Schule designen! Designmethodik für Lernprozesse und Lernumwelten

Page 1

Schule designen! Designmethodik fĂźr Lernprozesse und Lernumwelten

Design, Kommunikation & Gesellschaft Wintersemester 2015/16 Univ.-Prof. Dipl. Des. Fritz Frenkler Dipl. Ing. Moritz Segers Dipl. Des. Johanna Kleinert Freya Albrecht, Doris Astner, Tojan Bieber, Lena-Balea Brockmann, Constanze Buckenlei, Nils Christensen, Stefanie Christof, Nils Enders-Brenner, Niklas Forchhammer, Simone Theresia Hirmer, Marco Kellhammer, Alexander RĂśmmelt, Ailar Saneifar, Carla Schorr, Jessica Tietz, Elisabeth Tsechanski, Alexandra Tzenova, Moritz von Ulardt, Marco Vrinssen, Jia Zeng, Matthias Zinkl



Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 rotado! - Aktionen zur Anregung der Kommunikation

5

Blickpunkt 29 „Hock di´ her“

41

südbook - das langlebigste und persönlichste Stück Papier aller Zeiten

59

Inklusion, Ernährung, Schule

79

Die optimale Pause

103

Cue

127



Vorwort Kann man Schule und Design sinnvoll verbinden? Was passiert, wenn man Schule aus Designperspektive betrachtet? Gemeint sind nicht nur Schulgebäude und Schulmöbel, sondern auch Lehrmittel, Lernmittel und Lernprozesse. Wie können wir das Umfeld Schule und die darin statt ndenden Prozesse genau beobachten, kritisch hinterfragen und gezielt gestalten? Dieser Frage sind 21 Studierende der Fachrichtungen Industrial Design und Architektur an der TUM in einem Kooperationsprojekt mit der Südschule Bad Tölz nachgegangen. Initiiert und gefördert wurde das Projekt durch die Hans Sauer Stiftung. Zusammen mit Schülern, Lehrern und Eltern haben die Studierenden unterschiedliche Projekte entwickelt und erprobt. Angepasst an die Situation vor Ort, bedarfsorientiert und niedrigschwellig umsetzbar sollten die Maßnahmen sein. Entstanden sind hierbei sieben Entwürfe, die zusammen die Vielschichtigkeit des schulischen Alltags widerspiegeln. Ernährung, Integration, Kommunikation, Identifikation, Präsentation, Spielen und Forschen sind die Themen mit denen sich die Studierenden auseinandergesetzt haben. Die Fokussierung auf gesellschaftliche Themen ist für Gestaltungsaufgaben eher unüblich. Doch gerade hierin liegt die Herausforderung für zukünftige Designer. Projektinitiator und Förderung: Hans Sauer Stiftung Projektpartner: Südschule Bad Tölz

3



rotado! - Aktionen zur Anregung der Kommunikation Nils Enders-Brenner, Ailar Saneifar und Alexandra Tzenova


Vorwort Im Rahmen des Seminars Design, Kommunikation und Gesellschaft soll die Arbeitsgruppe ein Konzept zum Thema “Schule designen!” entwickeln. Die Aufgabenstellung wurde von Univ.-Prof. Dipl. Des. Fritz Frenkler formuliert. Das Seminar wurde geleitet von Dipl.-Ing. Moritz Segers und Dipl. Des. Johanna Kleinert. Das Projekt behandelt ein gesellschaftlich relevantes Designthema. Am Ende des Projektes wird das Produkt in Form einer Ausstellung kommuniziert mit einem dazugehörigen Kommunikationskonzept gegenüber der Öffentlichkeit. In der folgenden Dokumentation werden die Zielsetzung, die Vorgehensweise und die Ergebnisse dieses Projekts beschrieben. In dieser Dokumentation beschreibt die Arbeitsgruppe die Produktentwicklung zum Thema Integration und Kommunikation der Mittelschüler und Mittelschülerinnen an der Südschule in Bad Tölz. An dieser Mittelschule gibt es einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund. Die Projektgruppe möchte die Gemeinschaft dieser Schüler und Schülerinnen verbessern. Der Aufgabenstellung liegt eine empirische Untersuchung der schulischen Lernprozesse und Lernwelten mit Mitteln der Designforschung zugrunde. Es werden auch zusammen mit Lehrern, Schüler und Eltern verschiedene umsetzbare Entwürfe entwickelt. Wichtig ist auch die Erprobung von partizipativen Elementen bei der Gestaltung von Lernwelten wie auch die Anpassung von bedarfsorientierten und niedrigschwellig umsetzbaren Maßnahmen an die Situation vor Ort. Bestandsaufnahme an der Südschule Bad Tölz Am 21. Oktober stattete der Studiengang Industrial Design der Technischen Universität München (TUM) einen Besuch an der Südschule in Bad Tölz ab. Die Südschule ist eine Mittelschule, die insgesamt 465 Schüler in 23 Klassen (9 Grundschulklassen und 14 Mittelschulklassen) umfasst. Die Hans Sauer Stiftung ist Projektpartner zum Thema “Schule designen!”. Die Auswertungen der Ergebnisse durch verschiedene Gruppen (Fotodoku, Heatmap, Stakeholder und Steckbrief) zeigt, dass die Schule einige Mängel aufweist, die man durch Design reduzieren kann. Nach einigen Auswertungen der Recherche wurde von jedem Studierenden ein Kurzentwurf erstellt. In diesem Kurzentwurf wurden die Vorstellungen und die Ideen präsentiert und genauer erläutert. Anschließend wurden Gruppen gebildet. Die Gruppen sind an den Gemeinsamkeiten der Kurzentwürfe verschiedener Studenten ausgerichtet. Nils Enders-Brenner und Alexandra Tzenova bilden eine Gruppe, die den Schwerpunkt Kommunikation/Integration bearbeitet, da die Mittelschüler zum eigenen Agieren angestoßen werden sollen, damit die Schulatmosphäre verbessert wird. Gegenstand am zweiten Ermittlungstag ist die konkrete Auseinandersetzung mit der Kommunikation und Integration an der Südschule. Es wurde nach den Migrationshintergründen der Schüler und Schülerinnen gefragt 6


Abb. 1: Der Alltag im Pausenhof der Südschule Bad Tölz. Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 1

und wie man unter diesen Umständen richtig kommuniziert, da es keine Klasse nur mit Schülern gibt, deren Muttersprache Deutsch ist. Der Migrationsanteil in den Klassen ist sehr unterschiedlich aufgebaut, zwischen 5 % und 90%1. Zudem stammt eine große Anzahl der Schüler von Förderschulen. Diese Schüler kommen in sogenannte Kooperationsklassen (Koop-Klassen). Dort werden sie von den Lehrern und zusätzlichen Betreuern, die ein freiwilliges soziales Jahr machen, intensiv betreut. Konrektor Michael Basel hat der Gruppe kurz die Südschule präsentiert. Seine Worte lauteten: „Die Südschule ist eine Volksschule - das heißt eine Grundschule und Mittelschule - in Bad Tölz mit insgesamt 23 Klassen und relativ vielen Schülern mit Migrationshintergrund. Unsere Schule zeichnet sich dadurch aus, dass wir ein gebundenes Ganztagsprogramm haben. In der Mittelschule gibt es in jeder Jahrgangsstufe mindestens eine Ganztagsklasse, die von früh bis Nachmittag betreut wird. In der Schule gibt es verschiedene Projekte, die den ganzen Tag ablaufen. Wir sind eine Schule, die sehr offen ist für Projekte, um sich zu orientieren. Eine Schule, die nach vorne schaut und mit einem homogenen Lehrerkollegium, das eher die Tendenz hat, offen zu sein für Innovation. Und ich hab das Gefühl die Kinder insgesamt kommen gerne zu uns zur Schule. Und die Lehrkräfte tun es auch.“

(1) Anzahl der Schüler und Schülerinnen mit und ohne Migrationshintergrund Quelle: Daten der Südschule Bad Tölz

Zitat Konrektor Basel Quelle: Interviewaufnahme am 17. November 2015

Außerdem erwähnte der Konrektor, dass die Schule viel Unterstützung von Ehrenamtlichen bekommt.

7


Ungarn Rumänien Bulgarien

8üG

Kroatien Abb. 2: Die Nationalitäten der Übergangsklasse an der Südschule Bad Tölz. Quelle: Daten der Südschule Bad Tölz

Irak

Syrien

Afghanistan Abb. 2

In der Südschule gibt es eine Übergangsklasse. Frau Neulinger, die Lehrerin der Übergangsklasse, stand der Gruppe als Interviewpartnerin zur Verfügung. In dieser Übergangsklasse befinden sich ungefähr zur Hälfte Zuwanderer und die andere Hälfte sind Flüchtlinge. Die größte Anzahl der Flüchtlingskinder kommen aus Syrien, die kleinere Anzahl aus Irak und Afghanistan. Die europäischen Migranten kommen aus Bulgarien, Kroatien, Ungarn und Rumänien, also auch aus EU-Ländern. Insgesamt befinden sich 18 Schüler und Schülerinnen in der Übergangsklasse. In der Klasse werden überwiegend Deutschkenntnisse und die sozialen Werte der Gesellschaft vermittelt. Als die Gruppe wenig später zum ersten Mal mit der Übergangsklasse konfrontiert war, hießen die Schüler die Gruppe sehr herzlich willkommen und waren überaus höflich. Einige gaben sich die Mühe gutes Deutsch zu sprechen, doch es reicht leider nicht für einen Beruf aus, eher für soziale Kontakte. Ungefähr ein Viertel der Schüler haben äußerst minimale Deutschkenntnisse, da sie sich erst seit einigen Monaten in Deutschland befinden. Viele der Zuwanderer aus bestimmten Kulturkreisen zollen Frau Neulinger einen großen Respekt, weil sie als Lehrerin einen hohen sozialen Stand behält. Frau Neulinger ist die Klassenleiterin und sie kümmert sich den ganzen Tag um die Schüler. Deswegen entsteht zwischen den Schülern und der Lehrerin eine besondere Beziehung. Während der Schulzeit sind sie immer zusammen, zum Sport und zum Mittagessen in der Mensa. Natürlich entstehen auch Konflikte zwischen den Zuwanderern, besonders zwischen den Europäern und den Flüchtlingen, da sie unterschiedliche Kulturkreise und Hintergrundgeschichten haben. Insgesamt vertragen sie sich aber gut. Man merkt allerdings, dass sie immer unter sich bleiben und sich nicht für andere Schüler 8


Abb. 3: Tag der offenen Tür an der Montessori-Schule am 28. November 2015 Abb. 3

Quelle: eigene Aufnahme

öffnen. Dies ist eigentlich ein gutes Zeichen, aber andererseits müssen sie sich öffnen können, wenn sie ihre Deutschkenntnisse deutlich verbessern wollen. Frau Neulinger ist dafür zuständig, dass die soziale Integration der Schüler mit Migrationshintergrund nachhaltig verbessert werden soll. Fehlende oder geringe Deutschkenntnisse sind für Schulanfänger und spät einsteigende Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Muttersprache ein großes Hemmnis für die Integration und den Schulerfolg. Die Deutschfördermaßnahmen wirken dem gezielt entgegen. Ausländer, die viel mit den Einheimischen in Kontakt kommen, lernen die Kultur und deren Sprache mühelos in kürzester Zeit. Zwischenpräsentation und weitere Recherchen Eine Woche später, am 25. November, fand eine Zwischenpräsentation am Lehrstuhl für Industrial Design statt. Der Ansatz unserer Gruppe für diese Zwischenpräsentation war die Verbesserung der Integration der Schülergruppen, indem Kommunikationsprozesse gefördert werden. Dazu soll ein Produkt entwickelt werden, das die Kommunikation zwischen den Schülern und Schülerinnen initiiert und inspiriert, da die Schülerschaft der Schule interkulturell gemischt ist. An diesem Tag wurde die Gruppe mit Ailar Saneifar um eine Person erweitert. Die Montessori Schule hatte am 28. November 2015 einen Tag der offenen Tür. Dort hat die Gruppe für ihre Arbeit weiter ermittelt. Einige selbstbewusste Schüler führten die Eltern und die Gruppen durch die ganze Schule und gaben nebenbei Informationen über 9


Abb. 4: Die Übergangsklasse bei einem Experiment. Quelle: Eigene Aufnahme

Abb. 4

das Schulsystem und die Schule. Es gab auch gute Gelegenheiten, einige Interviews mit den Eltern und Lehrer durchzuführen. Das Lernumfeld der Montessori Schule ist so gestaltet, dass Kinder sinnliche und soziale Erfahrungen machen können. Es kommt nicht darauf an, dass jedes Kind das Gleiche erreicht, sondern darauf, dass jedes Kind entsprechend seinen Möglichkeiten das Beste aus sich herausholt. Jedes Kind kommt mit unterschiedlichen Fähigkeiten und wird dort abgeholt, wo es gemäß seiner Entwicklung steht. Am 8. Dezember ist der dritte Recherchetag an der Südschule. Die Gruppe hat Fragebögen erstellt, um mehr über den Lebensalltag einzelner Schüler zu erfahren. Die Schüler werden befragt nach Freizeitmöglichkeiten in den Pausen, außerdem wie sie zur Schule kommen und was sie nach der Schule machen. Die Bögen wurden in der Pause verteilt und auch in bestimmten Klassenräumen, in der G8 und auch in der Übergangsklasse, da die beiden Klassen einen hohen Migrationsanteil aufweisen. Einige Tage später wurden die Fragenbögen ausgewertet, und dadurch konnte man sich einen genauen Überblick der Gruppenzugehörigkeiten einzelner Schüler und Schülerinnen verschaffen. Nebenbei haben die Designer auch ein kleines Experiment in zwei Klassen durchgeführt, der G8 und Gü8: Es wurden Papierfetzen in den Luft geworfen, wobei die jungen Schüler und Schülerinnen jeweils einen Papierfetzen auffangen mussten und mit den anderen vergleichen mussten. Immer zwei Fetzen passten zusammen, zum Beispiel waren auf zwei Papierfetzen ein Haus zu sehen, und auf dem anderen Paar eine Blume. Das Ganze wurde mit der Kamera aufgenommen und später ausgewertet. Man konnte die Unterschiede zwischen den beiden Klassen erkennen, ebenso die Stärken und die Schwächen der Schüler. Interessant war es auch, dass die Übergangsklasse überwiegend selbstbewusste Schüler aufweist. 10


Sil

san Sin

Jin

Lar

Sof

L

Dal

Zah

Sid Als

Moh Moh

Abb. 5: Grafische Darstellung der

Tal

und Schülerinnen der Übergangsklasse

Mus

Ahm

Quelle: Fragebogen

Em

Mis

2

4

Beziehungen zwischen den Schülern

Moh 1

Ala

Ab

Vah Oli

Ri

Kev He

L Lehrer

Schüler der Ü-klasse, M Schüler der Ü-klasse, W andere Schüler der Südschule außerschulische Kontakte außerschulische deutschsprachige Kontakte

beidseitig genannte Freunde einseitig genannte Freunde Freunde Jungs/Mädchen Kontakte Abb. 5

11


Übergangsklassen Es gibt ein aktuelles Thema in Bayern. Es wurde in vielen deutschen Zeitungen und Zeitschriften zum Wort des Jahres gekürt: Flüchtlinge. Diese schwierige Aufgabe wird Deutschland auf eine harte Probe stellen. Im Zeitraum Januar bis November 2015 sind ca. eine Million Flüchtlinge von der Bundespolizei registriert worden. Jeden Tag werden in Deutschlands Erstaufnahmeeinrichtungen neue Flüchtlinge registriert, darunter viele unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge. Für alle Jugendliche bis 21 Jahre gilt in Bayern Schulpflicht. Bis 15 Jahre werden sie in Grund- und Mittelschulen betreut, ältere Flüchtlinge werden auf Berufsschulen geschickt (Deutschlandfunk, 14.10.2015). Die Schulpflicht gilt auch für die Zuwanderer und Flüchtlinge. Für die Schulen bedeutet das, dass sie sehr viele minderjährige Flüchtlinge aufnehmen müssen, die in aller Regel überhaupt kein Deutsch können. In Bayern wurde für diese Kinder spezielle Übergangsklassen eingerichtet. Im Zeitraum zwischen 2014 (240) und 2016 (470) haben sich diese Übergangsklassen in Bayern fast verdoppelt (km.bayern.de). Mit den Übergangsklassen versucht die bayerische Regierung, dass die 65.000 ausländischen

Anzahl der registrierte Flüchtlinge in Deutschland 2015. Jan.-Nov.

ca. 900.000 davon schulpflichtige Kinder und Jugendliche

ca. 17%* Abb. 6: Grafikdarstellung der Fakten im Zeitraum von Januar bis November

6-9 jährige

2015. Quelle: Tagesspiegel.de, bertelsmann-stiftung.de

Übergangsklassen

Abb. 6

12

10-15 jährige

16-18 jährige


Schülerinnen und Schüler in den Grund- und Mittelschulen die deutsche Sprache schnell und gründlich erwerben und, dass sie reibungslos in die Schule, mithin in die Gesellschaft integriert sind. Der Schwerpunkt liegt auf der frühzeitigen und intensiven Sprachförderung. Doch wie definiert man die Übergangsklasse an den bayerischen Mittelschulen genau? Übergangsklassen werden für Schülerinnen und Schüler angeboten, die als Quereinsteiger in das bayerische Schulsystem eintreten und nur rudimentäre oder gar keine Deutschkenntnisse haben. Die Grundlage für den Unterricht in der Übergangsklasse stellt der Lehrplan Deutsch als Zweitsprache dar. Durch stark differenzierte Unterrichtsformen sollen die Schülerinnen und Schüler besonders in der deutschen Sprache gefordert und gefördert werden und bei entsprechendem Lernfortschritt in der deutschen Sprache in die entsprechende Jahrgangsstufe der Regelklasse zurückgeführt werden. In diesem Fall bietet die Südschule in Bad Tölz den Jugendlichen attraktive und umfassende Angebote im Sport und in der Freizeit. Es gibt eine große Anzahl von verschiedenen Programmen wie Dance & Talk, HipHop & Akrobatik, Tölzer Jugendcafé und Durch-Boxen. Auf diese sinnvolle Weise werden die Bedürfnisse die Jugendlichen befriedigt. Jedoch muss Frau Neulinger den Schülern so früh wie möglich eine klare Wertebasis vermitteln, an der sie sich orientieren können. Das Ganze bedeutet zusammengefasst: Die Schülerinnen und Schüler der Übergangsklassen sollen eine Gemeinschaft bleiben, aber sie sollen sich auch für andere Schülerinnen und Schüler öffnen. Genau dieses Ziel will die Gruppe „Kommunikation & Integration“ erreichen, indem sie ein bestimmtes Produkt entwickelt. Das Spiel rotado! Spielen als Kommunikationsform: Kein anderes Medium vermag Schüler derart zu fesseln und ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen wie auch die Motivation zu fördern wie ein Spiel. Überall auf der Welt nehmen Spiele bei der Kindererziehung eine große Rolle ein. Jeder Erwachsene erinnert sich gerne an die Spiele, die er mit den Eltern, Geschwistern und vor allem mit seinen Freunden gespielt hat. Diese Freude kann auch in den Schulalltag übertragen werden. Seit Jahren gewinnen Spiele in der Schule zunehmend an Bedeutung. Viele Lehrer nutzen Spiele, nicht selten selbstentwickelt, zum Einstieg oder zur Festigung des Lerninhaltes. Die Schüler lernen somit spielerisch mit den wichtigen Inhalten des Lehrplans umzugehen. Kaum ein Lehrbuch für die Schule kommt heute noch ohne Spiele aus, die meist am Ende eines Kapitels angehängt werden. Der Vorteil an diesen Spielen ist ganz klar der zusätzliche Reiz für die Kinder. Vorteilhaft ist auch, dass besonders Jungen den Wettbewerbsgedanken bei den meisten Spielen mögen. Jungen werden stark dadurch motiviert, indem sie den Gedanken haben, besser als ihre Freunde zu sein. Bei den Mädchen ist der Wettbewerbsgedanke zwar auch ausgeprägt, aber deutlich schwächer. Das Spiel rotado! soll beide Geschlechter ansprechen und musste dementsprechend für Jungen und 13


Mädchen motivierend sein. Deshalb sollte ein gewisser Wettbewerbscharakter vorhanden sein, der aber nicht derart stark ausgeprägt ist, dass die Mädchen abgeschreckt werden. So werden in dem Spiel zwar Gruppen gebildet, die gegeneinander antreten, aber es werden keine Punkte mitgezählt, wodurch es am Ende keine Gewinnermannschaft gibt. In dem vorliegenden Fall ist der große Vorteil des Spiels, dass dieses vorwiegend nonverbal stattfinden kann. Besonders die Übergangsklasse, bei der kaum Deutschkenntnisse vorhanden sind, kann sich so miteinander verständigen und zusammen Spaß haben. Schön ist dabei der Gedanke, dass es zum interkulturellen Austausch zwischen den Kindern der Übergangsklasse und den deutschen Kindern kommen kann. Wie jeder aus seinen Urlaubserlebnissen aus der Kindheit kennt, spielt die Sprachbarriere bei Spielen meist keine Rolle. So spielen im Urlaub deutsche, italienische und französische Kinder gemeinsam am Strand, als gäbe es diese Sprachbarriere überhaupt nicht. Genau dieses Verhalten soll in den Schulalltag übertragen werden. Um den Austausch der Schüler zu fördern, wurde ein Spiel entwickelt, bei dem nahezu keine besonderen sprachlichen Voraussetzungen für de Kommunikation vonnöten ist das Spiel kann in jeder Sprache gespielt werden.

