Look Inside: "Magic Cloud Ponies" (Vol. 3)

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Silbertrop en

Wirbelwind

Wetter: Wind und Sturm Edelstein: Bernstein

Schneekristall Wetter: Schnee und Winterwetter Edelstein: Bergkristall

Wetter: Regen, Donner, Blitz und Hagel Edelstein: Türkis

Goldstrahl

Wetter: Sonnenschein und Wärme Edelstein: Rosenquarz


Alle Abenteuer der Wolkenponys:

Barbara Rose

Band 1: Das Geheimnis der Edelsteine Band 2: Die Nacht des roten Mondes Band 3: Das verzauberte Schloss

Das verzauberte Schloss Illustriert von Jutta Berend

Band 3


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Inhalt Prolog 9 Blaue Schuhe 17 Fleißige Helfer 27

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Dunkle Murmelaugen 35 Beste Schwestern 45 Schöne Träume 55 Kaltes Land 63 Eisige Treppen 73 Epilog 82

ISBN 978-3-7432-1376-0 1. Auflage 2022 © 2022 Loewe Verlag GmbH, Bühlstraße 4, D-95463 Bindlach Umschlag- und Innenillustrationen: Jutta Berend Umschlaggestaltung: Johanna Mühlbauer Printed in the EU www.loewe-verlag.de


Prolog Mit langsamen, schlurfenden Schritten läuft die alte Frau in den Thronsaal. Ihre Haltung ist gebückt. Ein kräftiger Holzstab dient ihr als Stütze. Das graue Haar ist von einem silbernen Tuch bedeckt, die Kleidung feuerrot. Erschrocken weichen die Diener zurück. „Das ist Bimbula“, wispert ein Kobold. „Die Hexe aus dem Sumpfland kommt“, flüstert ein zweiter. Ein dritter murmelt: „Was will sie hier? Sie ist die Freundin unseres alten Königs Oron. Und seiner Tochter Sisse.“ 9


Bimbula würdigt die Kobolde keines Blickes. Sie starrt so lange zu Boden, bis sie Griseo erreicht hat. Der alte Magier des Landes Lichtblau sitzt auf dem Thronsessel und wartet. „Griseo!“ Bimbula hebt den Kopf. „Deine Helfer haben mich aus meinem Moor hierher gezerrt. Wie kannst du es wagen?“ Griseo verschränkt die Arme. „Weil ich die Macht dazu habe. Und weil ich dich brauche.“ „Überschätze dich nicht, Magier“, zischt die Hexe wütend. „Was erlaubst du dir? Du nimmst Platz auf Sisses Thron? Wo ist unsere Königin?“ Griseo schnaubt. „Sisse ist keine gute Königin. 10

Sie ist noch viel zu jung zum Regieren. Aber das wollte sie nicht einsehen. Deshalb habe ich sie ins Gefängnis geworfen.“ „Wie bitte?“ Bimbulas Augen blitzen. „Ich warne dich!“ Griseo ist aufgestanden. „Keine Hexenkraft! Du musst meinen Anweisungen folgen. Es gibt nur eine einzige Wahrsagekugel in unserem Land. Deine. Alle wissen, dass du darin Gegenwart und Zukunft sehen kannst. Du musst mir etwas zeigen.“ „Und wenn ich mich weigere?“, faucht die Hexe. „Wenn du dich gegen mich auflehnst, ergeht es Sisse schlecht. Ich nehme an, du willst ihr helfen. Immerhin bist du Sisses Patentante.“ Bimbula ballt die Hände. „Was soll ich tun?“ „Diener, bringt die Wahrsage­ kugel! Ihr habt sie doch hoffentlich aus dem Sumpfland mitgebracht.“ Griseo klatscht in die Hände.


Eilig laufen zwei Kobolde herein. Sie tragen ein Kissen. Darauf liegt eine milchig weiße Kristall­ kugel. „Wo sind die Wolkenponys?“, will Griseo von Bimbula wissen. Gemächlich nimmt die Hexe auf den Stufen zum Thron Platz. Sie nimmt ihre Kugel vom Kissen und bettet sie auf ihren Beinen. Dann reibt sie ihre falti12

gen Hände aneinander, bis sie warm sind. Mit einem Blick auf Griseo legt sie die Finger um das kühle Kristall. Sofort beginnt es in der Kugel zu leuchten. Gelbe Flüssigkeit scheint sich ins Innere zu ergießen. „Ich sehe nichts!“ Griseo ist hinter die Hexe ge­ treten. „Mach schneller!“ „Kristall lässt sich nicht hetzen.“ Bimbula beugt sich zur Kugel und haucht sie an. Danach streichelt sie sanft mit den Fingerkuppen über das Glas. Als sie ihre Hände wegnimmt, ist da auf einmal ein Bild. Gestochen scharf. „Schneekristall“, jubelt Griseo. „Wo ist er? Sag schon! Wo?“ Bimbula schließt die Augen. „In der Menschenwelt. In Wetterstein. Er ist im Haus von Lotti … Lotti Flieder. In ihrem Zimmer.“ „Dann sind die anderen Wolkenponys sicher auch nicht weit.“ Griseo ballt die Fäuste. „Diener, bringt mir die Wolkenponys! Fliegt mit den Riesen13


Schwinggleitern. Der Zausel wird euch durch die Pforte des Windes lassen. Auf nach Wetterstein.“ Bimbula lacht laut auf. „Du Narr! Kennst du den alten Zauberbann nicht? Er verwehrt Kobolden den Zugang zur Menschenwelt. Zauberer Oron hat ihn selbst ausgesprochen.“ „Du bist die Närrin!“ Griseo reibt sich die Hände. „Heute Nacht habe ich den Bann mit mächtiger Magie gebrochen. Jetzt sind alle Kobolde auf meiner Seite.“ Griseo lacht. „Ich werde sie dafür gut bezahlen. Und dank dir habe ich bald auch die Wolkenponys. Als Nächstes hole ich mir nämlich einen mächtigen Schatz. Diener! Werft die alte Hexe samt ihrer Wahrsagekugel zu Sisse ins Gefängnis. Ich brauche beide nicht mehr.“ Mit diesen Worten zieht sich der alte Magier in sein Schlafgemach zurück. Krachend wirft er die 14

Tür des Thronsaals hinter sich zu. So sieht er nicht mehr, wie sich in der Kristallkugel in Bimbulas Hand zunächst das Gesicht eines Mädchens zeigt. Dann ein Bild, in dem das Mädchen auf einem Wolkenpony reitet. Direkt ins Land Lichtblau. Zum Gefängnis von Königin Sisse.


Blaue Schuhe „Wo ist Schneekristall?“ Lotti ist in heller Aufregung. Gemeinsam mit den Wolkenponys Wirbelwind, Silbertropfen und Goldstrahl durchkämmt sie jeden Winkel ihres Kinderzimmers. Lotti hebt die Bettdecke hoch und späht unter den Schrank. Sie schaut hinter der Gardine nach, unter der Kommode, im Bücherregal. Wieder und wieder galoppieren die Miniponys im Zimmer auf und ab. Doch Schneekristall bleibt verschwunden. Lotti ist den Tränen nahe. „Ich kann mich gar nicht mehr über unseren Sieg freuen.“ Vor einer knappen Stunde hat sie mit Wirbelwind das große Tannenwaldrennen gewonnen. Goldstrahl und Silbertropfen haben sie dabei unterstützt. Schneekristall war nicht dabei gewesen. Die 17


Ponystute wollte mit ihrem weißen Fell im Wald nicht für Aufsehen sorgen. Deshalb war sie vorsichtshalber in Lottis Zimmer im roten Haus mit dem weißen Zaun geblieben. Und jetzt wollen Lotti und die drei Wolkenponys Schneekristall vom Rennen berichten. Aber die Ponystute ist wie vom Erdboden verschluckt. „Wo kann sie nur sein?“ Silbertropfens Augen sind dunkel vor Sorge. „Heute Mittag habe ich Schneekristall so gut versteckt.“ Lotti deutet auf ihr Bücherregal. „Hier, zwischen den Plastikfiguren.“ „Ich verstehe das auch nicht.“ Wirbelwind prustet leise. Ein kleiner Windstoß fegt durch Lottis Zimmer. „Als Minipony kann sie doch gar nicht weit gekommen sein“, wundert sich Goldstrahl.

