DV-Dialog 5/12

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lars landwehrkamp

DV-Dialog 5/2012 | 22. Mai 2012

Unternehmensberater, Softwarehäuser oder Ingenieurbüros. Da wird es unterschiedlichste Speziallösungen geben und es gibt tolle Ideen. Das Schöne daran ist: Für uns sind das ganz neue Märkte, denn z.B. in der Fertigung fehlt Business By Design einfach der nötige Tiefgang. Das passt nur für sehr kleine Fertigungsunternehmen; ein mittelständischer Automobilzulieferer beispielsweise wird damit nicht glücklich werden.

„Wir wollen unsere 15 Standorte beibehalten und weiter möglichst nah am Kunden sein, wo auch immer in Deutschland er sein mag. Wir wollen uns weiter auf den Mittelstand im deutschsprachigen Raum fokussieren und nicht etwa in Asien oder Amerika selbst Aktivitäten entfalten.“ Lars Landwehrkamp

viele unserer Kunden SAP-Service in aller Welt, weil sie in Südamerika Niederlassungen haben oder in Fernost Werke. Diesen Service erbringen wir mit Partnern, mit denen wir uns zum Netzwerk United Vars zusammengeschlossen haben. Diese Fokussierung auf den Mittelstand ist auch der Grund dafür, dass die Großen für uns keine Konkurrenz sind. Sei es Accenture, sei es T-Systems oder ein anderer: Alle Global Player sind nicht wirklich eine Option für den Mittelstand! Weder von ihren Kostenstrukturen her noch von der Art und Weise, wie sie mit Mittelständlern kommunizieren. Da können wir ganz klar punkten.

Wo sehen Sie dann die größte Konkurrenz? Landwehrkamp: Vor allem in den ERP-Partnern der SAP-Rivalen Microsoft und Infor sowie in kleineren SAP-Partnern, die ja oft ihre Stärken in einer Region oder einer Branche haben. Mit Itelligence gibt es einen mittelständischen SAP-Partner, der noch größer ist... Landwehrkamp: ...aber zum japanischen NTTKonzern gehört. Außerdem verfolgt Itelli­gen­ce

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von All for One sind das Maschinenbauer, Automobilzulieferer und Dienstleister. Mit Steeb sind die Konsumgüterindustrie und der Technische Handel hinzugekommen. Darüber hinaus arbei­ten wir in bestimmten Branchen bei Spezialaufgaben oder mit Partnern zusammen.

Wie sieht das konkret aus? Landwehrkamp: Es gibt wie gesagt drei Typen von Partnern. Partner kommen in Branchen zum Zuge, die wir nicht selbst besetzen, z.B. in der Lebensmittel- oder in der Papierindustrie. Da können wir im Projekt zwar helfen, doch die eigentliche Arbeit macht der Partner, der sich in der Branche auskennt. Unsere Rolle kann z.B. der Lizenzverkauf oder die Bereitstellung des Rechenzentrums sein. Mit der Hilfe von Technologiepartnern decken wir Spezialaufgaben ab, denn selbst ein Haus unserer Größe kann nicht alle Themen, die für SAP-Anwender relevant sind, mit eigenen Experten abdecken. Solche Technologiepartner holen wir zum Beispiel bei der Zollverwaltung mit Atlas, bei der CAD-Anbindung oder bei der Zeiterfassung an Bord.

Bei der Bilanzpressekonferenz klangen die Planungen für das laufende Geschäftsjahr noch recht vage. Können Sie schon mehr zu den kurzfristigen Zielen sagen? Landwehrkamp: Wir sind als börsennotier­tes Unternehmen vorsichtig mit Prognosen, denn wir werden auch an Details gemessen. Und diese Details sind manchmal er­klärungsbedürftig. Deshalb haben wir uns bei der Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr zurückgehalten. Dazu steuert Steeb ja erst seit Dezember seinen Anteil bei, weil unser Geschäftsjahr am 1. Oktober begonnen hat. Deshalb haben wir erst für das nächste Geschäftsjahr eine klare Prognose abgegeben, wenn beide Firmen zusammengeführt sind und wir über zwölf Monate berichten. Dann streben wir 160 Mio. Euro Umsatz und eine Umsatzrendite von über fünf Prozent an.

