahren verzichten Gobert und die Jazz auf Postups … der Switch raubt den Jazz also die beste Offensivwaffe. Dann bleibt nur noch ein isolierter Wurf aus dem Dribbling, der nur bei Mitchell ordentlich fällt. Das war vor allem in der Playoffserie gegen die Houston Rockets entscheidend. Die Rockets switchten viel, Utah konnte nicht aufposten oder mit dem Dribbling im Einsgegen-eins eine Offensive generieren. Den idealen Mittelweg scheinen die Denver Nuggets gefunden zu haben: Mit Nikola Jokic haben sie einen brillanten Passgeber aus dem Low- sowie Highpost und mit Jamal Murray einen guten jungen Pick-and-Roll- bzw. Handoff-Spieler. Also


spielen die Nuggets weniger Blocken-undAbrollen als der Ligaschnitt, dafür wird mehr aufgepostet, um den Ball im Zweifel wieder rauszuspielen. So erzielte Denver zuletzt die sechstmeisten Cut-Punkte in der NBA. Fazit: Das Postup-Spiel hat in der über hundertjährigen BasketballGeschichte definitiv seinen Platz – man muss es nur richtig einsetzen. Isolationen am Zonenrand sind für einige Spieler lukrativ, für andere jedoch gar nicht. Vor allem aber lohnt es sich, wenn der Lowpost als Dreh- und Angelpunkt verstanden wird, aus dem Offensive generiert wird. Es wird interessant sein zu sehen, ob sich die NBA in den kommenden Jahren in genau diese Richtung weiterentwickelt. Denn: Postup ist nicht gleich Postup. redaktion@fivemag.de

Selbst ein LaMarcus Aldridge, der den Fadeaway perfektioniert hat, kommt „nur“ auf eine 47-prozentige Trefferquote. Sprungwürfe aus dem Postup ergeben im Ligaschnitt 0,88 Punkte pro Ballbesitz, diese Würfe sind ineffizient. -----------

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NBA

WHAT IF ...? ...? Was

wäre,

wenn?

Nicht nur dieser

NBA-Sommer war wild! Die Historie der Offseason in der besten Basketballliga der Welt ist gespickt mit Entscheidungen, die die Liga über Jahre verändert haben. Doch was wäre gewesen, wenn diese anders ausgefallen wären? Text: Sebastian Dumitru

1976: Oscar Robertson vs. National Basketball Association Der Wegbereiter! „The Big O“ war nicht nur einer der größten Stars auf dem Parkett, sondern sorgte mit seiner Klage gegen die National Basketball Association für eine weitreichende und einschneidende Veränderung, die noch heute Bestand hat. Robertson eröffnete bereits im Jahr 1970 ein Kartellverfahren gegen die NBA und argumentierte, dass deren restriktive Regeln in Sachen Spielerbewegung gegen das Gesetz

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verstoßen würden. Damals hielten die Franchises in alle Ewigkeit die Rechte an ihren Spielern. Es gab keine Free Agency. Erst 1976, sechs Jahre später, einigten sich beide Parteien auf einen Kompromiss: Spieler hatten fortan endlich die Option, aus freien Stücken nach einem Vertragsende wechseln zu dürfen, die bisherigen Teams konnten jedoch mit den Angeboten von extern gleichziehen und die Spieler so halten. Es war die Geburt der Free Agency, wie wir sie heute kennen – und natürlich das grundlegendste „What if ...“-Szenario überhaupt.

1976: Julius Erving zu den Philadelphia 76ers Die New York Nets waren 1976 das Maß aller Dinge. Zumindest in der American Basketball Association (ABA), einer Konkurrenzliga der NBA. Nach zwei ABA-Meisterschaften in drei Jahren und ausgestattet mit Julius Erving, dem spektakulärsten Spieler seiner Zeit, fielen die Nets dem kalten, harten Geschäft im erbitterten Kampf um die Vorherrschaft im nordamerikanischen Basketballmarkt zum Opfer.


Die NBA, vertreten von einem jungen, gerissenen Anwalt namens David Stern, verleibte sich die vier verbleibenden ABA-Teams Denver Nuggets, Indiana Pacers, San Antonio Spurs und New York Nets ein. Weil in New York bereits die Knicks spielten, musste Nets-Besitzer Roy Boe neben der „Aufnahmegebühr“ an die NBA (3,2 Millionen Dollar) auch noch 4,8 Millionen Dollar an die Knicks überweisen – eine archaische „Territorialregelung“, die die Nets finanziell zu ruinieren drohte. Solange sie jedoch über „Dr. J“ verfügten, waren ausverkaufte Hallen und Meisterschaftsaussichten auch in der neuen Liga garantiert. Als Nate „Tiny“ Archibald in der Offseason aus Kansas City akquiriert wurde, glaubten sich die Nets-Macher demnach sportlich nahezu unbesiegbar. Das Problem: Archibald verdiente mehr als Erving, der einen neu ausgehandelten Vertrag verlangte und mit einem Boykott drohte. Schnell streckte die Konkurrenz ihre Klauen nach dem „Doctor“ aus, die Ticketvorverkäufe der Nets kamen völlig zum Erliegen. Das Team musste sich entscheiden: entweder Erving bezahlen und bankrottgehen oder die sportlichen Erfolgschancen opfern. Die Nets entschieden sich für Tor zwei und schickten Erving am Abend vor dem Saisonstart 1976/77 zu den 76ers, die drei Millionen Dollar überwiesen. Erving wurde elf Mal All Star, Philadelphia erreichte auf Anhieb die NBA-Finals und gewann 1983 sogar den Titel, als der Franchise das Glück zum zweiten Mal hold war (siehe unten). Die Nets stürzten völlig ab und mussten bereits ein Jahr später ins billigere New Jersey umziehen, wo sie bis auf zwei Finalteilnahmen 2002 und 2003 sowie ihren Umzug nach Brooklyn 2012 in der Irrelevanz verschwanden.

krönen konnten. Malone räumte Backto-back-MVP-Trophäen ab und formte mit „Dr. J“ ein kongeniales Duo in der Stadt der brüderlichen Liebe.

1996: Shaquille O‘Neal & Kobe Bryant zu den L.A. Lakers Der Mann, der in diesem Sommer an den Blockbuster-Transaktionen der L.A. Clippers beteiligt war, zog auch in einem der denkwürdigsten FreeAgency-Sommer aller Zeiten die Fäden – wenngleich damals für den Stadtrivalen Lakers. Jerry West legte mit zwei der genialsten Coups der Neuzeit den Grundstein für die Rückkehr von „Purple and Gold“ auf den Basketball-Olymp. Zunächst tradete er Center Vlade Divac zu den Charlotte Hornets, für einen damals 17-jährigen Highschooler namens Kobe Bean Bryant. Zudem schaffte er es irgendwie, den dominantesten Big Man der NBA aus Orlando wegzulotsen: Shaquille O’Neal. Der Vertragsfreien-Jahrgang 1996 gilt als einer der besten aller Zeiten – unter anderem waren Michael Jordan, Gary Payton, Reggie Miller, Alonzo Mourning und Dikembe Mutombo auf dem freien Markt. Direkt nach Jordan war „Shaq“ das begehrteste Juwel dieses Jahres. Er hatte bereits im zarten Alter von 24 Lenzen einen

Scoring-Titel gewonnen, Orlando in die NBA-Finals gepowert und gleich mehrere Korbanlagen ein-/abgerissen. Eigentlich war klar, dass ihn die Magic um jeden Preis halten würden – zumal sie für ihren „Bird Free Agent“ die Salary-CapGrenze überschreiten durften. O’Neal, der kurz vor einer Verlängerung um vier Jahre und 80 Millionen Dollar stand, bekam jedoch Wind von den Monster-Deals, die Alonzo Mourning und Juwan Howard (jeweils mehr als 100 Millionen Dollar, damals gab es noch keine Maximalverträge) offeriert bekommen hatten. Also setzte er die Führungsetage in Orlando unter Druck, die Shaq bereits mit einem Eröffnungsangebot weit unter Marktwert und hohler Kritik an seiner Spielweise irritiert hatte. Während die Floridianer zögerten, holte Mastermind West zu seinem Husarenstück aus: Er rief mitten in der Nacht bei Shaq an und offerierte ihm 121 Millionen Dollar für sieben Jahre. Orlando weigerte sich, mit dieser Summe gleichzuziehen. Mit O’Neal gewannen die Lakers nach Michael Jordans zweitem Rücktritt drei Meisterschaften von 2000 bis 2002 – der bisher letzte Threepeat der NBA-Historie. Wer weiß, wie die Dinge gelaufen wären, wenn Shaq und Penny Hardaway als kongeniales Duo auch die nächsten zehn Jahre

1982: Moses Malone zu den Philadelphia 76ers

Fotos: Andrew D. Bernstein/Bettmann/NBAE via Getty Images

„New Kid in Town“, so titelte die altehrwürdige „Sports Illustrated“, als Moses Malone in der Offseason 1982 von Houston nach Philadelphia getradet wurde und dort einen Sechs-JahresDeal unterschrieb. Eigentlich wollten die Rockets das „Offer Sheet“ aus Philly abgleichen, sie scheiterten aber letztlich an den zahlreichen und damals legalen BonusKlauseln im neuen Vertrag. Malone, der bereits 1979 und 1982 den MVP-Award abgeräumt hatte, war das entscheidende Teilchen im Championship-Puzzle der 76ers, die dank des „Chairman of the Boards“ nahezu unbesiegbar wurden und sich nach vorher zwei Finalniederlagen (1980 und 1982) gegen die Lakers zum Meister

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NBA

Was

gemeinsam bei den Orlando Magic auf Korbjagd gegangen wären ...

2000: Tim Duncan bleibt bei den Spurs Vor 19 Jahren war San Antonios junger Big Man Tim Duncan nicht nur bereits NBA-Champion, Finals-MVP, zweifacher All Star und dreifacher All-NBA First Teamer, sondern auch Free Agent. Seine Entscheidung: die San Antonio Spurs oder die Orlando Magic? Die Floridianer hatten bereits Grant Hill und Tracy McGrady im Kader und den Plan, mit Duncan ihre eigene, unaufhaltsame „Big Three“-Version zu gründen. Die Finanzen stimmten auf beiden Seiten. Es ging für den künftigen Hall-of-Fame-Big-Man nur darum, für sich selbst die beste persönliche Situation zu finden. Beim Meeting in Orlando unterlief den Magic ein entscheidender Patzer: Headcoach Doc Rivers untersagte Duncans Freundin, im Teamflieger mitzureisen. Das war damals Teampolitik bei den Magic – eine Regel, die Duncan zum Umdenken anstiftete und San Antonio zurück ins Spiel brachte. David Robinson unterbrach seinen Urlaub und reiste gemeinsam mit Spurs-Coach Gregg Popovich auf die Jungferninseln, wo beide ein gesamtes Wochenende den jungen Duncan belagerten, der zu Hause seine Entscheidung treffen wollte. Der Rest ist bekannt: „The Big Fundamental“ blieb in Texas, gewann dort vier weitere Meisterschaften und machte sich als „bester Power Forward aller Zeiten“ unsterblich.

wäre,

wenn?

Die Lakers-Dynastie zerbrach in der Folge in ihre Einzelteile: Shaquille O’Neal wechselte nach Miami, Los Angeles landete in der Lotterie.

2004: Steve Nash zu den Suns „7 Seconds or Less“ veränderte den Basketball, wie ihn die Welt kannte. Ein kleiner, kanadischer Point Guard und Mike D’Antoni, der „verrückte Professor“ an der Seitenlinie, begründeten mit ihrer damals revolutionären Offensive den modernen Basketball, wie er heute fast überall gespielt wird. Um ein Haar wäre diese Revolution weiter östlich in Dallas passiert, wo Steve Nash sechs Jahre an der Seite seines Freundes Dirk Nowitzki auflaufen durfte, nur um dann nicht beenden zu können, was eine kongeniale Partnerschaft gewesen wäre. Mavs-Besitzer Mark Cuban glaubte in der Offseason 2004 nämlich nicht daran, dass der damals bereits 30-jährige Spielmacher noch lange in der Association spielen könnte – und deshalb

Bei den Suns avancierte Nash zum zweifachen MVP, führte die Liga fünf Mal bei den Assists an, wurde sechs Mal All Star und erreichte zwei Mal die Western Conference Finals. Nicht auszudenken, was Nash und Nowitzki in Dallas über die nächsten sechs bis acht Jahre hätten erreichen können – vermutlich mehr als zwei Finalteilnahmen und nur einen NBA-Titel.

2010: LeBron James & Chris Bosh zu den Heat „The Decision“ – nie zuvor oder danach gab es während der Free Agency einen solchen Zirkus. LeBron James’ Ankündigung, Cleveland zu verlassen und seine „Talente an den South Beach zu den Miami Heat zu verfrachten“, schickte Schockwellen durch die National Basketball Association. James bildete mit Dwyane Wade und dem anderen prominenten Neuzugang, Power Forward Chris Bosh, eine „Big Three“, die Miami über Nacht zum Meisterschaftsfavoriten machte und eine neue Ära der Superteams

2002: Chauncey Billups zu den Pistons Vier Teams in fünf Jahren NBA – Chauncey Billups galt vor seiner weitreichenden Unterschrift bei den Pistons als „Draft-Bust“. Der dritte Pick 1997 hatte in Boston, Denver und Toronto enttäuscht, ehe er in Minneapolis an der Seite eines blutjungen Alphawolfs namens Kevin Garnett aufblühte. Wer weiß, wie die Dinge gelaufen wären, wenn die Timberwolves ihren 25-jährigen Point Guard damals hätten behalten können ... Minnesotas Salary-CapProbleme zwangen Billups jedoch, sich nach einem anderen Arbeitgeber umzusehen. Welch ein Segen. Im Sommer 2002 unterschrieb er in Detroit, für sechs Jahre und 35 Millionen US-Dollar. In Michigan reifte Billups zum ultimativen Anführer heran, wurde All Star, bekam dank seiner Crunchtime-Taten den Spitznamen „Mr. Big Shot“ verpasst. Detroit erreichte sechs Mal in Folge die Conference Finals im Osten und gewann 2004 in souveräner Manier den NBA-Titel gegen das „Superteam“ der Los Angeles Lakers – mit Billups als Finals-MVP.

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nicht die 63 Millionen US-Dollar wert war, die ihm Phoenix bot. Cuban und die Mavericks, die bereits Nowitzki, Michael Finley sowie Antoine Walker unter Vertrag hatten, boten nur 36 Millionen über vier Jahre, obwohl Nash liebend gerne in Dallas geblieben wäre. Ein Fehler, wie Cuban später mehrfach eingestand – und vermutlich der einzige, den er sofort rückgängig machen würde, wenn er könnte.

einläutete. Noch nie zuvor hatten drei Topstars ihre bevorstehende Vertragsfreiheit koordiniert, um dann bei derselben Mannschaft anzuheuern. Um ein Haar wäre es aber Chicago statt Miami geworden – wo James, Wade und Bosh sogar neben einen jungen Guard namens Derrick Rose


Jahren wird für immer zu den größten „What ifs …“ zählen.

2014: LeBron James zu den Cavaliers

gepasst hätten. Was wohl aus jenem Team geworden wäre? Vermutlich ebenfalls eine (Mini-) Dynastie wie die der Heat, inklusive vier Trips in die NBA-Finals in Folge und zwei Meisterschaften. Neben den sportlichen Auswirkungen sorgte vor allem der Weg, den die drei ehemaligen Teamkollegen in der amerikanischen Nationalmannschaft einst gemeinsam aushöhlten, für eine neue Selbstbestimmtheit der Superstars im Basketball. James, Wade und Bosh halfen mit, den neuen, bevollmächtigten Athleten zu begründen, der sein individuelles Schicksal gerne über das einer Franchise stellt und das Sagen hat.

