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Haben klassische Fitnessstudios eine Zukunft?

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Die klassischen inhabergeführten Fitnesss-Studios stehen vielfach vor dem Aus. Diese These stellt Andreas M. Bechler in den Raum. Warum er so denkt und welche Auswege es womöglich gibt, lesen Sie in dem folgenden Artikel.

An was denken die meisten Kunden, wenn es um ein Fitnessstudio geht? Ich behaupte, dass es immer noch das inhabergeführte Einzelstudio vor Ort ist.

Das Studio, welches alle zentralen Angebote in sich vereint: Gerätegestütztes Kraft- sowie Ausdauertraining, Gruppenkurse (inkl. Yoga & Pilates), einen Gerätezirkel, eine Fläche für freies Training (Freihantel und Functional), ein kleiner Wellnessbereich mit Sauna, eine Fitnesstheke und eine Ernährungsberatung. Fertig ist der All-Inklusive-Anbieter. So kann man das auch den Eckdaten entnehmen, wenn man sich den Leistungsumfang deutscher Einzelstudios anschaut (siehe Abbildung 1).

Preis & USP

Das Ganze muss natürlich bepreist werden. Schauen wir wieder in die Eckdaten, so stellen wir fest, dass die Hälfte der Einzelstudios im Bereich von 40 bis 61 Euro (Brutto) liegt. 80% liegen sogar zwischen 27 und 71 Euro. Man kann also guten Gewissens davon sprechen, dass die Angebote größtenteils im Medium-Preissegment liegen.

Die deutschen Einzelstudios erinnern mich insgesamt an mein Wirtschaftsingenieurstudium. Wir konnten irgendwie alles ein bisschen, haben mal hier, mal dort was gehört, aber wirkliche Ingenieure sind wir nicht.

Genauso geht es mir mit vielen Einzelstudios. Kann man zu diesem

Medium-Preis wirklich etwas richtig gut machen, einen USP finden? Oder versucht man auf zu vielen Partys gleichzeitig mitzufeiern und findet dadurch nirgends richtig Anschluss?

Ich finde, das kann auf Dauer nicht gut gehen. Die Einzelstudios stecken meiner Meinung nach in einer „Todeszone“ .

Die Zahl der Einzelstudios nimmt ab

Um meine These zu unterlegen, blicken wir auf die Entwicklung der Einzelstudios in Deutschland, denn Zahlen lügen meistens nicht. In den Eckdaten wird ersichtlich, dass die Einzelstudios schon lange kein Wachstumstreiber der Branche mehr sind.

Aber nicht nur das – ihre Zahl schrumpft sogar. Nein, das ist kein Corona-Phänomen. Dies war bereits vorher so, es wollte nur niemand hören. Blickt man auf den Zeitraum von 2014 bis 2019, so erkennt man, dass die Studiozahl sich quasi nicht verändert hat. Nimmt man die Corona-Zeit hinzu, so fallen 109 Studios aus der Statistik. Im selben Zeitraum haben Kettenstudios um 628 zugenommen und Mikrostudios konnten trotz Corona um 947 Anlagen wachsen (siehe Tabelle). Sehen wir also der Wahrheit ins Auge: Einzelstudios haben es heutzutage schwer. 60 Prozent sehen ihre lokale Wettbewerbssituation als stark oder sogar sehr stark an. Manche haben auch bereits das Handtuch geworfen. Es werden mehr werden, zumindest dann, wenn wir an unseren alten (und früher auch erfolgreichen) Strategien festhalten. Wir müssen raus aus der Todeszone!

Abbildung1:LeistungsumfangEinzelstudios(gemäßEckdatenderdeutschenFitnessWirtschaft2022)

Tabelle 2014 2021 Bilanz

Einzelstudio 4884 4775 – 109

Ketten 1527

Mikrostudio 1615 2155

2562 + 628

+ 947

o n n z e K © o l i a F o t Raus aus der Todeszone – Aber wie?

Die richtige Strategie ist etwas sehr Individuelles und es gibt nicht die eine Lösung (auch wenn einige Vertriebler es gerne mal so verkaufen). Es gibt aber in meinen Augen drei Grundstrategien, die uns helfen, aus der Todeszone herauszubrechen. Dabei werden immer zwei Elemente betrachtet: Welchen Preis (Premium, Medium, Discount) verlangen wir und welchen Markt (Masse oder Nische) wollen wir angehen? Diese Strategien sind angelehnt an den sogenannten generischen Strategietypen nach Michael E. Porter.