Wie groß schätzen Sie diesen Markt ein? Landwehrkamp: Wir gehen von rund 10.000 mittelständischen Unternehmen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz aus, die noch kein SAP einsetzen, aber dafür in Betracht kämen. Damit meine ich keine Handwerks­ betriebe, sondern Unternehmen, die eine umfassende ERP-Lösung brauchen. Weil der Mittelständler IT-Lösungen gerne bei einem mittelständischen Anbieter kauft, ist der Markt so groß, dass wir nicht im Ausland Kunden akquirieren müssen. Allerdings verlangen

keinen Hardware-Zoo, der vielleicht im Einkauf billiger, dafür aber im Betrieb umso teurer wäre. Wir betreiben auch IBM-Server in unserem Rechenzentrum, inklusive eines Mainframes für unsere Warenwirtschaft Bovac für Kfz-Teilehändler. Unsere Favoriten bei den Herstellern können sich aber durchaus ändern. So haben wir beispielsweise im Speicherbereich in der Vergangenheit stark auf HP gesetzt. Das ändert sich im Moment, weil wir mit Netapp besser virtualisieren und unseren Kunden schneller Speicherplatz zuweisen können.

Das heißt: Sie haben Experten für jede Plattform, die für SAP in ­Betracht kommt? Landwehrkamp: Für alle Plattformen, die im deutschen Mittelstand relevant sind. Das sind natürlich alle Betriebssysteme, auf denen man SAP nutzen kann. Und das sind auch die Datenbanken Microsoft SQL Server, Max-DB, Oracle und DB2, künftig die Sybase-Datenbank ASE und SAP Hana. Hier gibt es viel Bewegung; wir setzen uns mit allen relevanten Produkten auseinander, damit wir sie auch liefern und bei den Kunden betreuen können. Die IBM-Datenbank setzen wir übrigens selbst seit einigen Jahren in unserem Rechenzentrum ein, weil DB2 sehr stark aufgeholt hat und sich sehr gut im Rechenzentrum betreiben lässt. Wir verkaufen DB2 auch an unsere Kunden sehr gerne, z.B. wegen der Speicherplatz sparenden Komprimierungstools. All for One Steeb kennt sich also auch mit der AS/400 aus? Landwehrkamp: Klar, nicht erst seit der Fusion mit Steeb. Wir hatten schon vorher diese IBMServer in unserem Rechenzentrum. Und wir haben auch schon als All for One viele AS/400Lösungen durch SAP ersetzt. Dabei war die AS/400 bei den Kunden oft gesetzt und wird als Plattform für SAP weiter genutzt. Die AS/400 ist sehr schwer abzulösen. Einfach, weil sie läuft und läuft und läuft – mit wenig Bugs und wenig Problemen. Wenn die IT-Leiter sie lieb gewonnen haben, sollen sie diese Plattform ruhig behalten. Uns ist das egal und mit SAP überhaupt kein Problem. Wenn der Kunde eine bestimmte Plattform präferiert, unterstützen wir sie. Bei der Firma Multivac etwa betreuen wir eine der größten SAP-Installationen auf der AS/400 in Europa. Mit den Steeblern haben wir viele weitere AS/400-Experten hinzugewonnen. Von daher könnte es gut sein, dass wir in Zukunft auch das ein oder andere neue Power System in unser Rechenzentrum stellen.

Wenn man diese Zahlen interpretiert, könnte man zu dem Schluss kommen: Die alte All for One wächst weiter, während Steeb weiter schrumpft ... Landwehrkamp: Das wäre ein Trugschluss, denn beide Unternehmen arbeiten mittlerweile be­reits derart integriert, dass auch wir die Zahlen gar nicht mehr genau auseinander­ dividieren könnten. Schon in der Bilanz des laufenden Geschäftsjahres wird dieser Unterschied nicht mehr gemacht. Wir treten nicht nur nach außen einheitlich auf, wir sind dann ein einheitliches Unternehmen geworden. Welche Rolle will All for One Steeb künftig spielen? Mit Global Playern wie SAP selbst oder IBM, HP oder Accenture auf der einen Seite – und den unzähligen kleinen Spezia­ listen bzw. regionalen Platzhirschen wie T-Systems auf der anderen Seite? Landwehrkamp: Wir wollen der führende SAP-Partner im deutschen Mittelstand sein. So werden wir auch schon wahrgenommen. Zumindest, wenn ich mit anderen SAP-Partnern spreche, außer vielleicht mit den ganz großen. Unsere Fusion ist ein klares Signal, das ver­ nehmbar im Markt angekommen ist. Wir wollen unsere 15 Standorte beibehalten und weiter möglichst nah am Kunden sein, wo auch immer in Deutschland er sein mag. Wir wollen uns weiter auf den Mittelstand im deutschsprachigen Raum fokussieren und nicht etwa in Asien oder Amerika selbst Aktivitäten entfalten.