Abb. 7: Die Schüler feuern sich an. Quelle: Eigene Aufnahme

Abb. 7

14


Abb. 8: Die Luft anhalten. Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 8

Aufbau des Spiels Als erstes soll nun der Aufbau des Spieles beschrieben werden. Das Spiel erinnert ein bisschen an das bekannte Flaschendrehen, nur dass auf den Wahrheitsteil verzichtet wird und der Pflichtteil in den Vordergrund rückt. Das Hauptbauteil ist eine kreisrunde Scheibe, welche sich frei drehen lässt – die Spielscheibe. Diese Scheibe ist in vier Viertel unterteilt. Auf jedem dieser „Kuchenstücke“ sind mehrere kleine Beschriftungsfelder angebracht. Auf diese Spieltafeln werden von den Schülern mit Kreide Aufgaben notiert. Der erste Schüler dreht nun die Scheibe. Eines der vier Viertel bleibt in der Höhe eines kleinen Fähnchens, dem „Stopper“, stehen. Von diesem Viertel wird nun eine Aufgabe abgelesen. Die Idee hierbei ist, dass die Schüler alle aufgeschriebenen Aufgaben auf der Scheibe nacheinander erfüllen müssen. Das Erfüllen der Aufgaben erfolgt innerhalb eines Viertels von innen nach außen. Haben die Schüler der Gruppe die Aufgabe erfüllt, ist die nächste Gruppe mit dem Drehen an der Reihe. Typische Aufgaben wären beispielsweise: 2 Minuten die Luft anhalten, einen Handstand machen, ein Rad schlagen, einen Purzelbaum machen, 50 Sprünge machen usw. Das Schöne an den Tätigkeiten ist, dass ihnen keine Grenzen gesetzt sind. Die Schüler schreiben vor Beginn des Spiels die Tätigkeiten auf, die sie sich dazu selbst ausdenken. So werden in jeder neuen Spielrunde neue Aktionen auf den Tafeln stehen, wodurch sich das Spiel selbst stets verändert. Damit wird das Spiel auch nach mehrmaligem Spielen nicht langweilig. Das Interessante an dem Spiel ist vor allem, dass das Zuschauen und das Ausführen gleichermaßen Spaß machen. Eine Gruppe muss die selbst gedrehte Aktion ausführen, während die anderen Gruppen zuschauen. Die Zuschauer erleben stets 15


ein neues Spektakel, das es zu bestaunen gibt. Insbesondere wenn die zu erfüllende Aktion von ihnen selbst ausgedacht wurde. Um den interkulturellen Austausch zu fördern, sollen die Schüler die Aktionen in ihrer Muttersprache aufschreiben. Sobald nun eine dieser Tätigkeiten gedreht wurde, muss der Text erst ins Deutsche übersetzt werden. Die Schüler lernen somit spielerisch die deutsche Sprache kennen, während die deutschen Kinder andere Sprachen und nebenbei auch andere Kulturen kennenlernen. Jede Tätigkeit, die erfüllt wurde, wird per Kreide durchgestrichen und beim nächsten Mal, wenn das Viertel gedreht wird, wird die Tafel, welche weiter außen liegt, gespielt. Sobald alle Tafeln durchgestrichen sind, ist das Spiel zu Ende. Eine Maximalzahl an Mitspielern gibt es nicht. Die Minimalzahl sind zwei Kinder. Sobald mehrere Kinder mitspielen, können bis zu vier Gruppen eingeteilt werden. Jede Gruppe sollte ungefähr gleich groß sein. Dadurch, dass jedes Gruppenmitglied an den Aktionen teilnimmt, spielt die Maximalgröße einer Gruppe kaum eine Rolle. Durch das erfolgreiche Erledigen einer Tätigkeit in der Gruppe freuen sich alle Gruppenmitglieder und der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe steigt stark an. Praktisch ist, dass das Spiel komplett auf zusätzliches Spielmaterial verzichtet. So werden keine Figuren, Würfel, Stifte oder sonstiges benötigt. Besonders in Schulen ist es oft problematisch, dass Materialien verloren gehen. Durch den bewussten Verzicht auf solche Materialien ist das Spiel immer sofort startklar und auch langfristig brauchbar. Praxistest mit einem Prototyp Fraglich war natürlich, wie gut die Schüler das Spiel annehmen würden. Dazu fuhren wir am 11. Januar in die Südschule von Bad Tölz und testeten das Spiel. Um die drei Entwicklungen zu testen, nutzten wir die Zeit innerhalb der Mittagspause. Dort hatten die Schüler knapp 30 Minuten Zeit, unsere verschiedenen Objekte zu testen. Mit Abstand die besten Resultate brachte das Spiel. Ohne groß die Werbetrommel zu rühren, fingen die Schüler an, sich um das Spiel zu scharen. Innerhalb von Minuten war das Spiel der Anziehungspunkt schlechthin. Immigrantenkinder und deutsche Kinder spielten gemeinsam das Spiel. Wir erklärten kurz die Regeln und ließen die Kinder dann alleine spielen. Wie erhofft, wurden die Kinder der Übergangsklasse sofort integriert. Vier verschiedene Sprachen (Deutsch, Arabisch, Farsi und Türkisch) fanden sich auf den Tafel wieder und mussten zum Spielen übersetzt werden, was sehr gut funktionierte. Die Kinder freuten sich sehr über gemeisterte Herausforderungen und mussten unglaublich viel lachen. Von der Altersstufe her wurden diverse Kinder angesprochen. Es lässt sich zwar sagen, dass bevorzugt die jüngeren Kinder die Klientel waren, aber auch die älteren Jahrgänge zeigten Interesse an dem Spiel. Während der Spielphase traten keine weiteren Probleme oder Fragen auf. Die Schüler konnten sich hervorragend selbst beschäftigen. Nach 30 Minuten war die Mittagspause vorbei und die Kinder waren kaum mehr vom Spiel zu lösen. Auch nach dem intensiven Gebrauch des Spieles waren keinerlei Abnutzungserscheinungen am Spiel zu erkennen. 16


Abb. 9: Beschriftung der Spielfelder. Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 9

Abb. 10: Der beschriftete Prototyp Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 10

17


Abb. 11: Der Prototyp im Einsatz. Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 11

Alle Anforderungen, die wir an das Spiel hatten, wurden innerhalb dieser 30 Minuten übererfüllt. Die Schüler nahmen das Spiel begeistert an. Die Kinder der Übergangsklasse wurden perfekt integriert. Es kam zum kulturellen Austausch. Die Sprachbarriere spielte keine Rolle. Die Schüler waren hochmotiviert und hatten unglaublich viel Spaß. Das Spiel selbst war robust und der Ablauf des Spiels wurde sofort verstanden. Der Test des Spiels wurde somit am 11. Januar erfolgreich abgeschlossen. Den zweiten Anwendungsbereich des Spiels konnten wir aber noch nicht testen. Wie oben beschrieben, lässt sich das Spiel hervorragend für die Schülerkommunikation und den Austausch der Schüler nutzen – von Schüler zu Schüler. Eine weitere Möglichkeit ist aber die Einbindung des Spiels in den Unterricht. Dazu tritt der Lehrer als Moderator auf und bestimmt die Spielregeln. Beispielsweise kann der Lehrer das Spiel zum Einstieg, zur Wiederholung oder zum Festigen der Lerninhalte nutzen. Wie kann man sich einen Einstieg mit dem Spiel vorstellen? Der Lehrer lässt die Schüler Begriffe aufschreiben, die sie mit dem aktuellen Thema verknüpfen. Diese Begriffe sollen die Schüler jeweils auf eines der Tafelsegmente schreiben. Danach dreht der Lehrer die Spielscheibe, und je nachdem welche Spieltafel gedreht wird, soll der jeweilige Schüler auf den entsprechenden Begriff eingehen. Eine Möglichkeit, das Spiel zur Wiederholung zu nutzen, wäre, dass der Lehrer die wichtigsten Begriffe eines Themas auf die Tafel schreibt. Jeder Schüler darf nun drehen und muss den Begriff erklären, den der Schüler sich gedreht hat. Damit werden die Schüler spielerisch lernen, mit den Begriffen umzugehen. Die Festigung der Lerninhalte funktioniert auf dieselbe Art und Weise. Als Alternative können auch die Schüler selbst die wichtigsten Begriffe auf die Platten schreiben, was den spielerischen Reiz noch erhöht. 18


Um den Spaßfaktor weiter in den Mittelpunkt zu stellen, könnte man die Tätigkeiten von oben wieder forcieren. Jeden Begriff, den die Schüler drehen, müssen sie im Rahmen eines kleinen Rollenspiels darstellen. Diese Beispiele sollen zeigen, wie vielfältig das Spiel im Schulalltag eingesetzt werden kann. Kein anderes Medium hat diese motivierenden Eigenschaften. Und das Spiel rotado! vereint all die positiven Eigenschaften, die ein Spiel aufweisen kann, um für die Schüler eine angenehme, kommunikative und lernwillige Atmosphäre zu schaffen. Technische Gestaltung Das Spiel selbst wird aus Holz angefertigt. Auf kleine Holzplatten wird Tafellack gestrichen, der günstig und robust ist. Somit lassen sich auf einfache Art und Weise die Tafelplatten herstellen, die mit einem Lappen nach jedem Spielgebrauch wieder geputzt werden. Das einzige notwendige Zubehör ist eine einfache Schulkreide, um die Tätigkeiten auf die Tafel zu kritzeln. Der Tafelschwamm wird zur Reinigung der Platte genutzt. Wichtig war, dass das Spiel auch nach mehrmaligen Benutzen keine Schäden aufweisen darf. Dazu ist die Konstruktion aus Holz perfekt geeignet. Es wurde 12 mm dickes Multiplex verwendet, da es sehr widerstandsfähig ist und sich einfach verarbeiten lässt.

Abb. 12-15: Der Modellbau in der Werkstatt. Quelle: Eigene Aufnahme Abb. 12-15

19


Abb. 16: Die grafische Darstellung von rotado! Quelle: Eigene Abbildung

Tafelscheibe

Drehteller mit Vertiefung

Stopper

Boden

Kugellager

Stopper

Griff

Abb. 16

20

Rutschhemmer


Namensfindung / Wortmarke Das Wort rotado! wurde ausgesucht, weil es den Charakter des Spiels genau wiedergibt: Es besteht aus zwei Wörtern, rotation und do! (engl. machen).

quips dre‘ma dre‘ma Thema do it! rotato rotator rotado! was steht da? was bedeutet es du bist dran tu es! mach es! dreh es tu es! dre‘s tu‘s caroudo

rotado! caroudo rotator rotator 21


Kurzbeschreibung Schulpflichtige Kinder und Jugendliche (im Alter von 6-16 Jahren) mit Migrationshintergrund und mit fehlenden Deutschkenntnissen kommen in der Regel in sogenannte Sprachlernklassen, Vorbereitungsklassen oder auch Übergangsklassen. Die Schülerinnen und Schüler der einzelnen Sprachgruppen bleiben meist unter sich. Daraus resultieren Sprachbarrieren, die zu Unsicherheit und Befangenheit untereinander, vor allem aber auch zu den Mitschülerinnen und Mitschülern in den anderen Klassen führen können. Dadurch wird der Austausch zwischen den einzelnen Sprachgruppen und somit auch die Integration in die Regelklassen verzögert. “rotado!” ist ein Gesellschaftsspiel, das zwischen vier Gruppen gespielt wird. Auf einem rotierenden Teller sind unterschiedliche Aufgaben zu lesen, die von den Schülern spontan mit Tafelkreide auf das Spielfeld aufgeschrieben werden. Die Aufgaben werden in den zahlreichen Landessprachen der Schüler verfasst. Damit sie verstanden und gelöst werden können, müssen die Spieler der verschiedenen Sprachgruppen aktiv aufeinander zugehen und die jeweiligen Muttersprachler um eine Übersetzung von der Herkunftssprache in das Deutsche bitten. So entsteht ein dynamischer Austausch zwischen allen Schülern. Bei der Auswahl der Aufgaben werden die Schüler von ihren Erziehern oder Lehrern unterstützt: die Aufgaben sollen so gestellt werden, dass sie den Erwerb sozialer Kompetenzen begünstigen und gezielt stärken. Weil die Aufgaben in eine gemeinsame Sprache, in das Deutsche, übersetzt werden, wird das Erlernen der deutschen Sprache gefördert und gleichzeitig Neugier für die Sprache und Kultur der Neuankömmlinge geweckt. Beim Spiel kommen die Menschen sich näher und bleiben bei sich selbst. Das heißt, dass die Menschen nicht immer nur rational denken sollen, sondern sich auch spielerisch entwickeln. Der Mensch soll zu einem ganzen Menschen werden, wenn er spielt. Daher hat Friedrich Schiller diesen berühmten Satz aus dem Essay “Über die ästhetische Erziehung des Menschen” aus dem Jahre 1796 geschrieben: Der Mensch “ist nur da ganz Mensch, wo er spielt”.

22


Abb. 17-18: Das fertige Spielbrett. Quelle: Eigene Aufnahme

Abb. 17 - 18

23


Abb 19 - 22: Detailaufnahmen von rotado! Quelle: Eigene Aufnahme

Abb. 19 - 22

24


Präsentation Das Spiel im Einsatz: rotado! wurde von Kindern und von Erwachsenen gespielt. Die Bilder zeigen noch einmal die Herausforderung, die mit der Enwicklung des Spiels verbunden war: Es sollte, ohne infantil zu wirken, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gleichermaßen Freude machen und zugleich kulturell übergreifende Verbindungen schaffen. Abb. 23-25: rotado! bei der offiziellen Präsentation. Quelle: Johanna Kleinert

Abb. 23 - 25

25


Abb. 26: rotado! Quelle: Johanna Kleinert

Abb. 26

26


27



Blickpunkt Marco Vrinssen, Niklas Forchhammer, Carla Schorr


Stufenübergreifendes Kunstprojekt

Kommunikation Gemeinschaft Gestaltung

Akustik & Gestaltung

Abb. 1: Zusammenführung der Gruppe

Kommunikation & Problemerkennung

anhand gewählter Kurzentwürfe und die sich daraus ergebende Thematik. Abb. 1

Orientierungsphase Zu Beginn des Projektes durften wir uns anhand von bereits durchgeführten Umfragen (Steckbriefe) einen ersten Eindruck vom Meinungsbild vor Ort machen. Befragt wurden Lehrer, Eltern, sowie Grund-, und Mittelschüler der Südschule Bad Tölz. Die Steckbriefe wurden durch eine ausgewählte Gruppe an Studenten ausgewertet. An einem Präsentationstermin vor Ort wurden die Ergebnisse vorgestellt und weitere Nachforschungen betrieben. Zum einen wurden die Schüler durch das Schulgebäude und die Höfe begleitet, um sich ein genaueres Bild der Örtlichkeiten zu verschaffen. Außerdem wurden Heatmaps zusammen mit den Schülern erstellt, die die Wünsche der Schüler betrafen. Zudem wurden Interviews mit einigen Lehrern geführt. Der ganze Tag wurde fotografisch dokumentiert. Dieser erste Termin gab den Startschuss zu den ersten Kurzentwürfen von Grundkonzepten. Jeder Kursteilnehmer entwarf eine Idee wie eine spürbare Verbesserung an der Schule zu erreichen sei. Einige davon behandelten die Ausstattung der Schule, andere hingegen den Service an der Schule. Nachdem jeder sein Konzept vorgestellt hatte, ließ sich so herauskristalisieren, welche sich gut für eine Zusammenarbeit vereinen ließen. So stellten sich nach und nach einige Gruppen zusammen; zuerst Dreier-, und Vierergruppen die dann später zu einheitlichen Dreiergruppen aufgeteilt wurden. In unserer Gruppe war der Wunsch vorherrschend, die Schüler direkt in das Projekt zu integrieren und so die Kommunikation zwischen der Schule und den Schülern zu fördern. Daraus entstand der erste Ansatz zu unserem finalen Konzept, nämlich der einer Kommunikationsplattform. Hauptsächlich von Schülern genutzt, sollte diese Plattform aktuelle Themen im Schulalttag (Probleme, Fragestellungen, Meinungen, Beiträge) im Leben der Schüler öffentlich machen. 30


Abb. 2: Die Flure der Schule und das Treppenhaus sind ungenutzte Flächen, die sich aber als Präsentationsfläche anbieten würden, da sie ständig genutzt werden. Abb. 2

Recherche Um uns einen genaueren Eindruck von der Ausstattung der Schule zu machen, fuhr unsere Gruppe noch einmal dorthin. Vor Ort stellten wir fest, dass Teile der Schule komplett ungenutzt sind. Flure und Treppenhaus sind fast gänzlich leer. Deswegen entschieden wir uns, etwas für diese ungenutzte Fläche zu entwerfen um die Schule etwas aufzuwerten. Im Gespräch mit den Schülern wurde uns klar, dass diese kaum wussten was in den Klassen um sie herum behandelt wurde. Außerdem war vielen nicht bewusst, welche Aktivitäten die Schule für sie bereithält. Dabei hat die Schule ein großes Angebot an spannenden Kursen (vor allem für die älteren Schüler). Dieser Informationsaustausch zwischen der Schule und ihren Schülern schien zu fehlen, trotz einer schuleigenen Webseite. Weiterhin bekamen wir durch eine Lehrerin des Kollegiums den Anreiz etwas zu entwerfen, das die Kommunikation zwischen den Kursen und Arbeitsgruppen fördern und die Organisation erleichtern würde. Außerdem hieß es offiziell, es würden nur unregelmäßig Projektergebnisse auf einer handvoll Stellwänden ausgestellt werden und dies auch nur in Papierform. Es käme schnell zu einem Gebrauchsstau bei der Anfrage auf die Stellwände. Nach der Recherche war klar, dass wir einen großen Anforderungskatalog hatten, dem es galt möglichst nahe zu kommen: Zusammenarbeit, Austausch über ein Präsentationsplattform, die Identifikation mit dem Lehrinhalt und ein optisch aufwertender Charakter. Außerdem galt es zu beachten, dass der Schulalltag einen meist sehr durchgetakteten Zeitplan verfolgt und dass das Kollegium und die Schüler wenig Zeit zum Erproben von neuen Infrastrukturen haben. Deswegen war ein weiter Anspruch an unser Projekt, sich möglichst einfach in den Alltag der Schule zu integrieren. 31


Konzeptvorschläge Nach der Recherche, in der wir eine Ahnung bekamen in welche Richtung unser Projekt tendieren sollte, machten wir uns daran, unsere ersten Ideen zu visualisieren. Dazu fertigten wir Skizzen an, die verschiedene Ausführungen einer Kommunkationsplattform darstellten (Abb. 3 ).

Abb. 3

Dies sollte sich als wichtig herausstellen um zu bemerken, dass unsere bisherigen Leitmotive noch zu diffus und von uns bisher unbewertet im Raum standen. Vor allem fiel uns im Gespräch mit Gruppenexternen und den Mentoren auf, dass Entscheidungen, die wir zu Anfang leichtfertig getroffen hatten, vor Außenstehenden schwer zu argumentieren waren. Es war uns zwar möglich die Projektrichtung zu beschreiben und welche Hauptanliegen wir bereits herausgearbeitet hatten, allerdings waren diese sehr vage und hielten einer Arguementation nicht stand. Als unsere erdachten Leitmotive nicht mehr präsize genug erschienen, machten wir uns noch einmal daran die Anforderungen zu konkretisieren und zu überlegen mit welchen Ideen man sich diesen annähern könnte. Mithilfe einer User Journey Map oder auch einer Why-How-What Map auf Empfehlung von Barbara Franz (IDEO) konnten wir einige Kernthemen herausbilden, verfestigen und richtig ausformulieren. Bei Ausarbeitung der Methode kamen wir zu den Kernmotiven, die die Grundlage unserer weiteren Entwicklung bilden (Abb. 4). Sobald diese erstmal formuliert waren, war das weitere Verfahren viel einfacher. Wir sammelten Konzepte auf vorgefertigten Papiertemplates, auf denen wir eine kurze Beschreibung festhielten, dazu eine kleine Skizze und die Vor- und Nachteile jeder Idee. Nach einer Sitzung hatten wir rund zwanzig verschiedene Entwürfe eines konkreten Ansatzes für ein Projekt. Anhand der herausgearbeiten Vor- und Nachteile (wie zum Beispiel Kostenfaktoren oder Komplexität) wählten wir rund die Hälfte davon aus. Durch die methodische Erarbeitung unserer Leitmotive war es uns möglich nochmal einen Schritt zurückzutreten und unsere Ideen und Möglichkeiten auf uns wirken zu lassen. 32


Präsentation

Kommunikation der Kursinhalte

Die Leitmotive Präsentation, Identifikation und Kooperation sollen bei der Kommunikation der Kursinhalte helfen,

Identifikation

Kooperation

Transparenz für alle Beteiligten zu vermitteln.

Abb. 4

Diese herausgearbeiteten Leitmotive führten dazu, dass wir auch andere Ideen anstelle einer Kommunikationsplattform in Betracht zogen. So kamen auch veranstaltungsorganisatorische Ansätze ins Gespräch, wie zum Beispiel eine Werkschau oder ein sogenannter „Tag der offenen Tür“ (Abb 6) um einen Austausch an der Schule zu fördern. Auch technische Lösungen wie fest installierte Bildschirme an der Schule oder aber eine Art demokratisches System zur Abstimmung über den Lehrinhalt wurden in Betracht gezogen. Ziel der Konzepte war immer Kursinhalte aus den Klassen herauszutragen, den Schülern eine Einsicht in die Aktivitäten anderer Mitschüler zu ermöglichen und ihnen das Gefühl zu geben, dass die Schule mit Stolz hinter ihren Schülern steht. Dies soll die Identifikation mit der Schule und dem Lehrinhalt fördern. Die Präsentation der Kursergebnisse soll das Schulbild von innen nach außen aufwerten und so der Schule letztendlich zu einem besseren Ansehen verhelfen. Das Produkt sollte auf direkten Wunsch des Kollegiums für den Austausch zwischen den Arbeitsgruppen und Kursen sorgen; also ein Konzept, das für alle Parteien gleichermaßen zugänglich ist.

33


Grundkonzept

Abb. 5: Beispielhafte Auswahl aus den enstandenen Konzepten für die Südschule Bad Tölz.

Wappen für Kurse (Identifikation) Open Class Days (Kooperation) Werkschau (Präsentation)

Abb. 5

Für die Ansicht sind hier drei Auszüge unserer Grundkonzepte stellvertretend als Grundlage für unser finales Konzept dargestellt. Im Weiteren werden einzelne Teilkomponenten unserer Konzepte in unser finales Konzept übernommen.

Finales Konzept

Abb. 6

Des Weiteren untersuchten wir die Möglichkeiten, die uns einfielen, um der Schule ein einfach zu adaptierendes System zu ermöglichen. Das System sollte außerdem schnell und mit relativ geringen Aufwand in Stand zu halten sein um den in der Recherche entwickelten Anforderungen zu entsprechen. Flexibiltät, eine einfache Nutzung, eine hochwertige und auch den Inhalt aufwertende Erscheinung und ein zusätzlich niedriger Kostenfaktor waren demnach wichtige Anliegen. 34


So überlegten wir zu jedem der Grundkonzepte einige Lösungsvarianten um den Kursen ein Gesicht zu verleihen, die Ausstellung möglichst dynamisch und aktuell zu ermöglichen und dabei kinderfreundlich aber auch kostenfreundlich zu bleiben. Die Idee eines Wappens als Wiedererkennungsmerkmal für jeden Kurs überarbeiteten und veränderteten wir in die Richtung eines leicht auszufüllenden Papiertemplates. Dieses soll teilweise vom Kursleiter und zum anderen von den Kursteilnehmern ausgefüllt werden. Das Template besteht aus einem Kopf, in dem sich das Wappen und der Kursname befinden und einem Körper, in dem die Kursbeschreibung steht. Wir hatten uns dagegen entschieden den achtzehn Arbeitsgruppen jeweils ein Wappen vorzugeben, da die Schule auch in Zukunft das System selbst pflegen soll. Deshalb soll es in Zukunft in der Verantwortung jedes Kurses sein, sich selbst ein Wappen zu überlegen. Im Weiteren war es uns wichtig, den Informationaustausch (seien es Kurserzeugnisse, Meinungsbilder oder Organisatorisches) so übersichtlich und strukturiert wie möglich zu halten. Das heißt: die Präsentation sollte nicht willkürlich erfolgen, sondern einer bestimmten Systematik folgen, um einer chaotischen Präsentation so gut wie möglich entgegen zu wirken. Dazu ist es notwendig, dass die Präsentation eine gewisse formale Freiheit genießt und modular erweiterbar ist aber trotzdem nur nach einer von uns vorgegeben Systematik benutzt wird.

Bild links: Zwei Säckchen mit je 26 Magneten und den dazu passenden 26 Metallplättchen Bild rechts: Schablone in DIN A3 Format und die dazu gelieferten Papertemplates Abb. 7

Um eine dynamische und einfache Instandhaltung zu garantieren, boten sich Magnete an. Sie sind einfach zu ersetzen, günstig und taugen in der Zusammenarbeit mit Kindern. Allerdings werden Magnete zumeist auf großen Magnettafeln genutzt und werden eher chaotisch verwendet als strukturiert als Ausstellungsfläche. Deshalb überlegten wir, wie wir die Ausstellungsfläche vorgeben könnten. Dazu fiel uns ein, dass man die Größe der Magnetwand auch nur auf die Größe der Magnete begrenzen könnte. 35


Wenn man die Magnetgegestücke (Metallplättchen) in regelmäßigen DIN A4 Abständen aufhängen könnte, so wäre die Flexibilität der Ausstellungsfläche gegeben und auch die Struktur der auf ihr angebrachten Papierwerke. Deswegen machten wir uns an den Entwurf einer Schablone, mit der man möglichst einfach solche Abstände ausmessen kann. Um ein gerades Layout an der Wand zu ermöglichen integrierten wir Wasserwaagen (Abb. 7). Um dauerhafte Schäden an den Wänden der Schule zu verhindern versahen wir die Metallplättchen mit einer gut haftenden, die Wand aber nicht beschädigenden Kleberückseite. Um das Papiertemplate von den anderen Inhalten hervozuheben, wählten wir einen bewussten Stilbruch und stellten A3 Magnetleisten her (der Größe des Templates entsprechend). Alle einzelnen Komponenten stellen zusammen ein Präsentationsset dar, welches sich einfach in den Schulalltag integrieren lässt. Das Set wird in einer mittelgroßen Kunststoffkiste zusammengefasst (Abb.8).