Lotti nickt. „Oje, vielleicht ist Schneekristall aus dem Regal gefallen. Und Pünktchen hat sie sich geschnappt.“ Pünktchen ist der Hund der Familie Flieder. Ein freund­ licher Dalmatiner. Lotti läuft zum Fenster und sieht in den Garten. Tatsächlich! Da draußen flitzt Pünktchen durchs Gras. Und der Hund trägt irgendetwas im Maul! „Sucht weiter“, bittet Lotti die Ponys. „Ich fange Pünktchen ein!“ So schnell sie kann, saust Lotti nach draußen. „Pünktchen“, ruft sie und rennt dem Hund hinterher. „Komm zu mir. Was hast du da im Maul? Pünktchen!“ Der Hund freut sich sehr über Lottis Aufmerksamkeit. Er hält das Ganze für ein lustiges Spiel. Pünktchen rast im Zickzack über die Wiese. Er saust unter Büsche, wirbelt um Bäume herum. 19


Immer mit seinem Spielzeug im Maul. Lotti wird angst und bange. Wenn Schneekristall zwischen Pünktchens Zähnen steckt … Oje! „Jetzt reicht es“, schimpft Lotti. „Hierher, Pünktchen!“ Endlich gehorcht der Dalmatiner und trottet schwanzwedelnd zu Lotti. Als er nahe genug ist, sieht das Mädchen genau hin. Was für ein Glück! Kein Minipony steckt zwischen Pünktchens Zähnen. Es ist nur ein Stück Holz. Lotti atmet erleichtert auf. „Tut mir leid, Pünktchen.“ Lotti seufzt. „Ich habe dich zu Unrecht verdächtigt. Du hast Schneekristall gar nicht.“ Mit hängendem Kopf geht Lotti zu den drei Wolkenponys zurück. Als sie ins Zimmer kommt, herrscht dort absolute Stille. Die Pferdchen stehen bedrückt in einer Ecke. „Keine Sorge“, sagt Lotti beruhigend. „Pünktchen hat Schneekristall nicht gefressen. In seinem Maul 20

war nur ein Stück Holz“, erklärt sie. „Von Schneekristall keine Spur.“ Silbertropfen wiehert traurig. Dabei bildet sich über seinem Kopf eine winzige Wolke. Regen­ tröpfchen fallen auf Lottis Teppichboden. Das ist die Wettermagie der Wolkenponys. „Du hast keine Spur gefunden, Lotti. Aber wir!“ Goldstrahl trabt unter Lottis Bett hervor. In ihrem Maul hält die Ponystute einen blauen Schuh. „Wo kommt der Schuh her?“, wundert sich Lotti. „Wer hat denn so kleine Füße?“ „Diese Art von Schuhen kennen wir gut“, antwortet Goldstrahl. „Die Diener im Schloss von Königin Sisse tragen sie. Die Kobolde im Land Lichtblau, die jetzt Griseo gehorchen müssen. Sie waren hier!“ 21


„So wie es aussieht, haben sie unsere Schwester entführt. Dabei hat wohl ein Kobold seinen Schuh verloren.“ Wirbelwind schlägt mit dem Schweif. „Sie waren in Wetterstein.“ „Aber … wie kann das sein?“ Lotti hebt ungläubig die Schultern. „Ihr hattet doch gesagt, dass es da einen Bann gibt. Danach kann kein Kobold in die Menschenwelt gelangen.“ Silbertropfen tänzelt nervös auf dem Teppich hin und her. „Griseo muss den Bann gebrochen haben. Der alte Magier ahnt, dass wir Schneekristall befreien wollen. Die Pforte des Windes steht wohl wieder offen.“ „Damit wir hindurchkommen und Griseo uns fangen kann“, stellt Goldstrahl fest. „Ganz sicher eine Falle.“ „Wir reiten sofort zur Pforte des Windes. Dort sehen wir selbst nach, was los ist.“ Wirbelwind stupst Lotti mit dem Kopf an. „Pack mich in deine Tasche. Und dann bring mich nach draußen, Lotti.“ Und zu 22

seinen Geschwistern gewandt: „Ihr versteckt euch besser!“ Eilig läuft Lotti mit dem geschrumpften Wirbelwind aus dem Haus. An der Heckenrose hinter der alten Scheune im Garten der Familie Flieder bleibt Lotti stehen. Hier ist der Zugang zur Pforte des Windes. Mit einem magischen Spruch aus Oma Lunas Buch zaubert sie Wirbelwind wieder groß. Oma war es auch, die ihr ein ganz besonderes Armband vererbt hatte. Vier Edelsteine sind daran befestigt. Genau die Steine, die in den Hufen der Wolkenponys stecken. Auch einen Brief hatte Oma Luna ihrer Enkelin hinterlassen:

Trage dieses Armband so oft es geht. Es eröffnet dir neue Welten. Und denk immer daran: Vier Edelsteine bringen Zauberkraft, acht Edelsteine besitzen mehr Magie als vier. Liebevoll streicht Lotti über jeden Stein. 23


„Oma, liebe Oma“, flüstert sie. „Ich weiß, du gibst mir Kraft. Überall und an jedem Ort.“ Von Wirbelwind hatte Lotti erfahren, dass ihre Oma selbst aus dem Land Lichtblau stammte. Sie war die Schwester von Sisses Vater, dem Zauberer Oron. Weil sich Oma Luna in einen Menschen verliebte, musste sie das Land verlassen. „Lotti? Du bist in Gedanken ganz weit weg, stimmt’s? Aber jetzt solltest du aufsteigen.“ Wirbelwind scharrt mit den Hufen. „Wir müssen den Zausel fragen, ob er die Kobolde gesehen hat. Und vielleicht sogar Schneekristall.“ Der Zausel ist der Wächter der Pforte zum Land Lichtblau. Ein netter, etwas brummiger Kerl mit behaarten Händen. Breit lächelnd sieht er Lotti und Wirbelwind entgegen.

„Sind die Kobolde hier durchgekommen?“, will Wirbelwind wissen. „Mit meiner Schwester Schneekristall?“ „Ja und ja“, sagt das Männchen. „Griseo sein wachsam, Griseo sein böse. Zausel müssen Bescheid geben, wenn Wolkenponys und Lotti nach Lichtblau wollen.“ „Wie bitte?“, ruft Lotti. „Du sollst uns verraten?“ Das kleine Männchen nickt. „Zausel müssen gehorchen. Außer …“ Er zwinkert Lotti und Wirbelwind zu. „Zausel müssen schlafen. Zufällig. Dann kann sehen nix. Tut dann so leid dem Zausel.“ Wirbelwind wiehert laut. Auch Lotti hat verstanden. Der Zausel hat sie auf eine List gebracht. Sie sollen sich überlegen, wie sie ihn in einen Schlaf versetzen können. Gute Idee! Aber … Lotti gähnt … erst morgen. Heute muss sie Wirbelwind schnell noch zum Sonnenhof bringen. Und dann endlich ins Bett gehen. Es war ein langer Tag.