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Welche Zukunft haben die Steeb-Lösungen SC/400 und DCW? Landwehrkamp: Wir wollen diese Kunden genauso gut weiterbetreuen, wie Steeb es in den letzten Jahren gemacht hat. Grundlage ist ein langfristiger Vertrag mit SAP als Eigentümer von DCW, der auch über das Ende des jetzigen Wartungszeitraums hinausgeht. Wir haben mit Vertretern des DCW-Arbeitskreises im Anwenderverein Common gesprochen und können uns gut vorstellen, die Wartung auch über 2014 hinaus zu verlängern. Wir müssen nur noch die Details zu den Konditionen klären. Von der SAP haben wir die Freigabe dafür dank einer Vertragslaufzeit von fünf Jahren.

Großer Kick-off in der Stuttgarter Porsche Arena: In vier Stunden Bauzeit improvisierten über 400 Mitarbeiter von All for One Steeb aus unterschiedlichsten Materialien eine 200 Meter lange und durchgängige Prozesskette aus insgesamt 40 Impulsstationen

seit jeher eine andere Strategie, ist im Großkundengeschäft aktiv und baut auch eigene Geschäftsstellen im Ausland auf. Wir machen das lieber in den deutschsprachigen Ländern. Wir gehen anders als Itelligence keine Mammutprojekte an und verkaufen dort 5.000 Manntage Beratung. Das ist nicht unser Geschäft. Wir sind lupenrein im Mittelstand unterwegs.

Sie sprachen die internationalen Partner im Netzwerk United Vars an. Jedoch auch in Deutschland arbeiten Sie mit Partnern zusammen. Was will All for One Steeb selbst machen und welche Aufgaben übertragen Sie Partnern? Landwehrkamp: Unser Kerngeschäft machen wir selbst. Das heißt: Wir bieten SAP-Lösungen für bestimmte Branchen an. Aus der Historie

Dazu kommen Partner und Freelancer, mit denen wir Ressourcen-Engpässe überbrücken oder den internationalen Service realisieren. Die 22 Partner im Netzwerk United Vars betreuen über 8.000 SAP-Kunden rund um den Globus.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den großen Plattformlieferanten geregelt, etwa Microsoft, HP, Dell, Oracle oder IBM? Landwehrkamp: Wenn der Kunde SAP selbst betreibt, kaufen wir für ihn die nötige Hardware nicht mehr ein. Das haben wir früher gemacht und hier mit einigen Herstellern sehr eng zusammengearbeitet, uns dann aber aus diesem Geschäft zurückgezogen. Für unser Rechenzentrum jedoch kaufen wir extensiv Hardware ein. Hier verfolgen wir die Strategie, nicht zu viel zu mischen. Wir wollen

Und was kommt dann? Landwehrkamp: Das müssen wir Ende 2016 entscheiden. Natürlich gibt es Fluktuation bei den Kunden. Manche verlassen DCW aus unterschiedlichen Gründen, manche wollen der Software treu bleiben. Eines kann ich aber klipp und klar versprechen: Wir werden DCW weiterpflegen und betreuen. Wir wollen auch das Beratungs- und SupportTeam halten. Es gibt keinen Druck von unserer Seite, die Kunden auf SAP umzustellen. Das würde auch nicht funktionieren. Hier sind wir mittelständisch unterwegs. Das sehen Sie auch an unserer Mainframe-Lösung Bovac, mit deren Entwicklung in Cobol AC-Service vor 40 Jahren begonnen hat. Hierfür wurde die Wartung gerade erst um zwei Jahre verlängert. Solange genügend Kunden da sind, ist das auch kein Problem. Nur wenn es zu wenige werden, lohnt es sich nicht mehr. Dann muss man sich zusammensetzen. Wir betreuen aber noch rund 200 DCW-Kunden und knapp 50 SC/400-Anwender, darunter auch sehr große. Ich sehe daher noch ein sehr langes Weiterleben beider Lösungen.


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