Negatief27

Page 1

SEPTEMBER / OKTOBER 10 AUSGABE 27 - JAHRGANG 4

THE BIRTHDAY MASSACRE LONA

CE + BAR CIAL SPE

TRISTANIA

DEINE LAKAIEN

TEUFEL

LETZTE INSTANZ DEINE LAKAIEN AND ONE ANGELZOOM FAITH AND THE MUSE RAGGEDY ANGRY JESUS ON EXTASY BLIND PASSENGER CANTUS BURANUS TRISTANIA


2


EDITORIAL Schloss Cottenau – 95339 Wirsberg Tel. 09227/940000 kontakt@negatief.de www.negatief.de

Herausgeber: Danse Macabre, Inh.: Bruno Kramm, Schloss Cottenau, 95339 Wirsberg Chefredaktion: Peter Heymann (V.i.S.d.P.) Redaktion: Cordula Abston, Sven Bauer, Gert Drexl, Frank „Otti“ van Düren, Daniel Friedrich, Eranie Funderburk, Peter Heymann, Norma Hillemann, Peter Istuk, Freya Kettner, Poloni Melnikov, Ringo Müller, Luke J.B. Rafka, Marzia Rangels, Birgit Riedmüller, Yvonne Stasius Layout: inachis design & productions Lektorat: Ringo Müller Vervielfältigung oder auszugsweise Verwendung benötigt der schriftlichen Genehmigung. Keine Haftung für unverlangt eingesandte Informations- und Datenträger. Die Artikel geben nur die Meinung der jeweiligen Verfasser wieder. Nach dem deutschen Pressegesetz Art.9 sind wir verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen, dass für sämtliche redaktionellen Beiträge in unserem Heft eine Unkostenpauschale für Vertrieb an den Auftraggeber berechnet wurde. Trotz dieses Geschäftsverhältnisses entsprechen jedoch sämtliche Textbeiträge der persönlichen Meinung des jeweiligen, unentgeltlichen Verfassers und seiner Interviewpartner. Das NEGAtief versteht sich als eine, im Sinne der allgemeinen Verbreitung der alternativen Musikszene dienenden Publikation, die gerade kleinere Firmen durch eine preisbewusste aber alternative und flächendeckende Publikation ihrer vertriebenen Künstler unterstützt.

..in diesen Clubs und Shops gibt es das NEGAtief: 7Sins (CH), Aladin, Alchimistenfalle, Archiv, Bar Issix, Beatclub, Black Inn, Black Painting, Bloodline, Boiler Room, Bunker Strasse E, Canossa, Capitol, Centrum, Club Caesar, Club From Hell, Club Pavillon, Club Trafo, Club ZV Bunker, Codex, Colours, Come-In, Crash, Cult, Dark Dance, Dark Flower, Dark Area, Darkstar, Dominion Factory, Druckluftkammer, Eleganz/ Bigstone, Elvish Dreams (CH), Eventruine, Extrem & Tanzbar, Final Destination, Final, Flamingo, Forellenhof, Freeze Frame, From Hell, Gag18, Hades, Ju- & Kuz Radhaus, K17, Kir, Kitu-Klub, Koma, Komplex, Kufa / SB, RPL, Kulthallen, Kultkeller, Kulturbahnhof Kato, Kuz, Labor, Locco Barocco / Kulturruine, Loop, Markthalle, Matrix, Mau Club, Meier Music Hall, Melodrom, Monitionsdepot, Muc-Kantine, Musikbunker Nightlife, Musiktheater, Mystic Shop, Nachtcantine, Nachtwerk e.V., Nerodom, Nirvana, Panoptikum, Plan B Zweibrücken, Radar, Ringlokschuppen, Rockfabrik, Sächsischer Bahnhof, Schaubude, Schützenparkbunker, Shadow, Sonic, Sound Saarland, Südbahnhof, Underground, Uni1, Unikum, Unix, Vier Linden, Vortex, Witchcraft, Zentrum Zoo oder per Abonnement bei www.NEGAtief.de

INHALT

Vorbei ist der Sommer und mit ihm die Mehrheit der Festivals des Jahres. Viele von euch dürften ein paar Tage im Zelt verbracht haben und wenn man sich so ansieht, wie manches „bunte“ Open Air buchstäblich weggeschwemmt wurde, so hatten die schwarzen Events doch richtig Glück. Der Herbst ist nun erfahrungsgemäß die Periode der Neuerscheinungen und Touren, in diesem Jahr u.a. mit And One, Letzte Instanz und Deine Lakaien. Wenn ihr zu Gast bei einer eurer Lieblingsbands sein wollt, so schaut doch in nächster Zeit öfter auf unsere Homepage www.negatief.de, denn dort werden wir eine größere Anzahl Tickets verlosen. In diesem Sinne: Party On!

5 22 37 44

Soundcheck Barcelona Special Tooltalk Festival Essen Originell

14 28 34 13 6 12 31 24 27 23 37 46 36 40 38 33 7 20 30 45 16 8 29 18

And One Angelzoom Atrocity Berliner Bomben Chor Blind Passenger Bloody Mary Cantus Buranus Deine Lakaien Delica-M Extinction Front Faith and the Muse Iris Jesus On Extasy Letzte Instanz Love Amongst Ruin Omnia Raggedy Angry Shadow Minds Shirayas Dream Stahlmann Teufel The Birthday Massacre The in Public Project Tristania

eUre reDaKtIOn

Radio HaZZard of Darkness

Hörercharts – August 2010 Electronic-Top3 01. Megaherz – Miststück (Performed by Grendel) 02. Lost Area – Lies (Radio Vers.) 03. Future Trail - Panic Newcomer-Top3 01. Elandor - Märchenwelt 02. Herzfeind - Aufstehn 03. [de:ad:cibel] – Architecture (Album Mix) Open Style-Top3 01. Pain Management - I Disagree 02. Eisbrecher – Heilig 03. Schandmaul – Trinklied

Alben – KW 34 01. Front Line Assembly - Improvised Electronic Device 02. Tanzlabor - 5 Year Anniversary Compilation 03. Sam - Brainwasher 04. Leaether Strip - Mental Slavery 05. Ashbury Heights - Take Cair Paramour 06. Project Pitchfork - Continuum Ride 07. X-RX - Update 3.0 08. Agrezzior - Domination 09. Spectra Paris - License To Kill 10. Various Artists - Electrostorm Vol.2

3


4


neu entdeckt und machen damit Spaß wie am ersten Tag der Karriere! Man darf hoffen, dass Tristania sich weiter in diese Richtung entwickeln und uns fortan noch häufig mit solchen Perlen für unsere Ohren versorgen. DanIeL FrIeDrICH

TIPP DER REDAKTION

The Birthday Massacre „Pins And Needles“

Letzte Instanz „Heilig“

Es ist nicht nur die feinsinnige Stimme von Frontfrau Chibi, welche das Phänomen The Birthday Massacre ausmacht. Gut zehn Jahre ist die Band nun aktiv, und in dieser Zeit konnte eine weltweite Fangemeinde aufgebaut werden. „Pins And Needles“, das neueste Album der Kanadier, wird diesen Trend sicher noch einmal verstärken: Ob nun der Gänsehaut erzeugende Titeltrack, das samtweiche „Secret“ oder die Rockhymne „Control“, in jedem Song steckt jene Leidenschaft, die The Birthday Massacre seit jeher ausmacht. Bizarre Ästhetik, Dunkelheit und stechende Gefühle bilden hier die Eckpfeiler für das mannigfaltige Songwriting. „Pins And Needles“ ist dabei mehr als nur eine neue Scheibe. Hier wird das Gesamtkunstwerk der Band konzeptionell und emotional um einen wichtigen Schritt ergänzt. Nicht nur alteingesessene Fans werden hieran Gefallen finden, auch neue Hörer werden diesem Zauber in Scharen erliegen.

Mit ihrem letzten Album machten sich die glorreichen Sieben „Schuldig“ und infizierten ihre Hörerschaft mit unvergänglichen Hymnen wie „Flucht ins Glück“, „Dein Licht“, „Der Garten“ und dem balladesken Song „Wann“. Nun sprechen sie sich auf ihrem jüngsten Studioalbum selbst „Heilig“. Das neue Werk stellt dabei den zweiten Teil einer Trilogie dar und bildet lyrisch das Gegenstück zu „Schuldig“. So spiegelt sich auch das „heilige“ Konzept in verschiedensten Formen in den Liedtexten wider. Musikalisch knüpfen die Goth’n’Roller ebenfalls an ihren letzten Output an und liefern erneut gekonnt starke Wogen aus rockigen Gitarrenwänden, treibender Percussion, zarten Geigenklängen und mitreißenden Synthie-Akkorden. Abermals verzaubert Sänger Holly dabei mit seiner klaren Stimme und lässt den Zuhörer in seine Geschichten eintauchen. So durchlebt man förmlich Songs wie „Unsterblich“ und die erste Single „Schau in mein Gesicht“, die nur Teile eines eingängigen Ganzen darstellen.

FranK „OttI“ Van DÜren

Tristania „Rubicon“

Was die sympathischen Norweger uns mit dem neuen Silberling „Rubicon“ präsentieren, lässt noch auf viele weitere Alben von Tristania hoffen. Ein absolut stimmiges, abgerundetes Werk, das mit harten Gitarrenwänden aufwartet und mit eingängigen Gesängen glänzt. Die Songs haben trotz ihrer Härte einen einwandfreien Ohrwurmcharakter, bei dem auch der Einsatz von Synthesizern nicht negativ auffällt – aber auch nicht zu kurz kommt. Songs wie etwa „Year Of The Rat“ oder „Patriot Games“ sowie „Illumination“ sind absolute Highlights des Albums. Nach nunmehr zwölf Jahren in der kreativen Schaffensgeschichte von Tristania, haben sich die selbigen wieder

yVOnne StaSIUS

Teufel „Absinth“

Als Frontmann von Corvus Corax und Tanzwut hat er sich längst einen Namen gemacht, nun wandelt Teufel auch auf Solo-Pfaden. „Absinth“ heißt sein erster ureigener Longplayer, welcher nun Mitte September auf den Markt kommt. Und wie der Titel schon andeutet, bietet uns der Teufel süßliche Verlockungen, welche mal die Sinne benebeln, dann wieder Verstand und Kreativität auf Hochtouren bringen. Kreativ gibt sich Teufel auf „Absinth“ in jedem Fall. Die Bandbreite der Songs reicht von Mittelalterrock (beim Titelsong) über dunkel-elektronische Elemente („Schwefel“) bis hin zu der Neuen

Deutschen Härte nahestehenden Stücken wie „Tick Tick Tack“. Einen absoluten auditiven Volltreffer hat Teufel auch mit „Die Morität von Mackie Messer“ gelandet: Diese Adaption des Brecht-Klassikers fühlt sich so intensiv an wie sonst keine andere. „Absinth“ ist hörbar gewordene Verführung zu Sünde, Lust und Lasterhaftigkeit. FranK „¬OttI“ Van DÜren

Raggedy Angry „How I Learned To Love Our Robot Overlords“

Der neueste Stern am Szene-Himmel kommt wieder einmal aus Kanada. Nach innovativen Bands wie Left Spine Down oder Defence Mechanism und „alten Hasen“ wie The Birthday Massacre kommen nun Raggedy Angry, um in die Fußstapfen ihrer Kollegen aus Toronto zu treten. Denn außer der Heimatstadt haben sie noch mehr gemeinsam: Produzent Dave Ogilvie, der schon The Birthday Massacre den entscheidenden Schub verpasste und für Größen wie Marilyn Manson und Skinny Puppy an den Reglern saß, hat auch maßgeblichen Anteil an „How I Learned To Love Our Robot Overlords“, einem für eine junge Band sehr beachtlichen und ausgereiften Album, das auf unkonventionelle Art und Weise Electropop, Düsterpunk und Industrial Rock vereint und einen Riesenspaß macht. rInGO mÜLLer

Deine Lakaien „Indicator“

Fünf Jahre mussten die Fans darben, bevor mit „Indicator“ Ernst Horn und Alexander Veljanov alias Deine Lakaien ihren kreativen Fokus wieder auf neue Songs verlegten. Gelohnt hat sich diese Wartezeit ohne Zweifel, denn was das Dark Wave Duo auf ihrem jüngsten Longplayer bietet, gehört erneut zu den absoluten Highlights der Schwarzen Szene. In klarer Fortsetzung der bisher in ihren Stücken verwendeten Klangfarben und teils auch der unverwechselbaren elektronischen Details, zeigen die frischen Kompositionen, wie perfekt Melancholie, Ausdrucksstärke und Facettenreichtum ohne Pathos miteinander verbunden werden können. Alexanders Stimme steht dabei wie immer im Zentrum der Songs, ohne jedoch aufdringlich zu wirken. Kurzum: Deine Lakaien wie man sie sich wünscht! SVen BaUer

5


Nik Page auf Zeitreise Ursprünglich sollten die Blind Passengers mit der Veröffentlichung der Kompilation „Timemachine“ vor gut einem halben Jahrzehnt zu Grabe getragen werden. Kürzlich dann die große Überraschung, eine neue MySpace-Präsenz und die Ankündigung des neuen Albums „Next Flight To Planet Earth“ im Spätsommer dieses Jahres. Doch von einer echten Re-Union kann man nicht direkt reden, denn von der ehemaligen Besetzung kehrt nur ein blinder Passagier zurück, Nik Page. Wie und wann kam dir in den Sinn, die Vergangenheit auch ohne Rayner wieder aufleben zu lassen?

VÖ: „Next Flight To Planet Earth“ 27. August 2010 6

Synth-Pop nährt die Vermutung nach einem roten Faden. Eher Zufall oder hast du dich auf diesem Album bewusst einer bestimmten Thematik zugewandt? Ich finde Science-Fiction ist gut geeignet, um sich einen etwas schärferen Blick auf die Absurditäten unserer realen Welt zu verschaffen, auch wenn Letzteres vielleicht etwas frustrierend sein kann. Ich liebe aber auch schon immer Sci-Fi-Entertainment mit einer gesunden Portion Humor und wollte mich diesmal genau mit dieser Attitüde dem Thema nähern. Ich denke, bereits der Albumname „Next Flight To Planet Earth“ lässt erahnen, dass es der Platte nicht an Selbstironie und Entertainment-Spirit fehlt. Auch wenn die Sehnsucht nach den Sternen sicher als Grundstimmung auf dem Nik: Nachdem ich mich in den letzten Jahren gesamten Album mitschwingt, gibt es aber dengrößtenteils wesentlich rockigeren Klängen ge- noch einige Titel mit irdischen Themen. „Riding widmet hatte, juckte es mir eines Tages in den On My Rocking Horse“ symbolisiert zum Beispiel Fingern, mal wieder zu meinen musikalischen perfekt den Projektnamen Blind Passenger. Es Wurzeln zurückzukehren und Songs im Stile der geht um den blinden Passagier, der bequem mit alten Blind Passengers-Zeiten zu produzieren. dem Strom der Gesellschaft schwimmt, sich in sein Dabei hatte ich soviel Spaß, dass ich schließlich Kämmerlein einschließt und dabei nichts sehen und nichts hören will, in einer beschloss, ein gesamtes Album Welt, die von Tag zu Tag aufzunehmen, das sich stilistisch „Ich finde es schon erabsurder wird. Ich finde an der frühen Passengers-Phase schreckend, dass die mases schon erschreckend, orientiert und somit vor allem senverblödung durch das dass die MassenverblöSynthpop- und Sci-Fi-Fans gefallen dürfte. Von einer Re-Union reality-Proll-Fernsehen und dung durch das Realitydie bunten Zeitungen mit Proll-Fernsehen und die kann in der Tat nicht die Rede sein, da Rayner leider nicht mit den 20 Zentimeter großen bunten Zeitungen mit an Bord ist. Headlines immer schlimme- den 20 Zentimeter großen Headlines immer re ausmaße annehmen.“ schlimmere Ausmaße Wie würdest du die Unterannehmen. Da kommt schiede zu früheren Passengers-Produktionen beschreiben, was ver- einem der gewöhnliche deutsche Bürger manchmal anlasste dich dazu, dieses Mal gänzlich auf schon wie eine ferngesteuerte Drohne vor, deren metallisch wirkende Gitarrenriffs zu verzich- Meinung und Geschmack durch Werbestrategen und Medienmogule direkt ins Volks-Hirn gespritzt ten? Nik: Ich wollte mich ausschließlich von der elek- wurde. tronischen Bandepoche inspirieren lassen, vor allem von unserem Debütalbum „The Glamour Wie bereits von dir gewohnt, verleihen auch Of Darkness“. Das bedeutete, dass Gitarren zum dieses Mal einige namhafte Gastsänger wie Beispiel nur sparsam eingesetzt sind, und auf kei- beispielsweise Joke Jay (Ex-And One) dieser nen Fall metallisch, sondern eher halbakustisch Scheibe eine besondere Note. Wie verlief die oder mit Chorus und Delayeffekten, so wie bei- Zusammenarbeit? spielsweise auch Depeche Mode Gitarren in ihren Duette fand ich schon immer spannend. Es gibt Songs verwenden. nichts Besseres, um immer wieder neue Ideen und Impulse für die eigenen Songs zu bekomDas futuristische Cover-Artwork, die Betite- men. Kooperationen mit anderen Musikern lung des neuen Werkes sowie einige Tracks sind deshalb jedes Mal eine Frischzellenkur lassen unweigerlich ein Konzept erahnen. für die eigene Kreativität. Joke Jay ist außerAuch die musikalische Umschreibung Sci-Fi- dem nicht nur ein guter Sänger und Gute-


Laune-Faktor, sondern auch noch ein großartiger Schauspieler, wovon man sich im Clip zu „Don‘t Drag Me Down“ überzeugen kann. Die Duettsongs schreibe ich meistens vorab, damit wir dann gemeinsam daran weiterarbeiten können. Beim Songwriting versuche ich darauf zu achten, dass das Stück auch zum jeweiligen Künstler passt. Neben vielen neuen Ohrwürmern wie „Don’t Drag Me Down“, der beatgeladenen Nummer „Sincity“ oder der tanzbaren Kampfansage „Fight“ erfreuen sich auch gefeierte Klassiker einer Auffrischung. Wie sind die Ideen zu den „Retro meets Future“ Anpassungen entstanden? Es ging mir darum, eine gute Balance zwischen dem Retro-Charme der guten alten Zeiten und frischen modernen Electro-Pop-Tracks zu finden. Ich denke, es ist ein Werk entstanden, das Nik Pageund alten Blind Passengers-Fans gleichermaßen gefallen wird. Für den Herbst wurde eine Clubtour ange-

Zwischen „A.I.“ und „Naked Lunch“ Kanadische Bands und Dave Ogilvie scheinen ein Blankoscheck für kommerziellen Erfolg zu sein. Der Produzent und Musiker arbeitete lange Zeit für Skinny Puppy und verhalf nicht zuletzt The Birthday Massacre zum kommerziellen Erfolg. Nun steht die nächste vielversprechende MainstreamRakete auch endlich in den europäischen Startlöchern, ein rockiges Düsterpunk-Elektropop-Album einer jungen Band mit viel Potenzial, die es durchaus zu einer Karriere wie The Birthday Massacre bringen könnte. Warum habt ihr Raggedy Angry als Bandnamen gewählt? Paul Roussel: Als ich 2005 die Band gründete, wollte ich einen Namen, der sowohl aggressiv als auch kindisch ist. Außerdem wollte ich, dass bei der Online-Suche nur unsere Band gefunden wird. „Raggedy Angry” erfüllte beide Vorraussetzungen.

