SIA Dokumentation 0251: Neue Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von Brettschichtholz

Page 1

sia D 0251

Dokumentation

D 0251

sia

Neue Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von Brettschichtholz N e u e E r k e n n t n i s s e zu r Zu ve rl äs si g ke i t vo n B r e t ts c hi c h t ho l z

I S B N 978-3-03732-052-5

schweizerischer ingenieur- und architektenverein société suisse des ingénieurs et des architectes società svizzera degli ingegneri e degli architetti swiss society of engineers and architects



Neue Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von Brettschichtholz schweizerischer ingenieur‐ und architektenverein société suisse des ingénieurs et des architectes società svizzera degli ingegneri e degli architetti swiss society of engineers and architects

selnaustrasse 16 ch‐8027 zürich www.sia.ch


Herausgeber: Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein Selnaustrasse 16, Postfach, 8027 Zürich Swiss Wood Innovation Network S-WIN Mühlebachstrasse 8, 8008 Zürich ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK), Hönggerberg, 8032 Zürich Lignum, Holzwirtschaft Schweiz Mühlebachstrasse 8, 8008 Zürich Umschlagfoto: Prof. Dr. Andrea Frangi, Zürich Druck: Schwabe AG, Muttenz Auflage: 250 Exemplare Dokumentation SIA D 0251 Neue Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von Brettschichtholz ISBN 978-3-03732-052-5 Copyright © 2015 by S-WIN Zürich Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdrucks, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe (Fotokopie, Mikrokopie, CD-ROM usw.), der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und das der Übersetzung, sind vorbehalten.


Inhalt Andrea Frangi

Vorwort

7

Christophe Sigrist

Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

9

Gerhard Fink

Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

23

Matthias Theiler

Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

33

Michael Klippel

Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

43

Robert Jockwer

Bemessung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

53

Robert Widmann

Verstärkung von Brettschichtholz

63


Verfasser Andrea Frangi

Dr. sc. techn., dipl. Bauing. ETH/SIA ETH Zürich Institut für Baustatik und Konstruktion HIL D37.1 Stefano-Franscini-Platz 5 8093 Zürich

Gerhard Fink

Dr. sc. ETH, Dipl.-Ing Dr. Empa Abteilung Ingenieur-Strukturen Ueberlandstrasse 129 8600 Dübendorf

Robert Jockwer

Dr. sc. ETH, Dipl.-Ing. SIA ETH Zürich Institut für Baustatik und Konstruktion HIL E19.4 Stefano-Franscini-Platz 5 8093 Zürich Empa Abteilung Ingenieur-Strukturen Ueberlandstrasse 129 8600 Dübendorf

Michael Klippel

Dr. sc. ETH Zürich, Dipl.-Ing, Dipl.Wirt.-Ing. ETH Zürich Institut für Baustatik und Konstruktion HIL D42.1 Stefano-Franscini-Platz 5 8093 Zürich

Matthias Theiler

Dr. sc. ETH, MSc ETH Bau-Ing. dsp Ingenieure & Planer AG Stationsstrasse 20 8606 Greifensee

Christophe Sigrist

Ph.D. ing. civ. dipl. EPF/SIA Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau Solothurnstrasse 102 Postfach 2500 Biel/Bienne 6

Robert Widmann

Dipl. Ing. (FH) Empa Abteilung Ingenieur-Strukturen Ueberlandstrasse 129 8600 Dübendorf


Vorwort Andrea Frangi, ETH Zürich

Bauteile aus Brettschichtholz (BSH) haben gegenüber Bauteilen aus Vollholz signifikante Vorteile, wie geringere Streuung der Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften und die freiere Wahl der Abmessungen. Ausserdem ist es möglich unterschiedliche Lamellenqualitäten entsprechend den statischen Anforderungen im BSH-Träger anzuordnen. Durch diese Vorteile hat sich BSH zu einem der wichtigsten Produkte im Holzbau entwickelt. Im Rahmen von mehreren vor kurzer Zeit abgeschlossenen Forschungsprojekten wurde das Tragverhalten von BSH in Bezug auf Modellierung und Festigkeitsklassifizierung, Stabilitätstragverhalten, Verstärkung und Brandsicherheit grundlegend untersucht. Die umfangreichen durchgeführten numerischen und experimentellen Untersuchungen liefern wertvolle Daten für ein vertieftes Verständnis des Tragverhaltens von BSH. Sie erlauben die Entwicklung von verbesserten Tragmodellen für die Bemessung von Bauteilen aus BSH und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Zuverlässigkeit von Tragwerken im Ingenieurholzbau. Der Tagungsband dokumentiert die wesentlichen Resultate und Erkenntnisse der Forschungsprojekte für die Praxis und richtet sich vor allem an Bauingenieure und Holzbauunternehmungen.

7



Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern Christophe Sigrist, BFH, Architektur, Holz und Bau, Biel

1 AUSGANGSLAGE

2 ZIELSETZUNG

Die Rahmenbedingungen für die Herstellung und Anwendung von Holz- und Holzprodukten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die neu gültigen Bauproduktegesetze und die dazugehörigen Normen, welche die Anforderungen an die Herstellung, Überwachung und Inverkehrbringung aller normierten Bauprodukte regeln, haben auch für die Schweiz grosse Auswirkungen. Im Rahmen des KTIForschungsprojektes ging es darum aufzuzeigen, dass die Herstellung von Brettschichtholz in der Schweiz solch strengen Auflagen und Anforderungen genügt. Die Anforderungen an BSH sind heute in der SNEN 14080:2013 geregelt, die auch in der Schweiz ihre Gültigkeit hat. Zur Herstellung von Brettschichtholz sind Bretter erforderlich. Diese sollen aus der heimischen Produktion stammen und eine entsprechende Qualität (Festigkeit, Steifigkeit und Dichte) aufweisen. Für die Sortierung von Bauholz und Brettern aus der Schweiz gilt seit einiger Zeit die Deutsche Sortiernorm DIN 4074-1. Diese Norm erlaubt auch das Schweizer Holz den Festigkeitsklassen S7 (tiefste Qualität), S10 und S13 (höchst mögliche visuell sortierte Qualität) zuzuordnen. Mittels dieser Festigkeitssortierung können die für die Herstellung von BSH erforderlichen Lamellen aus Brettern der TKlassen T11, T14 und T18 bereitgestellt werden. Es können ganze Bretter einer bestimmten Qualität verbaut werden. Unzulässige Holzmerkmale können aber auch entfernt werden (Kappen der Bretter) um damit eine Mindestfestigkeit zu garantieren, oder die Bretter einer höheren Festigkeitsklasse zuzuführen. Die mechanischen Eigenschaften von BSH sind direkt von den Zugeigenschaften vom verwendeten Brett, von der Schichtung der zu Lamellen verarbeiteten Brettern (Aufbau des Trägers) sowie von der Güte der Keilzinkenverbindung (Längsverbindung zwischen den Brettern oder von Kappstellen) abhängig.

Die sechs grössten BSH Betriebe und die sechs wichtigsten Sägewerke, welche die Bretter für die Herstellung von BSH der Schweiz liefern, wurden in die Untersuchung einbezogen. Damit können für die gesamte Schweiz gültige Schlussfolgerungen gezogen werden. Das Ziel der Untersuchung war aufzuzeigen, dass mit dem in der Schweiz vorhandenen Rohmaterial Brettschichtholz hergestellt werden kann, das in Bezug auf Festigkeit und Steifigkeit den heute gültigen, Europäischen Normen entspricht. Die Herstellung vom BSH selbst folgt den Regeln der SNEN 14080. Viele Betriebe fertigen BSH nach dem heute anerkannten Wissensstand und unterziehen sich zweimal jährlich einer externen Überwachung, damit sie an ihren Produkten das CE Kennzeichen anbringen können. Die meisten Betriebe verwenden für die Herstellung von BSH ausschliesslich, oder zu einem grossen Teil Holz, das aus der Schweiz bezogen wird. Wenn gezeigt werden kann, dass – das verwendete Rohmaterial für die Herstellung von BSH die in der SNEN 14080 geforderten Eigenschaften in Bezug auf Zugfestigkeit, E-Modul und Dichte erfüllt, – passende Querschnittaufbauten verwendet werden, – die Keilzinkenverbindungen die geforderten Anforderungen erfüllen, dann dürfen die kennzeichnenden Eigenschaften für BSH gemäss SNEN 14080 angesetzt werden. Die durchgeführten Untersuchungen fokussierten deshalb auf zwei Schwerpunkten: den mechanischen Eigenschaften der Bretter sowie den mechanischen Eigenschaften des daraus gefertigten Brettschichtholzes. Für die vorliegende Untersuchung wurden die gelieferten Brettsortimente in zwei äquivalente Untersortimente geteilt. Der E-Modul wurde mittels eines einfachen Sortiergerätes (Timbergrader) für jedes Brett ermittelt, die Bretter nach steigendem, dynamischem 9


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

E-Modul sortiert und der Zugprüfung am Brett oder der Verarbeitung von BSH zugewiesen. Ziel der Biegeprüfungen an den BSH Trägern war die Bestätigung der visuellen Sortierkriterien für Bretter zur Erstellung von Brettschichtholz-Lamellen. In diesem Beitrag werden nur die Biegeprüfungen behandelt. Die eigentliche Sortierung und sowie die Zugprüfungen selbst sind nicht Gegenstand dieses Beitrags. 3 VORGEHENSWEISE 3.1 Allgemeines Für die vorliegende Untersuchung wurden 6 Teams aus je einem Sägewerk und einem BSH-Hersteller gebildet. Zur Kontrolle oder Entwicklung von Sortierparametern oder Sortiergrenzen muss das gesamte Brettsortiment, inklusive Ausschuss geprüft werden. Aus diesem Grund wurde für diese Untersuchung im Sägewerk sogenannt sägefallendes Holz bestellt. Für die vom Säger angelieferten Bretter wurde mittels Timbergrader der E-Modul ermittelt, die Bretter dann in zwei identische Lose eingeteilt: ein Los für die Durchführung der Zugversuche und ein zweites Los für die Herstellung von BSH. Zur Verifizierung und Anwendbarkeit der Sortierkriterien wurden 48 Biegeprüfungen an 600 mm hohen und 12 m langen Brettschichtholzträgern durchgeführt. Je nach Grösse und Qualität des vorliegenden Brettsortiments und Vorlieben des BSH Herstellers wurden BSH Träger unterschiedlicher Aufbauten und Festigkeitsklassen hergestellt. Dank dieser Vorgehensweise konnte eine durchgehende Kette vom Säger bis zum Endprodukt nachvollziehbar erstellt werden. In einem ersten Schritt wurden die Sortierkriterien für die Sortierung von Brettern zur Herstellung von Brettschichtholz-Lamellen aus Picea Abies aus verschiedenen Wachstumsregionen der Schweiz überprüft und Anpassungen für die Herstellung von BSH erarbeitet. Dabei wurden 1330 Zugprüfungen zur Ermittlung der Festigkeit, Steifigkeit und Dichtemessungen an allen Brettern mit den Abmessungen 46/180 mm2 durchgeführt. Damit die Bretter mit Eingangslängen von 4 m und 5 m einer der Festigkeitsklasse S7 (T11), S10 (T14) und S13 (T18) zugeordnet werden können, wurden für jedes Brett die wichtigsten Sortierparameter aufgenommen: die drei grössten Einzeläste (DEB) und Astansammlungen (DAB) sowie die Jahrringbreite und es wird unterschieden, ob es sich um ein Brett mit oder ohne Markt handelt. Im Vordergrund stand für dieses Projekt die von den KMU gewünschte visuelle Sortierung der Bretter. Zudem wurden ein Vielfaches an dynamischen E-Modulmessungen mittels viscan+ (Microtec), Tim10

bergrader (Brookhuis) und dem Ultraschall-Messgerät Sylvatest Duo (CTB) durchgeführt, um die Ergebnisse aus der visuellen Sortierung zu überprüfen. Die vorliegende Datenbank würde es heute ermöglichen, kombinierte visuelle und maschinelle oder rein maschinelle Sortierroutinen zu entwickeln. Für die visuelle Sortierung der Bretter kommt in der Schweiz die DIN 4074-1 zur Anwendung. Aus diesem Grund wurden alle Untersortimente, die für die Zugprüfung bestimmt waren, visuell streng nach dieser Norm sortiert. Die Zugversuche an allen Brettern erfolgten mit einer freien Prüflänge von 2.0 m und damit die Zugfestigkeit und der Zug-E-Modul ermittelt. Im Rahmen der Prüfung der letzten zwei Sortimente in AP3 wurden verschiedene freie Prüflängen und entsprechende Brettlängen gewählt. In einer Zusatzuntersuchung wurde gezeigt, dass die Zugfestigkeit geringfügig um etwa 4% erhöht werden kann, um der leicht grösseren freien Prüflänge als heute vorgeschrieben (9B = 1.62 m) Rechnung zu tragen. Die Ergebnisse aus den Zugversuchen wurden für jeden Lieferanten individuell, sowie alle Daten kombiniert ausgewertet. In Bezug auf die gesamte Datenmenge (alle Sortimente kombiniert) kann festgestellt werden, dass nach erfolgter Längenkorrektur die geforderten mechanischen Eigenschaften der Bretter für die Herstellung von BSH in den meisten Fällen erreicht werden. Der Begriff Bretter bezieht sich in diesem Beitrag auf die Rohware wie sie beim BSH Hersteller vom Säger angeliefert wird (unabhängig der Sortierklasse). Lamellen haben die Länge des zu produzierenden Trägers und werden mittels Keilzinkenstössen aus festigkeitssortierten Brettern hergestellt. Durch gezieltes Schichten und Verkleben der Lamellen wird ein Träger resp. Prüfkörper hergestellt. 3.2 Anforderungen der Norm Seitens der Norm SNEN 14080 werden für Bretter, die der Herstellung von BSH dienen, die Anforderungen gemäss Tabelle 1 gestellt. Der minimale Zug-EModul, der noch toleriert wird, beträgt 0.95 MOEmoy. Für die verschiedenen Festigkeitsklassen des im Rahmen dieses Projektes geprüften Brettschichtholzes gelten gemäss SNEN 14080 die in Tabelle 2 dargestellten Anforderungen.