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Fleißige Helfer Ein Scheppern und Stimmengewirr wecken Lotti am nächsten Morgen. Müde schlurft sie in die Küche und reibt sich die Augen. „Was ist denn hier los?“ Mama und Papa sitzen schon am Frühstückstisch. Vor ihnen liegt eine lange Liste. Eifrig kritzeln sie darauf herum und diskutieren lautstark. „Guten Morgen, Lotti, meine Süße!“ Mama gibt Lotti einen dicken Kuss. „Papa und ich bauen endlich meinen Laden und Papas Werkstatt in die alte Scheune. Heute geht es los!“ „Allerdings müssen wir die Scheune vorher komplett ausräumen. Und wir wissen noch gar nicht, wohin mit dem ganzen Kram. Wir überlegen schon den ganzen Morgen.“ Papa wuschelt Lotti 27


liebevoll durchs Haar. Dabei fällt sein Blick auf ein altes Foto über der Kommode. „Nelly, Lotti! Ich hab’s!“ Mama zuckt mit den Schultern, auch Lotti schaut überrascht. Papa grinst breit. „Das alte Bootshaus am See. Das hatte ich ganz vergessen. Da war mein Vater früher jedes Wochenende zum Angeln. Seit er gestorben ist, bin ich nicht mehr dort gewesen.“ Lottis Mama jubelt. „Lotti, lauf nach oben und wecke deine Schwester Paula. Sie muss mitkommen. Pünktchen natürlich auch. Auf zum Bootshaus!“ Wenig später stehen Mama, Paula und Lotti staunend vor dem lang gestreckten Gebäude. Es liegt nur zwanzig Minuten zu Fuß vom Wohnhaus der Familie Flieder entfernt. Die drei sind fasziniert, wie viel Platz das Bootshaus bietet. Es gibt sogar einen offenen Unterstand für Fahrräder oder Gerätschaften. Jetzt steht er allerdings leer. 28

„Den See haben wir seit dem Umzug nach Wetterstein noch gar nicht gesehen“, stellt Mama fest. Papa wundert sich über sich selbst. „Wie konnte ich das alles nur vergessen?“ Er zieht den Schlüssel aus der Hosentasche. „Es ist ziemlich heruntergekommen.“ Paula rümpft die Nase. Mama winkt ab. „Wir müssen es nur putzen und die Sträucher schneiden. Mit ein bisschen Farbe wird das Haus traumhaft!“ Lotti steht auf der Veranda und sieht zum See hinunter. Wie sich das Sonnenlicht im Wasser spiegelt. Wie eine sanfte Brise die Wasserober­ fläche kräuselt. Und wie saftig grün die Wiese rund um den See ist. 29


Schwanzwedelnd jagt Pünktchen den Schmetterlingen hinterher. Dann springt er mit einem großen Satz ins Wasser. Minuten später taucht er pitschnass wieder auf. „Pünktchen, du Wasserratte! Dir gefällt das Bootshaus, stimmt’s?“ Lotti breitet die Arme aus und dreht sich im Kreis. „Ich mag es auch. Und es ist so groß, dass ich hier wunderbar die Wolken­ ponys unterbringen kann.“ „Die Wolkenponys?“ Paula sieht ihre kleine Schwester argwöhnisch an. „Was soll das sein?“ „Ach, das sind nur … Pferdebücher. Sonst nichts.“ Lotti könnte sich in den Po beißen. Warum ist ihr das mit den Ponys nur herausgerutscht? Eilig schnappt sie sich einen Eimer und einen Lappen und verschwindet. Den ganzen Tag schrubben Mama und Lotti das Bootshaus. Ein paar Nachbarn, Papa und

Paula schleppen Kisten, Kartons und Schränke in ein leeres Zimmer. „Ich fühle mich so stark wie nie“, freut sich Paula. Seit Kurzem ist ihre Schiene am Bein weg. Die musste Paula nach einem Reitunfall tragen. Jetzt ist alles verheilt. Gegen Abend ist die Scheune leer, im Bootshaus haben die Sachen einen neuen Platz gefunden. Trotzdem ist das Haus am See nicht voll. Gut so! Denn Lotti hat einen Plan, den sie aber lieber für sich behält. „Es ist spät“, mahnt Papa. „Abendessen, dann ab ins Bett.“ Müde sitzen Mama, Papa, Paula und Lotti vor ihren Tellern. Lotti ist ganz kribbelig. Sie will den Wolkenponys unbedingt vom Bootshaus erzählen. Papa, Mama und Paula jedoch schmieren sich immer noch ein Brot. Trinken noch einen Becher Tee. Schneiden sich noch ein paar Tomaten auf. „Arbeit macht hungrig“, stellt Papa fest. 31


Lotti hält es nicht mehr aus. „Ich bin so furchtbar müde!“ Sie gähnt extra lang. „Darf ich in mein Zimmer gehen?“ „Natürlich“, sagt Mama. „Du warst heute sehr fleißig.“ Papa nickt. „Tausend Dank, Lotti. Und auch dir, Paula!“ Endlich! Mit großen Schritten saust Lotti die Treppenstufen hinauf. Im Bad füllt sie eine große Schale mit Wasser. „Silbertropfen, Goldstrahl“, flüstert Lotti, als sie in ihr Zimmer kommt. Aus einem Geheimversteck in ihrem Kleiderschrank nimmt sie noch einige Blätter Blinkerling. Das Kraut hat sie mit Goldstrahl auf der Schimmerlichtung im Land Lichtblau gesammelt. Die Wolkenponys brauchen es, damit sie den Schrumpfzauber durchhalten können. Schon bald traben die beiden Wolkenponys unter dem Bett hervor. Gierig frisst jedes eine große Portion Blinkerling und trinkt von dem Wasser. Ne32

benbei erzählt Lotti ihnen vom Haus am See. Die Ponys sind überglücklich. „Endlich bekommen wir Auslauf“, freut sich Goldstrahl. „Am Bootshaus können wir ohne Schrumpfzauber herumrennen.“ Silbertropfen legt die Ohren eng nach hinten an. „Dort sollten wir dringend besprechen, wie wir Schneekristall befreien.“ Lotti kann dem Pony seine Sorgen ansehen. Sie nickt. „Gleich morgen bringe ich euch hin. Und Wirbelwind nehmen wir mit!“ 33


Dunkle Murmelaugen Schon früh am nächsten Morgen fährt Lotti mit dem Roller und Pünktchen im Schlepptau zum Sonnenhof. Wie gut, dass Ferien sind, Lottis Eltern viel zu tun haben und Paula ständig am Computer sitzt. Deshalb achtet keiner so richtig auf Lotti. Aber was soll ihr in Wetterstein schon passieren? In Lottis Rucksack stecken die beiden geschrumpften Wolkenponys, eine Portion Blinkerling und Oma Lunas Zauberbuch. Kurz vor den Stal­­ lungen muss Pünktchen an einem Baum Platz machen und warten. Hunde sind im Stall verboten. Mit festen Schritten läuft Lotti durch die