Abb. 8

Im späteren Verlauf des Projektes bekamen wir die Nachricht, dass die Schule sich magnetische Schaukästen im Wert von rund viertausend Euro geleistet hatte. Um auf die neue Entwicklung zu reagieren, erweiterten wir das Set noch durch passende neonfarbene Klebepunkte die dazu genutzt werden können um ein Layout auf magnetischen Hintergrund zu erstellen. Anstelle der Metallplättchen mit Kleberückseite können so auch direkt auf magnetischen Hintergründen gearbeitet werden. 36


BLICKPUNKT Schrittweiser Aufbau unseres Präsentations-Sets BLICKPUNKT ( s. Abb 9 )

1. Schritt: Magnetplättchen mithilfe der Schablone an Wand anbringen. 2. Schritt: Ausgefülltes Template des Kurses mit vorgesehenen Magnetleisten aufhängen. 3. Schritt: Arbeiten der Schüler mit Abb. 9

Magneten befestigen.

37


Bei einer Weiterentwicklung dieses Produkts wären auch andere Farbmodelle möglich. Wir haben uns für Neon als Trendfarbe und als optischen Hingucker entschieden. Es leitet besonders den Blick des Betrachters und ist eine freundliche und fröhliche Farbe. Allerdings wäre jede andere Farbe genauso denkbar und je nach Bedarf herstellbar. Es wäre auf jeden Fall sinnvoll das Set auch in seinen einzelnen Komponenten anzubieten, da es auch komplett modular aufgebaut ist.

Abb. 9: Präsentation von BLICKPUNKT an der Südschule Bad Tölz. Abb. 9

• • • • •

38

Skalierbarkeit, passt sich individuell dem Inhalt/Raum an dynamisch und schnell erweiterbar kosteneffizienter als massive Stellwände oder Magnettafeln geringer materieller Aufwand einfach in Stand zu halten


39



„Hock di´ her“ Lena-Balea Brockmann, Elisabeth Tsechanski, Jia Zeng


Abb. eigenes Foto der Aula

Recherche Zu Beginn des Projekts wurden in mehreren Workshops mögliche Ansatzpunkte zur Optimierung der Schule erarbeitet. Basierend auf den Ergebnissen kristallisierten sich unter anderem fehlende Sitz- und Aufenthaltsmöglichkeiten und nicht optimal genutzter Raum in der Aula als Probleme heraus. Die Aula befindet sich im Zentrum der Schule, durch das Schüler und Lehrer die Schule betreten. Sie besteht aus einer großen freien Fläche und fünf anschließenden breiten Sitzstufen. Durch sie werden alle weiteren Räume der Schule erreicht, da sie an die Flure angeschlossen ist. Um ein detaillierteres Bild der aktuellen Situation in der Aula zu bekommen und ihre Funktion in der Schule zu verstehen, wurden die wichtigsten Stakeholder (Schüler, Lehrer, Schulleitung und Pausenverkauf) beobachtet und befragt. Hierbei stand folgende Forschungsfrage im Vordergrund: Wie kann die Aula räumlich und sozial nützlich gestaltet werden, um gemeinschaftliches Zusammenkommen der Schüler zu fördern?

42


Jede Erkenntnis wurde auf einem Zettel notiert und an Pinnwänden sortiert. Daraufhin wurden Überschriften für . Themengebiete, übergeordnete Themen und Kategorien vergeben. In einem Wall Walk wurden anschließend mit weiteren Zetteln Ansätze für Lösungen generiert.

Abb. Foto des Affinity Diagramm nach Wall Walk

Die Ergebnisse wurden mit Hilfe eines Affinity Diagrams¹ geclustert und priorisiert, sodass sich folgende drei Kategorien ergaben:

(1) Holtzblatt, K., Wendell, J. B., & Wood, S. (2004). Rapid contextual design: a how-to guide to key

Aulanutzung Die Aula wird von den Schülern der 8. bis 10. Klassen als Aufenthaltsort in den Pausen und dem Pausenverkauf genutzt. Andere Schüler nutzen die Aula außerhalb der Pause z.B. vor und nach dem Unterricht ebenfalls zum Aufenthalt, für Gruppenarbeiten und Tutorenstunden. Vor dem Sportunterricht versammeln sich die Klassen auf den Stufen. Außerdem werden diese häufig als Ablage für Taschen und Jacken genutzt.

techniques for user-centered design. Elsevier.

Atmosphäre und Gemütlichkeit Schüler wie Eltern und Lehrer beklagten sich über die schlechte Akustik und die Lichtverhältnisse. Sehr häufig fiel auf, dass Schüler sich wegen der Kälte des Raumes, besonders auf den Stufen, unwohl fühlen. Sie sitzen außerdem oft nur auf der obersten, mit Holz verkleideten Stufe, da die anderen kalt und verdreckt sind. Gestaltung und Verteilung Die Aula wurde als langweilig, alt und trist beschrieben. Schüler beschwerten sich, dass die Dekoration der Aula veraltet und nicht bunt genug sei. Als zusätzliches Problem ergab sich, dass sich Schüler um die einzig vorhandene Sitzecke mit fünf Plätzen streiten, da diese die einzige Möglichkeit für gemeinschaftliche Gruppenbildung darstellt.

43


Stufen sind Ablage

Verdreckung auf den Sitzstufen

Ansammlung von Schülern auf den wenigen Sofas

Zusammenfassend stellte sich die Aula als Mittelpunkt allen Geschehens in der Schule und als architektonisches Zentrum mit verschiedensten Funktionen heraus. Die Aula wird im Schulalltag fast ausschließlich zum Aufenthalt und in den Pausen genutzt (z.B. Warten, Essen, gemeinschaftliches Zusammenfinden). Außerdem werden dort Gruppenarbeiten und Tutorenstunden auf den Stufen abgehalten. Hierfür ist die Aula jedoch nicht ausgelegt. Unter anderem mangelt es an Sitz- und Arbeitsplätzen. Mit ihrer Bühnenfläche und ihrer Tribüne ist sie für Veranstaltungen geeignet. Diese finden jedoch nur einige Male im Jahr statt. Aulanutzung geordnet nach Häufigkeit:

Aufenhaltsort außerhalb des Unterrichts (2) Holtzblatt, K., Wendell, J. B., & Wood, S. (2004). Rapid contextual design: a how-to guide to key techniques for user-centered design. Elsevier.

44

Pausenverkauf

Gruppen- und Einzelarbeiten

Veranstaltungen

Im weiteren Vorgehen konnten mit Hilfe des Affinity Diagrams und der sortierten Probleme Ideen generiert werden. In einem Wall Walk² wurden hierfür mögliche Problemlösungen erarbeitet und verfeinert. Beispielsweise handelte es sich hierbei um Ideen für räumlich geschickte Trennungen, multifunktional nutzbare Möbel, Farbe und Licht, Motivation zur Müllentsorgung und viele weitere. Da häufig mangelnde Orte der Zusammenkunft genannt wurden, ergab sich ein multifunktionales und flexibles Sitzmöbel als Hauptidee. Des Weiteren ergab sich die Idee die Sitzstufen mit hellem Holz zu bestücken, um die Aula heller wirken zu lassen und das Sitzen angenehmer zu machen.


Konkretes Ziel Die Architektur des Raumes ist auf die nur selten stattfindenden Veranstaltungen ausgelegt und wird somit den Anforderungen der tatsächlichen alltäglichen Nutzung nicht gerecht. Die Aula muss ihrer Nutzung angepasst werden. Der Handlungsbereich zur Optimierung konzentriert sich dabei auf die Sitzstufen der Aula, da diese viel Potential aufweisen und eine große, nutzbare Fläche bieten, die zurzeit jedoch ungenutzt ist.

Das Ziel ist es, durch eine räumlich und sozial nützliche Gestaltung der Sitzstufen gemeinschaftliches Zusammenkommen und Kommunikation innerhalb der Aula zu fördern und dabei sowohl gemeinschaftliches Sitzen als auch Arbeiten zu ermöglichen. Das Konzept soll darüber hinaus anpassungsfähig sein und auch bei Veranstaltungen nutzbar oder zumindest nicht hinderlich sein.

45


Konzeptfindung Basierend auf der Recherche und dem gesetzten Ziel entstanden konkretere Lösungsvorschläge. Diese wurden in der Gruppe besprochen, sortiert, kombiniert und verfeinert. Kern der Konzepte war das Schaffen von definierten Aufenthaltsorten durch Räumlichkeit, wie in folgender Abbildung.

Durch das Schaffen von „U“-förmigen Sitzflächen können Schüler zum einen in Gruppen nebeneinander sitzen um sich zu Unterhalten. Zum anderen werden Ablage- und Schreibflächen ermöglicht .

Szenarien Aus dem ersten Pool an Ideen entwickelte sich die Idee von ausziehbaren Sitz- und Ablageflächen für breite Stufen, die in folgenden Szenarien zum Einsatz kommen würde:

Gruppenarbeiten und Tutorenstunden als

Unterricht - ausgefahrener Zustand

Unterrrichtsform oder Hausaufgabenerledi- Theateraufführungen gung - ausgefahrener Zustand

46

Ursprungszustand für Veranstaltungen wie

Aufenhalt in Pausen, vor und nach dem


Personas Um den Kontext besser verstehen zu können und für die Anwendung auf die Szenarien sind Personas basierend auf der Recherche erstellt worden, die die zukünftigen Nutzer beschreiben.

Bei der Lösung handelt es sich um ein System, welches je nach Bedarf verwendet werden kann, um temporär Sitz- oder Ablagefläche im Stufenbereich zu generieren. In Parkposition, also im eingefahrenen Zustand, sind die Stufen in ihrem Ursprung nutzbar. Mehrwert Breite Sitzstufen können für mehrere Zwecke optimal genutzt werden, wie zum Beispiel für Gruppenarbeit und gemeinschaftliches Zusammensitzen. Unterhaltungen werden optimiert durch die Möglichkeit der Aufnahme von Blickkontakt. Durch die Entstehung von Ablageflächen bietet sich Möglichkeit Gegenstände (wie Pausenbrot, Getränke, Lehrmaterialien) abzustellen. Zugleich wird die ursprüngliche Funktion der Treppen nicht eingeschränkt.

47


Konzepttest mit Probanden Concept Testing: Kumar, V. (2012). 101 design methods: A structured approach for driving innovation in your

Das Stufenkonzept wurde anschließend in der Südschule mittels verkleideter Getränkekästen getestet, indem sowohl verschiedene Tischhöhen, als auch Sitz- und Tischpositionen auf den Stufen ausprobiert wurden.

organization. John Wiley & Sons.

Konzepttest mit Klassen der Mittelschule Zwei 8. Klassen testeten den vorgegebenen Aufbau der Kästen. Dabei stellten sie die beiden Szenarien Aufenhalt und Gruppenarbeit nach. Die Gruppenarbeit wurde mittels einer realen Aufgabe mit ausgeteilten Arbeitsblättern dargestellt. Die Arbeitsblätter beinhalteten Fragen zum Konzept. Anschließend sollten sich die Schüler beliebig und frei verteilen und ihren Wunschaufenthaltsort einnehmen, um das Aufenthaltsszenario nachzustellen. Abschließend folgte eine Befragung. Freies Nutzen in den Pausen Die Schüler konnten in den Pausen ohne Anweisungen frei testen. Dabei fiel auf, dass sie besonders gerne an den Rändern der Bühne bzw. der Stufen sitzen, um den Überblick zu behalten. Sie nutzten kaum die Stufen zum Sitzen unter der Begründung, dass diese zu dreckig und kalt seien. Stattdessen standen sie lieber auf ihnen.

Fotos des Konzepttests:

Schüler sitzen vorzugsweise auf beplankten Flächen.

Schüler nutzen Schreibfläche zugleich als Ablagefläche.

Das Sitzen auf Getränkekästen führt zu leichterem Augenkontakt bei Unterhaltungen.

Die Stufen werden als Sitzfläche selten genutzt, da sie kalt und verschmutzt sind. Sobald Sitztunterlagen zur Verfügung stehen, werden sie jedoch gerne verwendet. Verschmutzungen entstehen vor allem dadurch, dass Schüler nicht zwischen Boden und Sitzplatz unterscheiden und somit nicht pfleglich mit dem Sitzplatz umgehen. Daraus resultiert, dass die Gestaltung zeigen muss, dass Sitzfläche keine Lauffläche ist.

48


Schüler erwähnten die „Gefahr von Hinten“, damit meinten sie, dass auf den Stufen Stabilität sehr wichtig ist. Die Sitz-und Ablageflächen müssen fest montiert werden, um herunterfallen zu vermeiden. Die unterschiedlichen Aufbauvarianten wurden von den Schülern priorisiert.

Favorit für Gruppenarbeit: Hoher Tisch (sehr gut zum Schreiben)

Favorit für Aufenthalt: Tisch an hinterer Kante als Ablage und Sitzgruppe

Außerdem konnte beobachtet werden, dass die Stufen mit ihren 36cm Höhe für die meisten Schüler der Mittelschule zu niedrig sind. Die Tiefe der Stufen mit 80cm ist dem gegenüber zu groß, um sich anzulehnen und dabei die Füße auf dem Boden abzustellen. Anforderungen Mit dem Ergebnissen des Konzepttests konnten die Anforderungen konkretisiert werden: • • • • • • • • •

Stabil, robust und abwischbar Intuitiv benutzbar Brandsicher (Einsatz von brandhemmenden Materialen bzw. Lasuren) Deutliche Differenzierung zwischen Sitz- und Bodenflächen Sitzfläche der Stufen auf eine ergonomische Höhe bringen (von 36cm auf ca. 40cm) Zusätzliche Sitzfläche schaffen für Sitzen im Halbkreis (Gruppen) Zusätzliche, erhöhte Schreibfläche schaffen für Einzel- und Gruppenarbeiten Demontierbar/Verstaubar bei Veranstaltungen Fest installiert bzw. eingeschränkt in Mobilität, um Chaos und Gefahr zu vermeiden

49


Variantenbildung Um die Stufenfläche optimal zu nutzen und zu vermeiden, dass die Sitzflächen mit Schuhen betreten und verdreckt werden, ist es notwendig, Sitz- und Laufflächen sichtbar voneinander zu trennen. Dies kann auf zwei Weisen geschehen. Durch gleichmäßiges Aufteilen jeder Stufe in Sitz- und Lauffläche oder durch das Einteilen der Stufen in Sitzinseln und Laufkorridore. Da das Konzept darauf basiert, dass die Stufen in allen drei Szenarien: Aufenthalt, Gruppenarbeit und Veranstaltung gleichermaßen nutzbar sind, ist das Verstauen bzw. Abbauen des Produkte zentral. Hierfür sind unterschiedliche Menchanismen denkbar. Herausziehen einer Fläche

Vorteile: funktional, einfache Bedienung, schnell verstaubar, flexibel Nachteile: aufwendig, erhöhte Schreibfläche nicht gegeben,

Klappen einer Fläche Vorteile: funktional, einfache Bedienung, schnell verstaubar Nachteile: Laufwege werden behindert, erhöhte Schreibfläche nicht gegeben, Stabilität muss getestet werden.

Kiste in einem Schienensystem Vorteile: Eine Kiste kann sowohl zum Schreiben als auch zum Sitzen verwendet werden indem sie umgekippt wird. Nachteile: Wenn sich Kiste im Zustand zum Sitzen befindet, scheuert die Fläche der Kiste auf der Sitzfläche.

50


Um Beschädigungen der Kiste zu vermeiden, die durch die Flächenreibung entstehen, können zwei separate Kisten, jeweils eine für Sitzen oder Schreiben in das Schienensystem eingesetzt werden. Vorteile: einfach, keine Schiene nötig, flexibel durch Rollen verschiebbar, Sitzfläche wird auf ergonomische Höhe gebracht, Schreib- und Sitzfläche ist gegeben, Hocker ohne Stufen als weitere Sitzplätze am Boden nutzbar Nachteile: Zwei Elemente für zwei Funktionen, Abbau für Veranstaltungen aufwendig.

Modellbau und Nutzertest Tisch

Die Grundform der Kiste ist konisch um Platz für die Beine zu schaffen. Die Kiste wird fixiert durch Einhaken unter der Sitzfläche der darüberliegenden Stufe. Jede Stufe wird mit einer 40cm breiten Sitzfläche bestückt, wodurch die Kisten in dem daraus resultierenden Korridor eingespannt werden und durch Rollen beweglich bleiben. Aus den Nutzertests ergab sich, dass die Ecken der Arbeitsfläche trotz der konischen Grundform hinderlich sind. Daher wurde auch diese dem Verlauf der Beine angepasst. 51


Hocker

Der Hocker wurde in seiner Form dem optimierten Tisch angepasst. Die Rollen befinden ich nun innenliegend, wodurch sie zum einen geschützt sind. Zum anderen können so größere Rollen verwendet werden, die die Stabilität der Kiste erhöhen. Durch Nutzertests mit sechs Teilnehmern unterschiedlichster Körpergröße und Beobachtungen entwickelten sich folgende Erweiterungen: Eine konische Form für Arbeits-/Sitzfläche und Wände der Kisten bietet Platz für Beine und Füße. Ein Spielraum zwischen Kiste und Sitzfläche muss so gering sein, dass die Kiste nicht gekippt werden kann. Verbinden beider Objekte zu einem

Um die ursprüngliche Idee aufzugreifen, ein Objekt für alle Szenarien zu schaffen, wurden im nächsten Schritt Methoden gesucht um Tisch und Hocker miteinander zu vereinen und ein einziges, multifunktionales Produkt zu schaffen. So wurde ein Aufsatz für den Hocker erarbeitet, der aus diesem nach Belieben einen Tisch mit darunterliegender Ablagefläche schafft. Durch ein innenliegendes Schienensystem kann dieser je nach Anspruch des Nutzers nach links oder rechts gehoben werden.

52


„Hock di´ her“

dann san ma ona mehr!

53


Die Schreibfläche kann durch eine innenliegende T-Schiene nach rechts oder links (je nach Schreibpräferenz) in eine angenehme Schreibhöhe gehoben werden. Die Sitzfläche der Hockers schließt mit der Sitzfläche der Stufen ab, um eine gemeinsame Ebene zu schaffen.

Foto: „Hock di´ her“, Hocker im offenen Zustand

„Hock di´ her“ Ziel von „Hock di´ her“ ist es, die Ausstattung der Aula ihrer Hauptnutzung anzupassen, indem Orte der Zusammenkunft für Aufenthalt und Arbeit geschaffen werden. Das Konzept sieht vor, die vorderen 40cm der 80cm tiefen Sitzstufen für ein angenehmeres Sitzen mit Holz zu verkleiden. So wird ebenfalls eine Separation zwischen Lauf- und Sitzfläche erreicht. Gleichzeitig fungiert die Holzauflage als Schiene für die Erweiterung der Sitzfläche in Form eines oder mehrerer multifunktionaler Hocker. Aufgebaut ist der Hocker aus 15mm Multiplex aus Birke. Über ein innenliegendes Schienensystem kann der Tisch nach links und rechts um 15 cm auf eine angenehme Schreibhöhe angehoben werden.

385

274,8

°

98

425 39

385 353

35

400

98

380

330

°

Alle Platten werden mit Lamellos verbunden DATUM:

22.01.2016

30

BENENNUNG:

50

PROJEKT:

409

50

299

AUFTRAGGEBER

mm EINHEIT

54

BLATT 1 VON

HockerTischStufenTZ

DKG - Gemeinschaftliche Orte für die Aula TU München, Industrial Design Master 1:5 MASSSTAB:

Lena-Balea Brockmann, Lisa Tsechanski, Jia Zeng VERFASSER:

1. Semester


Die Hocker bieten Schülern die Möglichkeit Sitzgruppen zu bilden und sich bei Augenkontakt in einem Halbkreis zu unterhalten. Für das Erledigen kleiner Arbeiten oder Gruppenaufgaben im Rahmen des Unterrichts kann der Hocker durch einfaches Anheben der oberen Platte zu einem Tisch mit darunterliegender Ablagefläche umfunktioniert werden.

Hocker in Tischposition bietet erhöhte Schreibfläche und darunterliegende Ablagefläche für angenehmes Arbeiten. Die Form des Hockers bietet Platz für Beine.

Hocker in Sitzposition bietet weitere Sitzfläche für Sitzen in Gruppen und angenehme Unterhaltungen bei Augenkontakt.

55


Blick auf die Stufen mit Hockern.

Blick auf die Stufen ohne Hocker, bei Veranstaltungen.