kündigt, um diese Sci-FiSynth-Rakete auch live zu zünden. Wirst du auch einige Klassiker zum Besten geben? Worauf dürfen sich die Fans freuen? Natürlich werden wir viele Klassiker aus den frühen Passengers-Jahren live spielen, aber auch ein paar Nik Page-Songs in neuem, elektronischerem Gewand. Die Konzerte werden extrem unterhaltsame Sci-Fi-PopShows, wofür ja auch die Blind Passengers-Shows in den 90ern bereits bekannt waren. yVOnne StaSIUS

www.blindpassengers.de www.myspace.com/blindpassengerofficial

„How I Learned To Love Our Robot Overlords” ist sehr energetisch und druckvoll geworden. Inwiefern war Dave Ogilvie daran beteiligt? Wir haben innerhalb eines Jahres eine ganze Menge an Songs vorproduziert und am Ende 13 davon ausgewählt. Dave war von Anfang an dabei und hat fünf Songs mit uns geschrieben, die auch alle auf dem Album sind. Er ist ein brillanter Musiker und es war großartig, mit ihm zusammen arbeiten zu können. Was steht hinter dem Albumnamen? Es ist ein Konzeptalbum mit dem Titel als Überschrift. Es handelt von einem Mann namens Atom und wie er die Roboter-Oberherren lieben lernt. Obwohl die Roboter eigentlich nur eine Erfindung seines von Drogen verzerrten Geistes sind. Die Story ist eine Mischung aus „A.I.“ und „Naked Lunch“. Was hat der Labeldeal mit Danse Macabre für euch verändert? Der Labeldeal macht es möglich, dass man unser neues Album endlich im Laden kaufen kann, was uns sehr glücklich macht. Bisher konnten wir un-

sere Musik nur online verkaufen. Wann kann man euch wieder in Deutschland sehen? Das ist noch nicht sicher. Als wir das letzte Mal in Deutschland gespielt haben, hatten wir eine großartige und schweißtreibende Show. Wir hatten eine Menge Spaß und die Fans waren super. Wir sind sehr heiß darauf, so schnell wie möglich wieder bei euch zu spielen. rInGO mÜLLer

www.myspace.com/raggedyangry VÖ: „How I Learned To Love Our Robot Overlords” 1. Oktober 2010 7


Wut und Euphorie The Birthday Massacre haben das geschafft, wovon viele träumen: In kurzer Zeit wurde aus dem Hobby Musik einer erfolgreiche Band, die trotz zahlreicher Hindernisse auf ihrem Weg internationale Anerkennung fand. Aktuell sind die Kanadier wieder schwer beschäftigt, ihr neues Album „Pins And Needles“ erscheint in Kürze, zudem sind sie derzeit auf ausgedehnter Tour durch Amerika. Dennoch fanden Sängerin Chibi und Gitarrist Michael Falcore Zeit, uns nicht nur zu erzählen, was wir von der aktuellen Veröffentlichung erwarten dürfen, sondern auch ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern. Chibi: Ich bin sicher, die Leute werden ihren Spaß am neuen Album haben. Es enthält viele sehr 8

klassische Birthday Massacre Songs, mit jenem Kontrast, den wir immer erarbeiten. Gleichzeitig aber sind wir wieder einmal gewachsen. Ich glaube, auf dem Album sind einige unserer stärksten Songs bis heute. Darauf bin ich wirklich stolz. Während der Arbeiten am Album, musstet ihr euch da mit irgendwelchen Schwierigkeiten plagen? C: Wir mussten gegen eine Deadline arbeiten, und das ist nie lustig. Es gab Momente, da war ich gestresst und ideenlos, wir haben uns untereinander gezankt und ich hatte die Befürchtung, wir würden es nicht schaffen fertig zu werden. Ein Freund sagte mir aber, dass stressige Situationen und Deadlines manchmal zu außergewöhnlichen Ergebnissen führen, und das ist in diesem Fall definitiv geschehen.

Gibt es auch irgendeine lustige Geschichte aus dieser Zeit, die du erzählen kannst? C: Ich radelte oft durch die Stadt zu den Aufnahmen. Radfahren in Toronto kann sehr schrecklich sein. Es ist keine besonders Fahrrad-freundliche Stadt. Dadurch hatte ich oft Auseinandersetzungen mit Autofahrern, hatte gelegentlich beinahe einen Unfall und kam bei den Gesangsaufnahmen total genervt an, richtig wütend. Dann musste ich aber diese aggressive Stimmung loswerden, um jene lieblichen und süßen Melodien einzusingen. Das war manchmal echt schwierig. Wie immer bei euch ist das Cover Artwork wunderschön und makaber gleichzeitig. Wer ist dafür verantwortlich? C: Unser Konzept war, dass wir verschiedene


der mit ihm zusammengearbeitet? M. Falcore: Dave ist ein exzellenter Soundtechniker und wir liebten seine Arbeit bei der letzten Aufnahme und wir baten ihn, auch die aktuelle abzumischen, obwohl Rainbow und ich dieses Mal die Produktion übernahmen. Wir verbrachten einige Monate eingesperrt in einem Keller, dort entstand der Sound des Albums. Wir sind wirklich glücklich mit dem Endergebnis. „Pins And Needles“ scheint eine sehr starke Kombination aus Aggression, Schmerz und irgendwie hoffnungsvollen Gefühlen zu sein. Wie seht ihr den Track und warum wurde er zum Titelsong? C: Der Ausdruck „Pins And Needles“ beschreibt unseren Gemütszustand während des letzten Jahres, als wir das Album schrieben. Es ist ein sehr starker Song, die Leute scheinen ihn zu mögen. Wir haben ihn auf der aktuellen Tour live gespielt und er ist wirklich gut angekommen. Eure Intention ist es, eure Musik mit Kunst und Performance zu kombinieren. Wenn ihr Songs für ein neues Album schreibt, habt ihr dann ein Konzept, in das die Texte und der Szenen, Teile einer Stadt, benutzen wollten, als Sound passen müssen? wir die Website erarbeiteten. Natalie Shau, eine C: Während des Songwritings probieren wir verKünstlerin, hat diese unterschiedlichen Schau- schiedene Ideen aus. Letztlich kann sogar die plätze entworfen und sie hatte dieses Bild einer Struktur eines Stückes sich komplett wandeln. Witwe auf einem Friedhofsweg darunter. Ich Mir fallen mehrere Songs ein, die anfangs komwollte auf jeden Fall einen Freizeitpark mit einem plett anders waren, inklusive der Texte, die dann Riesenrad im Hintergrund haben. Also begann aus verschiedenen Gründen einer dramatischen Vincent Marone, ein andeVeränderung unterzogen rer Künstler, das Artwork „Wenn ich mir einige sehr alte wurden. Irgendwie ist es fürs Album zusammenzulustig, sich solche Demos Demosongs anhöre, erinnestellen und nahm diese im Nachhinein noch einmal re ich mich, dass ich damals Ideen und das besagte Bild anzuhören, es ist interesund fügte sie in einer eige- schüchtern und nicht selbstbe- sant, dich wieder auf Songs nen Zeichnung zusammen. einzulassen, die bereits wusst gewesen bin.“ fertig aufgenommen sind, aber eben verändert. Die (un)tote Lady auf dem Cover, für wen oder was steht sie? C: Sie befindet sich in einem Stadium des Über- Wenn ihr das neue Album mit früheren Vergangs, bewegt sich den Pfad entlang. Es bleibt of- öffentlichungen vergleicht, inwiefern seht fen, ob sie eine gute Zeit hinter sich lässt, angeneh- ihr da Fortschritte in eurer Art, Kunst und me Erinnerungen, bereuend, dass sie gehen muss, Musik zu machen? oder eine schreckliche Zeit, die sie am liebsten so C: Persönlich spüre ich, dass ich als Sängerin mit schnell wie möglich hinter sich lassen würde. jedem Album gewachsen bin, was aus den Touren und verschiedensten Herangehensweisen bei den Bei eurem letzten Studioalbum „Walking Gesangsaufnahmen resultiert. Wenn ich mir einige With Strangers“ hattet ihr Dave Oglivie als sehr alte Demosongs anhöre, erinnere ich mich, Produzenten. Habt ihr auch dieses Mal wie- dass ich damals schüchtern und nicht selbstbewusst

gewesen bin. Zu dieser Perspektive habe ich kaum noch Bezug. Wenn du einmal live vor tausenden von Leuten gespielt hast, das Verlangen entwickelt hast, Leute zu unterhalten und getourt bist, bis dir der Hals weh tut und du dich krank und ausgelaugt fühlst, verlierst du diese Art von Schüchternheit. Ihr habt ein Video zum Song „In The Dark“ gedreht. Was könnt ihr uns über die Arbeit daran erzählen und wie wird das Video aussehen? M: Das neue Video ist ein traumartiger Horror/ Fantasy-Film. Chibi befindet sich in einem Wald, wo sich ihr Selbst in einem Spiegel reflektiert. Ihr Spiegelbild manifestiert sich in einer Puppe aus ihrer Kindheit, nur dass die Puppe abgenutzt und verwahrlost ist. Sie versuchen sich ob ihrer gemeinsamen Vergangenheit auszusöhnen, aber alte Wunden reißen auf und die Puppe sucht Vergeltung. Es ist eine Hommage an die alten 80erHorrorfilme, mit denen ich aufgewachsen bin. Ihr seid momentan auf einer wirklich ausgedehnten US-Tour. So viele Termine, soviel Reisen – ist das nicht manchmal eher Stress als Spaß?

9


kompletten Idioten gemacht habe.

C: Ja, Touren können sehr ermüdend, stressig und fordernd sein, und sind es meist auch. Aber wir sind mittlerweile daran gewöhnt. Wir halten uns geistig fit, indem wir so gut es geht unseren Sinn für Humor behalten. Wir lachen gerne und versuchen negative Situationen positiv zu betrachten. Du entwickelst eine tägliche Routine und lässt die Dinge laufen, die du eh nicht kontrollieren kannst. Manche

Für viele Leute ist Musik ein Lebensstil oder eine Form, sich selbst auszudrücken. Was denkst du über Musik als eines der Hauptthemen dieser Welt? C: Kunst und kreativer Ausdruck durch Sachen wie Musik sind sehr essenziell, finde ich. Dadurch bleiben Menschen kreativ, sie bleiben emotional, es kann mit wichtigen Erinnerungen verbunden, der Soundtrack für einen bestimmten Moment sein. Selbst so was wie die Musik, die ein kleiner Vogel trällert, kann eine Person beruhigen. Darum ist es auch wichtig, die Musikindustrie zu unterstützen. Wenn niemand mehr davon leben kann, ehrliche Musik zu machen, wird diese verschwinden und durch eine Art oberflächliche und dahin gekotzte Musik ersetzt, die keiner mag.

„manche Shows sind atemberaubend und großartig, dann hast du eine gute Zeit, andere verlaufen schrecklich und traurig, danach fühlst du dich furchtbar.“ Shows sind atemberaubend und großartig, dann hast du eine gute Zeit, andere verlaufen schrecklich und traurig, danach fühlst du dich furchtbar. Zudem trägst du manchmal Klamotten mehrere Tage und kommst nicht oft dazu, dich zu waschen, wodurch dieses romantische Image, welches du darstellen willst, zu einer Herausforderung wird. Aber natürlich macht es auch Spaß. Ich habe mittlerweile richtig Freude am Touren gefunden. Während all dieser Jahre auf Tournee habt ihr sicher viele besondere Situation erlebt. Was war die Peinlichste, an die du dich erinnern kannst? C: Ich könnte wahrscheinlich ein Buch schreiben über meine peinlichen Erfahrungen, davon gibt es einfach zu viele. Jeden Tag auf Tour passiert irgendetwas, was mich dazu bringt, mich wie ein Idiot zu fühlen. Auf dieser Tour hatten wir einen Gig, bei dem wir „Goodnight“ spielten, und nach dem Song herrschte Totenstille. Niemand jubelte. Da war dieser 10

Raum voller Stille und diese Gesichter, die mich anstarrten. Ich konnte das nicht fassen und ich sagte: „An dieser Stelle solltet ihr klatschen.“ Also applaudierten sie, aber es war richtig unangenehm. Das steht natürlich noch hinter all den ganzen Situationen in den letzten Jahren, wo ich mich übergab, hinfiel, Texte vergaß, Sachen von Fans bekritzelte, die sie gar nicht signiert haben wollten und mich zum

In kurzer Zeit wuchs The Birthday Massacre von einem kleinen Hobby zu einer weltweit bekannten und geliebten Band. Das ist der Traum vieler junger Musiker. Welche Tipps könnt ihr geben? C: Ich würde sagen, es ist ein harter Kampf. Abgesehen von dem, was du hier angesprochen hast und trotz der tollen Erfahrungen auf Tour ist es eine Herausforderung. Du musst dich mit Leuten umgeben, denen du vertraust und du musst dir selbst treu bleiben. Dafür respektieren einen die Leute. Wenn du dumme Sachen machst, nur um ein bestimmtes „Image“ zu erreichen oder wenn du Leute schlecht behandelst, wird dich niemand mögen und du erreichst gar nichts. FranK „OttI“ Van DÜren

www.thebirthdaymassacre.com VÖ „Pins And Needles“ 14. September 2010


11


Bloody Mary Sie sollen tanzen auch auf Gräbern Pizza, Pasta, Rotwein – das sind wohl die ersten platten Einfälle eines Jeden zu Italien. Dass von dort aus auch durchaus GothicRock kommen könnte, liegt dabei eigentlich auf der Hand. Schließlich gibt es in Italien einiges an gotischen Kirchen, Denkmälern und Gebäuden. Nicht zu vergessen: Der Mailänder Dom. Aus Mailand stammen auch die fünf Jungs von Bloody Mary. Vielleicht um zumindest ein italienisches Klischee zu erfüllen, gaben Jürgen (Drums), LaMountain (Gitarre) und Sänger Aldebran sehr redselig und blumig Auskunft zum neuen Album „Party Music for Graveyards“.

„Party Music for Graveyards“ ist erst euer zweites Werk. Warum benötigt ihr für eure Veröffentlichungen so viel Zeit? Der Titel „Party Music for Graveyards“ A.: Die Recherchen für dieses Album waren sehr klingt eigentlich ganz witzig im Vergleich zu umfangreich und wir haben viel experimentiert. den Texten der einzelnen Songs, die teilwei- Wir haben uns sehr umfassend von Filmen insse recht ernsthaft gehalten sind. So handelt pirieren lassen und uns lange in dunkle Räume „Sobibor“ von einem Überlebenden eines eingeschlossen, um uns ganze Filmografien von Konzentrationslagers. Wie passt das zusam- unbekannten Filmemachern anzusehen. Letztmen? endlich haben wir das Studio mit 30 Songs betreten. Es war ein langer und Aldebran: Der italienische Autor Dante Alighieri hat „Ich würde mich über eine schmerzhafter Weg, bis wir endlich „Die Göttliche Komödie“ zügellose Orgie auf der die passenden zwölf Songs für das Album gefunden hatten. geschrieben. Viele haben Spitze meines Grabsteins sich gefragt, warum er für die tragische Geschichte freuen. Vielleicht würde Wie sieht es mit einem dritten über das Leben eines Man- mich das ja überzeugen Album aus? Wird es bis dahin nes nach seinem Tod so wieder einige Jahre dauern? zurückzukommen?“ einen Titel gewählt hat. Er LaMountain: Nein, wir planen es antwortete, dass er die Welt in ihren tragischen schon und wenn die Arbeiten an der aktuellen Momenten darstellen wollte – grotesk, lächer- Scheibe monumental waren, dann werden die lich, ernsthaft und komisch. All das gibt es in beim dritten Album apokalyptisch sein. unserer Welt. Die Ernsthaftigkeit und das Lächerliche halten sich in einer merkwürdigen Balance. Aldebran, du bist der alleinige Sänger der In „Sobibor“ geht es um einen KZ-Häftling, der Band. Auf eurem neuen Album kann man während eines Unwetters den Kopf hebt, den eine große Auswahl an verschiedenen StimRegen von seinen Lippen ableckt und verzweifelt men hören. Hast du die alle selber eingesunversucht, sich an den Geschmack seiner geliebten gen? Frau zu erinnern. Sie wurde exekutiert und ver- A.: Ja, ich habe alle gegenläufigen Stimmen, Arbrannt. Der Regen wäscht nun die Asche aus der rangements und Overlays selber gesungen. Die Luft. Dieses Bild stammt aus Dantes „Inferno“ Technik macht es möglich. In machen Stücken und es beschreibt für uns am besten den Horror, nutze ich bis zu zwölf verschiedene Stimmen auf der im letzten Jahrhundert passiert ist. einmal, die sich über vier Oktaven erstrecken. 12

Gibt es in eurer Heimatstadt Mailand eigentlich eine größere Gothic-Szene? Jürgen: Italien hat eine lange Geschichte und könnte sozusagen als Wiege der Gotik bezeichnet werden. Bezogen auf das, was Gothic heute im 21. Jahrhundert bedeutet, ist allerdings klar, dass Mailand nicht unbedingt ein Zentrum dessen ist. Es gibt aber viele aktive Zentren hier, auch in Städten wie Florenz oder Turin. Es gibt euch als Band schon seit zehn Jahren. Würdet ihr euch als Freunde bezeichnen oder habt ihr die Zeit nur zusammen überstanden, indem ihr außerhalb der musikalischen Belange auf Abstand geht? A.: Wir sind nicht nur Freunde, wir sind wie Brüder. Als wir Bloody Mary ins Leben gerufen haben, haben wir Blutsbrüderschaft geschlossen. Das sollte die Einigkeit unserer Kreativität ausdrücken. Blut ist für uns etwas sehr Intimes. Für uns wird es Bloody Mary immer geben. Wollt ihr, dass die Leute später einmal auf euren Gräbern tanzen? A.: Ich würde mich über eine zügellose Orgie auf der Spitze meines Grabsteins freuen. Vielleicht würde mich das ja überzeugen zurückzukommen? Freya Kettner

www.myspace.com/bloodymary VÖ: „Party Music For Graveyards“ 17. September 2010


BERLINER BOMBEN CHOR Danzig on my back

Ursprünglich hatte es sich der Berliner Bomben Chor auf die Fahnen geschrieben, Danzig zu covern. Doch daraus wurde schnell mehr. Im Oktober veröffentlichen die fünf Berliner nun ihr erstes Album „With Greetings From Hell“. Dass die gesamte Besetzung schon reichlich musikalische Erfahrungen sammeln konnte, hört man dem Erstlingswerk an. Fetter Goth’n’Roll ganz im Stil der frühen Danzig-Scheiben brettert einem von der ersten bis zu letzten Sekunde gewaltig um die Ohren. Wir trafen uns mit Sänger Ulf, Sängerin Chrissie und Bassist Ben in einem Café in Prenzlauer Berg zu einem launigen Gespräch. Ganz Bandchef, beantwortete Ulf unsere Fragen. Warum war es euch ein Bedürfnis, den Berliner Bomben Chor zu gründen? Wir ärgerten uns darüber, dass Danzig seit 1987 ausschließlich beschissene Scheiben rausgebracht hat. Da der alte Sack es offensichtlich selber nicht mehr hinbekommen hat, mussten wir das in die Hand nehmen. Alles, was nach den ersten drei Alben kam, war nur noch aufgewärmter kalter Kaffee, Techno und Mist. Wie findest du das neue Danzig-Album? Beiläufig. Das ist wie die Salatbeilage zu einem Schnitzel. Dann ist euer Album viel besser geworden? Ja, das ist das Schnitzel zur Salatbeilage. Glaubst du, dass euer doch etwas provokanter Bandname dabei helfen wird, aus der Masse herauszustechen? Nein, wir wollten auch eher unsere Verbundenheit mit Berlin zum Ausdruck bringen. Wir sind stolz darauf, dass wir in einer Stadt leben dürfen, in der es eine solche Vielfalt gibt. Das darf man auch gerne mal in einem Bandnamen verewigen. Da unsere Musik einschlagen wird wie eine Bombe, war es für uns auch klar, dass das enthalten sein musste. Chrissie und ich haben teilweise sechsstimmige Satzgesänge aufgenommen, was sich stellenweise nach einem Chor anhört. Damit haben wir die Bestandteile des Bandnamens schon erklärt.

