Spendenbroschüre Lost Voices Stiftung

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Spendenbrosch端re: Hilfe f端r Menschen mit ME | CFS Myalgische Enzephalomyelitis | Chronic Fatigue Syndrom



Spendenbroschüre der Lost Voices Stiftung „Wir geben den Betroffenen wieder eine Stimme“

Impressum Herausgeber: Lost Voices Stiftung

Text von:

Groß-Buchholzer Str. 36B

kommunikation&beratung

30655 Hannover Tel. +49 (0) 511|2706751

Roland Graf Basselet de la Rosée

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42115 Wuppertal

www.Lost-Voices-Stiftung.org

E-Mail: info@immunselbsthilfe.de

Merlinweg 21

Verantwortlich: Nicole Krüger weitere Mitwirkende: Hanna Seidel, Peter Frodl, Regina Clos, Corinna Fricke und Nicole Krüger Die Lost Voices Stiftung ist voraussichtlich nach Gründung eine gemeinnützige rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts mit Sitz in Hannover.

Layout & Gestaltung : Valentina Reinhardt FH-Bielefeld Grafik |Kommunikation Design valentina_reinhardt@gmx.de



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Hannas Lebenstraum wurde mit Krankheitsbeginn zerstört Ausschnitt aus unserem Buchprojekt zu ME|CFS

Musikerin zu werden, war mein Lebenstraum. Seit meiner Kindheit hatte ich Musik gemacht und in meiner Jugend bereitete ich mich intensiv auf ein Musikstudium vor. Ein Leben ohne Musik war für mich völlig undenkbar. Als ich die Aufnahmeprüfung an der Folkwang-Hochschule in Essen bestand und zum Studium zugelassen wurde, ging mein größter Wunsch in Erfüllung. Ich war 19, als ich eine wunderschöne kleine Wohnung in Essen bezog. Das Leben lag vor mir, ich war voller Energie, Tatendrang und Neugier. An der FolkwangHochschule studierten Musiker, Tänzer und Schauspieler – eine inspirierende Stimmung durchzog jeden Tag aufs Neue die Räume der früheren Benediktinerabtei. Etwa 1000 junge, begabte Menschen lernten hier – und ich nun mitten unter ihnen. Ich wohnte in einer wunderschönen Gegend, und wenn ich nicht gerade an der Hochschule war, ging ich am See spazieren, traf mich mit Freunden im Café oder saß im Garten und schrieb lange Briefe oder las. Doch dann kam alles anders. Im Dezember 2004 bekam ich einen grippalen Infekt. Zwar erholte ich mich wieder, doch in den nächsten Monaten fiel mir auf, dass ich nicht mehr so leistungsfähig war wie bisher. Morgens benötigte ich zwei Stunden länger Schlaf. Ich versuchte mit Selbstdisziplin dagegen anzukämpfen, doch es half nichts. Nach Ostern hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Im Sommer schlief ich plötzlich mehrere Wochen lang 16 Stunden am Tag. Ich bekam Angst.

Ich war so unsagbar müde, der Schlaf war stärker als ich. Mehrere Ärzte untersuchten mich, keiner fand etwas. Irgendwie schaffte ich es mit eiserner Disziplin, die geplanten Konzerte vorzubereiten. Es würde schon wieder besser werden, sagte ich mir. Doch es wurde nicht besser. Im Schatten bekam ich Schüttelfrost, in der Sonne wurde ich ohnmächtig. Halsschmerzen quälten mich nun schon seit Monaten. Dann kam der Tag, an dem ich nicht mehr Orgel spielen konnte. Ich saß an der Orgel, doch nach nur wenigen Tönen waren meine Arme so kraftlos und schwach, dass ich nicht mehr weiter spielen konnte. Qualvoll kämpfte ich gegen meine körperliche Schwäche an, bis ich nach einer viertel Stunde zusammenbrach. Wie gelähmt lag ich auf dem Boden. Erst nach zwei Stunden hatte ich mich so weit erholt, dass ich aufstehen und mich mühsam nach Hause schleppen konnte. Ab diesem Tag ging alles ganz schnell. Täglich wurde ich schwächer. Schaffte ich es in der einen Woche noch einkaufen zu gehen, so musste ich mir in der darauf folgenden die Einkäufe bringen lassen. Wieder ein paar Tage später hatte ich nicht mehr die Kraft, mir etwas Vernünftiges zu kochen und lebte von da an von Tütensuppen. Kurz darauf schaffte ich es nicht mehr, einen Teller Suppe leer zu essen, da ich den Löffel nicht so lange halten konnte. Ich lag nun nahezu 24 Stunden am Tag im Bett. Mein körperlicher Verfall war erschreckend. Ich war 20. Ich hatte Angst, ich würde sterben. Im Dezember 2005 bekam ich von einem Immunologen die Diagnose CFS.