Fotos: Ned Dishman/Chris Graythen/NBAE via Getty Images

2011: Chris Paul zu den Lakers? Im Dezember 2011, nach monatelangen Tarifverhandlungen, meldete sich die NBA mit einer Atombombe im Alltagsgeschehen zurück: Die New Orleans Hornets, Los Angeles Lakers und Houston Rockets wickelten einen Blockbuster-Trade ab, der Chris Paul nach L.A., Pau Gasol nach Houston sowie Kevin Martin, Luis Scola, Lamar Odom, Goran Dragic plus Draftpicks nach New Orleans gespült hätte. Was folgte, war eine historische und folgenschwere Entscheidung der Ligazentrale, die damals das besitzerlose Hornets-Team im Namen der übrigen Teameigner verwaltete: Commissioner David Stern annullierte in seiner Kapazität als Ligaboss den Trade – ein klarer Interessenskonflikt, der hohe Wellen schlug und zur Folge hatte,

dass Adam Silver diese Kompetenz für immer aus den Händen eines NBACommissioners entfernte. Paul landete kurze Zeit später zwar dennoch in L.A., allerdings bei den Clippers, die es auch mit einem der besten Point Guards aller Zeiten nicht über die zweite Playoff-Runde hinausschafften. Es gilt als ziemlich sicher, dass Kobe Bryant an der Seite von „CP3“ weitaus mehr als eine einzige Serie gewonnen hätte …

2012: James Harden zu den Rockets Aus drei mach null: Kaum zu glauben, dass die Oklahoma City Thunder vor nur sieben Jahren drei künftige MVPs in ihren Reihen hatten. Kurz nach der FinalNiederlage gegen die Miami Heat glaubte man sich in OKC dank Kevin Durant, Russell Westbrook und James Harden als werdende Dynastie, die lediglich auf ihren großen Durchbruch wartete. Der Rest dieser tragischen Geschichte ist bekannt: Die Thunder verkalkulierten sich komplett, weigerten sich schlicht, Free Agent Harden im Sommer 2012 die vollen 60 Millionen Dollar anzubieten, die er verlangte. Am Ende machten fünf bis sechs Millionen Dollar den Unterschied zwischen „Thunder-Dominanz für den Rest der Dekade“ und „kein einziges Finalspiel mehr für OKC“. Durant, Westbrook und Harden gewannen individuell alles. Dass sie gemeinsam aber multiple Championships gewonnen hätten, steht außer Frage. Die Entscheidung dieser Franchise vor sieben

James’ Rückkehr nach Cleveland im Sommer 2014 lief viel ruhiger ab als „The Decision“. Die Cavs, einst nach dem Wechsel ihres Lokalhelden zu den Heat vom Favoriten zum Lottery-Team degradiert, durften über Nacht wieder von der Meisterschaft träumen. Die Cavs erreichten vier Mal in Folge die NBA-Finals und gewannen – angetrieben von einem James auf dem Höhepunkt seines Schaffens – 2016 sensationell die Meisterschaft … die erste für ein Profiteam aus Cleveland seit 52 Jahren. All das hätte niemals stattgefunden, wenn James nicht menschlich gereift wäre und die hässlichen Szenen nach seinem Abschied 2010 ad acta gelegt hätte, als seine Trikots in Ohio brannten. Die Rückkehr und damit der Titelgewinn wären vermutlich auch unrealistisch geworden, wenn Cleveland damals nicht zum dritten Mal in vier Jahren den Nummereins-Pick gehabt hätte. Erst der (Andrew Wiggins) machte die Akquisition von Kevin Love aus Minnesota und damit die Kreation einer neuen „Big Three“ in Ohio überhaupt möglich.

2016: Kevin Durant zu den Warriors Das vielleicht schockierendste Signing in der Geschichte der NBA? Kevin Durants Unterschrift bei den Golden State Warriors – jenem Team, das seine Oklahoma City Thunder in den Conference Finals gerade knapp besiegt hatte. Dass der vielleicht beste Spieler der Liga sich einem 73-Siege-Rekordteam anschließt (das in den NBA-Finals dennoch gerade verloren hatte) … so etwas hatte man bisher noch nicht gesehen. Durant machte die Warriors unbesiegbar. Die Kalifornier brausten zu zwei weiteren Meisterschaften, mit „KD“ als zweifachem Finals-MVP – einer von nur drei Spielern in der Geschichte, die mehrere solcher Trophäen gewannen, nachdem sie als Free Agent das Team gewechselt hatten. Wie hätte die Realität ausgesehen, wenn Durant damals in OKC verlängert hätte? Vielleicht hätten die Thunder im Jahr darauf den Titel gewonnen – oder Cleveland seinen zweiten in Folge? Westbrook hätte sicherlich kein Triple-Double im Schnitt aufgelegt. Paul George wäre sicherlich nicht in Oklahoma City gelandet und Westbrook final auch nicht in Houston, Durant wohl ebenfalls nie in Brooklyn .... redaktion@fivemag.de

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NATASHA CLOUD SPIELMACHERIN & WORTFÜHRERIN

In der laufenden WNBA-Saison dürfen sich die Washington Mystics um Superstar Elena Delle Donne Meisterhoffnungen machen. Das liegt auch an Natasha Cloud. Dabei ist die 27Jährige nicht allein eine versierte Aufbauspielerin, sondern auch eine politische Athletin, die sich einbringt und für andere einsteht. Text: Christian Orban

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ach der Finalniederlage im Vorjahr gehören die Washington Mystics 2019 erneut zu den Titelanwärterinnen in der WNBA. Schließlich kann das Team von Erfolgstrainer Mike Thibault heuer mit dem besten Angriff und der besten Spielerin der Liga aufwarten. So stellen die Hauptstädterinnen um Superstar Elena Delle Donne die wurf- und passstärkste Mannschaft, welche ligaweit die meisten Dreier fliegen lässt und am seltensten den Ball verliert. Hinzu kommt eine druckvolle Defense, die gefestigter als 2018 erscheint. Entsprechend überflügeln die Mystics ihre Gegnerinnen bisher um zehn Punkte pro 100 Ballbesitze. Abseits von Delle Donne – die sich trotz kleinerer Blessuren auch weiterhin als die vielseitigste Scorerin der WNBA und in MVP-Form präsentiert – kann Washington auf exzellente Ergänzungsspielerinnen und die Tiefe des Kaders vertrauen. Zuvorderst auf All Star Kristi Toliver. Die führungsstarke und meisterschaftserprobte Veteranin besticht vor allem als Passgeberin und Dreierschützin. Letzteres gilt auch für Flügelpartnerin Ariel Atkins. In ihrem zweiten Profijahr tritt sie auch am defensiven Ende hervor und stibitzt viele Bälle. Centerin LaToya Sanders agiert derweil mehr in Korbnähe und ergänzt damit Delle Donne gut. Zudem hat Coach Thibault, der zugleich als General Manager amtiert, in D.C. die wohl produktivste Bank der WNBA versammelt. Namentlich: Emma

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Meesseman, Tianna Hawkins, Aerial Powers und Shatori Walker-Kimbrough. Wer indes noch nicht erwähnt wurde, jedoch für die Mystics mit Abstand am längsten auf dem Parkett steht, ist Starting Point Guard Natasha Cloud. Wie wichtig die 27-Jährige in ihrer fünften Saison inzwischen für das Team ist, wird dabei häufig übersehen. Daher erscheint es nur folgerichtig, eine der passstärksten und ballsichersten Spielmacherinnen der Liga zunächst ob ihrer sportlichen Leistungen zu würdigen.

Vokales Pass-Ass

So spielt Cloud 2019 in Washington ein Karrierejahr. In durchschnittlich 32,2 Minuten markiert sie pro Partie persönliche Bestwerte von 9,8 Punkten, 5,4 Assists (Platz sechs ligaweit), 2,8 Rebounds und 1,4 Stocks (Steals und Blocks). Wenn die 1,80 Meter große Einserin auf dem Feld steht, assistiert sie 25 Prozent aller Feldkörbe der Mystics. Ein Drittel ihrer Ballbesitze führen zu einem Assist (Platz vier unter allen WNBA-Starterinnen). Im zweiten Jahr in Folge hat sich Cloud damit sprunghaft gesteigert. Denn bereits 2018, als sie in die Erste Fünf der Mystics rückte und die Zweitplatzierte bei der Wahl zur meistverbesserten Spielerin war, hatte sie ihre Durchschnittswerte (8,6 Punkte, 4,6 Assists) annähernd verdoppelt. Nunmehr ist Cloud jüngst zur erst zweiten „Mystikerin“ avanciert, die in der Franchise-Historie mehr als 500 Korbvorlagen aufgelegt hat. In ihrer fünften Profisaison ist sie demnach endgültig in

Washington und „The W“ angekommen. Und das, obwohl sie einst „nur“ als Zweitrundenpick von einer Mid-MajorSchule (Saint Joseph’s) in die Liga kam. So ist Cloud von einer Spielerin, die in ihrem Debütjahr (2015) gerade einmal 3,6 Zähler generierte und 32 Prozent aus dem Feld traf, zu einer Akteurin mit AllStar-Potenzial gereift. Was sie dabei als Point Guard auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie den Ball nicht dominiert, den Spalding sehr sicher bewegt und kaum Fehler begeht. Nur fünf WNBA-Starterinnen weisen 2019 überhaupt eine niedrigere Ballverlustrate auf. Wie effizient das Playmaking der 27-Jährigen mittlerweile ist? Auf 4,5 Korbvorlagen kommt lediglich ein Turnover. Ein ligaführender Spitzenwert, der in der WNBA zuletzt im Jahr 2000 übertroffen wurde … Besonders tut sich Cloud im Umschaltspiel hervor, wenn sie den Ball nach vorne pusht und das Spiel schnell macht. Hierbei hat sie das Feld, ihre Nebenfrauen sowie die gegnerische Defense stets im Blick und besticht durch ihre Entscheidungsfindung. Abseits des Passspiels liegt Clouds größte Offensivstärke darin, per Drive zu attackieren, wobei sie direkt am Ring famos finisht (73,3 Prozent). Als Ergänzungsspielerin mit relativ geringer Nutzungsrate tritt sie als Scorerin gleichwohl weniger in Erscheinung. Doch kann sie auch aus dem Stand den Dreier treffen (die Hälfte ihrer Abschlüsse erfolgt von Downtown) sowie aus dem Dribbling


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Fotos: Harry How/Getty Images


WNBA

Natasha

mal einen Halbdistanzwurf einnetzen. Allerdings will Clouds Jumper 2019 noch nicht so recht fallen, was die effektive Feldwurfquote von nur 44,5 Prozent belegt. Beständig nimmt die versierte Aufbauspielerin unterdessen durch ihre verbale Präsenz Einfluss auf das Geschehen. Denn sie ist eine Akteurin, die gerne das Wort ergreift, kommuniziert und dirigiert. Stets hat sie für ihre Kolleginnen Anweisungen und Aufmunterungen parat. Mitunter rüttelt sie das Team wach – sie kann nicht anders. Cloud war also schon immer etwas laut. „Meine Mutter würde das so sagen“, bestätigt sie lachend. Wie wichtig solch eine vokale Teamspielerin ist, die mit gutem Beispiel vorangeht und stets sie selbst ist, war den Mystics gewiss nicht verborgen geblieben. Als Cloud nach ihrem vierten Jahr in der Hauptstadt Free Agent wurde, nahm Macher Thibault umgehend den Kontakt auf. Der siegreichste Trainer der WNBAHistorie (der zudem als Assistant Coach mit den „Showtime Lakers“ zwei NBATitel gewann und später als Chefscout in Chicago für die Draft von Michael Jordan mitverantwortlich war) ließ Cloud wissen, „dass ich zum Kern dieses Teams gehöre und Priorität habe“. Ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruht. „Washington ist das einzige Team, das an mich geglaubt hat, als ich in die Liga kam“, betont Cloud. „Also wollte ich hier bleiben. Denn das hier ist ein Meisterschaftsteam.“ Das erklärte Ziel ist der erste Titelgewinn der Franchise-Historie. So unterschrieb sie Anfang 2019 in D.C. einen neuen Zweijahresvertrag, der ihr aktuell ein saisonales Basisgehalt von 115.000 US-Dollar einbringt. Selbiges liegt beim derzeitigen Salary Cap von rund einer Million Dollar nahe am Maximalgehalt – und beschreibt dennoch ein Problemfeld der WNBA.

Problemfelder

Cloud entschied sich 2018 bewusst dagegen, nach der Saison (die von Mai bis September läuft) in Europa oder Asien zu spielen, was viele WNBA-Profis notgedrungen tun, um ihre Einkünfte aufzubessern (gerade diejenigen, die in mageren Rookie-Verträgen stecken). „Das war mein Jahr für einen großen Vertrag“, erklärt Cloud. „Daher wollte ich nicht nach Übersee gehen und mich dort vielleicht verletzen.“ Ein Schicksal, das aufgrund der hohen Belastung einige Spielerinnen ereilt. Nicht zuletzt Vorjahres-MVP Breanna Stewart, die sich 2019 im EuroleagueFinale einen Achillessehnenriss zuzog … Cloud verbrachte ihre Zeit damit, in ihrer zweiten Heimat Gemeindearbeit zu leisten und sich gesellschaftspolitisch zu engagieren. Hinzu kam ihre PR-Tätigkeit für die Monumental Sports & Entertainment Group, der die Mystics und Washington Wizards gehören. So begleitete sie Elena Delle Donne auf einer Promotour zum Londoner NBA Global Game.

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Cloud

„Das ist Quatsch! Unfair ist es für Elena Delle Donne, die 1,96 Meter groß ist, in der Economy Class auf dem mittleren Platz einer Reihe zu sitzen und danach auf dem Feld abliefern zu müssen.“ -----------

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Indes blieb die Vergütung für Cloud ein Thema. Denn jedes WNBA-Team darf unter dem geltenden Tarifvertrag (CBA) während der Offseason maximal 50.000 Dollar aufwenden, um die Profis finanziell zu unterstützen, die keine zweite Saison in Übersee spielen. Dass die Spielerinnengewerkschaft Ende 2019 aus dem aktuellen CBA aussteigen wird, um neu zu verhandeln und einen Wandel einzufordern, ist folgerichtig. Die WNBAProfis pochen hierbei aber nicht allein auf höhere Gehälter, sondern auch auf verminderte Reisestrapazen. Schließlich sehen sich die Spielerinnen während der Saison beständig den Unwägbarkeiten des kommerziellen Flugverkehrs ausgesetzt. Denn Privatjets gelten nach dem bisherigen CBA als unlauterer Wettbewerbsvorteil. „Das ist Quatsch“, so Cloud. „Unfair ist es für Elena Delle Donne, die 1,96 Meter groß ist, in der Economy Class auf dem mittleren Platz einer Reihe zu sitzen und danach auf dem Feld abliefern zu müssen. Man erwartet von uns Höchstleistung – wir erwarten, dass wir die Möglichkeit haben, unseren Körper gesund zu halten.“ Die Selbstversorgung (mit Essen, Trinken usw.), all die Verspätungen und deren Folgen sind hierbei noch nicht einmal angesprochen …

Fotos: David Becker/NBAE via Getty Images

Politische Athletin

Seit Natasha Cloud in der WNBA angekommen ist, hat sie aber nicht nur die Problemfelder der Profis im Blick. Vielmehr hat sie auch als politische Athletin ihre Stimme gefunden, die ihre Plattform nutzen will, um sozialen Wandel zu bewirken. Daher sagt die 27-Jährige: „Ich möchte helfen, einen Unterschied zu machen. Und das fängt damit an, Gespräche zu führen.“ Zunächst brauchte es jedoch viele Selbstgespräche, um ein Maß an Komfort in ihrer eigenen Haut zu finden, das erst nach Jahren erreicht wurde. Cloud wuchs in einem Vorort von Philadelphia als einzige nicht-weiße Person (ihr biologischer Vater war schwarz) in einer Patchwork-Familie auf. Während ihre Lieben sie nie anders behandelt haben, musste „Tash“ früh erkennen, dass viele Außenstehende sie wegen der Farbe ihrer Haut anders wahrnehmen. So vermochte sie in der Schule ihren Platz nicht zu finden. „Du bist nicht weiß genug, du bist nicht schwarz genug. Du bist in einer Art Grauzone, und ich denke, das ist einer der schwierigsten Orte, an denen man sein kann“, erklärt Cloud. „Kinder sind brutal – und wenn man nicht dazu passt, wohin geht man dann?“ Eine mögliche Antwort: zum Basketball. Das Spiel fungierte für sie als Refugium und half ihr dabei, eine eigene Identität herauszubilden und selbstbewusster zu werden. Auch weil sie im Sport und an der heimatnahen Saint Joseph’s University

eine zweite Familie fand, die ihr Halt und Auftrieb gab. Nicht zuletzt dann, als das Haus ihrer Familie infolge eines technischen Defekts niederbrannte und alle Besitztümer verloren gingen. Später waren es die Mystics und die WNBA, die Cloud dabei halfen, sich wohlzufühlen und einzubringen, wenn sie etwas in der Gesellschaft umtreibt. „In eine Liga voller starker, vielfältiger Frauen zu kommen und Vorbildfiguren zu sehen, die so viel tun, hat mir enorm geholfen“, berichtet Cloud. „Es ist nicht schwer, dann ein wenig in ihre Fußstapfen zu treten. Auch wurde mir bewusster, dass ich eine bisexuelle Frau bin. Denn ich fühle mich sicher hier.“ Das gilt besonders für die Mystics, ohnehin eines der sozial wachsten und aktivsten US-Profiteams. So hat Mike Thibault in Washington eine Kultur etabliert, die Spielerinnen ermutigt, ihre Meinung zu äußern und politisch Haltung zu zeigen. Etwa wie 2016, als das Team geschlossen „Black Lives Matter“-T-Shirts trug und mit Medienvertretern ausschließlich über Polizeigewalt und systemischen Rassismus sprach sowie konzertiert Gerechtigkeit und sozialen Wandel einforderte. Für Cloud war dieser unerschrockene Protest ein Erweckungsmoment, der ihr einiges verdeutlichte. „Wir können dankbar sein, mit der WNBA eine Plattform zu haben und dabei für einen Trainer zu spielen, der uns unterstützt, wenn wir den Mund aufmachen und für unsere Überzeugungen eintreten.“ Die 27-Jährige fügt an: „Außerdem befinden wir uns in einem Machtzentrum wie D.C., in dem es stets eine Menge Kontroversen gibt, die es zu besprechen gilt. Und wenn ich meine Plattform und meine Stimme nicht nutze, dann erweise ich vielen Menschen da draußen einen schlechten Dienst.“ Und genau dieses Verantwortungsbewusstsein ist es auch, das Coach Thibault von den Profis erwartet. „Du musst wissen, was in der Welt vor sich geht, du musst dich engagieren. Und weil du eine öffentliche Person bist, hast du die Fähigkeit, jeden positiv oder negativ zu beeinflussen, und zwar nicht nur kleine Kinder“, sagt der weltgewandte 68-Jährige. „Wenn du also diese Fähigkeit und dieses Forum hast, stelle sicher, dass du gut informiert bist. Stelle sicher, dass du verstehst, was da draußen los ist, und bilde dir eine eigene Meinung. Ich will hier keinen Haufen Roboter haben.“ Cloud sei indessen als Mensch und als Persönlichkeit enorm gereift, so „Coach T“. Eine Feststellung, die sich nicht zuletzt im Hinblick auf ihren politischen Aktivismus bewahrheitet. So hat sie sich zum Beispiel wiederholt öffentlich gegen den Angriff auf Abtreibungsrechte im Zeitalter von Trump ausgesprochen. „Natasha ist aufgeweckt, klug und furchtlos – aber am wichtigsten