Bei Veranstaltungen in der Aula können die Hocker problemlos aus ihrer Schiene genommen und als weitere Sitzplätze an den Rändern der Bühnenfläche verwendet werden. 56


57



südbook - das langlebigste und persönlichste Stück Papier aller Zeiten Doris Astner, Simone Hirmer, Jessica Tietz


60


südbook ist... ein Identifikationsgegenstand. Schule findet in komplexen Zusammenhängen statt. Was macht Schule aus? Welche Qualitäten kennzeichnen Schule? Und vor allem: was braucht Schule? Diese Fragen sind nur ein kleiner Querschnitt aus dem Spektrum, das südbook untersucht und ausmacht. südbook kann... die Südschule verändern und prägen. Schule ist mehr als nur eine Lernumgebung. Schule ist Gemeinschaft, Miteinander und manchmal auch Gegeneinander. Schule ist eine Art Familie. Die Mitglieder dieser Familie sollten sich kennen und schätzen lernen. südbook wird... ein Teil der Südschule werden, hoffentlich ein ganz essentieller. Gemeinschaft drückt sich immer auf die ein oder andere Weise nach außen aus. Es ist an der Zeit, dass die Gemeinschaft der Südschule ein eigenes Ausdrucksmittel bekommt. 61


Abb. 1: SkizzenbĂźcher. Quelle: eigene Aufnahmen

62


Woher wir kommen... oder wie wir überhaupt zu unserem Thema fanden. „Gegenstände und Identifikation“ mag nämlich vielleicht nicht gerade das offensichtlichste Thema sein, das man im Kontext einer Schule wählen kann. Und das war es auch zunächst nicht. Ganz im Gegenteil. Nach dem Erstkontakt in der Auftaktveranstaltung an der Südschule und den ersten Ergebnissen aus den verschiedenen Basisrecherchen mit Steckbriefen, Heatmap, Interviews und Fotodokumentation machte es eher den Eindruck, als hätte die Schule gar nicht so wirklich ein gravierendes Problem, allein die rege Teilnahme und wahnsinnige Motivation ließen auf ein gutes Schulgefüge schließen. Zudem bildeten wir ein Team aus drei Architekten, die per se erstmal noch gar keine, beziehungsweise nur rudimentäre Ahnung von Design hatten. Man könnte das jetzt als ungeschickte Teambildung bezeichnen, aber im Grunde hat es doch super funktioniert, nicht wahr? Also haben wir erst einmal das gemacht, was Architekten sehr gut können - nämlich genau beobachtet. Und da fanden wir dann auch unsere Brotkrumen: aus den bis dahin angewendeten, gemeinschaftlichen Recherche-Methoden kristallisierte sich eines deutlich heraus - der Schule fehlt ein roter Faden. In vielerlei Hinsicht ging es doch etwas chaotisch zu; es gab Diskussionen um einen neuen Schulnamen, kein allgemein akzeptiertes Logo, kein durchgängiges Farb-/Designkonzept in den Gebäuden oder den Klassenzimmern, verschiedene Möbelstücke, ... (1) Und irgendwie hat sich das dann wohl auch in der Schulgemeinschaft niedergeschlagen. Natürlich, es gab einen super Zusammenhalt in den Klassen, aber kaum in der Schule im Allgemeinen, Kommunikation zwischen den Klassen und Jahrgangsstufen bemerkten wir schon gar nicht. Das Ziel wurde also langsam klar: Irgendwie musste man die Identifikation mit der Schule stärken können, ein Gemeinschaftsgefühl im Sinne einer Schulfamilie schaffen, das aber von den Schülern selbst provoziert werden würde und nicht von außen vorgegeben. Wie man das jetzt erreichen würde stand natürlich auf einem ganz anderen Blatt. Also machten wir uns zunächst erst einmal Gedanken dazu, was wohl der richtige Weg wäre. Einen Service zu entwickeln wäre eine Option gewesen, allerdings erschien uns das unpassend. Zum einen wäre die Wirkung nach außen wohl eher begrenzt mit einem schulinternen System zu erreichen und zum anderen haben Menschen zumeist grundsätzlich erstmal eine Scheu vor Dingen, die sie nicht kennen und sich neu aneignen müssen. Die andere Möglichkeit, die wir sahen, war, ein Produkt zu entwickeln, das irgendwie unseren Vorstellungen gerecht werden müsste. Produkte wecken gerne mal den Spieltrieb im Menschen, dachten wir uns, zumal das haptische Erlebnis in unserer digitalen Welt immer noch eine ungebrochene Bedeutung hat. Vor allem aber überlegten wir uns auch, dass Menschen und insbesondere Kinder zugänglicher sind für Dinge, die sie anfassen und begreifen können, die eine reelle Qualität für sie haben, im Gegensatz zu einem möglicherweise digitalen Service. Wir entschieden uns also für ein Produkt, ohne überhaupt zu wissen, was es für eins sein würde oder welche Funktionen es zu erfüllen hätte. Man könnte auch das als törichte Entscheidung bezeichnen, aber wie gesagt, im Grunde hat es ja funktioniert.

(1) Quelle: Gespräch mit Herrn Basel am 17.11.2015

63


Abb. 2: Gemeinschaftsstiftende Zeichen Quelle: https://images.google.de/?gws_ rd=ssl Abb. 2

Was wir herausgefunden haben... Also beschäftigten wir uns in unserer Recherchewoche erst einmal mit dem Thema Produkt. Uns schwebte vor, es müsste wohl eine Art Lieblingsgegenstand werden, sollten die Schüler es tatsächlich immer dabei haben, denn nur so würde es ja ein Identifikationsgegenstand werden. Wir brachten daher Skizzenbücher mit, in denen wir die Schüler nach ihren Lieblingsgegenständen und ihren Lieblingsorten fragten - einfach um eine Ahnung zu bekommen, wohin der Weg uns führen könnte. Die Antworten, die wir bekamen waren bestenfalls vage, aber eine klare Botschaft wurde deutlich: Lieblingsgegenstände und -orte sind solche, mit denen Menschen eine bestimmte, persönliche Geschichte verbinden, oder die eine Funktion haben, die man besonders zu schätzen weiß. Nicht viel, aber ein Anfang. Da es ja um Identifikation gehen sollte, suchten wir uns also zunächst einmal Objekte heraus, die tatsächlich ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln, sei es das Freundschaftsbändchen, die Schuluniform, eine gemeinsame Frisur, oder auch nur ein besonderer Gruß oder der Schülerausweis. All diese Gegenstände vermittelten Identifikation, aber sie waren nicht notwendigerweise Lieblingsgegenstände, teilweise waren sie nicht mal Gegenstände. Wir waren also wieder ein Stück weiter, aber wirklich ablesen, wie unser Gegenstand auszusehen hätte, konnten wir noch nicht. Da das Ganze ja in Schule und Freizeit zum Einsatz kommen sollte - oder so stellten wir uns das zumindest vor - erschien es sinnvoll, sich zunächst einmal anzuschauen, was ein Schüler so alles dabei hat, vielleicht konnte man daraus ja etwas ableiten. Und dann fiel uns wieder eine Beobachtung aus unserer Recherchewoche ein: zahlreiche Mülltüten an den Tischen der Schüler für ihre Papierabfälle und die eine Klasse, die dieses kleine abwischbare Täfelchen zum Kopfrechnen benutzte... 64


Situation, Schultasche und Papierverbrauch Quellen: eigene Aufnahme, https:// images.google.de/?gws_rd=ssl, http://proprocrastinating.tumblr.com/ post/129972160625/2792015-whats-inmy-school-bag-i-love-seeing Abb. 3

Was wir erreichen wollten... Wir waren also langsam aber sicher auf dem richtigen Weg und trauten uns erste Entwurfsziele abzuleiten; lang genug war die Liste der Anforderungen, die wir unserem Produkt gestellt hatten, ja bereits. Es sollte ein Objekt entstehen, das sowohl im Schulgebrauch, als auch in der Freizeit Nutzen für die Schüler haben würde, und somit auch im außerschulischen Freundeskreis auf subtile Art die Südschule nach außen präsentieren würde. Unsere Hauptziele Identifikation und Gemeinschaftssinn sahen wir als positive Folgen daraus. Des Weiteren sollte das Objekt möglichst vollständig selbst von den Schülern produziert werden und damit auch individuellen Ausdruck auf Basis der eigenen Fähigkeiten bekommen. Der Fertigungsprozess würde die erste persönliche Geschichte sein, die ein jeder Schüler wie auch Lehrer mit diesem Produkt verbinden würde. Und natürlich musste es leicht sein, gut handlich und transportabel. Würden wir eine zusätzliche Belastung durch unser Objekt hervorrufen, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass es auch tatsächlich Einsatz finden würde, wohl eher gering. Schüler sind schließlich generell dafür bekannt lieber zu wenig als zu viel dabei zu haben. Eine weitere Erkenntnis aus unserer Recherche war, dass nur eine fest definierte Funktion die tatsächliche Verwendung des Gegenstandes garantieren konnte. Man müsste es erst lieben lernen, unser Produkt, bevor es tatsächlich den Status eines Lieblingsgegenstandes erhalten würde. Schließlich trägt man nur mit sich rum, was man entweder dauernd braucht, oder was man einfach gerne mag. Um sicherzugehen, wollten wir lieber mal in beide Kategorien fallen, als in gar keine. Entstanden ist daraus etwas, das nur der Südschule gehört: südbook.

65


Abb. 4: Prototypen. Quelle: eigene Aufnahme

66


Wie es nicht funktioniert... Egal, wie man das Ergebnis unserer Arbeit nun auch bewerten mag, eines kann man auf jeden Fall schon mal sagen: Wie es garantiert nicht funktioniert wissen wir jetzt ganz genau. Angefangen hat das Projekt südbook als Buch ohne Blätter, sinnfällig daher, dass das Format des Buches oder auch des Heftes etwas ist, auf das unter Garantie wirklich jede Schultasche, die dieses Begriffes würdig erscheinen will, auch ausgelegt ist. Praktisch für uns, dass sich daraus im aufgeschlagenen Zustand eine plane Fläche von einem DIN A3 Format ergeben hätte. Ein Buchrücken ist allerdings eher selten plan und ein Heft hat grundsätzlich einen Knick in der Mitte. Beides Eigenschaften, die wir unbedingt eliminieren wollten. Unser Produkt sollte aufgeschlagen glatt auf dem Tisch liegen, ohne auch nur einen Makel an so einer großen Fläche im zugeschlagenen Zustand zu generieren. Dass man den Inhalt in irgendeiner Form durch Zuschlagen oder Umschlagen schützen musste, war von Anfang an klar, ansonsten würde sich die Farbe des Markers auf sämtliche andere damit in Berührung kommenden Oberflächen übertragen. Es erschien also sinnfällig, erstmal alle möglichen Mechaniken zu untersuchen, mit denen man auf einfache Weise einen möglichst flexiblen Rücken erzielen könnte. Buchbindetechniken standen an erster Stelle. Die funktionierten auch ziemlich gut, solange man keine Folie innen einklebte, die keinen Knick bekommen durfte. Flexibel ist so ein Buchrücken nur dann, wenn entweder nichts, oder Buchseiten daran befestigt sind. Beklebt man ihn, wird er relativ starr. Ganz abgesehen davon, dass uns irgendwann aufgefallen ist, dass die Sache mit dem Buchbinden für einen Erstklässler schon eine ziemliche Herausforderung ist. Für einen Fünftklässler wahrscheinlich auch. Unser nächster Geniestreich waren die sogenannten „Lattice Hinges“ oder auch „Living Hinges“, eine Technik, die auf Basis des Lasercuttens zunehmend erforscht und ausgetestet wird. Hierbei werden plane Oberflächen aus Holz oder anderen starren Materialien mit Hilfe von gezielten Einschnitten dergestalt perforiert, dass sie anschließend Torsionen entweder in eine, oft aber auch in zwei Richtungen standhalten. Verschiedenste Schnittmuster zeigten, dass das zwar tatsächlich funktioniert, leider in den Händen eines ungestümen Schülers wohl keine fünf Minuten überleben dürfte. Damit war dann auch die Idee der durchgehenden A3-Fläche endgültig vom Tisch. Keiner unserer Materialtests erzielte auch nur annähernd entweder ein zufriedenstellendes Ergebnis, oder eine dauerhafte Funktion. Einige grundlegende Entwurfsgedanken mussten also vollständig überdacht werden. Dazu gehörte vor allem die Sache mit dem nicht Knicken. Gut, Knicken war tatsächlich keine Option aufgrund der Dauerhaftigkeit, aber eine plane Fläche kann man schließlich auch anders erzeugen. Nämlich indem man einfach gar nichts damit macht und sie plan lässt. Die einfachsten Lösungen sind oft am schwersten zu erreichen. Das Format reduzierte sich drastisch, schon allein weil eine A3-Fläche für unsere Zwecke eigentlich gar nicht so sinnvoll war. Die Idee des mit Filz eingeschlagenen Holzes war geboren. Nun begann die Sache mit den Prototypen noch einmal von vorne, nämlich hauptsächlich, um den Filz reversibel an das Holz anzubinden. Klettverschluss löste dieses Problem allerdings relativ schnell und vor allem einfach und dauerhaft. 67


Abb. 5: Reaktionen an der Abschlussveranstaltung Quelle: Aufnahmen von Johanna Kleinert

68


Baukasten und zwei fertige südbooks. Quelle: eigene Aufnahme Abb. 6

südbook kann man... eigentlich immer und überall brauchen. Es ist quasi die entstandene Symbiose aus den drei maßgebenden Entwurfszielen, um es etwas pathetisch auszudrücken. Kurz gesagt kann man mit südbook Anstöße zur Identifikation geben, ohne ein Massenprodukt ohne Geschichte zu generieren. Denn eine Geschichte brauchte es wirklich, das war eine, wenn nicht die zentrale Eigenschaft, die südbook zu dem machen würde, was es ist. Diese Geschichte beginnt mit dem ersten Schultag eines jeden Schülers der Südschule, egal in welche Klasse er auch kommen mag. Sobald die Auswahl der persönlichen Lieblingsmaterialien gefallen wäre, würde er oder sie einen kleinen Baukasten bekommen, ein Willkommensgeschenk speziell der Südschule also, der ihn oder sie als einen neuen Teil der Schulgemeinschaft begrüßt. Egal ob im Schulbus, in der Freizeit, im Sportverein oder auch in der Schule selbst, südbook vermittelt eine klare Botschaft, nämlich: „Ich bin Teil der Südschule und ich bin stolz darauf.“ Entgegengebrachte Wertschätzung, Bewunderung oder schlicht die Neugier Außenstehender verstärken positive Konnotationen mit der Schule und geben den Schülern das Gefühl, Teil einer außergewöhnlichen und starken Gemeinschaft zu sein. Ganz im Gegensatz zu anderen, viel diskutierten und manchmal wenig wertgeschätzten Identifikationsprozessen, wie sie zum Beispiel durch Schuluniformen entstehen (2), haftet südbook nichts Zwanghaftes an. Die Individualisierungsmöglichkeiten bringen Persönlichkeit zum Ausdruck durch unterschiedliche Einbände, Farben, Bestickungen, Verzierungen und Muster, die die Geschichte von südbook auch ein bisschen nach Außen tragen. Das alles mögen hohe Ziele sein, aber im Grunde genommen ist südbook genau das, was der Südschule fehlt und nur darauf kommt es an.

(2) Quelle: http://www.focus.de/familie/ schule/einheitslook-im-klassenzimmerschuluniform_id_2523559.html

69


Abb. 7: Einsatzmöglichkeiten. Quelle: eigene Aufnahmen Abb. 7

... auf verschiedenste Art und Weise nutzen Natürlich hat südbook, neben seiner Aufgabe als Identifikationsgegenstand, vor allem eine zentrale Funktion: nämlich unendlich beschreibbar zu sein. Eintausendmal beschreibbar, eintausendmal abwischbar ist schließlich die Devise. Sicherlich sogar noch viel öfter. Daneben kann südbook aber noch eine ganze Menge mehr, um sämtliche unnötige Papieropfer im Schulalltag aufzustöbern und zu eliminieren. Das Holzelement von südbook hat eine breite Rückenkante und die kommt nicht von ungefähr. Dadurch lässt es sich nämlich hervorragend aufstellen und als Namensschild verwenden. Oder es liegt einfach gut in der Hand, wenn man Kopfrechnen übt und seine Ergebnisse hochhält. Natürlich kann man es so auch bequem und handlich unter dem Arm tragen und ein bisschen damit angeben. Südbook gibt es schließlich nur an der Südschule. Wer eine leicht schräge Schreibfläche bevorzugt, kann einfach den Filz unter südbook zusammenrollen und es so im oberen Bereich etwas anheben. Oder natürlich man schlägt es einfach auf und schreibt los. Südbook liegt mit seiner Filzunterlage auch angenehm auf den Knien oder im Schoß, sollte mal Unterricht im Freien anstehen oder man mal einfach in der Pause ein bisschen vor sich hinkritzeln. Mit südbook kann man Schiffe versenken spielen und seine Hausaufgaben solange festhalten, wie man sie tatsächlich braucht. Da in einer Klasse ja jeder Schüler sein eigenes südbook haben wird, lassen sie sich auch hervorragend kombinieren. Die lästige und instabile Ordner- oder Buchtrennwand bei Schulaufgaben wird in Zukunft der Vergangenheit angehören. Zwei südbooks an den Klettverschlüssen miteinander verbunden und die Sache steht - und zwar dauerhaft. Und wäre es nicht schön mal ein gemeinschaftliches, großes Bild zu malen? 70


südbook So einfach und schnell kannst du dir in wenigen Schritten dein ganz persönliches südbook selbst zusammenbauen:

3 selbstklebende Whiteboardfolie am Holz befestigen

1

selbstklebenden Klettverschluss an Holz und Filz anbringen

2

4

3

mit Nadel und Faden die Gummischlaufe am Filz festnähen Stift in der Schlaufe unterbringen

4

Filz um das Holz schlagen, Logo aufnähen

2

1

Viel Spaß mit deinem neuen persönlichen Begleiter! Wir sind uns sicher, so schnell wirst du ihn nicht wieder aus der Hand legen!

Bauanleitung. Quelle: eigene Grafik

Abb. 8

... superschnell und supereinfach aus wenigen Bestandteilen selber basteln südbook hat nämlich nur wenige und vor allem hauptsächlich handelsübliche Komponenten. Der Holzkörper ist das einzige Element, das an anderer Stelle vorproduziert werden muss, garantiert so aber gleichzeitig auch, das Nicht-Südschüler südbook nicht einfach so zu Hause nachbasteln können und damit den Reiz von südbook zerstören. Abgesehen davon sind die Bestandteile schnell aufgezählt: ein passendes Stück Filz 21cmx45cm, am besten in der Lieblingsfarbe, eine Nadel und etwas Faden, zwei 23cmx23cm große Abschnitte der selbstklebenden Folie WhiteboardMatt ASLAN WB 975 und zwei Streifen ebenfalls selbstklebenden Klettverschlusses, eine kleine Gummischlaufe und natürlich der vorgefertigte Holzkörper. So schnell wie die Komponenten aufgezählt sind, so schnell ist südbook auch zusammengebaut. Und das beste daran, abgesehen von der Nadel und einer Schere braucht man keine Zusatzwerkzeuge und bastelt das Ganze unfallfrei in so etwa fünfzehn Minuten zusammen. Eine bestimmte Reihenfolge erleichtert den Vorgang, ist aber auch nicht zwingend notwendig. Man befestigt am besten die selbstklebende Folie am ebenfalls selbstgewählten Vollholzelement, bestückt dieses wie auch den Filz an der ausgenommenen Stelle beziehungsweise den beiden äußeren Kanten mit dem selbstklebenden Klettverschluss, das weiche Element am Filz, das harte am Holz. Weich an weich, hart an hart. Gut zu merken, nicht wahr? Mit Nadel und Faden bringt man schön mittig schließlich noch die Ziernaht an, die die Gummischlaufe hält. Je nach Lust und Laune kann diese ganz, oder nur soweit wie nötig durchgehen. Zum Schluss noch das „südbook“-Emblem aufnähen, dann fehlt nur der Stift in der Schlaufe und fertig ist das ganz persönliche südbook. 71


Abb. 9: Einsatzgebiete und Aufbau. Quelle: eigene Aufnahmen Abb. 9

... ohne Zusatzmittel verwenden und überall mit hinnehmen An südbook ist nämlich alles dran, was man so brauchen könnte. Jedes Detail brilliert mit einer integrierten Funktion. Mit einer Größe von 21cmx22cm (Höhe inklusive Rücken) hat es ein perfektes Format für jede Schultasche, da es nämlich nicht breiter als ein DIN A4 Format ist und so klein und schlank auf seiner Rückenleiste in der Tasche steht und dabei auch noch die Schreibfläche beschützt. Schlank ist südbook nämlich tatsächlich: Nur 1cm ist das Hauptelement dick, und damit hat es auch gleichzeitig die passende Stärke, um jeden handelsüblichen Stift in seiner Schlaufe zu integrieren ohne unschön auszubeulen. Der Filz hält dabei alles an seinem Platz, schließlich soll die Schreibfläche auf gar keinen Fall verletzt werden, auch wenn sie kratzfest ist und sehr resistent gegen Geisterschriften. Aber sicher ist sicher. Unter anderem weil es so schlank ist, ist südbook auch besonders leicht. Das liegt aber auch daran, dass es aus Vollholz besteht, das offenporiger ist als jedes zusätzlich weiterverarbeitete Holzprodukt. Und da so auch keine Klebestoffe im Holz gebraucht werden, spart man nicht nur zusätzliches Gewicht, sondern kann es, sollte es denn jemals das Ende seiner Lebensphase erreichen, auch hervorragend recyceln. Der Klettverschluss wiederum hält den Filzumschlag ordentlich an seinem Platz, der übrigens gleichzeitig als Schutz, Wischtuch und Stiftehalter fungiert. Und das beste daran, man kann ihn sogar waschen, wenn er mal ein bisschen zu viel Farbe abbekommen hat, und zwar auf 30°C. Aber unser Klettverschluss kann noch mehr: er ist nämlich strategisch günstig genau zwischen Holzrücken und Schreibfläche platziert, sodass kein versehentlich abrutschender Strich jemals den Holzrücken streift. Das ist nämlich so ziemlich das einzige Teil an südbook, das man nicht einfach so austauschen kann. 72


Kosten und Partner aufgestellte Kosten errechnen sich aus Einzelstückpreis, nicht Massenbestellung; mit einem noch günstigeren Gesamtpreis ist zu rechnen. Quelle: eigene Aufstellung, http://www. lhtoelz.de/, http://www.o-l-w.de/, http:// www.arbeitskreis-für-behinderte.de/ Abb. 10

... hervorragend mit regionalen Partnern umsetzen und kostengünstig produzieren Eine der größten Stärken von südbook ist es, dass es so niederschwellig und kostengünstig umsetzbar ist. Geld spielt immer eine Rolle, vor allem für Schüler. Daher wurde südbook so entwickelt, dass es zwar aus hochwertigen Materialien besteht, um den Herausforderungen des Alltags dauerhaft standzuhalten, es aber gleichzeitig auch möglichst wenig kostet, vor allem in Bezug auf Verschleißteile, die eventuell ab und an ausgetauscht werden wollen oder müssen. Wir schlagen daher ein Finanzierungskonzept vor, dass die entstehenden Kosten aufteilt auf Schule und Schüler. Schließlich haben beide Seiten etwas davon und genaugenommen ist südbook ja auch nichts anderes als ein Schulbuch, das die Schule stellt. Die Südschule trägt daher alle Kosten, die aus nicht hochgradig individualisierten und auf Massenbestellung ausgelegten Teilen resultieren, die Schüler die übrigen Kleinteile. Schließlich will sich ja jeder seine ganz persönliche Filzfarbe aussuchen, das wäre schon ein ganz schöner organisatorischer Aufwand. Natürlich kann sich auch jeder sein Lieblingsholz aussuchen, allerdings ist hierbei die Entscheidungsmöglichkeit je nach Fertigungspartner sicherlich begrenzt und kann außerdem hervorragend mit einer Unterrichtseinheit zum Thema Holz und Wald verbunden werden. Und damit wären wir auch schon bei den Partnern: natürlich könnte jede beliebige Schreinerei die Holzelemente produzieren. Doch denken wir: Bad Tölz hat sehr viele Behindertenwerkstätten und Lebenshilfe-Einrichtungen in direkter Nachbarschaft. Wäre es nicht wesentlich interessanter, hier funktionierende Kooperationen aufzubauen, die nicht nur beiden Parteien Freude, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bereiten würde? 73


Abb. 11: digitale Einbindung. Quelle: eigene Aufnahme, https://play. google.com/store?hl=de Abb. 11

... perfekt in unserem digitalen Zeitalter abspeichern

(3) Quelle: http://www.wiwo.de/ erfolg/trends/psychologie-kritzelnerwuenscht/9482298.html

74

Man stelle sich folgende Situation vor: man sitzt gemütlich zu Hause, telefoniert gerade und kritzelt nebenher ein bisschen in sein südbook. Da diese Nebenher-Kritzeleien nachgewiesenermaßen (3) nicht selten die kreativsten und konzentriertesten Momente sind, wird aus der Kritzelei eine Skizze, aus der Skizze eine Zeichnung und aus der Zeichnung ein kleines Meisterwerk. Jetzt möchte man natürlich ungerne so ein Meisterwerk einfach wieder wegwischen, wie es ja das Konzept von südbook ist. Im Grunde ist das gar kein Problem. Zwar hat südbook keinen USB-Port mit dem man das Ganze einfach auf den PC übertragen könnte, dafür aber etwas viel Besseres: Eine drahtlose Verbindung nämlich, genaugenommen zur Kamera eines jeden Handys. Wichtige Inhalte von südbook können also ganz einfach abfotografiert werden. Wer das gerne etwas stilvoller machen möchte, kann auch Apps wie Camscanner verwenden, die die Objektivverzerrung der Kamera sogar gleich im Nachgang herausfiltern. Will man diese Inhalte dann direkt noch weiterverarbeiten, gibt ebenfalls eine ganze Reihe an Möglichkeiten, wie z.B. Prototyping on Paper. Einmal digitalisiert existieren quasi keine Grenzen mehr. Und da man ja in unserer heutigen Welt immer gerne alles direkt mit allen Bekannten und Verwandten teilt, kann man seine wichtigen und unwichtigen Schöpfungen natürlich auch über Instagramm ungebremst auf die Welt loslassen. Hauptsache, man hat nicht mal wieder ein Stück Papier bekritzelt, das dann im Grunde wertlos verbraucht im Papierkorb landet. Damit das nun im Schulalltag nicht ausartet, bestimmt wohl am besten der Lehrer oder die Lehrerin, was von diesen weltbewegenden Informationen, die südbook ja gerne so speichert, tatsächlich unverzichtbar ist und der Nachwelt in digitaler Form erhalten bleiben muss.