Stallgasse zu Wirbelwinds Box. „Wie gut es hier riecht!“, flüstert sie den Miniponys im Rucksack zu. „Nach Pferden, Heu, Sägespänen und … ein bisschen auch nach Pferdeäpfeln.“ Lotti lacht ihr helles, ansteckendes Lachen. „Stallgeruch eben.“ Als Wirbelwind das Gelächter hört, streckt er den Kopf über die Tür und wiehert erfreut. „Lotti! Endlich kommst du.“ Lotti sieht dem Pony in die dunklen Murmelaugen. „Ich habe eine Überraschung für dich!“ „Ich weiß nicht, ob es die richtige Zeit für Überraschungen ist.“ Wirbelwind schnaubt. „Ich sorge mich um Schneekristall!“ Lotti öffnet die Boxentür. „Ich auch, deshalb müssen wir schnell los. Bevor Rieke uns aufhält!“ Rieke ist ein älteres Mädchen aus dem Stall. Herr Stiefel, der Besitzer des Sonnenhofs, hält große Stücke auf sie. Diese Stellung nutzt Rieke aus und gibt den Jüngeren ziemlich viele Aufträge. Vor allem Lotti soll ständig misten, Pferde striegeln und 36

die Stallgasse säubern. Aber heute hat Lotti keine Zeit. Eilig putzt und sattelt sie ihren Wirbelwind. Danach traben sie zum Haus am See, natürlich gefolgt von Pünktchen! Im Garten angekommen, verwandelt Lotti die beiden Miniponys aus ihrer Tasche sofort zu ihrer natürlichen Größe zurück. „Oh, Lotti, wie wunderschön es hier ist!“ Goldstrahl ist völlig begeistert vom Bootshaus und dem Gelände drum herum. Im Galopp jagt sie über das frisch gemähte Gras. Wirbelwind und Silbertropfen rasen hinterher, buckeln und prusten vor Glück. „Endlich wieder Auslauf“, jubelt Goldstrahl. „Der offene Unterstand ist perfekt.“ Silbertropfen bläht die Nüstern. „Hier möchte ich gern bleiben!“ Eine Weile tollen die drei Wolkenponys noch 37


über die Wiese. Sie trinken aus dem See, knabbern frisches Grün und genießen ihr Ponyleben. Aber dann werden sie sich wieder bewusst, dass ihre Schwester Schneekristall in Gefahr ist. Wie können sie so gut gelaunt hier herumspringen? Sofort laufen die Wolkenponys zu Lotti zurück. Das Mädchen hat sich auf die Stufen zur Terrasse gesetzt und blättert in Oma Lunas Buch. Ob es hier ein Rezept für einen Schlaftrunk gibt, den sie dem Zausel geben können?

„Und?“ Wirbelwind stupst Lotti sanft mit dem Maul an. „Hast du schon etwas gefunden?“ „Noch nicht, aber … oh, hier ist was!“ Lotti streicht eine Seite glatt. „Blumiger Schlafzauber, so nennt sich die Mischung. Mal sehen, was wir dafür brauchen: Ringelblume und Klee. Ganz gewöhnliche Pflanzen.“ Lotti ist beinahe ein bisschen enttäuscht. Dann entdeckt sie eine handschriftliche Notiz. „Ah, hier! Blinkerling muss noch hinein. Als magische Zutat. Aus allen drei wird ein Tee.“ Goldstrahl ist neben Wirbelwind getreten. „Die beiden anderen Pflanzen habe ich schon auf der Wiese gesehen.“ „Wie gut, dass wir beide den Blinkerling im Land Lichtblau geholt haben.“ Lotti krault Goldstrahls Hals und sofort fällt ein heller Lichtstrahl auf Lottis Näschen. Lotti ist immer wieder erstaunt über die Wettermagie, die jedes Pony hat. Goldstrahl ist für Sonne zuständig, Silbertropfen kann es regnen lassen. 39


Wirbelwind bringt Wind und Sturm hervor, Schneekristall sorgt für Schnee. „Es ist wirklich gut, dass wir genug Blinkerling für das Rezept haben.“ Goldstrahl nickt. „Ohne das magische Kraut aus unserem Land wäre der Schlafzauber schwierig.“ Wirbelwind zieht die Oberlippe hoch. „Oh … da fällt mir ein, dass auch Schneekristall dringend Blinkerling braucht. Sonst wirkt der Schrumpfzauber dauerhaft und sie bleibt klein!“

„Die Zeit drängt!“ Silbertropfen bläht die Nüstern. „Lasst uns anfangen.“ „Das machen wir. Keine Sorge, Silbertropfen.“ Lotti merkt, dass alle drei Ponys nun wieder sehr angespannt sind. Aber auch Lotti selbst muss sich beeilen. „Ich sollte bald los, ich bin mittags mit meiner Schwester verabredet.“ Während die Tiere die Wiesenpflanzen holen, setzt Lotti in der kleinen Küche des Bootshauses Wasser auf. Sie zupft ein paar Blättchen Blinkerling


vom Stängel und legt sie ins heiße Wasser. Schon bald streckt Goldstrahl ihren Kopf durchs offene Fenster. Im Maul trägt das Pony ein paar Ringelblumen und jede Menge Klee. Behutsam wirft Lotti kleine Teile der beiden Pflanzen in das Gefäß mit dem Blinkerling. Sofort beginnt die Mischung zu zischen und zu brodeln. Nebelschwaden wabern in einer dichten Wolke aus dem Tee. Aber nur für ein paar Sekunden. Schlagartig verflüchtigt sich der Dunst auch gleich wieder. „Genau wie in Oma Lunas Buch beschrieben“, liest Lotti nach. „Jetzt ist der magische Tee wirksam.“ Sie nimmt den Topf und kehrt mit dem Gebräu zu den Wolkenponys zurück. „Der Schlaftrunk muss im Sonnenlicht ziehen“, liest Lotti im Rezept. „Kein Problem“, meint Silbertropfen. „Lass ihn auf der Veranda stehen. Wir passen schon auf.“ 42

„Gut.“ Lotti lächelt. „Heute Abend machen wir uns auf zu Schneekristall. Alle zusammen.“ „Natürlich alle zusammen“, brummt Silbertropfen. „Anders geht es nicht. Sonst schaffen wir es nie, unsere Schwester zu befreien. Vergiss nicht, nur gemeinsam sind wir stark!“ Lotti sieht auf die Uhr und dann zu Wirbelwind. „Es ist gleich Mittag, ich muss nach Hause. Ich habe Paula versprochen, dass wir zusammen zum Sonnenhof gehen. Meine Schwester und ich bringen dich in deine Box, Wirbelwind. Komm, Pünktchen.“


Beste Schwestern Paula wartet schon ungeduldig im Garten, als Lotti mit Wirbelwind und Pünktchen nach Hause kommt. Das Wolkenpony presst die Lippen auf­ einander. Vor Lottis Schwester will es keinen Ton sagen. Dass Wirbelwind sprechen kann, soll weiterhin Lottis und sein Geheimnis bleiben. „Boah, Zwerg, du bist viel zu spät dran.“ Paula stöhnt und reicht Lotti ein belegtes Brötchen. „Ich warte schon eeeeeewig!“ Lotti lacht und stopft das Brötchen in ihre Tasche. Fürs Essen ist jetzt keine Zeit. „Quatsch, Paula, ich bin total pünktlich. Du stehst bestimmt erst seit fünf Minuten hier. Weil du vorher stundenlang vor dem Computer gesessen hast!“ 45