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Grade S13 S10 S7

2

ft,k [N/mm ] 18.0 14.0 11.0

2

MOEmoy [N/mm ] 12000 11000 9000

3

DENS k [kg/m ] 380 350 320

2

0.95MOEmoy [N/mm 11400 10450 8550

Tab. 1: Anforderungen an die Bretter für die Herstellung von BSH gemäss SNEN 14080

Festigkeitsklasse

fm,g,k [N/mm2]

GL24k GL24h GL28k GL32k GL36k (SIA 265:2012)

24.0 24.0 28.0 32.0 36.0

Eo,g,mean [N/mm2] 11000 11500 12500 13500 14000

Eo,g,0.5 [N/mm2] 9100 9600 10400 11200 11900

Gg,mean [N/mm2] 650 650 650 650 600

Gg,0.5 [N/mm2] 540 540 540 540 510

Tab. 2: Charakteristische Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften für das hier geprüfte BSH gemäss SNEN 14080

Aufgrund der unterschiedlichen Qualitäten und Aufbauten ist es beim vorliegenden Probenumfang nicht möglich, die Ergebnisse aus den Biegeprüfungen statistisch auszuwerten. Die mittleren Steifigkeitswerte aus den Versuchen können mit den Anforderungen in Bezug auf die Mittelwerte verglichen werden. Die minimalen Steifigkeiten aus den Versuchen können mit dem 5%-Fraktilwert gemäss Anforderung verglichen werden um die Ergebnisse zu situieren. Möglichst wenig Biegeträger sollten unterhalb der Festigkeitsanforderung nach Norm versagen. 3.3 Auswahl der Bretter für die Herstellung von BSH und für die Zugprüfung Im Sägewerk oder im BSH Betrieb wurden die sägefallend angelieferten Bretter gewogen und mittels Timbergrader die Frequenz des Brettes gemessen. Für die Dichtebestimmung wurden an dieser Stelle die nominellen Brettabmessungen und das Gewicht des Brettes verwendet. Die kombinierte Dichte- und Frequenzmessung erlaubt den dynamischen E-Modul zu bestimmen und damit dem Brett eine Festigkeit zuzuordnen. Über die zusätzlich gemessene Holzfeuchte kann die Sortierung noch verfeinert werden. Zwischen den verschiedenen Lieferanten können, je nach Wuchsgebiet, Stammdurchmesser, Vorsortierung im Sägewerk etc., beträchtliche Unterschiede in Bezug auf E-Modul, Dichte und daher Festigkeit der verschiedenen Sortimente auftreten. Dies wird exemplarisch in Abb. 1 verdeutlicht. In Bezug auf die Dichte besteht zwischen den Sortimenten, hier bestehend aus je etwas mehr als 600 Bretter der zwei dargestellten Lieferanten, nur wenig Unterschied. Der Unterschied des mittleren E-Moduls von rund 1600 N/mm2 wird sich allerdings stark auf die Zugfestigkeit auswirken. Der grosse Anteil von Brettern mit

einem E-Modul von weniger als 7000 – 8000 N/mm2 wird zu einem relativ hohen Anteil Ausschussbretter für Lieferant 1 führen.

Abb. 1: Vergleich zweier Sortimente in Bezug E-Modul und Dichte

11


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Abb. 2: Zuordnung der Bretter für die Zugprüfung resp. die Herstellung von BSH in Funktion vom E-Modul

Für jedes BSH Werk wurde die Anzahl zu prüfender Biegeträger festgelegt. Dies ergab die dazu erforderliche Anzahl Bretter. Mit Ausnahme der ersten Paarung, wo mit mehr als 3000 Bretter gestartet wurde und mehr als 340 Bretter auf Zug geprüft wurden, wurden üblicherweise 600 – 800 Bretter geliefert und gemessen. Rund ein Drittel der gelieferten Bretter wurde für die Zugprüfungen reserviert, und die restlichen Bretter für die Herstellung der BSH Träger verwendet. Abb. 2 zeigt, dass durch diese Vorsortierung und Aufteilung der Bretter zwei in Bezug auf die EModulverteilung identische Sortimente bereitgestellt werden konnten. Auch wenn die Bretter betrachtet werden, die in der kritischen Zugzone des Biegeträgers verbaut wurden, kann eine gute Übereinstimmung zwischen geprüften und verbauten Brettern beobachtet werden. Auf Grund dieser Vorgehensweise kann davon ausgegangen werden, dass die Eigenschaften der auf Zug geprüften Bretter sowie die in den Biegeträger verbauten Bretter in etwa identische Eigenschaften aufweisen. 3.4 Festigkeitseigenschaften der Bretter Aus parallel geführten Zugversuchen wurden die Festigkeitseigenschaften von 1330 Brettern aus der Schweiz ermittelt. Die Sortimente der 6 involvierten Sägewerke erlauben den aktuellen Stand für die ganze Schweiz abzubilden. Die mittlere Zugfestigkeit bestehend aus allen, unsortierten Bretter variiert innerhalb der verschiedenen Sortimente wenig. Die Betrachtung der Prüfkörper differenziert nach Sägewerk zeigt, dass im Vergleich zu den kombinierten Daten die Bretter von nur je einem Sägewerk rund 3 N/mm2 (CHmax in Tab. 3) höhere oder tiefere (CHmin in Tab. 3) mittlere Zugfestigkeiten aufweisen. Der Zug-E-Modul und die Dichte variieren innerhalb der Sortimente der Schweiz nur geringfügig, sind aber rund 6% geringer als Vergleichswerte aus Deutschland. Neuere Untersuchungen der Holzforschung München HFM (P. Glos, S. Torno) an beinahe 3000 12

978-3-7965-3437-9Bretter von 14 Sägewerken und 26 % Bretter unbekannter deutscher Herkunft ergeben mittlere Zugfestigkeiten vom ebenfalls unsortierten Holz von 30.0 N/mm2. Diese Werte liegen deutlich über den Mittelwerten von Schweizer Holz und auch von Holz aus anderen europäischen Ländern. CHmin

CHmoy

CHmax

Dmoy,

24.3

26.9

29.9

30.0

9900

10900

11400

11600

410

420

430

450

HFM

Zugfestigkeit ft [N/mm2] Zug-E-Modul [N/mm2] Dichte [kg/m3]

Tab. 3: Mittelwerte der Kennwerte für individuelle Sortimente und kombinierte Daten der Schweiz (KTI Projekt) im Vergleich zu Mittelwerten aus Deutschland (HFM)

Im Gradewood Projekt (Ranta-Maunus, Denzler & Stapel) wurden sowohl neue Versuche durchgeführt als auch vorhandenen Daten ausgewertet. In Bezug auf die Schweizer Sortimente wurden ergänzend zu den Querschnitten aus dem KTI Projekt rund 450 Bretter mit breiteren und schmaleren Querschnitten von drei „KTI“-Sägewerken geprüft. Die in Tab. 4 dargestellten Zugfestigkeiten und Dichten von Schweizerholz sind leicht höher als diejenigen aus dem KTI Projekt. Die mittlere Zugfestigkeit von Schweizer Holz aus dem Projekt „Gradewood“ liegt im europäischen Mittel. Der Zug-E-Modul sowie die Rohdichte von Schweizerholz entsprechen ebenfalls dem europäischen Mittel. Die dargestellten Werte aus Deutschland stammen aus früher durchgeführten Untersuchungen, die Zugfestigkeiten sind rund 5.0 N/mm2 höher als im europäischen Mittel. Auch die Steifigkeiten und die Dichte dieses Sortimentes sind rund 6% höher. Aus dem Bericht ist nicht ersichtlich, um welche Wuchsgebiete („Schwaben“) und Sortimente es sich in diesem


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Fall handelt. Die Ergebnisse sind deshalb mit Vorsicht zu interpretieren.

Zugfestigkeit ft [N/mm2] Zug-E-Modul [N/mm2] Dichte [kg/m3]

CHGW

EUGW

DGW

27.8 10700 440

27.4 10700 420

32.6 12100 450

Tab. 4: Vergleich der Bretteigenschaften von Schweizer Holz aus dem Gradewood Projekt (GW) mit Ergebnissen für Europa und Deutschland

3.5 Sortierung der Bretter im BSH-Werk Die Untersuchungen im Rahmen dieses Projektes wurden in drei konsekutiven Arbeitspaketen (AP) durchgeführt. Nach definierten Milestones wurde aufgrund der vorliegenden Ergebnisse die Vorgehensweise von einem Arbeitspaket zum anderen pragmatisch angepasst. Dadurch sind die Ergebnisse der verschieden Arbeitspakete untereinander nicht direkt vergleichbar. In Bezug auf die Sortierung der Bretter zur Herstellung von BSH Trägern wurde zusammenfassend wie folgt vorgegangen: – AP1: Der höchsten Festigkeitsklasse (S13) wurden aufgrund der erwarteten, besseren Festigkeitseigenschaften primär Mark ferne Bretter aus dem Stamm zugeordnet. Wegen zu geringer Ausbeute wurden zusätzlich markfreie Bretter mit kleinen Ästen aus dem Inneren des Stamms dieser Festigkeitsklasse zugeordnet. Zusätzlich zu den Sortierkriterien gemäss DIN 4074 wurden für diese Festigkeitsklasse keine Flügeläste, Schmalseitenäste und Kantenäste toleriert. Weiter wurde die maximale Astgrösse eines seitlich positionierten Astes (Ø = Zweifrankenstück) gegenüber einem Ast in Brettmitte (Ø = Fünffrankenstück) limitiert. Die Folge davon war, dass seitlich am BSH Träger in der Zugund Druckzone keine Äste zu beobachten waren. Die Festigkeitsklassen S10 und S7 wurden nach DIN 4074 erhalten. Die Sortierung der Bretter für die Herstellung von BSH erfolgte durch die Mitarbeiter der AHB.

– AP3: Aufgrund einzelner ungenügender oder sehr knappen Ergebnissen in Bezug auf die Festigkeit der geprüften Biegeträger aus AP2 wurden die spezifische Festigkeitskriterien gemäss DIN 4074-1 leicht angepasst, und wie in Abb. 3 dargestellt, umgesetzt. Der Ansatz für die Sortierung von S13 Bretter blieb bestehen, die S10 Bretter wurden leicht strenger sortiert. Dies beruht insbesondere auf der Tatsache, dass die S10 Sortimente schwieriger zu sortieren sind und knappere Zugfestigkeiten als von der Norm gefordert aufweisen. Die Sortierung der Bretter für die Herstellung von BSH erfolgte gemeinsam durch die Mitarbeiter der AHB und die Sortierer der beteiligten BSH Betriebe. Unter Anwendung der visuellen Sortierkriterien gemäss DIN 4074-1 werden die Anforderungen an die Festigkeiten gemäss SNEN 14080 bei Betrachtung aller vorliegenden Ergebnisse (n = 1330) mit Ausnahme der Festigkeitsklasse S10 erreicht. Im Hinblick auf die BSH Festigkeit sollte dies aufgrund der Systemwirkung der Lamellen in der Zugzone kein Problem darstellen. Erfahrungen aus den Biegeversuchen aus Arbeitspaket 1 und 2 haben deutlich gezeigt, dass sich gewisse gemäss DIN 4074 tolerierte Äste / Astpositionen und auch Flügel- und Schmalseitenäste negativ auf die Biegefestigkeit insbesondere der BSH Träger der Qualität GL28 auswirken. In Absprache mit den BSH Herstellern wurden entsprechende Schautafeln für die Sortierung der Bretter im BSH Werk im AP3 gemäss Abb. 3 erstellt. Nach Berücksichtigung dieser Sortiervorschriften stehen den BSH Hersteller für die Fertigung Bretter mit den mechanischen Eigenschaften gemäss Tabelle 5 zur Verfügung. Gleiche Überlegungen gelten auch für die individuellen Sortimente, die in den Betrieben verarbeitet wurden.

– AP2: Die Zugversuche an den Brettern haben gezeigt, dass die Mark fernen Bretter nicht die erwartete Festigkeitssteigerung erzielten und deshalb als vereinfachtes Sortierkriterium entfallen. Deshalb wurde in diesem Arbeitspaket nur nach DIN 4074 sortiert. Für die höchste Festigkeitsklasse wurden wiederum keine Flügeläste, Schmalseitenäste und Kantenäste gemäss AP1 toleriert. Die Sortierung der Bretter für die Herstellung von BSH erfolgte durch die Sortierer der beteiligten BSH Betriebe. 13


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Bretter S10

Bretter S13 Sortierung der Einzeläste gemäss DIN 4074-1 Strengere Anforderung an seitlich positionierte Äste gemäss Sortierung DAB

DEB: Einzelast

DAB: Astansammlung

Spezielle limitierter Schmalseitenast Anforderung: Schmalseitenast, Kantenast

keine Schmalseitenast, limitierter Kantenast

Abb. 3: Vereinfachte Sortierregeln für Bretter der Festigkeitsklasse S13 und S10 mit Abmessung 46/180 für die Herstellung von BSH mit einer fertigen Breite von 160mm

Grade S13 S10 S7 REJ alle W erte

2

ft,k [N/mm ] 19.7 13.7 11.7 8.3

2

MOEmoy [N/mm ] 12600 10900 9800 8700

3

DENS k [kg/m ] 350 350 350 320

n 264 700 282 84 1330

Tab. 5: Kennwerte für visuell sortierte Bretter (n = 1330) für die Verwendung in der BSH Produktion

3.6 Herstellung der BSH-Träger Die Herstellung der Prüfkörper erfolgte auf den Produktionsanlagen von sechs Schweizer Brettschichtholzherstellern. Der Herstellungsprozess wurde so gestaltet, dass die Position der einzelnen Bretter im fertigen Träger bekannt war. Zusammen mit den nicht destruktiven Messungen an den Brettern erlaubte dies 14

die nachträgliche Zuordnung der Steifigkeit sowie der Sortierklasse zu jedem einzelnen Brett im Prüfkörper.