Reaktionen: „diese gut“ „ich finde das toll und sehr praktisch“ „Dieses Brett ist der Hammer!“ Quelle: eigene Aufnahmen Abb. 12

... einfach nicht mehr weglegen So scheint es zumindest gemessen an der Reaktion auf südbook, die wir während unserer Testphase erhalten haben. Auf jeden Fall wissen wir jetzt auch, dass südbook problemlos zumindest schonmal ein ganzes Schuljahr überstehen würde, gemessen an dem Stresstest, dem unsere Prototypen an unserem Testtag und der Abschlussveranstaltung an der Südschule ausgesetzt waren. Eine sechste Klasse hat uns also ihre Pause zusätzlich zu ihrer Unterrichtsstunde geopfert, was ja bei einem Schüler durchaus schonmal ein Zeichen für sich ist. Die Begeisterung war nicht nur so groß, dass wir erste Bestellungen leider bereits zurückweisen mussten, eines der Mädchen hat sich sogar ebenfalls direkt nach der Waschanleitung für den Filzumschlag erkundigt und uns gefragt, ob sie ihren denn auch in einem schönen kräftigen Rot bekommen könnte. Mit südbook geht das, keine Frage. Unsere Prototypen wurden also kräftig durch die Mangel genommen. Sie wurden beschrieben, abgewischt und wieder beschrieben. Und nach jedem Schüler sahen sie wieder aus wie neu. Dass nicht nur die Schüler, sondern auch ihr Lehrer, Herr Dahms, von unserer Idee begeistert war, ließ er uns nur zu gern wissen: „Das ist durchaus sehr praktisch für den täglichen Gebrauch, wir brauchen sowieso viel zu viel Papier im Unterricht und das meiste davon hat schon nach wenigen Stunden seinen Wert wieder verloren.“ (4) Das Ganze nur einer Klasse vorzustellen wäre etwas wenig gewesen, soll südbook doch ein Identifikationsgegenstand über alle Altersklassen hinweg werden, also haben wir auch noch eine Stippvisite in einer zehnten Jahrgangsstufe eingelegt. Nun, in dem Alter hält man mit den Emotionen etwas mehr zurück als in der sechsten Klasse, aber man hat ihnen die Freude an südbook durchaus angesehen.

(4) Quelle: Gespräch mit Herrn Dahms am 29.01.2016

75


Abb. 13: Ein großes Ganzes. Quelle: eigene Aufnahmen Abb. 13

südbook ist... weit mehr als nur ein in Filz eingeschlagenes Stück Holz. Südbook ist ein persönlicher Begleiter. Der Name südbook spielt dabei eine Schlüsselrolle. Er leitet sich aus „Südschule“ ab, für die das Ganze ja ein Identifikationsträger werden soll und erinnert gleichzeitig an die Geschichte seiner Entstehung. Der zweite Teil des Namens ist deshalb englisch gehalten, da er zum Einen möglichst interkulturell verstanden können werden soll und zum Anderen so auch der internationalen Ausrichtung der Südschule Rechnung trägt. Wie vermittelt man Gemeinschaft, ohne zu verpflichten? Wir beantworten diese Frage mit südbook, einem einfachen kleinen Holzboard, eintausendmal beschreibbar, eintausendmal abwischbar, das sich jeder Schüler zu Beginn seines Schullebens an der Südschule nach seinen eigenen Vorlieben und Wünschen selber basteln kann. Und weil südbook so klein und praktisch ist – man hat nämlich vom Wischtuch bis zum Stift alles dabei, was man so braucht – wird es einen auch ständig begleiten, ob in der Freizeit oder im Schulleben. Das Emblem auf dem Filz wird dabei dem Eingeweihten immer nach außen zeigen, dass sein Träger Teil der Südschule ist. Wir sind uns allerdings sicher, dass es auch die ein oder andere neidische Frage von Nichteingeweihten provozieren wird, südbook will schließlich jeder haben. Und damit sind wir genau da, wo wir hinwollen: südbook spart jede Menge Papier, schließlich muss nicht jedes Namensschild auch noch unseren Urenkelkindern erhalten bleiben und hat noch viele andere praktische Funktionen. Gleichzeitig wird es aber auch ein Identifikationsträger, der nach außen und innen eine klare Botschaft vermittelt. Nämlich: „Ich bin Teil der Südschule und ich bin stolz darauf!“ 76


77



Inklusion, Ernährung, Schule Constanze Buckenlei, Marco Kellhammer, Moritz von Ulardt


1. Recherche und Themenfindung Allgemeine Recherche an der Südschule An der Südschule wurden unterschiedliche Methoden eingesetzt, um gemeinsam mit den Schulexperten – Schülern, Lehrern, Eltern – zu erarbeiten, in welchen Bereichen des Schulalltags Potenzial für Veränderung vorhanden ist. Hierbei kamen die Mittel Fragebogen, Interview, Fotodokumentation und Heatmap zum Einsatz. Letzteres lieferte die Grundlage für den Entwurf „Inklusion, Ernährung, Schule“. Demnach wünschen sich 13 % der Schulgemeinschaft, neues Essen auszuprobieren.

Ergebnisse der Heatmap-Recherche Dargestellt sind die Top 3 Themen der Schulgemeinschaft.

In Kombination mit dem Leitbild der Südschule – „Typisch Südschule! Zusammen sind wir bunt!“ – verfolgte das Projektteam den Ansatz, gemeinschaftliche Projekte, an denen jeder gemäß seiner Fähigkeiten teilhaben kann, zu initiieren, um den Gemeinschaftssinn zu fördern.

Recherche an der Südschule zum Thema Ernährung Gemäß des Wunsches neues Essen auszuprobieren, konzentriert sich die Recherche auf die Verpflegungssituation an der Schule. Durch Gespräche mit der Schulleitung, den Hauswirtschaftslehrern und Schülern, sowie der Teilnahme am Mittagessen in der Schulmensa begründet sich der Kontext des Entwurfs. Schulleiter Herr Müller erzählt im Gespräch, dass bereits ein umfangreiches Verpflegungsangebot an der Südschule in 80


Bad Tölz besteht. Dies ist in verschiedenen Punkten ausbaufähig, jedoch sind wichtige Strukturen, wie z.B. ein regional ansässiger Bäcker und ein warmes Mittagsangebot in der Mensa, gegeben. Für die Pause (09.25 Uhr - 09.45 Uhr) bringen die meisten Kinder eine Brotzeit von zu Hause mit. Es ist vieles, von Vollkornbroten bis zu abgepackten Süßigkeiten, dabei. Zusätzlich gibt es am Pausenverkauf die Möglichkeit sowohl salzige wie auch süße Speisen eines lokalen Bäckers zu kaufen. Das Mittagessen in der Mensa ist momentan noch den SchülerInnen der Ganztagsschule vorbehalten. Die weiteren SchülerInnen greifen demnach häufig auf Fertigessen aus nahegelegenen Supermärkten zurück. Der Speiseplan der Mensa ist einfach gehalten, ohne ausreichende Beachtung von Nährwerten, einer ausgewogenen Ernährung oder kulinarischer Highlights. Gegessen wird in verschiendenen Schichten, was wegen Platzmangels momentan nicht anders umsetzbar ist. Zudem essen die SchülerInnen der Übergangsklassen separat, getrennt von den Regelklassen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Schule für den Preis von vier Euro pro Kind und Essen kein vollkommen zufriedenstellendes Angebot liefert. Ein etabliertes und gern angenommenes Unterrichtsfach ist der Hauswirtschaftsunterricht, welcher ab der 7. Klasse als Wahlfach angeboten wird. Die LehrerInnen halten es für sinnvoll über regionale und saisonale Lebensmittelangebote zu informieren und den Unterricht daran anzupassen. Leider sind die finanziellen Mittel für Einkäufe des Kochunterrichts sehr begrenzt. Statt ‚bio‘ und/oder ‚regional‘ einzukaufen, müssen die LehrerInnen oft auf Billigprodukte zurückgreifen.

Eine interessante Beobachtung zur Erweiterung des Themas Knapp ein Fünftel der 465 SchülerInnen an der Südschule in Bad Tölz kommen aus anderen Ländern. Zudem haben viele Kinder, die bereits in Deutschland geboren sind, einen Migrationshintergrund. Die Kinder sprechen mit ihren FreundInnen bevorzugt in ihrer ursprünglichen Landessprache und genießen die heimische Küche des Herkunftslandes.

Gemeinsames Mittagessen in der Mensa der Südschule Schüler aus unterschiedlichen Herkunftsländern kommen hier zusammen.

81


Ein Teller Heimat www.facebook.com/Eintellerheimat

Refugee Action Pop Up Kitchen www.thespicery.com

Grandhotel Cosmopolis http://grandhotel-cosmopolis.org

SchlauSchule www.Schlau-schule.de

BellevuediMonaco http://bellevuedimonaco.de/

Welcome Dinner Berlin http://welcomedinnerberlin.de/

Refugin; www.refugin.com

Über den Tellerrand www.ueberdentellerrandkochen.de

Willkommen in München https://willkommen-in-muenchen.de/ Helfer-Beispiele

Fluechtlinge willkommen http://willkommen-willkommen.tumblr. com/

Ankommer.; www.ankommen.eu

Volksküche München www.facebook.comVokuemuc

Refugee Canteen www.refugee-canteen.com

Magdas Kantine Wien www.magdas-kantine.at/

82


Recherche zu Initiativen aus den Bereichen Inklusion und Ernährung Um mehr über die Bedeutung gesellschaftlicher Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund, besonders aber geflüchteter Menschen, zu erfahren, wird die Recherche ausgeweitet. Viele der recherchierten Initiativen besuchen wir und nehmen an Events teil. Sehr wichtig und hilfreich waren die Gespräche mit Expertinnen und Experten. „Integration ist keine ehrenamtliche Tätigkeit, sondern die Grundlage für gesellschaftliches Zusammenleben.“ Johannes Mayer, Grandhotel Cosmopolis, Augsburg „Kapazität ist wohl das einzige was wir in München nicht haben.“ Barbara Link, freie Journalistin, München. „Es geht nicht um einen hohen Grad an Authentizität, sondern um das Gefühl der Gemeinschaft“ Johannes Hochholzer, Koordination der Flüchtlingshilfen der Caritas, München „Es ist wichtig alle Sinne anzusprechen, um das positive Erlebnis des Kochens erfahrbar zu machen“ Peter Ruch, Pädagogische Farm, München „Die Schule hat sich längst dahin gehend verändert, dass ein fächerübergreifender Unterricht möglich ist und dass Nützliches mit Nützlichem vereint wird.“ Christiane Klimsa, Referat für Bildung und Sport, München

Vielen Dank für die Unterstützung in der Recherche und Konzeption an: Ralph Boch, Hans Sauer Stiftung; Thorsten Bühner, Impact Hub; Angelika Feigenbutz, Ein Teller Heimat; Barbara Franz, IDEO; Andreas Holländer und Regina Ametsbichler, Schule am Winthirplatz; Johannes Hochholzer, Caritas München; Christiane Klimsa, Referat für Bildung und Sport; Barbara Link, freie Journalistin; Johannes Mayer, Grandhotel Cosmopolis; Peter Ruch, Pädagogische Farm; Jörn Utendörffer und Max Zauchner, F & B Promotion.

83


2. Inklusion Luhmann, Niklas: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Teilband 2; Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1997

Inklusion bedeutet nach dem deutschen Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann, den Zugang zu einer funktionierenden Gesellschaft ermöglichen, die ihren Individuen den notwendigen Raum lässt ihre eigene Identität zu leben, ohne eine andere zu negieren. Interkultureller Austausch ist ein grundlegendes Prinzip soziologischer Inklusion.

Notwendigkeit und Aktualität

+

» Ich möchte noch nicht von Notstand an den Schulen sprechen, aber es besteht dringender Handlungsbedarf « Michael Becker-Mrotzek Integrationsforscher

Füller, Christian: Flüchtlingskinder an Schulen: So wird das nichts mit der Integration in Spiegel Online; 12.10.2015

2016 werden über 300 000 jugendliche Migranten in Deutschland erwartet. Seit Mitte des Jahres 2015 wächst das Gefühl der Überforderung in vielen Bereichen. Auch an den Schulen herrscht Chaos. Kinder und Jugendliche, die nach Deutschland kommen, gelten drei Wochen nach ihrer Ankunft als schulpflichtig. Für diesen Zuwachs an den Schulen müssten im Regelfall bis zu 20 000 zusätzliche LehrerInnen eingestellt werden. Das Bildungsministerium stellt nur 8 000 zusätzliche Stellen für LehrerInnen im kommenden Schuljahr 2016/17 in Aussicht. Eine enorme organisatorische Herausforderung steht an. Zusätzlich wird von den Lehrpersonen eine erhöhte Aufmerksamkeit verlangt, um eine gute pädagogische und psychische Betreuung zu schaffen. Das Ziel sollte sein, die neu ankommenden SchülerInnen willkommen zu heißen und ihre Identität, ihren Glauben und ihre Kultur zu respektieren. Bedeutend ist, nicht eine Gruppe an geflüchteten SchülerInnen zu sehen, sondern das Individuum mit persönlichen Geschichten und Bedürfnissen. Zunächst besteht eine sprachliche Barriere, welche durch das gewollte Erlernen der deutschen Sprache überwunden werden kann. Dies gelingt umso besser, je mehr Anschluss die SchülerInnen an deutsche MitschülerInnen haben und sie beginnen sich für ihre neue Heimat zu interessieren.

Inklusion an Schulen Es lässt sich beobachten, dass SchülerInnen unterschiedlicher Herkunft besonders in den Pausen, beim Sport und im Werk- und Hauswirtschaftsunterricht miteinander in Kontakt treten. Diese Bereiche haben gemeinsam, dass Sprache nicht die einzige 84


Kommunikationsform bildet. Die gemeinsame Aktivität schafft eine Möglichkeit sich auszutauschen. Die Aussagen der Lehrpersonen belegen, dass die SchülerInnen zur Gruppenbildung neigen und neue SchülerInnen nicht gleich akzeptieren. Wird ihre Neugierde geweckt und eine Gemeinsamkeit gefunden, so wirkt das der Exklusion entgegen. Die anderen Traditionen und Bedürfnisse interessieren die SchülerInnen, sobald sie diese begreifen lernen. LehrerInnen aus unterschiedlichen Bundesländern berichteten in einem Artikel der Tagesschau, dass die Übergangklassen bzw. Willkommensklassen gut funktionieren. In diesen Klassen sind hauptsächlich Kinder mit Fluchthintergrund. Sie lernen dort lesen und schreiben. Peter Albrecht (Hamburger Schulbehörde) bestätigt dies: “Nach dem, was wir aus den Schulen erfahren, funktioniert das gut, aber natürlich Schritt für Schritt, parallel zu anwachsenden Deutschkenntnissen. Die Integration läuft vor allem über den Musik-, Kunst- und Sportunterricht, denn der läuft nicht getrennt, sondern integriert.“ Diese Erkenntnis ist für das vorliegende Projekt sehr bedeutend.

Kulturelle Bedeutung von Essen und Kochen Ernährung ist eine Lebensgrundlage für alle Menschen, welche darüber hinaus in allen Kulturen eine hohe gesellschaftliche Bedeutung hat. Bei einem Besuch im Grandhotel Cosmopolis erfahren wir von Johannes Mayer, dass ein gemeinsames Essen das Eis bricht - die Kommunikation mit den Neuankommenden ermöglicht. Jeder Mensch braucht Nahrung und Geborgenheit. In allen Kulturen stellt das Essen ein Ritual dar. Die Bedeutung des Essens für die eigene Identität zeigen auch Initiativen wie „Ein Teller Heimat“ in München. Hier wird in regelmäßigen Abständen zusammen mit Geflüchteten gekocht und gegessen. Trotz vorhandener sprachlicher Barrieren ist es möglich, sich bei Zubereitung von landestypischen Mahlzeiten zu verständigen und kulturelle Besonderheiten auszutauschen. Das Angebot ist gleichermaßen bei Menschen, die nach Deutschland kommen und bei hilfsbereiten Menschen aus der Nachbarschaft beliebt.

Schmickler, Barbara; tagesschau.de Titel: Wie klappt die Integration an Schulen?; 16.02.2016

vgl. Simmel, Georg

Grandhotel Cosmopolis ist ein Ort des Austauschs und Unterkunft für geflüchtete Menschen in Augsburg.

Ableitung des Konzepts

Erste Konzeptskizze: Inklusion, Ernährung, Schule.

85


3. Konzept

Veranschaulichung des Konzepts und dessen Bestandteile.

Ernährung spielerisch denken, um Austausch und Inklusion im Schulalltag zu ermöglichen. Unser Ziel ist es, zur zukunftsfähigen Entwicklung der Schule unter Berücksichtigung demografischer Einflüsse beizutragen. Dabei geht es um ein Lernen voneinander, um den klassenübergreifenden Austausch der Schülerinnen und Schüler. Der Kochwagen bildet das Zentrum unseres Entwurfs. Gepackt mit Kisten darf dieser als Einladung zum Entdecken der Kochwerkzeuge verstanden werden. Ein informatives Element, bestehend aus einem Kartenset zu Zutaten, Rezepten, allgemeinen Informationen und Anregungen, die Köchin oder den Koch in uns zu wecken, begleitet die an sich selbsterklärenden Werkzeuge. Wir möchten Anreize geben, sprachliche Barrieren über das gemeinsame Zubereiten zu überwinden. Die Geschichten über Lieblingsrezepte, den Apfelkuchen der Oma, zu Lebensmitteln und ihrer unterschiedlichen Bedeutung möchten erzählt werden. Und außerdem – wie schmeckt ein bayerischer Couscoussalat? So lässt sich der Kochwagen als Lehrmittel verwenden, an dem beispielsweise das exponentielle Wachstum durch die Vermehrung von Salmonellen veranschaulicht wird und die SchülerInnen gleichzeitig Hygienevorschriften kennenlernen. Geografie lässt sich auch an einem Obstsalat erklären. Welchen Weg legt die Banane von der Plantage in das Klassenzimmer zurück? Und wie verändert Salz den Siedepunkt von Wasser? Auch in Chemie und Physik wird gekocht. Schule findet nicht länger am Whiteboard statt und Wissen lässt sich nicht nur über Sprache teilen.

86


4. Partizipative Gestaltung und Werteversprechen Die befragten ExpertInnen und Lehrpersonen zeigen ein großes Interesse an der Idee. Als Grundlage für erste Gestaltungsentwürfe werden Personas von SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern genutzt. In User Journey Maps werden die Kontaktpunkte untereinander und mit dem Konzept Kochwagen abgebildet und verortet. Für die weitere Arbeit ergeben sich zwei besonders wichtige Blickwinkel. Zum einen ist es die Schule mit Lehrpersonen und den RegelschülerInnen, welche vor der Herausforderung der Inklusion geflüchteter SchülerInnen ohne deutsche Kenntnisse stehen. Das Gefühl der Überforderung und Angst soll in Neugierde und positives Interesse an neuen Menschen und deren Kulturen umgewandelt werden. Der Blick über den eigenen Tellerrand ist eine Bereicherung. Der zweite Blickwinkel ist der eines geflüchteten Schulkindes. Die geflüchteten SchülerInnen können sich oftmals sprachlich nicht ausreichend mitteilen. Aus diesem Grund muss ein anderes Kommunikationsmittel gefunden werden, um die eigenen Geschichten und von der eigenen Kultur erzählen zu können. Auf diesen beiden Sichtweisen gründet das Werteversprechen des Entwurfs. Es soll Inklusion von Migrantinnen und Migranten geschaffen werden, was erfordert, dass wir Zeit miteinander verbringen, Diversität zulassen und Neugierde wecken. Resilienz, die Stärkung der Schulgemeinschaft gegenüber möglichen Problemen von außen, soll geschaffen werden. Um Neues zuzulassen, ist es notwendig für eine bestimmte Zeit den Schulalltag zu „verlassen“. Gemeinsames Kochen und Essen hat sich als gute Methode herausgestellt, gemeinsame Bedürfnisse (das Essen), als pädagogisch wertvolles Instrument in der Schule zu etablieren, um interdisziplinär Wissen zu vermitteln. Schule

Themenwoche

Definiertes Zeitfenster

Projektunterricht

?

...

...

Hauswirtschaft Sozialunterricht

Das gemeinsame Kochen und Essen soll an der Schule innerhalb eines definierten Zeitfensters stattfinden. Um die Regelklassen einzubinden eignen sich besonders der Projektunterricht oder der Hauswirtschaftsunterricht.

87


Überprüfung der konzeptionellen Idee Das Konzept des gemeinsamen Kochens wird in kleineren Workshops getestet. Zu Evaluierung nutzen wir einen Kontakt zur Grund- und Mittelschule am Winthirplatz. An dieser Schule gibt es bereits vier Übergangsklassen und der Bedarf wächst. Mit den SchülerInnen der Ü5 von Andreas Holländer und Regina Ametsbichler wird das Wissen über exotische Zutaten abgefragt und nachgefragt, was die Kinder besonders gerne essen. Sprachliche Barrieren lassen sich oft umgehen, da sich die Gemüsesorten einfach darstellen lassen. Bereits hier fällt auf, dass die SchülerInnen untereinander kommunizieren und sich gegenseitig helfen die Fragen zu beantworten. In einem weiteren Workshop zeichnet jede Schülerin und jeder Schüler sein Lieblingsobst. Oft zeichnen die Tischgruppen die selbe Obstsorte. Die Schüler erhalten jeweils ein Stück Obst der gezeichneten Sorte. Im nächsten Schritt sollen die SchülerInnen einen Obstsalat bilden. In fünf Gruppen muss von jeder Obstsorte je ein Schüler zu finden sein. Trotz anfänglicher Bedenken der Lehrpersonen, dass sich Jungen und Mädchen nicht in Gruppen zusammenfinden werden, funktioniert die Idee des Obstsalats. Die Schüler schälen und schneiden das Obst und auf jedem Tisch entsteht unter reger Kommunikation und gegenseitiger Hilfe ein bunter Obstsalat. Am Ende der doppelten Schulstunde wird gemeinsam abgewaschen. Nach kurzen Diskrepanzen zwischen Jungen und Mädchen wäscht schließlich jeder Schüler sein benutztes Geschirr und Kochwerkzeug ab. Der Versuch wird von allen Beteiligten als gelungen empfunden. Das Interesse bald ein warmes Gericht auf dem Kochwagen zuzubereiten, ist sehr groß.

Welches ist dein Lieblingsgericht? Gemeinsames Herausfinden der Kenntnisse über Zutaten und Gerichte.

88


Workshop in der Grund- und Mittelschule am Winthirplatz Gemeinsame Zubereitung eines Obstsalats.