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Geleitwort Es wird geschätzt, dass etwa 300.000 Menschen in Deutschland an dem Chronischen Erschöpfungssyndrom, kurz CFS genannt, erkrankt sind, oft so schwer, dass sie keiner beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen können, ihre Familien nicht mehr versorgen können, oft zum Pflegefall werden. Und doch kennen in Deutschland viele Ärzte diese Krankheit kaum, gibt es keine Versorgungsstrukturen für Patienten, keine Forschung, keine Behandlungsmöglichkeit. Die Patienten leiden nicht nur an ihrer schweren Krankheit, sondern auch an dem Unverständnis von Ärzten und Gesellschaft, erfahren oft Diskriminierung und werden als psychisch krank fehldiagnostiziert. Mit ein Grund ist sicher, dass CFS bislang eine diagnostisch schwierig fassbare Erkrankung ist, basierend auf dem Vorhandensein einer schweren Erschöpfung und uncharakteristischen grippalen Symptomen, sowie einer langen Liste von Ausschlussdiagnosen. Und der Name CFS selbst trägt mit dazu bei, dass die Betroffenen nicht ernst genommen werden. Auch wenn die Ursachen bislang nicht gut erforscht sind, weisen doch eine Vielzahl von Studien aus den USA und England darauf hin, dass eine chronische Infektion und Immundysfunktion der Erkrankung zugrunde liegt. In den USA gibt es inzwischen mehr Bewusstsein für CFS und auch das National Institute of Health unterstützt die CFS- Forschung. Die Gründung dieser Stiftung ist daher so wichtig, damit auch in Deutschland Ärzte, Politiker und Betroffene besser informiert werden, Versorgungsstrukturen aufgebaut werden und Forschung unterstützt wird, um die Ursachen der Erkrankung aufzuklären und Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Prof. Dr. med. Carmen Scheibenbogen, Stellvertretende Leiterin für Medizinische Immunologie Charité Universitätsmedizin Campus Mitte


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Lost Voices Stiftung Für neuroimmunologische Erkrankungen wie ME|CFS

Eine Initiative von ME|CFS kranken Menschen. Lost Voices* – Verlorene Stimmen

Viele der schätzungsweise 300.000 Patienten mit ME|CFS in Deutschland fallen durch alle sozialen Netze. Sie sind zu krank, um zu arbeiten, doch sie erhalten keine medizinische und soziale Versorgung, da die Krankheit in Deutschland nur unzureichend bekannt ist. Viele sind in ihrer Existenz bedroht. Alle vermeintlichen Sicherheiten brechen weg: Die Patienten müssen den Verlust ihrer Arbeitsfähigkeit verkraften, ohne Sozialleistungen zu erhalten, weil sie fälschlicherweise als voll arbeitsfähig erklärt wurden. Die Kosten notwendiger medizinischer Behandlungen werden nicht erstattet. Das soziale und manchmal auch das familiäre Umfeld zerbrechen. Doch Menschen mit schwerem ME|CFS haben durch ihre Krankheit nicht mehr die Kraft, ihre Stimme zu erheben, um für sich bestmögliche Bedingungen zu erkämpfen. Sie verschwinden ganz und gar aus dem gesellschaftlichen Leben. Ihre Stimme wird nicht mehr gehört. Für diese Menschen möchte sich die Lost Voices Stiftung einsetzen.

Die Lost Voices Stiftung soll langfristig für Aufklärung sorgen, ME|CFS-Kranke und ihre Familien unterstützen sowie Forschung zu ME|CFS einfordern. Die Lost Voices Stiftung will Menschen helfen, die plötzlich oder schleichend durch die Erkrankung aus ihrem Alltag gerissen wurden und dadurch in eine Notlage geraten sind. Diese Menschen, egal ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene, können oft nicht mehr zur Schule gehen bzw. ihrer beruflichen Tätigkeit nachkommen. Sie werden meist für den Rest ihres Lebens von dieser heimtückischen Krankheit begleitet: ME|CFS – Myalgische Enzephalomyelitis|Chronic Fatigue Syndrom Die Lost Voices Stiftung fordert eine verbesserte Ärzteausbildung zu ME|CFS. Mit ihrer Arbeit unterstützt die Stiftung insgesamt die Aufgaben und Ziele der Patientenorganisationen zu ME|CFS bundesweit. Gemeinsame weltweite Projekte oder Kooperationen mit anderen Organisationen sind ebenfalls möglich. Myalgische Enzephalomyelitis | Chronic Fatigue Syndrom ist eine unberechenbare Krankheit, die jeden treffen kann.