ist, dass ihr Aktivismus auch zielgerichtet ist. Sie tut, was für sie funktioniert, und das ist wichtig“, lobt Jemele Hill, die als Journalistin selbst couragiert für Frauen und Minderheiten eintritt und Cloud als großes Vorbild dient. „Abtreibung ist zudem eines der kontroversesten Themen in den USA. Dass sie mit ihrer Stimme für Frauen spricht, die über sich selbst und ihre Körper bestimmen wollen, ist großartig.“ Cloud visiert dabei bereits an, in Zukunft eine gemeinnützige Organisation zu gründen, die sich darauf konzentriert, junge Menschen – insbesondere Frauen und Angehörige von Minderheiten – zu stärken. „Ich würde gerne einen sicheren Ort schaffen“, wie sie selbst sagt. Solche Orte braucht es gerade im Südosten von Washington, wo die Mystics seit 2018 beheimatet sind und dort fortwährend Gemeindearbeit leisten. In einer Grundschule, die Cloud im Ward 8 besuchte, waren zuletzt in einem Monat drei Kugeln eingeschlagen. Umgehend machte die 27-Jährige daraufhin Waffengewalt zum Thema und rief die lokale Politik zum gemeinsamen Handeln auf. Gestützt von Trainer und Team, initiierte Cloud zudem einen „Media Blackout“ der Mystics, wobei sie als Wortführerin vor und nach einem WNBATopspiel nur Fragen und Fakten zur Waffengewalt in D.C. adressierte. „Wir reden hier über viel mehr als nur die Kugeln. Wir reden über die Sicherheit und das Leben unserer Kinder, wir sprechen über ihre Zukunft“, betonte Cloud mit Nachdruck. „Wir sprechen über unsere Gesellschaft als Ganzes und die Probleme, die in unseren Communitys vorherrschen, vor allem in unseren Minderheitengemeinden. Aber wenn so etwas in einem schwarzen Stadtteil passiert, ist es uns egal – denn es wird mittlerweile erwartet.“ Cloud stellte außerdem deutlich heraus, dass sie sich selbst und ihr Team in der Verantwortung sieht, der Community beizustehen, und dass sie dieser im Austausch mit der lokalen Politik nachhaltig helfen will. „Es geht um eine kollektive Lösung. Diese müssen wir gemeinsam ausarbeiten. Es wird nicht nur eine Person sein, und das wissen wir“, erklärte sie. „Und ich weiß, dass dieses Problem nicht über Nacht gelöst werden kann. Das ist die Realität. Aber ich bin hier, um zu arbeiten, ich bin hier, um zu helfen, wo immer ich kann.“ Eine Ansage, die stellvertretend dafür steht, was für eine beispielhafte Akteurin Natasha Cloud ist. Im Übrigen wie außerordentlich viele Spielerinnen der WNBA, die sozialverantwortlich vorangehen und nicht nur deswegen viel mehr Aufmerksamkeit verdienen, als sie bisher bekommen. #WatchMeWork – so lautet nicht umsonst der Slogan der Liga. redaktion@fivemag.de

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Basketball-Amerika, deine Highschool-Phänomene: Das Hochjazzen von talentierten Nachwuchsspielern ist seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der amerikanischen Basketballkultur. Die HypeMaschinerie läuft stets auf Hochtouren und spülte allein zwischen den Jahren 1995 und 2005 insgesamt 39 Teenager von der Highschool in die NBA. Korleone Young ist einer von ihnen. Die Geschichte des KurzzeitNBA-Profis ist eine Melange aus Verblendung, falscher Beratung und fehlender Weitsicht. Und sie ist im Jahr 2019 aktueller denn je. Text: Torben Adelhardt

Fotos: Doug Pensinger /Allsport

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dam Silver ist ein Mann mit klaren Vorstellungen und Ideen. Seit Februar 2014 ist der 57-Jährige als NBA-Commissioner in Amt und Würden. Er führte die beste Basketballliga der Welt in diesen fünf Jahren in neue wirtschaftliche Sphären. Teambesitzer und Spieler respektieren den studierten Juristen gleichermaßen. Denn Silver ist kein unnachgiebiger Sturkopf, der auf einen autoritären Führungsstil zurückgreift. Seine Fähigkeiten zur Selbstreflexion und Kompromissbereitschaft werden von den NBA-Protagonisten wertgeschätzt. Die Bereitschaft dazu, seinen eigenen Standpunkt im öffentlichen Diskurs hintanzustellen, wurde zuletzt auch wieder bei der Debatte um das Mindestalter der NBA-Draftees deutlich. Als Silver 2014 seine neue Stelle antrat, bezog er zu diesem Thema

deutlich Position und sprach sich sogar dafür aus, die Altersgrenze von 19 auf 20 Jahre anzuheben. Eine Position, von der er fünf Jahre später deutlich abrückte. Auf dem letztjährigen Meeting der NBA Board of Governors sprach Silver zum ersten Mal über seine neuen Perspektiven: „Ich bin nicht hier, um zu sagen, dass wir ein Problem haben. Ich liebe die momentane Situation, in der wir uns als gesamte Liga befinden. Aber ich denke auch, dass wir ein noch besseres System schaffen können.“ Das „bessere System“, wie Silver es plakativ zusammenfasste, sieht eine De-facto-Abschaffung der bestehenden „One-and-Done“-Praxis vor. Bedeutet: Highschool-Spielern soll wieder die Möglichkeit eröffnet werden, sich direkt nach ihrem Senior-Jahr für die Draft anzumelden – so wie es bis zur letzten Regeländerung 2005 auch der Fall war. „Meine persönliche Meinung ist, dass wir dazu bereit sind, diese Änderung vorzunehmen“, erklärte Silver. „Es wird nicht sofort geschehen. Aber als ich die Vor- und Nachteile für mich persönlich abgewogen habe, bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass wir den Empfehlungen von Condoleezza Rice und ihrer Kommission folgen sollten.“ Die von Silver angesprochene NCAA-Kommission unter der Leitung der ehemaligen US-Außenministerin hatte sich in der ersten Jahreshälfte 2018 zusammengefunden, um die Lage des korruptionsgebeutelten CollegeBasketballs kritisch zu untersuchen und Handlungsempfehlungen auszusprechen. Zu diesen gehörte auch die Herabsetzung der Altersgrenze für die NBA-Draft: „Die ‚One-and-Done‘-Praxis spielt eine bedeutende Rolle bei den Korruptionsproblemen im CollegeBasketball und destabilisiert das System. Es schränkt die Wahlfreiheit der Nachwuchssportler ein und sorgt für ein Ungleichgewicht bei dem Verhältnis zwischen sportlichen und schulischen Leistungen.“ Böse Zungen würden behaupten, dass hier der NBA wenig subtil die Schuld zugeschoben wurde … Adam Silver nahm den Ball jedoch auf und sagte, dass er das Thema fortan aktiv vorantreiben würde. Im vergangenen Februar unterbreitete die NBA dann der Spielergewerkschaft einen förmlichen Antrag auf Regeländerung. Als publik wurde, dass die Ligaverantwortlichen diesen bei der Spielergewerkschaft eingereicht hatten, spitzten die amerikanischen Basketballkolumnisten zügig ihre Bleistifte. In wenigen Tagen erreichte die Diskussion um die Sinnhaftigkeit von 18-jährigen NBA-Spielern nationale Relevanz. Es fielen die Namen Kevin Garnett, Kobe Bryant und LeBron James. Sie sind die strahlenden Positivbeispiele aus der vergangenen „Highschool-turn-Pro“-Ära. Es wurde darauf verwiesen, wie diese Talente

den Weg von der Highschool in die NBA gemeistert und ihr Potenzial bei den Profis entfaltet haben. Was hätte auch ein Ausnahmetalent wie LeBron James in der NCAA zu suchen gehabt? Es fielen aber auch immer wieder die Namen Lenny Cooke, Leon Smith und der von Korleone Young. Sie sind die tragischen Komplementärstücke zu den Erfolgsgeschichten von Garnett und Co. Youngs Name ist dabei weitaus mehr als nur eine Randnotiz in der langen Historie der besten Basketballliga der Welt. Sein Einfluss auf die NBA geht weit über die 15 Minuten hinaus, die er 1999 auf den Parkettböden der Association verbrachte …

„First class everything“

Suntino Korleone Young erblickte am 31. Dezember 1978 in Wichita, Kansas, das Licht der Welt. Seinen ausgefallenen Namen verdankt Young der Kreativität seiner Mutter, die kurz vor seiner Geburt den Roman „Der Pate“ las und sich bei der Namensgebung von dem MafiosoSprössling Santino „Sonny“ Corleone inspirieren ließ. Young erlebte eine Kindheit, die als Abziehbild eines heranwachsenden Afroamerikaners im suburbanen Raum gilt: ohne väterliche Bezugsperson, dafür mit einer Menge Energie und latenter Aggression im Bauch. „Die Art und Weise, wie er sich verhalten hat, war wirklich schlimm“, erinnert sich seine Mutter Kim Young auch noch Jahre später. Um ihren Zögling beschäftigt zu wissen, meldete sie ihn für verschiedene außerschulische Aktivitäten an. Das junge Energiebündel verbrachte seine Freizeit fortan in Tanzkursen, beim Footballtraining – und in Basketballeinheiten. Letztere erweckten eine Leidenschaft in Young. Gesegnet mit der passenden genetischen Veranlagung – sein biologischer Vater Juan Johnson war ein gefeierter Leichtathletik-Star in Wichita –, schoss Young früh in die Höhe und überragte seine Altersgenossen hinsichtlich Statur und Athletik. Mit zehn Jahren schloss er sich den Wichita Blazers an, einem lokalen AAU-Team, das von Tyrone Berry betreut wurde. Der strenge Trainer legte großen Wert auf schulische Bestnoten und hielt seine Spieler dazu an, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen. Für Young ein Segen, erfuhr er in dieser Phase doch, welche Bedeutung Disziplin und Verantwortungsgefühl in einem Sportlerleben haben. Auf dem Basketballfeld ging zu diesem Zeitpunkt der Stern des Nachwuchsathleten auf. Als Sechstklässler gelang ihm sein erster Dunk in einem Spiel, seine Mixtur aus Größe, Power und Athletik suchte auf lokaler Ebene ihresgleichen. Headcoach Berry bemerkte schnell, dass sein bester Spieler der hiesigen Konkurrenz enteilt war. 1992 wechselte Young deshalb folgerichtig das AAU-Team.

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History

Korleone

Er entschied sich für die Auswahlmannschaft der Children’s Mercy Hospital 76ers – die talentierteste Truppe im Bundesstaat Kansas. Zusammen mit den späteren NBA-Profis Earl Watson, Maurice Evans, Kareem Rush und Corey Maggette tourte Young fortan in den Sommermonaten durch die Sporthallen des Mittleren Westens. Der millionenschwere Geschäftsmann Tom Grant fungierte als Geldgeber und Förderer der 76ers. Während andere AAU-Teams in klapprigen, untermotorisierten Vans auf Auswärtsfahrten gingen, flogen die Spieler von Grant nur First Class. „Bei uns war alles stets das Beste: Erste-Klasse-Flüge, Fünf-Sterne-Hotels. Wir hatten das Gefühl, als wären wir bei einem Top-College oder einem NBA-Team. Wir waren unserer Zeit voraus“, berichtet Laverne Smith, Cousin von Earl Watson und für eine halbe Saison Mitglied der 76ers. Young und seine Teamkollegen bekamen früh das Gefühl vermittelt, Stars zu sein und über den Dingen zu schweben. Vielleicht verlor Young genau zu dieser Zeit seine Bodenhaftung. Wer mit 14 Jahren schon die ganzen Vorzüge im Leben eines NBA-Profis erlebt, kann schnell den Anschluss an die Realität verlieren. Im Fall von Young liegt die Wahrheit jedoch woanders. Oder besser gesagt: Sie trägt einen anderen Namen.

Ein Freund des Programms

Der Name Myron Piggie Sr. wird auf alle Ewigkeiten eng mit der tragischen Geschichte von Korleone Young verbunden sein. Im Sommer 1995 übernahm Piggie Sr. das Traineramt der CMH 76ers – eine schicksalhafte Personalentscheidung, die einen weitreichenden Einfluss auf die basketballerische Karriere von Young nehmen sollte. Piggie Sr. war ein verurteilter Drogendealer, der 1989 eine einjährige Haftstrafe absaß, weil er in Kansas City auf einen Polizisten geschossen hatte. Warum holte sich Grant eine solche Person in seine Mannschaft? Mit Piggie Jr. gehörte der Sohn des Straffälligen dem Team an. Und dieser war wiederum der beste Kumpel von JaRon Rush, dem Starspieler der 76ers. Der älteste Bruder der beiden ehemaligen NBA-Spieler Kareem und Brandon Rush war Mitte der Neunziger eines der höchstgehandelten HighschoolTalente des Landes. Grant wollte seinen wertvollsten Spieler um jeden Preis in seinem eigenen AAU-Team halten. Young erinnert sich in einer Grantland-Reportage an die Berufung von Piggie Sr. zum Headcoach: „Wir dachten uns alle nur: ‚Was?! Myron ist doch überhaupt kein Trainer.‘ Er hat uns auch nicht gecoacht. Wir hatten richtige Trainer. Er wollte einfach nur die absolute Kontrolle besitzen. Alles, was Piggie gemacht hat, war, die ganze Zeit finster dreinzublicken. Er saß am Ende der Bank und schüchterte die anderen Coaches ein.“

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Young

Young gehörte zum Zeitpunkt der Einstellung von Piggie Sr. ebenfalls zu den absoluten Top-Talenten. Für die Wichita East Highschool legte er schon in seinem ersten Schuljahr fabelhafte Zahlen auf. Dabei verfolgte sein Trainer Ron Allen den Plan, den Wunderknaben langsam an das Team heranzuführen. In seinem allerersten Spiel kam der athletische Forward von der Bank – und beendete die Partie mit 27 Punkten. Der Plan von Allen war von da an natürlich passé. „Er spielte wie Charles Barkley. Schon mit 14 Jahren war er eine imposante Erscheinung und agierte noch kraftvoller und größer, als es seine Statur erahnen ließ. Er griff sich unfassbare Rebounds ab“, charakterisierte Allen später seinen Spieler. Als Disziplinfanatiker bemühte sich der Trainer darum, Young während der Schultage und Saison auf dem Boden zu halten. Doch die Einflüsse des AAU-Zirkus in den Sommerferien manifestierten sich immer stärker in den Wesenszügen von Young. Lavarne Smith, der zusammen mit Young die East High in Wichita besuchte, nimmt im Interview mit Grantland seinen damaligen Mitspieler und -schüler in Schutz. „Als Korleone immer bekannter wurde, begann er bestimmten Leuten gegenüber eingebildet aufzutreten und sie von oben herab zu behandeln“, erzählt Smith. „Er war ein guter Mensch, aber das ist normal. Wenn du jung bist und all das öffentliche Interesse an deiner Person erfährst, ist es schwer, einen klaren Kopf zu behalten.“ Als Piggie Sr. im Herbst 1995 für seine AAU-Mannschaft einen exklusiven Ausrüstervertrag mit Nike abschloss, nahm der Wahnsinn weiter Fahrt auf. Zwischen Nike und Adidas brach Mitte der Neunziger ein Wettstreit um die talentiertesten AAUTeams aus. Sie waren auf der Suche nach ihren nächsten Werbebotschaftern. Adidas nahm mit Kevin Garnett, Kobe Bryant und Jermaine O’Neal drei prominente Vertreter der „Prep-to-Pro“Riege unter Vertrag, was Nike und CEO Phil Knight wiederum auf den Plan rief – auch sie legten ihren Fokus auf die 14- bis 17-jährigen Talente aus dem AAU-Kosmos. „Verdammt, es war ein Krieg. Wir haben den Nike-Adidas-Krieg losgetreten. Ich, Corey [Maggette], JaRon [Rush] sowie Al [Harrington] und Rashard [Lewis]“, schwelgt Young gegenüber Grantland in Erinnerungen. „Wir haben uns für Nike entschieden, und es war super. Ich fuhr einen 82er Impala, trug nur NikeKlamotten und bekam alle paar Monate Geschenkpakete von ihnen. Der Einfluss von Nike ist der ultimative Einfluss.“ Doch wie einst Christopher Wallace sinnierte: Mo’ Money, Mo’ Problems … Young bekam das Gefühl, dass er Wichita entwachsen war, und wechselte vor seinem letzten Highschool-Jahr die Schule. In Virginia schloss er sich der Hargrave Military Academy an. In der Rückschau

neben der konstanten Einflussnahme von Piggie Sr. der wohl schwerwiegendste Fehler von Young. „Es ist egal, ob ich aufs College gegangen wäre. Das ist nicht die entscheidende Frage. Was wäre gewesen, wenn ich in Wichita geblieben wäre? Ich hätte wahrscheinlich eine viel bessere Senior-Saison gespielt. Alle meine Freunde sind hier, ich habe sie verlassen“, resümiert das frühere Highschool-Talent. Doch Young ging nach Virginia. Er hörte weiterhin auf Piggie Sr., und dessen Taschen waren mit den Geldscheinen von Nike vollgestopft. Piggie Sr. empfand den direkten Sprung in die NBA natürlich als die beste (sprich: lukrativste) Option. Trotz Angeboten von Top-Universitäten wie UCLA oder Georgetown entschied sich Young im Sommer 1998 dafür, auf eine CollegeKarriere zu verzichten und stattdessen den unmittelbaren Weg in die NBA zu gehen. „Um ehrlich zu sein, war ich wirklich nervös. Aber es war mein Traum, in die NBA zu gehen, und ich hatte das Gefühl, dass es eine einmalige Chance war“, schildert Young in einem seiner aktuellsten Interviews aus dem Jahr 2018. Das Geld, der Luxus, die TVAuftritte, die vollen Arenen: Young sah zu diesem Zeitpunkt nur die positiven Aspekte im Leben eines Profisportlers. Als er bei der Draft an 40. Stelle von den Detroit Pistons in der zweiten Runde gezogen wurde, schien sich sein Traum auch tatsächlich zu erfüllen. „Ich weiß, dass es viel Kritik und Skepsis gibt. Aber am Ende des Tages werden diese Kritiker zu den Leuten gehören, die ihm zujubeln“, erklärte Piggie Sr. den anwesenden Reportern noch am Abend der Draft. Wie sich in den folgenden Jahren herausstellen sollte, hätte er mit dieser Prognose kaum falscher liegen können.