Aktuell befindet sich die Mehrheit der Einzelstudios in der Todeszone. Es wird versucht, es jedem recht zu machen (Masse) und das bei einem mittleren Preis (Medium). Das wird auf Dauer nicht gut gehen. Aber wir haben Glück, eine von drei Strategien kann die Rettung sein (siehe Abbildung 2):

1. Differenzierung Die Strategie der Differenzierung verfolgt das Ziel, dass die eigene Dienstleistung auf dem lokalen Fitnessmarkt als einzigartig angesehen wird. Ansätze für eine Differenzierung innerhalb der Fitnessbranche können dabei beispielsweise Design/Markenname, Technologie/Digitalisierung, Service oder viele weitere Arten sein.

Es empfiehlt sich allerdings für ein Fitnessstudio, sich auf mehreren Ebenen zu differenzieren. Es wird dabei aber immer noch auf den Massenmarkt abgezielt. Als Beispiel für Differenzierungsstrategien aus der Vergangenheit kann die „Freestyle Training“ -Offensive von Fitness First oder auch die Ausrichtung von Kieser Training auf ausschließlich Krafttraining herangezogen werden.

2. Spezialisierung Eine weitere Strategie, die für Einzelstudios die Rettung sein kann, ist die Spezialisierung. Hierbei verlassen wir den Massenmarkt und versuchen zielgerichtet klar abgrenzte Zielgruppen mit unserem Angebot zu erreichen. Die Mikrostudios machen es uns vor, nicht umsonst wurden sie in der Vergangenheit Special-Interest-Anbieter genannt. Es muss aber nicht gleich ein Mikrokonzept sein. Auch Boutique-Fitness mit etwas größeren Flächen als die Mikroanbieter ist hier in aller Munde.

Die Entscheidung zur Spezialisierung geht trotzdem häufig einher mit Verkleinerung, da ein Studio für eine spezielle Nische nicht mehr die große Fläche und die vergleichsweise hohe Mitarbeiterzahl braucht. Es fällt nicht jedem Studiobetreiber leicht, sich von bestimmten Dingen und Mitarbeitern trennen zu müssen.

n o r i a m 2 4 5 8 1 6 6 1 0 o l i a o t F Abbildung2: DieStrategietypenfürFitness-Studios(angelehnt andenStrategietypen nachMichaelE. Porter)

3. Franchising Auch Franchising kann ein probates Mittel sein, sich wieder Luft im Konkurrenzkampf zu verschaffen. Es schafft Möglichkeiten, die man als Einzelstudio nicht hätte und macht einen wieder wettbewerbsfähiger gegenüber den Ketten. Für mich ist dabei insbesondere der Kostenfaktor ein wichtiger Teil. Durch Franchising kann ich in die Lage versetzt werden, auch auf der preislichen Ebene zu konkurrieren. Daher sehe ich es in meinem Model primär als Strategie zur Preisreduktion im Massenmarkt. Natürlich kann Franchising aber auch bzgl. Differenzierung (1) und Spezialisierung (2) unterstützen.

Man sollte hierbei natürlich auch erwähnen, dass die durch mich definierte Todeszone nicht überall eine solche sein muss. Gerade in stark ländlich geprägten Regionen kann dies auch noch längerfristig zum Ziel führen, aber das ist eine Ausnahme. Auf die Mehrheit der Einzelstudios trifft „stark ländlich geprägt“ nicht zu, daher sollte man sich unbedingt mit dem eigenen Geschäftsmodell beschäftigen.

Fazit: Einzelstudios brauchen eine neue Strategie

Auch wenn es am Anfang vielleicht so klang, schreibe ich die Einzelstudios mitnichten ab. Ich denke aber, dass es höchste Zeit ist, die Strategie zu ändern, die Komfortzone zu verlassen und die eigene Anlage für die Zukunft fit zu machen. Mit ein paar neuen Geräten oder ein bisschen Digitalisierung ist das nicht getan, es bedarf deutlicher Änderungen. Wer sich darauf einlässt, wird auch in Zukunft in den Eckdaten der deutschen FitnessWirtschaft des DSSV e.V. auftauchen und das wünsche ich Ihnen, lieber Leser, von ganzem Herzen.

Andreas M. Bechler

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Autor Andreas M. Bechler ist Autor, Berater, Dozent und Podcaster in der Fitnessbranche. Mit seinem Podcast ‘Hashtag Fitnessindustrie’ verfolgt er das Ziel, einen Wissenstransfer zwischen den Interviewgästen und dem Zuhörer zum Nutzen der ganzen Branche zu ermöglichen. https://hashtag-fitnessindustrie.de

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