* Englische Übersetzung Lost adj. verloren; verlorengegangen; verirrt; verschwunden; verloren, -geudet (Zeit); versäumt (Gelegenheit); Voices Stimmen

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Ziele der Lost Voices Stiftung Wir wollen, dass sich die medizinische Behandlung von ME|CFS in Deutschland an den aktuellen, international anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert. Wir setzen uns dafür ein, dass in Deutschland eigenständige Leitlinien auf der Basis des Kanadischen Konsensdokumentes „ME|CFS klinische Falldefinition und Leitfaden für Ärzte“ erarbeitet werden und dass damit ME|CFS als neuroimmunologische Krankheit anerkannt und nicht mehr als psychosomatische Erkrankung diagnostiziert wird. Um dies zu erreichen, werden wir auf folgenden Gebieten tätig: 1. Öffentlichkeitsarbeit Wir wollen, dass durch sachgerechte Information die zu schweren Behinderungen führende Erkrankung ME|CFS in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Neben einer organisierten Medien- und Pressearbeit sollen künftig gezielt breite Bevölkerungsgruppen über das Thema informiert werden, und zwar durch Projekte, Ausstellungen und Buchveröffentlichungen. 2. Vorträge, Schulungen, Diskussionen Unser Ziel ist es, die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Dafür ist es notwendig, dass sich die medizinische Behandlung der Symptome bzw. Ursachen der Erkrankung an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert. Des Weiteren möchten wir den Betroffenen konkrete Hilfestellungen für den Umgang mit der Erkrankung geben.

Wir setzen uns dafür ein, dass Ärzte und medizinisches Personal über das Krankheitsbild informiert und entsprechend ausgebildet werden. Ansprechpartner für die Verwirklichung dieser Ziele sehen wir in Universitätsklinken, bei den Ärztekammern und in der Sozialpolitik. 3. Beratung In Deutschland haben schätzungsweise nicht einmal zehn Prozent der Betroffenen eine korrekte Diagnose. Wir wollen für Betroffene und Angehörige ein Netzwerk an umfassenden Beratungsleistungen aufbauen. Es ist uns ein besonderes Anliegen, die schwerwiegende Situation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Wir möchten daher spezielle Beratungsangebote für Eltern und Lehrer schaffen, um diese bei der Versorgung der erkrankten Kinder und Jugendlichen zu unterstützen und die Fortsetzung ihrer schulischen und beruflichen Ausbildung zu gewährleisten. Diese ambitionierten Ziele können nur mit einem engagierten Netzwerk aus ehrenamtlichen Helfern und Unterstützern und durch Spenden oder Zustiftungen verwirklicht werden. Da die Lost Voices Stiftung noch am Anfang ihres Wirkens ist, haben neben der Suche nach finanziellen Unterstützern zunächst die Öffentlichkeitsarbeit und die Fortbildung von Ärzten und medizinischem Personal Priorität.

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Quälender Alltag Für Menschen mit ME|CFS wird der Alltag zur Qual. Sie verfügen nur noch über einen Bruchteil ihres früheren Leistungsvermögens. Dadurch sind sie nicht mehr in der Lage, ihr bisheriges Leben im Beruf, Familie und Freizeit im gewohnten Umfang zu bewältigen. Die extreme Erschöpfung bzw. Erschöpfbarkeit führt zu substanzieller Beeinträchtigung der Lebensqualität. Jede Anstrengung führt zu Zustandsverschlechterungen. Die Krankheit wird von schweren grippeähnlichen und neurologischen Symptomen begleitet und betrifft den gesamten Körper. Sie muss mühsam mit Hilfe eines ausgeklügelten Diagnoseschemas von anderen Erkrankungen wie z.B. Autoimmunerkrankungen (Multiple Sklerose, Rheuma, usw.) differenzialdiagnostisch abgegrenzt werden, da sich bei herkömmlichen Blutuntersuchungen oft keine Unregelmäßigkeiten finden lassen. Viele Patienten haben ihre körperlichen und geistigen Kräfte in so großem Ausmaß verloren, dass es ihnen bereits schwer fällt, aufzustehen, zu duschen, ein Frühstück zuzubereiten. Sie haben Mühe, sich zu konzentrieren und zu sprechen.

