Jahreskonzert unter dem Motto «Das esch no Heimat» 11.01.2018

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Anzeiger Michelsamt Nr. 2 | 11. Januar 2018

Region

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Interview zum Brauchtum des Sternsingens

«Eine Three-Kings-App zum Herunterladen wäre voll krass» Zum christlichen Fest von Dreikönige wird auch der Brauch der Sternsinger gepflegt, die den Neujahrssegen von Haus zu Haus bringen. Ludwig Suter, Grafiker, Nachtwächter und Sternsinger der ersten Stunde, spricht im Interview über Hintergründe, Ursprung und Wandel dieses Brauchtums. Was bedeuten die Buchstaben C+M+B, die mit Kreide an die Türrahmen geschrieben werden? Das ist lateinisch und bedeutet «Christus Mansionem Benedicat». Zu Deutsch: «Herr segne dieses Haus». Eine Eselsbrücke dafür bilden auch die Anfangsbuchstaben der Heiligen Drei Könige: Caspar, Melchior, Balthasar. Und wie lautet der Segensspruch? «Wir wünschen euch an, ein gut’ selig’ Neujahr, Gott mache es wahr!» Glaubst du daran, dass dieser Spruch einem Haus Segen bringt? Ich hoffe schon, man wünscht sich ja auch frohe Weihnachten, einen guten Rutsch oder eine rüüdige Fasnacht! Woher kommt der Brauch des Sternsingens? Zum Festen wird ja immer musiziert und es wird auch gerne gesungen. Worauf ist die Tradition der Feierlichkeit rund um Dreikönige zurückzuführen? Epiphanie nennt sich das christliche Fest «Erscheinung des Herrn». Im Mittelalter, aber auch noch heute, hat dieser Feiertag für die Gläubigen in südlichen Ländern oder in der Ostkirche eine viel grössere Bedeutung als der Heiligabend. An diesem Tag, dem 6. Januar, wird dort gefestet, gesungen, gut gegessen, getrunken und es werden Geschenke ausgetauscht. Seit wann wird der Brauch in unserer Region gepflegt und von wem? Im Mittelalter waren es hier in Münster die Stiftsschüler. Es war damals

Sternsinger aus Beromünster, wie sie in den Sechzigerjahren unterwegs waren. (Bild: Archiv Ludwig Suter) ein Feiertag. Die Schüler hatten schulfrei, zogen von Haus zu Haus und sangen. Das erfreute die Zuhörer und sie schenkten den Jugendlichen dafür «Chüechli» und Dörrobst. Wie hat er sich über die Jahre entwickelt? Nach und nach ging der Brauch verloren. Erst in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts besann sich die Beromünsterer Arztfamilie Dr. Müller-Dolder dieser alten Sitte und liess sie hier wieder aufleben. Erst viel später wurde auch in den anderen Ortschaften dieser Brauch übernommen, meist durch die Schulen. Welche Kleidung wurde getragen, wer durfte die Könige verkörpern? Frau Müller-Dolder schneiderte aus schönen Brokatstoffen die ersten Königskleider, bastelte mit farbigen Steinen und Goldfolien Kronen, Zepter, Schatullen und natürlich auch einen tragbaren Stern. Wie war es zu deiner Jugendzeit in den 60er-Jahren? Als Pfadfinder, welche damals den

Brauch pflegten, war ich natürlich auch mit dabei. Wir sangen traditionelle Dreikönigslieder: «Dir edles Bethlehem allein..., liebe Christen tut euch rüsten..., Quales delicias... Letzteres – da lateinisch – verstanden wir beim Singen auch nicht. Der Gesang tönte nicht immer rein, dafür sehr laut. Welche Rolle der Sternsinger gefiel dir am besten? Am liebsten mochte ich den «König von Schwarzafrika» – wie man heute sagen muss – verkörpern. Die Krone steckte auf einem Turban mit einem Federnbusch. Wir hatten diese begehrte Rolle einmal mit dem Schwarzpeterspiel ausgejasst. Welche speziellen Erinnerungen hast du daran? Mein Onkel brachte mir, zurückgekehrt von einer Pilgerreise ins Heilige Land, eine echte «Kufiya» mit. Das ist die traditionelle Kopfbedeckung der Araber, die mit einer Kordel auf Stirnhöhe getragen wird. Damit war ich natürlich nicht einer der Dreikönige, durfte aber dafür den Stern tragen.

«König» Ludwig Suter im Interview mit «Michelsämter»-Redaktorin Ursula Koch-Egli. (Bild: Sandro Portmann) Hat man schon immer Geld gesammelt dabei? Ja, es wurde Geld für die Missionswerke gesammelt. Wir hatten jeweils ein sogenanntes «Negerkässeli» mit dabei. Steckte man eine Münze in den Schlitz – ein Fünfliber ging wegen der Grösse nicht hinein – dann nickte das «Heidenkindli»** mit dem Kopf. Aber viele Leute gaben ja nur einen «Zweibätzler»*, das war damals auch schon viel.

bei eine Art «Pokemon go» in Beromünster spielen und so einen sechsten Stern in unserer Region finden könnte. Voll krass!