Das schnelle Ende

Young kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt in die NBA. Die Saison 1998/99 startete im Zuge der gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen Liga und Spielergewerkschaft mit einem Lockout. Als die verkürzte Spielzeit dann im Februar 1999 startete, hatte Young Probleme, sich im Kader der Pistons einen Rotationsplatz zu erarbeiten. Die Flügelpositionen waren mit Bison Dele, Grant Hill und Jerry Stackhouse hervorragend besetzt, und Headcoach Alvin Gentry sah in dem blutjungen Rookie keinen Spieler mit NBA-Format. „Sein Spiel benötigte noch so viel Entwicklung. Er musste sich als Ballhandler stark verbessern, auf der Highschool und auf AAU-Ebene dominierte er als Inside-Spieler, aber das funktioniert bei den Profis nicht mehr. Ganz ehrlich: Wir haben den Jungen für das Jahr überhaupt nur behalten, weil wir Mitleid mit ihm hatten“, so der aktuelle Pelicans-Trainer. Young war der Prototyp eines „Tweeners“ im negativen Sinne. Zu klein


„Ganz ehrlich: Wir haben den Jungen für das Jahr überhaupt nur behalten, weil wir Mitleid mit ihm hatten.“ Alvin Gentry

Fotos: Brian Bahr /Allsport

----------(2,01 Meter) für das physische LowpostSpiel und mit zu wenig Dribbling- und Wurftalent gesegnet, um auf dem Flügel zu spielen. Young kam nur in drei Partien überhaupt zum Einsatz. Den Rest seiner Rookie-Saison verbrachte er in den Behandlungsräumen von Ärzten, auf der Tribüne oder am hinteren Ende der Bank. Das Gefühl, nicht mehr gut genug zu sein, um seiner Mannschaft zu helfen, nagte an ihm. Die Pistons verzichteten auf das zweite Vertragsjahr und entließen ihn im Sommer 1999. In der Folge spielte Young zwar bei den Philadelphia 76ers und den Los Angeles Lakers in der Summer League

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vor, einen NBA-Vertrag bekam er aber nie wieder angeboten. Stattdessen ging er ins Ausland und spielte in Australien, Russland, China und Israel. Sesshaft wurde er nirgendwo. In diesen Jahren verlor der ehemalige Highschool- und AAU-Star erst das Vertrauen in sein Talent – und dann die Liebe für den Sport, der ihm einst so viel bedeutete. Seine Basketballkarriere beendete Young 2006 – im Alter von nur 27 Jahren.

Die Moral der Geschichte ...

Wer die Geschichte des Basketballtalents Korleone Young nacherzählt, hält sich

primär mit den Jahren 1992 bis 1998 auf. Zu dieser Zeit traf Young – selbstund fremdbestimmt – viele falsche Entscheidungen. Vielleicht war er aber auch stets mehr Athlet als Basketballer und besaß nie das nötige spielerische Potenzial, um es bei den Profis zu schaffen. Doch die Geschichte des Korleone Young sollte auf keinen Fall nur auf die sportliche Ebene reduziert werden. Denn er ist aus seiner persönlichen Krise und dunkelsten Zeit als gereifter Mensch hervorgegangen. Demut, Respekt und Bescheidenheit sind Substantive, die Young erst nach dem Ende seiner „Superstar“-Zeit kennengelernt hat. Auf der Suche nach aktuellen Berichten über Young finden sich schnell interessante Anekdoten von Menschen aus seiner Heimatstadt. „Ich bin ihm vor ein paar Monaten in einem Restaurant in Wichita begegnet. Wir hatten ein wirklich nettes Gespräch. Er war wesentlich freundlicher als noch zu unseren Highschool-Tagen, wo wir gemeinsame Unterrichtsstunden hatten“, kommentiert ein User einen Bericht über Young auf der Recruiting-Website 247Sports. „Ich habe ihn auch vor Kurzem wiedergetroffen. Er arbeitet mittlerweile für eine Non-Profit-Organisation in Wichita, die Kinder in schulischen und sportlichen Bereichen unterstützt. Er wirkte auf mich wirklich ausgeglichen und zufrieden mit der Situation, in der er jetzt ist“, ergänzt ein weiterer Nutzer. Bis sich Highschool-Absolventen wieder zu einer NBA-Draft anmelden können, wird noch etwas Zeit vergehen. Adam Silver nennt die Talentziehung im Jahr 2022 als einen realistischen Termin. Bis dahin wird das kontroverse Thema in der Öffentlichkeit breitgetreten. Und auch Korleone Young findet sich unfreiwillig in diesen Debatten wieder. Für ihn ist genau dieser Umstand die größte Form der Bestrafung für alle falschen Entscheidungen, die er als Teenager traf. Denn auch wenn er mit dem Kapitel NBA für sich selbst abgeschlossen hat, ist sein Name auf ewig mit der Liga verbunden. Für aktuelle Highschool-TopTalente wie den 15-jährigen Emoni Bates oder den 14-jährigen LeBron James Jr. steht im Gegensatz zu Andrew Wiggins, Jabari Parker, Michael Porter Jr. oder Zion Williamson, die ebenfalls schon in ihrem ersten Highschool-Jahr mit der NBA in Verbindung gebracht wurden, die Option „Prep-to-Pro“ wieder offen. Und Korleone Young muss dabei als gängiges Worst-Case-Beispiel herhalten. Sofern Adam Silver seinen aktuellen Ansichten treu bleibt und „Oneand-Done“ demnächst durch „None-andDone“ abgelöst wird. Im Fall von Young hat das „Done“ nach dem Ende seiner Karriere doch noch eine positive Wendung genommen. Schließlich ist sportlicher Erfolg nicht alles im Leben. redaktion@fivemag.de

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Euro-legends

Zarko

Paspalj

ZARKO PASPALJ DER RAUCHENDE REVOLUTIONÄR Zarko Paspalj – dieser Name steht für pures Talent. Paspalj war europäischer Pionier in der NBA, Retter des griechischen Basketballs und medaillenbehängter Teil einer goldenen jugoslawischen Generation. Wie gut „Palja“ mit einem etwas ausgewogeneren Lebensstil gewesen wäre? Gute Frage … Text: Peter Bieg

B

evor Zarko Paspalj zur Saison 1989/90 in die NBA wechselt, verbringt er noch einen Sommer am Strand. Mit seinem Freund Luka Pavicevic wirft er Körbe und genießt die Wellen an der jugoslawischen Küste. Pavicevic, später unter anderem Headcoach von ALBA Berlin, hat gerade die Euroleague als Aufbauspieler von Jugoplastika Split gewonnen. Paspalj startet als Small Forward für die jugoslawische Europameister-Mannschaft und ist eine große Nummer bei Partizan Belgrad. Es entwickelt sich ein denkwürdiges Gespräch. „Hör zu, Luka, diese Jungs aus der NBA wollen mich“, sagt Paspalj. „Übermorgen fahre ich nach Belgrad, packe meine Sachen, und am Tag darauf fliege ich nach San Antonio.“ So erinnert sich Paspalj an den Beginn der Unterhaltung vor seinem Abschied. Denn bei einem EMVorbereitungsturnier in Dortmund im Jahr 1989 ist auch ein Coach der Spurs anwesend. Ein gewisser Gregg Popovich. Unter Mithilfe eines Übersetzers überzeugt Popovich Paspalj von einem Engagement in der NBA. Paspalj holt erst noch den Europameistertitel, liefert im Schnitt 13,4 Punkte für die Jugoslawen und wird ins All-Tournament-Team gewählt. Der damals 23-Jährige scheint bereit für den nächsten Schritt.

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Raucherlunge und Pizza

Einzig Luka Pavicevic, der die nordamerikanische Basketballkultur von 1985 bis 1987 am College in Utah kennengelernt hat, bleibt skeptisch. „Ich bin überhaupt nicht sicher, ob das eine gute Entscheidung für dich ist“, sagt er zu Paspalj. „Sie haben da drüben eine ganz eigene Herangehensweise und einen Typen namens Sean Elliott sehr hoch gedraftet. Er spielt genau auf deiner Position.“ Sein Freund bleibt unbeirrbar. „Was kümmert mich dieser Elliott, wer auch immer das ist. Wer von uns beiden der Bessere ist, wird spielen, so ist es“, entgegnet Paspalj. „So funktionieren die Dinge dort drüben nicht“, sagt Pavicevic. „Elliott ist der dritte Draftpick. Er kommt von einer guten Universität. Ich weiß nicht, ob du eine große Chance bekommst zu spielen. Denk nochmal darüber nach.“ Zarko Paspalj denkt nicht nach, sondern fliegt wenige Tage später von Belgrad über New York nach San Antonio – wo er sich noch viele Male an Pavicevic’ Worte erinnern wird, wie er später zugibt. Denn trotz seiner Dominanz auf dem Alten Kontinent spielt der Weltund Europameister Paspalj in der Neuen Welt kaum. An seinen Fähigkeiten liegt es nicht, das gibt selbst sein damaliger Co-Rookie, der hoch gehandelte Sean Elliott, unumwunden zu. „Zarko hat mir im Training jedes Mal den Arsch versohlt.

Jeden einzelnen Tag“, sagt er im Jahr 2014. „Ich habe ihn nie durchschaut. Er war ein Linkshänder und konnte extrem gut werfen, aber auch dribbeln.“ Spielerisch ist Paspalj das komplette Paket. 2,07 Meter groß, drahtig, korbgefährlich aus jeder Distanz, abgezockt. Doch stehen europäische Spieler in der NBA des Jahres 1989 nicht hoch im Kurs. Paspalj ist einer der Pioniere, die in diesem Sommer in die Liga kommen. Mit ihm wagen die Sowjets Sarunas Marciulionis und Alexander Volkow sowie seine Landsmänner Drazen Petrovic und Vlade Divac den Sprung. Neben der generellen Skepsis gegenüber den Euros gibt es bei Paspalj ein weiteres kleines Problem. „Nach dem Training hat Zarko immer seine zwei Zigaretten geraucht. Das hat mir in Sachen Spielzeit sehr geholfen“, sagt Sean Elliott und lacht. „Europäische Spieler wie er haben damals vor und nach dem Training geraucht. Unvorstellbar, wie sie überhaupt den Court hoch und runter gekommen sind.“ Allzu oft muss Paspalj den Court in San Antonio allerdings auch nicht hoch und runter sprinten, denn in seiner einzigen NBA-Saison kommt er nur in 28 Partien zum Einsatz. 72 Punkte und 181 Minuten Spielzeit insgesamt stehen für Zarko Paspalj in der ewigen Statistik der Association. Während seine Landsleute Divac und Petrovic den Weg für nachfolgende Generationen europäischer Talente in der NBA bereiten, schlägt das Experiment Paspalj bereits nach kurzer Zeit fehl. Da nutzt es auch nichts, dass die Spurs sogar mittels Hypnose versuchen, ihrem Rookie das Rauchen abzugewöhnen. Nicht nur für Marlboros entwickelt Paspalj eine Schwäche, laut eigener Aussage verbringt er auch zu viel Zeit bei Pizza Hut … Trotz bescheidener Statistiken und spärlicher Einsatzzeiten ist Paspalj bei Fans wie Journalisten ähnlich beliebt.


Sogar einen eigenen Song widmen ihm die Anhänger der San Antonio Spurs – „The Mark of Zarko“, gesungen zur Melodie von „The Mark of Zorro“. Die Journalisten feiern Paspalj, weil er – bis heute als Vizepräsident des serbischen olympischen Komitees – ehrlich und echt ist. Wenn er auch oftmals keine Punkte liefern darf, Zitate hat Paspalj immer auf Lager. Entsprechend bringt er auch seine Erfahrungen in den USA in einem Interview im Jahr 2015 so trocken an den Mann wie seine Mitteldistanzwürfe. Die Skepsis gegenüber dem Kommunismus und Osteuropa sei zwar ebenso groß wie pauschal gewesen, „aber davon abgesehen habe ich mich nie auch nur für eine Sekunde unwohl gefühlt. Der menschliche Umgang war großartig, keine Spur von Fremdenfeindlichkeit. Wenn ich zurückschaue auf die Dinge, die ich gelernt, und die Menschen, die ich getroffen habe, war das in jeder Hinsicht eine fantastische Erfahrung. Außer was das Wichtigste anging – denn ich habe kaum gespielt.“

Der Grieche

Zurück in Europa rehabilitiert sich Paspalj mit einer starken Saison für Partizan Belgrad, die zu einem lukrativen Engagement beim heutigen griechischen Spitzenklub Olympiakos Piräus führt. Bei Paspaljs Ankunft zur Saison 1991/92 steht der griechische Profibasketball allerdings noch am Anfang. „Einfach gesagt war er der erste ausländische Superstar in dieser Liga“, sagt Vladimir Stankovic, langjähriger Berichterstatter der Euroleague. „Ihm sind viele Spieler gefolgt, und griechische Mannschaften haben die Euroleague seither viele Male gewonnen. Aber einer musste der Erste sein und den anderen den Weg zeigen.“ Tausende Fans begrüßen Zarko Paspalj am Flughafen von Athen, die

charakteristische Fanfare von Olympiakos erklingt. Schon vor seinem ersten Spiel für die Rot-Weißen ist Paspalj ein Held. In der vorherigen Saison nur Achter, führt Neuzugang Paspalj das Team in der Spielzeit 1991/92 bis ins Finale der griechischen Liga. 35 Punkte erzielt Paspalj dort, kann die Niederlage gegen PAOK Thessaloniki aber nicht verhindern. 33,7 Punkte legt der Jugoslawe im Schnitt in seiner Debütsaison für Olympiakos auf. Paspalj ist 25 Jahre alt und in seiner absoluten basketballerischen Blüte: 38 Zähler erzielt er im ersten Saisonspiel, 39 Punkte wenig später gegen Erzrivale Panathinaikos Athen, dann 43 Punkte gegen AEK und 56 Zähler gegen Dafni Athen. In einer andernfalls durchschnittlichen Mannschaft ist „Palja“, wie ihn seine Freunde rufen, der unangefochtene Star. Er kann von buchstäblich überall punkten, dominiert mit Distanzwürfen ebenso wie aus dem Dribbling oder unter dem Korb. Paspalj ist eine 2,07 Meter große Punkte-Maschine mit schnellen, langen Schritten, starker Beinarbeit und schnörkellosem Offensivspiel. In den folgenden Jahren setzt Paspalj seine Dominanz in Griechenland weitgehend fort, zunächst weiter bei Olympiakos, dann ausgerechnet beim Erzrivalen Panathinaikos, aber auch bei Panionios Athen und Aris Thessaloniki. Im Sommer des Jahres 1996 steht sogar eine Rückkehr in die NBA zur Debatte. Die Atlanta Hawks wollen Paspalj, der mit der jugoslawischen Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen 1996 dem nordamerikanischen „Dream Team II“ lange erfolgreich Paroli bot. Doch aufgrund „familiärer Probleme“ verabschiedet sich Paspalj bereits nach einer Woche wieder aus dem Trainingscamp der Hawks. Später stellt sich heraus, dass in Athen zu dieser Zeit Gerüchte über

eine Affäre des verheirateten Paspalj die Runde machen …

Ruiniert

Die verbleibenden Jahre verbringt Paspalj in Paris, Thessaloniki und bei Kinder Bologna – seiner letzten Profistation. Verletzungen und das Kettenrauchen haben da längst ihre Spuren hinterlassen. Im Dezember 1998 muss er den damaligen Euroleague-Champion aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Spielerisch ist er zu diesem Zeitpunkt bereits ein Schatten seiner selbst, gesundheitlich ein Wrack. Im Alter von nur 32 Jahren ist die Karriere des großen Zarko Paspalj beendet. Bereits drei Jahre später erleidet der Serbe die erste von zahlreichen Herzattacken, die sein Leben als Sportinvalide prägen. Auch ein Herzschrittmacher, im Jahr 2005 eingesetzt, verschafft dem Unbelehrbaren keine Besserung – weil Paspalj entgegen ärztlichem Rat munter weiterraucht. Dass ihm die Mediziner sportliche Aktivitäten untersagen, nimmt er ähnlich ernst wie das Rauchverbot … Im Jahr 2017 besucht er seinen alten Freund Gregg Popovich in den USA und entgeht bei einer neuerlichen Herzattacke nur knapp dem Tod. Sein ehemaliger Mitspieler Vlade Divac, inzwischen General Manager der Sacramento Kings, kommt eigens nach San Antonio, um Paspalj im Haus von Popovich zu besuchen. Zu diesem Zeitpunkt beginnt „Palja“ gerade erst wieder zu reden. Ohne die Zigaretten und mit etwas mehr Arbeitseifer stünde Paspaljs Name heute wohl in einer Reihe mit jenen von NBA-Pionieren wie Petrovic, Divac und Kukoc. So bleibt neben dem Kratzen im Hals die Erinnerung an einen der ersten echten Superstars auf dem europäischen Kontinent. redaktion@fivemag.de