Die Betroffenen haben Schmerzen am ganzen Körper, einige leiden unter heftigem Schwindel, Muskelzuckungen, Sehstörungen und anderen schwerwiegenden Symptomen. Oft bessert sich dieser Zustand im Laufe vieler Jahre nur unmerklich. Einige Patienten benötigen einen Rollstuhl, manche sind über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg ans Bett gefesselt. Einige Verläufe sind milder oder schwanken, sodass zumindest die Arbeit ganz oder teilweise wieder aufgenommen werden kann. Von der Erkrankung sind aber nicht nur die Erkrankten selbst betroffen. Sie wirkt sich auch auf die Familie, auf die Freunde und das weitere private Umfeld aus. Nichts ist mehr so, wie es vor der Erkrankung war. Erkrankte Eltern können nicht mehr in gewohnter Weise für ihre Kinder sorgen, das Verhältnis zum Partner wird schweren Prüfungen unterzogen. Nicht selten wird die Partnerschaft durch die Erkrankung so belastet, dass es im Laufe der Erkrankung zur Trennung kommt. Viele junge Erwachsene ziehen wieder in ihr Elternhaus zurück, weil sie auf die Pflege der Eltern angewiesen sind. Freunde wenden sich ab, weil die Betroffenen nicht mehr bei Aktivitäten mithalten können.



Symptomatik In der ärztlichen Praxis werden folgende Symptome immer wieder beobachtet: • Häufige Infekte, die aber nicht richtig ausbrechen • Plötzlich aufflackernde Erkältungssymptome • Anhaltende, massive Erschöpfung über längeren Zeitraum > 6 Monate • Unspezifisches, starkes Unwohlsein • Depressionen (auch leichte Formen) • Angstzustände, Panikanfälle • Persönlichkeitsveränderungen • Massive Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses • Starke Benommenheit, „Brainfog“, Gefühl von Abwesenheit, Ausgrenzung • Schwindel • Starke Lichtempfindlichkeit • Sprachprobleme (z.B. Buchstaben verwechseln) • Nackenverspannungen, Nackensteifigkeit • Wiederkehrendes Herzrasen ohne EKG-Befund • Rückenschmerzen in allen Bereichen • Taubheitsgefühle und ähnliche Missempfindungen (Kribbeln, Hitze)

• Migräneartige Kopfschmerzen (eines neuen Typs) • Sehstörungen, Augenprobleme • Geräuschsempfindlichkeit, Tinitus • Gesichtshitze oder Rötungen wie bei einem Sonnenbrand • Lymphschwellungen, Lymphstauungen, Vergrößerung der Lymphknoten • Vermehrte Hautausschläge • Muskel- und Gelenkschmerzen, Verspannungen • Erhöhte Temperatur, leichtes Fieber| fiebriges Gefühl ohne Temperaturerhöhung • Extreme Blässe • Druckgefühl und Schwellungsgefühl am Körper • Unterzuckerungsgefühl • Schlafstörungen • Zustandsverschlechterung nach körperlicher oder geistiger Belastung • Magen - Darm - Beschwerden


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Die Krankheit beginnt heimtückisch meist mit den plötzlich auftretenden Symptomen einer Infektion oder setzt schleichend ein und müsste eigentlich „Schweres Chronisches Grippesyndrom“ heißen. Die Krankheit gilt zurzeit als unheilbar, der Verlauf kann aber durch gezielte therapeutische Maßnahmen positiv beeinflusst werden. Es gibt auch Fälle von Spontanheilungen. Nancy Klimas ist Vorstandsmitglied der International Association for Chronic Fatigue Syndrome. Sie ist die Leiterin der Abteilung für Immunologie an der Miami School of Medicine und Leiterin der Forschung für klinische Forschung im Bereich AIDS|HIV am Miami Veterans Affairs Medical Center. Nachstehend ein Auszug aus in einem Blog der New York Times, in dem sie Leserbriefe beantwortet: …“Aber ich hoffe, Sie wollen nicht behaupten, dass CFS-Patienten nicht so krank sind wie HIV Patienten. Meine HIV-Patienten sind größtenteils gesund und munter, dank drei Jahrzehnten intensiver und exzellenter Forschung und der Milliarden Dollar, die man investiert hat. Viele meiner CFS-Patienten hingegen sind schrecklich krank und nicht in der Lage zu arbeiten oder sich an der Versorgung ihrer Familien zu beteiligen. Ich teile die Zeit, in der ich Patienten behandele, zwischen Patienten mit diesen beiden Krankheiten auf, und ich kann Ihnen nur sagen, wenn ich heute im Jahr 2009 zwischen diesen beiden Krankheiten wählen müsste, dann hätte ich lieber HIV. Aber für CFS, das eine Million Menschen allein in den Vereinigten Staaten betrifft, wird nur ein kleiner Bruchteil dessen ausgegeben, was man für HIV ausgegeben hat.“