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Betrieb Betrieb A

AP AP1

Betrieb B

AP2

Betrieb B

AP3

Betrieb C

AP2

Betrieb D Betrieb E Betrieb G

AP2 AP3 AP3

BSH GL24h GL24k GL28k GL24h GL24k GL28k GL24h GL28k GL24k GL28k GL32k GL36k GL24h GL24h GL24h GL24k GL28k

Anzahl Lamellen pro Lage und verwendete Festigkeitsklasse Aussenlage Zwischenlage Innenlage homogen 15 x T14 2 x 3 T14 9 x T11 2 x 3 T18 9 x T14 15 x T14 2 x 3 T14 9 x T11 2 x 3 T18 9 x T14 3 x 3 T14 / 1 x T18 7 x T11 5 x 3 T18 5 x T14 2 x 3 T14.5 9 x T11 2 x 3 T20 2 x 3 T14.5 3 x T11 2 x 2 T26 2 x 3 T20 5 x T11 2 x 3 T26 2 x 3 T20 3 x T11 15 x T14 15 x T14 15 x T14 2 x 4 T14 9 x T11 2 x 4 T18 9 x T14

Tab. 6: Hergestellte und geprüfte Aufbauten im Rahmen der Biegeversuche

Im Rahmen dieses Projektes wurden in Anlehnung an die Norm SNEN 14080, SIA 265 sowie SIA 265/1 die BSH Aufbauten gemäss Tab. 6 hergestellt und geprüft. Im ersten Arbeitspaket wurden nur die Positionen der Bretter in den Aussenbereichen (äusserste 3 Lamellen) aufgenommen. Für die Biegeträger in den weiteren Arbeitspaketen wurden alle Brettpositionen vermerkt. Die Biegeträger bestanden aus jeweils 15 Lamellen. Die zugeführten Bretter wurden nummeriert, so dass die Position und Länge jedes Brettes bekannt ist. Die kursive Nummer in Abb. 4 (erste Spalte) bezeichnet die Brettnummer mit bekanntem EModul, bekannter Dichte (beides aus der NDE Messung) und Zuordnung zu einer visuellen Festigkeitsklasse. Weiter ist auch die Festigkeitsklasse jedes Brettes unter Anwendung anerkannter Sortierroutinen für eine maschinelle Sortierung bekannt. Im in Abb. 4 dargestellten Beispiel handelt es sich um einen kombinierten GL28 Aufbau. Gemäss SNEN 14080 müssen bei der gegebenen Qualität der Bretter zur Erreichung der Festigkeit des Biegeträgers die äusseren 4 Lamellen aus T18 Brettern (grau hinterlegt), die inneren Lamellen aus T14 Brettern gefertigt werden. Die Werte der zur Brettnummer zugehörigen, zweiten Spalte geben die Länge des verbauten Brettes an und entsprechen der Distanz zwischen den Keilzinkenverbindungen. Doppelt oder mehrfach aufgeführte Brettnummern erlauben festzustellen wie oft ein Brett gekappt wurde um Holzfehler zu eliminieren. Bei einfach geführten Brettnummern konnte maximal die gesamte

Brettlänge minus der beidseitigen Endkappung verwendet werden. Bei Lamelle No. 15 handelt es sich um die untere, in der Zugzone liegenden Lamelle bei der Prüfung des Biegeträgers. Diese genaue Abbildung erlaubt nachträglich die Ergebnisse aus der Biegeprüfung (Bruchursache, Position des Bruchs, Qualität der Bretter in der Bruchzone, etc.) zu interpretieren.

15


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

T18 PK6 Lam No GL 24K

Lamelle 1 3 [cm] 182 387 389 243

No Brett 265 267 570 549

1200

Lamelle 2 4 [cm] 116 386 357 174 167

No Brett 549 309 299 605 605

1200

Lamelle 3 5 [cm] 1 170 195 194 191 388 52 1192

No Brett 392 282 282 555 555 368 368

Lamelle 4 6 [cm] 284 387 328 201

Lamelle 5 29 No Brett [cm] 178 288 183 387 184 328 179 201

1199

1204

No Brett 363 359 301 392

Lamelle 6 30 No Brett [cm] 179 58 180 111 180 246 186 387 190 162 190 201 198 35 1200

Lamelle 7 36 No Brett [cm] 240 135 248 376 254 258 254 97 261 334

T14 Lamelle 8 28 No Brett [cm] 171 320 172 387 174 216 174 90 178 187

1200

1200

T18 Lamelle 9 27 No Brett [cm] 155 91 161 391 166 183 166 155 168 364 171 16 1199

Lamelle 10 26 No Brett [cm] 160 232 149 187 149 194 510 191 154 160 154 187 155 50 1200

Lamelle 11 25 No Brett [cm] 489 338 133 365 165 378 160 120

Lamelle 12 2 [cm] 321 146 207 387 139

Lamelle 13 12 No Brett [cm] 220 180 223 351 227 372 236 173 236 124

Lamelle 14 11 No Brett [cm] 192 276 215 388 216 389 220 147

1200

1200

1200

No Brett 539 165 169 270 265 265

1200

Lamelle 15 10 (unten) No Brett [cm] 134 6 157 387 142 104 142 257 177 261 177 105 192 81 1200

Abb. 1: Beispiel der Zuordnung der Bretter, der Brettqualität und der Brettabschnitte im Prüfträger, GL28k

3.7 Prüfung der BSH-Träger Die Prüfkörper wurden stehend geprüft. Um die Beeinflussung der Resultate durch den Prüfer möglichst klein zu halten wurde darauf geachtet, dass die Nummerierung auf der Stirnseite der einzelnen Lamellen stehend angeordnet wurde. Die Biegeprüfungen wurden nach EN 408:2010&A1:2012 durchgeführt. Die Spannweite betrug 10.8 m und der Träger wurde in den Drittelspunkten belastet. Die Messlänge für das lokale E-Modul war 3 Meter (5-mal die Bauteilhöhe). Die Kraft wurde über zwei Zylinder eingeleitet. Da die Belastung ab dem Entfernen der Messgeber für den lokalen E-Modul deformationsgesteuert aufgebracht wurde waren ab diesem Zeitpunkt, bedingt durch lokale Steifigkeitsunterschiede im Träger, die beiden Kräfte nicht mehr identisch. Dies wurde bei der Ermittlung der Festigkeitswerte berücksichtigt. Der tabellierte Wert für max (siehe Tab. 7 bis 11) entspricht dem der Spannung unter der Lasteinleitung mit der höheren Kraft. Bruch entspricht der Spannung an der Stelle, an welcher das Versagen auftrat. Der Schubmodul wurde rechnerisch aus dem lokalen Eloc und globalen E-Modul Eglob ermittelt. 4 ERGEBNISSE 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse Für diese Auswertung wurden alle Ergebnisse aus visuell hergestellten Brettern berücksichtig. In allen Festigkeitsklassen liegen einzelne Festigkeitswerte unter den charakteristischen Werten der Norm SNEN 14080. Der Mittelwert des E-Moduls wird in allen Fällen erreicht. Die Streuung der Ergebnisse liegt im erwarteten Bereich. Eine differenzierte Analyse für ausgewählte Hersteller und Biegeträger folgt weiter unten.

GL24h

Maximum Minimum Mittelwert COV GL24k

Maximum Minimum Mittelwert COV

max

bruch

Eglob

Eloc

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

36.3 22.1 29.7 12%

32.9 19.7 28.5 12%

12374 9798 10948 6%

14068 10537 11942 8%

Eglob

Eloc

max

bruch 2

2

2

[N/mm ]

[N/mm ]

[N/mm ]

[N/mm2]

32.0 23.8 27.4 14%

32.0 20.5 26.5 19%

10725 9692 10121 5%

11628 10502 10918 5%

Tab. 7: Kennwerte der GL24h Prüfkörper (20 Stk.) und GL24k Prüfkörper (4 Stk.) GL24

Maximum Minimum Mittelwert COV GL28k

Maximum Minimum Mittelwert COV

max

bruch

Eglob

Eloc

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

36.3 22.1 29.3 12%

32.9 19.7 28.2 13%

12374 9692 10810 7%

14068 10502 11771 8%

max

bruch

Eglob

Eloc

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

[N/mm2]

48.1 25.3 36.6 18%

47.0 25.3 35.6 19%

12354 10485 11562 5%

13723 10960 12460 7%

Tab. 8: Kennwerte der GL24 Prüfkörper (h und k kombiniert, 24 Stk.) und GL28k Prüfkörper (14 Stk.)

4.2 Auswertung und Diskussion einzelner Ergebnisse 4.2.1 Einleitung Die Ergebnisse aus den Biegeversuchen wurden einer detaillierten Prüfung unterzogen. Im Fall von ungenügenden Festigkeiten / Steifigkeiten der Biegeträger wurde der Aufbau des Biegeträgers analysiert. Insbesondere wurde kontrolliert ob sich allenfalls Sortierfehler im Verlauf der Fertigung eingeschlichen haben. Zur weiteren Argumentierung wurden auch die

16


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

NDE Messungen mittels Timbergrader beigezogen. Die Biegeträger, die ein unbefriedigendes Ergebnis aufwiesen, wurden nachträglich aufgetrennt, um die Sortierung zu kontrollieren und die Bruchursache zu ermitteln. Schliesslich wurden auch die mechanischen Eigenschaften des Eingangsmaterials und die Wirksamkeit der Sortierung im BSH Werk überprüft. In der Folge werden die Ergebnisse aus Prüfungen von BSH-Trägern dargestellt, die aus Brettsortimenten mit tieferen, mittleren und höheren Werten in Bezug auf die Mittelwerte der Zugfestigkeit, des E-Moduls und der Dichte hergestellt wurden. Einzelne Ergebnisse sind farbig hinterlegt. Es gilt folgender Code: nicht hinterlegt = erfüllt, hell hinterlegt = knapp nicht erfüllt, dunkel hinterlegt = nicht erfüllt. 4.2.2 Sägewerk A / BSH Betrieb A Eigenschaften der Bretter: Das für die Herstellung von BSH zur Verfügung stehenden Brettsortiment weist für die Festigkeitsklasse S10 (T14) etwas zu tiefe charakteristische Werte auf. Die anderen Anforderungen an Festigkeit, Steifigkeit und Dichte der Bretter sind erfüllt. Die Bretter der Festigkeitsklasse S13 (T18) weisen eine Zugfestigkeit von 20 N/mm2 auf, was zu guten Werten der Biegefestigkeit bei GL28k führen sollte. Die charakteristische Rohdichte liegt für die Festigkeitsklasse S13 knapp unter den Anforderungen. vis+ Grade S13 S10 S7 REJ

2

f t,k [N/mm ]

2

3

MOEmoy [N/mm ] DENSk [kg/m ]

20.1

12000

340

12.3

11000

350

12.5

10200

350

11000

410

#

28.2

max 2

bruch 2

Eglob

Eloc 2

Eigenschaften der Bretter: Die mittlere Zugfestigkeit liegt für das beste aller geprüften Brettsortimente rund 3 N/mm2 über dem Mittelwert aller geprüften Bretter. Praktisch alle Anforderungen in Bezug auf Festigkeit, Steifigkeit und Dichte der Bretter sind erfüllt. Die Bretter der Festigkeitsklasse S13 weisen eine Zugfestigkeit von rund 21 N/mm2 auf und könnten sogar der Festigkeitsklasse T21 zugeordnet werden. Die charakteristische Zugfestigkeit liegt für die Festigkeitsklasse S7 knapp unter den Anforderungen der Norm. visuelle Sortierung 2

Grade S13 S10 S7

ft,k [N/mm ]

S10 und besser S7

2

3

MOEmoy [N/mm ] DENSk [kg/m ]

20.8

13400

410

16.2

11100

370

10.7

9300

350

16.6

11500

370

10.7

9300

350

10800

430

Mittelwerte Bretter n = 221 #

29.9

max 2

[Nmm ]

bruch 2

[Nmm ]

Eglob

Eloc 2

[Nmm ]

2

[Nmm ]

GL24h 39

28.4

28.2

11732

12722

GL24h 40

28.0

27.7

10823

11569

GL24h 41

32.6

30.8

10812

11845

GL24h 42

29.5

28.9

11827

12865

GL24h 43

30.3

25.3

10810

11717

GL24h 44

32.2

31.5

12374

13427

Tab. 3: Charakteristische Eigenschaften der visuell sortierten Bretter für die Fertigung von BSH und Ergebnisse aus den Biegeversuchen für den Hersteller E

Mittelwerte Bretter n = 343

4.2.3 Sägewerk E / BSH Betrieb E

2

[Nmm ]

[Nmm ]