Aber kann der Name nicht auch verschre- Ihr macht also Musik zu albernen Texten? cken? Gerade, weil auf eurem MySpace- Nein, wir machen Entertainment. Wir wollen Profil noch der Untertitel „Trümmerfrauen die Leute unterhalten und ihnen einen schönen From Hell“ steht. Abend bereiten. Dazu sei noch ergänzt, dass wir für unseren ersten Auftritt Pos- „Wir machen enter- Eure ersten Konzerte waren, ter gedruckt haben, auf denen tainment. Wir wollen wie die eigentlich aller Newstand „Wir bauen Danzig wie- die Leute unterhalten comer in Berlin, nicht so gut der auf.“ Dazu haben wir natürund ihnen einen schö- besucht. Ist das nicht frustrielich gleich einen Anruf von der rend? Antifa bekommen, die besorgt nen abend bereiten.“ Überhaupt nicht. Dazu fällt mir nachgefragt hat, ob wir das der Spruch eines französischen wirklich ernst meinen würden. Natürlich bewegt Schauspielers ein: „Wer sich zu groß fühlt für man sich mit so einem Namen auf einem schma- kleine Aufgaben, ist meist zu klein für große len Grat, aber wir sind eindeutig antifaschistisch, Aufgaben.“ Auch die zehn Leute, die den Einantinazistisch, antirassistisch und gegen alles, tritt für unser Konzert bezahlt haben, haben es was sonst noch mit Idiotentum zu tun hat. verdient, dass wir uns den Arsch für sie aufreißen. Jetzt muss ich natürlich noch wissen, worum es in dem Song „Danzig On My Back“ geht. Du bist ja ein sehr großer Fan von DanAlle unsere Texte entspringen der Fantasie. Wir zig. Wie weit geht dieses F an-Sein bei sind nicht tagesaktuell, wir sind auch nicht po- dir? litisch und wir wollen auch keine Botschaften Mein Sohn, der in diesem Jahr geboren wurde, mit unseren Texten verbreiten. Bei „Danzig On heißt Glenn und wir wohnen in der Danziger StraMy Back“ geht es einfach nur darum, dass ich ße. Muss ich dazu noch mehr sagen? die göttliche Größe von 1,92 Metern habe und Freya Kettner Herr Danzig sich auf der Höhe meiner Gürtelschnalle befindet. Ich habe mir vorgestellt, wie www.bombenchor.de es wäre, wenn ich morgens zum Urinieren ins www.myspace.com/berlinerbombenchor Bad gehen würde und einen Tagtraum hätte, VÖ: „With Greetings From Hell“ in dem Glenn Danzig auf meiner Schulter sitzt. 8. Oktober 2010 13


AND ONE Willkommen zur „Tanzomat Fulltimeshow 2“

Ab dem 3. September 2010 ist es endlich soweit, dann kommen alle Elektro-Anhänger wieder voll auf ihre Kosten, denn And One laden zur „Tanzomat Fulltimeshow 2“ ein. Der Mastermind Steve Naghavi und seine Bandkollegen Chris Ruiz und Gio van Oli haben sich viele musikalische Überraschungen ausgedacht und werden die Hallen zum Kochen bringen. Los geht es in Nürnberg, gefolgt von München, Rostock, Hamburg, Düsseldorf, Dresden, Berlin, Frankfurt und Magdeburg. Das Abschlusskonzert findet am 27. November im Haus Auensee in Leipzig statt. Vor allem Steve verbindet mit dieser Location ganz viele Erinnerungen. Hier wurde nämlich die Live-Version des Stücks „Techno Man“ aufgezeichnet. Seitdem ist dieser Song bei jeder Elektro-Veranstaltung der absolute Tanzflächen-Füller. Doch bevor die neue Reise startet, nahm sich der Sänger noch ein bisschen Zeit und plauderte aus dem Nähkästchen.

Wie bereitet sich And One auf ein Konzert vor? Habt ihr einen besonderen Tagesablauf an einem Konzerttag? Das Wichtigste ist vor allem Ruhe. Kein Stress, kein unnötiges Rumfahren und schön entspannen. Ab dem 3. September ist es soweit und die „Tanzomat Fulltimeshow“ Tour geht endlich los. Start ist in Nürnberg. Lange seid ihr nicht mehr im fränkischen Raum Live unterwegs gewesen. Wie kam es dazu, dass ihr beschlossen habt, die Tournee in Nürnberg zu beginnen? Wir haben noch nie ein Konzert in Nürnberg gegeben und dachten uns, es wäre mal an der Zeit. Nürnberg wird das kleinste Konzert von allen und damit das persönlichste mit „nur“ einigen hundert Leuten. Ein sanfter Tourstart mit neuen Freunden! Können sich die Fans auf ganz besondere Highlights freuen? Also zum Beispiel völlig neue Versionen von bekannten Songs? Überraschungen gibt es ja fast immer bei And One. Und natürlich spielen wir auch völlig neue Versionen sowie Songs, die wir noch nie zuvor gespielt haben.

Im Juli waren And One HeadliGerade mit Leipzig verbindet „Die Zeit bleibt ner auf dem Amphi Festival in stehen und du ver- euch sehr viel. Im Haus AuenKöln. Wie ist denn das Gefühl, see findet euer Abschluss-Konlierst dein Gefühl zert statt. Freust du dich schon die ersten Minuten auf der Bühfürs Wesentliche. auf euren dortigen Auftritt? ne zu stehen? Steve Naghavi: Du bekommst einen Leipzig hatten wir schon lange Du lebst!“ Tunnelblick und du spürst wie deinicht mehr als Finalstadt auf dem ne Batterien anfangen zu glühen. Du hast eine Speiseplan. Nachdem wir 2006 in so einer miegleichbleibende Energie, die dich wie von selbst sen Halle gespielt haben (Sound und Laune waüber die Bühne trägt. Die Zeit bleibt stehen und du ren so lala …) wollten wir den Leuten mit dem verlierst dein Gefühl fürs Wesentliche. Du lebst! Haus Auensee eine Freude bereiten. Was macht für dich ein geiles Konzert aus? Die Resonanz und die Fähigkeit der Fans, dich auch in tiefen Momenten wieder hoch zu holen. Es muss laut sein. Im Saal und auf der Bühne. Doch das Wichtigste ist, die Menschen mit einem zufriedenen Lächeln nach Hause zu schicken. Gibt es eine Konzertsituation, die für dich besonders beeindruckend oder lustig war? Ja, M‘era Luna 2007. Es läuft einen schon eiskalt den Rücken runter, wenn 20.000 Leute im Rhythmus zu „Bodynerv“ klatschen. 14

Kannst du beschreiben, wie es damals war, als ihr zum allerersten Mal dort aufgetreten seid? Wie viele Menschen waren damals dort und gab es einen ganz besonderen Moment, den du nie wieder vergessen konntest? Die Hütte war damals schon sehr voll. Ganz besonders in Erinnerung ist mir meine Latexhose geblieben, die mir mitten beim Auftritt beim Hocken im Schritt handgroß aufgerissen ist. Wäre ja alles nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht einen weißen Slip drunter getragen hätte.


Für die diesjährige Tour gibt es VIP-Tribünen und Universal-Backstage Pässe. Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Pässen und was können die Fans genau tun, die solch einen Pass ihr Eigen nennen? Ui, das sind unzählige Unterschiede, die man sich am besten auf www.bodypop-shop.de direkt ansieht, damit ich jetzt nichts Falsches erzähle. Besonders genial ist die Tatsache, dass alle Fans, die am Tag des Konzertes noch nicht 18 sind, freien Eintritt haben. Wer kam denn auf diese Idee? Das war meine Idee. Ich setze als Veranstalter im Prinzip nur das durch, was ich mir als Jugendlicher damals selbst gewünscht habe. Werdet ihr nach den Konzerten noch ein wenig mit den Fans feiern? Fast in jeder Stadt. Da wir ja meist am nächsten Tag kein Konzert mehr haben, werden wir uns wohl regelmäßig gemeinsam mit den Fans abschießen.

Wie sieht denn ein lustiger Party-Abend mit And One aus? Auf jeden Fall fast so lustig wie ein Party Abend mit uns privat. Was ist der Unterschied zwischen der „Bodypop Fulltimeshow“-Tour und der jetzigen „Tanzomat Fulltimeshow“-Tour? Die Songauswahl. Die Energie ist dieselbe. Mehr wird nicht verraten. Wie war es für And One zu wissen, dass die Live-DVD Platz zwei der Deutschen Charts geschafft hat? Macht es euch nicht ein bisschen stolz? Klar, aber nur ein bisschen. Die Charts von heute sind nicht mehr das, was sie mal waren. Stolzer macht uns das, was wir auf den Konzerten erleben dürfen.

Es heißt „Tanzomat“, ist ein reinrassiges EBMAlbum und kommt im Laufe der Tour in die Läden. Jeder, der auf eure Homepage www.andone.de kommt, der bekommt gleich das Video „Military Fashion Show (Original Version)“ zu sehen. Wer kam auf die Idee, den Song so zu präsentieren? Das war mehr so eine spontane Idee, die sich gesteigert hat. Vom bloßen Rumklimpern bis zum Abdrehen des Videos vergingen gerade mal drei Tage! Ich glaub, mir war mal kurz langweilig. Gibt es noch etwas, was du im Namen von And One den NEGAtief-Lesern unbedingt noch mitteilen möchtest? Vielleicht ein kleiner Anheizer zur bevorstehenden Tour? Ein Fernbleiben von unseren Konzerten ist ein Vergehen! eranIe FUnDerBUrK

Wird es von And One dieses Jahr noch ein Album geben? Wenn ja, wie wird der Titel heißen und wann kommt das Album raus?

www.andone.de VÖ: „Tanzomat“ während der „Tanzomat Fulltime Show 2“-Tour

15


Der Teufel und die grüne Fee Teufel ist uns allen bekannt als Sänger und Dudelsackspieler bei Tanzwut und Corvus Corax. Letztere haben zuletzt das orchestrale Werk „Cantus Buranus“ auf die Bühne gebracht. Jetzt will der charismatische Sänger mal wieder kleinere Brötchen backen. So hat er sich ins stille Kämmerlein zurückgezogen, um sein erstes Soloalbum aufzunehmen. „Absinth“ heißt das Werk, das am 17. September 2010 das Licht der Welt erblicken wird. Der Teufel höchstpersönlich gab Auskunft. Dein erstes Soloalbum trägt den Namen „Absinth“. Ist es im Absinth-Rausch entstanden oder soll es den Hörer eher dabei begleiten? Naja, Absinth ist ja nicht nur ein Getränk sondern auch eine Philosophie. In der Vergangenheit gab es viele wahnsinnige Künstler, die Absinth getrunken haben und dadurch sind auch viele tolle Sachen entstanden. Es ist aber natürlich nicht so, dass ich ständig im Absinth-Rausch bin. Sonst wäre ich wahrscheinlich schon wie van Gogh ohne Ohr geendet. Aber du würdest dein Album schon als ein bisschen wahnsinnig bezeichnen? Ich würde eher sagen, dass es eine gute Mischung aus Wahnsinn, Absinth-Getränk und dem mehr oder weniger normalen Musiker-Leben widerspiegelt. Ganz so wahnsinnig ist meine Musik dann doch nicht. Man kann sie schon noch verstehen. Wieso war es gerade jetzt für dich an der Zeit, ein Soloalbum zu veröffentlichen? Das ist nicht von heute auf morgen entstanden. Ich habe mich in den vergangenen vier bis fünf Jahren immer wieder damit beschäftigt. Wir waren viel mit Cantus Buranus unterwegs und haben sehr viel mit Orchestern gearbeitet. Da ist so viel Zeit draufgegangen, dass ich kaum Zeit dafür hatte, zum Beispiel Songs für Tanzwut zu schreiben. Über die ganze Zeit hinweg habe ich aber ständig Ideen für das Soloprojekt gesammelt und so hat sich „Absinth“ langsam entwickelt. 16

Wer wird es sich deiner Meinung nach anhören? Sind das deine Fans, die du von Corvus Corax oder Tanzwut mitbringst? Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, was meine Zielgruppe ist. Tanzwut und Corvus Corax werden ja auch von ganz verschiedenen Menschen gehört. Da gibt es die Mittelalter-Fans, Gothics, Metaller oder eben auch „normale“ Menschen. Das Album ist aber schon ziemlich düster geworden und daher glaube ich, dass es für Gothic-Fans auf jeden Fall interessant sein wird.

den? Hast du alle Arbeiten ganz alleine gemacht oder hattest du an manchen Stellen Unterstützung? Die Texte und die Musik habe ich komplett selber geschrieben. Bei den Aufnahmen im Studio wurde ich allerdings von einem Gitarristen unterstützt. Woher hast du die Inspirationen für deine Da hat mir Patrick (heute bei Schelmish, Anm. d. Musik genommen? Gerade die elektroni- Red.) geholfen, der früher auch bei Corvus Corax schen Elemente, die manchmal schon in und Tanzwut dabei war. Ansonsten habe ich soBereiche des Industrial-Noise gehen, haben gar die Grafik vom CD-Cover selber gemacht. Da wenig mit deiner bisherigen musikalischen hat mich der Sportsgeist gepackt und ich wollte das einfach von vorne bis hinten alleine stemLaufbahn zu tun. Bei Tanzwut hatten wir schon immer elektroni- men. Klar, gerade in Berlin kennt man immer viele sche Einflüsse, aber auf „Absinth“ geht es in der Musiker und denen habe ich das eine oder andere schon mal vorgespielt. Aber prinTat noch ein Stück weiter. Wenn wir unterwegs sind, dann ziehe ich „absinth ist ja nicht zipiell habe ich tatsächlich alles alleine gemacht. mich gerne mal zurück und schraunur ein Getränk be an Sounds. Gerade so schräge sondern auch eine und abgefahrene Sounds finde ich Haben dir deine Kollegen Philosophie.“ immer sehr cool. dann auch ihre Meinung zu deiner Arbeit gesagt oder Wie sind die Texte und die Musik entstan- wolltest du gar keine Einmischung haben? Bei meinen direkten Kollegen ist das ein bisschen schwierig. Langjährige Weggefährten sind doch meistens sehr voreingenommen. Daher bin ich eher zu anderen Leuten gegangen, mit denen ich noch nicht so viel zu tun hatte. So habe ich mich eher mit Leuten, die man in Berlin eben so kennt, zusammengesetzt. Darunter war zum Beispiel Lars Rudell, der früher Gitarrist bei den Blind Passengers war. Und wie läuft so ein „Reinhören lassen“ ab? Gibt es dann auch Kritik oder Beratung? Na klar. Da ist man ganz offen und sagt, wenn man etwas nicht so cool findet. Dann probiert man auch mal zusammen was im Studio aus. Prinzipiell redet man schon viel über so ein Projekt und lässt sich dann natürlich auch das eine oder andere sagen.


Eigentlich arbeitest du ja an richtig großen musikalischen Projekten, wie zum Beispiel „Cantus Buranus“. Waren die Arbeiten an „Absinth“ da nicht ziemlich einsam? Naja, es kann ja auch cool sein, wenn man mal alleine für sich ist und an Sachen basteln kann. Die Texte schreibe ich sowieso meistens, wenn ich auf Tour bin. Da sitzt man immer ewig lange im Bus und ist viele Stunden unterwegs bis zu einem Auftritt. Dann habe ich den Kopf frei und kann mich um solche Dinge kümmern. Man unterhält sich auch nicht stundenlang mit seinen Kollegen. Da muss man sich irgendwann mal den Kopfhörer aufsetzen. (lacht) Die Texte von „Absinth“ sollen die Lücke zwischen deiner Vergangenheit und dem Jetzt schließen. Was ist damit gemeint? Ich bin ja nicht nur als Musiker im klassischen Sinne unterwegs gewesen. Ich war schon immer Straßenmusiker, Spielmann und fahrender Vagabund. Und das steckt auch heute noch in mir. Auch wenn ich vor 5000 Leuten auf einer Rockmusik-Bühne stehe, spüre ich in mir immer noch das Spielmännische. Das möchte ich in Songs und Melodien auch immer ausdrücken. Meine Musik soll immer noch mit dem Unterwegs-sein zu tun haben und mit dem, was man dann erlebt. Ich bin immer noch der, der vor vielen Jahren auf der Straße oder in Kneipen Dudelsack gespielt hat und das möchte ich auch nicht vergessen. Dann sind deine Songs auch alle mittelalterlich beeinflusst? Ja, natürlich. Das werde ich auch nicht ablegen „Phantasien“ heißt der Bonustrack auf „Abkönnen. Wie gesagt, den Spielmann in mir wird sinth“. Dort liest du ein vertontes Gedicht, man immer durchhören können. Manchmal juckt das du selber verfasst hast. Wird in der Riches mich auch heute noch in tung zukünftig noch mehr von den Fingern und dann stelle ich dir zu erwarten sein? mich mit dem Dudelsack an die „Ganz so wahnsinnig Ja, ich habe über die letzten drei nächste Straßenecke und spiele. ist meine musik dann Jahre hinweg einen ganzen Gedichtband geschrieben. Der geht in doch nicht. man die Richtung von Christian MorgenIst das nicht sogar streng gekann sie schon noch stern und enthält dementsprechend nommen verboten? verstehen.“ makaber-spaßige Gedichte. MomenMittlerweile nicht mehr, aber tan bin ich noch dabei, das alles zu man braucht in vielen Städten eine Straßenspiel-Genehmigung. Gerade mit ordnen und die 60 bis 70 Texte werden dann aller den Krach-Instrumenten ist das so eine Sache. Wahrscheinlichkeit nach als Buch erscheinen. In München sind die Dudelsäcke zum Beispiel Vielleicht werden sie auch musikalisch untermalt seit dem Mittelalter verboten, weil sie einfach auf CD erscheinen. Bis Ende des Jahres wird man davon auf jeden Fall etwas hören. nerven. (lacht)

Was sind deine weiteren Pläne für die Zukunft? Im Herbst werden wir mit Tanzwut wieder ins Studio gehen und ein neues Album aufnehmen. Mit meinem Solomaterial werde ich im kommenden Jahr auf Festivals spielen. Das Zita Rock in Berlin ist sogar schon bestätigt. Dafür wird es dann auch eine Band geben, die mich live unterstützt. Wer das genau ist, verrate ich aber heute noch nicht. Freya Kettner

www.teufel-music.de www.myspace.com/teufeltv VÖ: „Absinth“ 17. September 2010

17


„Wir überqueren nun also auch den „rubicon“ und möchten den Zuhörer in eine etwas andere musiklandschaft bringen, nehmen ihn mit auf eine intensive, aufregende und vielleicht sogar beängstigende reise.“

Norwegen und das Römische Reich Aus Norwegen haben sich schon viele Bands erfolgreich auf dem Musikmarkt etablieren können. Zumeist ist deren musikalisches Metier allerdings eher dem düsteren Metal zuzuordnen. Aber natürlich gibt es nicht nur Black- oder Death Metal in diesem skandinavischen Land, sondern auch die etwas anderen Formationen, unter ihnen Tristania. Eher dem Gothic Metal verschreiben, stellen die Jungs und Mädels mit „Rubicon“ gerade ein neues Album vor, das es wahrlich in sich hat. Grund genug, sich etwas mit Drummer Tarald über diese Produktion und die bisherigen zwölf Schaffensjahre zu unterhalten. Was bedeutet für euch „Rubicon“? Tarald: Der Ausdruck „Crossing the Rubicon“ ist etwas wie ein Punkt ohne Wiederkehr und bezieht sich auf das Überschreiten eines kleinen Flusses im Nordosten von Italien durch Julius Cäsar im Jahr 49 vor Christus. Das Ganze wurde als Akt des Krieges dargestellt und daraus entsprang das Römische Reich und die moderne europäische Kultur. Wir überqueren nun also auch den „Rubicon“ und möchten den Zuhörer in eine etwas andere Musikland18

schaft bringen, nehmen ihn mit auf eine intensive, aufregende und vielleicht sogar beängstigende Reise. Darüber hinaus ist unsere neue Sängerin Mariangela Demurtas aus Sardinien, Italien und wir fanden es durchaus angemessen als eine Art Einführung für sie. Wie war die Arbeit an eurem neuen Album „Rubicon“? Wie lange hat es gedauert, um ein so großartiges Album aufzunehmen? Vielen Dank! Viel Zeit wurde auf das Komponieren und die Pre-Produktion verwendet. Die endgültigen Aufnahmen wurden in drei verschiedenen Studios gemacht: Schlagzeug und Gesang in der Region Oslo (Tanken Studio in Sandvika und Amadeus Studio in Oslo), Gitarren, Bass, Keyboards in Stavanger (K-Lab Studio). Wir brauchten alles in allem etwa zwei Monate für die Aufnahmen. Was ist der Unterschied zu euren älteren Alben? Der größte Unterschied zwischen diesem Album und dem Rest ist wahrscheinlich, dass die allgemeine Stimmung etwas heller ist. Es gibt Lieder, die sehr melodisch und eingängig sind, zusätzlich zu den eher schnelleren Songs. Allerdings liegt dennoch ein Leichentuch der Dunkelheit und Schwermut auf den meisten Stücken. Jeder unserer Titel hat seine eigene Stimmung und Atmosphäre – da bleiben wir uns auch auf „Rubicon“ treu. Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis oder würdet ihr im Nachhinein etwas ändern? Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Klar, es gibt immer wieder Ideen, wenn du eine neue CD aufnimmst. Es bieten sich immer neue Alternativen an und andere Lösungen, die funktionieren können – oder eben nicht. Wir haben alle unser Bestes gegeben und an einem Strang gezogen und jetzt können wir es nicht erwarten, das neue Material endlich live zu spielen. Und wie werdet ihr es Live umsetzen? Live haben wir jetzt viel mehr Energie als mit unseren früheren Line-ups. Wir sind eine hungrige und äußerst konzentrierte Band. Wir arbeiten hart und proben viel an den neuen Songs wie auch an unseren „Oldies“. Was braucht ihr in eurem Backstageraum? Och, da gibt es immer eine ordentliche Menge Bier. Nur hält das meist nie sehr lange vor.