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Aktuelle Forschung Der aktuelle Forschungsstand belegt heute eindeutig, dass es sich bei ME|CFS um eine chronische körperliche Erkrankung handelt. Man findet immer mehr messbare Laborparameter, die auf ein nicht enden wollendes Infektionsgeschehen bzw. ein durch Viren „umprogrammiertes“ Immunsystem verweisen. Das Fehlen bestimmter Enzyme spielt eine Rolle, ebenso genetische Faktoren und schwer messbare Hormonfehlregulationen. Epidemiologische Studien aus den USA, Australien und Taiwan belegen, dass bei ganz unterschiedlichen Infektionen (EBV, Q-Fieber, RossRiver-Fieber und Denguefieber) jeweils ein bestimmter Prozentsatz der Betroffenen im Anschluss an die akute Infektion ein ME|CFS entwickelt. Deswegen vermutet man, dass Viren ursächlich an der Entstehung von dieser neuroimmunologischen Erkrankung beteiligt sind. Die am häufigsten auftretende immunologische Dysfunktion, die man weltweit bei Patienten gefunden hat, ist eine niedrige Funktionsfähigkeit (Reagibilität) der Natürlichen Killerzellen. Weitere Forschungsstudien zeigen, dass ME|CFS-Patienten durch oxidativen Stress beeinträchtigt werden. Oxidativer Stress entsteht, wenn instabile Sauerstoffmoleküle, die sogenannten „Freien Radikale“ Elektronen aus umliegendem Gewebe herausreißen. Erhöhte Werte für oxidativen Stress findet man anscheinend überall: in den roten Blutzellen, im Plasma, im Serum, im Urin, in den Muskeln und, darauf lassen manche Studien schließen, sogar im Gehirn von ME|CFS-Patienten. Diese Ergebnisse beruhen unter anderem auf Forschungen von Immungenetikern wie Dr. Jonathan Kerr in England, Prof. Dr. Kenny de Meirleir in Belgien und dem Biochemiker Prof. Martin Pall aus den USA.

In Japan arbeiten Forscher an einem standardisierten Bluttest zur Diagnose der Krankheit. Weltweit sind Virologen mit dem Problem beschäftigt. Wissenschaftler des Whittemore Peterson Institute (Reno|Nevada,USA) und der Cleveland Clinic entdeckten das kürzlich identifizierte Retrovirus XMRV (xenotropic murine leukemia virus–related virus) im Zusammenhang mit ME|CFS. XMRV wurde ursprünglich von Dr. Robert Silverman von der Cleveland Clinic im Gewebe von Prostatakrebs von Männern isoliert, die einen speziellen Immundefekt haben. Ein ähnlicher Defekt im Immunsystem von Patienten mit ME|CFS veranlasste die Forscher dazu, das Virus in gelagerten Blutproben dieser Patientengruppe zu suchen, die von verschiedenen Arztpraxen aus ganz USA zur Verfügung gestellt worden waren. Das Besondere an dieser Entdeckung ist, dass erstmals in einer Studie ein Virus bei nahezu allen Patienten der untersuchten Gruppe gefunden wurde, während bisherige Studien nie eine derart hohe Korrelation zwischen ME|CFS und anderen Viren, die im Verdacht stehen, die Krankheit auszulösen, aufzeigten. Erklärung EBV: Epstein Barr Virus