GL24h 1

31.8

31.7

[Nmm ] 9798

[Nmm ] 10998

GL24h 2 GL28k 3 GL28k 4 GL28k 5 GL28k 6 GL28k 7 GL28k 8 GL24k 9 GL24h 10

28.6 28.3 43.4 36.4 48.1 36.1 41.8 24.4 26.3

28.6 28.3 43.3 36.3 47.0 29.8 41.3 24.3 26.3

11195 10485 11583 10864 11906 12091 11371 9831 10629

12653 11027 12278 12091 13181 13137 11906 10543 11635

Tab. 9: Charakteristische Eigenschaften der visuell sortierten Bretter für die Fertigung von BSH und Ergebnisse aus den Biegeversuchen für den Hersteller A

Eigenschaften von BSH: Für die Fertigung der 6 Biegeträger GL24h wurden die Kriterien in Bezug auf die Einzeläste und Astansammlungen gemäss Abb. 3 angewendet. Grosse Kanten- und Schmalseitenäste wurden eliminiert. Die Bretter wurden äusserst gut sortiert, so dass im zu verarbeitenden Material keine Ausschussbretter vorhanden waren. Dies wurde unabhängig über die vorgängig durchgeführten NDE Messungen mittels Timbergrader nachgewiesen. Da dieser Hersteller nur homogenes BSH der Festigkeitsklasse GL24h herstellt, wurde zudem eine spezielle Sortierroutine betrachtet. Das vorliegende Sortiment "S10 und besser" weist gute Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften auf. Gute Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften der Träger der Festigkeitsklasse GL24h wurden erwartet und erreicht. Alle Anforderungen seitens der Norm wurden erfüllt. 17


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

4.2.4 Sägewerk G / BSH Betrieb G Eigenschaften der Bretter: Dieses Sortiment weist im Vergleich zum Mittelwert aller geprüften Sortimente eine rund 3 N/mm2 geringere Zugfestigkeit auf. Zudem liegt der Mittelwert des Zug-E-Moduls mit 9900 N/mm2 unter dem Mittelwert aller geprüften Bretter (10900 N/mm2). Das für die Herstellung von BSH zur Verfügung stehenden Brettsortiment weist für die Festigkeitsklasse S10 (T14) etwas tiefe charakteristische Werte auf. Die Anforderung an die tiefste Festigkeitsklasse S7 ist nicht erfüllt. Die Anforderung an den mittleren E-Modul ist ausser für die Festigkeitsklasse S10 eingehalten. Die Bretter der Festigkeitsklasse S13 (T18) weisen eine Zugfestigkeit von rund 21 N/mm2 (T21) auf, was zu guten Werten der Biegefestigkeit und Biegesteifigkeit bei GL28k führen sollte. Die charakteristische Rohdichte liegt in allen Fällen über den Anforderungen. visuelle Sortierung S13 S10 S7

20.3

13100

390

13.6

10200

370

8.8

9200

380

9900

430

Mittelwerte Bretter n = 174

# GL24h 31 GL24h 33 GL24k 34 GL28k 36 GL28k 37 GL28k 38

24.7

max 2

bruch 2

[Nmm ]

[Nmm ]

22.6 29.6 29.1 30.8 36.5 28.8

22.2 25.9 29.1 30.8 36.4 28.7

Eglob

Eloc 2

[Nmm ] 10354 10416 10239 12319 11697 11334

2

[Nmm ] 10537 11154 10999 13723 12488 12130

Tab. 4: Charakteristische Eigenschaften der visuell sortierten Bretter für die Fertigung von BSH und Ergebnisse aus den Biegeversuchen für den Hersteller G

Für die Fertigung der Biegeträger wurden die Kriterien in Bezug auf die Einzeläste und Astansammlungen gemäss Abb. 3 angewendet. Für GL24k und GL28k wurden 4 Lamellen höherer Festigkeit in den Aussenlagen positioniert. Infolge der Logistik bei der Beschriftung der Bretter und der Herstellung der Träger wurden die Bretter wie folgt, nacheinander verarbeitet: In einem ersten Schritt wurden die S10 und S13 Bretter zu Lamellen verarbeitet, in einen zweiten Schritt wurden die besseren S7 Bretter, die mittels Kappen der Fehler zu T14 Bretter angehoben werden konnten verarbeitet, und zum Schluss wurden die Bretter der Festigkeitsklasse S7 für die Innenlagen verarbeitet. Danach wurden die Prüfkörper zusammengestellt. 18

In Abb. 5 sind zwei der sechs Biegeversuche dargestellt. Im Folgenden wird gezeigt, wie die detaillierte, standardmässig durchgeführte Auswertung im Rahmen dieses Projektes durchgeführt wurde. Die letzte Spalte in Abb. 5 („Qualität TG“) bedeutet, dass in diesen zwei Fällen für die Fertigung der Träger Brettern der minimalen Qualität C24 bei maschineller Sortierung (Timbergrader zur Kontrolle) verarbeitet wurden. PK6 (entspricht GL28k_36): Gemäss Abb. 5 entsprechen die Bretter mindestens der Festigkeitsklasse C24 (Kontrolle durch Timbergrader). Der mittlere EModul der Bretter in der Bruchzone liegt bei rund 10500 – 11000 N/mm2. Die Zugfestigkeit der parallel geprüften Bretter der Festigkeitsklasse S13 liegt deutlich über der Anforderung aus SNEN 14080. Für die Innenlagen für die Träger der Festigkeitsklasse GL28k wurden S10 Bretter verwendet, die keine oder nur wenige Kappstellen aufwiesen. Aus diesen Gründen wird erwartungsgemäss die charakteristische Biegefestigkeit von GL28k in allen Fällen (GL28k_36 bis 38) übertroffen. Eigenschaften von BSH GL24h und k: Für die Biegeträger GL24h_31(entspricht PK1 in Abb. 5) und GL24h_33 wurden nur S10 Bretter verwendet, die keine oder nur wenig Kappstellen erforderten. Für den Biegeträger GL24k_34 kamen in den äusseren 4 Lamellen auf der Druckseite, sowie in den äusseren 2 Lamellen auf der Zugseite ebenfalls solche S10 Bretter zum Einsatz. Die Lamellen 3 und 4 auf der Zugseite wurden aus Brettern der Festigkeitsklasse C24 (Timbergrader) durch Kappen von Ästen und Astansammlungen erzeugt. Auf Grund der Zugfestigkeit des verwendeten Sortiments sollten die Festigkeiten für GL24 erreicht werden, was bei zwei Trägern auch der Fall war. Mit dem Träger GL24h_31 wurde der charakteristische Wert für diese Festigkeitsklasse aber klar nicht erreicht. Der Träger wurde aus „guten“ S10 Bretter gefertigt und weist verhältnismässig wenig Kappstellen auf. Die Sortierung der Bretter war korrekt (nachträgliches Auftrennen des Biegeträgers), die tiefe Festigkeit von 22.6 N/mm2 kann nicht erklärt werden. Die Bretter in der Zugzone weisen allerdings einen mittleren E-Modul von weniger als 10'000 N/mm2 auf, was die tiefe Zugfestigkeit des Gurtes erklären kann. Die Bretter der visuellen Festigkeitsklasse S10 müssten gemäss maschineller Sortierung eher der Klasse T11 zugeordnet werden, wenn die gelieferten Bretter nach den 3 Festigkeitsklassen T11, T14 und T18 sortiert werden.


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

PK1 GL24h

PK6 GL28k

Festigkeit / Steifigkeit

σ max,Bruch = 22.6 N/mm2 σ m,Bruch = 22.2 N/mm2 E global = 10‘354 N/mm2 E lokal = 10‘537 N/mm2 G = 1‘751 N/mm2

σ max,Bruch = 30.8 N/mm2 σ m,Bruch = 30.8 N/mm2 E global = 12‘319 N/mm2 E lokal = 13‘723 N/mm2 G = 349 N/mm2

Bilder

Bruchursache und Position

Mehrere Äste in Aussenlamelle Erster Bruch bei 6.1 m

Erster Bruch diagonal über Aussenlamelle bei 3.75 m bis 4.8 m

Brett No

Dichte [N/mm2]

MOE [N/mm2]

Qualität TG

376 391

463 411

12‘549 9‘022

C24

383 395

408 368

9‘655 8‘727

C24 C24

278 296

470 467

11‘315 9‘272

C24 C24

142 177

385 470

11‘292 9‘986

C24 C24

215 216

439 382

13‘823 10‘481

C24

223 227

467 426

12‘636 10‘102

C24

165 169 270

382 376 544

8‘921 9‘768 17‘517

C24 C24 -

379 366

414 463

9‘250 9‘887

C24 C24

Abb. 2: Detaillierte Untersuchung der Bruchursache der Träger GL24k_35 und GL28k_36

4.3 Bruchursachen Insgesamt versagten 5 Biegeträger unter der Festigkeitsanforderung der Norm. Die Bruchauslösung erfolgt generell bei einer Schwachstelle im Brett bei einem Ast oder in der Lamelle in der Keilzinkenverbindung. In Lamellen aus Brettern mit hohen Festigkeitseigenschaften wird der Bruch oft in der Keilzinkenverbindung ausgelöst, oder der Bruch findet aufgrund der (grössten) Querschnittschwächung an dieser Stelle statt. Ursache des Versagens, Bruchstelle und andere Besonderheiten wurden anlässlich der Prüfung protokolliert und fotografisch festgehalten. Die Bretteigenschaften und die Position jedes Brettes im Biegeträger sind bekannt. Nach der Prüfung wurden bei Trägern mit ungenügenden Festigkeiten die Lamellen vereinzelt und die Sortierung sowie andere Merkmale kontrolliert. In Tab. 12 sind die Ergebnisse dieser Nachuntersuchung dargestellt. Die ersten 4 Träger wurden in AP2 gefertigt. Die Anforderungen gemäss Abb. 3 wurden somit noch nicht umgesetzt. Im Träger GL24h_28 erfolgte der Bruch in einem Brett mit tiefem E-Modul in der ansonsten schönen Decklamelle. In der Lamelle darüber ist die Anforderung an die Astansammlung (DAB = 0.33-0.37) nach der Ausmessung im Labor knapp nicht erfüllt, was aber in der laufenden Produktion nicht erfasst werden kann. Neben einem grossen zentrischen Ast wies das Brett in Nähe der Bruchstelle kleinere Äste und Kantenäste auf. Die Messungen mittels Timbergrader weisen auf tiefe E-Modul Werte von einzelnen Brettern der betrachteten 4 Lamellen in der Zugzone hin. Im Träger GL24k_22 erfolgte der Bruch aufgrund unzulässiger Kantenäste in der Decklamelle. Die Rohdichte und der E-Modul sind ausser bei zwei Brettern in der Decklamelle gut. Unter An-

wendung der Sortierregeln gemäss Abb. 3 können Versagen aufgrund unzulässiger Kantenästen (siehe auch Abb. 6 Mitte), wie im äussersten Brett in der Zugzone bei Träger GL28_30 beobachtet, vermieden werden. Die Bretter des Trägers GL24k_16 wurden maschinell sortiert. Die Nachkontrolle ergibt, dass die visuellen Kriterien für C24/T14 eingehalten sind. Die Festigkeit liegt trotzdem 3% unter der Anforderung der Norm. Die Ergebnisse aus den Prüfungen des letzten Träger, der in AP3 gefertigt wurden, wurden im Detail weiter oben diskutiert. Nach dem Auftrennen der Biegeträger konnte festgestellt werden, dass die Bretter für den homogen aufgebauten Träger korrekt für die Anforderung C24/T14 sortiert wurden. Verantwortlich für das Versagen dieses Biegeträgers ist primär der generell tiefe E-Modul der eingebauten Bretter.

19


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

#

max

bruch 2

Eloc

Eglob 2

2

2

[N/mm ] [N/mm ] [N/mm ] [N/mm ]

Bruchauslöser

GL24k 16

23.3

23.3

10780

12360

unbekannt

GL24k 22

23.8

20.5

10725

11628

Ast

GL24h 28

22.1

19.7

10680

11070

Keilzinke

GL28k 30

25.3

25.3

10502

10960

Ast

GL24h 31

22.6

22.2

10354

10537

Ast

Bruchursache visuelle Sortierung ≥ C24 (Bretter maschinell sortiert) 1. Lamelle: Kantenast und Jahrringbreite > 7mm, MOE = 2

8150 N/mm ; übrigen Lamellen Sortierung ≥ C24 Bruch in Brett mit MOE = 8600 N/mm2, in Lamelle darüber Sortierung < C24, MOE Bretter Zugzone 9500N/mm

2

Kantenast und S10 in Zugzone, Regelung bez. seitlichem Ast und Schmalseitenast nicht berücksichtigt Eingangsmaterial vor Kappen C24, Sortierung ≥ C24, MOE Bretter Zugzone 9500N/mm

2

Tab. 5: Zusammenstellung der Bretteigenschaften und Sortiermerkmale in der Bruchzone nach Auftrennung der geprüften Biegeträger

5 SCHLUSSFOLGERUNGEN Für die visuelle Sortierung der Bretter kommt in der Schweiz die DIN 4074-1 zur Anwendung. Aus diesem Grund wurden alle Untersortimente, die für die Zugprüfung bestimmt waren, visuell streng nach dieser Norm sortiert. Die für diese Sortierung wesentlichsten Kriterien, nämlich der Einzelast DEB, die Astansammlung DAB, die Jahrringbreite JRB und das Vorhandensein von Mark (Pith) wurden erfasst. Es wurden Zugversuche an allen Bretter mit einer freien Prüflänge von 2.0 m durchgeführt und damit die Zugfestigkeit und der Zug-E-Modul ermittelt. In einer Zusatzuntersuchung wurde gezeigt, dass die Zugfestigkeit geringfügig um etwa 4% erhöht werden kann, um der leicht grösseren freien Prüflänge als heute nach EN 408 vorgeschrieben (9B = 1.62 m) Rechnung zu tragen. Die Ergebnisse aus den Zugversuchen wurden für jeden Lieferanten individuell, sowie alle Daten kombiniert ausgewertet. In Bezug auf die gesamte Datenmenge (alle Sortimente kombiniert) kann festgestellt werden, dass nach erfolgter Längenkorrektur die geforderten mechanischen Eigenschaften der Bretter für die Herstellung von BSH erreicht werden. Nur gerade für die Festigkeitsklasse S10 liegt die Zugfestigkeit unter der Anforderung der Norm. Im Hinblick auf die BSH Festigkeit sollte dies aufgrund der Systemwirkung der Lamellen in der Zugzone kein Problem darstellen. Untersuchungen der Holzforschung München zeigen, dass für diese Festigkeitsklasse die Anforderung in Deutschland ebenfalls nur knapp erfüllt werden kann. Die charakteristische Rohdichte liegt bei der Festigkeitsklasse S13 rund 20 kg/m3 unter der Anforderung. Die Anforderungen an den Mittelwert des E-Moduls werden in allen Fällen erreicht. In Bezug auf die individuelle Auswertung der sechs doch 20

ziemlich verschiedenen Sortimente werden aufgrund der wesentlich kleineren Stichproben die einzelnen Anforderungen mehr oder weniger gut erfüllt. Dies ist bei der Sortierung der Bretter zu berücksichtigen.