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Fiba-WM

Interview:

Henrik

Rödl

HENRIK RÖDL „UM DIE ERGEBNISSE MACHE ICH MIR KEINE SORGEN“ Wenige Wochen vor Beginn der BasketballWeltmeisterschaft 2019 war FÜNF mit Bundestrainer Henrik Rödl zum Gespräch verabredet. Neben dem bevorstehenden Mega-Event waren auch Rödls Arbeitspensum, der Unterschied zwischen Livestream und Halle sowie seine Herangehensweise bei der Kaderplanung zentrale Themen. Text und Interview: Peter Bieg

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Fotos: Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images


Fiba-WM

Interview:

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er Termin der finalen KaderBekanntgabe für die BasketballWeltmeisterschaft 2019 in China lag leider nach dem Redaktionsschluss für diese Ausgabe. Wenn ihr diese Zeilen lest, wisst ihr bereits, wer mit Bundestrainer Henrik Rödl nach China fliegt. Fast 30 Spieler hat Rödl in der lang gezogenen Qualifikations-Periode für das Großereignis in Asien insgesamt eingesetzt. Aufgrund des andauernden Zwists zwischen FIBA und Euroleague kamen Exoten wie Zweitliga-Spieler Jonas Grof (aus Hagen) ebenso zum Einsatz wie gestandene Veteranen à la Danilo Barthel. Im folgenden Gespräch ging es weniger um Kader-Spekulationen als darum, die Herangehensweise von Rödl in den vergangenen Wochen und Monaten zu ergründen. Auch die Situation der deutschen NBA-Spieler, die Entwicklung der Basketball-Bundesliga und die EMVergabe 2021 an Deutschland gehörten zu den Themen im Interview mit dem 50-jährigen Bundestrainer. FÜNF erlebte einen gewohnt nüchtern-fokussierten Henrik Rödl, dem dennoch anzumerken war, wie heiß er auf das lang ersehnte Turnier ist. FÜNF: Deutschland richtet die Endrunde der Basketball-Europameisterschaft 2021 in Berlin aus, eine Vorrundengruppe spielt in Köln. Henrik, du warst bei der finalen Entscheidungsrunde der FIBA vor Ort. Wie ist es gelaufen? Henrik Rödl: Die EM 2021 ist eine große Sache. Ich war Teil unserer letzten Präsentation Mitte Juli in München. Die Verantwortlichen des DBB haben lange daran gearbeitet, diesen Auftritt vorzubereiten. Da wurde sehr gute Vorarbeit geleistet, und ich habe den sportlichen Part ein wenig beschrieben. Die Präsentation diente dazu, nochmal zu erklären, was wir machen. Jetzt haben wir die Vor- und die Endrunde in Deutschland. Das ist etwas ganz Besonderes für jeden Sportler, im eigenen Land die Europameisterschaft ausrichten zu dürfen. Wir sind dadurch auch automatisch qualifiziert. Das kommt auch zu einem guten Zeitpunkt für unsere aktuelle Generation, die beim letzten großen Turnier noch mit die jüngste Mannschaft war, jetzt etwas älter ist und im Jahr 2021 eine gute Chance hat, ihren Leistungszenit zu erreichen oder kurz davorzustehen. Das ist eine große Chance, da was draus zu machen. Eine EM im eigenen Land. Das lief 1993 beim Titelgewinn im Finale von München ziemlich erfolgreich. (schmunzelt) Na gut, ich wurde selbst im eigenen Land Europameister und kann entsprechend nachvollziehen, wie das ist, vor dem eigenen Publikum zu spielen. Mal schauen, wie die Mannschaft sich präsentiert, wenn es so weit ist.

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Henrik

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Du bist Jahr für Jahr sehr viel unterwegs. Hast du einen Überblick, wie viele Kilometer es sind, die du als Bundestrainer fährst und fliegst? Oh je. Nicht genau. Aber es ist sehr viel, ja. Ich fahre bestimmt zwischen 60.000 und 80.000 Kilometer pro Jahr. Es ist eine meiner Hauptaufgaben, den Kontakt zu den Spielern und ihrem Umfeld zu halten. Ich muss sehen, wie die Jungs sich fühlen. Der Kontakt muss so eng sein, dass ich genau weiß, wo der Athlet ist, wie er drauf ist und sich fühlt, wenn wir uns das nächste Mal sehen.

„Ich bin extrem dankbar dafür, wie die Mannschaft da immer aufgetreten ist. Wir haben das Beste aus dem Qualifikationsmodus gemacht.“ -----------

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Relativ häufig bist du live in der Halle, obwohl es dank MagentaSport auch eine Alternative gibt. Was macht den Unterschied zwischen Livestream und Arena aus? Es geht weniger darum, die Spiele zu sehen oder jemanden genauer zu beobachten. Das ist eher ein Kontaktieren der Spieler in ihren Stresssituationen … sie zu begleiten, sie zu sehen und den Kontakt immer aufrechtzuerhalten. Evaluieren tue ich die meisten Dinge von zu Hause, schaue mir die Videos an. Da kann ich zurückspulen, viel deutlicher sehen, was auf dem Spielfeld passiert. Die Dinge vor Ort haben einerseits eher repräsentativen Charakter und dienen dem persönlichen Kontakt mit den Spielern andererseits. Haben diese Besuche also einen psychologischen Charakter, weil du den Spielern bei bestimmten Themen in die Augen schauen möchtest?

Das hat mit Psychologie nichts zu tun. Von meiner Seite gibt es keinen Druck auf die Spieler in irgendeiner Form. Es geht darum, mit den Spielern zusammen zu sein. Ich teste da nichts, kenne die Spieler ja alle. Wenn ich bei den Spielen bin, dann sieht man mich als Beobachter – im Fernsehen. Aber ich bin natürlich auch bei den Spielern selbst, in anderen Situationen: beim Training, im Privaten. Es bietet sich aber dann auch an, dass ich mich bei den Spielen blicken lasse. Die BBL-Saison ist seit einigen Wochen vorbei, trotz der anstehenden WM wirft die kommende Spielzeit bereits ihre Schatten voraus. Und noch immer gilt ja das Ziel, die BBL im Jahr 2020 zur „besten nationalen Liga Europas“ zu machen. Wenn du an die letzten Monate und die Eindrücke und Gespräche in der BBL zurückdenkst, wie sieht dann dein Zwischenfazit aus? Die BBL braucht sich nicht zu verstecken. Da wird mittlerweile auf sehr hohem Niveau gespielt, auch in der Breite. Die Hallen sind dank der selbst gesetzten Standards ebenso auf einem sehr guten Niveau. Die Profis, die da spielen, erhalten Interesse aus vielen anderen Ligen. Das zeigt auch, wie gut die BBL ist. In der Breite hatten wir auch noch nie eine solche Qualität an Spielern, die aus anderen Ländern in die Bundesliga wechseln. Auch die deutschen Spieler spielen eine große Rolle, und deshalb entwickelt sich das auf jeden Fall in die richtige Richtung. Deutsche Spieler haben in den vergangenen Wochen extrem lukrative Verträge in den USA unterschrieben. Hier ausgebildete Akteure haben sich für den Moment in einer nie dagewesenen Zahl in der NBA etabliert. Wie häufig warst du in der vergangenen Saison also in den USA? Ich war vor Saisonbeginn dort und dann während der Saison noch ein weiteres Mal. Ich habe jeweils eine kleine Rundreise gemacht und alle Spieler vor Ort besucht. Dieser Sommer wirkt besonders ereignisreich, andauernd gibt es irgendwelche Nachrichten zu Wechseln, Entscheidungen, Bekanntgaben. Auch das Euroleague-Final-Four 2020 findet in Deutschland statt, die NBA-FreeAgency war komplett verrückt … tangiert so etwas wie die Free Agency deine Arbeit als Bundestrainer und die damit verbundenen Überlegungen? Das ist der ganz normale Wahnsinn nach der Saison. Da auch unsere Spieler mehr und mehr beteiligt sind, interessiert mich sehr, was da vor sich geht. Die Situation der Deutschen interessiert mich mit Abstand am meisten, andere Wechsel interessieren mich als Fan, aber nicht ernsthaft. Natürlich verfolge ich das und nutze die Medien und Kontakte, um da auf dem neuesten Stand zu bleiben.


Fotos: Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images

Bei Daniel Theis und Maximilian Kleber lief es richtig gut in der Free Agency … Die Verträge der beiden haben sicherlich bestätigt, dass sie jetzt den nächsten Schritt gehen können. Sie haben sich etabliert, können sich noch klarere, sicherere Rollen in ihren Teams erarbeiten. Wobei Maxi bereits vergangenes Jahr sehr viel gespielt hat. Allerdings in einem Team, das sich die

mit den Härten des NBA-Business arrangieren – sie wurden als Teil des Anthony-Davis-Trades von L.A. nach Washington verfrachtet. Ich denke, die Situation in Washington kann für die beiden erst mal gut sein. Wir kennen dort einige Leute sehr gut. Tony DiLeo ist dort Sportdirektor, seine beiden Söhne spielen in der BBL, ich kenne ihn und seine Familie bereits sehr lange.

letzte Mal ein Deutscher in Russland war. Vielleicht Tim Ohlbrecht? Das haben bisher nicht viele gemacht und geschafft. Ein absolutes Gütesiegel für Joe. ZSKA ist immer eine der ersten Adressen in Europa. Dort einen Vertrag zu bekommen, ist eine Auszeichnung. Aber in seinem Fall eben eine verdiente Auszeichnung, denn er macht das auf

ganze Zeit verändert und auch nicht auf allerhöchstem Niveau agierte. Die Unterschrift von Daniel bedeutet aber mit Sicherheit, dass er eine größere Rolle in Boston bekommt.

Das ist ein guter Anfang, einen solchen Kontakt zu haben. Das Feedback aus Washington war bisher sehr positiv. Wie es jetzt weitergeht, das müssen sich die beiden selbst erarbeiten. Sie sind noch am Anfang ihrer Karriere, und wir werden sehen, was sie daraus machen.

hohem Niveau – und das schon seit vielen Jahren. Und er wird seine Sache auch in Moskau gut machen.

Die Situation von Dennis Schröder ist nach den großen Trades der Oklahoma City Thunder weniger vorhersehbar. Dort steht ein Neuaufbau bevor. Wir hatten in den letzten Tagen viel Kontakt, und Dennis ist wie gewohnt guter Dinge. Aber er ist schon selbst gespannt, was dort jetzt noch passiert. Moritz Wagner und Isaac Bonga mussten sich nach nur einem Jahr in der Liga

Johannes Voigtmann ist in seiner Karriere schon etwas weiter, hat jetzt bei ZSKA Moskau für zwei Jahre unterschrieben. Er scheint ganz organisch immer besser zu werden. Wie ist es zu bewerten, dass ein deutscher Nationalspieler zu diesem russischen Spitzenklub wechselt? Ich weiß nicht, wann überhaupt das

Maik Zirbes hingegen ist nach China in die dortige zweite Liga – und damit wohl auch raus aus den Planungen für die WM. Was sagst du zu diesem Schritt? Das ist hauptsächlich natürlich eine finanzielle Geschichte und eine Chance für ihn, dort etwas zu machen. Ob das Auswirkungen auf meine Kaderplanung hat, dazu werde ich aber jetzt keine Wasserstandsmeldungen abgeben. Du hast in der Qualifikation extrem viele Spieler eingesetzt, einsetzen müssen.

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Interview:

Henrik

Rödl

Einige Nationen haben zu diesem Zeitpunkt bereits ihre vorläufigen Kader bekannt gegeben, Serbien etwa. Nemanja Nedovic hat von seiner Nichtnominierung im Internet erfahren und daraufhin einen erbosten Tweet abgesetzt. Da du ja auch schon mehrfach in der Situation warst, die finale Aufstellung zu bestimmen – wie handhabst du solche Absagen? Das ist sicherlich eine der schwierigsten Aufgaben in meinem Job. Aber den Spielern, die sich das verdient haben, sage ich persönlich, wie ich die Situation sehe, und versuche mich zu erklären. Ich versuche mich mitzuteilen, so gut es geht. Wir werden zum Auftaktlehrgang nach Trier 16 Leute einladen, und das ist ja nicht mal der finale Kader. Da entwickelt sich ja noch was aus dieser Vorstufe. Welche zwölf sich am Ende qualifizieren, das hängt dann von der Vorbereitung ab.

Einige waren in der gesamten WMQualifikation extrem präsent. Andere, insbesondere aus NBA oder Euroleague, konnten eine solche Präsenz gar nicht leisten. Was zählt im Zweifel mehr bei der endgültigen Kaderzusammenstellung: Treue oder Talent? Wir versuchen das beste Team zusammenzustellen und schauen dabei nach vielen Dingen. Im Team muss es passen. Ich habe in der Qualifikation 27 oder 28 Spieler eingesetzt. Es gibt also viele, die die Bereitschaft mitbringen, in diesem Team zu spielen. Und das freut mich natürlich. Eine tolle Sache. Wir werden die beste Mannschaft zusammenstellen. Aber das in allen kleinen Details aufzuschlüsseln und nachvollziehbar zu machen, das ist schwierig … da jetzt mit Begriffen wie „mehr“ und „weniger“ anzufangen, ist nicht

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zielführend. Ich schaue mir jede Situation individuell genau an, versuche das Beste daraus zu machen. Ist ein solch großes Turnier für dich eine geeignete Situation zur Spielerentwicklung, da sehr junge Spieler für die hinteren Plätze in der Rotation eine echte Option sein sollten? Das wird sich dann zeigen, wenn ich den Kader aufstelle … wenn wir den Weltmeisterschaftskader am 01. August vorstellen, wird jeder sehen, was ich darüber denke und wie ich da rangehe. Ganz viele Kriterien spielen eine Rolle, aber das ist dann auch nochmal von der Position und der individuellen Situation abhängig. Es ist toll, dass die Leute über die finale Mannschaft diskutieren. Ich glaube aber nicht, dass es viele Überraschungen geben wird.

Ein junger Spieler, den manche gern im Kader sehen würden und über den in den vergangenen Wochen sehr viel gesprochen wurde, ist Franz Wagner aus Berlin. Er hat sich kürzlich für einen Wechsel ans College von Michigan entschieden und folgt damit seinem Bruder Moritz, der einen sehr ähnlichen Weg gegangen ist. Aber auch dein Weg, damals zur University of North Carolina, weist gewisse Ähnlichkeiten auf. Was hast du ihm mit auf den Weg gegeben bei dieser Entscheidung? Das ist natürlich eine Entscheidung, die ein Sportler selbst treffen muss und die Franz auch selbst getroffen hat. Ich stehe da nur in beratender Funktion zur Seite, indem ich bei bestimmten Dingen meine Sichtweise erkläre. Aber die Entscheidungen sind familiär und intern getroffen worden. Es war aber auch keine so falsche Situation für ihn: Spielzeit in einem Euroleague-Team, dort viele Minuten zu bekommen – oder zu einem der besten Colleges in Amerika zu gehen (lacht) … das ist keine leichte Entscheidung, und er hat sich jetzt für die andere Seite entschieden. Die WM wird das größte Turnier aller Zeiten, schon der Vorlauf mit den QualiFenstern wurde lang und breit diskutiert. Wie schätzt du die Mega-WM ein? Das ist definitiv die qualitativ beste WM aller Zeiten, weil so viele Mannschaften da sind und der Weg ins Viertelfinale viel schwerer ist als bisher. Im Jahr 2002 etwa gab es vier Sechsergruppen, und die besten vier Teams kamen jeweils weiter. Da bestimmte Plätze für bestimmte Kontinente reserviert waren, war es womöglich sogar einfacher, bei einer WM nach oben zu kommen als bei einer Europameisterschaft. Einfach weil die Leistungsdichte etwas stärker abfällt. Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Wir haben so viele Mannschaften von allen Kontinenten, die sehr, sehr talentiert sind. Die Teams nehmen das sehr, sehr ernst, nicht nur


wegen der Weltmeisterschaft, sondern auch wegen der möglichen Qualifikation für die nächsten Olympischen Spiele. Fast alle Stars werden da sein, von der Qualität sicherlich das größte und beste Event aller Zeiten.