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Lage in Deutschland Die genannten Forschungen führen in vielen Ländern zu einer Verbesserung der Versorgung der Patienten. Die CDC (Centers for Disease Control, die höchste Gesundheitsbehörde der USA) hat die Bekämpfung der Erkrankung mit der höchsten Priorität belegt und führt millionenschwere Werbekampagnen zur Aufklärung durch. Auch das norwegische Gesundheitsministerium misst der Bekämpfung von ME|CFS höchste Priorität zu. In der Ulleval-Universitätsklinik in Oslo entstand vor Kurzem ein Spezialzentrum zu ME|CFS. Man startete zunächst mit einer Spezialambulanz und erweiterte das Zentrum noch um eine Station für Schwersterkrankte. In Deutschland dagegen gibt es kein einziges Versorgungszentrum, um eine angemessene medizinische Versorgung zu gewährleisten. Forschung fand bisher so gut wie nicht statt. Die Ergebnisse der internationalen Forschung werden kaum zur Kenntnis genommen und fließen nicht in die ärztlichen Fortbildungen ein. Dies führt dazu, dass in den meisten Fällen ME|CFS als relativ harmlose psychische Erkrankung angesehen wird, bei der es den Betroffenen nur am Willen fehle, ihre Symptome zu ignorieren und mit ein bisschen Ausdauertraining wieder gesund zu werden. Auch der verharmlosende Name Chronisches Erschöpfungssyndrom suggeriert einen Zustand zeitlich begrenzter, unbedenklicher körperlicher Erschöpfung. Das nach den internationalen Klassifikationen (Fukuda-Kriterien von 1994 und Kanadische Konsensdefinition von 2003) definierte ME|CFS hat jedoch nichts mit einem zeitlich begrenzten Erschöpfungszustand wie z.B. beim Burn Out Syndrom oder einer Depression zu tun. Die Betroffenen verfügen nicht selten über ein Energieniveau wie ein AIDS-Kranker im letzten Stadium vor seinem Tod oder ein Krebskranker unter Chemotherapie.

(Zitat: CIFDS-Foundation, USA)


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In den USA spricht man hingegen von CFIDS als Abkürzung für Chronic Fatigue and Immune Dysfunction Syndrome, in England wird die Krankheit als „Myalgische Enzephalomyelitis“ (ME) bezeichnet, was auf die Beteiligung von Nervensystem und Muskulatur hinweist. Folgerichtig ist ME|CFS von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter G 93.3 (ICD-10) als neurologische Erkrankung klassifiziert. 2002 belief sich die Zahl der Erkrankten nach Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit in Deutschland auf etwa 300.000 Menschen. Legt man die Erfahrungen anderer Länder zu Grunde, sind 40.000 Kinder und Jugendliche betroffen. Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Sparmaßnahmen wird es in dieser Situation immer schwieriger, das notwendige Programm an Ausschlussdiagnosen durchzuführen bzw. überhaupt Ärzte zu finden, die sich ernsthaft auf die Problematik einlassen. Dabei lassen sich mittlerweile relativ eindeutige Diagnosekriterien auch aus Blutuntersuchungen finden, wenn sie denn gezielt ermittelt werden. Dem versagenden Gesundheitssystem fallen als erstes die komplexeren und schwierigeren Sachverhalte zum Opfer.

Folgen für die Patienten Das führt dazu, dass es für Betroffene sehr schwierig ist, überhaupt die richtige Diagnose zu erhalten. Diejenigen, deren Krankheit richtig diagnostiziert wurde, stehen vor dem Problem, dass die Kosten für die immunologisch wirksame Behandlung und die Medikamente von den gesetzlichen und leider auch in jüngerer Zeit von den privaten Krankenversicherungen meist nicht übernommen werden. Dabei haben Gerichte mehrfach zugunsten der Patienten entschieden und den Krankenversicherungen die Übernahme der Kosten auferlegt. Doch die Mehrzahl der Patienten besitzt weder die Kraft noch die finanziellen Mittel, um jahrelang dauernde gerichtliche Verfahren durchzustehen. Typisch für die Krankheitsgeschichte der Betroffenen ist daher häufig der Verlust der Existenzsicherung und sozialer Bindungen bei gleichzeitigem Ausfall entsprechender sozialer Leistungen aufgrund der scheinbar ausweglosen Diagnosesituation und medizinischer Unkenntnis.