Flügelast

grosser Kantenast

seitlicher Einzelast Abb. 3: Unzulässige Äste / Astgrössen von Brettern der Festigkeitsklasse S13 für die Fertigung von GL28k


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Die Biegeversuche an Brettschichtholzträgern der Festigkeitsklasse GL24 und insbesondere GL28 haben gezeigt, dass spezielle Astpositionen und Asttypen die Festigkeit vom Brettschichtholz massgeblich beeinträchtigen. Viele Auswertungen und Analysen der Brettdaten und der Ergebnisse aus den Zugprüfungen haben dazu geführt, die kritischen Astparameter festzulegen und für die BSH Werke mittels Schautafeln für den Sortierer im Werk praxisnah umzusetzen. Exzentrisch angeordnete Einzeläste oder Astansammlungen, grössere Kantenäste, und Flügeläste / Schmalseitenäste sind besonders hervorzuheben. Wenn für die Festigkeitsklasse GL28k auf der Schmalseite der Bretter möglichst keine Äste zugelassen werden, und wenn für S13 und S10 im Zweifelsfall der eine oder andere Ast etwas grosszügiger ausgekappt wird, kann die Biegefestigkeit des Brettschichtholzträgers markant angehoben werden. Diese Anforderungen können mittels Schautafeln im Betrieb (Abb. 3) einfach dargestellt werden. In Bezug auf die Jahrringbreite ist die Limitierung auf 6 – 8 mm, um Bretter mit besonders geringer Rohdichte zu eliminieren, für alle Festigkeitsklassen ausreichend. Leider erlauben es die bisherigen Analysen nicht, auf die Unterscheidung von Brettern mit oder ohne Mark zu verzichten.

Bei zwei dieser Träger, die zu einem frühen Zeitpunkt des Projektes gefertigt wurden, kamen die Schautafeln mit der Umsetzung der Sortierkriterien gemäss Abb. 3 noch nicht zur Anwendung. Im Fall von Biegeträgern, hergestellt aus maschinell sortierten Brettern, liegt ein Biegeträger der Festigkeitsklasse GL24k knapp unter den Anforderungen. Aus Abb. 8 können weiter folgende Schlüsse gezogen werden: – Bei korrekter Sortierung liegen die Biegefestigkeiten der Festigkeitsklasse GL28k aus visuell sortiertem Holz über den charakteristischen Werten der Norm SNEN 14080. In vielen Fällen werden Biegefestigkeiten von weit mehr als 35 N/mm2 erzielt. Die mittlere Biegefestigkeit liegt bei 36.6 N/mm2 bei einem Variationskoeffizient von rund 18%. Der mittlere E-Modul liegt mit 12500 N/mm2 genau bei der Anforderung bei einer Streuung von 7%. – Bei korrekter Sortierung liegen die Biegefestigkeiten der Festigkeitsklasse GL24h aus visuell sortiertem Holz über den charakteristischen Werten der Norm SNEN 14080. In den meisten Fällen werden Biegefestigkeiten von mehr als 25 N/mm2 erzielt. Die mittlere Biegefestigkeit liegt bei 29.7 N/mm2 bei einem Variationskoeffizient von rund 12%. Der mittlere E-Modul liegt mit 11900 N/mm2 über der Anforderung bei einer Streuung von 8%. – Bei korrekter Sortierung liegen die Biegefestigkeiten der Festigkeitsklasse GL24k aus visuell sortiertem Holz im Bereich der charakteristischen Werte der Norm SNEN 14080. In nur wenigen Fällen werden Biegefestigkeiten von mehr als 25 N/mm2 erzielt. Die mittlere Biegefestigkeit liegt bei 27.4 N/mm2 bei einem Variationskoeffizient von rund 14%. Der mittlere E-Modul liegt mit 10900 N/mm2 im Bereich der Anforderung bei einer Streuung von 5%.

Abb. 4: Darstellung der Biegefestigkeit in Abhängigkeit des Biegemoduls für alle Biegeträger

Die Biegefestigkeit von GL28k, hergestellt aus visuell sortierten Brettern, wurde in allen ausser einem Fall erreicht. In diesem einem Fall führte ein zu grosser Kantenast (Schautafeln noch nicht umgesetzt) zu einem frühzeitigen Versagen des Biegeträgers. Unter Anwendung der im Projekt betrachteten Sortierkriterien können solche Versagen künftig vermieden werden. Für den Fall von Biegeträgern der Festigkeitsklasse GL24 mit homogenen und kombinierten Aufbauten, ebenfalls hergestellt aus visuell sortierten Brettern, erfüllen drei Träger die Anforderungen nicht.

– Bei Anwendung einer maschinellen MOESortierung der Bretter wird eine exakte Abstufung der Steifigkeit vom Brettschichtholz erzielt. Die nach Norm SNEN 14080 geforderte, charakteristische Festigkeit der Biegeträger wurde ausser für einen Träger der Festigkeitsklasse GL24k überschritten. Die mittleren E-Moduli werden in allen Festigkeitsklassen erreicht. Im Vergleich zu BSH, das aus visuell sortierten Brettern hergestellt wird, ist die Abstufung der Festigkeit und Steifigkeit genauer und die Streuung der Ergebnisse wesentlich geringer. Die maximalen Werte liegen aber unter den Festigkeiten, die erreicht werden, wenn visuelles Holz für die Fertigung der BSH Träger verwendet wird. 21


Mechanische Eigenschaften von Brettschichtholz hergestellt aus visuell sortierten Fichtenbrettern

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass BSH der Festigkeitsklassen GL24 homogen und kombiniert sowie GL28k aus visuell sortiertem Holz hergestellt werden kann. BSH der Festigkeitsklasse GL28h wurde im Rahmen dieser Untersuchung nicht geprüft, sollte jedoch auf Grund der ermittelten Bretteigenschaften die Anforderungen der heute gültigen Normen ebenfalls problemlos erfüllen. Von primärer Bedeutung ist, dass gute Brettsortimente für die Herstellung von BSH bereitgestellt werden. Die Untersuchung hat auch gezeigt wie kritisch die Sortierung der Bretter in der BSH Herstellung ist. Die DIN 4074-1 kann für die Sortierung der Bretter für die Herstellung verwendet werden. Damit aber die charakteristischen Eigenschaften vom BSH erreicht werden, ist gewissen Astanordnungen speziell Rechnung zu tragen. Entsprechende Schautafeln am Arbeitsplatz erleichtern dabei dem Sortierer die Arbeit. Durch etwas grosszügigeres Kappen von Einzeläste und Astansammlungen die nahe an der Sortiergrenze liegen kann die Biegefestigkeit des BSH Trägers gesteigert werden. Die Sortierung ist und bleibt aufwändig. Die vielen, begleitend durchgeführten non destruktiven Messungen mittels verschiedener Sortiermaschinen zeigen aber, dass das Schweizerholz durchaus die für die Herstellung von BSH erforderlichen mechanischen Eigenschaften aufweist. Schliesslich hat die Untersuchung auch gezeigt, dass die Schweizer BSH Hersteller in der Lage sind qualitativ hochstehendes BSH herzustellen und auch wissen, bei welchen Punkten besondere Aufmerksamkeit erforderlich ist. Die hier vorgestellten Untersuchungen wurden im Rahmen des KTI-Projektes 9843.1 PFES-ES „Entwicklung einer integralen Prozesskette um gezielt Brettsortimente einzuschneiden, zu sortieren und zu qualitativ hochwertigen Produkten zu verarbeiten“ durchgeführt. Hauptprojektpartner sind die Schweizerische Fachgemeinschaft Holzleimbau, Holzindustrie Schweiz und drei Sortiermaschinenhersteller. 6 LITERATUR Alpo Ranta-Maunus, Julia K. Denzler & Peter Stapel, Strength of European Timber, Part 2. Properties of spruce and pine tested in Gradewood project, VTT WORKING PAPERS 179VTT Technical Re-search Centre of Finland, 2011 DIN 4074-1:2008, Sortierung von Tragfähigkeit – Teil 1: Nadelschnittholz

Holz

nach

der

EN 408:2010&A1:2012, Holzbauwerke - Bauholz für tragende Zwecke und Brettschichtholz - Bestimmung einiger physikalischer und mechanischer Eigenschaften P. Glos, S. Torno, Charakteristische Werte für mechanische Eigenschaften und Rohdichte von visuell nach DIN 4074-1 22

sortierten Brettlamellen München, TU München

aus

Fichte,

Holzforschung

SNEN 14080:2013, Holzbauwerke - Brettschichtholz und Balkenschichtholz - Anforderungen


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen Gerhard Fink, Empa, Dübendorf

1 EINLEITUNG Brettschichtholz (BSH) ist ein aus mehreren Holzbrettern zusammengesetzter Baustoff, welcher sich durch zahlreiche Vorteile, wie die freie Wahl der Abmessungen, die ökologische Verträglichkeit oder das günstige Verhältnis zwischen Eigengewicht und Tragfähigkeit auszeichnet. Aufgrund dieser Vorteile zählt BSH zu einem der meistverwendeten Bauprodukte im Ingenieurholzbau. Als natürlich gewachsener Baustoff weist Holz eine grosse Variabilität der Materialeigenschaften auf. Diese Variabilität tritt sowohl zwischen einzelnen Holzbrettern als auch innerhalb von Holzbrettern auf, wobei letztere vor allem auf Äste zurückzuführen ist. Das Tragverhalten von Bauteilen aus BSH ist zu einem wesentlich Anteil von der Qualität des Ausgangsmaterials, den verwendeten Holzbrettern, abhängig. In BSH-Trägern sind die Streuungen der Materialeigenschaften deutlich geringer als in Holzbrettern; was auf die Homogenisierung zurückzuführen ist (Falk et al. 1995, Serrano et al. 1999). Verglichen mit anderen Baumaterialien, wie Stahl oder Beton, sind sie allerdings noch immer deutlich grösser. Diese grössere Steuerung der Materialeigenschaften zeigt sich unter anderem durch den verhältnismässig grossen partiellen Sicherheitsfaktor: z.B. m = 1.25 nach EN 1995-1-1 (2004). Aufgrund der grossen Streuungen des Ausgangsmaterials können die Materialeigenschaften von BSH, insbesondere die Festigkeitsrelevanten, nur schwer vorhergesagt werden. Im Rahmen eines gross angelegten Forschungsprojektes an der ETH Zürich „Influence of varying material properties on the loadbearing capacity of glued laminated timber“ (Fink 2014) wurden unterschiedliche visuelle und maschinelle Sortierparameter untersucht und beurteilt. Anschliessend wurden aus den sortierten Brettern BSHTräger mit bekanntem Aufbau hergestellt. Diese wurden auf Biegung geprüft. Bei den experimentellen Untersuchungen lag der Schwerpunkt auf der Bestimmung des Traglastwiederstandes, der zugehöri-

gen Durchbiegung, der lokalen Dehnungen innerhalb des BSH-Trägers, sowie der Art des Versagens. Neben den experimentellen Untersuchungen wurde ein probabilistisches Modell zur Bestimmung der Materialeigenschaften von BSH-Trägern entwickelt. In diesem Beitrag ist das angesprochene Forschungsprojekt zusammengefasst. Zuerst werden die experimentellen Untersuchungen vorgestellt, anschliessend sind wesentliche Grundlagen zu Variabilität der Materialeigenschaften und zu Sortierparametern zusammenfasst. Danach wird das probabilistische Modell zur Modellierung von BSH-Trägern beschrieben. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit dem Potential von maschinell sortiertem Holz im Hinblick auf die Herstellung von BSH-Trägern. 2 EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN Im Rahmen des hier beschriebenen Forschungsprojektes wurden 400 Fichtenholzbretter zerstörungsfrei untersucht. Anschliessend wurden aus diesen Brettern BSH-Träger mit bekanntem Aufbau hergestellt und untersucht. 2.1 Untersuchungen – Holzbretter Im Folgenden sind die durchgeführten Untersuchungen an den Holzbrettern kurz zusammengefasst. Eine detaillierte Beschreibung der Versuche ist in Fink et al. (2012) zusammengefasst. 2.1.1