Fotos: Ronny Hartmann/Bongarts/Getty Images

Die Qualifikation in Form der Fenster erfolgte über einen sehr langen Zeitraum, und die Probleme zwischen FIBA und Euroleague sind bekannt. Wie sieht dein Fazit nach diesem ausgedehnten und in dieser Form völlig neuen Vorlauf aus? Für uns war es eine gute Zeit, weil die Mannschaft immer wieder in so vielen verschiedenen Formationen auftreten musste. Dabei hat sie sich jederzeit ganz toll präsentiert, egal wer da war. Jeder war für das Team da. Das zeugt von einer sehr guten Atmosphäre, die wir in der Nationalmannschaft anbieten können, die unsere Spieler aber auch selbst geschaffen haben. Sie haben das alles mitgemacht, und dafür sind wir extrem dankbar. Das ist das, was für mich da am Ende steht. Es gibt keine Hinweise darauf, wie gut eine Mannschaft jetzt bei der Weltmeisterschaft spielen wird. Denn mit diesen Kadern wurde ja kaum gespielt. Entsprechend ist es sehr schwer, sich einzuordnen und sich mit den anderen zu vergleichen. Auch die anderen Nationen werden mit einem ganz anderen Team kommen. Dennoch war es für uns eine Zeit, die sich für jeden Einzelnen letzten Endes gelohnt hat. Ich bin extrem dankbar dafür, wie die Mannschaft da immer aufgetreten ist. Wir haben das Beste aus dem Qualifikationsmodus gemacht.

kenne und weiß, dass wir alle erdenkliche Unterstützung bekommen werden. Ich freue mich darauf. Am 21. August fliegt ihr zu einem Vorbereitungsturnier nach Japan. Ist das dann die letzte Akklimatisierungsmaßnahme, um schon mal auf dem asiatischen Kontinent anzukommen? Genau darum geht es. Bis kurz vor Turnierbeginn werdet ihr nur vage Informationen über eure Gegner haben. Scoutet der Trainerstab schon jetzt alle Gruppengegner, oder muss das ein Stück weit scheibchenweise vor dem Start des World Cups erfolgen? Ein paar Mannschaften haben ihre Kader ja schon bekannt gegeben, aber das sind fast immer Zwanziger-Kader. Das ist kein wirklicher Einblick, wie die Mannschaft dann aussieht. Die treffen sich, genau wie wir, und verkleinern ihre Kader Stück für Stück. Erst zu einem späteren Zeitpunkt der Vorbereitung können wir sehen, wie diese Mannschaften spielen und wie man sich auf sie vorbereiten muss. Aber wir spielen natürlich auch gegen die Franzosen, die mit einem Trainer (Vincent Collet, Anm. d. Red.) antreten, der schon sehr lange dabei ist. Die werden jetzt nicht so viel an Überraschungen bieten, was den Spielstil angeht. Aber natürlich ist auch diese Mannschaft wieder anders formiert, obwohl sie für mich auf jeden Fall ein Medaillenkandidat ist. Wir werden peu à peu sehen, wie sich andere Teams

formieren. Im Moment gibt es nur ganz oberflächliche Ansichten, was die Stärke anderer Mannschaften angeht. Und es gibt auch jetzt noch keine Notwendigkeit, sich das genauer anzuschauen. Auf den Punkt gebracht: Wann ist diese Weltmeisterschaft für dich und den Deutschen Basketball Bund ein Erfolg? Wir fahren dahin und werden versuchen, jedes Spiel zu gewinnen. Ich wünsche mir, dass die Mannschaft mit der gewohnten Stimmung und Leidenschaft in das Turnier geht. Dann erwarte ich, dass wir überall eine Siegchance haben, und ich denke, dass wir auch ein gutes Ergebnis erzielen. Die Vergabe der EM 2021 an Deutschland bildete den Auftakt dieses Gesprächs. Du hast den Entwicklungszyklus angesprochen, den eine Mannschaft durchmacht. Ist es ergo für eure Mannschaft in der Entwicklung noch zu früh, um die Erwartungen für die jetzige Weltmeisterschaft richtig hoch zu hängen? Ich bin da völlig offen, was so etwas angeht. Das interessiert mich im Augenblick ehrlich gesagt nicht wirklich. Für die Weltmeisterschaft jetzt steht die Entwicklung einer Mannschaft im Vordergrund, die alles gibt, sich zerreißt und nach vorne geht. Dann mache ich mir um die schlussendlichen Ergebnisse keine Sorgen. redaktion@fivemag.de

Du hast den Vergleich mit anderen Mannschaften angesprochen … dabei sollen natürlich auch Testspiele helfen. Ihr habt verschiedene terminiert, unter anderem gegen Tunesien, Japan, Tschechien und Polen. Der Auftaktlehrgang und ein Spiel gegen Schweden finden in Trier statt. Welche Aspekte haben euer Vorgehen bestimmt? Man versucht natürlich, Partner zu finden, die zum Verlauf der Vorbereitung passen. Das ist uns insgesamt gut gelungen. Wir werden kurz vor Turnierbeginn etwa noch ein Spiel gegen Australien machen. Das ist wichtig, da einen letzten Gradmesser zu bekommen. Die erste Woche in Trier ist aber auch wichtig. Wir kommen zum ersten Mal zusammen, müssen die Grundlagen für alles legen, was später kommt. Denn danach spielen wir fast nur noch und trainieren weniger. Also wird Trier eine sehr intensive Trainingszeit sein. Außerdem ist in Trier der Kader noch deutlich größer, da wir danach den Kader für den Supercup in Hamburg von 16 auf 14 Spieler verkleinern. Dementsprechend ist das eine ganz besondere Atmosphäre, es ist extrem wichtig, dass wir dort gut arbeiten. Es ist auch sehr wichtig für mich, dass ich die Umgebung sehr gut

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ÜBER CHINA NACH JAPAN Vom 31. August bis zum 15. September findet die FIBA Basketball-Weltmeisterschaft 2019 statt. Bereits zum 18. Mal messen sich die besten Basketballer dieses Planeten – zum ersten Mal in China, zum ersten Mal im neuen 32-Mannschaften-Format, das acht Vorrundengruppen umfasst. Acht Städte (Peking, Foshan, Wuhan, Shenzhen, Dongguan, Nanjing, Shanghai and Guangzhou) veranstalten insgesamt 92 Partien in 16 Tagen. Text: Sebastian Dumitru

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ie Gruppenphase findet vom 31. August bis zum 05. September statt. Acht Gruppen zu je vier Teams bedeuten 48 Partien. Die jeweils Erst- und Zweitplatzierten erreichen die zweite Runde (ebenfalls Gruppenphase), die vom 06. bis 09. September läuft. Die Ergebnisse der ersten Vorrundengruppe fließen in dieses Klassement mit ein, jedes Team spielt gegen die zwei Gegner in seiner Gruppe, die es in Runde eins nicht gesehen hat. Die jeweils beiden Top-Teams dieser vier Gruppen ziehen ins Viertelfinale ein, das am 10. und 11. September stattfindet, ehe mit den beiden Semifinals (13. September) und dem Endspiel am 15. September der finale Höhepunkt erfolgt. Gleichzeitig laufen Platzierungsrunden, denn das Endtableau dieser Weltmeisterschaft dient einem weiteren Zweck im neu formierten FIBA-Kalender. Der DBB schlüsselt auf seiner Website auf: Sieben Teams qualifizieren sich beim FIBA Basketball World Cup 2019 direkt für die Olympischen Spiele in Tokio 2020, und zwar die beiden bestplatzierten Teams aus Europa und aus der „Americas Zone“ sowie jeweils das bestplatzierte Team aus Afrika, Asien und Ozeanien. Die 16 am nächstbesten platzierten Mannschaften des World Cups haben die Chance, sich über eines der vier FIBA Olympic Qualifying Tournaments zu qualifizieren. Für die Truppe von Bundestrainer Henrik Rödl ist die Aufgabe also klar umrissen: den Traum von Olympia am Leben halten. Gespielt wird dabei in folgenden Gruppen …

Gruppe A: Elfenbeinküste, Polen, Venezuela, China

Gruppe B: Russland, Argentinien, Südkorea, Nigeria

Gruppe C: Spanien, Iran, Puerto Rico, Tunesien

Gruppe D: Angola, Philippinen, Italien, Serbien

Gruppe E: Türkei, Tschechische Republik, USA, Japan

Gruppe F: Griechenland, Neuseeland, Brasilien, Montenegro

Gruppe G: Dominikanische Republik, Frankreich, Deutschland, Jordanien

Gruppe H: Kanada, Senegal, Litauen, Australien In der Zwischenrunde treffen dann die beiden erstplatzierten Teams der Gruppen A und B, C und D, E und F sowie G und H aufeinander. Deutschland träfe also bei einem Erreichen der zweiten Runde unter Umständen auf die Medaillenkandidaten Litauen, Kanada und Australien. Obwohl zu Redaktionsschluss die finalen WM-Kader der einzelnen Nationen noch nicht feststanden, dürfte dieser World Cup dennoch der am stärksten besetzte der Geschichte sein. Wie stark sind die Teams, und wer kann sich Hoffnungen auf eine Medaille machen? Dies zeigt das folgende Power Ranking der vermeintlich 16 besten Teams inklusive der Spielerpools, aus denen sich die Nationaltrainer wohl bedienen werden.


1. USA Pos. PG PG PG SG SG SF SF SF SF PF PF PF C C C C

Name Kemba Walker Kyle Lowry Marcus smart Donovan Mitchell Jaylen brown Khris Middleton Jayson Tatum P.J. Tucker Harrison Barnes Julius Randle Kyle Kuzma Thaddeus young Myles Turner brook Lopez Andre Drummond Montrezl harrell

Fotos: Gene Sweeney Jr./Getty Images

Headcoach: Gregg Popovich

Die US-Boys gehen als Titelverteidiger und Nummereins-Titelfavorit in dieses Turnier. Wer sonst? Nachdem die US-Amerikaner zwischen 1990 und 2006 nur ein einziges Mal in fünf Versuchen Gold gewinnen konnten, führte die Umwidmung auf Verbandsebene zurück zur gewohnten Dominanz, rückte die globalen Kräfteverhältnisse unmissverständlich zurecht. Zwar fehlen nach den Absagen von unter anderem Damian Lillard, Anthony Davis und James Harden die absoluten Superstars im Kader von Nationaltrainer Gregg Popovich. Dieser ist aber natürlich weiterhin gespickt mit Top-Optionen auf jeder Position. Donovan Mitchell, Kemba Walker und Khris Middleton sind die Zugpferde dieses ausgeglichenen, tiefen Teams. Die NBA-Sophomores Mitchell, Jayson Tatum und Kyle Kuzma bringen die Athletik ins Spiel, Veteranen wie Middleton, Harrison Barnes und Kyle Lowry genügend Ruhe und die Gefahr von der Dreierlinie. Diese Truppe ist nicht das Beste, was „Team USA“ aufs Parkett bringen kann – in dieser abgespeckten Version aber allemal für den Titel gut, zumal weder in der eigenen Vorrundengruppe E noch in der Zwischengruppe K die richtig schweren Brocken warten. Auch wenn das neue Format mit 32 Mannschaften eine neue Herausforderung darstellen wird: Alles andere als die Goldmedaille für die USA wäre eine Riesensensation.

2. SERBIEN PG PG PG SG SG SG SF SF SF PF PF PF PF PF C C C C

Milos Teodosic Vasilije Micic Stefan Jovic Bogdan Bogdanovic Dragan Milosavljevic Aleksa Avramovic Marko Guduric Marko Simonovic Dejan Todorovic Nemanja Bjelica Vladimir Lucic Milan Macvan Stefan Bircevic Nikola Jovanovic Nikola Jokic Boban Marjanovic Miroslav Raduljica Nikola Milutinov

Headcoach: Aleksandar Djordjevic

18 Mann standen bei Redaktionsschluss Ende Juli im Vorbereitungskader von Aleksandar „Sasa“ Djordjevic, der 1998 selbst als Spieler für die Bundesrepublik Jugoslawien Gold gewinnen konnte. Sechs von ihnen verfügen über NBA-Erfahrung, vier spielen aktiv in der besten Liga der Welt. Der Superstar heißt Nikola Jokic. Der All Star von den Denver Nuggets bringt eine völlig neue Qualität in die üblicherweise von Guards und Flügelspielern dominierte Einheit, wird mit seinem Passspiel und der Wucht am Zonenrand Akzente setzen. Djordjevic verlangt Shooting, BasketballIQ und Spielwitz im Angriff, harte Defense, Athletik und Disziplin am eigenen Korb. Serbien hat die Manpower, um dem anspruchsvollen Coach zu genügen. Die beiden Akteure der Sacramento Kings, Bogdan Bogdanovic und Nemanja Bjelica, sind treffsicher und knallhart. Milos Teodosic ist international mit allen Wassern gewachsen und bleibt Dreh- und Angelpunkt der spielstarken Balkan-Truppe, die nicht nur ihre Gruppe D dominieren wird, sondern auch im weiteren Verlauf des Turniers klarer Favorit ist – bis ins mögliche und hoch antizipierte Finale gegen die USA.

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Fiba-WM

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Cup

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3. SPANIEN PG PG PG SG SG SG SF SF SF PF PF PF PF C C C

Ricky Rubio Quino Colom Jaime Fernandez Sergio Llull Pau Ribas Joan Sastre Rudy Fernandez Xavi Rabaseda Javier Beiran Victor Claver Juan Hernangomez Pablo Aguilar Pierre Oriola Marc Gasol Willy Hernangomez Ilimane Diop

5. GRIECHENLAND

Headcoach: Sergio Scariolo

Alte Bekannte, zurück zu alter Stärke? Die Basketball-WM war nicht gut zu den Spaniern seit ihrem größten Triumph der Verbandsgeschichte: Gold bei der Weltmeisterschaft 2006 in Japan. Seither dominiert „La Roja“ zwar auf kontinentaler Ebene (drei Mal Europameister, ein Mal Silber, zwei Mal Bronze) und konnte auch bei Olympia drei Medaillen einheimsen (zwei Mal Silber, ein Mal Bronze). Beim World Cup stehen aber nur zwei enttäuschende Platzierungen zu Buche (Rang fünf 2014, Rang sechs 2010). Hinzu kommt, dass der erfolgreichste Spieler aller Zeiten heuer wieder verletzt ausfällt: Pau Gasol setzt seine Reha fort und wird seine Kollegen von zu Hause aus anfeuern müssen. Auch Serge Ibaka, Nikola Mirotic und Sergio Rodriguez werden Erfolgscoach Sergio Scariolo fehlen, der sich aber zumindest auf „Big Spain“ Marc Gasol und dessen auf FIBA-Ebene unaufhaltsame Mischung aus Physis und Feingefühl verlassen kann. Ricky Rubio und die Hernangomez-Brüder Willy und Juancho sind ebenfalls gesetzt, ebenso wie Rekordnationalspieler Rudy Fernandez (211 Einsätze) und Sergio Llull auf dem Flügel. Kontinuität und über viele Jahre etablierte Hierarchien sowie die vorteilhafte Ansetzung aus Gruppe C spielen Spanien in die Karten: Viertel- und sogar Halbfinalteilnahme scheinen ohne allzu große Mühen machbar zu sein.

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4. FRANKREICH PG PG PG SG SG SG SF SF SF PF PF PF C C C

Thomas Heurtel Frank Ntilikina Andrew Albicy Evan Fournier Nando de Colo Paul Lacombe Nicolas Batum Timothé Luwawu-Cabarrot Axel Toupane Adrien Moerman Louis Labeyrie Amath M’Baye Rudy Gobert Vincent Poirier Mathias Lessort

Headcoach: Vincent Collet

So einiges hat sich verändert für die „Équipe Tricolore“ seit ihren Glanzzeiten mit der besten Generation in der Geschichte des französischen Basketballs. Während die Oldtimer nach und nach abtreten – zuletzt beendete Tony Parker seine aktive Karriere –, kommen junge Talente wie Frank Ntilikina, Elie Okobo und Sekou Doumbouya durch die nicht zu versiegen scheinende Pipeline. Vincent Collet wird sich heuer aber zunächst auf altbekannte Protagonisten verlassen müssen, um die zuletzt ernüchternden internationalen Platzierungen vergessen zu machen. Platz zwölf bei der vergangenen EM, zuvor Platz sechs bei Olympia ... Frankreich ist Besseres von seinen Korbjägern gewohnt. Collet wird froh sein, dass seine DefensivAsse Rudy Gobert und Nic Batum wieder mit von der Partie sind. Frankreich fehlt es nämlich hinter Evan Fournier an gefährlichen Schützen, die Abwehr wird einmal mehr die Kohlen aus dem Feuer zu holen versuchen. Die Euroleague-Veteranen Thomas Heurtel und Nando de Colo werden eine große Last stemmen müssen, um mehr als die Vorrundengruppe G zu überstehen: Bereits die brutale Zwischengruppe L könnte die Grenzen der Franzosen aufzeigen.