Erkenntnisse aus den Workshops Während eines improvisierten Workshops an der Schule am Winthirplatz wird das Verhalten von SchülerInnen bei der Zubereitung eines Obstsalats beobachtet. Auffällig ist, dass einige Schüler scheinbar noch nie zu Hause mitgeholfen haben und ihnen der Umgang mit den Küchenwerkzeugen nicht immer bekannt ist. Außerdem landete auch ein Apfelstrunk im Obstsalat. Die Vor-, und Nachbereitung war zeitintensiv, da alle benötigten Kochwerkzeuge erst gesucht, herangeschafft und zurück in die Mensa gebracht werden mussten. Das Lehrerpult musste außerdem kurzerhand als Präsentationsfläche herhalten, was wiederum Aufwand für die Lehrperson darstellte. Die Erfahrungen und Erkenntnisse bekräftigten das Konzept, ein eigenständiges Objekt zu erstellen. Ein Kochwagen soll den LehrerInnen die Möglichkeit geben, gemeinsam mit den SchülerInnen schnell und ohne größeren Aufwand im Unterricht zu kochen. Für die SchülerInnen wird der Wagen zum Symbol etwas neues auszuprobieren und dabei persönliche Barrieren zu überwinden. 89


5. Entwurfsgestaltung - Vom Konzept zum Entwurf Nach den erfolgreichen Tests des Konzepts werden erste Skizzen angefertigt und Anforderungen an den Entwurf dokumentiert. Anpassung an unterschiedliche Körpergrößen

Erweiterung des Arbeitsbereichs

Formen für Griffmulden und Schubladengriffe

Arbeitsschutz Für den Schutz des körperlichen Wohls sind beim Kochen ebenfalls Richtlinien zu beachten. Schürzen müssen aus einem festen, gewebten Stoff bestehen und den Körper von Brusthöhe bis zu den Knien bedecken. So können beispielsweise Verbrühungen durch siedendes Wasser effektiv verhindert werden.

90


Hygienische Anforderungen Die Erstbelehrung für den hygienischen Umgang in einer gemeinschaftlichen Küche erfolgt nach §43 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durch das Gesundheitsamt bzw. eine berechtigte Person. Nachdem einmal eine Erstbelhrung stattgefunden hat, können diese Personen gegenseitig ihre Belehrung wieder auffrischen. Zu den Inhalten gehören: • • • • •

Korrektes Händewaschen Umgang mit zu kühlenden Lebensmitteln Das 4-Farbenprinzip in der Küche Körperschmuck (Piercings sind eine Brutstätte für Krankheitserreger) Kopfhaarbedeckung

Schule/Pädagogisches Angebot Das pädagogische Angebot für Kochen im Schulkontext erlaubt es, an vielen Stellen die Richtlinien des Infektionsschutzgesetzes weniger streng auszulegen. So genügt es, sofern keine Dritten durch im Unterricht Gekochtes verpflegt werden sollen, dass lediglich das Lehrpersonal über die Erstbelehrung verfügt und die teilnehmenden Schüler einweist. Zu kühlende Lebensmittel können bis zur Verwendung auch im Kühlschrank im Lehrerzimmer oder in der Schulküche gelagert werden. Als Wasserversorgung ist das Handwaschbecken des Klassenzimmers ausreichend. Die Materialität für Kochutensilien im Rahmen des pädagogischen Angebots schreibt ebenfalls keinen Chrom-Nickel-Stahl vor. Dieser bleibt weiterhin das Material der Wahl. Es kann jedoch auf behandelte Hölzer für Arbeitsplatten und Schneidbretter zurückgegriffen werden.

Vom Entwurf zum Modell Der Entwurf des Kochwagens gründet auf der Recherche zu hygienischen Anforderungen, benötigten Utensilien für das Kochen und den umgebungsspezifischen Eigenschaften in der Schule, speziell im Klassenzimmer. Das Ergebnis der Recherche wäre im Rahmen des Projekts zeitlich und finanziell nicht umsetzbar. Deshalb wird zunächst ein Funktionsmodell geplant. Das Funktionsmodell ist geeignet, die grundlegende Idee eines Lehrmittels zur Inklusion über Ernährung und Kochen an der Schule auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen und weitere Anforderungen an einen finalen Entwurf partizipativ, mit PädagogInnen und SchülerInnen, zu erforschen.

91


Ästhetische Positionierung

Zwischen Feuerstelle, Profiküche und Schulmöbel

Bildquellen: www.ikea.de, www.chmararosinke.com, www.bulthaup.de, www.emga.com, www.lamodern.com

Proportionen und Maße

Aufteilung der Kochwerkzeuge

92

Die Grundmaße eines mobilen Wagens werden anhand der Vorgaben für Barrierefreiheit in öffentlichen Gebäuden festgelegt. Mit einer Breite von ca. 700 mm ist gewährleistet, dass Türen mit einer Breite von 850 mm passiert werden können. Auf einer Länge von max. 1250 mm bleibt der Wagen auch in Gängen rangierfähig und passt in einen Aufzug. Die Arbeitshöhe von 900 mm orientiert sich am untersten Perzentil, der optimalen Arbeitshöhe im Bereich von 890 – 1195 mm. Die Aufteilung der benötigten Kochwerkzeuge für ca. 30 SchülerInnen und Schüler findet zunächst zweidimensional statt. Die Maße der Werkzeuge werden aus der Liste für die Küchenerstausstattung von öffentlichen Gebäuden der Stadt München entnommen. Die Größen der einzelnen Kisten für die Kochwerkzeuge werden zunächst an Papiermodellen überprüft. Die größte

Kiste für Töpfe und Pfannen wird daraufhin kleiner gestaltet, um von einer Person getragen werden zu können. Insgesamt muss die Aufteilung in ein Raster passen, welches von beiden Seiten des Wagens in etwa ähnlich ist. So können die Träger für die Zwischenböden der Schubkisten reduziert werden.


Wahl der Materialien Das hygienischste und in Großküchen verwendete Material Chrom-Nickel-Stahl (CNS) kann aus finanziellen Gründen nicht eingesetzt werden. Mit der Definition, ein pädagogisches Angebot zu bedienen, müssen die hygienischen Vorschriften für Großküchengeräte nicht vollständig eingehalten werden. Die Entscheidung ermöglicht ebenso, dass der Kochwagen formalästhetisch weniger an sterile Großküchen oder Krankenhäuser erinnert. Das Münchner Referat für Bildung und Sport bestärkt die Positionierung in Richtung heimischer Küchen und in der Verwendung echter Materialien. Für das Funktionsmodell werden bewusst Materialien gewählt, die in ihrem Einsatzbereich getestet werden sollen. Das Gestell des Funktionsmodells wird aus Stahl geschweißt. Um es gegen Korrosion zu schützen und leichter reinigen zu können, wird es pulverbeschichtet. Der Arbeitsbereich mit der Arbeitsplatte und die Schneidbrettchen werden aus Wildeiche gefertigt. Dieses besonders harte Holz eignet sich als Arbeitsfläche Materialien für ein finales Modell und unterstreicht mit seiner stark sichtbaren Maserung und Astlöchern den prototypischen Charakter des Unperfekten – einer Oberfläche auf der gearbeitet werden darf. Behandelt wird das Holz mit einem Hartwachsöl. Damit wird das Holz gegen das Eindringen von Feuchtigkeit und Schmutz imprägniert. Die Schubkisten werden aus Fichtensperrholz gefertigt. Das Material ist günstig, einfach zu bearbeiten und ausreichend stabil. Der Werkstattcharakter, das Ausprobieren, wird durch diese Materialwahl unterstützt.

Kisten Chrom-Nickel-Stahl

Arbeitsplatte, Schneidbrett Chrom-Nickel-Stahl oder Eichenholz

Rollen luftidentisch, Steinco 335

Alternativen im Funktionsmodell für Chrom-Nickel-Stahl Kisten Sperrholz, Fichte / Hartwachsöl

Arbeitsplatte, Schneidbrett Eichenholz, Hartwachsöl

93


6. Visualisierung der Ausarbeitung Der Kochwagen

Maße in mm LxBxH: 1200 x 740 x 900

Die Kisten

90 mm

11 mm 25 mm

Gestaltungsprinzipien Zum Herausziehen der Kisten sind

der Kisten kann über seitliche Grifflöcher erfolgen. Die Maße der Griffbereiche sind einheitlich. 170 mm 50 mm 30 mm

94

50 mm

33 mm

Griffmulden eingelassen. Das Anheben


Die Kochwerkzeuge

Kennzeichnung Grafiken der sich in den Kisten befindenden Werkzeuge sind auf der Kistenvorderseite eingelasert.

95


Der Arbeitsbereich

Modellbau Metallverarbeitung Mit Unterstützung von Matthias Müller wird der Stahl geschnitten, das Stahlgestell geschweißt und die Schweißnähte anschließend gesäubert.

Holzverarbeitung Die Teile für die Kisten werden CNC-gefräst und nachbearbeitet. Mit Lamelloverbindungen werden die Kisten geleimt. Die Arbeitsplatte und Brettchen werden an der Kreissäge gefertigt.

96


Aufbau Abschließend werden alle Holzteile mit Hartwachsöl behandelt und zusammengesetzt. Die Schubkisten werden in das Stahlgestell sortiert und können jederzeit entnommen werden.

Fotos: Uli Benz

7. Ausarbeitung didaktische Mittel

Zutatenkarten

Die Karten

Farblich sortiert enthalten die Zutatenkarten grundlegende Informationen über die jeweilige Zutat. Wie ist die Zutat zu erkennen? Woher kommt sie ursprünglich und in welcher Kultur findet sie besondere Verwendung? Die Zutat wird mit einem Land verknüpft. Der Hinweis findet sich oben rechts.

Ziel des Projekts ist die einfache Anwendung im Unterricht für Lehrpersonen. Um den Vorbereitungsaufwand gering zu halten, ist ein informatives Kartenset Bestandteil des Kochwagens. Es besteht aus vier verknüpften Kategorien.

Wächst bei uns

Tomate tomato

Italien ↗ Liberia ↗

Herkunft

Gemüse

Verlinkung der Karten Zu den Ländern finden sich spezifische Rezepte. Der Name des Landes muss mit der Nationalflagge in Verbindung

Die Tomate gehört zu den weltweit beliebtesten Gemüsearten. Es gibt mehr als 1000 verschiedene Sorten in diversen Farben und Formen. Im gewerblichen Anbau werden Tomaten in Mitteleuropa in der Regel unter Folie bzw. im Gewächshaus gezogen. Die Erntezeit beginnt Mitte Juli und erstreckt sich bis in den Herbst.

gebracht werden.

Die Tomate ist ein Nachtschattengewächs, das heißt, dass die Samenanlage in der Frucht eingeschlossen ist.

Die Tomate besteht zu ca 95% aus Wasser und ist deshalb eine kalorienarme Leckerei. Trotzdem enthält sie viele wichtige Inhaltsstoffe wie zum Beispiel die Vitamine A, B1, C, E und Niacin. Auch Mineralstoffe wie zum Beispiel Kalium, Magnesium und Calcium sind in der Tomate enthalten.

süß, scharf Frucht geruchlos, Pflanze würzig-fruchtig rund, glatt, knackig rot, gelb, grün

97


Rezepte Nach Ländern sortierte Rezeptkarten geben den Lehrpersonen Anregungen zu kulturellen Besonderheiten in der Küche. Die Rezepte zeigen die relevanten Informationen, wie Dauer, Anzahl der Personen und Schwierigkeitsgrad. Die Zutatenliste kann zugleich als Einkaufszettel verwendet werden. Die jeweilige Nationalflagge oben rechts schafft die Verknüpfung zu den Zutatenkarten. Welche Nationalflagge zu welchem Land gehört, kann über die Basisinformationskarte zu Nationalflaggen nachgesehen werden.

‚Jollof‘ Tomatenreis tomato rice süß, würzig

Jollof Reis ist ein traditionelles Gericht aus Liberia. Es beseht aus einem Mix aus Langkornreis, Tomaten und verschiedenen Gewürzen. Jollof Reis wird je nach Bedarf mit gebratenem Gemüse, Fisch oder auch Fleisch verfeinert.

8 Pers

45 Min

600 g Basmati Reis 1. Schält Knoblauch und Zwiebel und schneidet beides in feine Stücke.

400 g Hühnchenbrust 2 Tomaten

2. Gebt Zwiebel und Knoblauch in eine Pfanne mit dem erhitzten Öl und schwitzt beides an. (Bis Zwiebel und Knoblauch glasig sind.) Nun gebt ihr die Karotten hinzu. 3. Mischt das Lorbeerblatt, die Erbsen, die Paprika und den Ingwer darunter. Rührt kräftig um und gebt nun die Brühe hinzu.

2 Karotten 200 g grüne Erbsen 0,5 l Fleischbrühe 1 Zwiebel 1 Knoblauchzehe

4. Nun dürft ihr die Tomaten und das Tomatenmark hinzugeben - abermals gut umrühren.

3 TL Tomatenmark 1 TL Paprikapulver

5. Wenn alles gut verrührt ist, könnt ihr den Reis und die Hühnchenbrust in den Topf geben. Schließt den Topf mit einem Deckel und lasst das Ganze leicht kochen. Gießt noch mehr Brühe nach, falls nötig.

10 g Ingwerwurzel 1 Lorbeerblatt

Sobald der Reis weich ist, kann der Reis serviert werden. 3 EL neutrales Öl

Basisinformationen Hier finden sich grundlegende Erklärungen und Hilfen zur Beschaffung der Zutaten, zu ökologischen Auswirkungen und zu einer gesunden Ernährung. Ebenso werden die Hygienevorschriften abgebildet, Tipps zum Abwaschen und Reinigen des Kochwagens gegeben. Auch die geografischen Informationen zu Lage und Länderflagge sind dargestellt. In den Basisinformationen werden stichpunktartige Antworten auf Fragen gegeben, die während der Vorbereitung oder des Kochens aufkommen können.

98


Basisinformationen Kaufe regional buy local

Fakten

10.000

Auf dem Land hast du die Möglichkeit Lebensmittel direkt und frisch von Bauernhöfen zu beziehen. Obst und Gemüse wächst vielleicht sogar zu Hause in eurem Garten. Auch wenn du in der Stadt lebst kannst du dort regionale Lebensmittel kaufen. Besuche einen Wochenmarkt oder achte im Supermarkt auf die Herkunft der Produkte.

zum Thema ‚Regional einkaufen‘.

Kilometer legt eine Ananas per Flugzeug auf dem Weg in den Supermarkt zurück

Fleisch

Milch

Gemüse & Obst

Metzgerei, Bauernmarkt, Bauernhof

Frischmilchautomat, Bauernhof

Wochenmarkt, Bauernmarkt

Wieviele Kilometer legt ein Liter Milch vom Bauern bis in den Supermakt zurück?

Wieviele Kilometer legt ein Liter Milch vom Bauern bis in den Supermakt zurück?

Beeren und Kräuter kannst du auch im Wald oder auf der Wiese finden, dafür musst du jedoch genau wissen, was genießbar ist.

Wieviel Geld verdient der Bauer an einem Liter Milch? Und was zahlst du im Supermarkt?

Die Abbildung zeigt Fakten und Tipps

Aktionen Multi-Kulti-Küche Multi-Cultural-Kitchen In der Klasse gibt es viele verschiedene Schüler, die aus unterschiedlichen Kulturen kommen. Einige sind Freunde geworden und lernen einander kennen, obwohl viele von uns unterschiedliche Herkunftsstaaten haben. Denn: Das ist uns egal!

Nehmt ein Gericht einer Kultur, die in der Klasse vertreten ist.

Erklärungen/Fakten - Diese Arbeit soll in der Gruppe gestaltet werden. - Diskutiert unbekannte Zutaten. - Diskutiert verschiedene Zubereitungsarten.

Zerlegt das Gericht in seine einzelnen Zutaten und Zubereitungsarten.

Alle Kulturen haben ihre eigenen Geschmäcker, Düfte und Traditionen. Können wir diese durchmischen und wie wird das schmecken? Wir probieren es!

Zerlegt das Gericht in seine einzelnen Zutaten und Zubereitungsarten.

Nehmt ein Gericht einer anderen Kultur, die in der Klasse vertreten ist.

Analysiert die verschiedenen Zutaten der beiden Rezepte. Entscheidet welche Zutaten der beiden Rezepte gut zusammenpassen, um ein neues Rezept zu kreieren. Nehmt euch eine leere Rezeptkarte und schreibt das Rezept auf. Danach kanns losgehen! Schürzen, Kochlöffel und Brettchen her! Guten Appetit!

Die Aktionskarten können als Inspirationen zur Unterrichtsgestaltung der Lehrerinnen und Lehrer gesehen werden. Sie enthalten Übungen um die ersten Barrieren einer Kontaktaufnahme zu brechen. Im Vordergrund stehen dabei die kulturellen Besonderheiten und deren kreative Nutzung als Kommunikationsmittel.

Das Kochmanifest Wir kochen gemeinsam. Wir helfen uns gegenseitig. Wir machen Vorschläge. Wir dürfen uns alles fragen. Wir sind neugierig und lehnen nichts und niemanden ab. Wir sprechen aus, was uns bedrückt. Wir bereiten frische Zutaten zu. Wir versuchen regionale und saisonale Zutaten zu verwenden. Wir respektieren die Lebensmittel. Wir vermeiden Müll. Wir erzählen unsere Geschichten zu den Zutaten und den Rezepten und hören einander zu. Wir essen gemeinsam. Wir helfen mit und räumen auf.

Manifest Das Kochmanifest als Tischkarte befindet sich auf dem Kochwagen und stellt die Rahmenbedingungen dieser neuen Unterrichtsform dar.

99


8. Fazit und weiteres Vorgehen Die anfängliche Recherche an der Südschule zeigte zunächst eher kleine, lokale Probleme auf. Mit der Sicht von außen können diese Probleme unkompliziert durch Handwerker oder in AGs gelöst werden. Erst die genauere Untersuchung und Analyse der Strukturen – ursprünglich zum Thema Ernährung – offenbarte eine Möglichkeit zur Veränderung an der Schule. Die Südschule macht bei der Integration von Kindern mit Fluchthintergrund ein gutes Bild und erkennt die wachsende Bedeutung dieser Aufgabe. An dieser Stelle finden wir einen Ansatz für das Projekt mit dem Titel ‚Schule designen’. Schule designen, so meinen wir, bedeutet die Institution Schule neu zu denken und zur zukunftsfähigen Entwicklung der Schule, unter Berücksichti­gung demografischer Einflüsse, beizutragen. Die Ausweitung der Recherche auf das Thema Inklusion – insbesondere der gesellschaftlichen Inklusion geflüchteter SchülerInnen – eröffnet ein breites Gestaltungsfeld. In Gesprächen mit ExpertInnen entwickeln wir die Idee eines transformativen Entwurfs. Wie schaffen wir die Inklusion von SchülerInnen aus Übergangsklassen und Regelklassen an der Schule? Strukturelle Schwachstellen wie zu wenig Lehrpersonal und unzureichende spezielle Ausbildung sowie fehlende Sprachkenntnisse dürfen keine Hürden sein. Über Kochen, das gemeinsame Erlebnis und das gemeinsame Essen möchten wir persönliche Barrieren überwinden und den Blick über den eigenen Tellerrand ermöglichen. Die kulturellen Besonderheiten anderer Länder spiegeln sich in der Küche wieder und wecken Neugierde. Ein mobiler Kochwagen, ausgestattet mit Kochwerkzeugen, dient als Einladung zum gemeinsamen Entdecken und Kochen. Mit den Informationskarten möchten wir die Vorbereitungszeit für die Lehrpersonen minimal halten und die Schwelle, den Kochwagen einzusetzen, gering halten. Das Erlebnis des Kochens soll für die SchülerInnen, wie auch für die Lehrpersonen, ein positives sein. In kontinuierlicher Absprache mit ExpertInnen und NutzerInnen über besondere Anforderungen entsteht ein funktionsfähiges Modell. Dieser wichtige Schritt ermöglicht uns den gesamten Einsatz des Entwurfs, der Materialien und den Ablauf im Unterricht ausführlich zu erproben. Präsentation an der Südschule Fotos: Hans Sauer Stiftung

100


Ein erstes Ausprobieren bei der Präsentation an der Südschule verläuft sehr positiv. Die SchülerInnen sind von Beginn an aktiv beteiligt und neugierig. Gemeinsam werden die Zutaten verarbeitet und eine Suppe gekocht. Abgewaschen wird freiwillig und die Lehrpersonen können sich den Einsatz des Kochwagens im Unterricht gut vorstellen. Über Kochen schaffen wir eine neue Unterrichtsatmosphäre. Wir lernen voneinander und tauschen uns aus.

Die positiven Stimmen zu Konzept und Entwurf motivieren uns weiterzumachen. Das Funktionsmodell soll eingesetzt werden, um in einem weiteren, partizipativen Designprozess den finalen Entwurf auszuarbeiten. Die Anwendbarkeit und Bereitstellung des Kochwagens im Schulunterricht möchten wir prüfen und als Gesamtkonzept von der Produktion, Bereitstellung über die Nutzung bis zur weiteren Verwendung denken. Viele Anregungen und Verbesserungsvorschläge konnten wir bereits sammeln. Wir möchten sie in die Ausarbeitung einfliessen lassen. Für Kritik und und Vorschläge sind wir dankbar und offen. 101



Die optimale Pause Tojan Bieber, Nils Christensen, Matthias Zinkl



Vorwort Die hier angefertigte Dokumentation ist eine Zusammenfassung der Recherchen, Ideen und Konzepte während des Projekts „Schule designen!“, das in Kooperation mit der Hans Sauer Stiftung und der Südschule Bad Tölz entstand. Begleitet wurde das Projekt durch Mitarbeiter der Agenturen IXDS, frog und IDEO. Die übergewichtigen Kinder von heute sind die adipösen Erwachsenen von morgen. In der Kinder- und Jugendgesundheitsstudie des Robert Koch Instituts wurden von 2003 bis 2006 Daten zur Gesundheit von Kindern erhoben. Es wurde festgestellt, dass 15 Prozent der Sieben- bis Zehnjährigen übergewichtig sind. Unter den 14- bis 17-Jährigen waren es schon 17 Prozent.1 Dass einer solchen Entwicklung gezielt und aktiv entgegengewirkt werden muss, wurde uns während des Projektes immer klarer.