Sortierung der Prüfkörper

Die Untersuchungen wurden an je 200 Fichtenholzbrettern der Sortierklassen L25 und L40 (EN 14081-4 2009) durchgeführt. Die Sortierung erfolgte mit der Sortiermaschine GoldenEye-706, der Firma MiCROTEC (Brixten, IT) (Giudiceandrea 2005). Bei dieser Sortiermaschine wird von jedem Brett der dynamische Elastizitätsmodul (E-Modul) Em basierend auf Eigenfrequenzmessung gemessen (siehe auch Abschnitt 3.1.1) und eine X-ray Messung zur Erkennung von Ästen durchgeführt. Äste haben, verglichen mit dem umgebenden Holz, eine deutlich höhere Dichte. Bei 23


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

K m [-] 4000 3000

2000

1000

0 0

1000

2000 3000 Brettlänge [mm]

4000

Abb. 1: Astparameter gemessen der Sortiermaschinen GoldenEye-706 entlang eines Holzbrettes: (unten) X-ray Profil, (oben) aus den X-ray Profil berechnete Astparameter Km.

der X-ray Messung werden diese Dichteunterschiede erkannt, und so die Lage und Grösse von Einzelästen bzw. Astgruppen bestimmt. Ein Beispiel einer solchen X-ray Messung ist in Abb. 1 (unten) dargestellt. Durch die unterschiedlichen Graustufen kann man die einzelnen Äste deutlich erkennen. Unter Berücksichtigung der Graustufen wird anschliessend ein Astparameter Km berechnet (Abb. 1, oben). Aufgrund der maschinellen Sortierung der Holzbretter waren somit, bereits vor den eigentlichen Untersuchungen der Bretter, detaillierte Informationen über die Materialeigenschaften vorhanden. 2.1.2

Bestimmung diverser festigkeitsrelevanter Indikatoren

Von allen 400 Holzbrettern wurden die Abmessungen, das Eigengewicht und die Holzfeuchte (elektrische Widerstandsmessung) gemessen, und somit die Dichte bestimmt. Zusätzlich wurde der dynamische EModul der Holzbretter bestimmt. Hierfür wurden zwei unterschiedliche Methoden angewendet: Ultraschallmessung und Eigenfrequenzmessung (siehe auch Abschnitt 3.1.1). Neben den oben beschriebenen Untersuchungen, wurden alle Bretter, hinsichtlich möglicher Auffälligkeiten (Wipfelbrüche, Harzgallen, etc.) untersucht. Ausserdem wurden die Position und die Grösse aller Äste mit einem Durchmesser d 10 mm dokumentiert.

24

Abb. 2: Anordnung der IR-LEDs im Bereich einer Astgruppe (Fink et al. 2012).

2.1.3

Zerstörungsfreie Zugversuche

Ein Schwerpunkt der Untersuchungen lag in der Bestimmung der lokalen Steifigkeiten von Brettabschnitten. Hierzu wurden an 200 Holzbretter zerstörungsfreie Zugversuche durchgeführt. Zerstörungsfrei deshalb, weil die einzelnen Prüfkörper nur bis zu einer definierten Zugkraft und nicht bis zum Bruch belastet wurden. Die Zugkraft wurde so gewählt, dass jedes Brett mit 45% der geschätzten maximalen Zugfestigkeit belastet wurde. Bei Letzterer handelt es sich um einen Schätzwert der Zugfestigkeit, basierend auf der zerstörungsfreien Sortierung mit dem GoldenEye-706. Für die Bestimmung der lokalen Steifigkeiten einzelner Brettabschnitte wurden die Bretter in zwei Typen von Abschnitten unterteilt: (1) Knot sections - KS: Bereiche mit einzelnen großen Ästen bzw. Astansammlungen und (2) Clear wood sections - CWS: Bereiche ohne Äste. Am Anfang und am Ende jeder KS wurden drei hochfrequente Infrarot–Leuchtdioden (IR-LEDs) montiert (Abb. 2). Mit Hilfe eines Infrarot Kamerasystems wurden die Positionen der einzelnen IR-LEDs während des Zugversuches erfasst. Darauf basierend wurden die axialen Dehnungen und somit Steifigkeiten parallel zur Faser der einzelnen Brettabschnitte bestimmt. 2.1.4

Zusätzliche Versuche

Zusätzlich zu den zuvor beschriebenen Versuchen an den 400 Holzbrettern wurden die Ergebnisse aus einem parallel laufendem Forschungsprojektes herangezogen. In dem Projekt wurde die Zugfestigkeit von insgesamt 450 Holzbrettern bestimmt. Alle anderen Untersuchungen (Sortierparameter GoldenEye-706, Dichte, Ultraschallmessung, Eigenfrequenzmessung und Asterfassung) wurden wie oben beschrieben durchgeführt.


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

80

1

70

50

0.6

cdf

Kraft [kN]

GL36h

0.8

60

40

0.4

30 20

fm,g,size fm,g

0.2

10 0

GL24h

0

10

20

30 40 50 Verformung [mm]

60

70

0 10

erforderliche Werte a

20

30 40 50 Biegefestigkeit [MPa]

60

70

Biegeversu-

Abb. 4: Ermittelte Biegefestigkeiten, erforderliche Werte nach EN 14080 (2009) und JCSS (2006); in Anlehnung an (Fink et al. 2014).

Aus den untersuchten Holzbrettern wurden BSHTräger hergestellt und experimentell untersucht. Die Untersuchungen sind kurz zusammengefasst. Eine detaillierte Beschreibung der Versuche ist in Fink et al. (2013, 2014) zusammengefasst.

Brettabschnitte in den zugbeanspruchten Bereichen der BSH-Träger und (g) die von der Sortiermaschine GoldenEye-706 gemessenen Indikatoren Em und Km. In Abb. 6 sind exemplarisch die von der Sortiermaschine gemessenen Indikatoren eines BSH-Trägers dargestellt. Die vertikalen schwarzen Linien zeigen die Lage der Keilzinkenverbindungen.

Abb. 3: Kraft-Verformungsbeziehung ches.

eines

2.2 Untersuchungen – BSH-Träger

2.2.1

Herstellung der BSH-Träger

Aus den untersuchten Holzbrettern wurden 24 BSHTräger hergestellt (b x h x l = 115 x 320 x 6‘000 mm3). Je 12 Träger wurden aus Holzbrettern der Sortierklassen L25 bzw. L40 (nach EN 14081-4, 2009) hergestellt. Demzufolge erfĂźllen die BSH-Träger die Anforderungen an die Festigkeitsklassen GL24h und GL36h, nach EN 14080 (2009)1. Die Besonderheit dieser BSH-Träger ist, dass der Aufbau bekannt ist. Die Position jedes einzelnen Brettes und jeder Keilzinkenverbindung wurde vor der Herstellung der Träger definiert. Jene Bretter, an welchen die zerstĂśrungsfreien Zugversuche durchgefĂźhrt wurden sind im zugbeanspruchten Bereich der BSHTräger eingebaut. Von den 24 BSH-Trägern sind somit folgende Informationen vorhanden: (a) die Position aller Keilzinkenverbindungen, (b) die Position und die GrĂśsse aller Ă„ste mit einem Durchmesser d 10 mm, (c) die Dichte jedes Holzbrettes, (d) der dynamische Elastizitätsmodul basierend auf Eigenfrequenz, (e) der dynamische Elastizitätsmodul basierend auf Ultraschalllaufzeit, (f) die gemessenen Steifigkeiten einzelner 1

An dieser Stelle sei festgehalten, dass die Festigkeitsklasse GL36h in der aktuellen Version der EN 14080 (2013) nicht mehr definiert ist. Als das Projekt startete, war die alte Norm allerdings noch gĂźltig.

2.2.2

Biegeversuche

An den 24 BSH-Trägern wurden 4-Punkt Biegeversuche durchgefßhrt. Dabei wurden der Traglastwiederstand und die zugehÜrige Durchbiegung gemessen. Ein Beispiel fßr die ermittelte KraftVerformungsbeziehung ist in Abb. 3 dargestellt. Der dargestellte BSH-Träger (GL24h) versagte bei einer Kraft F = 74.4 kN. Die zugehÜrige Biegespannung beträgt fm = 35.6 MPa. Man kann deutlich erkennen, dass der BSH-Träger bis zum Bruch ein nahezu lineares Materialverhalten aufwies. Die untersuchten BSH-Träger sind deutlich kleiner als die ReferenzgrÜsse (h = 600 mm). Aus diesem Grund wurde die ermittelte Biegefestigkeit fm auf die ReferenzgrÜsse fm,size umgerechnet (nach EN 1194 (1999)):

f m,size f m k size

b ksize 150 !

0.05

h 600 !

(1) 0.1

(2)

In Abb. 4 sind die ermittelten Biegefestigkeiten aller 24 BSH-Träger sowie die erforderlichen Biegefestigkeiten dargestellt. Bei Letzteren handelt es sich um den charakteristischen Wert der jeweiligen Festigkeitsklasse (nach EN 14080 (2009)) mit einem Varia25


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

tionskoeffizient COV = 0.15, unter der Annahme einer lognormalverteilten Biegefestigkeit (Empfehlungen nach JCSS (2006)). Der Vergleich zeigt, dass die geprüften BSH-Träger den erforderlichen Biegefestigkeiten entsprechen; allerdings ist die Variabilität etwas geringer. Die geringere Variabilität dürfte darauf zurückzuführen sein, dass (a) alle Holzbretter aus derselben Wuchsregion kommen, (b) alle Holzbretter mit der gleichen Sortiermaschine sortiert wurden und (c) die BSH-Träger von einem Unternehmen hergestellt wurden. Der Wert im JCSS (2006) stellt hingegen die Variabilität der Grundgesamtheit (innerhalb einer Sortierklasse) dar. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Untersuchungen lag in der Messung lokaler Dehnungen im Bereich von Astgruppen und Keilzinkenverbindungen. Die Mes-

sung der Dehnungen erfolgte mit dem zuvor beschriebenen optischen Messsystem. An vier Versuchskörpern wurden die Dehnungen über den gesamten, hauptbeanspruchten Bereich gemessen (Abb. 5a). An den anderen 20 Trägern wurden nur ausgewählte Abschnitte untersucht. Im Anschluss an die Versuche wurde der Bruch in den zugbelasteten Lamellen untersucht. Unterschieden wurde zwischen 3 Versagensarten: (a) Keilzinkenverbindung, (b) Astgruppe und (c) dem ungestörten (astfreien) Holz. Die Versagensarten der untersten Lamellen sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Wie erwartet war der Einfluss der Keilzinkenverbindungen bei der niedrigeren Festigkeitsklasse deutlich geringer als bei der höheren.

(a)

(b)

Abb. 5: Biegeversuch: (a) BSH-Träger vor der Belastung, Anordnung der IR-LEDs zur Untersuchung lokaler Dehnungsunterschiede, (b) BSH-Träger nach dem Bruch (Träger entlastet, IR-LEDs entfernt).

Abb. 6: Materialparameter (gemessen mit der Sortiermaschine Goldeneye-706) eines BSH-Trägers: (a) Dynamischer EModul und (b) Astparameter. Die vertikalen schwarzen Linien zeigen die Lage der Keilzinkenverbindungen, die Kreuze zeigen den Ort des Bruches in den untersten beiden Lamellen; in Anlehnung an (Fink et al. 2014). 26


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Festigkeitsklasse

GL24h

GL36h

Keilzinkenverbindung

-

5

Astgruppen

9

5

Astfreies Holz

3

2

Tabelle 1: Anzahl der BSH-Träger je nach Versagensart in der untersten Lamelle.

3 VARIABILITÄT DER MATERIALEIGENSCHAFTEN VON HOLZBRETTEN Der natürlich gewachsene Baustoff Holz weist eine grosse Variabilität der Materialeigenschaften auf. Diese Variabilität kann zwischen unterschiedlichen Wuchsregionen, unterschiedlichen Holzbrettern aus derselben Wuchsregion und innerhalb jedes einzelnen Holzbrettes auftreten (Sandomeer et al. 2008). Da Holzbretter sortiert und in Sortierklassen eingeteilt werden, ist aus ingenieur-technischer Sicht eine Unterteilung in (a) die Variabilität zwischen Brettern der gleichen Sortierklasse und (b) die Variabilität innerhalb der Holzbretter ausreichend. Die Variabilität zwischen den Brettern bzw. die Variabilität des astfreien Holzes ist auf die Wachstumsbedingungen der Bäume sowie den Einschnitt zurückzuführen (Wuchsgebiet, Splintholz-Kernholz, Jahrringbreite, Dichte, Abstand zur Markröhre, etc.). Innerhalb eines Brettes sind die Streuungen vor allem von Ästen bzw. Astgruppen, welche im Allgemeinen zu einer lokalen Schwächung führen, abhängig. In Abb. 7 ist ein möglicher Verlauf der Zugsteifigkeit entlang eines Holzbrettes schematisch dargestellt. In Fichtenholzbrettern sind die Abstände zwischen Astgruppen wachstumsbedingt nahezu regelmässig. Die Anzahl, Lage und Orientierung der einzelnen Äste ist unter anderem auf den Einschnitt zurückzuführen (Abb. 8). In den letzten Jahrzenten wurde eine Vielzahl von Modellen entwickelt um die Variabilität zwischen und innerhalb von Holzbrettern zu beschreiben. Beispiele zur Beschreibung der Variabilität der Steifigkeitseigenschaften sind Kline et al. (1986), Taylor et al. (1991), Fink et al. (2011b), sowie für die Beschreibung der Variabilität der Festigkeitseigenschaften Lam et al. (1991), Taylor et al. (1991), Isaksson (1999). Anstatt der Steifigkeiten bzw. der Festigkeiten können auch die festigkeitsrelevanten Parameter probabilistisch beschrieben werden. Anschliessend können mit Hilfe von Materialmodellen die Materialeigenschaften berechnet werden. Dieser Ansatz inklusive der probabilistischen Beschreibung sowie den erforderlichen

Steifigkeit

Brettlänge

Abb. 7: Möglicher Verlauf der Zugsteifigkeit entlang eines Holzbrettes.