PG PG PG SG SG SG SG SF SF SF SF SF PF PF PF PF C C

Nick Calathes Antonis Koniaris Vangelis Mantzaris Tyler Dorsey Ioannis Athinaiou Kostas Sloukas Giannoulis Larentzakis Giannis Antetokounmpo Christos Saloustros Thanasis Antetokounmpo Kostas Papanikolaou Ioannis Papapetrou Georgios Printezis Panagiotis Vasilopoulos Dinos Mitoglou Kostas Antetokounmpo Ioannis Bourousis Georgios Papagiannis

Headcoach: Thanasis Skourtopoulos

Ist 2019 das Jahr, in dem die griechische Nationalmannschaft endlich ihren großen Durchbruch feiert? In der FIBAWeltrangliste an Nummer acht und bei Wettanbietern mit der viertbesten Quote geführt, scheinen die Chancen tatsächlich besser denn je, die Enttäuschungen der vergangenen vier Turniere vergessen zu machen und eine Medaille mit nach Hause zu bringen. „Hellas“ hat den besten Spieler der WM im Kader. Den Superstar. Den amtierenden MVP. Den „Greek Freak“: Giannis Antetokounmpo. Der Alleskönner ist in der Blüte seiner Basketballerkarriere und wird ohne Frage dominieren. Die große Frage ist nur: Funktioniert der Unterbau? Mit seinen Brüdern Thanasis und Youngster Kostas sowie dem eingebürgerten Tyler Dorsey stehen drei weitere NBA-Talente im Kader von Coach Thanasis Skourtopoulos. Die Dauerbrenner Nick Calathes, Ioannis Borousis und Kostas Papanikolaou sind ebenfalls bekannte Größen auf internationalem Terrain. Griechenland dürfte sich in seiner Gruppe F keine Blöße geben und muss sich auch in der Zwischengruppe höchstens vor den USA fürchten. Eine Medaille scheint realistisch.


6. KANADA PG PG PG PG PG PG SG SG SG SG SG SG SG SF SF SF SF SF SF PF PF PF PF PF PF C C C

Shai Gilgeous-Alexander Cory Joseph Nickeil Alexander-Walker Aaron Best Luguentz Dort Naz Mitrou-Long Jamal Murray Kevin Pangos Nik Stauskas Brady Heslip Andrew Nembhard Andy Rautins Phil Scrubb R. J. Barrett Dillon Brooks Melvin Ejim Mfiondu Kabengele Oshae Brissett Aaron Doornekamp Kelly Olynyk Dwight Powell Trey Lyles Thomas Scrubb Marial Shayok Kyle Wiltjer Khem Birch Chris Boucher Brandon Clarke

Fotos: Nicolò Campo/Pacific Press/LightRocket via Getty Images/Claus Andersen/Getty Images

Headcoach: Nick Nurse

Der NBA-Champion kommt aus Kanada. Das Land mit den zweitmeisten NBASpielern: ebenfalls Kanada. Das Überraschungsteam dieses FIBA World Cups … wäre nicht Kanada. Es sei denn, der geneigte Beobachter hat verpasst, welche Entwicklung das Eishockeyland in den vergangenen Jahren genommen hat. Jetzt wollen die Ahornblätter den nächsten logischen Schritt auf ihrem Weg ganz nach oben machen: eine internationale Medaille. Es wäre das erste Mal, dass dieses Land bei einem globalen Turnier besser abschneidet als Rang neun (Olympia 1936). Ein mit NBA-Talent vollgepackter Kader und Raptors-Coach Nick Nurse wecken Erwartungen – wenngleich der Weg aufs Podium ein schwerer ist. Egal. Nurse kann aus dem fast 30 Mann umfassenden Vorbereitungskader zwölf NBA-Spieler mit nach China nehmen – und müsste immer noch mehr als eine Handvoll zu Hause lassen, inklusive Andrew Wiggins und Tristan

Thompson, die absagten. Der Star der Kanadier heißt Jamal Murray. Der NuggetsSpielmacher zeigte sich in seinem dritten Jahr in Denver stark verbessert, erzielte 18,2 Punkte im Schnitt. Er kann für sich und andere kreieren sowie eimerweise scoren. Cory Joseph trifft den Dreier und kann den Spielaufbau übernehmen. Die jungen Cousins Shai Gilgeous-Alexander und Nickeil Alexander-Walker, Nik Stauskas sowie EuroleagueGuard Kevin Pangos wären weitere gute Optionen für den Backcourt. Auf dem Flügel will Nurse lange, athletische Typen, die hinten switchen und vorne slashen können. Rookie R.J. Barrett, Dillon Brooks und Melvin Ejim dürften gesetzt sein. Im Frontcourt haben Dwight Powell, Khem Birch und Kelly Olynyk unterschiedliche Skills parat. Die Kanadier sind tief, vielseitig und individuell exzellent besetzt. Was hingegen nicht für sie spricht: die mangelnde Erfahrung auf diesem Niveau. Dies könnte das Zünglein an der Medaillenwaage werden.

7. AUSTRALIEN PG PG SG SG SG SG SF SF SF SF PF PF C C C

Patty Mills Nathan Sobey Matthew Dellavedova Cameron Gliddon Chris Goulding Mitch McCarron Joe Ingles Mitch Creek Deng Adel Todd Blanchfield Jonah Bolden Brock Motum Aron Baynes Andrew Bogut Jock Landale

Headcoach: Andrej Lemanis

Die „Boomers“, gecoacht von Andrej Lemanis, galten nicht zuletzt dank ihres vierten Platzes bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro als Mitfavorit auf die Medaillenränge. Las Vegas räumt ihnen weiterhin die sechstbeste Quote unter den Favoriten in diesem Turnier ein. Ohne Ben Simmons, der seine WM-Absage über seinen Agenten Rich Paul Mitte Juli bekannt gab (eine Gemeinsamkeit, die alle PaulKlienten in Nationalteams gemeinsam haben), sinken die Chancen der Australier jedoch deutlich – zumal in der „Todesgruppe H“ jeder Durchhänger mit dem Aus bestraft wird. Weder Kanada noch Litauen werden in den Vorrundenspielen mit halber Kraft fahren. Gleichzeitig läuft Australien mit geballter NBA-Power auf – auch ohne Simmons können sie auf acht US-Profis zählen. Patty Mills, Matthew Dellavedova, Joe Ingles, Jonah Bolden und Aron Baynes versprechen harte Sequenzen mit defensiver Identität. Mitch Creek, Deng Adel und Veteranen-Center Andrew Bogut verfügen ebenfalls über einiges an NBA-Erfahrung. Sollte diese Truppe die Vorrunde überstehen, warten in der Zwischengruppe L die nächsten Brocken (Frankreich und Deutschland). Schaffen die „Aussies“ ihre erste Top-TenPlatzierung bei einer WM in diesem Millennium?

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Fiba-WM

FIBA

World

Cup

2019

8. LITAUEN PG PG PG SG SG SG SF SF SF SF PF PF PF PF PF C C C C

Mantas Kalnietis Lukas Lekavicius Zygimantas Janavicius Renaldas Seibutis Marius Grigonis Adas Juskevicius Jonas Maciulis Arnas Butkevicius Rokas Giedraitis Edgaras Ulanovas Domantas Sabonis Eimantas Bendzius Mindaugas Kuzminskas Gytis Masiulis Paulius Jankunas Jonas Valanciunas Martinas Geben Martynas Echodas Arturas Gudaitis

Headcoach: Dainius Adomaitis

Nur knapp 2,5 Millionen Einwohner, aber in jedem Turnier immer in den K.o.-Runden und bei der Medaillenvergabe prominent vertreten: Litauen hat Basketball in seiner DNA. Die Balten bringen traditionell eine exzellente Mischung aus Länge und Dreier mit, die viele Gegner vor unlösbare Probleme stellt. Der Frontcourt ist auch in diesem Jahr wieder das Prunkstück: Domantas Sabonis und Jonas Valanciunas kontrollieren die Zone. Das Team von Dainius Adomaitis wird so spielen wie immer: viele Dreier und aggressiv verteidigen. Zwei wuchtige Big Men im Lowpost und die Schützen Kalnietis, Seibutis und Maciulis bedeuten, dass die gegnerische Abwehr keine Sekunde relaxen kann. Der Weg in die K.o.Runden über die Gruppe H und die starke Zwischengruppe L wird trotz aller Qualitäten aber nicht einfach. Litauen wird beweisen müssen, dass die jüngsten Ergebnisse (Platz neun bei der EuroBasket 2017, Rang sieben bei Olympia 2016) nur ein Ausrutscher und kein neuer Trend waren.

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9. DEUTSCHLAND PG PG PG PG PG PG SG SG SG SG SG SF SF SF SF PF PF PF PF C C C C C

Dennis Schröder Maodo Lo Ismet Akpinar Isaac Bonga Bastian Doreth Joshiko Saibou Lucca Staiger David Krämer Andreas Obst Akeem Vargas Karsten Tadda Paul Zipser Robin Benzing Niels Giffey Patrick Heckmann Maximilian Kleber Danilo Barthel Moritz Wagner Elias Harris Daniel Theis Johannes Voigtmann Maik Zirbes Tibor Pleiß Johannes Thiemann

Headcoach: Henrik Rödl

Die deutsche Nationalmannschaft spielt endlich wieder bei einer Basketball-WM und bekommt es dort zunächst mit Frankreich, Jordanien und der Dominikanischen Republik zu tun. Bisher präsentierten sich die Bundesadler in hervorragender Verfassung, gelten aufgrund ihrer individuellen Qualität und

Tiefe in manchen Expertenkreisen sogar als Geheimfavorit auf eine Medaille. So weit ist es aber noch lange nicht. Rödl hat zunächst die Qual der Wahl: Noch nie hatte ein deutscher Cheftrainer so viele Optionen zur Auswahl, noch nie fiel die Zusammenstellung eines WM-Kaders so schwer. Mit Dennis Schröder, Maxi Kleber, Daniel Theis, Moritz Wagner und Isaac Bonga stehen fünf NBA-Cracks zur Disposition, einzig Isaiah Hartenstein meldete sich im Vorfeld ab. Zahlreiche Veteranen können auf Erfahrung aus NBA, Euroleague und europäischen Topligen zurückgreifen: ob Big Men wie Johannes Voigtmann und Tibor Pleiß, Flügelspieler wie Paul Zipser und Elias Harris oder Guards wie Lucca Staiger und Maodo Lo. „Wir wollen zeigen, dass die Ergebnisse der jüngsten Vergangenheit kein Zufall waren. Unsere Teamchemie wird der Schlüssel sein“, sagt Celtics-Center Theis. Man darf erwarten, dass Rödl die richtige Mischung aus Jung und Alt finden wird – auch wenn dann „einige zu Hause bleiben müssen, die hätten spielen können“. Der Coach möchte „den Ball flach halten“, wenn es um die deutschen Aussichten im Turnier geht. Mit Blick auf die eigene Vorrundengruppe und die Zwischengruppe L, in der neben (vermutlich) Frankreich dann auch eventuell Kanada, Litauen oder Australien landen werden, ist das besonnen. Dennis Schröder hingegen macht aus seinen Ambitionen keinen Hehl: „Wir haben so viel Potenzial. Noch nie hatten wir so viele NBA-Spieler. Mein Ziel ist es, in den nächsten Jahren eine Medaille zu gewinnen.“ Warum nicht schon heuer?


10. ITALIEN PG PG PG PG PG SG SG SG SG SG SF SF SF SF PF PF PF C C C

Davide Moretti Andrea Cinciarini Amedeo Della Valle Ariel Filloy Daniel Hackett Marco Belinelli Alessandro Gentile Pietro Aradori Ricc. Moraschini Luca Vitali Luigi Datome Michele Vitali Awudu Abass Jeff Brooks Danilo Gallinari Giampaolo Ricci Brian Sacchetti Nicolo Melli Paul Biligha Amedeo Tessitori

Fotos: Ronny Hartmann/Bongarts/David Kirouac/Icon Sportswire via Getty Images

Headcoach: Romeo Sacchetti

Die „Squadra Azzurra“ steht zum ersten Mal seit 13 Jahren wieder in der Endrunde einer Weltmeisterschaft. Star-Forward Danilo Gallinari, Marco Belinelli und der junge Dreierschütze Davide Moretti, der zuletzt für Texas Tech im NCAATurnier auffällig war, sind die Schlüssel im System von Nationaltrainer Romeo Sacchetti. Die erfahrenen Euroleague-Performer Luigi Datome und Nicolo Melli (ab kommender Saison bei den New Orleans Pelicans) sowie der gefeierte Held der Qualifikationsturniere, Amedeo Della Valle, füllen eine starke vordere Rotation auf, die im Turnierverlauf für Furore sorgen kann. „Wann, wenn nicht jetzt?“, so lautet das Motto der Italiener, die auf der „einfacheren“ Seite des Turnierbaums starten und mit dem nötigen Glück sogar bis ins Halbfinale dieser WM vorstoßen könnten.

11. BRASILIEN PG PG PG PG SG SG SG SF SF SF PF PF/C C C C

Marcelinho Huertas Yago dos Santos Alex Garcia Rafa Luz Leandro Barbosa Vitor Benite Didi Louzada Bruno Caboclo Jhonatan Luz Marquinhos Vieira Lucas Dias Augusto Lima Cristiano Felicio Anderson Varejao Rafael Hettsheimeir

Headcoach: Aleksandar Petrovic

Brasilien brauste durch die Qualifikation und blickt seinen Aufgaben in Gruppe F mit Vorfreude entgegen. Zwar fehlen mit Houstons Big Man Nenê Hilario und Point Guard Raul Neto zwei Leistungsträger. Die „Cariocas“ schicken trotzdem zahlreiche aktuelle und ehemalige NBA-Profis aufs Parkett. Leandro Barbosa und Anderson Varejao sind ebenso bekannt wie Marcelinho Huertas, der zuletzt in der spanischen ACB auflief. Die jungen Bruno Caboclo, Cristiano Felicio und Didi Louzada sollen dem Team von Coach Aleksandar „Aco“ Petrovic – der ältere Bruder der verstorbenen kroatischen Legende Drazen Petrovic – die perfekte Mischung aus Erfahrung und Wildheit ermöglichen. Brasilien will seinen zwölften Rang in der FIBA-Weltrangliste mit der direkten Qualifikation für Olympia 2020 verbessern.

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13. ARGENTINIEN PG PG PG PG PG PG PG PG PG PG SG SG SG SF SF SF SF SF SF SF PF PF PF PF PF C C C

Nicolas Laprovittola Facundo Campazzo Gustavo Aguirre Eric Flor Luca Vildoza Franco Balbi Lucas Faggiano Maximo Fjellerup Paolo Quinteros Lucio Redivo Nicolas Brussino Luciano Gonzalez Carlos Schattmann Patricio Garino Facundo Pinero Gabriel Deck Leonardo Mainoldi Marcos Mata Matias Sandes Juan Vaulet Luis Scola Federico Aguerre Agustin Caffaro Franco Giorgetti Javier Saiz Roberto Acuna Marcos Delia Lautaro Berra Fernandez

Headcoach: Sergio Hernandez

12. RUSSLAND PG PG PG PG SG SG SG SG SF SF SF SF SF SF SF SF PF PF PF PF PF C C C C

Alexey Shved Dmitriy Khvostov Ivan Strebkov Vyacheslav Zaytsev Vitaly Fridzon Dmitry Kulagin Mikhail Kulagin Evgeny Baburin Semen Antonov Sergey Karasev Ivan Ukhov Pavel Antipov Vladimir Ivlev Nikita Kurbanov Evgeny Valiev Andrey Vorontsevich Nikita Balashov Petr Gubanov Stanislav Ilnitskiy Vladislav Trushkin Andrey Zubkov Timofey Mozgov Joel Bolomboy Artem Klimenko Artem Zabelin

Headcoach: Sergei Bazarevich

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Es wird die vielleicht letzte Chance dieser russischen Generation von Basketballern sein … die meisten Protagonisten im Team von Sergei Bazarevich sind jenseits der 30: Timofey Mozgov, Vitaly Fridzon, Nikita Kurbanov. „Sie werden 120 Prozent geben“, ist sich Präsident Andrei Kirilenko sicher. Die Chancen der Russen stehen tatsächlich gut, denn nicht nur der Blick auf den Kader macht Hoffnung. Die Tiefe und Qualität der Vorbereitungsmannschaft garantieren ein starkes Dutzend zum Turnierstart. Und noch vielversprechender wird es, wenn man auf die möglichen Gegner in der Zwischenrunde spickt: Teams wie Venezuela, Argentinien, Nigeria, Polen oder China sind nichts, wovor die Osteuropäer schaudernd zittern müssten. Eine Teilnahme am Qualifikationsturnier für Tokio 2020 bleibt Kirilenkos Minimalziel für diese WM.

Die große Unbekannte im Turnier – ganz anders als früher: Argentinien. Die goldenen Zeiten sind passé. Zuletzt erreichten die „Gauchos“ nur Rang acht bei den Olympischen Spielen, zuvor sogar nur Rang elf beim letzten FIBA World Cup. Coach Sergio Hernandez hat keinen einzigen NBA-Spieler zur Disposition. Dafür soll es das Kollektiv richten, so wie bereits während der FIBA-AmericasQualifikationsspiele. Dort lieferten Luis Scola, Nicolas Brussino, Facundo Campazzo und Nicolas Laprovittola die Highlights, machten die 9-3-Bilanz und damit das Ticket für China klar. Argentinien wirkt solide, ist aber kein Medaillenkandidat. Die leichten Gegner in Vor- und Zwischenrunde dürften jedoch in China zunächst weitgehend darüber hinwegtäuschen.