1 - www.spiegel.de

105


Abb. 1: Positive und negative Orte an der Südschule

Projekttag an der Südschule Das Projekt „Schule designen!“ startete am 21.10.2015 mit einem Projekttag an der Südschule in Bad Tölz. An diesem Tag wurden in verschiedenen Teams (Heatmap, Fotodokumentation und Interview) Daten für die weitere Ausarbeitung gesammelt. Aus Sicht der Fotogruppe war die Recherche an der Südschule sicherlich inhaltsreich. In kurzer Zeit konnten sehr viele verschiedene visuelle Eindrücke gesammelt und im Nachhinein ausgewertet werden. Durch die aufwändige Organisation der großen Gruppen und den verzögerten Ablauf des Zeitplans entstand leider auch ein Leerlauf, wodurch den Schülern auch ein Teil der Pause verloren ging. Auffallend war außerdem, dass sich viele Themen mit Aktivitäten außerhalb des eigentlichen Unterrichts beschäftigten. Die Identifikation mit der Schule entsteht durch die Rahmenbedingungen, die den Schülern geboten werden. Was passiert in den Freistunden, vor und nach dem Unterricht sowie in den Pausen? Wichtige Themen sind Spielplatz, Trampolin, Pausenhof, Kletterwand, Fahrradkeller, Spielzeughaus, Sitzmöglichkeiten in der Aula und der Pausenverkauf. Dieser ist besonders für die größeren Schüler interessant, da die 1. bis 4. Klasse ihr Pausenbrot bereits in den letzten fünf Minuten des Unterrichts verzehren darf. Die Grundschüler sollen ihre Pause mit körperlicher Bewegung und Spielen verbringen. Für die Schüler der höheren Klassen (5. bis 10.) nimmt der Pausenverkauf einen Großteil der Pausenzeit in Anspruch. In großen Trauben stehen sie zusammen an, unterhalten sich, drängeln und wenn sie tatsächlich an der Reihe sind, wissen sie meist nicht, was im Angebot ist und wählen recht spontan vor dem Sichtfenter aus. Danach muss noch ein geeigneter Platz zum Verzehr gefunden werden. Diese Thematik wollen wir genauer betrachten. 106


Abb. 2 - Interview w채hrend des ersten Recherchetages an der S체dschule

Auswertung der Recherche und Themenfindung W체nsche der Kinder, Eltern und Lehrer waren unter anderem ein Trinkbrunnen und neues Essen sowie eine Qualit채tsverbesserung des Pausenverkaufs. Die Pause ist einer der wichtigsten Punkte des Tagesablaufs. Sie dient der Regeneration und Erholung, sowie der Nahrungsaufnahme und dem Pflegen sozialer Kontakte. Unsere weiteren Recherchen und Arbeiten sollen eine Verbesserung dieser wichtigen Zeit darstellen.

107


Abb. 3: Auswertung der Antworten der Schüler auf Fragen zur optimalen Pause.

Fragebögen Um die Zusammenhänge zwischen Verkauf und Kaufverhalten besser zu verstehen, wurden an einige der Schüler und Lehrer der Südschule Fragebögen verteilt. Diese beinhalteten verschiedene Fragen zur Pause. Zum einen wollten wir wissen, wie die Pause genutzt wird und wie sich die Schüler und Lehrer eine optimale Pause vorstellen. Zum anderen sollte mit gezielteren Fragen zum Pausenverkauf eruiert werden, wie wir diesen hinsichtlich der eingebrachten Wünsche verbessern können. Die Auswertung erfolgte über eine Excel-Tabelle und eine leichter lesbare graphische Darstellung zur internen und externen Kommunikation. An der Befragung nahmen insgesamt 51 Schüler aus der 5., 6., 8. und 10. Klasse inklusive ihrer Klassenlehrer teil. So sollte ein guter Querschnitt aller Schüler der Südschule abgebildet werden. Da die 1. bis 4. Klassen nicht am Pausenverkauf teilnehmen und ihr Pausenablauf nicht dem der höheren Klassen entspricht, wurden diese in der Befragung nicht berücksichtigt. Neben den Fragebögen für Schüler und Lehrer wurde auch ein Fragebogen für den Betreiber des Pausenverkaufs erstellt. Da einige Fragen tiefergehende Antworten zur Folge hatten, wurde neben der schriftlichen Bearbeitung des Fragebogens ein Telefoninterview mit dem Bäcker geführt. Anhand der Ergebnisse der Fragebögen wurden verschiedene Konzeptansätze gebildet. Sie waren in die grundlegenden Bereiche Zeit, Ernährungsqualität und Kosten aufgegliedert.

108


Abb. 4: Fragebogen SchĂźler.

109


Abb. 5: Fragebogen Lehrer.

110


Abb. 6: Fragebogen Bäcker.

Recherche Bäckerei Die Antworten des Bäckers auf unsere Fragen waren zum Teil so umfassend und komplex, dass neben der Faxantwort auch ein pesönliches Gespräch am Telefon nötig war. Im Laufe der Recherche hat sich herausgestellt, dass das Verschicken der Fragebögen viel Zeit und Fahrtwege erspart. Ein negativer Effekt war, dass nicht alle Fragebögen zurückkamen und manche Fragen missverstanden werden konnten. Durch ein persönliches Gespräch oder Mentoring beim Ausfüllen hätten Fehler oder Missverständnisse vermieden werden können. Die Zeit, die man erst einspart, kann hinterher wieder für Nachfragen verbraucht werden.

111


Abb. 7: Pausenverkauf der Realschule Neunburg vorm Wald.

Vergleichsobjekt Der Pausenverkauf an der Südschule machte auf uns von Anfang an einen sehr improvisierten Eindruck. Das Angebot war, verglichen mit anderen Einkaufsmöglichkeiten, wenig ansprechend und die Schüler hatten wenig Auswahl. Um Potential für Verbesserungen zu finden, wurde an einem anderen Pausenverkauf recherchiert. Dabei ging es neben dem Angebot auch um Arbeitsabläufe und die Aufgabenverteilung im Kiosk. Als einer der zentralen Punkte konnte die gute Infrastruktur des Pausenverkaufs ausgemacht werden. Der Verkauf hat neben einer eigenen Spülküche auch Kühlschränke, eine Mikrowelle und eigene Herdplatten. Im Gegensatz zum Verkauf an der Südschule sind die Verkäuferinnen ab früh morgens bis nach Schulschluss vor Ort. Dies ermöglicht neben der Öffnung in den Pausen den zusätzlichen Verkauf vor und nach dem Unterricht. Das Angebot umfasst ein breites Spektrum, von rein vegetarisch belegten Brötchen bis hin zu Gummibärchen, von subventionierter Schulmilch bis zu zuckerhaltigen Erfrischungsgetränken. Täglich wechselnde Spezialitäten wie beispielsweise Pizzateilchen, warmer Leberkäse oder Bratwurstschnecken bieten eine enorme Vielfalt. Dass beim Verkauf Schüler mithelfen können, entlastet die Verkäuferinnen und verkürzt die Wartezeit am Kiosk. Die Aufteilung nach Klassen entzerrt das Gedränge. Die fünften Klassen dürfen früher zum Verkauf. So stehen die jüngeren Schüler nicht in der Schlange mit den älteren.

112


Abb. 8: User Journey Map

User Journey Map Während eines Projekttages am Lehrstuhl wurden die wichtigen Stakeholder des Projektthemas ermittelt. Anhand einer User Journey Map wurde ihr Tages- bzw. ihr Pausenablauf nachempfunden. Diese Visualisierung half nochmals, mögliche positive wie negative Punkte der Aktionen und Interaktionen zu verstehen. Unsere Stakeholder / Archetypen, deren Tag wir nachvollzogen, waren zum einen die Eltern, die Schüler und die Pausenverkaufskraft. Die beschriebenen Archetypen wurden benannt, eine mögliche Aussage zur Verbesserung ihres Schulumfeldes wurde formuliert und durch das Hinzufügen möglicher Attribute und Bedürfnisse wurden sie näher charakterisiert.

Abb. 9: Beispiel Archetyp

113


im Uhrzeigersinn: Abb. 10: Situation am Pausenverkauf. Abb. 11: Angebot. Abb. 12: Beschriftung und Preisaushang.

Aktuelle Situation Die Abbildungen 10-12 zeigen den derzeitigen Zustand des Pausenverkaufs. Verkauft wird von der Aula durch die Fenster in den Schulhof. Dabei sieht der Schüler das Angebot erst unmittelbar zum Zeitpunkt der Bestellung. Auch der Preisaushang, ein am Spuckschutz befestigtes DIN-A4 Blatt, befindet sich hier. Die Zeit um sich etwas auszuwählen fehlt. Über die Inhaltsstoffe der Produkte wird wenig informiert. Neben den Hinweisen auf Nitratpökelsalz, Geschmacksverstärker und Farbstoffe fehlen weitere Information über die Zutaten und Inhaltsstoffe der Produkte. Für Muslime, Allergiker oder andere in der Essensauswahl eingeschränkten Personen hilft daher nur die Nachfrage. Gesunde Ernähung wird hier nicht unterstützt. Wer wissen möchte, was in seinem Brötchen enthalten ist und wie gesund es ist, muss sich selbst informieren.

114


Abb. 13: Info-Tafeln mit Produktinformation zu Preisen, Zutaten und zu ausgewogener Ernährung.

Visualisierung des Angebots Farbsystem Um bewusste Ernährung zu unterstützen, wurden Infotafeln gestaltet (Abb. 13). Sie dienen zur Visualisierung der Produkte und zur Kommunikation der Preise. Zudem werden Entscheidungen für eine ausgewogene Ernährung durch ein „Ampelsystem“ vereinfacht. Das Farbsystem basiert auf der Ernährungspyramide und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)2 empfohlenen Mischkost. Gesunde Produkte sind mit einem grünen, weniger gesunde mit einem gelben und ungesunde Produkte mit einem roten Streifen versehen.

2 - www.dge.de/ernaehrungspraxis/ vollwertige-ernaehrung/ lebensmittelpyramide/

115


Abb. 14: Auszug der Legende.

Visualisierung des Angebots Icon-System Um diese Beurteilung der Produkte verständlich zu machen und um die darin enthaltenen Zutaten aufzulisten, wurden Icons zur nonverbalen Kommunikation entworfen. In Gesprächen mit den Verkäufern stellte sich heraus, dass der Bäcker speziell für Muslime die Salamisemmel mit Putenfleisch anbietet. Den Schülern wurde dies aber nie mitgeteilt. Dieser Mangel an Kommunikation kann durch die neuen Infotafeln überwunden werden. Eine Legende zur Erklärung der Icons wurde ebenfalls erstellt. Dadurch sind die Inhaltsstoffe der verkauften Produkte eindeutig erkenntlich gemacht.

116


Abb. 15: „Speckstange“ als Beispiel für die Info-Tafeln und die nonverbale Kommunikation der Zutaten.

Visualisierung des Angebots Icon-System Die Größe und Positionierung des Icons gibt Aufschluss darüber, wie das Produkt einzuordnen ist. An dem Beispiel der Speckstange (Abb. 15) ist zu erkennen, dass der Hauptbestandteil Weizen nicht an erster Stelle aufgeführt ist. Das Fett-Symbol zeigt durch die oberste Position an, dass nach dem Verzehr der Speckstange die Tagesration an Fett zu einem höheren Anteil abgedeckt ist als die Tagesration von Getreide.

117


Abb. 16, 17: Infotafeln zum kostenlosen und subventionierten EU-Schulobst-, EU-Schulgemüse- und Schulmilchprogramm.

Unterstützung EU-Schulobst-, EU-Schulgemüse- und Schulmilchprogramm Da wir durch die Recherche am Pausenverkauf der Realschule in Neunburg vorm Wald auf das Schulobst- und Schulmilchprogramm aufmerksam wurden, informierten wir uns eingehend über dieses. 3 - www.stmelf.bayern.de/ mam/cms01/agrarpolitik/ dateien/m_schulobst_und_gemueseprogramm_sj_2015_16_stand_ nov_2015.pdf

4 - http://www.stmelf.bayern.de/ agrarpolitik/foerderung/003620/ index.php

An der Südschule ist bereits das EU-Schulobst- und EU-Gemüseprogramm für die erste bis vierte Klasse eingeführt. Dabei erhält die Schule knapp 2000 Portionen saisonales Obst und Gemüse pro Monat. Im Durchschnitt bekommt so jeder Grundschüler kostenlos eine Portion saisonales Obst oder Gemüse am Tag. Das Programm soll über die Grundschulklassen hinaus erweitert und durch das Schulmilchprogramm ergänzt werden.3 Das Schulmilchprogramm bietet subventionierte Milch von regionalen Bauern an. Dadurch können Schulkinder jeden Alters täglich eine Ration an subventionierter Milch (0,25L) bekommen. Die Getränke, zu denen auch Kakao und andere Milchprodukte gehören, können so um ca 0,05 € pro Portion günstiger angeboten werden.4 Damit mehr Kindern gesunde und günstige Nahrungsmittel zur Verfügung stehen, wurden die ersten notwendigen Schritte eingeleitet.

118


Abb. 18

Abb. 19

Abb. 20

Abb. 21

Abb. 18-23: Auszug aus dem Infotafelset. Abb. 22

Abb. 23

119


Abb. 24: Brainstorming: Weitere Lösungsideen.

Weitere Konzepte Weiter entstand die Idee, den Pausenverkauf selbst in den Raum zu verlegen, der im offiziellen Architekturplan der Schule dafür vorgesehen ist. Dadurch wäre der Verkauf auch zur Aula hin getrennt und könnte, einmal zweckmäßig und praktisch eingerichtet, eine wirkliche Bereicherung für alle bedeuten. Der Bäcker müsste nicht täglich seinen Verkauf neu einrichten und die Bedienung könnte über zwei getrennte Fenster erfolgen: das Fenster zum Außenbereich und die Tür nach innen zur Aula mit Verkaufstheke. Da dies aber zusätzlichen Aufwand für den Hausmeister bedeuten würde und eine Renovierung und Umgestaltung nötig wäre, wurde diese Idee nur theoretisch ausgearbeitet und bei der Schulleitung angeregt. Momentan verstellen Arbeitsgeräte und Getränkekisten die meisten freien Bereiche. Auch die Verkäuferinnen müssten sich an die neue Situation anpassen. Da die Arbeitszeit der Mitwirkenden sehr eng gesteckt ist, müsste viel organisatorischer Aufwand in der freien, privaten Zeit erledigt werden. Dazu sind alle Beteiligten natürlich eher nicht bereit bzw. würde diese Veränderung einen langsamen Prozess durchlaufen. („Never change a running system“). Deshalb haben wir unsere Bemühungen darauf ausgerichtet, die bestehenden Rahmenbedingungen zu verbessern und alle Beteiligten zu informieren und aufzuklären. Wenn einige Veränderungen so langsam in die Wege geleitet werden, können langfristig auch in anderen Bereichen Verbesserungen erzielt werden. Dazu sollten als erste die Eltern über die Situtation aufgeklärt werden, da unserer Recherche nach ein großes Engagement und auch Einfluss des Elternbeirates im Schulwesen besteht.

120


Abb. 25: Stempelkartensystem.

Stempelkarten-System Um die Pause für die Schüler so optimal wie möglich zu gestalten, sollten mehrere Faktoren beachtet werden. Eine große Rolle spielt die Zeit, denn diese sollte so gut wie möglich genutzt werden, um den Schülern eine Erholung vom Unterrichtsbetrieb zu ermöglichen. Durch ein Stempelkartensystem könnte der Prozess an der Kasse beschleunigt und die bisher bekannten Warteschlangen minimiert werden. Da sehr viele Entscheidungen gleichzeitig getroffen werden müssen, brauchen die Schüler, wenn sie an der Verkaufsausgabe angekommen sind, relativ lang. Sie müssen sich über das Tagesangebot informieren, gleichzeitig die Preise vergleichen und eine gute Auswahl treffen. Hierfür erleichtern Infotafeln die Übersicht, um die Entscheidung der Schüler so einfach und schnell wie möglich zu gestalten und sie schon von einiger Entfernung über das Angebot aufzuklären. Durch die Stempelkarte sind bestimmte Kombinationen und eine Vorauswahl aus dem Menü bereits gegeben (siehe Infotafeln). Desweiteren ist die Karte schlussendlich als bargeldloses System zu verstehen. Dadurch müssen keine Preise mehr verglichen werden und der Prozess wird beschleunigt. Die Karte kann im Sekretariat erworben werden und dadurch landet das ganze Geld an einer zentralen Stelle. Aus dieser Kasse wird der Bäcker bezahlt, da er sowieso eine Liste über seine verkauften Artikel führt. Werden einige Punkte der Stempelkarte nicht verbraucht, kann dieses Geld nicht zurückerstattet werden, sondern wird für die Aufwertung des Angebotes verwendet. Außerdem könnten gesündere Produkte durch externe Stellen gefördert oder subventioniert werden. Das kostenlose Schulobst könnte von den Kindern selbst zubereitet und somit zu einem wesentlich günstigerem Preis angeboten werden.

121


Abb. 26: Benutzung der Stempelkarte.

Farbsystem in Kombination mit den Infotafeln Die Karte ist für eine Woche ausgelegt. Die weißen Punkte sind für milchhaltige Angebote wie Joghurt oder Trinkschokolade bzw. als Aufpreis für hochwertigere Artikel zu verstehen. Grüne Punkte stehen für das Obst, welches umsonst zur Verfügung steht, es sind also Erinnerungen für die Schüler. Blau kann für ein weniger gesüßtes Getränk verwendet werden (Wasser, Apfelschorle). Rot und Gelb werden bei den Infotafeln genauer erklärt. Mit dieser Auswahl können die Kinder in einem vernünftigen Rahmen Entscheidungen treffen und haben jeden Tag eine komplette, ausgewogene Zwischenmahlzeit bestehend aus einer roten oder gelben Hauptmahlzeit, einem Getränk und einer Kombination aus Milch und Obst (Beispiel: Joghurt+Obst+Müsli, Abb. 26). Da die Verkäufer die Angebote wie Joghurt, Müsli und Obst in Eigenleistung und frisch vorbereiten, sind diese recht teuer. Eine Erweiterung des Angebotes durch die Schüler-Cafeteria, oder den Kochunterricht mit einzubinden wären mögliche Ergänzungen, die durch den Systemwechsel gefördert würden. Außerdem ermöglicht diese Karte dem Schüler und auch den Eltern eine Eigenkontrolle, ob die vorhandenen und ausgewählten Speisen eine wertvolle, ausgeglichene Zwischenmahlzeit darstellen. Die Felder werden ausgestrichen und so können beim neuen Kauf der Karte das Sekretariat, die Eltern und auch die Kinder einen Überblick über das Essverhalten bekommen. Eine ausführliche Broschüre zum Thema Ernährung zeigt den Schülern und Eltern auf, wie sich richtiges Essen und Trinken auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirkt. Auch Möglichkeiten zur Ergänzung und Verbesserung der bisherigen Ernährungsgewohnheiten sind enthalten. 122


Abb. 27: DIN A5 Broschüre zur Information der Eltern.

Broschüre - Die optimale Pause Eines der Resultate aus Recherche und Konzeptphase ist eine Informationsbroschüre für die Eltern. Neben der Zusammenfassung der Recherche enthält sie einen Überblick über die entwickelten Konzepte und generelle Informationen zu den Pausen an der Südschule. Ein wesentlicher Punkt sind die Empfehlungen des Forschungsinstituts für Kinderernährung. Aufbauend auf ein System der optimierten Mischkost werden die Konzepte ausführlich erläutert. Das aktuelle Angebot im Pausenverkauf ist ebenso Inhalt, wie auch Konzepte zur Optimierung des Verkaufs. Recherchierte und selbst kreierte Pausenbrote zum Selbermachen bieten eine preiswerte und schmackhafte Alternative zum Angebot am Pausenverkauf. Lange Wartezeiten und ein fades Angebot kann so ganz einfach umgangen werden.

123


Abbildungsverzeichnis:

Abb. 1 - 27

Tojan Bieber, Nils Christensen, Matthias Zinkl

Quellenverzeichnis:

S. 105

www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/uebergewicht-beikindern-und-jugendlichen-nimmt-weltweit-weiter-zu-a-1019140. html, Abgerufen am 18.02.2016

S. 115

www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/lebensmittelpyramide/, Abgerufen am 18.02.2016

S. 118

www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/agrarpolitik/dateien/m_ schulobst_und_gemueseprogramm_sj_2015_16_stand_nov_2015. pdf Abgerufen am 18.02.2016 www.stmelf.bayern.de/agrarpolitik/foerderung/003620/index.php Abgerufen am 18.02.2016

124


125



Cue Alexander Rรถmmelt, Freya Albrecht, Stefanie Christof


Vorwort Die folgenden Seiten sollen das Projekt „Cue“ dokumentieren, das unter dem Thema „Schule designen!“ im Rahmen des Moduls „Design, Kommunikation und Gesellschaft“ im Masterstudiengang Industrial Design der Technischen Universität München entstanden ist. Ziel dieser Projektarbeit ist es, den Lehr- und Kernraum der Südschule Bad Tölz auf Strukturen und Einrichtungen in ihrer Nähe zu erweitern. Im Klassenraum behaupten sich meist einseitige und altbewährte Unterrichtsmethoden. Doch das kann heute nicht mehr genug Raum für individuelles und exploratives Lernen bieten. Das Lernen wird aus der geschlossenen Struktur herausgelöst und integriert sich in das regionale Umfeld. Dabei schaffen bereits bestehende Räume neuen Platz zum Entdecken. Das Konzept unterstützt sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung eines erlebnisorientierten Unterrichts außerhalb der gewohnten vier Wände. Es setzt sich zusammen aus den beiden Bestandteilen Plattform und Rucksack.

128


Kinder beteiligen sich an der Entwicklung einer Heatmap bei der Auftaktveranstaltung. Quelle: Verena Högerl Abb. Heatmap 1

Abb. Heatmap 2

1 Recherche Auftaktveranstaltung Am 21.10.2015 fand der erste gemeinsame Workshop des Projektes an der Südschule in Bad Tölz statt. Erste Eindrücke des Schulalltages konnten mittels Steckbriefen, Interviews, einer Fotodokumentation und einer Heatmap gewonnen werden. Die Steckbriefe wurden vorab verteilt und die ausgearbeiteten Ergebnisse bei der Auftaktveranstaltung vorgestellt. So wünschen sich beispielsweise ein Drittel der Schüler besser ausgestaltete Klassenräume. Die Teilnehmer formierten sich in die Interessengruppen Grundschüler, Mittelschüler sowie Lehrer und Eltern. Alle Gruppen durchliefen die unterschiedlichen Stationen. Im Raum der Heatmap konnten die Stakeholder Themengebiete, die sie interessierten, mit einem Klebepunkt markieren. Die Heatmap visualisierte unmittelbar ein strukturiertes Meinungsbild der facettenreichen Stakeholdergruppen.Bei einem Rundgang durch das Schulgebäude zeigten die einzelnen Gruppen ihre Lieblingsorte und Stellen, die zu verbessern sind. Die Orte wurden fotografisch dokumentiert.In kurzen Interviews wurden die Bedürfnisse und Wünsche der Stakeholder erfragt. Ein ausgearbeiteter Interviewleitfaden strukturierte den Gesprächsablauf. Dabei ermöglichten die offenen Fragen ein breites Spektrum an Antworten.