Was war euer bestes Konzert und warum? Schwierige Frage! Unser letztes Konzert der lateinamerikanischen Tour vor zwei Jahren war schwer zu vergessen. Es war im Hard Rock Cafe in Mexico Stadt, dort herrschte eine unvergleichliche emotionale Atmosphäre. Menschen weinten bei bestimmten Songs, aber ich glaube, dass die besten Auftritte erst noch folgen werden. Tristania gibt es ja nun auch schon seit zwölf Jahren. Was werden die nächsten zwölf Jahre bringen? Wir hoffen natürlich, dass die nächsten zwölf Jahre ungeheuer kreativ werden und keiner aus der Band krank wird – oder bei einem Gartenunfall stirbt und so weiter. Wir werden weiter an neuen Alben arbeiten und live spielen, solange es uns und unser Publikum glücklich macht. Es ist einfach die schönste Sache, Tristania Songs für Tristania Fans zu spielen.

Da gibt es viele! Allerdings sollten die meisten davon auch innerhalb der Band bleiben – leider! Aber auf Tournee, im Proberaum oder auch in einem Supermarkt ist es mit Tristania immer sehr unterhaltsam. Tourbusse sind da zum Beispiel Gab es in den letzten zwölf Jahren irgend- auch ein Hort für Geschichten aller Art. 1998 welche kuriosen Geschichten aus dem waren wir mit der Band Solefald auf Tour, die Stimmung 16:52 im Tourbus überragend und es Hause Tristania? Angelz_AZ_NegaTief_Halb.qxp:Layout 1 10.08.2010 Uhr war Seite 1

machte viel Freude zu sehen, wie der anfangs komfortable Tourbus mit der Länge der Tour und der Menge des Alkohols immer unbequemer wurde. DanIeL FrIeDrICH

www.tristania.com www.myspace.com/tristania VÖ: „Rubicon“ 27. August 2010

präsentieren

Angelzoom in concert Support Show - In The Nursery ... 04.09. Hamburg - Markthalle ... Angelzoom auf Tour mit Blind Passenger ... 10.09. Luckenwalde - Wunderbar ... 11.09. Lübbenau - Kulturhof

... 17.09. Magdeburg - Sackfabrik ... 18.09. Annaberg-Buchholz - Alte Brauerei ... 24.09. Leipzig - Werk II ... 08.10. Brandenburg - Haus der Offiziere ... 16.10. Schwedt - Exit ... 23.10. Hoyerswerda - Pitchers ... Angelzoom & Songs Of Lemuria ... 03.12. Berlin - UFA Fabrik

KARTENSERVICE: WWW.TICKET69.DE INFOS: WWW.ANGELZOOM.DE

19


Gefällt Steven euer Album? Da er bei uns angefragt hat, ob wir Lust hätten mit And One zu touren, gehen wir stark davon aus, dass Steven unser Album gefällt. Konntet ihr euch bereits kennenlernen? Ja, wir haben uns bereits vor einigen Jahren in Berlin getroffen bzw. kennengelernt, als wir zusammen mit Blutengel aufgetreten sind.

Der Wahrheit auf der Spur „The Arc of Truth“ ist das bisher ausgereifteste Album der beiden Nordlichter. Der einschmeichelnde Synthpop mit dramaturgisch geschickt inszenierten Wechselbädern großer Gefühle schlägt eine Bresche zwischen Depeche Mode, VNV Nation und Diary of Dreams. Der große Durchbruch dürfte nicht lange auf sich warten lassen, denn mit dem Ticket als Vorgruppe der kommenden And One Tournee in der Tasche und einem Laptop voller Hits ist das Dreamteam bestens gewappnet, zumal die Arche der Wahrheit auch inhaltlich einiges zu bieten hat. Schon im Vorfeld gab es viele Vorschußlorbeeren zum neuen Album. Diesmal wollen wir uns besonders den Konzertvorbereitungen zu eurer Tournee mit And One widmen. Wie werdet ihr live auftreten? Charly: Zukünftig werden Shadow Minds wieder zu dritt auf der Bühne zu sehen sein. Mit Esche haben wir einen erfahrenden Keyboarder gefunden. Wir freuen sehr auf die bevorstehende Tour und werden mit sehr viel Elan unsere neuen Songs zum Besten geben. Wie habt ihr eure Playlist zusammengestellt? Als Vorband sollte man ja sicher etwas straffen? Wir haben bei der Zusammenstellung vornehm20

lich darauf geachtet, viele Songs vom neuen Album in unsere Playlist aufzunehmen. Natürlich werden wir auch ältere Stücke spielen. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass unser Live-Set nun progressiver ist.

Gesanglich hast du seit dem ersten Album gewaltig zugelegt. Können wir diese Intensität auch live erwarten? Definitiv, denn wir haben uns musikalisch weiterentwickelt und wirklich knapp zwei Jahre an dem neuen Album gearbeitet. Und nun sind wir wirklich heiß darauf, die neuen Songs live zum Besten zu geben. Wer uns in den letzten Jahren live gesehen hat, kann sich sicher sein, dass Shadow Minds live viel mehr zu bieten haben, als in der Vergangenheit. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht einen Drummer live dabei zu haben? Klar, wir haben schon des Öfteren darüber nachgedacht, einen Live Drummer einzusetzen, aber es ist wahrlich sehr schwer, einen Live Drummer zu finden. Für die Zukunft werden wir aber nicht locker lassen und weiterhin Ausschau halten.

Wie kam es zum Deal mit And One? Der Deal kam über Steven von Massmovement zustande. Vor etwa einem halben Jahr hat er bei uns angefragt, ob wir Interesse hätten, mit And One auf Tour zu gehen. Wir haben direkt zugesagt, denn Support-Auftritte haben uns bisher immer sehr viel Spaß gemacht und auch in nächster Zukunft sind wir nicht abgeneigt, als Support für andere Bands auf Tour zu gehen.

Wie wichtig ist euch eigentlich das Livespielen? Verändern sich die Songs durch die Konzertauftritte? Jedes Live-Event ist für uns das größte. Es macht einfach unheimlich viel Spaß, vor einer Audience live zu performen. Man kann es kaum in Worte fassen, wenn man förmlich spürt, wie der Funke auf das Publikum überspringt und man hinterher erfährt, dass der Auftritt der Shadow Minds einfach genial war. Für uns als Band ist es einfach undenkbar, nicht auf die Bühne zu gehen. Es ist der größte Lohn, den eine Band bekommen kann, wenn das Publikum applaudiert und wirklich begeistert ist. Peter IStUK

www.shadow-minds.de VÖ: „The Arc of Truth” 28. August 2010


21


ark in After D

na o l e c r ba Ein Wochenende mit Extinction Front Wer gerade in Barcelona gelandet ist und sich verloren fühlt, der sollte sich beeilen, denn es ist Freitag und an einem Wochenende hat man gerade einmal drei Tage zur Verfügung. Extinction Front nimmt euch nun mit auf eine Tour durch die interessantesten dunklen Plätze der Stadt. Am Freitag geht es in die Tallers Straße, eine berühmte Straße im Stadtzentrum von Barcelona. Man kennt diese Straße als eine Art Begegnungsplatz für alternative Leute aller Couleur. Hier gibt es eine Vielzahl an Musik- und Bekleidungs-Shops. Finden kann man hier alles von Classic Metal über Gothic bis hin zu Industrial. Sobald man Hunger hat, gibt es viele Bars und Restaurants, in denen man kurz vorbeischauen und etwas zu Essen bekommen kann. Eine der Lieblings-Locations von Extinction Front ist die Trallers Bar. Hier kann man zu einem echt guten Preis und der besten Qualität richtig große Mahlzeiten, wie zum Beispiel à la carte oder verschiedene Kombinationen mehrerer Gerichte, genießen. Man kann essen und gleichzeitig Leute beobachten, die an einem riesigen Fenster vorbeispazieren, während man selbst den Klängen guter internationaler und der besten spanischen Musik zuhören kann. Nach einem vorzüglichen Essen, einem gut gefüllten Magen und dem Genuss von köstlichem Bier, ist es dann an der Zeit, einkaufen zu gehen. In der Tallers Straße befinden sich nämlich die meisten Shops weit und breit. Zunächst wird Halt gemacht im „Revolver Records“-Shop. Direkt an der Tür kann man Informationen über die Konzerte lesen, die im Laufe des Jahres in

22

der Stadt stattfinden werden. Vielleicht hat man Glück und kann einige Gruppen auf den Konzerten, die in Barcelona stattfinden werden, sehen. Im September kommen VNV Nation und Faderhead, Peter Hook kommt im Oktober und Apoptygma Berzerk sind im Dezember zu Gast. Im Laden findet man Metal, Alternative, Electro und Hip-Hop Musik, aber Extinction Front empfehlen tiefer in den Laden hineinzugehen, bis man die gut ausgestattete Gothic-Abteilung findet. Später wird der Spaziergang in der Tallers Straße fortgesetzt, denn hier gibt es auch einige Shops mit Accessoires. Der Pimp Shop in der Sitges Straße vertreibt abgefahrene T-Shirts mit lustigen Logos und alle möglichen Klamotten (Hosen, Röcke, Gürtel, …). Es ist zwar ein echt kleiner Shop, aber dennoch ist die Auswahl groß. Camden Shop und Camden Shoes sind die nächsten Highlights der Tour. Hier findet man zum Einen einen Laden, der sich den Hosen, den T-Shirts, Röcken und vielen

anderen Bekleidungsstücken aus dem Gothic und Alternative Bereich verschrieben hat, sowie einen anderen Shop, der Merchandising Artikel vertreibt. Camden Shoes ist, wie der Name schon sagt, ein Schuhgeschäft. Aber es ist nicht ein normaler Schuhladen, sondern ein echtes Alternative-Geschäft. Man findet hier eine riesige Auswahl an New Rock Schuhen und auch viele Sportschuhe. Außerdem ist ein Besuch des Bibian Blue Shop, einer der besten Gothic Shops der Stadt, ein absolutes Muss. Wenn man vor dem Laden steht, dann sieht man Wände in der Farbe pink. Kaum

zu glauben, dass sich hier ein Gothic Shop befindet. Trotzdem ist dies einer der besten Läden der ganzen Stadt. Man kann hier maßgeschneiderte Kleider kaufen und auch originelle T-Shirts. Sobald die Sonne untergeht, wird es Zeit die UBahn zur Plaça de Sants zu nehmen, um zur La Tapadera zu kommen. Es handelt sich hier nicht um eine Gothic Bar oder ein Restaurant, aber die meisten Menschen, die man hier treffen wird, sind die Leute, die man später in den Gothic Clubs wiedersehen wird. Dekoriert ist die La Tapadera in einer ungewöhnlichen und doch originellen Weise. Die Deko ist den 80er Jahren gewidmet und man sollte sich wirklich sehr aufmerksam umsehen, denn man findet viele Schätzchen, Malereien an den Wänden und viele weitere Details aus dieser Zeit. Auch sollte man die Speisekarte sorgfältig durchlesen, hier kann man nämlich nationale und internationale Namen lesen, nach denen die Sandwiches, die Pizzen, die Burger und die Salate benannt sind. An den Wochenenden stellt das La Tapadera einen Platz zur Verfügung, auf dem man tanzen und Musik auflegen kann. Hier spielen die Freunde und die Kunden des La Tapadera dann so oft es geht ihre Musik. Nach dem Essen kann man dort auch einen Drink zu einem angemessenen Preis zu sich nehmen und dann zieht man weiter zum Undead Dark Club. Man läuft nur etwa fünf Minuten dorthin. Je nachdem, welcher Tag ist, wechselt das Musikprogramm und man kann zu Gothic-Rock, Deathrock, Batcave, Postpunk, 80er, Wave, EBM, Electro-Dark, Synth-Pop, Industrial, Metal, Medieval oder Dark Folk tanzen. Bis etwa 6 Uhr in der Früh wird dann mit Extinction Front gefeiert. Danach heißt es schlafen


und so gegen 13 Uhr gibt es dann das Mittagessen. Hierfür eignet sich das Crama Dracula, ein rumänisches Restaurant. Hier wird man von Igor an der Tür begrüßt. Während der Bestellung sollte man vorsichtig sein und wirklich nur das bestellen, was auf der Speisekarte steht. Bei Extrawünschen kann das Essen sonst sehr teuer werden. Auf jeden Fall ist es ein echt gutes Restaurant, denn man kann hier zu einem akzeptablen Preis lecker essen.

Später geht es dann zum Zero Shop, welcher sich im El Raval befindet. Dies ist ein kleiner Shop auf der Riera Baixa Straße. Man findet hier Fetisch-, Gothic- und Industrial-Bekleidung. Auch gibt es eine große Auswahl an T-Shirts internationaler Musikgruppen. Für diejenigen, die Military Fashion (und die Show) bevorzugen, ist G.I. Joe in der Hospital Straße Pflicht. Dies ist der bekannteste Military Shop der Stadt. Hier kann man seine Liebling-Army-Outfits, Camouflage Bekleidung, Caps, alte Masken, Stiefel, Sonnenbrillen und vieles mehr finden. Danach geht e s m i t E x t i n c t i o n Fr o n t z u m l’Hospitalet. Hier gibt es ein typisch mediterranes Restaurant, welches Tragaldabas heißt. Diese Wegzehrung ist notwendig, denn man braucht genug Energie für den Tanz in der nächsten Location, dem Demonix Club. Hier gibt es eine breite Auswahl an Musik, wie zum Beispiel Technopop, Futurepop, Electroclash, Indietrónica, Electrodark, Industrial, Gothic Metal, Rock Industrial, EBM und viele noch viele andere Hard Gothic Styles.

Spanischer Zerstörer Extinction Front kommen aus Barcelona und haben sich der Zerstörung verschrieben. Im Industrial/Hellectro-Genre angesiedelt, sind sie mit harschen Beats und apokalyptischen Texten zum führenden Vertreter dieser Stilrichtung in ihrer Heimat geworden und haben mit „Shut The Fuck Up“ auch schon einen Tanzflächenkracher im Gepäck, der nach großem Erfolg in Spanien auch in Deutschland zünden sollte. Euer Bandname und der Titel „Destruction Show“ lässt kaum Fragen nach eurer Marschrichtung offen. Wie seid ihr zu diesem kompromisslosen Sound gekommen? Und wie viel an eurem Output ist echt bzw. Show? Blackout: „Motherview“, unser erstes Album, war eine sehr experimentelle und eklektische Arbeit. Es ist möglich, dass die Resonanz deswegen nicht

wie erwünscht ausfiel. Beim „Destruction Show“Album haben wir versucht, ein Gleichgewicht zwischen der musikalischen Klasse auf „Motherview“ und der musikalischen Klasse, die eine Tanzfläche zum Beben bringt, herzustellen. „Destruction Show“ kommt genau daher, da das Album einfach einen zerstörerischen Charakter hat und wir es vermieden haben, erneut ein Konzeptalbum zu schreiben oder uns nach einem bestimmten Stil zu richten. Die Show finden wir sehr wichtig für eine Band und nehmen sie sehr ernst. Wie schreibt und produziert ihr Musik? Der kreative Prozess läuft bei uns über die „Tryand-Error-Methode“. Ich erstelle tausende von Spuren, Basslinien und Drum-Beats, bis ich das für mich perfekte Stück zusammengestellt habe.

Danach wird es leider Zeit, wieder nach Hause zu fliegen. Wir hoffen, dieser Besuch hat Lust auf mehr gemacht und man trifft sich vielleicht in der schönen spanischen Metropole Barcelona. teXt: eXtInCtIOn FrOnt ÜBerSetZUnG: eranIe FUnDerBUrK

www.myspace.com/extintionfront Adressen: Trallers Restaurant - Tallers, 39-41 Revolver Records - Tallers, 11 Camden Shoes - Tallers, 30 Candem Tienda Gótica (Gothic Store) - Tallers, 27 Bibian Blue - Torres i Amat, 13 La Tapadera Bar - Finlandia, 18 Undead Dark Club - Violant d‘Hongria, 128 Crama Dracula Rumanian Restaurant - Provença, 18 Zero Shop - Riera Baixa, 12 G.I. Joe Surplus - Carrer de l‘Hospital, 82 Tragaldabas - Barcelona, 19 Demonix Club - Avda. Fabregada, 91 Ich verbringe mit j e d e m Th e m a v i e l Zeit und ich bin der Meinung, dass man das auf „Destruction Show“ auch bemerkt. Kollaboriert ihr mit anderen spanischen Bands? Wie steht es um die Industrial-Szene in Barcelona? Wir haben mit Bands wie Terrolokaust, Larva oder auch Utero zusammengearbeitet. Die Szene in Barcelona hält sich aufrecht, sie ist jedoch immer etwas schwach gewesen. Die etablierten Bands füllen die Hallen, aber das Publikum schenkt den Newcomer-Bands nicht die nötige Aufmerksamkeit. COrDULa aBStOn / POLOnI meLnIKOV

www.myspace.com/extintionfront VÖ: „Destruction Show“ 3. September 2010

23


Die Zeichen der Zeit Knöpfe, Regler und Synthesizer, das ist die Welt von Ernst Horn. Voller Hingabe versteht es der Soundingenieur von Deine Lakaien auch das kleinste Detail perfekt auszuarbeiten, um so den unnachahmlichen Sound der Dark Wave Institution zum Leben zu erwecken. So richtig Zeit hatte der Münchner fürs „Schrauben“, wie er es nennt, in den letzten Jahren zunächst nicht. Neben der Orchestertour zum 20-jährigen Bandjubiläum und zuletzt zwei kleinen Akustik-Touren stand eine Helium Vola Solo-Scheibe auf dem Programm. Auch sein Kollege Alexander Veljanov am Mikrophon nutzte neben den LiveAktivitäten der Lakaien die Zeit seit „April Skies“ für ein weiteres Solo-Album. Erfrischt und mit neuem Schwung ging das Duo nun allerdings gemeinsam zu Werke, um mit „Indicator“ einmal mehr ihre Ausnahmestellung unter Beweis zu stellen. Kannst du gedanklich mit dem kreativen Prozess von „Indicator“ bereits abschließen und dich auf die reine Veröffentlichung konzentrieren? Ernst Horn: Für mich persönlich wäre es eigentlich am allerschönsten, wenn ein Album fertig ist und abgegeben wird, dass man direkt mit neuen Sachen beginnen könnte. Dieses Ideal findet man leider nicht im Musikgeschäft. Ganz im Gegenteil, nach dem kreativen Prozess geht vieles erst richtig los. Ein Album schwebt einem damit permanent im Kopf herum, mehr als Objekt und nicht mehr als der Inhalt. Es dauert ohnehin eine ganze Zeit, bis man eine Scheibe so weit verdaut hat, dass man sie halbwegs objektiv hören kann. Wirklich objektiv wird man es aber nie hören. Was war die Kernarbeitsphase der neuen CD? 24


E.: Angefangen haben wir im Mai 2009. Dann kamen aber zunächst andere Aufgaben wie die Akustiktour und auch eine Kompositionstätigkeit für mich dazwischen. Ganz intensiv liefen dann die Arbeiten zwischen November 2009 und Juni 2010. Es war damit etwas länger als sonst. Weil es einerseits ziemlich viele Songs sind und andererseits alles doch aufwendiger wird.