14. TÜRKEI

15. PUERTO RICO

PG PG PG PG PG SG SG SG SG SG SG SG SF SF SF SF PF PF PF PF PF/C C C C C C

PG PG PG PG PG PG SG SG SF SF SF PF PF C C C

Dogus Balbay Kartal Özmızrak Berk Ugurlu Ali Muhammed Scottie Wilbekin Furkan Korkmaz Bugrahan Tuncer Ridvan Öncel Melih Mahmutoglu Göksenin Köksal Mert Akay Sehmus Hazer Cedi Osman Metecan Birsen Tolga Gecim Yigit Arslan Ersan Ilyasova Metin Türen Ege Arar Berkan Durmaz Ayberk Olmaz Ömer Yurtseven Semih Erden Sertac Sanli Ragip Atar Muhsin Yasar

Headcoach: Eddie Casiano

Shabazz Napier und Maurice Harkless hatten ihre Entscheidung noch nicht verkündet, ob sie heuer für die „Boricuas“ auflaufen würden. J.J. Barea, der an den Folgen seines Achillessehnenrisses laboriert, fällt hingegen mit Sicherheit aus. Schade für Puerto Rico, das in Bestbesetzung richtigen Schaden in der linken Turnierhälfte hätte anrichten können. Obwohl Spanien natürlich der Favorit in der Gruppe ist, sollte das von David Huertas und Gian Clavell befeuerte Team auch ohne seine NBASpieler Tunesien und den Iran deklassieren und in die nächste Runde einziehen können. Gegen europäische TopKaliber wie Serbien, Spanien und Italien wären „Los Magnificos“ dann aber ohnehin mit ihrem Latein am Ende.

Fotos: Hendrik Osula/SOPA Images/LightRocket via Getty Images/Mustafa Ozturk/Anadolu Agency/Getty Images

Headcoach: Ufuk Sarica

Ersan Ilyasova möchte noch einmal eine Medaille gewinnen, bevor er seine internationale Karriere irgendwann in naher Zukunft beendet. Mit dieser türkischen Mannschaft wird ihm das in diesem Turnierfeld vermutlich nicht gelingen. Seit Jahren auf dem Rückmarsch, fehlt dem Team von Ufuk Sarica individuelle und kollektive Qualität. Daran ändert auch die Präsenz der beiden NBA-Youngsters Cedi Osman und Furkan Korkmaz nichts. Für den Einzug in die Zwischenrunde könnte es zwar reichen, die Türken müssen dafür nur Japan und die Tschechische Republik besiegen. Spätestens gegen die richtig großen Brocken ist dann aber wahrscheinlich Schluss.

Eduardo Gonzalez Tremont Waters Gary Browne Carlos Rivera Javier Mojica Angel Rodriguez David Huertas Gian Clavell John Holland Devon Collier Kevin Young Ricky Sanchez Ramon Clemente Tyler Davis Jorge Diaz Carlos Lopez

16. DOMINIKANISCHE REPUBLIK PG PG PG SG SG SG SG SF SF PF PF PF C C C

Edgar Sosa Luis Flores Andres Feliz James Feldeine Rigoberto Mendoza Victor Liz Gerardo Suero Luis Montero Orlando Sanchez Eulis Baez Edward Santana Cristiano Ronaldo Karl-Anthony Towns Eloy Vargas Angel Delgado

Headcoach: Nestor Garcia

Angeführt von Victor Liz und Rigoberto Mendoza stempelten die Dominikaner in letzter Minute das Ticket zur WM. Streift dort NBA-AllStar-Center Karl-Anthony Towns das Trikot für sein Geburtsland über? „KAT“ hat seine Nationalfarben bereits früher repräsentiert, hatte sich bei Redaktionsschluss aber noch nicht final entschieden, ob er am Start sein will. „Los Quisqueyanos“ bekommen es mit Deutschland und Frankreich zu tun – eine schwere Aufgabe für die Zentralamerikaner, die obendrein auf NBA-Big und Ex-All-Star Al Horford verzichten müssen. Horford sagte seine WM-Teilnahme ab, weil er sich „auf die neuen Aufgaben beim neuen Team in Philadelphia konzentrieren will“. Vielleicht wusste der Veteran aber auch, dass die Chancen auf ein Weiterkommen auch mit ihm nur klitzeklein gewesen wären. redaktion@fivemag.de

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2019

In-Dré-ssant Es geht ihr sehr, sehr gut …

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2019 wirbelte die NBA gehörig durcheinander. Doch nicht nur deshalb geht es der Liga sehr, sehr gut. Text: André Voigt

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or einem Jahr brannte die Welt. DeMarcus Cousins hatte sich gerade den Golden State Warriors angeschlossen. Zusammen mit Steph Curry, Klay Thompson, Kevin Durant und Draymond Green würde er die beste Erste Fünf aller Zeiten bilden. Der Titel 2019? Auch der würde in Oakland landen. Threepeat. Über Jahre würde diese Übermacht aus Nordkalifornien alles überrennen. Gähn. Natürlich gingen die Warriors damals als Topfavoriten auf den Titel in die Saison. Dass es ultimativ nicht für die Meisterschaft reichte, hatte auch mit den schlimmen Verletzungen von Durant und Thompson zu tun. Doch es waren nicht die verlorenen Finals gegen die Toronto Raptors, die die NBA vor dem Untergang bewahrten, den vor zwölf Monaten so viele hatten kommen sehen. Diese Gefahr bestand schlicht nie.

Liga der Superteams

Superteams gehören zur National Basketball Association wie runde Spielgeräte – es gab sie schon immer, und es wird sie auch immer geben. Weder die Minneapolis Lakers der 50er Jahre (fünf Titel in sechs aufeinanderfolgenden Jahren) noch die Boston Celtics der 60er (neun in zehn), die Lakers und Celtics der 80er (zusammen acht in neun) oder die Chicago Bulls in den 90ern (sechs in acht) machten die Liga kaputt. Erst mit Beginn des 21. Jahrhunderts gab es – erstmals seit den 70er Jahren (die einzige Phase ohne Superteams in der NBA) – Parität in der Liga … auch wenn diese nur gefühlt war. Die Lakers gewannen von 2000 bis 2015 fünf Titel, die Spurs vier, die Heat zwei. LeBron James erreichte von 2011 bis 2018 achtmal die Finals – je viermal mit den Heat und Cavaliers. Seit 2015 standen die Warriors jeweils im Finale, gewannen drei Titel in fünf Versuchen. Stellte sich Langeweile ein? Brachen die Einschaltquoten ein? Verzeichnete die NBA ein finanzielles Minus? Sank das Interesse? Im Gegenteil … 2011/12 nahm die Liga insgesamt 3,68 Milliarden Dollar ein. Diese Zahl steigt seither (auch durch einen lukrativen neuen TV-Deal) rasant an. Von 5,87 Milliarden 2015/16 über 7,37 Milliarden 2016/17 auf 8,01 Milliarden 2017/18. In den vergangenen Playoffs sanken die Einschaltquoten in den USA zwar, als Hauptgrund dafür wurde indes vor allem die Abwesenheit von LeBron James ausgemacht. Die Finals sorgten für absolute Einschaltrekorde in Kanada, und in den USA schalteten immer noch mehr Menschen ein als zum Beispiel 2009. Hierbei sei aber erwähnt: Durch die Teilnahme der Raptors stand natürlich nur ein lokaler US-TV-Markt im Finale, und kanadische Zahlen werden in den USA nicht erhoben.

Back to the seventies

Wichtig ist aber vor allem auf dem Platz. Dort hat sich in diesem Sommer eine Menge getan. Natürlich. Denn Dynastien halten nicht ewig. Vor allem nicht in einer NBA, die es Superteams so schwer macht wie nie, einen tief besetzten Kader aufzustellen. Außerdem ist diese Liga eine, in der es alle paar Jahre tiefgreifende Veränderungen gab und geben wird. Waren es früher die Teams, die munter Spieler hin und her schoben, sind es heute die Superstars selbst, die die eigene Karriere planen, Allianzen schließen, sogar Trades fordern. Auch wenn letzteres der Liga – so erklärte es Commissioner Adam Silver im Juli – ein Dorn im Auge ist: Die TopProfis und ihre Berater sind mittlerweile so sehr ins Zusammenstellen der Kader involviert wie noch nie. LeBron James’ bester Freund fordert als Agent von Anthony Davis einen Trade seines Klienten zu James’ Lakers. Kawhi Leonard ruft als Free Agent den noch langfristig unter Vertrag stehenden Paul George an, um ihn zu überreden, einen Trade zu den Clippers zu fordern, denen sich Leonard dann anschließt. Kyrie Irving und Kevin Durant schließen sich gemeinsam den Brooklyn Nets an … die von Durants Entscheidung nach eigener Aussage durch dessen Instagram-Post zum Thema erfuhren. Ein absolutes Superteam ist bei all den Verwerfungen des Sommers 2019 am Ende nicht herausgekommen. Das dürften viele willkommen heißen. Vielleicht blieb deshalb auch die irrationale mediale Hasswelle aus. In der Tat erinnert die Aufteilung des Talents momentan an die 70er Jahre. Diese gelten zwar aufgrund massiver gesellschaftlicher Drogenprobleme – die auch der Association bitter zusetzten – als verlorene Dekade, in dieser Zeit gab es aber wirklich so etwas wie Chancengleichheit in der Liga. Während in der Eastern Conference mit den Bucks, 76ers, Celtics, Pacers, Nets und Raptors sechs Mannschaften auf die Conference Finals schielen, finden sich im Westen mit den beiden L.A.-Teams, Denver, Portland, Utah und Houston sechs Franchises, die das Erbe der Warriors antreten wollen. Schade, dass dieses Erbe mehr oder weniger kampflos abgetreten werden dürfte. Denn während „KD“ seinen Achillessehnenriss in New York auskuriert, wird Klay Thompson den Warriors noch bis ins neue Jahr hinein fehlen. Aber okay, die neue Saison verspricht erneut einiges an Spannung, und ein Trade von Chris Paul könnte noch mal mehr Bewegung in die Association bringen. Diese Liga ist wirklich immer für eine Überraschung gut. Die NBA kommt zurecht. dre@fivemag.de

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Fotos: Streeter Lecka/Getty Images

Der Free-Agent-Sommer


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#NEVERNOTBALLIN – GONE GOLFIN’ Nach Ende der Saison ist erstmal chillen angesagt. Baller wollen Dampf ablassen und Spaß dabei haben. Alles geht, es ist schließlich Offseason! Was gibt es da Schöneres, als mit den Homies raus in die Natur zu fahren und so hart wie es geht auf einen kleinen Ball einzuschlagen?

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ivan beslic

ivan beslic Der Letzte seiner Art!

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reunde, heute gibt’s Realtalk über Ron Artest, einen der faszinierendsten Baller, die die NBA je gesehen hat! „Ron Ron“ hatte es als Kind alles andere als leicht, umgeben von Cracksüchtigen und Schwerverbrechern wuchs er in den 80ern in der so ziemlich miesesten Gegend in New York auf: Queensbridge. Rapper wie Nas, Capone oder Mobb Deep gehörten zu seinen Nachbarn in der Hood. Wenn ihr schon mal Tracks von den Jungs gepumpt habt, wisst ihr, wie düster diese Kindheit gewesen sein muss. #shookones Auf dem Pausenhof fiel er regelmäßig durch Kloppereien auf, was zu Schultherapien führte, bei denen die Therapeuten ihm zum Sport rieten. Basketball war die Lösung, um einige Stunden dem Stress zu entkommen und nebenbei noch etwas Druck abzulassen. Dort fühlte er sich wohl, und so wuchs mit der Zeit ein Spieler mit einem einzigartigen Mind- und Skillset heran. 1999 wurde sein Eifer als 16. Pick der Draft durch die Chicago Bulls belohnt. Welcome to the NBA! Dass Ron anders tickte als der übliche Profi, blitzte bereits in seiner RookieSaison auf, als er sich für eine Teilzeitstelle beim Elektromarkt Circuit City bewarb, um via Mitarbeiterrabatt billiger an DVD-Player ranzukommen – einmal Hood, immer Hood! Anständige 12,0 Punkte pro Spiel legte der Sparfuchs in seiner Rookie-Saison auf. Doch was sein Game definierte, war seine hautenge Neopren-Defense, jeden Schritt des Gegners sah er voraus. Mit Ron war nicht zu spaßen! Seine Nerven glichen einer sehr kurzen Zündschnur, und so arteten härtere Fouls direkt in Handgemenge aus. Er hasste seine Gegenspieler regelrecht und ließ sich von niemandem die Butter vom Brot nehmen! Ein Psychiater musste her, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Ron hatte eine psychische Erkrankung, die es ihm sehr schwer machte, mit seinen Gefühlen umzugehen, auf Aktion folgte Reaktion! In Sekunden wurde er vom Glücksbärchi zum Tasmanischen Teufel. Was zu täglichen Treffen mit seinem Psychiater führte.

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Der riet ihm, in Stresssituationen auf dem Feld Abstand zu nehmen und erst mal tief Luft zu holen. #tollertip Nach drei Saisons in Chicago tradeten die Bulls Artest zu den Pacers. Ein Team, zu dem er passte wie die Faust aufs Auge … im wahrsten Sinne des Wortes. Die deftigste Schlägerei der NBA-Geschichte, auch „The Brawl“ oder „The Malice at the Palace“ genannt, ging zu großen Teilen auf Rons Konto. Nachdem Artest Detroits Ben Wallace kurz vor Spielende unnötig hart foulte, kam es schnell zur heiteren Rudelbildung. Während sich alle auf dem Feld hin und her zerrten wie beim Tauziehen, legte sich Artest erst mal in aller Ruhe auf den Anschreibertisch, um dem Trubel aus dem Weg zu gehen. Alles richtig gemacht! Bis zu dem Moment, als ein Diet-Coke-Becher aus den Fanreihen auf seiner Brust landete. #fortheWIN Da half keine Seelsorge mehr! Ron lief wie besessen die Ränge hoch, um sich den Fan vorzuknöpfen, der so leichtsinnig mit seinem Pfand umging, und fing an, diesen nach Queensbridge-Style zu vermöbeln. Stühle flogen umher, andere Spieler mischten mit, die Halle war ein einziges Schlachtfeld. Das Tragische war: Ron vermöbelte den falschen Fan – und das, obwohl der Sharpshooter direkt daneben stand. Viele Spieler wurden für etliche Games gesperrt, doch Artest erhielt die Höchststrafe und durfte für den Rest der Saison samt Playoffs nicht mehr aufs Parkett. Ein herber Rückschlag für Ron, der in der vorigen Saison zum „Defensive Player of the Year“ und All Star gewählt worden war. Zudem war er mit starken 24,6 Punkten sogar PacersTopscorer der noch jungen Saison. Er stand auf dem Höhepunkt seiner Karriere und gleichzeitig auch am Abgrund.

Im Jahr 2008 war Ronnie wieder mal auf Abwegen, als er sich die NBA-Finals zwischen den Lakers und den Celtics in Boston reinziehen wollte. Nach der herben LakersNiederlage besuchte Ron den nackten Kobe Bryant in der Dusche und sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen solle, weil er nach L.A. kommen werde, um ihm zu helfen, den Titel zu gewinnen. Heftige und eigenartige Ansage, außerdem weiß bis heute niemand, wie Artest damals überhaupt zu Kobe in die Dusche kam. #dafuq! Die Wege des Ron sind halt unergründlich, und so erfüllte sich die Prophezeiung, als Artest 2010, mit Zwischenstopp bei den Rockets, wirklich zu den Lakers getradet wurde. The Rest is History! NBA-Finals Game seven gegen die Celtics, eine Minute vor Schluss passt Kobe den Ball zu Ron, und der lötet einen Clutch-Dreier ein, um den Championship-Sack zuzumachen. Böse Zungen behaupten, Ron hätte mit diesem Wurf Kobes Legacy gerettet. #justsayin Seine ehrlichen Interviews sind legendär. Vor allem seine „Kobe passed me the ball“-Pressekonferenz und die Tatsache, dass er direkt nach dem Titelgewinn seinem Psychiater dankte, beweist Größe! Er ging offen mit seiner Erkrankung um und ist trotz des Bad-BoyImage ein Vorbild für Menschen mit ähnlichen Problemen. Weil er ungern Schmuck trägt, versteigerte Ron seinen einzigen ChampionshipRing 2011 für 500.000 Dollar, um Schulen mit mehr Seelsorgern auszustatten. #chapeau Artest spielte in 17 NBA-Jahren für sechs Teams und wechselte dabei neunmal seine Nummer. Die 37 trug er etwa, weil Michael Jacksons „Thriller“-Album 37 Wochen an der Spitze der Charts stand. BEAT IT! Die Selbstfindungsphase wurde gekrönt mit seiner glorreichen Namensänderung zu Metta World Peace im Jahr 2012 – typischer „Ron Ron“Move! Ich hab MWP mit seiner eigenwilligen Art immer gerne spielen gesehen! Player wie Rodman, Charles Oakley oder Metta – mit der Attitüde, das Game ohne Rücksicht auf Verluste zu zocken – sind sehr selten geworden in der NBA. Wahrscheinlich war World Peace sogar der Letzte seiner Art. Freunde, geht bitte verantwortungsvoll mit euren Trinkbechern um. Ihr habt ja gesehen, was so ein bisschen Plastikmüll alles anrichten kann!

Stay fresh, Ivan


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