Friesenanzeiger - November 2012

Page 14

t as Wor

D

enzel W e i d hat

!

Was ich noch sagen wollte...

„Schuhe ausziehen!“

Meine Freundin hat eine neue Marotte. Sie will keine Leute mehr in ihre Wohnung lassen, die ihre Schuhe nicht ausziehen wollen. Ihr cremefarbener Teppichboden soll möglichst lange wie neu aussehen, sagt sie. Zugegeben: Schuhe, mit denen wir gerade über schmuddelige Bürgersteige getrabt sind und empfindliche Fußböden vertragen sich nun mal nicht. Die Bitte nach „in der Wohnung strumpfsocks laufen“ ist also durchaus verständlich. Andererseits ziehen wir den Mantel aus und hängen ihn an die Garderobe. Dann sind wir immer noch

ganz korrekt bekleidet. Aber ohne Schuhe kann das alles reichlich blöde aussehen und kalt an den Zehen werden. Außerdem müssen wir immer darauf achten, dass die Socken weder dünne Stellen haben noch gänzlich durchgelaufen sind. Das wäre obendrein peinlich. Damit sie nicht alle Gäste verprellt, hat sich meine Freundin graue Museumslatschen angeschafft und neben die Garderobe gehängt. Mit denen an den Füßen kann jeder getrost überall umherschlurfen. Darüber haben sich aber auch schon Besucher beschwert. Das sei ekelig, weil

tausend Leute die schon angehabt haben und weil das Bakterienschleudern seien. Außerdem haben welche rumgemault, dass die nur bis Größe 41 gehen und sie hätten nun mal Größe 44, und nun müssen sie auf Strümpfen rumsitzen und kriegen kalte Füße. Wo fängt die Pingeligkeit an, wo hört sie auf? Wir können mal die Probe machen und uns anschicken, umständlich aus den Slippern zu schlüpfen und die Hausfrau dabei fragend ansehen. Wenn wir Glück haben, ruft sie sofort höflich aus: „Lass sie ruhig an, hier ist nicht auf Hochglanz gewienert“, oder „lass man, der Hund trägt so viel Dreck rein, da kommts auf deine Schuhe auch nicht mehr an“ oder was auch auf große Toleranz hinweist: „Die Schuhe musste nicht ausziehen, ist ja trocken draußen.“ Was sollen wir aber mit dem Handwerker machen, der frisch von einer anderen Baustelle kommt und mit seinen Stiefeln voll Zementklüten in der Wohnung herumlatscht, weil wir ihn herbeordert haben und er etwas ausmessen soll? Der Mann tut einerseits auftragsgemäß seine Arbeit, verstreut andererseits allerlei Reste aus dem Sohlenprofil; das ist freilich ärgerlich – auch ohne cremefarbenen Teppichboden. Sol-

len wir ihm entgegenschmettern: „Schuhe ausziehn!“? Für solche Fälle waren die einfachen Steinböden im Hause meiner Oma völlig problemlos: Sie rollte ihre Teppiche kurzerhand auf und wenn der Spuk vorbei war, feudelte sie einmal fix hinterher und rollte die guten Stücke wieder an Ort und Stelle. Fertig. Ich habe einmal einen sehr zartfühlenden Handwerker erlebt, dessen gute Absicht dann doch daneben ging. Er stieg in Hausschlappen aus dem Auto und strahlte mich, stolz auf seine gute Idee, an: „Die zieh ich extra für Kunden an, bei denen ich ins Haus rein soll.“ Und im gleichen Atemzuge: „So. Und nun kucken wir uns ersma den Schaden von draußen an.“ Und stapfte in seinen Schlappen zielstrebig in den nassen Garten. Ich habe kürzlich von einer anderen „Schuhe aus!“-Verfechterin gehört. Die hatte einen Haufen Besuch, um den neuen, hellen Wohnzimmerteppichboden zu feiern – natürlich strumpfsocks. Und dann stieß einer die fast volle Rotweinflasche um: Da nützte die Anweisung „Schuhe aus!“ auch nix mehr…

Ihre Sonja Wenzel

14 | www.friesenanzeiger.de

FA-112012.indb 14

27.10.2012 14:18:09


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.