(a)

(b)

(c)

Abb. 8: (a) Anordnung einer Astgruppe im Stamm, (b) Einfluss des Holzeinschnittes, (c) Astfläche innerhalb eines Brettquerschnittes.

Materialmodellen wurde in z.B. Ehlbeck et al. (1985), Blaß et al. (2008), Fink et al. (2015) vorgestellt. 3.1 Festigkeitsrelevante Parameter Für eine zerstörungsfreie Vorhersage der Materialeigenschaften von Holzbrettern werden üblicherweise sogenannte festigkeitsrelevante Parameter herangezogen. Diese können in zwei Gruppen eingeteilt werden: (a) Parameter zur Ermittlung der mittleren Materialeigenschaften über die gesamte Brettlänge und (b) Astparameter. 3.1.1

Parameter zur Ermittlung der mittleren Materialeigenschaften über die gesamte Brettlänge

Zu den bekanntesten Parametern, für die Ermittlung der mittleren Materialeigenschaften über die gesamte Brettlänge, gehören die Rohdichte r und der dynamische E-Modul. Letzter kann mittels Eigenfrequenzmessung (Görlacher 1984, 1990) Gleichung 3, oder Ultraschallmessung (Steiger 1996) Gleichung 4 bestimmt werden; l ist die Brettlänge, f ist die gemessene Eigenfrequenz und v ist die Wellengeschwindigkeit.

Edyn,F 4 l 2 f 2 r

(3)

Edyn,US r v 2

(4)

Auf Grundlage der in Abschnitt 2 beschriebenen Versuche wurde der Einfluss unterschiedlicher Parameter, sowie die Korrelationen zwischen den Parame-

27


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

2.2 x 10

4

Ď = 0.973

Edyn,F [MPa]

2.0 1.8 1.6 1.4 1.2 1.0 0.8 0.8

1

1.2

1.4 E [MPa]

1.6

x 10 4 1.8 2

Abb. 9: Korrelation zwischen dem dynamischen E-Modul basierend auf Eigenfrequenzmessung und dem gemessenen mittleren E-Modul.

E

ft

r

0.814

0.435

Edyn,F

0.973

0.776

E dyn, US

0.955

0.665

Tabelle 2: Korrelation zwischen der Dichte und dem dynamischen E-Moduln mit der gemessenen mittleren Zugsteifigkeit und der Zugfestigkeit.

tern untersucht; ausgewählte Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. Sowohl die mittlere Zugsteifigkeit als auch die Zugfestigkeit sind deutlich stärker mit dem dynamischen E-Modul als mit der Dichte korreliert. Ausserdem zeigt sich, dass sich alle drei Parameter besser zur Abschätzung der Zugsteifigkeit als zur Abschätzung der Zugfestigkeit eignen. In Abb. 9 ist die Korrelation zwischen dem dynamischen E-Modul basierend auf Eigenfrequenzmessung und dem gemessenen mittleren E-Modul dargestellt. 3.1.2 Astparameter Die Variation innerhalb eines Brettes ist zu einem Grossteil auf eine lokale Schwächung in Bereichen von Ă„sten und Astgruppen zurĂźckzufĂźhren. Aufgrund des grossen Einflusses von Ă„sten auf die Zugfestigkeit von Holzbrettern, wurde in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Astparametern entwickelt (siehe z.B. Isaksson (1999), Denzler (2007), Fink et al. (2011a)). Der bekannteste Astparameter zur Beschreibung der Zugfestigkeit ist der knot area ratio (tKAR-Wert). Er beschreibt das Verhältnis der auf den 28

Brettquerschnitt projizierten Astfläche Ăźber einen Brettabschnitt von 150 mm zum Brettquerschnitt. In diesem Forschungsprojekt wurden die Steifigkeiten von insgesamt 864 Astgruppen gemessen und mit verschiedenen Astparametern verglichen. Je nach Parameter ist die Korrelation bis zu 0.5. Leicht grĂśsser ist die Korrelation zwischen den Astparametern und der Zugfestigkeit 0.6. FĂźr die Vorhersage der Zugsteifigkeit und die Vorhersage der Zugfestigkeit, erwies sich der tKAR-Wert als einer der effektivsten Astparameter. Zusammenfassend sei allerdings festgehalten, dass die Korrelationen zwischen der Ă„stigkeit und den Materialeigenschaften, fĂźr eine ausschliesslich auf Ă„stigkeit zurĂźckzufĂźhrende Sortierung, nicht ausreichend ist. Wie oben bereits erwähnt muss zusätzlich ein Parameter zur Beschreibung der mittleren Materialeigenschaften herangezogen werden. 3.2 Festigkeitssortierung Wie bereits erwähnt, ist das Tragverhalten von Bauteilen aus BSH zu einem wesentlichen Anteil von der Qualität des Ausgangsmaterials, den verwendeten Holzbrettern, abhängig. Aus diesem Grund werden Holzbretter sortiert; eine solche Sortierung kann (a) visuell, (b) visuell apparative unterstĂźtzt oder (c) vollkommen maschinell erfolgen. Zuvor wurde deutlich gezeigt, dass fĂźr eine zuverlässige Vorhersage mindestens zwei Parameter erforderlich sind: (1) ein Parameter zur Beschreibung der mittleren Materialeigenschaften des (fehlerfreien) Holzes und (2) ein Parameter zur Beschreibung der lokalen Schwächungen durch Astgruppen. FĂźr die zuverlässige und quantitative Beschreibung der mittleren Materialeigenschaften eignen sich ausschliesslich maschinelle Sortiermethoden (z.B. Dichte, dynamischer E-Modul). Die lokalen Schwächungen (Ă„ste) kĂśnnen sowohl visuell als auch maschinell erfasst werden. Beide Methoden haben ihr Vor- und Nachteile. Ein klarer Vorteil der visuellen Beurteilung liegt in der Erkennung von ungewĂśhnlichen Wuchseigenschaften. Ausgewählte Bretter (Brettabschnitte) kĂśnnen im Einzelfall genauer betrachtet bzw. aussortiert werden. Von Nachteil ist allerdings, dass die Methode aufgrund der kurzen Begutachtungszeit jedes einzelnen Brettes fehleranfällig ist. Ausserdem ist die Beurteilung nicht objektiv und die Astgruppen kĂśnnen bestenfalls in Klassen eingeteilt werden (z.B. 10 20 mm). Die grossen Vorteile der maschinellen Asterfassung sind die objektive und zugleich quantitative Erfassung der Sortiermerkmale sowie die Leistungsfähigkeit der


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Sortiermethoden / Sortiermaschinen; mehreren tausend Holzbretter pro Tag können sortiert werden. Zusammenfassend sei festgehalten, dass es für eine effiziente und zugleich zuverlässige Sortierung nur zwei Möglichkeiten in Frage kommen: (1) Eine apparativ unterstützte visuelle Sortierung oder (2) eine maschinelle Sortierung, bei der sowohl die mittleren Bretteigenschaften als auch die lokalen Schwächungen (Äste) erkannt werden. 4 PROBABILISTISCHE MODELLIERUNG VON BRETTSCHICHTHOLZ Um einen zuverlässigen Einsatz von Baumaterialien sicherstellen zu können, müssen deren Materialeigenschaften bekannt sein; allen voran die für die Bemessung relevanten charakteristischen Werte. Die Vorhersage der charakteristischen Werte (5%Fraktile) kann auf zwei Arten erfolgen: (1) Experimentelle Untersuchungen oder (2) via Simulationsmodellen. Aufgrund der Komplexität von Holz und der damit verbundenen grossen Anzahl an relevanten Parametern kommt bei BSH-Trägern vorrangig die Verwendung von Simulationsmodellen zum Einsatz. In den letzten Jahrzenten wurde eine Vielzahl solcher Simulationsmodelle entwickelt. Beispiele sind das Model of Foschi and Barrett (Foschi et al. 1980), das Prolam model (Bender et al. 1985, Hernandez et al. 1992), das Karlsruher Rechenmodell (Ehlbeck et al. 1985, Colling 1990, Blaß et al. 2008) oder das hier beschriebene Modell (Fink 2014). Das Prinzip aller Modelle ist im Wesentlichen gleich: Zuerst werden BSH-Träger simuliert. Die simulierten BSH-Träger sollten wenn möglich die Grundgesamtheit repräsentieren. Anschliessend werden, unter Zuhilfenahme von (numerischen) Modellen, die Materialeigenschaften der simulierten BSH-Träger abgeschätzt. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen den Modellen liegen in der Simulation der BSH-Träger (simulierte Parameter, Wahl der Verteilungsfunktionen, etc.) sowie in den (numerischen) Modellen zur Bestimmung der Materialeigenschaften (Materialgesetz, Versagenskriterium, etc.). Das Modell, welches im Rahmen dieses Forschungsprojektes entwickelt wurde, gliedert sich vier sub-Modelle (siehe Abb. 10): (1) Simulierung von Holzbrettern – es werden festigkeitsrelevante Indikatoren (z.B. Edyn,F und tKAR) simuliert, (2) Simulation der BSH-Herstellung, (3) Zuordnung der Materialeigenschaften – die Materialeigenschaften einzelner Brettabschnitte werden mithilfe der festigkeitsrelevanten Indikatoren geschätzt, und (4) ein numerisches Modell zur Bestimmung der Materialeigenschaften. Auf Grundlage einer ausreichend grossen Anzahl an

simulierten BSH-Trägern werden die charakteristischen Werte der Materialeigenschaften bestimmt (Monte Carlo Simulation). Das Simulationsmodell wurde sowohl für im Labor gemessene festigkeitsrelevante Indikatoren (Edyn,F und tKAR-Wert) als auch Indikatoren, welche bei der Holzsortierung gemessen werden (Em und Km), entwickelt. Im Folgenden ist das Modell kurz beschrieben. In Anlehnung an den Inhalt des Beitrags wird hier nur auf Indikatoren, welche bei der Holzsortierung gemessen werden (Em, Km), eingegangen. Simulation von Holzbrettern Zuerst werden Holzbretter, oder genauer gesagt deren festigkeitsrelevante Indikatoren, simuliert. Hierzu wurde ein probabilistisches Modell entwickelt. Die Besonderheit dieses Modells ist, dass die wachstumsbedingte Variabilität simuliert wird. In dem Modell werden 3 Parameter simuliert: Ein Parameter zur Beschreibung des geometrischen Aufbaus des Holzbrettes (Abstand zwischen den Astgruppen d), und zwei Parameter zur Beschreibung der Materialeigenschaften (Em, Km). Für die probabilistische Beschreibung aller drei Parameter wurden möglichst effiziente Verteilungsfunktionen gewählt: d – verschobene Gamma Verteilung, Em – Lognormalverteilung, und Km – truncated Lognormalverteilung. Um die Korrelation von Astgruppen innerhalb eines Holzbrettes bestmöglich beschreiben zu können wird der Parameter Km hierarchisch modelliert. In Fink et al. (2015) ist der Aufbau des probabilistischen Modells detailliert beschrieben. BSH-Herstellung Aus den simulierten Holzbrettern werden BSH-Träger hergestellt, bzw. der Herstellungsprozess simuliert. Hierbei können unterschiedliche Herstellungskriterien (z.B. Abmessungen der BSH-Träger) sowie zusätzliche Sortierkriterien (z.B. Herausschneiden von grossen Astgruppen) simuliert werden. Nach dem zweiten sub-Modell sind BSH-Träger simuliert von denen die Lage der Keilzinkenverbindungen und die beiden festigkeitsrelevanten Indikatoren (Em, Km) jedes einzelnen Brettabschnittes bekannt sind. Zuordnung der Materialeigenschaften Im dritten sub-Modell werden jedem Brettabschnitt Materialeigenschaften zugeordnet; d.h. die Steifigkeiten und die Zugfestigkeiten jedes Brettabschnittes werden basierend auf den vorhandenen Informationen (Keilzinkenverbindung, Em, Km) berechnet. Hierzu 29


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Abb. 10: Aufbau des Simulationsmodelles.

wurden, auf Grundlage der zuvor beschriebenen Versuche, Materialmodelle entwickelt, welche den Zusammenhang zwischen den gemessenen Zugsteifigkeiten / Zugfestigkeiten und den beiden Indikatoren Em und Km beschreiben. In Fink et al. (2014b) ist das Materialmodell detailliert beschrieben. Numerisches Modell Die Materialeigenschaften (fm, Em) und die Versagensart (Keilzinkenverbindung, Astgruppen, astfreies Holz) der simulierten BSH-Träger werden mit einem numerischen Modell abgeschätzt. Um die Rechenzeiten möglichst gering zu halten wurde ein linearelastisches Materialmodell gewählt. Der Biegewiderstand der BSH-Träger wird durch die Zugfestigkeit der einzelnen BSH-Lamellen bestimmt. Das numerische Modell wurde mithilfe der 24 geprüften BSH-Träger validiert. Hierbei konnte eine grosse Übereinstimmung zwischen den gemessenen 30

und der geschätzten Materialeigenschaften sowie der Versagensart festgestellt werden. Monte Carlo Simulationen Mit Hilfe der vier zuvor beschriebenen sub-Modelle können nun BSH-Träger simuliert und die zugehörigen Materialeigenschaften abgeschätzt werden. Durch eine ausreichend grosse Anzahl an simulierten BSH-Trägern kann somit das Materialverhalten der Grundgesamtheit (z.B. die Biegefestigkeit von BSHTrägern aus Holzbrettern einer bestimmten Sortierklasse) abgeschätzt werden. Somit können natürlich auch die charakteristischen Werte der Materialeigenschaften bestimmt werden. Das vorgestellte Modell eignet sich zur Untersuchung des Einflusses der Sortierparametern, der Brettlängen (Anzahl an Keilzinkenverbindungen), der Keilzinken-