Aufbau etwas anders zu gestalten, mal neue Sachen auszuprobieren und beispielsweise die Übergänge anders zu formen. Das Ergebnis kann man selbst natürlich noch sehr schwer beurteilen, dafür steckt man noch viel zu sehr in der Arbeit drin.

Wie verlief der Entstehungsprozess der Songs? E.: Das war eine bunte Mischung. An ein oder zwei Songs haben wir durchaus gemeinsam gearbeitet. Ansonsten war es mehr so, dass ich Stücke fertig hatte und Alexander sich dann dazu Texte überlegt hat. Früher war es hingegen oft so, dass Alexander Texte gebracht hat, die ich dann vertonte. Teils habe ich aber auch Stücke gesc h r i e b e n und habe selbst die Texte dazu entworfen. Wie würdest du „Indicator“ musikalisch beschreiben? E.: Nachdem wir mit der Ihr hattet also kurz wirkOrchesterproduktion lich darüber nachgedacht, so in die Vollen gegankein neues Album mehr gen sind, war es unser zu machen? Wunsch, dies wieder zu E.: Ja, durchaus. Uns hatten reduzieren. Zu Beginn auch so viele Leute darauf waren wir auch etwas angesprochen, dass unser unsicher, was und ob wir etwas zusammenbrin- Orchesterprojekt doch eigentlich ein schöner Abgen. Wir haben uns deshalb anfangs so verstän- schluss für die Karriere wäre. Wir wollten aber digt, dass wir komplett ohne Druck und Zwang dann schon irgendwie was machen und haben loslegen wollten. Mir persönlich hat es einfach deshalb einfach angefangen. Ein wirklich ausSpaß gemacht, an der gezeichneter MotivationsElektronik mal wieder „Wenn wir an einem album schub waren allerdings die rumzuschrauben. Dieses arbeiten, bin ich quasi wie zwei kleinen Akustiktouren. Experimentieren war für ein Beamter. Ich arbeite nach Die Reaktionen, die wir hier mich ein ganz guter Start, erfuhren, haben meinen einem festen Zeitplan und Glauben an Deine Lakaien um in diese Produktion reinzukommen. Wir haben das bringt sehr viel Intensität sehr bekräftigt. Die Atmoin die abläufe.“ uns für das Songwriting sphäre des intensiven Zuviel Zeit gelassen, um die hörens, die wir hier erleben Texte auch entsprechend ausfeilen zu können. Die- konnten, ist man gar nicht mehr gewöhnt. ses Album ist in der Arbeit gewachsen. Für mich Konzertbesucher sind heute oft mehr mit ihren persönlich war ein großer Anreiz, die Songs im Handys beschäftigt als mit irgendetwas ande-

rem. Die Aufmerksamkeitsspanne ist bei vielen heute sehr kurz, da war die Konzentration, die man uns entgegengebracht hat, etwas ganz Besonderes. Das hat uns beiden einen echten Schub gegeben, dass an diesem Projekt doch so einiges dran ist. Und wie ging die Arbeit selbst vor sich? E.: Planungstechnisch hat alles sehr gut geklappt. Wenn wir an einem Album arbeiten, bin ich quasi wie ein Beamter. Ich arbeite nach einem festen Zeitplan und das bringt sehr viel Intensität in die Abläufe. Wie gehst du nach fünf Jahren AlbenPause mit den enormen Erwartungen eures Publikums um? E.: Teilweise bekommen wir die Erwartungen schon mit, aber das hält sich insgesamt in Grenzen. Die Studioroutine ist davon nicht betroffen. In dem Moment, wenn wir an einem Song arbeiten, spielt das alles keine Rolle mehr. Da steckt man so stark in der Materie, dass man an so etwas gar n i c h t m e h r d e n k t . Nach so langer Zeit als Duo wäre es doch vielleicht auch eine Idee gewesen, jemand anderen noch mit ins Boot zu holen. E.: Eine Idee wäre es sicher, einen Produzenten zu nehmen. Das ist aber schwierig, denn wir sind schon ziemlich speziell. Natürlich wäre es aber gerade für mich auch schön, wenn mir jemand Arbeit abnehmen würde. Gerade für das Mixing gibt es vielleicht auch Leute, die das besser können. Ergeben hat es sich für „Indicator“ jedoch nicht. Stinkig und eifersüchtig werde ich dann natürlich schon sein, aber das müssen die anderen dann einfach ignorieren und irgendwann lege ich das auch ab. Mit der Zeit gewöhne ich mich dann schon an eine andere Rolle und wenn ich sage, dass ich damit einverstanden war, dann 25


kann ich auch nicht hinterher meckern. Es ist aber produzieren, wie sie uns gefällt. Wie gut das neue einfach auch unser Markenzeichen, dass wir ei- Konstrukt für uns ist, wird sich mit der Zeit zeigen. genständiger klingen als andere Bands und deshalb auch nicht Sind Deine Lakaien mit diesem so viele Nachahmer haben. „Die vielen erfahrun- Album noch weiter gereift? gen der letzten Jahre E.: Eines kann man schon deutlich Also gar keine verkrampfte führten zu echter Ge- feststellen, wir „schei…“ uns um und angespannte Situation lassenheit. Der ganze vieles nicht mehr. Wir haben mit Orchester und Akustik alles gegeaufgrund der langen Pause, Druck ist weg.“ ben und müssen daher nichts mehr sondern eine motivierte? Alexander Veljanov: Ich glaube, wir waren so locker wie noch nie. Die vielen Erfahrungen der letzten Jahre führten zu echter Gelassenheit. Der ganze Druck ist weg. Wer will denn uns schon noch erzählen, was wir machen sollen? Wir wissen, worauf wir uns einlassen wollen und können. Durch unsere Solo-Arbeiten überraschen wir uns gegenseitig immer wieder, sodass von Album zu Album auch neue Aspekte auftauchen. Selbst der eingefleischteste Lakaien-Kenner dürfte an einigen Stellen überrascht sein, obwohl natürlich auch wieder klassische Basiselemente mit dabei sind. Wofür steht „Indicator“ als Anzeichen? A.: Der Albumtitel ist für uns immer eine Entscheidung, die erst am Ende fällt. Der Titel sollte einen Kontrast zu all den aufwühlenden Themen, die in den Songs vorkommen, darstellen und eher einen nüchternen, technischen Begriff bieten. Ein Indikator ist eine Anzeige. Er soll unseren Zustand nach so vielen Jahren Deine Lakaien beschreiben. Auch geschäftlich hat sich wieder einiges getan, so bringt ihr „Indicator“ nicht mehr bei einem großen Major-Label heraus, sondern habt einen anderen Weg gewählt. E.: Ja, wir haben einen Vertriebsdeal zwischen unserer Heimat Chrom Records und Ministry Of Sound geschlossen. Das hat für uns den Vorteil, dass die normale Labelarbeit, die ich für Helium Vola gerade so bewältigen kann, uns bei Deine Lakaien abgenommen wird. Ich denke, das ist eine gute Lösung. Mit wenigen Ausnahmen hatten wir bei den Majors aber gar keine so schlechte Position. Es wird ja viel bei anderen Bands gejammert, dass man als Künstler in dieser Situation zum Dienstleister verkommt und ständig versucht würde, dass etwas kommerzieller wird und ein optimales Marketingprodukt entsteht. Mit Deine Lakaien hatten wir es aber immer recht gut und es wurde akzeptiert, dass wir unsere Musik so 26

beweisen. Das ist damit eine ganz luxuriöse Position. Speziell bei Alexander finde ich außerdem, dass er besser als je zuvor klingt. Woran genau das liegt, kann ich nicht sagen, aber es ist klasse geworden. Es kann durchaus sein, dass ihn seine Solo-Sachen hier deutlich voran gebracht haben. Peter Heymann

www.deine-lakaien.com www.myspace.com/deinelakaien VÖ: Indicator, 17. September 2010


Hardware und andere Delikatessen Kanada. Unendlicher Naturreichtum für die einen, Wiege des Undergrounds für die anderen. Denn mit Skinny Puppy, Front Line Assembly in den frühen 80ern und The Birthday Massacre und Left Spine Down im Jetzt hat das so andere Nordamerika schon so einiges zu bieten. Delica-M sind ein weiterer Vertreter der elektronischen Zunft, die aber weniger dem industriellen Elektro fröhnen, sich stattdessen dem frühen Synthpop verschrieben haben. Das jedoch in einer wahrhaften Konsequenz, denn die Instrumentenliste der Gruppe liest sich wie Inventarium eines Synthesizermuseums. Seit wann sammelt ihr so begeistert Instrumente und wie kam es zu Delica-M? Herm: Rich und ich kennen uns bereits seit der Woher kommt dieser immense Musikoutput Highschool. Musikalisch haben wir uns seit da- Kanadas? mals in verschiedensten Projekten rumgetrieben. Steve: Ich denke, das trifft auch noch heute zu. Es Als dann Steve dazustieß, war Delica-M gebo- gibt eine Menge interessanter und inspirierender ren. Vor fünf Jahren kam dann auch noch unse- Elektrobands, wie z.B. Deadmau5, Holy Fuck, Crysre Sängerin Emm dazu, die tal Castles, Download und zwar ursprünglich eher als „Glücklicherweise ist es für Richie Hawtin (aka PlastikGast angedacht war, aber kanadische Bands mittlerwei- man). dank ihrer vielen guten Ide- le auch vergleichsweise ein- Herm: Glücklicherweise ist en und großartigen Energie es für kanadische Bands ein festes Mitglied wurde. fach, ein Podium in europa, m i t t l e r w e i l e a u c h v e r Steve: Was die Synthesizer asien und dem rest der Welt gleichsweise einfach, ein betrifft, hält das so mancher Podium in Europa, Asien und zu finden?“ für eine Sammelsucht. Wir dem Rest der Welt zu finden. mischen trotzdem gerne alte Geräte und neue Technologie. Die Synthesizer der letzten Produk- Lasst uns auf euer Album zu sprechen tionen sind Oberheim Matrix, DSI PolyEvolver, kommen. Ihr klingt wie direkt aus den 80ern Moog Voyager, Korg, dazu dann noch ein großes gebeamt. Was sind eure maßgeblichen EinEurorack Modular. flüsse? Herm: Wenn ich Songs schreibe, ist immer die Der Bandname klingt delikat, wofür steht harmonische und melodische Komponente im Vordergrund, weniger Klangexperimente und das „M“? Herm: Natürlich wollten wir einen abstrakten, fu- reine Rhythmus-Loops. Vielleicht ist das der turistischen Bandnamen, das „M“ kam aber eher Hauptgrund, warum man uns schnell in die 80er aus praktischen Gründen hinzu. Einmal wegen Richtung abschiebt. Aber natürlich mag das auch unserer alten Internetadresse, die als Delica-Music an meinen musikalischen Vorlieben wie Depeche quasi das „M“ automatisch intus hatte, aber dann Mode, New Order, NIN und Nitzer Ebb liegen. auch, um uns einfacher im Netz finden zu können. Moderne Bands wie Apoptygma Berzerk, And

One und De/Vision spielen sicher auch eine Rolle. Steve: Für mich waren die 80er auch eine sehr wichtige Dekade. Bands wie Skinny Puppy, Front 242, Depeche Mode, Killing Joke, Joy Division, Clan of Xymox, Nitzer Ebb, Psychic TV, Einstürzende Neubauten, The Residents, Alien Sex Fiend, und Bauhaus haben mich sehr beeinflusst. Unterscheidet sich „Driftbetween“ von der Us-amerikanischen Version und was steht für die Zukunft an? Herm: Nach unseren Signings in den USA und Europa wollen wir doch sehr regelmäßig kürzere Alben und EPs veröffentlichen. Dieser Workflow passt einfach besser zur schnelllebigen Zeit. Unsere europäische Version enthält übrigens noch drei Bonusstücke unserer vorherigen Veröffentlichung, die leider noch nicht in Europa erhältlich war. Peter IStUK

www.myspace.com/delica VÖ: „Driftbetween“ 3. September 2010 27


Endlich zurück

Sechs Jahre können im harten Musikgeschäft eine wahre Ewigkeit sein. Während beständig Superstars geboren werden und ein Chartstürmer nach dem anderen in den Himmel gelobt wird, fallen Projekte, die sich für längere Zeit zurückziehen, gerne komplett durchs Raster. 2004 von Claudia Uhle, der ehemaligen Frontfrau von X-Perience ins Leben gerufen, wurde es nach der Veröffentlichung des Angelzoom Debütalbums für recht schnell wieder ruhig um die traumhaften Dark-Pop-Klänge. Die Ankündigung des zweiten Longplayers „Nothing Is Infinite“ für den September 2010 war deshalb zunächst eine echte Überraschung. Für Claudia und ihren Pro-

duzenten Bernd Wendlandt (u.a. Silbermond, Cinema Bizarre) waren die vergangenen Jahre aber durchaus ereignisreich.

zur Band nach der Tour 2007, um mich voll auf Angelzoom zu konzentrieren. Im April 2008 kam mein Sohn William zur Welt und ich machte mein Elternjahr. Nach einer gefühlVom Debüt zum zweiten ten Ewigkeit begann dann Album sechs Jahre. Was „Das zweite album ist langsam 2009 wieder die aktiist alles in dieser Zeit pas- das schwerste, sagt man ve Arbeit am nächsten Album. siert? immer. Von uns aus gese- Sich wieder reinzukämpfen in die Studioarbeit und mit dem Claudia: Eine ganze Menge. hen stimmt das.“ Texten zu beginnen, hat mir 2005 waren wir mit Apocalypunheimlich Auftrieb gegeben tica auf Tour und wir spielten diverse Festivals. Ebenfalls begannen die Arbei- und ich bin sehr froh, dass wir das geschafft haten am zweiten Album. 2006 veröffentlichte ich ben. Das zweite Album ist das schwerste, sagt dann mit meiner damaligen Band X-Perience man immer. Von uns aus gesehen stimmt das. zum zehnjährigen Jubiläum das Album „Lost In Paradise“ und beendete meine Zugehörigkeit Wie fällt euer Rückblick aufs Debüt aus? Welche Reaktionen habt ihr erhalten? Seid ihr damit zufrieden? Wir sind sehr zufrieden, auch heute noch. Wir haben unheimlich viele gute Reaktionen aus dem In- und Ausland bekommen und haben immer noch hohes Feedback durch die Downloadabrechnungen und merken, dass es den Musikfans auch heute immer noch gefällt. Das hat uns doch schon sehr erstaunt, gefreut und motiviert. Ich habe mir nach sehr langer Pause das Album wieder angehört und sofort kamen viele Erinnerungen an die Produktion und die Begebenheiten rund um die Veröffentlichung zurück. Die tollen Konzerte mit Witt, Page und Apocalyptica, die Videodrehs, die Produktion, das Texten und Singen usw. Eine tolle Zeit, aber dann doch schon eine Weile her. Würdet ihr sagen, dass ihr mit eurem zweiten Album euren Stil verfeinert oder neu definiert? Es ist authentischer und intensiver. Ganz neu definiert nicht, verfeinert auf jeden Fall. Es ist immer noch Musik zu einem Film mit Stimmungen und Farben, wie beim ersten Album. Nur der Film ist jetzt länger und hat weit mehr Facetten. Es ist insgesamt einheitlicher, ernster, druckvoller aber auch zerbrechlicher und kontroverser, so wie auch das Leben. Worum geht es in den neuen Stücken in-

28


haltlich? Wie seid ihr zu diesen Themen gekommen? Es sind beispielsweise Themen, die sich mit Zukunft, Leben und auch Tod beschäftigen. Wie wird mein Sohn leben? Was wird die Erde in 30 Jahren zu bieten haben? Ist jeglicher Fortschritt wirklich gut? Brauchen wir Genmanipulation und Klone wirklich? Ich wollte mich unbedingt mehr komplexeren Themen widmen und auch ungewöhnlichere Dinge angehen. Wie schwer fällt es euch, eure Ideen in Texte zu verpacken bzw. aus einer anfänglichen musikalischen Idee, einen ganzen Song zu entwickeln? Wir probieren unglaublich viel aus. Probieren geht über studieren, sagt Bernd immer. Wir haben über 30 Songs für dieses Album geschrieben, an denen wir mehr oder weniger intensiv gearbeitet haben. Es gibt Songs oder Songskizzen, bei denen ich die inhaltliche Idee hatte, die Formulierung mir aber nicht einfallen wollte. Die haben wir dann z.B. an Nik Page weitergegeben, um

The in Public Project feat. Rick Smitt

Musik kennt keine Grenzen Ins Leben gerufen von Musikern aus den verschiedensten musikalischen Richtungen, bietet The In Public Project feat. Rick Smitt auf ihrem Debütwerk „Prima“ ein stilistisch beeindruckend vielfältiges Musikerlebnis. Zusammengesetzt aus Gothic, Pop, Rap und Klassik liefern die Songs Abwechslung von der ersten bis zur letzten Minute. Die Idee zum Projekt entwickelte sich zunächst schleichend. Keiner der Musiker, die sich schon lange kennen und zusammen auf den unterschiedlichsten Bühnen standen, ging am Anfang davon aus, dass diese Geschichte solch ein Ausmaß annimmt, wie es auf der CD zu hören ist. Steve hatte eines Tages den Wunsch einer eigenwilligen Coverversion des alten NDW-Hits „Codo“, die Rick daraufhin mit allen

auszuprobieren, ob er ausdrücken kann, was ich meine. Manchmal fällt mir spontan etwas ein und ich schreibe innerhalb von ein paar Stunden den ganzen Text und manchmal eben nicht. Gibt es nach der Fertigstellung eines Albums einen Moment der Leere und Unsicherheit im Hinblick auf das nächste Werk? Nach der Fertigstellung geht es doch erst los. Ich stehe sehr gern mit meinen neuen Songs auf der Bühne. Wir planen gerade die kommenden Touren und feilen an der Ausstattung des Live-Auftrittes. Das ist alles sehr aufregend und hält mich unter Strom. Ich bin noch ganz in diesem Werk gefangen. Vor allem bei Interviews, wo man alles noch einmal reflektiert. Also von Leere überhaupt keine Spur. Ich bin sehr aufgeregt, was die nahe Zukunft betrifft. Coverversionen sind ein wichtiger Bestandteil von Angelzoom. Warum wählt ihr so häufig den Weg, euch über die Songs anderer Musiker auszudrücken?