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Schaden für das Gesundheitssystem Dabei warnen Mediziner vor Schäden in Milliardenhöhe durch nicht diagnostizierte Erkrankungen, denen immunologische Fehlregulationen zugrunde liegen. Während immer neue Rekordmeldungen über niedrige Krankenstände der Gesundheit der Bevölkerung einen guten Zustand bescheinigen, steigt in den letzten Jahren die Zahl der chronischen Erkrankungen dramatisch an. Der wissenschaftliche Fortschritt ermöglicht es jedoch bei vielen chronischen Erkrankungen - etwa Diabetes mellitus Typ 1, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises etc. – dass die Betroffenen eine deutlich bessere Lebensqualität haben, als noch vor wenigen Jahrzehnten. Sie können trotz ihrer Beeinträchtigung am Leben teilnehmen. Dies gilt aber für einige chronische Krankheiten wie beispielsweise ME|CFS nicht, weil diese durch das Diagnoseraster unseres Gesundheitssystems hindurchfallen. Das Ignorieren dieser Erkrankungen ist kurzfristig gedacht. Die Psychiatrisierung der chronisch Kranken kostet das öffentliche Gesundheitssystem Millionen, da sie auf diese Weise als psychisch Kranke oder Hypochonder „verwaltet“ werden und schädliche therapeutische Maßnahmen erhalten. Darüber hinaus droht ein hoher Schaden für die Volkswirtschaft dadurch, dass die chronisch kranken Menschen bei falscher Behandlung nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Es sei in diesem Zusammenhang auch daran erinnert, dass es in der Medizingeschichte immer wieder Infektionserreger waren, die erst spät als Ursache für vermeintlich unerklärbare Symptome oder psychosomatische Erkrankungen entdeckt wurden. Dieses Phänomen reicht vom Altertum bis in die Moderne. Die Römer hielten die schlechte Luft in den Sümpfen für die Ursache einer geheimnisvollen Fieberkrankheit, daher der Name „Malaria“ (malaria = schlechte Luft). Erst 1880 wurde der Erreger der Malaria entdeckt und es dauerte noch 17 Jahre, bis ein Zusammenhang mit der Anopheles-Mücke als Ursache hergestellt wurde. Lange Zeit hielt man Stress und psychische Faktoren als Auslöser für einen nervösen Reizmagen, eine Gastritis oder gar Magengeschwüre. Erst vor kurzem fand sich der Zusammenhang mit dem Bakterium Helicobacter pylori. Die Entdecker erhielten dafür den Nobelpreis für Medizin. Auch Multiple Sklerose wurde zunächst für eine psychosomatische Störung gehalten, während heute niemand mehr bestreitet, dass es sich um eine entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems handelt.


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Geschichte zu ME|CFS

Historisches Vorbild für die Stiftung

Es gibt weltweit eine Vielzahl von Beschreibungen über historische Epidemien postviraler Natur (Virusinfekten). Man spricht daher auch über „die Krankheit der tausend Namen“. Enzephalitis Lethargica, Epidemien Neuromyasthenia, Tapanui Grippe, Island Krankheit, Akureyri-Krankheit, atypische Poliomyelitis, Atypische Multiple Sklerose sind nur einige von Dutzenden in ähnlicher Weise beschrieben Epidemien in der Geschichte. Dr. Byron Hyde beschreibt in seinem Buch „Die klinische und wissenschaftliche Grundlage der ME|CFS“ 63 Cluster-Ausbrüche von 1934 bis 1990. Die Encephalitis-Lethargica-Fälle (europäische Schlafkrankheit) 1917 lassen ebenfalls vermuten, dass es sich bei diesem epidemieähnlichen Ausbruch um ME gehandelt haben könnte. Melvin Ramsay prägte offiziell den Namen Myalgische Encephalomyelitis in einem Papier, in dem er über die Epidemie am Royal Free Hospital in London im Jahr 1955 berichtete. Im Jahr 1962 beschrieb der Neurologe Lord Brain die ME in dem Standard-Lehrbuch der Neurologie. Die ME wurde offiziell in der 8. Version der „Internationalen Klassifikationen von Krankheiten“, ICD-8 der Weltgesundheitsorganisation (WHO), im Jahre 1969 als eine Erkrankung des zentralen Nervensystems klassifiziert.

Florence Nightingale wurde am 12. Mai 1820 in Florenz geboren. Sie war die Tochter einer wohlhabenden britischen Familie . Ihr Lebenswerk machte sie bereits zu Lebzeiten zu einer berühmten Persönlichkeit ihrer Zeit. Sie gilt als Pionierin der modernen Krankenpflege. Während ihres humanitären Einsatzes im Krimkrieg erkrankte sie selbst, vermutlich am Krim-KongoFieber. Von dieser schweren Infektion konnte sie sich nicht mehr erholen. Nur noch selten gelang es ihr, Besuch zu empfangen. Heute vermutet man, dass es sich bei dem chronischen Verlauf ihrer Erkrankung um ME|CFS handelte. Deswegen wird am 12. Mai jedes Jahres ihr zu Ehren der “Internationale ME|CFS-Tag” begangen. Als Symbol wird an diesem Tag die Blaue Schleife getragen. Obwohl Florence Nightingale wegen ihrer Krim-Erfahrung viele Jahre krank und bettlägerig war, warb sie unermüdlich darum, Gesundheitsstandards zu verbessern, und verfasste etwa 200 Bücher, Abhandlungen, Berichte und Flugschriften über soziale Probleme. Es ist bezeichnend, dass viele ME|CFS-Kranke nach dem Vorbild von Florence Nightingale trotz der Schwere ihrer Erkrankung um eine bessere Versorgungslage kämpfen. Die Arbeit der Lost Voices Stiftung möchte dieses Engagement im Sinne von Florence Nightingale fortsetzen.


