nahdran. 3|2013

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Blatt für Blatt begehrt Altpapier ist längst kein Abfall mehr, sondern wichtiger Rohstoff.

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ie Papierbranche hat sich zum Vorreiter der Kreislaufwirtschaft entwickelt. Die deutsche Papierindustrie zählt auch deshalb zu den Top-Playern auf dem Weltmarkt, weil sie früh das Recycling von Altpapier perfektioniert hat. Jetzt gilt es, neue Herausforderungen zu meistern: Der Wettbewerb um die Ressource wird härter und das Angebot knapper.

Mülltrennung ist ein sehr deutsches Thema. Manch ausländischer Besucher schüttelt verwundert den Kopf, wenn Bürger selbst kleine Mengen Plastikabfall, Biomüll, Altpapier und Glas akribisch in verschiedene Tonnen sortieren. Nach einer Meldung der EU-Statistikbehörde Eurostat vom März 2013 ist Deutschland Recycling-Europameister: Im Jahr 2011 landeten nur noch ein Prozent der Abfälle aus deutschen Kommunen auf Deponien; 45 Prozent wurden recycelt und 17 Prozent kompostiert. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt enden 37 Prozent der Abfälle auf Deponien, die Recycling-Quote beträgt nur 25 Prozent. Die Papierbranche ist ein gutes Beispiel für den praktischen Nutzen der deutschen Trenn- und Sammelfreude. Die deutsche Papierindustrie produziert im Jahr mehr als 22,5 Millionen Tonnen Papier und Pappe – damit ist sie Nummer eins in Europa und liegt hinter China, den USA und Japan auf Platz vier weltweit. Der Verbrauch in Deutschland beträgt rund 20 Millionen Tonnen, von denen 76 Prozent als Altpapier wieder eingesammelt und verwertet werden.

Mit sanftem Druck die Verwertungsquote gesteigert Altpapier wird schon seit über hundert Jahren bei der Produktion von Papier genutzt. Anfangs war die Einsatzquote jedoch niedrig: In den 1950ern lag sie bei deutschen Fabriken im Durchschnitt bei einem Drittel. Bis 1965 kletterte der Wert auf 45 Prozent – und stagnierte dort mehr oder weniger drei Jahrzehnte lang. Bis sich im Jahr 1994 unter dem Druck des damaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer die Papierbranche zur Arbeitsgemeinschaft Graphische Papiere (AGRAPA) zusammenschloss und sich selbst zu einer massiven Steigerung der Verwertungsquote verpflichtete. Der Effekt war beeindruckend: Die Quote sprang dank modernster Technologien auf 60, 65, 70 Prozent. Und das, obwohl die Struktur der hiesigen Papierbranche ausgesprochen divers ist: Sie produziert rund 3 000 Papiersorten, und nicht bei jeder davon ist Altpapier im Herstellungsprozess zu gebrauchen. Während etwa Zeitungen zu 100 Prozent aus Altpapier bestehen, sind etliche Spezialpapiere (etwa Medikamentenverpackungen oder Fotopapiere) auf ausschließlich frische Fasern angewiesen. Dennoch: Altpapier ist seit geraumer Zeit der mengenmäßig wichtigste Rohstoff der Papierindustrie, und dieser Trend wird

20 248 000 t

Papier, Karton und Pappe: Verbrauch in Deutschland Bildschirmarbeit statt Papiernotizen: Seit 2010 geht der Papierverbrauch in Deutschland wieder leicht zurück. Seit 1950 hatte sich dieser mehr als verzehnfacht. (Quelle: Verband Deutscher Papierfabriken)

15 461 000 t 2010

7 621 000 t

1 600 000 t 1950

1970

20 008 000 t

1990

2012


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