Musikern des Projekts entsprechend arrangiert und produziert hat. Heraus kam eine interessante Version im Rap/Crossover Stil. Die Idee reifte weiter und so entstanden mehr Songs, bei denen sich diese Stilistiken vermischten und bei denen jeder Sänger eine solistische

Der Reiz an Coverversionen wie wir sie angehen, besteht darin, den Song inhaltlich bestehen zu lassen, ihn aber neu zu interpretieren. So als wenn er ein Angelzoom-Song wäre. Es gibt einfach so viele großartige Songs, die das ausdrücken, was ich selber denke, warum sie also nicht neu interpretieren und dem Publikum präsentieren, damit sie diese neu entdecken oder die Originale erst dadurch kennenlernen? Peter Heymann

www.angelzoom.de www.myspace.com/angelzoommusic VÖ: „Nothing Is Infinite“ 24. September 2010

Rolle spielt. Da jeder Musiker aus einem anderen Genre kommt, gibt es so keine klaren Grenzen mehr zwischen femininen Rock-Gesängen, Gothic, Alternative Rock, Pop und Rap. Das Album „Prima“ erinnert zudem durch seine Zwischenteile sehr an ein Musical oder an Filmmusik. Zum einen sollen so dem Zuhörer noch weitere musikalische Facetten aufgezeigt werden, zum anderen wurde das gesamte Album so zum Konzeptalbum und ist bis zum Schluss in einem Stück durchhörbar. Man merkt, dass es in der Musik keine Grenzen gibt, auch wenn von den Medien alles in Schubladen verpackt wird. Das komplette Werk „Prima“ ist nur auf der CD zu hören. Als Download sind nur die Songs ohne Übergänge erhältlich. Kurze Previews kann man auf dem Portal www.smitt. de anhören, downloaden oder die CD bestellen. Ein Debüt-Konzert ist für November geplant, das abgesehen von den Album-Songs ca. zehn weitere neue Titel enthalten wird. BIrGIt rIeDmÜLLer

www.myspace.com/inpublicproject VÖ: „Prima“ 21. Mai 2010 29


News von der Venus Steht die Invasion der Außerirdischen bereits im Herbst 2010 bevor? Wir hoffen nicht, aber sicher ist, dass Anfang Herbst das neue Album von ShirayasDream das Licht der Erde erreichen wird. Anna Aliena und Oliver Höhne veröffentlichen nach „Magic Carpet Nights“ und „Floating In Space“ bereits ihr drittes Album „Venus Calls“. Ursprünglich wurde im Spätsommer 2008 das Instrumentalprojekt ShirayasDream zum Leben erweckt. Oliver Höhne produzierte erste instrumentale Stücke, bis er Anna Aliena über die Internetplattform MySpace kennenlernte. Beide Musiker stellten fest, dass ihre Mischung aus vielseitigen Arrangements und unverwechselbaren Mezzosopran mit Alien-Pop ein ganz eigenes Genre einnehmen kann. Das Berliner Duo hat nun erneut ein buntes Potpourri gestreut und Annas Stimme passt sich wieder einmal den Synthieklängen gekonnt an. Diese Art von Pop, denn nichts anderes ist der Großteil ihrer Stücke, fügt sich allerdings nicht direkt in ein bestimmtes Muster ein, weshalb sich die beiden Künstler auch als „Aliens der Musikszene“ ansehen. Während auf den Alben „Magic Carpet Nights“ und „Floating in Space“ die Texte viele Fantasien und Reisen in irdische und außerirdische Traumwelten aufzeigen, geht es bei „Venus Calls“ deutlich realistischer zu. Dabei spielt Annas Privatleben eine große Rolle. „Beispielsweise die Trennung von meinem langjährigen Freund, unter der ich sehr gelitten habe“, offenbart die Stimmakrobatin. Bei „Venus Calls“ wird auch der Spaß an verschiedenen Sprachen beispielsweise bei „Lights Go Out“ deutlich hervorgehoben. Musik und Text sind immer Ausdruck ihrer miteinander verknüpften, künstlerischen Persönlichkeiten, der Hörer merkt schnell, darin steckt sehr viel Seele der Künstler und eine gewisse Form von Selbstverwirklichung. LUKe J.B. raFKa

www.myspace.com/shirayasdream VÖ: „Venus Calls“ Herbst 2010


für die Lyrik bedienen, sieht Norri keinen Grund, Vergleiche zu ziehen. Orff fehlt schlicht der „mittelalterliche Background“, um diese alten Texte und deren Zeit wieder lebendig werden zu lassen.

Tradition weltweit Am 28. März 2009 spielte sich ein großes Spektakel in der Olympiahalle in München ab. Ein riesiges Orchester war auf der Bühne platziert. Als die „Könige der Spielleute“ erschienen, erschallte tosender Applaus. Zu Beginn des Intro hörte man nur den tragenden Klang von Cellos. Teufel und Co. begaben sich an ihre Instrumente und das Publikum wurde still, gespannt auf das, was nun kommen sollte. Erst setzten Blechblasinstrumente ein und dann die drei Trommler von Corvus Corax… Trommler Norri beschreibt dieses Szenario als sein persönliches Highlight der Show. Auch Laien erkennen beim Zuschauen und -hören, welcher hohe, künstlerische Anspruch hinter diesem gewaltigen und epischen Sound steckt. Und deshalb steht seit 6. August dieses Jahres die DVD/ CD „Cantus Buranus live in München“ in die Läden. Obwohl Corvus Corax nach ihren eigenen Ansichten keine Wiederholungstäter sind, die ein Konzept mehrfach verwenden, haben sie bei der Carmina Burana eine Ausnahme gemacht. „Bei der ersten Cantus Buranus haben wir schon während der Produktion so viele Sachen gelernt und so viel Inspiration bekommen und einfach festgestellt, was kann ein Orchester gut spielen, wo haben wir vielleicht Sachen geschrieben, die ein bisschen zu kompliziert sind. Wie kann man das einfach noch besser zusammenbringen?“ Und da muss natürlich eine zweite Veröffent-

VÖ: „Cantus Buranus – Live in München“ 06. August 2010

Ein Highlight der Tournee war der Auftritt im chinesischen Guangzhou oder Kanton im Rahmen der Deutschland Promenade, ein musikalisch-kultureller Austausch. Die Grundidee ist, dass deutsche Musiker ihre Kultur zeigen. Offen für viele Formen von Traditionen, sah die Band in dem Auftritt nicht nur die Chance, im asiatischen Raum bekannt zu werden, sondern auch etwas von der dortigen Kultur anzunehmen. Es entstand eine Neu-Interpretation des „Chou Chou Sheng“, einem 3000 Jahre alten Kaisermarsch aus China. Das Konzert wurde

lichung her! Die Chance zur Perfektionierung nutzten die Spielleute und Norri verrät auch, dass eventuell ein dritter Teil in Überlegung ist. Doch wie entstand eigentlich die Idee, das Handschriften-Sammelwerk aus dem Mittelalter vertonen zu wollen? „Prinzipiell sind wir als Mittelalterband auf alte Schriften angewiesen“, erklärt Norri. Bei der Camina Burana kommt man bei über 300 Texten aus früheren Zeiten nicht drum herum. Da Corvus Corax in ihrer bisherigen Bandgeschichte schon öfters auf das mittelalterliche Sammelwerk zurückgriffen, beschlossen sie, ein Konzeptalbum daraus zu machen, mit einer dreijährigen Vorbereitungsphase. Doch mit der Carmina Burana von Carl Orff hat es nach Angaben der Spielleute nicht viel gemeinsam. Während Corvus Corax sich direkt an einzelnen Werken aus der Carmina Burana bedienen, hatte Orff seine eigene Visionen. „Wenn wir jetzt was von Carl Orff genommen hätten, um daraus nochmals eine andere Version zu machen, dann wäre das eine Cover-Version von einem modernen Künstler gewesen.“ Ein weiterer Punkt der gegen ein „covern“ von Orff spricht, sind die wenigen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Interpretationen. Bis auf die Tatsache, dass beide Seiten auf ein Orchester zurückgreifen und sich bei der Carmina Burana als Quelle

mit einem chinesischen Chor und Musikern aufgeführt, welche sogar auf ein Instrumentarium aus dieser Zeit zurückgriffen. Das asiatische Publikum reagierte mit Standing Ovations. Welches Land werden die Spiel-Könige als nächstes bereisen? Norri verrät, dass Corvus Corax’ nächstes Projekt voraussichtlich „Berlinski Beat“ heißt und sich mit Tanzmusik aus dem arabischen Raum beschäftigen soll. nOrma HILLemann

www.cantusburanus.net www.myspace.com/cantusburanus 31


HIGHLIGHT DES MONATS

TIPP DES MONATS

TRISTANIA - RUBICON

ATROCITY FEAT. YASMIN - AFTER THE STORM

EIN JUWEL DER NORWEGISCHEN GOTHIC METAL PIONIERE.

EINZIGARTIG - ETHNO MEETS METAL! FÜR FANS VON FOLK, METAL, DEAD CAN DANCE UND LOREENA MCKENNITT!

DIE LIMITIERTE ERSTAUFLAGE ERSCHEINT ALS DIGIPACK INKL. BONUSTRACK!

DIE SPEZIELLE ERSTAUFLAGE ERSCHEINT ALS DIGIPACK!

AB SOFORT IM HANDEL!

AUCH ALS STRENG LIMITIERTE 2CD DELUXE EDITION INKL. DEM REMASTERTEN "CALLING THE RAIN" MIT BONUSTRACK ERHÄLTLICH!

AUF TOUR: WWW.MYSPACE.COM/TRISTANIA

AB 03.09.2010 IM HANDEL!

NEWCOMER DES MONATS

2-TRACK SINGLE

ALS DOWNLOAD AB SOFORT ERHÄLTLICH!

SHADOWGARDEN - ASHEN

LIV KRISTINE - SKINTIGHT

GOTHIC ROCK FEATURING DRACONIANS JOHAN ERICSON UND LISA JOHANSSON.

LIV KRISTINE'S STIMME ERTÖNT UND DIE ZEIT STEHT STILL! EIN RARES KUNSTWERK HANDGEMACHTER POP-ROCKMUSIK.

AB SOFORT IM HANDEL!

AUCH ALS LIMITIERTES DIGIPACK INKL. BONUSTRACK ERHÄLTLICH!

AB SOFORT IM HANDEL! 32

iTUNES

JETZT ONLINE BESTELLEN UND EINEN 17-TRACK SAMPLER MIT DEN TOP NEUHEITEN VON NAPALM RECORDS GRATIS ERHALTEN: WWW.NAPALMRECORDS.COM


Dem Wandel verschrieben „Omnia ist nicht nur unsere Band, sondern unser Leben!“ Viel treffender als mit diesen Worten aus dem Munde von Frontmann Steve Evans-van der Harten lässt sich kaum beschreiben, mit welcher Hingabe die Musiker von Omnia zu Werke gehen. Gestartet als Vertreter des Pagan-Folk, lieferten die Niederländer Album für Album eine Erweiterung ihres Stiles. Als Konsequenz des kontinuierlichen Veränderungsprozesses erscheint dieser Tage „Wolf Love“, dessen Songs nun auch die letzten Genre-Grenzen einzureißen vermag. Ein Album voller Spannung, das zu charakterisieren selbst dem Urheber schwer fällt.

Viele andere Acts bringen insbesondere dann, wenn sie ihren Sound weiterentwickeln wollen, andere Künstler mit ein. Ihr lernt die Instrumente jedoch lieber selbst?

S t e v e : Unsere Musik i s t b i s w eilen etwas sc h w i e r i g für die Leute einzuordnen, da wir nicht einem bestimmten Genre e n t s p r e c hen. Eine der am schwersten zu beantwortenden Fragen für mich ist d e s h a l b, welche A r t von Musik wir machen. Ich weiß nie, was ich darauf sagen soll. Ich mache schlicht Musik, die mir gefällt. Auffällig an „Wolf Love“ ist, dass alles akustisch eingespielt wurde. War dementsprechend eine größere Anzahl an „Die Songs sind es, die Musikern beteiligt? vorgeben, was zum einsatz Ja, weitgehend stimmt das. Meist nehJenni und ich spielen kommt und nicht unser men wir nur dann fremde Musiker mit wirklich eine Menge Instrumente, die ich aus Streben nach möglichst hinzu, wenn wir der Atmosphäre eines dem Stegreif gar nicht diverser Instrumentierung Songs noch einen bestimmten Touch alle benennen kann. geben wollen. Beispiele dafür wären oder ähnliches.“ Die meisten von uns auf eine Violine oder eine Nykelharpa, dem Album eingesetzdie wir beide nicht spielen können. ten Instrumente können wir deshalb selbst spielen. Die Songs sind es, die vorgeben, was zum EinInsbesondere für die Live-Auftritte haben wir den satz kommt und nicht unser Streben nach mögRest der Band, die dann natürlich auch bei den Auf- lichst diverser Instrumentierung oder ähnliches. nahmen bisweilen aushelfen. Wenn das dann noch Ich denke, das ist alles eine Frage der Herannicht reicht, nehmen wir auch schon mal externe gehensweise. Für uns ist es wichtig, ein Stück Musiker mit hinzu, aber das ist eher die Ausnahme. sich ganz wie von selbst entwickeln zu lassen.

„Wolf Love“ ist nochmals vielfältiger ausgefallen als die Vorgänger. Kannst du selbst in deiner Musik Veränderungen feststellen, die mit dem Älterwerden zusammenhängen? Das kann man schon so sagen. Als ich damals anfing Musik zu machen, war ich vor allem auf der Suche nach neuen Sounds und wollte mit meiner Musik auch einen gewissen Erfolg erzielen. Ich schrieb also irgendwie die Musik, von der ich das Gefühl hatte, dass sie „gebraucht“ werden würde. Mich beschäftigten viele Gedanken, was den Leuten gefallen könnte oder welches Genre gefragt sein würde. Mit den Jahren kümmere ich mich um diese Dinge aber nicht mehr. Selbst wenn eine Idee im ersten Moment verrückt klingt, warum sollten wir sie nicht ausprobieren? Und wie steht es mit den Inhalten der Songs? Gab es hier auch einen Wandel? In gewissem Sinne kann man das durchaus bejahen. Ich startete als Jugendlicher, d e r v o n Z u h a u s e und sogar aus seinem Land weglief und nach Holland gezogen ist. Ich war bei vielen D e m o n s t r a t i o n e n o d e r H a u s b e s e t z u n g e n d a b e i und schlief teils auf der Straße. Mit der Zeit wurde ich jedoch deutlich ruhiger. Ich denke, das geht wohl vielen Leuten so. Die Mehrheit will schließlich einfach ihre Ruhe haben und nicht mehr länger auffallen. Ich persönlich denke noch immer, dass es viel gibt, was gesagt werden muss und bin über viele Dinge sehr verärgert. Warum das so ist, kann ich gar nicht genau sagen. Es gibt so vieles an der Gesellschaft, das man bemängeln sollte. Die Leute werden immer häufiger zu reinen Konsumenten abgestempelt. Keiner denkt mehr selbst nach oder ist kreativ. Eine der Botschaften unserer Musik ist, dass die Menschen frei und kreativ sein sollen und jeder sich seine eigenen Gedanken machen sollte. SVen BaUer

www.worldofomnia.com myspace.com/worldofomnia VÖ: „Wolf Love“ 10. September 2010 33


at r o c i t y Werk:Sturm Atrocity sind aus der Metal-Szene Deutschlands gar nicht wegzudenken. Jetzt, im 25. Jahr des Bestehens, gibt es wieder ein neues Album, allerdings eines, das die Band sich selbst wieder neu erfinden lässt. Zusammen mit seiner Schwester Yasmin haben Alex Krull und seine Mannen das Album „After The Storm“ aufgenommen, eine Vermischung aus Ethno und Metal. Erinnert man sich an die letzten Werke, so ist das neue Album vielschichtiger und natürlich anders. Wie seid ihr an das neue Album herangegangen? Tosso: Ausgehend von der Zusammenarbeit mit Yasmin auf den „Blut“- und „Calling The Rain“Platten wollten wir dieses Mal noch einen Schritt weiter gehen. Während bei „Calling The Rain“ der Fokus mehr auf Ethno-Musik lag, sind bei „After The Storm“ Metalmusik und Ethnomusik gleichberechtigt auf Augenhöhe zueinander und verschmelzen zu etwas Neuem. Man könnte es Ethno-Metal oder World-Metal nennen. Das ist die musikalische Vision des Albums. Yasmin verkörpert mit ihrer Stimme zudem diesen Brückenschlag unterschiedlicher Musik aus unterschiedli-

VÖ: „After The Storm“ 27. August 2010 34

chen Kulturen. Sie kann durch ihre Wurzeln sehr europäisch aber auch arabisch-asiatisch klingen und betont und unterstreicht somit perfekt die Songs mit ihren verschiedenen Einflüssen.

„Calling The Rain“ begann. Mit Alex zusammen habe ich die Songs dann arrangiert und er hat sich vor allem um die Percussion und DrumArrangements, das mythologische textliche Konzept, die Gesangslinien und später um den Mix gekümmert. „Transilvania“ geht direkt beim ersten Hören ins Ohr – episch und eingängig – im krassen Gegensatz zu „The Flight Of Abbas Ibn Firnas“ – instrumental und so ganz anders. Was bewog euch, Herrn Firnas einen Song zu widmen, kennen ihn doch wohl die Wenigsten? T.: Ich war schon immer ein großer Fan von spanischer und Flamenco-Gitarre. Zum Relaxen und fast schon Meditieren Zuhause gibt es nichts Besseres, da man nur eine akustische Gitarre und Konzentration dazu braucht. Ich finde, dieses kleine Solostück passt auch prima auf diese Scheibe, die eine Verschmelzung verschiedener Musikstile dokumentiert. Auch der Flamenco ist ja einst aus verschiedenen Einflüssen entstanden. Dazu passt auch die Geschichte von Abbas Firnas, der bereits im 9.Jahrhundert in Cordoba eine funktionsfähige Flugmaschine konstruierte. Cordoba wiederum kann ich jedem nur empfehlen, der seinen Geist frei machen möchte, weil in Cordoba auf einzigartige Weise Juden, Christen und Moslems viele Jahre in der Zeit von Firnas gemeinsam lebten. Friedlich und sich kulturell gegenseitig befruchtend.

Wie schon damals bei „Calling The Rain“ wirkt Yasmin auf dem Album mit. BruderSchwester-Zusammenarbeit? Ist das nicht manchmal etwas schwierig Die Vermischung von Ethno und Metal ist euch ver- „yasmin und ich sind ein oder arbeitet ihr auf gleicher dammt gut gelungen. Wie interessantes Geschwis- Linie? war die Aufgabenverteilung terpaar. Beide haben wir A.: Yasmin und ich sind ein inuntereinander in der Band? teressantes Geschwisterpaar. Alex: Tosso und ich sind ein sehr völlig eigene ansichten Beide haben wir völlig eigene gut funktionierendes Songwri- und Lebensphilosophien, Ansichten und Lebensphilosoter-Team und ergänzen uns und doch haben wir viele phien, und doch haben wir viele Gemeinsamkeiten. Gerade prima, teilen so ziemlich den Gemeinsamkeiten.“ was die künstlerische Arbeit gleichen Musikgeschmack und haben eine eingespielte Arbeitsweise. So hatten für das „After The Storm“ Album angeht, war wir auch eine gemeinsame Vision von der mu- uns allen klar, wie die Musik klingen muss. Es sikalischen Ausrichtung von „After The Storm“. ist eine schöne Sache, wie wir bei der musikalischen Zusammenarbeit immer wieder unsere T.: Ich habe einfach begonnen, Songs zu schrei- Gemeinsamkeiten herausfinden, obwohl meine ben. Einer der ersten Songs war „Transilvania“. Schwester eine sehr spirituelle Weise hat, mit Dieses Stück erinnert mich sehr stark an meine dem Leben umzugehen, und wir uns darin etAnfangszeit bei Atrocity, die witzigerweise mit was unterscheiden. Musikalisch haben wir uns


top aufeinander eingestimmt. Von der Herangehensweise war das also eine vertraute Sache, obwohl meine Schwester natürlich etwas nervös war, nach so langer Zeit wieder mit uns etwas im

Studio aufzunehmen. Besonders schön war es, am Ort unserer gemeinsamen Kindheit das Album aufzunehmen. Dort steht mittlerweile das Mastersound Studio.