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Unterschiedliche Krankheitsbezeichnungen zum gleichen Krankheitsbild: CFS:

Chronic Fatigue Syndrom/ auf deutsch: Chronisches Erschöpfungssyndrom

ME:

Myalgische Enzephalomyelitis/Myalgische Enzephalopathie

CFIDS:

Chronic Fatigue and Immune Dysfunktion Syndrom

PVFS:

Postviral Fatigue Syndrom (wenn ein Virus nachweislich Auslöser ist)

PIFS:

Postinfektiöses Fatigue Syndrom

Stiftungsvorstand und Gremien:

Aufsichtsbehörde: Zuständige Aufsichtsbehörde:

werden nach Zusammenkunft bekannt gegeben

Niedersächsisches Ministerium für Inneres, Sport und Integration Niedersächsisches Ministerium Regierungsvertretung Hannover für Inneres und Sport Arnswaldtstr. 6 ReferatHannover 41 30002 Clemensstr. 17 | 120-0 Tel: +49 (0) 511 30002 Hannover Tel: 0511/120-0

Photomontagen : Valentina Reinhardt „Himmel und Erde“ Seite 4; Teil des Bildes © shutterstock.com ID 2753467 „Auf die Suche nach...“ Seite 8; Teil des Bildes © schutterstock.com | Losevsky Pavel „Raum der Verzweiflung“ Seite 11; Teil des Bildes © fotosa.ru ID bxp69121 „Zerquetscht“ Seite 12; Teil des Bildes © Fotolia.ru | Engine Images „Atemnot“ Seite 17; Teil des Bildes © www.morguefile.com


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Absichtserklärung Ich | wir sind bereit, die Lost Voices Stiftung, c|o Nicole Krüger, Groß-Buchholzer Str. 36B, 30655 Hannover zu unterstützen. Name:

Vorname:

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[ ] Ich werde | wir werden den Einzug von € als einen einmaligen Betrag an die Stiftung gestatten. [ ] Der Betrag soll als Zustiftung (Erhöhung des Stiftungskapitals) verwendet werden. [ ] Der Betrag soll als Spende für die Arbeit im laufenden Jahr verwendet werden. [ ] Die Stiftung soll über die Verwendung entscheiden. [ ] Ich werde | wir werden bis auf weiteres jeden Monat den Betrag von € an die Stiftung per Lastschrift einziehen lassen. [ ] Der Betrag soll als Zustiftung (Erhöhung des Stiftungskapitals) verwendet werden. [ ] Der Betrag soll als Spende für die Arbeit im laufenden Jahr verwendet werden. [ ] Die Stiftung soll über die Verwendung entscheiden. [ ] Ich werde | wir werden den Betrag von € nach Abruf auf das Konto der Stiftung überweisen. Ort,

Datum:

Unterschrift:

Ermächtigung zum Einzug von Forderungen durch Lastschriften Hiermit ermächtige(n) ich | wir Sie widerruflich, die von mir | uns zu entrichtenden Zahlungen wegen „Stiftungsbeitrag“ bei Fälligkeit zu Lasten meines | unseres Girokontos Nr.:

bei dem Geldinstitut:

Bankleitzahl:

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durch Lastschrift einzuziehen. Wenn mein | unser Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht seitens meines kontoführenden Instituts keine Verpflichtung zur Einlösung.

Ort, Datum:

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„Im Lexikon der englischen Sprache findet sich kein Wort, mit dem man die fehlende Ausdauer, den Mangel an Energie, das absolut überwältigende Krankheitsgefühl und das Elend beschreiben könnte, von dem diese Krankheit begleitet ist.“ Dr. Charles Lapp, einer der führenden Forscher und Kliniker auf dem Gebiet des ME|CFS

„Ein zu unrecht Inhaftierter berichtet nach seiner Freilassung: „Freiheit bedeutet für mich, wieder selbst entscheiden zu können, wann ich esse und schlafe. Ich habe wieder Selbstbestimmung über mein Leben und kann hingehen, wann und wohin ich will.” Für ME|CFS-Kranke ist diese Freiheit nicht möglich. ME|CFS ist wie lebenslängliche Einzelhaft, und der eigene Körper ist die Gefängnismauer.“ Nicole Krüger, Stiftungsinitiatorin und ME|CFS-Patientin


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