Wie verhielt es sich mit der Grosszügigkeit? Die Chorherren im Stift waren im Allgemeinen viel spendabler als die Leute unten im Flecken oder jene Randständigen in den Hintergassen, im Staublumpen***, im Ryn oder in der Brugg. Ich wusste schon, wer von den Chorherren grosszügig war und welcher dem Altardiener einen Franken oder nur einen 20-er gab.

Es gibt Leute, die den Sternsingern die Tür nicht öffnen. Was denkst du darüber? Sorry, man ist leider eben gerade am Handy beschäftigt. Überhaupt ist oft Bargeld im Haushalt nicht vorhanden und mit Bankkarten eine Spende fürs Klassenlager oder für karitative Zwecke, das geht nicht. Die Jungs und Mädels haben bis jetzt noch keinen Karten-Terminal bei sich.

Wie wird sich dieses Brauchtum verändern in Zukunft? Es wäre für manche Jugendliche mega cool, wenn man eine neue App «The three kings» herunterladen, da-

*

Soll es denn überhaupt erhalten bleiben? Warum nicht? Man könnte ja auch den Weihnachtsrummel, das Fasnachtstreiben oder das verlängerte Osterweekend mit dem Stau am Gotthard abschaffen.

Zweibätzler = Zwänzgi oder ZwanzigRappen-Münze ** Heidenkind = (afrikanisches) Kind nicht christlichen Glaubens, oder: Ungetauftes Kind *** Staublumpen = Heute: Chilegass

Männerchor Gunzwil

Jahreskonzert unter dem Motto «Das esch no Heimat» Nach «Glücksmomente» und «s' Läbe fägt» wird es nun heimatlich beim Männerchor Gunzwil. Das Jahreskonzert unter dem Motto «Das esch no Heimat» besticht durch viele Schweizer Hits zum Schunkeln und Mitsingen. Nach dem Auftritt beim «Feuerwerk der Musik» steht nun der nächste Höhepunkt des Männerchors Gunzwil an. Am kommenden Wochenende vom 20. und 21. Januar lädt der Chor zum Jahreskonzert ein, dieses Jahr unter dem Motto «Das esch no Heimat». Und so sieht auch das musikalische Programm aus, das der Solothurner Philippe Gantenbein und die Rickenbacherin Silvia Estermann leiten. Gesungen werden ausschliesslich Schweizer Hits wie «Schwan» von Gölä, «Kiosk» von Polo Hofer, «Rosmarie» von Georg Schlunegger oder «Swiss Lady» von Peter Reber.

Hohe Töne als Herausforderung Unterstützt wird der Männerchor durch das bodenständige Repertoire des Sekundarschulchors Beromünster. Die 32 Jugendlichen haben sich jeweils am Dienstagmittag zu gemeinsamen Proben unter der Leitung von Silvia Estermann getroffen. Eine Woche vor dem Konzert wurden die Proben intensiver. An den Proben war die Vorfreude auf das Konzert spürbar. «Wir freuen uns», sagten die Schüler unisono. Bei der Frage nach

Der Sekundarschulchor Beromünster bei den Proben fürs Konzert. dem Lieblingsstück gehen die Meinungen ein wenig auseinander. Den meisten gefällt «Lüüt so wie mer» am besten. Warum? «Weil es von Kunz ist», lautet die Antwort. Anderen wiederum gefällt «Swiss Lady» oder «Kiosk» am besten. Auch wenn es bei den Proben bereits bühnenreif klingt, so ist das Konzert für die Schüler trotzdem eine Herausforderung. «Besonders die hohen Töne sind schwierig», sagt eine Schülerin. Leiterin Silvia Estermann ist aber zuversichtlich, dass alles gut ablaufen wird.

Mottogetreue Outfits erwünscht Die Vorfreude bei Präsident Toni Dörig jun. ist bereits riesig. Besondere Freude hat er am «schönen Foto» beim Programmheft. Ursprünglich sei ein anderes Bild geplant gewesen, er hat sich aber für ein Bild aus «Möischter» stark gemacht – «schliesslich ist das Heimat», wie er sagt. «Es wäre schön, wenn die Besucher mottogetreu kommen könnten», sagt er weiter. Die besten Outfits zum Thema «Das esch no Heimat» werden von einer Jury prämiert. Toni Dörig wird den

Silvan Hermann und Kim Gassmann sind Co-Moderatoren. (Bilder: spo) Abend auch moderieren. Wer bereits an einem Jahreskonzert des Männerchors war, weiss, dass er das auf eine witzige und charmante Art machen wird. Und auch bei der Moderation erhält der Männerchor Unterstützung vom Sekundarschulchor Beromünster. Kim Gassmann und Silvan Hermann stehen als Co-Moderatoren neben Toni Dörig. «Wir freuen uns sehr», sagen die beiden. «Ich bin dann sicher aufgeregt», schätzt Kim Gassmann. «Ich nicht», sagt Silvan Hermann und begründet: «Wir sind ja alles

Menschen.» Menschen, die beste Unterhaltung, wie die vom Männerchor Gunzwil, zu schätzen wissen.

Mit Tanz und Abendessen Die Konzerte finden statt: Samstag, 20. Januar, 20 Uhr und Sonntag, 21. Januar, 16 Uhr in der Lindenhalle Gunzwil. Nachtessen ist am Samstag vor und nach dem Konzert möglich, am Sonntag nach dem Konzert. Am Samstag sorgen zudem «Schimbrig Power» für Tanz und Unterhaltung. Sandro Portmann


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