Euch gibt es ja nun auch 25 Jahre. Eine lange Zeit mit großem Output eurerseits, doch mal Hand aufs Herz – gab es nicht auch schwierige Zeiten im Hause Atrocity? A.: Na klar! Wir haben schon manche schwierige Zeit mit der Band überstehen müssen. Als unangepasste Genre-Band, die gegen den Strom schwimmt und ständig neue Ideen bringt, macht man es sich halt nicht einfach. Und unsere weltweiten Tourabenteuer inklusive Bombenanschlägen und waghalsigen Reisen On The Road sind jedenfalls filmreif. T.: Nicht zu vergessen, Besetzungswechsel, Wechsel von Plattenfirmen und ähnlich unangenehme Dinge kosten viel Zeit und Energie und manchmal auch Geld. Ich persönlich hatte mich 2001 schon einmal aus der Band für ein Jahr zurückgezogen, gerade dadurch aber gemerkt, wie viel Spaß und Persönliches doch letzten Endes von mir in dieser ganzen Sache drinsteckt. Hauptantriebsgrund ist für mich nach wie vor das Schreiben von Musik und Livespielen. Solange das Spaß macht, geht es auch weiter. DanIeL FrIeDrICH

www.atrocity.de www.myspace.com/atrocitypage

35


Brauchen keine falschen Götter! Mit „No Gods“ melden sich die Industrial Ruhr-Rock Cowboys nach zwei Jahren Kreativpause und mit einigen personellen Veränderungen, imposant zurück. Dabei bestücken die Brüder Deveraux den Lauf ihrer Flinte mit hochexplosiver musikalischer Munition. Harte Gitarrenwände, eingängige Melodien und die emotional geladene Stimme von Sänger Dorian warten darauf abgefeuert zu werden. Chai Deveraux verriet uns ein paar Details zum Release. Sorgten auf eurem Erstling „Holy Beauty“ noch überwiegend Electro/ Synth Pop artige Klänge für Furore, so gewannen auf dem Nachfolgewerk von 2008 „Beloved Enemy“ rockbandtypische Aspekte die Oberhand. Mit eurem nun erscheinenden dritten Studioalbum „No Gods“ wird dieser Kurs fortgesetzt und mehr Gewichtung auf ein ausgereiftes Gitarrenriffing gelegt. Wolltet ihr auf diesem Album von vornherein eine durchweg härtere stehung vorgegangen, wie Gangart fahren? Chai: Das ist einfach eine Entwicklung gewesen, viele Ideen hat jeder Einzeldie sich aus unzähligen Ereignissen ergeben hat. ne von euch mit einfließen Ich denke, jede Band macht so was durch. Wenn lassen? man nicht grad AC/DC ist, bei denen Soundent- Es lief dieses Mal etwas anders wicklungen tödlich wären, als sonst. Ich habe sollte man sich auch dar- „Wenn man nicht grad nach viel hin und auf einlassen. Anderenfalls her beschlossen, die aC/DC ist, bei denen läuft man Gefahr, sich zu Soundentwicklungen Produktion selbst zu machen. Normaverstellen und nur noch lerweise mache ich so was ungern mit tödlich wären, sollte Zielgruppen orientiert zu meiner eigenen Band, weil ich am Ende man sich auch darauf mehr Techniker als Musiker bin. Aber arbeiten, was auf jeden einlassen.“ Fall in die Hose geht. Ich durch dieses intensive Arbeiten mit kann ehrlich sagen, dass allen Bandmitgliedern kam schließlich ich 100% hinter dieser Entwicklung stehe, OK ich dieses Rockbrett zustande. Am Ende wurde die bin ja auch nicht ganz unbeteiligt an der Sound- Scheibe von Tim Schuldt gemixt und fertig ist das änderung. Album Nummer Drei. Da Dino das erste Mal mit uns zu diesem Album im Studio war, hat auch er Wie seid ihr dieses Mal bei der kreativen Ent- den Sound ziemlich nach vorne geholt. 36

Das düster gestaltete Comic-Cover-Artwork der neuen Scheibe verbirgt sicherlich ebenso eine Botschaft, wie die Geschichten die auf „No Gods“ erstaunlich autobiografisch erzählt werden. Ob nun Angst vor dem älter werden, in dem Song „Transitoriness“ oder dem Entsagen falscher Helden in „Riot“, ihr lasst nicht nur musikalisch, sondern auch lyrisch eine große Portion Seelenfrust ab. Wie viel von eurer Persönlichkeit steckt in jedem einzelnen Song und welche selbst durchlebten Geschichten verraten sie? Es ist genau so wie du sagst, eigentlich ist es auch sehr unverblümt geschrieben und gesungen. Diese Scheibe ist bisher unsere direkteste in jeder Hinsicht. Da Dorian die Texte schreibt, kann ich, was die Musik angeht nur sagen, in meiner Musik steckt eine Menge Persönlichkeit und manchmal bedarf es halt keiner Worte, um Emotionen auszudrücken. Das ergänzt sich alles sehr gut, wie ich finde. Demnächst ist auch eine Deutschlandtournee geplant. Neben dem Präsentieren der neuen Songs, worauf dürfen sich die eingefleischten JOE-Fans freuen? Wir wollen so viel wie möglich unser Album live präsentieren. Das heißt nicht, dass wir nur neue Songs performen, obwohl ich gestehen muss, dass ich doch sehr scharf darauf bin, endlich mal wieder neue Sachen spielen zu dürfen. Ich meine, ein 100044. Mal „Assassinate Me“ macht zwar immer noch Laune, aber dennoch... es weht ein frischer Wind durch unsere Songlandschaften. Wie es weiter geht... Macht Euch auf einiges gefasst. yVOnne StaSIUS

www.jesusonextasy.com www.myspace.com/jesusonextasy VÖ: „No Gods“ 27. August 2010


Marzia Rangels Cellistin Faith and the Muse

Erleuchtende Momente „:ankoku butoh:“, das lang erwartete Lebenszeichen der US-amerikanischen Urgesteine Faith and the Muse schlug ein wie eine Bombe. Wochenlange Spitzenposition in den DAC und eine gefeierte Europatournee inklusive M’era Luna und Wave Gotik Treffen katapultierten Monica Richards und William Faith wieder an die Spitze des handgemachten Gothic-Rocks zurück. Neben der vorzüglichen musikalischen Neuinterpretation alter Stücke aus zwei Dekaden konnte das Line-up auch mit seiner außerordentlichen visuellen Inszenierung überzeugen. Jeder der beteiligten Musiker ist mit diversen eigenen Bands eine Größe für sich, die jetzt erschienene DVD „:shoumei:“ damit ein absolutes Muss für all die Besucher der großen Tournee, aber sicher auch für all jene, die sich über das langjährige Schaffen der Gruppe einen umfassenden Überblick verschaffen wollen. Aufgenommen wurde die DVD im legendären Numbers in Houston, Texas während der aktuellen US-Tour. Das Numbers ist seit Ende der 70er einer der bekanntesten Liveclubs, der bereits durch die Performances von Lene Lovich, The Damned, Iggy Pop, REM, The Cure, Janes Addiction und vielen anderen geadelt wurde. Marc Moorash, der bereits für den Videoclip „Battle Hymn“ Pate stand, konnte seine Fähigkeiten als vielbeachteter Videoregisseur und visueller Künstler bei der Aufnahme und dem Schnitt der DVD einbringen. Gemischt wurden die Liveaufnahmen wieder durch den langjährigen Techniker und Freund der Band Chad Blinman, der auch als Dozent für Musikproduktion am berühmten MIT Boston arbeitet. Gert DreXL

Die Multiinstrumentalistin von Faith and the Muse hat sich auch als Bassistin von Christ vs. Warhol und The Deadfly Ensemble verdient gemacht. Beeindruckend sind besonders ihre Einlagen als Cellistin auf der Bühne mit Faith and the Muse, denn neben der ausgezeichneten musikalischen Performance hat sowohl Marzia, als auch ihr Cello visuell einiges zu bieten. Marzias Wahl fiel im Rahmen der Tournee auf das neue Gothic Cello von Thomann.de. Sie fasst ihre Erfahrungen mit dem neuen Instrument so zusammen: Das solide laminierte Cello hat ein Rosenholzgriffbrett und ein wunderschönes schwarz glänzendes Finish. Während der Tournee konnte ich es sowohl mit Tonabnehmern als auch akustisch intensiv ausprobieren. Live habe ich das Cello mit einem Barcus Berry Pickup über einen Apo-

gee Ensemble abgenommen und mit meinen Apple Laptop Effektsettings verfeinert. Meine erste und überwältigende Reaktion auf das Gothic Cello war das Preis-Leistungs-Verhältnis. Natürlich entspricht der akustische Klang allen laminierten Instrumententen, ist aber warm, ohne wahrnehmbare Wolfstöne aber auch eher verinnerlichten Klangcharakters. Elektrisch hat es sich nicht wirklich zu meinem deutlich teueren alten Cello unterschieden, mit einem klaren Vorteil: Durch die laminierte Oberfläche ist das Cello für Feedbacks weit weniger anfällig und produziert einen kräftigen, über Tonabnehmer gut abzunehmenden Ton. Der Steg, die Seitenlage und das Tuning waren einfach zu bewältigen. Um den laminierten Charakter des Instrumentes sowie seine gedämpfte Obertonstruktur etwas zu relativieren, würde ich Nylonsaiten empfehlen. Zusammenfassend ist es ein tolles Instrument für Anfänger sowie für Fortgeschrittene, die eine Alternative für den verschleißenden Roadbetrieb suchen. Und der Preis ist absolut einmalig, weshalb ich dieses Instrument uneingeschränkt empfehlen kann. marZIa ranGeLS

37


Hinaus ins Rampenlicht Seit gut zehn Jahren gehört Steve Hewitt zum internationalen Musikzirkus. Auf Millionen von Tonträgern findet sich sein Können als Schlagzeuger und Songwriter und doch, mit Love Amongst Ruin beginnt für das ehemalige Mitglied von Placebo eine ganz neue Zeitrechnung. Als Frontmann seiner neuen Band steht er nun erstmals man Mikrophon und alles blickt auf ihn. Musikalisch hat sich der 39-jährige Brite dabei so einiges vorgenommen. Im Crossover zwischen Linkin Park, den Foo Fighters, Depeche Mode und Hewitts früheren Bands, den Boo Radleys und Breed, führt der Weg aktuell zurück in Richtung erdigem Rock. Nach der Single „So Sad (Fade)“ erscheint im September das selbstbetitelte Debütalbum, anschließend geht es auf ausgedehnte Tourneereise durch Deutschland, worauf sich Steve schon sichtlich freut.

te ich jedoch, dass wirklich jeder seinen Teil dazu beiträgt. Es sind so viele Talente dabei und ich möchte, dass jeder seinen Input bringt. Wie würdest du den Aufnahmeprozess charakterisieren? Hat alles immer perfekt geklappt? Als ich erst beschlossen hatte, dass ich weiterhin Musik machen wollte, lief der Aufnahmeprozess eigentlich ganz von selbst. Ich liebe es, Songs aufzunehmen und könnte mich Jahre lang im Studio aufhalten, um neue Musik zu erschaffen. Dass ich dieses Mal auch die endgültigen Entscheidungen treffen konnte, war außerdem sehr befreiend. Ich liebe es, partnerschaftlich mit anderen zusammenzuarbeiten, aber es ist auch gut, am Ende einer Diskussion sagen zu können, wie wir etwas machen. Man macht sich keine Vorstellungen darüber, wie viel Zeit eine Band damit verschwenden kann, die Feinheiten des Gitarrensounds während des Refrains zu diskutieren, wenn man dies nur zulässt.

Als ihr begonnen habt, in der neuen Bandkon- Gibt es inhaltlich einen roten Faden, der sich stellation zu arbeiten, hat da von Beginn an durch das Album zieht? alles gepasst oder gab es erst Abstimmungs- Ja, es gibt durchaus einen gewissen Zusamprobleme, die geklärt werden mussten? menhang zwischen den Stücken. Zerbrochene Es hat alles gut zusammengepasst und ganz Beziehungen, Unehrlichkeit, Feigheit, Gier und ohne Anfangsschwierigkeiten und persönliche Hass. All diese negativen menschlichen EigenDifferenzen ging es los. Ich denke, jeder von arten machen wohl 90% des Inhalts des Albums uns hat großen Respekt vor dem Können der aus. Der Rest handelt von der wahren Liebe. anderen Bandmitglieder und „Wenn einer von uns wir alle wissen, dass jeder eiWie viel von dieser Platte nen wichtigen Teil am gesam- fehlen würde, wären der hat mit deiner Vergangenten Love Amongst Ruin Pro- gesamte Sound und die heit bei Placebo zu tun? Ist jekt hat. Wenn einer von uns Placebo ein Einfluss, eine Dynamik der Band eine Bürde, etwas was du verfehlen würde, wären der geganz andere.“ samte Sound und die Dynamik gessen möchtest oder ein der Band eine ganz andere. großartiger Startpunkt? Ich bin sehr stolz darauf, was ich mit PlaceBitte beschreibe etwas die Art und Weise, bo erreicht habe. Ich denke, mein Einfluss auf Placebo war größer als der von Placebo auf wie ihr als Band zusammenarbeitet. Das ist ein sich ständig verändernder Prozess. mich. Ich werde diese Zeit sicher nie vergesVon der Band, wie sie sich heute zusammen- sen und will es auch gar nicht. Die neue Platsetzt, waren nur Donald Ross Skinner und ich te ist mehr von den Umständen beeinflusst, an der Entstehung des ersten Albums beteiligt. die mit meiner Trennung von Placebo zu tun Was den nächsten Longplayer angeht, möch- haben, als von meiner Zeit in der Band. 38

Hast du ein bisschen Angst, dass potentielle Hörer von Love Amongst Ruin diese neue Band nur als Seitenprodukt von Placebo ansehen könnten, anstatt darin eine lebendige Band zu sehen? Ich glaube, wenn die Leute uns nur eine Chance geben und das Album kaufen oder zu einer unserer Shows kommen, werden sie sofort erkennen, das Love Amongst Ruin eine komplett neue Sache ist, die auf ihren eigenen Füßen steht. Wir sind etwas anderes und haben unser ganz eigenes Leben. Welcher Aspekt des Musikmachens kann dich immer noch richtig begeistern? Im Augenblick ist das ganz sicher das Songschreiben und Aufnehmen, denn das ist es,


Aktion angezettelt, die Rage Against the Machine erfolgreich an die Chart-Spitze brachte.) Wie sieht also der perfekte Song für dich aus? Das ist dann so gut wie jedes Stück, das Radiohead oder The Cure je geschrieben haben. Nimm irgendetwas, was diese beiden Band gemacht haben und die Chance, dass es perfekt ist, ist ziemlich groß.

was ich am meisten tue. Schon bald wird mein diesen Zuckerguss-Acts, die all ihre Songs für Fokus jedoch auf unseren Live-Auftritten und sie geschrieben bekommen. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass der Tour liegen. Wenn ich auf Rage Against the Machine der Bühne stehe, geht es um „Man macht sich keine die Interaktion mit dem Pub- Vorstellungen darüber, wie mit „Killing in the Name“ likum, das ist dann ganz siviel Zeit eine Band damit im letzten Jahr zur Nummer Eins wurde und wenn es cher wieder das Element, das verschwenden kann, die eine neue Kampagne gibt, mich am meisten begeistert. Feinheiten des Gitarren- um Simon Cowell in diesem Was hat dich zuletzt am Musounds während des Ref- Jahr wieder zu schlagen, sikgeschäft am stärksten rains zu diskutieren, wenn werde ich ganz sicher auch wieder mit dabei sein, sogenervt? man dies nur zulässt.“ fern wir damit Musiker mit Alles, und ich meine wirklich Originalität und Können alles, was mit X-Factor zu tun hat. Wir sollten Originalität, Kreativität und unterstützen. (Anm. d. Red.: Um zu verhinHingabe zu schätzen wissen, doch stattdes- dern, dass die X-Faktor Castinggewinner einen sen wird die Öffentlichkeit zwangsernährt mit Nummer-Eins-Hit landen, wurde im Web eine

Was war die größte Herausforderung, der du dich als Musiker bislang stellen musstest? Hast du es geschafft oder bist du daran gescheitert? Das ist ganz sicher die Tatsache, dass ich hinter dem Schlagzeug hervorgetreten bin und zum Mikrofon gewechselt habe. Ich denke, inzwischen ist es mir ganz gut gelungen, die anfängliche Nervosität zu überwinden und jetzt will ich auf Tour einfach nur noch mit jedem Auftritt besser werden. Was steht als nächstes an? Wie sehen deine Pläne für den Rest des Jahres aus? Von September bis November touren in Europa, um unser Album unters Volk zu bringen. Danach wollen wir möglichst schnell ins Studio und mit den Aufnahmen für neue Songs beginnen, an denen wir tatsächlich schon arbeiten. Peter Heymann

www.loveamongstruin.com www.myspace.com/loveamongstruin VÖ: „Love Amongst Ruin“ 10. September 2010 39


Führe mich nicht in Versuchung

Foto: A. Sonnenkalb

Vom Schuldspruch direkt in den Heiligenstand. Wenn es doch im Leben auch immer so einfach wäre, wie es die Titel der letzten beiden Alben von Letzte Instanz nahelegen. Nachdem 2009 die glorreichen Sieben mit „Schuldig“ nicht nur einen weiteren Charterfolg landen konnten, sondern auch den ers-

40

ten Teil einer Trilogie vorgelegt haben, folgt nun 2010 mit „Heilig“ der zweite Streich. Zarte Geigen, kraftvolle Gitarren und schwere Beats prägen auch dieses Mal die Songs, die inhaltlich das Gegenstück zum Vorgängeralbum bilden. Im kurzweiligen Interview stand uns Sänger Holly Rede und Antwort.