„Ertappt!“ Paula grinst. „Hallo, Wirbelwind.“ Sie kreist mit den Fingerspitzen über seine Stirn, was Wirbelwind sehr genießt. Dann zieht sie eine Karotte aus der Hosentasche und hält sie dem Pony hin. „Ich kann endlich wieder reiten, stell dir das vor!“ Seit sie vor einiger Zeit vom Pferd gefallen ist und sich verletzt hat, saß Paula nicht mehr im Sattel. Auch jetzt ist ihr klar, dass sie damit langsam machen muss. „Ich will auf jeden Fall mit zum Helfen auf den Sonnenhof. Pünktchen bleibt besser hier.“ Paulas Augen blitzen. „Darf ich Wirbelwind zum Stall führen?“ Ein kurzer Blick auf das mahlende Pony genügt Lotti. Wirbelwind ist einverstanden, die Karotte hat ihn überzeugt. Langsam machen sich die Schwestern mit dem Pony auf den Weg. Zu gern würde Lotti von Schneekristalls Entführung erzählen. Aber 46

sie weiß, dass es zu gefährlich ist. Und Paula würde ihr sowieso nie glauben. Also redet Lotti lieber über andere Sachen. Über den neuen Laden von Mama, die Werkstatt von Papa. Und über Oma Luna, die ihnen das rote Haus mit dem weißen Gartenzaun in Wetterstein vererbt hat. „Endlich kommst du“, zischt Rieke, als Lotti, Paula und Wirbelwind den Sonnenhof erreichen. „Ich warte schon. Herr Stiefel hat gesagt, dass ich mich ab sofort mit dir um Wirbelwind kümmern soll. Immerhin ist er jetzt ein Sieger. Und das ist ein bisschen zu groß für dich, kleine Lotti.“ Sie drückt ihre flache Hand auf Wirbelwinds Fell. „Okay, er schwitzt nicht. Dann kann ich jetzt gleich mit ihm für ein Rennen üben.“ „Aber … aber ich war …


schon den ganzen Vormittag mit dem Pony unterwegs. Sollte Wirbelwind … also ich meine … sollte er … nicht eine Pause machen?“, stammelt Lotti. Schon wieder hat Rieke sie völlig verunsichert. Paula nickt. „Seine Muskeln müssen sich auch mal erholen können. Das weißt du als Pferdefreundin sicher auch.“ „Quatsch! Dem Winzling fehlt die Ausdauer und die kriegt er durch mein Training.“ Rieke drückt Paula unsanft zur Seite und greift nach den Zügeln. „Her damit, ich übernehme.“ Sie deutet mit dem Finger auf Paula. „Du kannst dafür meinen Sultan versorgen. Mach schon.“ Paula ist erst ziemlich überrascht, dann strahlt sie. „Wirklich? Oh … danke! Sultan ist so ein tolles Pferd. Das mache ich total gern!“ Entgeistert beobachtet

Lotti, wie Rieke mit Wirbelwind auf den Reitplatz verschwindet. „Rieke ist immer so gemein zu mir“, jammert Lotti. „Aber wenn sie jetzt auch noch gemein zu Wirbelwind ist … Es ist doch viel zu warm zum Üben.“ „Vielleicht versteht Rieke doch eine ganze Menge von Pferden“, meint Paula versöhnlich. „Los, komm, Lotti. Wir sehen uns an, wie sie mit Wirbelwind umgeht.“ Im Schatten einer Eiche vor den Stallungen bleiben die Schwestern stehen und sehen hinüber zum Reitplatz. Die große Fläche vor dem Sonnenhof ist komplett leer. In der Mittagshitze haben sich die anderen Reiter mit ihren Tieren in den Stall zurückgezogen. Ein paar Pferde grasen gut geschützt von dichten Bäumen auf der Weide. „Überhaupt kein Schatten.“ Lotti späht mitleidig zu Wirbelwind. „Das ist doch viel zu heiß!“ „Stimmt schon.“ Paula zuckt mit den Schultern. Rieke schnalzt einmal mit der Zunge und Wirbel49


wind setzt sich brav in Bewegung. Langsam, sehr langsam trabt er voran. Viel zu langsam für Riekes Geschmack. „Mach schon, du Langweiler. Was ist denn heute los mit dir?“ Ziemlich verkrampft will Rieke Wirbelwind dazu bringen, endlich aus dem Trab anzugaloppieren. Doch Wirbelwind denkt nicht daran. Stattdessen bleibt er auf einmal stehen, schreitet dann wieder los und wird schneller. „Hey, so geht das aber nicht“, schnauzt Rieke. 50

„Ich gebe die Kommandos. Ist das klar?“ Gerade will sich Rieke auf das Tempo einlassen, da stoppt Wirbelwind schon wieder und buckelt plötzlich. Plumps! In hohem Bogen landet Rieke auf dem Boden. Mitten in einer weichen, aber ziemlich matschigen Pfütze. Lotti und Paula würden am liebsten loslachen. Aber sie halten sich zurück. 51


„Du blödes Pony, das hast du doch extra gemacht“, schimpft Rieke und knibbelt sich den Schlamm von der Nase. In diesem Moment bemerkt sie Lotti und Paula. „Glotzt nicht so doof! Wieso steht ihr überhaupt hier rum?! Ihr sollt doch was arbeiten! Warum seid ihr so stinkfaul?“ Jetzt reicht es Wirbelwind. Energisch schlägt er mit dem Schweif und sofort weht eine Ladung Sägespäne in Riekes Gesicht. Das ist genug. Rieke rast vor Wut. Sie hat absolut und überhaupt keine Lust mehr. Verärgert rauscht sie ab und lässt Wirbelwind einfach auf dem Reitplatz stehen. „Wieso ist Sultans Box noch nicht ausgemistet?“, pampt sie stattdessen Lotti an. „Den Putzplatz musst du auch noch fegen und …“ „Hör auf, Rieke!“ Paula hat sich vor Rieke aufgebaut und stemmt die Hände in die Hüften. Lotti bemerkt überrascht, wie der schmale silberne Ring mit der roten Blume 52

an ihrem Finger aufblitzt. Oma Luna hat ihn Paula vererbt. Lotti überlegt. Ob auch in ihm magische Kräfte stecken? Genau wie in Lottis Armband mit den vier Edelsteinen? „Lass meine kleine Schwester in Ruhe, sie hat dir nichts getan“, sagt Paula mit fester Stimme. „Ich übernehme ihre Aufgaben. Sultan versorge ich auch.“ Und zu Lotti gewandt: „Kümmere dich um Wirbelwind. Bestimmt wartet er draußen auf dich. Macht was Schönes … aber nicht hier auf dem Sonnenhof.“ Sie zwinkert ihrer Schwester zu, denn Paula spürt längst, dass Lotti ein Geheimnis hat. Aber sie wartet geduldig, bis ihr die kleine Schwester davon erzählt. „Und sei pünktlich zum Abendessen zurück, sonst wird Mama sauer. Bis später, Lotti!“

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Schöne Träume Dieses Mal reitet Lotti nicht auf Wirbelwind zum Haus am See. Sie will das Pony für die Reise ins Land Lichtblau schonen. In gemütlichem Schritttempo geht Wirbelwind neben Lotti her. Ab und zu zupft er ein paar schmackhafte Gräser oder Kräuter am Wegrand ab. Der Wind bläst sanft und bringt ein wenig Abkühlung. Lotti hängt ihren Gedanken nach. „Machst du dir Sorgen wegen der Kobolde und Griseo?“, will Wirbelwind wissen. Lotti lächelt. Wie gut Wirbelwind sie doch kennt. Er spürt genau, was in ihr vorgeht. „Ich fürchte mich wirklich vor ihnen. Aber ich weiß auch, dass ich dir und deinen Geschwistern helfen muss. Ich glaube, Oma Luna hätte das so gewollt.“ Sie legt 54