129


Quelle: eigene Darstellung Abb. Kurzentwürfe

Auswertung All diese unterschiedlichen Informationen wurden ausgewertet. Insgesamt wirken die fotografierten Räumlichkeiten trist. Während die Wände, vor allem im Flur, kahl sind, sind viele Ecken mit überflüssigem und teilweise alten Lehrmaterialien vollgestellt. Die Aula bietet zwar viel Platz, jedoch wenig Raum für alternative Unterrichtsstunden oder eine entspannte Pause. Auch der Pausenverkauf bietet nur ein provisorisches Angebot. Im Bezug auf das Engagement und Miteinander von Lehrpersonen, Schülern und Eltern, stößt man hingegen auf äußerst fruchtbaren Boden. Kurzentwurf Auf Grundlage der Evaluierung entwickelten wir individuell erste Entwürfe und Projektideen. Das Ergebnis war ein bunter Mix an Kurzentwürfen wie beispielsweise der Entwurf einer Begegnungszone zum Lernen und Entspannen, welche Abwechslung im einseitigen Schulalltag bietet. Aus einer ungemütlichen und kalten Aula kann mit Hilfe schallabsorbierender Materialien und flexibler Möbel ein vielseitig nutzbarer Ort für alle entstehen. Eine weitere Idee war das Schaffen eines Kreativraumes ähnlich dem „Warroom“ einer Designagentur. An einem physischen Ort werden Ideen visualisiert und es findet ein kommunikativer Austausch statt. In einem anderen Entwurf wurde die Raumstruktur des Klassenzimmers neu durchdacht. Diese könnte sich nach verschiedenen Lernphasen wie Konzentration, Teamarbeit, Entspannung und Präsentation richten. Alle drei Kurzentwürfe beschäftigen sich mit der Raumgestaltung im Schulgebäude und waren Grundlagen für die Bildung unseres Teams. 130


Quelle: eigene Aufnahmen Abb. Flur im Erdgeschoss

Abb. Klassenzimmer

Hospitation Im nächsten Schritt kontaktierten wir das Lehrpersonal der unterschiedlichen Schulstufen und begleiteten einige Klassen einen Vormittag lang. Die Aufmerksamkeit beim Hospitieren galt speziell dem Unterrichtsablauf, der Motivation der Schüler und der Klassenraumgestaltung. Wir betrachteten die jeweiligen Aspekte nicht nur gesondert, sondern untersuchten auch etwaige Abhängigkeiten. Bei unserem Besuch an der Südschule stellten wir fest, dass ein beträchtlicher Teil der Schulstunden nicht in Form von Frontalunterricht abgehalten werden, sondern diesem teilweise sogar widersprechen. Die Abarbeitung bestimmter Themen im Gleichschritt wird aufgehoben. Die Lehrer gestalten den Unterricht individuell und explorativ. Bei Interaktion der Schüler im Unterrichtsgeschehen steigt das Motivationslevel. Zusätzlich erfolgten Experteninterviews mit Lehrern der Grundschule und des Gymnasiums. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Platz für individuelle und alternative Unterrichtmethoden nicht reicht. Teilweise wird ein Teil des Unterrichts, um beispielsweise in Gruppen zu arbeiten, sogar in den Flur verlagert. Diese Beobachtung führte zu unserer ersten Idee „ein Flur, der mehr kann“. So wollten wir den Unterricht auf den Gang ausweiten. Nach relativ kurzer Zeit verwarfen wir jedoch diesen Entwurfsgedanken wieder, da er sich für uns zwar als schnelle, jedoch nicht die ideale Lösung herausstellte.

131


Quelle: eigene Aufnahme Abb. Klassenzimmer an der Balant- Montessorischule

Alternative Schulsysteme Um ein geeignetes Raumkonzept für die Schüler und Lehrer in Bad Tölz zu finden, beschäftigten wir uns in unserer weiteren Recherche mit den Hintergründen der bereits bekannten Probleme. Zusätzlich wollten wir die Südschule mit innovativen und alternativen Schulen vergleichen. Diese Gelegenheit bekamen wir, als am 28.11.2015 die Klassenzimmer der BalantMontessorischule für alle Besucher offen standen. Zusätzlich wurde ein Rundgang angeboten. Die Schüler der 3.- 9. Klassen führten die Gäste durch die Klassenzimmer und erzählten von ihrem Schulalltag. Auffallend war das selbstbewusste und selbstständige Auftreten der Schüler. Die Klassenzimmer gestalten sich als sehr flexibel und bieten den Kindern Platz für Bewegung. Im Fokus steht nicht, wie an der Südschule, die Tafel, sondern unterschiedliche Bereiche für Gruppen- und Konzentrationsarbeit.

(1) Ein Lernhaus ist ein räumliches Cluster mit einer gemeinsamen „Mitte“, an der sich Gruppenräume ansiedeln (vgl. Dr. Seydel, 2014).

132

Literaturrecherche Bei der Literaturrecherche interessierten wir uns für die Entwicklung in der Schularchitektur. In der internationalen Forschung wird aufgezeigt, dass sich Schüler mehr Abwechslung in Bezug auf die Schularchitektur wünschen (vgl. Hoffmann 2014). Schulgebäude sollen Freiraum bieten und zugleich Sicherheit und Geborgenheit schaffen (vgl. Rittelmeyer 2004). Weitere Untersuchungen weisen hin auf den wiederkehrenden Wunsch nach „Natur“, d.h. nach begrünten Schularealen. Außerdem ist den Schülern wichtig, dass sich das Schulgebäude in kleine überschaubaren Einheiten gliedert. In München wird diese Thematik bereits aufgegriffen und Neubauten werden als Lernhäuser¹ realisiert.


Quelle: eigene Aufnahme Abb. User Journey Map

Abb. Persona

Beteiligung der Schüler und Lehrer Da bei den Schulbesuchen auffällig war, dass die Klassenzimmer sehr vollgestellt sind und erdrückend wirken, kam die Frage auf, welche Dinge im Klassenzimmer tatsächlich gebraucht werden. Können Dinge aussortiert und dabei mehr Platz geschaffen werden? Um dies herauszufinden, schickten wir bunte Klebepunkte an eine 9. Klasse, mit der wir schon zuvor gearbeitet hatten. Sie sollten diese im Laufe einer Woche an Gegenständen anbringen, die sie täglich benutzt haben. In einer anderen Farbe an Gegenständen, die sie nie oder nur sehr selten benutzen. Bei unserem nächsten Besuch an der Schule sollten die Punkte ausgewertet und besprochen werden. Die Klasse hatte jedoch keinen einzigen Gegenstand beklebt, weder mit viel noch mit wenig benutzt, da die Schüler und die Lehrerin der Meinung sind, dass sie alle Dinge für ihren Schulalltag brauchen. Auch wenn der Erfolg dieses Versuches nur sehr mäßig war, hat es uns gezeigt, dass sich sowohl Schüler als auch Lehrpersonen an viele Dinge gewöhnen und sich neuen Ideen gegenüber oft verschlossen zeigen. Bei der Etablierung von neuen Themen ist daher die Sensibilisierung und Herangehensweise besonders wichtig. Workshop mit Ideo und Frogdesign Während eines Workshops wurden fiktive Nutzerprofile auf Grundlage der gesammelten Informationen erstellt. Die Persona spiegelt die Charaktereigenschaften und Bedürfnisse einer Nutzergruppe wider. Aus den gesammelten Problemstellungen wurden Hypothesen abgleitet, die die Probleme abstrahierten. Mit dem Vorgehen gelang es uns die Probleme vollumfänglich zu betrachten. 133


Quelle: eigene Darstellung Abb. Konzeptentwicklung

2 Konzeptfindung Aus der Problemstellung heraus wurde ein status quo generiert, der uns als Grundlage für eine Zielformulierung dienen sollte. Die Lernumgebung wurde als statisch definiert; die abstrakten Lerninhalte und der Frontalunterricht erzeugen bestenfalls eine extrinsische Motivation und die sozialen Kompetenzen werden nur mangelhaft gefördert. Andererseits begegneten wir einem enorm motivierten und offenen Lehrpersonal. Aufbauend auf diesen Kernproblemen formulierten wir unsere Absichten und Projektziele für die Südschule. Die statische Lernumgebung sollte aktivem Unterricht weichen, die Schüler motivieren und Interesse wecken. Bedeutungskontexte des in der Schule Gelernten sollten aufgezeigt und vor allem vorhandener, nicht genutzter Raum aktiv verwendet werden. Raumbegriff Mit Abschluss der Recherche bekam das Projekt einen Anstoß in Richtung partizipative Architektur. Wie bereits erwähnt, wollten wir im Klassenzimmer ansetzen und einen anpassbaren und erlebnisorientierten Lernraum schaffen. Nach einiger Zeit jedoch wurde der Begriff „Raum“ von uns in Frage gestellt. Was ist eigentlich Raum und worauf ist dieser zu begrenzen? Im architektonischen Kontext dient der Raum als das primäre Medium. Architektur schafft, gestaltet und gliedert Raum. Der philosophische Ansatz hingegen beschäfigt sich mehr mit der eigentlich Bedeutung des Wortes. „Raum definiert sich als Ausdehnung in Höhe, Länge und Breite“. Worauf ist also der „Lern- und Lehrraum“ zu begrenzen? Wir begannen uns Stück für 134


Quelle: http://www.ruhrnachrichten. de/leben-und-erleben/ratgeber/ familie/rund_ums_kind/UmfrageKinder-wuenschen-sich-Zeit-in-derNatur;art15509,2070839, 5.11.2015 Abb. Zoom out

Stück aus dem Klassenraum herauszubewegen und die Strukturen und Begebenheiten im näheren Umkreis zu berücksichtigen. Dieser „Zoom out“ brachte uns schließlich zu einer Erkenntnis, die im Laufe des Projekts verstärkt als Kern unseres Konzeptes verstanden wurde: „Nicht jedes Klassenzimmer hat vier Wände“. Das Lernen wird aus der geschlossenen Struktur herausgelöst und integriert sich in das regionale Umfeld. Dabei schaffen bereits bestehende Räume neuen Platz zum Entdecken. Unterricht draußen Nun galt es, die Relevanz und Akzeptanz von Unterricht außerhalb des Klassenzimmers zu prüfen und wir begaben uns erneut in die Literaturrecherche. Die Ergebnisse waren einschlägig. Beispielsweise fanden Mark Rickinson und sein Team heraus, dass der Outdoorunterricht bei Kindern die Konzentration verbessert und die Motivation erhöht. Zudem bewegen sich die Kinder mehr als doppelt so viel als im normalen Unterricht (Rickinson 2007). Erik Mygind, Professor an der Universität Kopenhagen, stellte nach den ersten umfangreichen empirischen Untersuchungen außerdem fest, dass Schüler durch den Unterricht in der Natur intensiveren Kontakt untereinander und zu ihren Lehrern (er)leben und sich in der Natur kreativer, intensiver und explorativer mit ihrer Umwelt auseinandersetzen (Mygind 2007). Dr. Ullrich Dettweiler, Didaktiker an der TUM School of Education, fand heraus, dass der Erstkontakt mit dem Unterricht draußen dadurch erschwert wird, dass Einstiegsbarrieren erklommen werden müssen. Die Attraktivität des Altbekannten nimmt zu und die Idee des Unterrichts draußen wird schnell verworfen. Das langfristige Ziel wird hierbei aus den 135


Quelle: Dr. Ullrich Dettweiler

Abb. Grafik zum Lernerfolg

Augen verloren, denn dass der Gewinn solcher Unterrichtsmethoden den des regulären Unterrichts in hohem Maße übersteigt, ist vielen nicht bewusst. In der oben abgebildeten Grafik ist zu erkennen wie sich die beiden Lerngruppen im Laufe des Schuljahres entwickeln, wobei die grüne Linie den Outdoorunterricht repräsentiert, die blaue Linie die Kontrollgruppe in Form regulären Unterrichts. Lösungsansatz Um Unterrichtseinheiten nach draußen zu verlagern, waren nun zwei grundlegende Probleme zu behandeln. Erstens, wie den Lehrern die Einstiegsbarrieren genommen und der Vorbereitungsaufwand auf Outdoorunterricht minimiert werden kann und zweitens, in welcher Form der Stoff aus regulären Lehrplänen draußen umgesetzt werden kann. Unser Lösungsansatz umfasste zu diesem Zeitpunkt zwei Grundbausteine: Eine Plattform und ein Produkt. In welcher Form beides umzusetzen ist war noch zweitrangig, zunächst galt es, die jeweiligen Anforderungen zu definieren. In einem teaminternen Meeting wurden grundlegende Eigenschaften nach eigener Vorstellung erhobenen und definiert. Die Plattform sollte somit als „Rezeptbuch“ fungieren, in welchem themenorientiert Unterrichtsmodelle für den Outdoorunterricht hochgeladen werden können. Diese soll es den Lehrern ermöglichen, auf Unterrichtsmodelle zuzugreifen und diese mit geringerem Planungsaufwand umzusetzen. Als zweiten Bestandteil muss eine Produktbasis geschaffen werden, die den strukturlosen Raum draußen gliedert, berechenbar macht und den Unterricht unterstützt. Um die Basis des Konzepts zu überprüfen trafen wir uns mit Dr. Ullrich Dettweiler an der TUM School of Education. In einem ausführlichen Gespräch diskutierten wir die Relevanz und positiven 136


Quelle: eigene Aufnahme Abb. Experteninterview mit Dr. Dettweiler

Effekte des Outdoorunterrichts. Die Expertenmeinung von Dr. Dettweiler als Mitbegründer von „ELPIN - Expeditionary Learning Alpin“ war in hohem Maße interessant. Aufbauend auf dem didaktischen Konzept „drinnen-draußen-drinnen“ arbeitet er mit diversen Schülern und Studenten in partizipativen Unterrichtsstunden direkt in der Natur. Er zeigte großes Interesse an unserem Konzept und begrüßte den Gestaltungsansatz. Außerdem versicherte er uns, dass unser Konzept die richtigen Ziele verfolgt. Des weiteren sagte er uns seine Unterstützung im weiteren Projektverlauf zu. Neben der generellen Relevanz unseres Konzeptes wurde in diesem Expertengespräch ein maßgeblich richtungsweisender Erkenntnisgewinn erzielt. Unsere Plattform, wie unser Produkt, sollten „Struktur“ bieten, keinen „Inhalt“. Didaktische Konzepte übersteigen unsere Kompetenzen und sind von den Lehrern selbst zielführender umsetzbar. Wir sollten sie dadurch unterstützen, dass wir ihnen aufzeigen was möglich wäre und sie motivieren, Zeit und Herzblut in die Sache zu investieren. Infolgedessen bereiteten wir uns auf einen partizipativen Workshop mit den Lehrern der Südschule vor, um herauszufinden, wie die besagte „Struktur“ auszusehen hat.

137


Quelle: eigene Aufnahme Abb. think-outside, Kreativspiel

Workshop-Think Outside Unser Workshop wurde auf einen Termin nach den Weihnachtsferien angesetzt, somit begann die Vorbereitungsphase noch während der Ferien. Wir entwickelten eigens für diesen Termin ein Kreativspiel, von dem wir uns die gewünschten Erkenntnisse versprachen. Unter dem Motto „think outside“ gestalteten wir ein Lege- und Planspiel, welches die Lehrer für das Thema Outdoorunterricht sensibilisieren sollte. Das Spielfeld wurde auf große Kartons gelasert und baut auf dem bereits genannten didaktischen Konzept „drinnen-draußen-drinnen“ auf. Die Lehrer wurden aufgefordert, Unterrichtsstunden zu entwerfen, die nach einer Vorbereitungsphase drinnen für den eigentlichen Unterricht nach draußen gehen, um dann die Einheit im Klassenzimmer nachzubereiten. Zur Verfügung gestellt wurden ihnen drei verschiedene Kartentypen. Zum einen „Aktivitätenkarten“: Welche Aktivität nehme ich mit aus dem Klassenzimmer? Diese umfassten alle denkbaren Unterrichtsformen wie beispielsweise Lernzirkel, Lesegruppen, Referate, Plakatgestaltung o.ä.. Fehlte eins, konnte es problemlos handgeschrieben ergänzt werden. Den Aktivitätskarten wurden „Equipmentkarten“ zugewiesen, d.h. benötigte Utensilien um den Unterricht durchführen zu können. Diese können sein: Schreibzeug, Sportgeräte, Farben, Werkzeuge o.ä.. Wieder galt: was nicht vorhanden war, konnte ohne Probleme handschriftlich ergänzt werden. Der dritte Kartentyp diente dazu, die Equipmentkarten näher zu definieren. Beispielsweise für die Equipmentkarte „Sportgeräte“ konnten „Hütchen, Bälle, Seile...“ ergänzt werden.

138


Quelle: eigene Aufnahme Abb. Partizipativer Workshop an der Südschule

Für die Durchführung an der Schule wurden uns, von Direktor Herr Müller mobilisiert, neun Lehrkräfte zur Verfügung gestellt. In Dreierteams hatten die Lehrpersonen neunzig Minuten Zeit um sich mit der Aufgabe vertraut zu machen und diese zu bearbeiten. Erstaunlich hierbei war die offene und positive Einstellung gegenüber dem Thema Outdoorunterricht und die motivierte und lockere Atmosphäre während des Spiels. Die Lehrer erarbeiteten sich völlig unterschiedliche Stunden für unterschiedliche Schulstufen sowie Fächer. Im Anschluss stellte jedes Team seine Konzeptstunde in der großen Runde vor. Das Feedback der Lehrer war einschlägig positiv und sie waren überrascht über die Ideenvielfalt, welche bei der Zusammenarbeit entstand. Sie begrüßten die offene und kreative Arbeitsumgebung und den Teamgeist. Zum Abschluss des Workshops wurde noch eine allgemeine Fragerunde eröffnet, in der wir uns unter anderem den Fragen der Lehrer stellten. Im Anschluss wurden die Spielfelder verklebt um als Mittel der Datenerhebung brauchbar zu bleiben. Die Ergebnisse wurden geclustert und gewichtet. In Folge der positiven Erfahrung mit dem Spiel betrachteten wir dieses nicht mehr nur als Teil des Workshops, sondern als fixen Bestandteil unseres Gesamtkonzeptes.

139


Quelle: eigene Darstellung Abb. Homepage Startseite

3 Cue Was ist eigentlich Cue? Cue ist das Ergebnis einer intensiven Recherche des vergangenen Semesters. Cue gibt das Zeichen etwas zu verändern, Neues auszuprobieren. Wenn vorhandene Unterrichtsmethoden und Lernumgebungen nicht oder nur unzureichend funktionieren, muss eine Alternative gefunden werden. Cue ist dazu da, allen Interessierten die Umstellung zu erleichtern, Impulse zu geben und unterstützend zu wirken. Plattform Der Entwurf für eine Plattform resultierte in einer Webseite. Sie steht nicht nur bestimmten Lehrpersonen einer Schule zur Verfügung, sondern allen, die sich dafür interessieren. Ob an der Schule, unterwegs oder zu Hause, sie dient überall als inspirierende Unterstützung in der Unterrichtsvorbereitung. Nutzer, die noch wenig Erfahrung im Bereich Outdoorunterricht haben, können sich auf der Webseite informieren. Hier finden sie Informationen zu dem Konzept, unseren Produkten und zu Schulen, die diese Unterrichtsmethode bereits praktizieren. Außerdem können Interessierte mit anderen Lehrpersonen über ein Forum in Kontakt treten. Der Hauptfokus der Webseite liegt jedoch auf der Sammlung von Ideen für Unterrichtsstunden. Sie ist somit ein „Rezeptbuch für den Unterricht“. Auf der Startseite der Webseite kann man sich registrieren und einloggen. Registrierte Benutzer haben die Möglchkeit, Artikel zu bewerten und zu den eigenen Favoriten 140


Quelle: eigene Darstellung Abb. Startseite Suchergebnisse

hinzuzufügen sowie an Forum-Konversationen teilzunehmen. Neben inspirativen Bildern von Unterrichtsstunden finden Besucher auch eine Suchfunktion. Die Suche lässt sich auf bestimmte Fachgebiete, Schulstufen oder mit Hilfe von Stichworten einschränken. Das Ergebnis kann anschließend nach Aktualität, der Anzahl der Aufrufe und den Bewertungen sortiert werden. Alle vorgeschlagenen Aktivitäten werden als kleine Vorschau in einer Übersicht angezeigt. Die Vorschau informiert über den Namen der Schulstunde, das Fachgebiet, die Schulstufe, den Aufwand und die Bewertung. Wer mehr wissen möchte, klickt einfach auf den „Mehr“ Button und gelangt zu einer detaillierteren Darstellung. Da diese nur als Überblendung erscheint, reicht ein Mausklick um wieder zurück zu gelangen. Lehrpersonen können neue Inhalte über vorgefertigte Eingabemasken erstellen und zudem Anhänge wie Bilder oder Kopiervorlagen hochladen. Die Inhalte werden dann automatisch im vordefinierten Layout mit den restlichen Benutzern geteilt.

141


Quelle: eigene Aufnahme

Abb. Cue-Pack

Cue-Pack Bei der Entwicklung eines Produktes, welches unsere Webseite perfekt ergänzt und die Lehrer in Aktion unterstützt, gab es einige Kriterien, die uns besonders wichtig waren. Vordergründig sollte das Ergebnis die Anforderungen erfüllen, die sich in der Recherche und dem Workshop abgezeichnet haben. In Hinblick auf Materialität und Größe muss das Produkt wasserresistent, handlich, möglichst kostengünstig und beständig sein. Am Ende dieses Entwurfsprozesses entstand der Cue-Pack, ein Rucksack, der speziell auf die Bedürfnisse des Outdoorunterrichts abgestimmt ist. Die Besonderheit ist vor allem, dass der Cue-Pack sich in drei Einzelstücke teilen lässt: Ein Sitzkissen, ein Sammelkorb und eine rollenförmige Umhängetasche. Er kann den Raum einer Umgebung farblich abgrenzen und schafft eine gemeinsame Mitte. Gleichzeitig bietet er Platz für die benötigte Ausrüstung. Im Detail besteht der Sammelkorb aus einem standfesten Kunststoffgestell und einer Übertasche aus PVC-Plane. Seitliche kreisförmige Aussparungen dienen im zerlegten Zustand als Haltegriffe. Kunststoffgestell und Übertasche sind über einen Gummiring miteinander verbunden und können für eine einfache Reinigung geteilt werden. Das Innenleben besteht aus einem Fach für ein Klemmbrett sowie Gummischnüren zur Befestigung diverser Hilfsmittel. In der Umhängetasche aus Kunststoff können beispielsweise Kleinteile gesammelt oder

142


Quelle: eigene Darstellung

Abb. Cue-Pack Einzelteile

Zeichnungen verstaut werden. Sie lässt sich anschließend in den Aussparungen des Sammelkorbes wasserdicht verstauen, was eine zusätzliche Versteifung für den Rucksack mit sich bringt. Das Sitzkissen wiederum dient gleichzeitig als Abdeckung für den Rucksack und kann mit Hilfe von Druckknöpfen an den Sammelkorb angebracht werden. Die Sitzfläche besteht aus Polyacryl Outdoorstoff in welchen eine Polsterung eingearbeitet ist. Die Unterseite besteht aus schmutzabweisendem Gummi. Der Cue-Pack lässt sich durch sein Design sehr vielseitig einsetzen. Die Signalfarbe des Sammelkorbes kann als Orientierungshilfe bei Outdooraktivitäten dienen, wenn er z.B. an einem Baum angebracht wird. Er könnte auch zum Teil des Unterrichts werden, indem er als Station im Zirkelbetrieb eingesetzt wird.

143


Quelle: http://www.merkur.de/lokales/ bad-toelz/bad-toelz-ort28297/projektmuenchen-studenten-designen-toelzerschule-6100398.html, 12.02.2016 von Pröhl Abb. Präsentationsveranstaltung an der Südschule in Bad Tölz

4 Ausblick Während der Präsentationsveranstaltung an der Südschule in Bad Tölz konnten wir erste Eindrücke in die Akzeptanz unserer Produkte bei möglichen Nutzern sammeln. Beide Komponenten, sowohl der Cue-Pack als auch die Webseite, wurden positiv angenommen. Um ein breites Publikum zu erreichen, muss vor allem die Bereitschaft der Lehrer gegeben sein. Bevor die Möglichkeiten, die der Cue-Pack bietet, auch ausgenutzt werden können, müssen die Lehrer erst dazu passende Ideen für die Gestaltung des Outdoor-Unterrichts entwickeln. Die Webseite als Informationsträger dafür ist daher ein erster essenzieller Schritt in der Umsetzung unseres Konzepts.

144


Quelle: eigene Aufnahme Abb. Detailaufnahme Cue-Pack

Literatur Hoffmann, S. (2014) Partizipation macht Architektur. Die Baupiloten - Methoden und Projekte, Berlin, Die Baupiloten Mygind, E. (2007) Journal of Adventure Education & Outdoor Learning Rickinson, M. (2004) A Review of Research on Outdoor Learning Rittelmeyer, C. (2004) Schularchitektur. Wie Schulbauten auf Schüler wirken, Frankfurt, Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) Seydel, O. (2014) Münchner Lernhaus, München, Landeshauptstadt München - Referat für Bildung und Sport

145


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.