Warum Trilogie? Wie hängen „Schuldig“ und „Heilig“ zusammen? Als wir uns daran machten, das Album „Schuldig“ zu mischen, stellten wir ziemlich schnell fest, das wir wohl angekommen waren. Ich glaube, zum ersten Mal in der Geschichte der Letzten Instanz waren sich Produzent und alle Musiker


der Band einig, dass da etwas ganz Großes, et- an ihnen herum, bis das nächste Album im Prinzip was in sich total Stimmiges geschaffen wurde. geboren wurde. Ab da gehen wir in die Studios Schon in der Vorbereitung gab es viele Lieder, die und nehmen jeden Ton auf, mischen sie zusamzwar gut waren, jedoch vom Kontext her nicht auf men und fertig ist das neue Album. Mehr kann das Album passten. Mir wurde im Nachhinein er- ich dazu erst einmal nicht sagen, außer vielleicht zählt, die Idee zur Trilogie griff schon bei einem noch, dass meine Zeit im Studio sehr emotional und aufgewühlt war, da ich, Konzert in Holland um sich, davon weiß ich nichts mehr. „Ich glaube, zum ersten mal um ins Studio zu kommen, Bei mir kam die Idee bewusst in der Geschichte der Letzten nicht – wie sonst – geflokurz nach Fertigstellung des Instanz waren sich Produzent gen bin, sondern mit dem Albums „Schuldig“ an und und alle musiker der Band ei- Bus über Balkan und Alpen ab da reifte sie in uns. Wir nig, das da etwas ganz Großes, reiste, um dann schlussendlich superübermüdet und h a b e n d ementsprechend den zweiten Teil auch unter etwas in sich total Stimmiges total fertig mit den Nerven geschaffen wurde.“ ins Münsteraner Studio zu ein Motto, nämlich „Heilig“ fallen und die Lieder einzugestellt, ein paar schon vorhandene Werke mit bedacht und die noch fehlen- singen. Danach habe ich, glaub ich erstmal vier den nach der Prämisse und dem dazu gehörenden Tage durchgeschlafen. Kontext komponiert und getextet, mit dem klaren Ziel, ein ebenso spannendes Werk wie dessen Vorgänger zu schaffen, und noch darüber hinaus zu gehen. Nun saßen wir neulich wieder zusammen und hörten uns den Endmix an und waren verblüfft. Wir haben geschafft, was wir wollten und die Messlatte für den Abschluss der Trilogie ziemlich hoch gelegt. Wie fällt der Rückblick auf die Zeit der Produktion aus? Momentan ist alles still. Es gibt wenig Erinnerung. So ein Prozess hat – zumindest für mich – immer etwas Leerendes, Reinigendes. Das Gefäß gießt alles Schaffbare aus und zurück bleibt nur die Hülle, die jetzt wieder gefüllt werden möchte. Die Erinnerung kehrt erst langsam wieder. Im Prinzip läuft eine Album-Produktion der Letzten Instanz mit wenigen Ausnahmen nach demsel- „Heilig“ hat auf den ersten Blick nur verhältben gut erprobten Schema ab: Oli und M.Stolz nismäßig wenig mit Kirche/ etablierter Relikomponieren Instrumentalstücke, schicken mir gion zu tun. Ist diese Beobachtung richtig? diese und Benni Cellini und ich schreiben dazu Ist dies eine bewusst gewählte Distanz, dass aus vorhandenen, übers Jahr gesammelten Frag- ihr anderen Aspekten eine große Rolle einmenten Texte, die ich dann zu Hause bei mir grob geräumt habt? einsinge. Alles wandert dann Ich würde das Thema „Rein eine Schublade, die erst „Wir nehmen uns selbst nicht ligion“ nur am Rande angeöffnet wird, wenn wir mei- zu ernst und verlangen auch schneiden wollen, denn nen, dass wir nun genügend „Heilig“ ist kein religiöses von anderen, sich nicht zu gute Lieder für ein neues Album, es hat viel mehr mit ernst zu nehmen.“ Album am Start haben. ErGlauben zu tun. Glauben an fahrungsgemäß geht das imsich, Glauben an das Gute. mer relativ fix. Dann treffen wir uns in Hannover, Glauben an Andere. Aber auch – denn das gehört schließen uns für ein paar Tage ein und probieren, auch zur Letzten Instanz – der ironische Ansatz. wie die Stücke live klingen, schleifen und feilen Wir nehmen uns selbst nicht zu ernst und ver-

langen auch von anderen, sich nicht zu ernst zu nehmen. Pieken den kleinen Finger in die Wunden, die manch Selbstverherrlichung überdecken versucht. Wollen eigentlich wie immer und auf jedem Album zum Nachdenken und vor allem zum „Selberdenken“ anregen. Vielleicht ist es mir entgangen, aber die Ehrfurcht vor der Natur als etwas „Heiliges“ bleibt ausgespart. Habt ihr euch bewusst auf den Menschen konzentriert? Wir, Benni und ich, konzentrieren uns natürlich auf den Menschen. Die Natur braucht keine Lieder, sie macht selber welche. Wir wollen im besten Falle darauf aufmerksam machen. Eine gute Idee, übrigens. Wir werden sie im Abschluss der Trilogie sicher bedenken, denn zu diesem Kontext passt sie noch viel besser. Was sind für euch Gründe, dass etwas als heilig angesehen werden sollte? Da kann ich jetzt natürlich nur für mich sprechen, obwohl ich denke, dass Oli seine Gitarren und Benni Cellini sein Cello schon als heilig erachten. Ich entdecke manchmal in Menschen engelhafte Heiligkeit. Sie brauchen keinen Kranz um den Kopf und kein Kreuz um den Hals. Heiligkeit erwächst für mich unter anderem aus Taten, die uneigennützig sind; aus bestimmten Momenten, in denen das Leben förmlich knistert. Momente, in denen alles intensiv erlebt wird. Das kann Sex sein oder einfach nur aus dem Fenster schauen. Um es vielleicht auf einen kurzen Punkt zu bringen, ist für mich alles heilig, was mich zu einem kleinen Kind werden lässt, welches sich staunend und geborgen die Welt anschaut und Momente erlebt, die manch anderer ungesehen an sich vorbeiziehen lässt. Wie veränderte sich eure Arbeitsweise durch den Einstieg von David Pätsch am Schlagzeug? Wie erfolgte der Weggang von Specki zu In Extremo? David bringt natürlich neuen Schwung in die Bude. Alles ist wieder anders interessant. In dem Moment, wo wir mit ihm die Zukunft planen, verarbeiten wir gleichzeitig unsere Vergangenheit. Die Zeit mit Specki war schön und ebenso lehr- und arbeitsreich, wie die Zeit, die mit David kommen wird. Beide sind sehr kommunikative Menschen, mit denen eine Zusammenarbeit leicht und gut ist. Wir wünschen 41


Specki bei In Ex viel Erfolg, möge er sich bei unseren Kollegen genauso wohl fühlen, wie bei uns. David nimmt in der Band, wie jeder von uns, auch andere, logistische Aufgaben wahr. Auch Specki hat das getan. Die kleine Aufgabe war, nun die Aufgabenfelder in der Band wieder so zu verteilen, dass jeder seine gut erfüllen und meistern kann. Ich rede jetzt natürlich nicht von den Instrumenten, die werden von jedem nach wie vor bedient. Ich rede von dem organisatorischen Rattenschwanz, den es zu bewältigen gilt. Gute Musik zu machen ist da fast die kleinste Aufgabe. Gab es nach der Fertigstellung dieses Albums einen Moment der Leere und Unsicherheit, wie es denn nun mit Teil 3 der Trilogie weitergehen soll? Angst, euch könnte nichts Passendes einfallen? Nein, die Angst gibt es nicht. Wir haben lange und ausführlich über Sinn und Unsinn einer Trilogie geredet und das Grundmuster für das Abschlusswerk

42

schon gezeichnet. Erfahrungsgemäß geht dann Graf noch ein ebenbürtiger Kollege, der mit uns das Schreiben der Stücke relativ schnell, allerdings dieselben Bühnen rockte. Zu diesem Zeitpunkt hat wollen wir uns diesmal tatsächlich etwas mehr niemand ahnen können, dass so etwas einmal zu Zeit lassen als sonst. Aber die Leeeinem Aufhänger für Spekulatio„Die natur braucht nen werden könnte. Denn erstens re nach einer Produktion gibt es wirklich. Ich habe es ja schon vor- keine Lieder, sie macht sehe ich uns überhaupt nicht im hin angedeutet. Momentan ist in Fahrwasser des Grafen, noch selber welche.“ mir alles leer. Aber es wird die Zeit sehe ich uns als Gegenstück. Wir kommen, da sich mein Geist wieder füllen und in sind einfach nur Kollegen. Mit dem Unterschied, Hinsicht auf das Thema des Abschlusswerkes der dass er momentan ein wenig höher fliegt als wir. Trilogie wirken wird. Da bin und bleibe ich ganz Dafür weht ihm auch mehr Wind entgegen. entspannt. Und zum Schluss: Wie sehen eure Pläne für Euer Produzent Henning Verlage versucht die nächste Zeit aus? sich gerade an der Quadratur des Kreises: Wir bereiten uns auf die HEILIGe Tour vor, freuen Riesiger Erfolg mit „Unheilig“ und jetzt er- uns wie Bolle auf die Veröffentlichung des Albums scheint euer Album ausgerechnet mit dem und spinnen schon weitere Fäden für die Zukunft. Titel „Heilig“. Schon ein seltsamer Zufall, Wir glauben, sie wird gut! Peter Heymann oder? Tatsächlich ein Zufall. Wie gesagt, kam die Dis- www.letzte-instanz.de kussion zur Trilogie noch während der Produktion www.myspace.com/letzteinstanz zu „Schuldig“ auf, zu diesem Zeitpunkt war der VÖ: „Heilig“ 01. Oktober 2010


43


Das Subkulturenfestival beim Essen Original Essen Original gehört mit jährlich ca. 250.000 Besuchern zu den größten Stadtfestivals in Deutschland. Das Festival wurde während seines Bestehens bereits mehrfach in Größe und Ausrichtung bezüglich der vertretenen Musikstile verändert. Im Jahr 2009 kam es zu einer grundlegenden Neuausrichtung des Festivals. Musikrichtungen wie z.B. Metal, Gothic oder andere progressive Musikrichtungen sollten nicht mehr präsentiert werden. Stattdessen sollte das Angebot stärker an einem angepassten Publikum 30 Plus ausgerichtet werden. Als Folge bildete sich das Kulturprotestbündnis Essen Originell bestehend aus zahlreichen Künstlern, Privatpersonen, Organisationen und Firmen. Da das Bündnis nicht mit der Neuausrichtung des Festivals einverstanden war, veranstaltete es während des Essen Originals 2009 gegen den Willen der EMG ein alternatives Musikfestival mit dem Namen Essen Originell in der Essener Innenstadt. Im Schaufenster des Leo Store spielten an diesem Wochenende 14 Bands vor mehreren hundert begeisterten Fans. Eine im Anschluss stattfindende Demonstration offenbarte die ganze Breite des Widerstandes. Unmittelbar nach dem Essen Original 2009 ließ die EMG verlauten, dass zukünftig auch wieder progressivere Musikrichtungen ihren Platz beim Essen Original haben. Vom 10. bis zum 12. September ist es dann endlich wieder soweit. Erstmals wird es neben einer Metalbühne auch die Schwarze Leo Store Bühne geben. Aus Dankbarkeit gegenüber den Bands, die den Protest im letzten Jahr unterstützt haben, wird die Bühne 2010 keine reine Schwarze Bühne sein. Den damals teilnehmenden Bands wurde versprochen, dass sie 2010 einen festen Platz auf der hart erkämpften Bühne bekommen werden. Darüber hinaus gelang es dem Leo Store als Veranstalter des Essen Originell, ein auch nach Schwarzen Maßstäben hochkarätiges Programm zusammenzustellen. 44

Als Headliner konnten Leichenwetter und Extize aus Deutschland sowie V2A und Lahannya aus Großbritannien verpflichtet werden. Als Hommage an die beiden Kulturhauptstädte Europas Istanbul und Essen hat der Veranstalter die türkische Mädchen-Metalband The Pigskins für ihr erstes europäisches Konzert gewinnen können. Die Metalmiezen aus Istanbul stehen für harten, lauten Metal und haben sich damit in ihrer Heimat bereits eine große Fangemeinde erspielt. Der Veranstalter rechnet mit mehreren tausend Besuchern an diesem Wochenende. Diese können sich neben den 23 Bands auch über die zahlreichen Shows freuen. Besondere Beachtung werden dabei wohl die beiden Finalisten des New Comer Contest finden. Der vom NEGAtief und dem Inhaber des Essener Tonstudios Sinustal Chai Deveraux organisierte Contest wurde in der Schwarzen Musikszene großartig angenommen. Obwohl Chai Deveraux als Kopf der Band Jesus on Extasy über langjährige Erfahrung im Musikbusiness verfügt, fiel ihm und seinen Jurymitgliedern Ian Deveraux vom Gravelstone Mastering und Nico F. vom Echosphere Studio die Entscheidung nicht leicht. Bei Redaktionsschluss standen die beiden Finalisten leider noch nicht fest. Fest steht jedoch, dass sich die beiden auf der Leo Store Bühne ein musikalisches Duell der Extraklasse liefern werden. Dem Gewinner winkt neben der

Aufnahme eines Tracks im Tonstudio Sinustal dann auch noch die Veröffentlichung auf dem nächsten Dark Alliance Sampler. Dass ein solches Projekt nur möglich wird, wenn sich viele Menschen engagieren, ist klar, dennoch sollte dem Engagement von Rainer Götz, dem Inhaber des Leo Store Essen, an dieser Stelle besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dadurch dass der Freiburger Geschäftsmann neben seiner Zeit auch einen größeren Betrag zu Verfügung gestellt hat, konnte das Essen Originell überhaupt erst umgesetzt werden. www.essen-originell.de


Nenn es NDH oder sonst wie. Aber in der Essenz geht es darum, einen Song zu schreiben, der eine gewisse Tiefe und eine Aussage hat und wenn dich dieser Song dann auch noch berührt, ist es eigentlich scheißegal, wie du es nennst. Ein guter Song muss dich einfach an den Eiern packen, dann ist alles gut! Ob wir das Genre weiterentwickeln, sollen andere beurteilen. Ich denke aber schon, dass wir darin unseren Platz gefunden und unsere Songs ihren eigenen Charme haben.

Aus Göttingen hinaus in die Welt Gerade einmal zwei Jahre treiben Stahlmann bislang ihr musikalisches „Unwesen“ und doch, hört man sich nun das gleichnamige Debütalbum an, so kann man nur festhalten, dass die Songs alle wie aus einem Guss erscheinen. Nach der Veröffentlichung der EP „Herzschlag“ 2009 und Touren mit Doro, In Extremo und Saltatio Mortis knüpfen die Göttinger mit ihrem ersten Longplayer musikalisch genau dort an, wo die EP Halt machte. Gnadenlos harter Industrial mit Metal- und Gothic-Einflüssen, knackige Gitarrenwände und kraftvoller Gesang bilden eine Mischung, die ihresgleichen sucht. Sänger Mart ließ uns einen Blick in die Welt der harten Jungs werfen.

zuvor bei den Schröders gerockt, Fire-abend bei Engelhai und ich bei Reizwolf. Die Gemeinde der deutschsprachigen Bands damals war klein und so kannten wir uns alle irgendwie.

Wie und mit welcher Zielsetzung ging es mit Stahlmann los? Das Ganze startete vor ca. zwei bis drei Jahren. Alex und ich wollten unseren Sound finden. Wir rockten schon eine Weile zusammen, schrieben Songs wie die Verrückten, probierten aus, wie wir wirklich klingen wollten. Dann saßen wir eines Tages vor einem Dönerladen und wir suchten nach einer Möglichkeit, das Ganze optisch zu verpacken. Wir wollten was Besonderes machen, ein Konzept, das sich auf der Bühne und in der Musik wiederfindet, das war Bitte schildert euren mu- „ein guter Song muss dich das Ziel! An Deal oder Erfolg sikalischen Hintergrund. einfach an den eiern pa- war damals noch nicht zu denWas habt ihr vor Stahlcken, dann ist alles gut!“ ken, im Gegenteil, ich weiß gar mann gemacht? nicht, wie oft ich gehört habe: Neue Deutsche Härte? Das ist Wir kommen alle aus den verschiedensten Musikbereichen. Rock, Electro, doch seit den 90ern tot! Uns war es egal, wir liePunk, alles ist dabei. Alex und ich haben irgend- ben diesen Sound, er war schon immer ein Teil wann zusammen gesessen und angefangen, die von uns. Ideen für Stahlmann zu entwickeln. Da wir schon immer auf Industrial, NDH und tanzbaren Sound Eure Musik wird etwas blumig als die Weistanden, war eigentlich sofort klar, wohin die terentwicklung des Neue Deutsche Härte Reise geht. Wir haben alle vorher in deutschspra- Genres angekündigt. Fühlt ihr euch mit diechigen Bands gespielt. O-Lee beispielweise hat ser Bezeichnung überhaupt wohl?

Was bringt ihr neues in das Genre ein? Zu allererst versuchen wir unseren eigenen Weg zu gehen. Es ging irgendwie in letzter Zeit nur noch darum, mehr zu schocken und krasser zu sein. Mehr Blut auf der Bühne zu haben, noch abgefahrenere Masken zu tragen und möglichst viele verbale Ausbrüche in die Texte zu packen. Wir versuchen einfach nur, wir selber zu sein. Ich sag immer liebevoll, wir sind Gentlemenarschlöcher und das verpacken wir auch in unsere Songs und in die Liveshows. Stahlmann ist wie eine Blue Man Group in silber mit Charme und Tiefe und einer gehörigen Portion Energie und Brutalität. Peter Heymann

www.myspace.com/stahlmannmusik VÖ: „Stahlmann“ 19. September 2010

45


IRIS Blacklight

Die Götterbotin Iris ist zurück und liefert neue Befehle der griechischen Gottheiten. „Sie ist die Personifikation des Regenbogens und kann nach der physikalischen Vorstellung die Griechen Winde erzeugen. In der Mythologie hat sie meist die Funktion einer Götterbotin, deren Befehle sie den Menschen überbringt.“ Diese und noch mehr Zeilen findet man im World Wide Web über Iris. Allerdings gibt es nicht wirklich Neuigkeiten aus der griechischen Mythologie zu verkünden, sondern das vierte Studioalbum „Blacklight“ der US-Band mit dem Namen Iris. Mit dieser Fantasie aus der Geschichte Griechenlands könnte man sich unter anderem auch eine in klischeehafter Manier geführte Werbetrommel bei den uns bekannten „trivialen“ TV-Sendern für diesen neuen Longplayer vorstellen.

„Blacklight“ ist allerdings nicht der einzige Tonträger der US-Elektropopper, der im September erscheinen wird. Vorab gibt es, nur in Europa und nicht bei den weltweiten Lizenzpartnern des Labels, eine limitierte 1000er Auflage der Singlauskoppelung „Closer To Real“. Hierauf finden sich einige kraftvolle neue Tracks, die sicherlich bald in den Clubs rauf und runter gespielt werden, denn ihr Sound ist geradezu als Verpflichtung zum Tanzflächeneinsatz zu verstehen. Außerdem wird das Duo wieder einige Gigs gemeinsam mit namhaften Acts bestreiten. In Deutschland be-

„Awakening“, und „Wrath“ und die Doppel EP „Hydra“ (CD + DVD) Iris vom Geheimtipp zum absoluten Aushängeschild in Sachen elektronischer Popklänge katapultierten. Durch ihre Tourneen mit De/Vision oder Mesh festigten sie eine immer größer werdende Fanschar, die sicherlich mit „Blacklight“ noch anwachsen dürfte. Immer wieder die gleiche Arbeitsweise wäre ein Stillstand, den das US-Duo für die Zukunft nicht geplant hat. gleiten sie zum Beispiel erneut De/ Vision und in Moskau stehen sie sogar mit And One auf der Bühne. Mit Elementen aus Rock und retroelektronischen Klängen melden sich Andrew Sega & Reagan Jones nach langer Wartezeit aus ihrem Studio in Chicago zurück und klettern immer weiter die Leiter zu den Headlinern des Elektropop Genres höher. Wenn sie diese nicht sogar schon überholt haben. Seit Jahren zählt das Duo zum Besten, was die USA in diesem Genre hervorgebracht haben. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie gerne ihre Arbeitsweise wechselhaft beleben und so die viel beachteten Vorgängeralben „Disconnect“,

46

Iris gehen ihren musikalischen Weg gekonnt und experimentierfreudig weiter, kopieren nicht und klingen auf jeder neuen Produktion frisch und unverbraucht. Ihre Melodieführung, gepaart mit den Gesangslinien von Sänger und Frontmann Reagan Jones, weiß zu begeistern. Auch wenn auf dem neuen Silberling nur insgesamt neun Songs zu hören sind, so ist „Blacklight“ ein Kunstwerk der Extraklasse, das durch wundervolle elektronische Klangwelten besticht. Keineswegs stehen sie namhaften Künstlern wie Depeche Mode in puncto Qualität nach, und wie es der Zufall so will, veröffentlichten auch diese Pioniere mit „Violator“ ein Album mit derselben Anzahl an Songs. LUKe J.B. raFKa

www.Irismusic.com www.myspace.com/Iris2 VÖ: „Blacklight“ 03. September 2010


47


SEPTEMBER / OKTOBER 10 AUSGABE 27 - JAHRGANG 4

THE BIRTHDAY MASSACRE DEINE LAKAIEN AND ONE ANGELZOOM FAITH AND THE MUSE RAGGEDY ANGRY JESUS ON EXTASY BLIND PASSENGER CANTUS BURANUS JESUS ON EXTASY TRISTANIA

ATROCITY

G M RA IT T N IS EH Z M UM EN

Foto: A. Sonnenkalb

LETZTE INSTANZ

AND NESSEMBLY FRONT LINEOA


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.