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ihre Hand auf Wirbelwinds Rücken, um seine Wärme zu spüren. „Tapfere Lotti“, flüstert Wirbelwind. „Sag mal …“ Lotti überlegt. „Meine Oma hat meiner Schwester Paula einen Ring vererbt. Glaubst du, dass er auch magische Kraft haben könnte, genau wie mein Armband?“ Wirbelwind prustet belustigt. „Ob ich das glaube? Ich bin mir sicher, Lotti. Deine Oma war eine große Magierin.“ Nachdenklich läuft Lotti weiter neben Wirbelwind her. Es wäre so schön, wenn Paulas Ring Zauberkräfte hätte. Und wenn sie dadurch in Wetterstein endlich Freunde finden könnte. Vielleicht kann der Ring von Oma Luna Paulas Mut vergrößern und ihre Schüchternheit verringern. „Lotti, Wirbelwind, endlich!“, ruft Goldstrahl ihnen entgegen, als sie am Bootshaus ankommen. 56

Auch Silbertropfen tänzelt erfreut um die beiden herum. „Der Schlaftrunk sieht gut aus. Wann geht es los?“ „Darf ich noch einen Moment verschnaufen?“ Lotti lässt sich auf die Terrasse plumpsen. Aus ihrer Tasche fischt sie das belegte Brötchen und beißt hungrig hinein. „Isch musch unbedingt wasch eschen“, erklärt sie mit vollem Mund. „Wir sollten uns auch noch mit etwas Blinkerling stärken“, meint Wirbelwind. 57


Genüsslich futtern die drei Wolkenponys eine kleine Portion des energiereichen Krauts. „Den Rest bringen wir Schneekristall mit“, entscheidet Silbertropfen. „Lasst uns aufbrechen.“ Lotti hat inzwischen auch den Schlaftrunk umgefüllt. Er ist nun in einer Trinkflasche in ihrer Tasche. Im Schatten von Bäumen und Büschen laufen die drei Ponys Richtung Scheune. Diesmal sitzt Lotti auf dem Rücken von Goldstrahl. Wie bei ihrem letzten Besuch im Land Lichtblau. „Wir müssen aufpassen, dass euch keiner sieht“, mahnt das Mädchen. „Meine Eltern arbeiten in der Scheune.“

Wirbelwind nickt. „Wir sollten uns heimlich zur Heckenrose und zur Pforte des Windes schleichen.“ Gesagt, getan. Unbemerkt schaffen sie es, durch den Vorgarten bis zur Heckenrose hinter der Scheune zu gelangen. Wie immer herrscht ein heftiger Windzug an der Stelle, an der die Pforte des


Windes beginnt. Ohne zu zögern treten die Ponys in den Tunnel aus duftenden Blüten. Ungefähr auf der Hälfte des Weges wartet der Zausel. „Wolkenponys und Lotti kommen nicht rein“, sagt er und zwinkert Lotti zu. „Zausel müssen Griseo gehorchen. Müssen Bescheid geben, wenn Wolkenponys durchwollen.“ Lotti springt von Goldstrahls Rücken und hält dem Wächter ihre Trinkflasche hin. „Überleg noch mal, Zausel. Hier, vielleicht hast du Durst?“ „Sehr viel Durst.“ Ein Grinsen breitet sich auf Zausels Gesicht aus. „Hoppala.“ Er setzt die Flasche an, trinkt und … plumpst zu Boden wie ein gefällter Baum. „Wenn Griseos Diener vorbeikommen, erkennen sie den Schlafzauber sofort“, stellt Wirbelwind zufrieden fest. „Sie wissen ja nicht, dass der Zausel 60

bei unserem kleinen Trick freiwillig mitgemacht hat.“ „Sie werden glauben, dass wir ihn überrumpelt haben.“ Silbertropfen steigt auf die Hinterbeine. „Auf nach Hause!“ Lotti beugt sich noch einmal zum Zausel und streichelt liebevoll über seinen bunten Pelz. „Schlaf gut, mein Freund. Ich wünsche dir schöne Träume.“ Dann steigt sie wieder auf Goldstrahls Rücken und die Ponys galoppieren los. Was keiner von ihnen bemerkt … sie durchqueren die Pforte des Windes nicht allein.


Kaltes Land Die Ankunft im Land Lichtblau hält einen Schock für alle bereit. Die Wiese direkt hinter dem Tunnel, auf der einst riesige blassrosa Blumen wucherten, ist schneebedeckt. Lediglich ein paar erfrorene Halme ragen aus dem kalten Boden. Kein einziger Schwinggleiter ist zu sehen. Der eisblaue Bach ist komplett zugefroren. Und dann taucht auf einmal Pünktchen aus der Pforte des Windes auf. „Pünktchen?“ Lotti ist fassungslos. „Was machst du denn hier?“ Der Hund bellt fröhlich, um Lotti zu begrüßen. „Wir können ihn nicht mehr zurückbringen.“ Wirbelwind stellt die Ohren auf. „Er muss sich uns eben anschließen.“ „Wie schrecklich es hier aussieht!“, stellt Gold63


strahl fest. „Tut mir leid, ich muss umgehend helfen. Mit meiner Wettermagie, mit Wärme und Sonne. Erst dann können wir Schneekristall befreien.“ „Auf keinen Fall!“ Wirbelwind stampft mit den Hufen. „Wir sind noch nicht mal an der Schimmerlichtung. Was meinst du, wie verschneit die erst sein muss. Lass uns bitte noch ein Stück Richtung Schloss galoppieren. Ich bin sicher, dass Schneekristall dort festgehalten wird.“ Lotti schweigt. In das Streitgespräch der Geschwister mischt sie sich lieber nicht ein. Wenigstens streiten sie nicht wegen Pünktchen! Hoffentlich passiert ihrem Hund bei ihrer Reise nichts. „Pass gut auf ihn auf, Oma Luna“, flüstert Lotti. Endlich geht es weiter. Widerwillig folgt Goldstrahl ihren Geschwistern durch eine Gegend, die am Rande des Erfrierens steht. Auch auf der Schimmerlichtung glänzt und glitzert nichts mehr. Das einst so zauberhafte Land Lichtblau gleicht einer Eiswüste. 64

„Ich muss etwas tun, unbedingt!“ Goldstrahl wedelt kurz mit dem Schweif, um wenigstens ein bisschen Wärme und Licht zu erzeugen. An einigen Stellen beginnt es zu tauen. Lotti deutet nach vorne. „Wir müssen deine weitere Wettermagie verschieben, Goldstrahl. Jetzt brauchen wir zunächst ein fürchterliches Gewitter. Silbertropfen, du bist gefragt. Da vorne kommt ein großer Trupp Kobolde, den musst du aufhalten.“ Wirbelwind scharrt mit den Hufen. „Lotti hat recht. Wir galoppieren zum Schloss. Silbertropfen, du wartest einen Moment, bis die Kobolde näher sind. Zeig ihnen, was du kannst, Brüderchen!“ Während Wirbelwind und Goldstrahl mit Lotti und Pünktchen verschwinden, tänzelt Silbertropfen erregt auf der Stelle. Als die Kobolde nur noch wenige Meter entfernt sind, bäumt sich das Wolken­ 65


pony auf. Silbertropfen schlägt mit dem Schweif und wiehert durchdringend. Gleichzeitig geht ein fürchterliches Gewitter los. Dunkler Donner grollt über Griseos Truppe, Blitze zucken am Himmel. Der Regen ist so heftig, dass sich die Kobolde überall zu verstecken versuchen. Aber die einstmals grünen Büsche und Bäume sind nur noch vereiste Hölzer. Schutz gibt es hier wenig. „Zurück zum Schloss!“, brüllt der Anführer der Kobolde gegen das unerwartete Gewitter an.

In der Zwischenzeit haben die Freunde das Schloss beinahe erreicht. Zu ihrem Erstaunen schließen sich ihnen unterwegs etliche Wesen aus allen Ecken des Landes an. Jede Menge Elfen, die auf großen Schmetterlingen reiten. Wichtel, Wurzelkerle und Moosleute. Und da ist auch Kapitän Donnerhaken mit seiner Bande. Auf großen Schwinggleitern sausen sie durch die Gegend. „He, Donnerhaken“, ruft Lotti. „Schön, dich wiederzusehen.“


„Lotti Flieder, mein Piratenmädchen. Die Freude ist ganz auf meiner Seite!“, brüllt der Kapitän zurück. Rings um das Schloss hat Griseo jede Menge Kobolde in dicken Rüstungen postiert. Sie sind bis an die Zähne bewaffnet. Vor dem offenen Schlosstor stehen sie sogar in zwei Reihen hintereinander. Es sind so viele, dass Lotti ganz kribbelig im Bauch

wird. Nervös dreht sie an ihrem magischen Armband. Die vier bunten Edelsteine daran beginnen sofort zu glitzern. Einer schimmert braun, einer kristallweiß, einer blassrosa und der vierte türkis. „Das … das schaffen wir nie“, ruft Lotti Wirbelwind zu. Doch kaum hat sie ihre Gedanken ausgesprochen, wird sie mit einem Mal ganz ruhig und gelassen. Die Magie der Edelsteine überträgt sich auf Lotti. Auch Wirbelwind bleibt stehen, legt den Kopf in den Nacken und wiehert laut. Und mit einem Mal tobt ein Orkan durch die Reihen der Kobolde. Sie fallen um wie Dominosteine. Einer nach dem anderen. Mit ihren schweren Rüstungen können sie auch nicht mehr aufstehen. Ein viel zu heftiger Wind weht um sie herum. Wie dicke glänzende Käfer liegen die Kobolde auf dem Rücken. „Los, Goldstrahl“, fordert Wirbelwind die Pony­ stute auf. „Du musst mit Lotti ins Schloss und Sisse und Schneekristall befreien. Nehmt Pünktchen mit. 69


Ich halte euch mit unseren Freunden den Rücken frei.“ Ganz eng schmiegt sich Lotti an Goldstrahls Rücken. „Keine Angst, liebe Lotti. Ich werde dich mit meiner Kraft schützen. Wie beim letzten Mal“, flüstert das Pony dem Mädchen zu und scharrt mit den Hufen. Lotti spürt, wie sich ein Schild aus Hitze um das Pony legt. So heiß, dass von außen niemand Goldstrahl berühren könnte. Nur im Inneren, bei Lotti, ist es kühl und angenehm.

Und dann spurtet Goldstrahl los, und Pünktchen hinterher. Das Pony und der Hund springen mühelos über die am Boden liegenden Kobolde. Mit großen Sätzen sausen beide mitten in die Eingangshalle. Von hier aus gehen etliche Gänge und Treppen in alle Richtungen ab. Unmengen von Zimmertüren sind zu sehen. „Oh nein!“ Lotti stöhnt. „Wie sollen wir hier Schneekristall und Sisse finden?“


Eisige Treppen „Wau, wau, wuff!“, bellt Pünktchen. Der Dalmatiner kläfft ein Bild an, das eine wunderschöne Dame zeigt. Vor seinen Pfoten liegt ein Schlüsselbund. „Was ist denn los?“ Lotti treibt Goldstrahl an, bis das Pony direkt unter dem Porträt steht. Lottis Herz pocht wie verrückt. „Das ist Oma Luna! Pünktchen hat sein Frauchen gefunden. Sie kann uns bestimmt helfen.“ Lotti weiß nicht genau, warum sie es tut. Aber sie steigt vorsichtig auf Goldstrahls Rücken und hält ihr Armband an den Bilderrahmen. Silberne Sterne sprühen als kleines Feuerwerk aus jedem Stein. Und auf einmal hört Lotti in ihrem Kopf Oma Lunas Stimme: „Lotti, kleine Lotti. Ich bin so stolz auf dich. Du hast den Wolkenponys ein Zuhause geschaffen. Und jetzt hilfst du ihnen 73


schon wieder. Mein großes Mädchen! Am Ende des Korridors ist eine breite Treppe, die zum höchsten Turmzimmer führt. Dort findest du Sisse und Schneekristall. Viel Glück!“ Ohne Zögern gleitet Lotti von Goldstrahls Rücken und packt den Schlüsselbund. „Den letzten Weg gehe ich allein. Mit Pünktchen. Oma hat mir erklärt, was ich machen muss. Hilf du den anderen draußen. Und sag ihnen, dass die Gefangenen im Turmzimmer sind“, weist sie Goldstrahl an. Goldstrahl zweifelt keine Sekunde an Lottis Worten. Immerhin sind sie im Land Lichtblau, aus dem auch Oma Luna stammt. Eilig läuft Lotti die Treppe hinauf und horcht. Aus dem Zimmer hoch oben im Turm dringen Stimmengemurmel und leises Wiehern. „Das ist es!“, flüstert Lotti Pünktchen zu. Energisch schiebt sie den Schlüssel ins Schloss, dreht ihn um und … „Du musst Lotti sein!“ Eine hübsche Frau in einem 74

grünen Kleid und mit silbergrauen Haaren verneigt sich leicht vor ihr. „Ich bin die Elfenkönigin Sisse. Danke, dass du mich rettest.“ „Aber woher weißt du das?“, fragt Lotti und tritt in das Zimmer. „Von mir.“ Eine alte Frau erhebt sich von einem Schemel. Ihre Haltung ist gebückt. Ein kräftiger Holzstab dient der Frau als Stütze. Das graue Haar ist von einem silbernen Tuch bedeckt, die Kleidung feuerrot. „Ich bin Bimbula, die Hexe aus dem Sumpfland. Ich weiß alles.“ Sie deutet auf eine 75


Wahrsagekugel auf dem Tisch. „Es ist höchste Zeit, dass du kommst, Lotti. Schneekristall ist sehr schwach.“ In ihrem Schoß liegt das zitternde Minipony. Sein Fell ist dunkel und feucht. Das Pony atmet flach. Sofort fischt Lotti aus ihrer Tasche ein winziges Stück Blinkerling und schiebt es Schneekristall ins Maul. Das Pony ist beinahe zu kraftlos, um zu kauen. „Draußen warten deine Geschwister, Schneekristall.“ Mit dem Zeigefinger streicht Lotti sanft über

das Ponyfell. „Sie können nicht ohne dich sein. Denk immer daran.“ Schneekristall hebt den Kopf und beginnt, das Stückchen Blinkerling zu fressen. Es dauert keinen Wimpernschlag, bis das energiereiche Kraut zu wirken beginnt. Schneekristall erholt sich sichtbar. Lotti nickt und presst ihr Armband in ihrer Faust zusammen. „Du sollst groß, größer, ganz groß werden. Miniponys zu Ponypferden.“ „Oh, Lotti! Danke!“ In einem regenbogenfarbenen Funkenregen wird aus Schneekristall wieder ein echtes Pony.


Gerade als die Ponystute zu wachsen beginnt, fällt die Tür des Turmzimmers krachend ins Schloss. Von außen wird der Schlüssel umgedreht. „Ich bin noch nicht besiegt“, ertönt eine dunkle Stimme. „Ich komme wieder!“ „Das war Griseo“, sagt Bimbula gelassen und sieht auf ihre Wahrsagekugel. Offensichtlich ist dort alles zu sehen, was passiert. „Er flieht mit seinen Kobolden in den Landesteil Lichtgelb. Sie folgen ihm, weil er ihnen Anteil an einem Schatz versprochen hat. Leider weiß ich noch nicht, was er damit meint … auf jeden Fall will er sich bald wieder gegen dich erheben, Sisse.“ Die Elfenkönigin rückt ihre Krone gerade. Würdevoll schreitet sie auf die große Tür zu, die aus dem Zimmer auf einen Balkon führt. Leider ist die Tür von außen mit einem Eisengitter verrammelt. „Mag sein, dass Griseo finstere Pläne hat. Aber ich werde nicht darauf warten.“ Sie deutet auf Bimbula. „Wir beide ziehen uns in dein Haus im Sumpfland 78

zurück und überlegen die nächsten Schritte. Vielleicht kann uns Wirbelwind dort noch in besonders zähen Nebel hüllen. Aber jetzt müssen wir erst mal hier rauskommen. Hat jemand eine Idee?“ Doch Sisses Frage erübrigt sich. Am Schlosstor wendet Goldstrahl nämlich seine Wettermagie an. Sie richtet den Blick auf das Turmzimmer und bringt mit glühender Hitze das Eisengitter zum Schmelzen. Gleichzeitig beginnt die Sonne so hell und intensiv zu scheinen, dass das Eis in ganz Lichtlaub zu schmelzen beginnt. Und es kommt noch besser! Als die Gefangenen auf den Balkon treten, ist Schneekristalls große Stunde gekommen. Mithilfe von Lotti und dem Blinkerling hat das Pony seine Kraft wiederhergestellt. Es senkt den Kopf, wiehert laut und zaubert klirrende Kälte herbei. Tiefste Temperaturen, die alle Wassertröpfchen in der Luft und hoch in den Wolken zu einer 79


frostklirrenden Treppe vereinen. Stufen aus Eis bilden sich, die vom Turmzimmer direkt auf den Platz vor dem Schloss führen. Als Erste schreitet Sisse, die Königin, hinunter. Sie wird von ihren Anhängern umjubelt. Die anderen folgen langsam. „Danke euch, meine treuen Freunde“, ruft Sisse ihrem Volk zu. „Griseo ist noch nicht geschlagen. Deshalb ziehe ich mich mit Bimbula für eine Weile zurück. Kapitän Donnerhaken, ihr Schwinggleiter, Elfen, Wichtel, Moosleute und Wurzelkerle. Verzeiht eurer Königin, dass sie ihr Land so schlecht regiert hat. Und bitte haltet euch bereit, wenn ich euch brauche.“ Und zu Lotti und den Wolkenponys gewandt sagt sie: „Das rate ich auch euch. Unsere Zeit ist noch nicht gekommen. Aber …“ Sie deutet auf die Wiesen rund ums Schloss. Nach dem reini80

genden Gewitter, das Wirbelwind herbeigerufen hat, beginnt es wieder zu sprießen. Blumen strecken ihre Köpfe aus dem enteisten Boden. Winzige grüne Blättchen zeigen sich an Büschen und Bäumen. „Lichtblau wird sich erholen. So wahr ich Königin Sisse bin.“ Nachdem sich alle voneinander verabschiedet haben, galoppieren die vier Wolkenponys mit Lotti zurück durch die Pforte des Windes. Der Zausel liegt noch immer auf dem Boden und schnarcht selig vor sich hin. „Gut so“, stellt Lotti fest. „So kann er vor Griseo auf jeden Fall behaupten, dass wir ihm einen Schlaftrunk gegeben haben. Dann wird der Ma­ gier nicht böse auf ihn sein.“ Als sie wieder aus der Heckenrose schreiten, dreht Lotti sich erschöpft um. „Geschafft. Jetzt aber schnell nach Hause.“ Sie lässt ihren Blick von einem Pony zum anderen wandern. „Sagt mal … wo ist eigentlich Pünktchen?“ 81


Epilog „So ein hübsches Punktetier.“ Mit seinem langen, mageren Finger tippt Griseo grob auf Pünktchens Fell. Der Dalmatiner winselt und zieht den Schwanz ein. Auch wenn er dem Magier am liebsten in den Finger gebissen hätte, lässt er es lieber. Um ihn he­ rum stehen immerhin ein Dutzend Diener mit Seilen und Fangnetzen. Beinahe passen die Kobolde nicht in das dunkle Zelt, das nur von den flackernden Flammen eines Feuers erleuchtet wird. 82

„Herr, sollen wir das komische Tier in einen Käfig sperren?“, fragt ein Diener. „Wir könnten …“ „Ruhe!“ Mit einer abwehrenden Handbewegung bringt Griseo den Dienstboten zum Schweigen. „Keiner redet ein Wort. Außer mir!“ Pünktchen sieht sich vorsichtig um. Er sitzt in der Falle. Weder mit Griseo noch seinen Dienern ist zu spaßen. Eine blöde Bewegung und er ist verschnürt wie ein Rollmops. „Ich glaube, so ein niedliches Kerlchen wie du würde mir in meiner Sammlung noch fehlen.“ Griseos Gesicht verdunkelt sich zu einer hässlichen Fratze. „Aber vielleicht willst du lieber bei deiner kleinen Freundin Lotti sein?“ Ächzend lässt sich der Magier in einen Sessel plumpsen. „Keine Sorge, deine Lotti wird kommen. 83


Zusammen mit den vier Wolkenponys. Oder …“ Er legt den Finger an die Lippen. „Vielleicht brauchen sie gar nicht zu kommen. Vielleicht mache ich eine kleine Reise? Nach Wetterstein, wohin sich alle wieder zurückgezogen haben.“ Ganz nah beugt er sich zu Pünktchen hinunter. „Ach, ich bin so schlau! Was für eine hervorragende Idee. Und dich nehme ich mit!“

Barbara Rose ist Kinderund Jugendbuchautorin und Journalistin. Über zehn Jahre lang hat sie sich Geschichten fürs Fernsehen ausgedacht und Sendungen für Kinder und Jugendliche im Radio moderiert. Inzwischen arbeitet sie als freie Autorin und kann das tun, was ihr am meisten Spaß macht: Bücher schreiben und daraus vorlesen. Sie wohnt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in der Nähe von Stuttgart. Mehr zur Autorin unter: www.barbara-rose.info

Wie die meisten Mädchen wünschte sich Jutta Berend als Kind nichts sehnlicher als ein eigenes Pony. Doch aus irgend­ einem Grund waren ihre Eltern nicht damit einverstanden, eines in den heimischen Garten in Ostfriesland zu stellen. Deshalb hat sie sich einfach ihre eigenen Ponys gemalt. Und Dinos. Und Drachen. Und und und. Auch heute tut sie nichts lieber, als Geschichten zu lesen und sich die Bilder dazu auszudenken. Jutta Berend lebt mit ihrer Familie in einer Wohnung in Hamburg. Ihre beiden Töchter dürfen auch kein Pony haben.


Silbertrop en

Wirbelwind

Wetter: Wind und Sturm Edelstein: Bernstein

Schneekristall Wetter: Schnee und Winterwetter Edelstein: Bergkristall

Wetter: Regen, Donner, Blitz und Hagel Edelstein: Türkis

Goldstrahl

Wetter: Sonnenschein und Wärme Edelstein: Rosenquarz



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