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

qualität, des Grösseneffektes, etc. (Beispiele sind in Fink (2014) zu finden). 5 POTENTIAL FÜR MASCHINELLE FESTIGKEITSSORTIERUNG BEI DER HERSTELLUNG VON BRETTSCHICHTHOLZ Ein grosser Vorteil der maschinellen Sortierung ist, dass die Sortierparameter während der Sortierung der Holzbretter quantitativ gemessen werden und aufgezeichnet werden können. Das bedeutet, dass bei der maschinellen Sortierung die aufgenommen Sortierparameter (z.B. Em und Km) jedes einzelnen Holzbrettes dokumentiert werden können. Durch eine Kombinierung des Sortierprozesses mit dem Herstellungsprozess könnten BSH-Träger mit bekanntem Aufbau hergestellt werden. Mit Hilfe von numerischen Modellen können anschliessend die jeweiligen Materialeigenschaften vorhergesagt (geschätzt) werden. Die Herstellung von BSH-Trägern mit bekannten (geschätzten) Materialeigenschaften würde BSH zu einem deutlich zuverlässigeren Baumaterial machen; zum Beispiel könnten BSH-Träger mit niedrigen Schätzwerten aussortiert werden bzw. einer niedrigeren Sortierklasse zugeordnet werden. 6 ZUSAMMENFASSUNG Im Rahmen des hier vorgestellten Forschungsprojektes wurde der Einfluss von streuenden Materialeigenschaften auf das Tragverhalten von BSH-Trägern untersucht. Die Arbeit leistet somit einen Beitrag, um das Tragverhalten von BSH-Träger besser zu verstehen und somit die Zuverlässigkeit des Baustoffes zu erhöhen. An 400 Holzbrettern wurden detaillierte, zerstörungsfreie Untersuchungen durchgeführt. Hierbei wurden diverse festigkeits- und steifigkeitsrelevante Indikatoren bestimmt, z.B. die Lage und Grösse der Äste oder der dynamische Elastizitätsmodul. Ausserdem wurde mittels zerstörungsfreier Zugversuche die Steifigkeit von Astgruppen gemessen. Aus den untersuchten Brettern wurden BSH-Träger mit bekannten Aufbau hergestellt; d.h. BSH-Träger von denen die exakte Position jedes einzelnen Holzbrettes (und somit jedes einzelnen Astes) bekannt ist. Von diesen Trägern wurde anschliessend das Tragverhalten untersucht. Hierbei wurde insbesondere auf den Einfluss von lokalen Schwachstellen wie Astgruppen oder Keilzinkenverbindungen geachtet. Neben den experimentellen Untersuchungen wurde ein probabilistisches Modell zur Simulation von BSH Trägern entwickelt. Hierbei werden zuerst Holzbretter anhand ihrer Wachstumseigenschaften simu-

liert. Anschliessend werden aus den simulierten Holzbrettern virtuelle BSH-Träger hergestellt. Das Tragverhalten dieser BSH-Träger wird mit einem numerischen Modell abgeschätzt. Um die Effektivität des numerischen Modells zu gewährleisten, wurde dieses mit den Ergebnissen der zuvor beschriebenen Versuche validiert. Mit Hilfe des probabilistischen Modells wurde der Einfluss unterschiedlicher Parameter, wie die Lage und Eigenschaften von Ästen oder die Qualität der Keilzinkenverbindungen, auf das Tragverhalten von BSH-Trägern untersucht. 7 LITERATUR Bender, D., Woeste, F. and Schafler, E. (1985). Reliability formulation for the strength and fire endurance of gluedlaminated beams, US Department of Agriculture, Forest Service, Forest Products Laboratory. Blaß, H. J., Frese, M., Glos, P., Denzler, J. K., Linsenmann, P. and Ranta-Maunus, A. (2008). "Zuverlässigkeit von Fichten-Brettschichtholz mit modifiziertem Aufbau." KIT Scientific Publishing 11. Colling, F. (1990). Tragfähigkeit von Biegeträgern aus Brettschichtholz in Abhängigkeit von den festigkeitsrelevanten Einflussgrößen. PhD thesis, Karlsruhe, Germany. Denzler, J. K. (2007). Modellierung des Grösseneffektes bei biegebeanspruchtem Fichtenschnittholz. PhD thesis, TU München, Germany. Ehlbeck, J., Colling, F. and Görlacher, R. (1985). "Einfluss keilgezinkter Lamellen auf die Biegefestigkeit von Brettschichtholzträgern." European Journal of Wood and Wood Products 43(8): 333-337, 367-373, 493-442. EN 1194 (1999). Timber structures - glued laminated timber - strength classes and determination of characteristic values. German version, European Committee for Standardization (CEN), Brussels, Belgium. EN 1995-1-1 (2004). Design of Timber Structures - Part 1-1: General, European Committee for Standardization (CEN), Brussels, Belgium. EN 14080 (2013). Timber structures - glued laminated timber and glued laminated solid timber - requirements. German version, European Committee for Standardization (CEN), Brussels, Belgium. EN 14081-4 (2009). Timber structures - Strength graded structural timber with rectangular cross section - Part 4: Machine grading - Grading machine settings for machine controlled systems; German version, European Committee for Standardization (CEN), Brussels, Belgium. Falk, R. H. and Colling, F. (1995). "Laminating effects in glued-laminated timber beams." Journal of structural engineering 121(12): 1857-1863. Fink, G. (2014). Influence of varying material properties on the load-bearing capacity of glued laminated timber. PhD thesis, ETH Zurich, Zurich, Switzerland. 31


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Fink, G., Deublein, M. and Kohler, J. (2011a). Assessment of different knot-indicators to predict strength and stiffness properties of timber boards. Proceedings of the 44th Meeting, International Council for Research and Innovation in Building and Construction, Working Commission W18, Timber Structures, Alghero, Italy, CIB-W18, Paper No. 44-51. Fink, G., Frangi, A. and Kohler, J. (2014). "Bending tests on GLT beams having well-known local material properties." Materials and Structures, DOI: 10.1617/s11527-014-0424-2. Fink, G. and Kohler, J. (2011b). "Multiscale Variability of Stiffness Properties of Timber Boards." Applications of statistics and probability in civil engineering : proceedings of the 11th International Conference on Applications of Statistics and Probability in Civil Engineering, Zürich, Switzerland: 1369-1376. Fink, G. and Kohler, J. (2015). "Probabilistic modelling of the tensile related material properties of timber boards and finger joint connections." accepted for publication in European Journal of Wood and Wood Products, DOI: 10.1007/s00107-015-0895-z Fink, G. and Köhler, J. (2012). Zerstörungsfreie Versuche zur Ermittlung des Elastizitätsmodules von Holzbrettern, IBK Report, ETH Zurich, Zurich, Switzerland. No. 339. Fink, G., Kohler, J. and Frangi, A. (2013). Bending tests on glued laminated timber beams with well-known material properties, IBK Report, ETH Zurich, Zurich, Switzerland. No. 350. Foschi, R. O. and Barrett, J. D. (1980). "Glued-laminated beam strength: a model." Journal of the Structural Division, American Society of Civil Engineers 106(ST8): 1735-1754. Giudiceandrea, F. (2005). Stress grading lumber by a combination of vibration stress waves and x-ray scanning. Proceedings of the 11th International Conference on Scanning Technology and Process optimization in the wood Industry (ScanTech 2005). Las Veagas. Görlacher, R. (1984). "Ein neues Messverfahren zur Bestimmung des Elastizitätsmoduls von Holz." Holz als Roh- und Werkstoff 42: 219-222. Görlacher, R. (1990). "Sortierung von Brettschichtholzlamellen nach DIN 4074 durch Messung von Longitudinalschwingungen." Bauingenieur 65: 517-522. Hernandez, R., Bender, D. A., Richburg, B. A. and Kline, K. S. (1992). "Probalistic modeling of glued-laminated timber beams." Wood and Fiber Science 24: 294-306. Isaksson, T. (1999). Modelling the Variability of Bending Strength in Structural Timber. PhD thesis, Lund Institute of Technology, Sweden. JCSS. (2006). "Probabilistic Model Code Part III Resistance Models (3.05 Timber), The Joint Committee on Structural Safety." from http://www.jcss.byg.dtu.dk. Kline, D. E., Woeste, F. E. and Bendtsen, B. A. (1986). "Stochastic model for modulus of elasticity of lumber." Wood and Fiber Science 18: 228-238. 32

Lam, F. and Varoglu, E. (1991). "Variation of tensile strength along the length of lumber." Wood science and technology 25: 351-359, 449-458. prEN 14080 (2009). Timber structures - glued laminated timber and glued laminated solid timber - requirements, European Committee for Standardization (CEN), Brussels. Sandomeer, M. K., Köhler, J. and Faber, M. H. (2008). Probabilistic Output Control for Structural Timber - Modelling Approach. Proceedings of the 41th Meeting, International Council for Research and Innovation in Building and Construction, Working Commission W18, Timber Structures, St. Andrews, Canada, CIB-W18, Paper No. 41-5-1. Serrano, E. and Larsen, H. J. (1999). "Numerical investigations of the laminating effect in laminated beams." Journal of Structural Engineering 125(7): 740-745. Steiger, R. (1996). Mechanische Eigenschaften von Schweizer Fichten-Bauholz bei Biege-, Zug-, Druck und kombinierter M/N-Beanspruchung - Sortierung von Rundund Schnittholz mittels Ultraschall, IBK Report, ETH Zurich, Zurich, Switzerland. No. 221. Taylor, S. E. and Bender, D. A. (1991). "Stochastic Model for Localized Tensile Strength and Modulus of Elasticity in Lumber." Wood and Fiber Science 23(4): 501-519.


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz Matthias Theiler, dsp Ingenieure & Planer, Greifensee

1 EINLEITUNG Der moderne Holzbau erfreut sich seit einigen Jahrzehnten immer grĂśsserer Beliebtheit. Dazu beigetragen hat sicher, dass die Architektur den Baustoff neu entdeckt hat. Und nicht zuletzt ist der Baustoff Holz auch aufgrund seiner Nachhaltigkeit in den Fokus der Aufmerksamkeit gerĂźckt. Infolge der industrialisierten Fertigungsprozesse kĂśnnen Produkte von hoher Qualität und Zuverlässigkeit hergestellt werden. Neuartige Holzwerkstoffe sowie moderne Verbinde- und Klebetechniken ermĂśglichen die Erschliessung neuer Anwendungsgebiete fĂźr den Holzbau. Forschung und Entwicklungen in Bezug auf die Brandsicherheit von Holzbauteilen fĂźhrten zu neuen Brandschutzvorschriften, welche das Erstellen von mehrgeschossigen Bauten aus Holz ermĂśglichen. Dementsprechend sind auch die Anforderungen an die lastabtragenden Bauteile gestiegen. Eine zuverlässige und wirtschaftliche Bemessung ist von grosser Bedeutung. Axiale Druckspannungen oder kombinierte axiale Druck- und Biegespannungen treten in vielen stabfĂśrmigen Holzbauteilen auf – so zum Beispiel in StĂźtzen von Wohn- oder Hallenbauten, in Pfosten und Riegeln von Rahmentragwerken oder in Gurtungen und Streben von Fachwerken. Das Tragverhalten von diesen Bauteilen wird durch die Zunahme der Lastexzentrizität infolge des Ăźberproportionalen Anwachsens der Verformungen bei zunehmender Last beeinflusst. Das Versagen von axial auf Druck beanspruchten Bauteilen kann durch das Erreichen der Festigkeit des Materials oder durch Verlust der Stabilität auftreten. Der Verlust der Stabilität ist gekennzeichnet durch ein plĂśtzliches seitliches Ausweichen des Bauteils und wird als Knicken bezeichnet. In den heute in Europa gĂźltigen Holzbaunormen (z.B. SIA 265 (2012), Eurocode 5 EN 1995-1-1 (2010)) sind zwei verschiedene Konzepte zur Bemessung von Bauteilen aus Vollholz und Brettschichtholz unter Druckbeanspruchung oder unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung vorhanden. Diese

Konzepte sind allerdings nicht konsistent und es kĂśnnen grosse Abweichungen bei der Bemessung auftreten (siehe z. B. KĂśhler et al. (2008) oder Theiler et al. (2013)). Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der ETH ZĂźrich wurde in den letzten Jahren das Tragverhalten von axial auf Druck beanspruchten Bauteilen aus Vollholz und Brettschichtholz untersucht (Theiler (2014)). Ausgehend von experimentellen und numerischen Untersuchungen wurden im Rahmen dieser Forschungsarbeit Kenntnisse zum Tragverhalten dieser Bauteile erarbeitet. Zudem wurden bestehende Bemessungskonzepte ĂźberprĂźft und angepasste Konzepte entwickelt. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Resultate dieser Arbeit zusammengefasst. 2 STABILITĂ„T DRUCKBEANSPRUCHTER STĂ„BE 2.1 Elastisches und inelastisches Knicken Wird ein schlanker Stab mit einer kontinuierlich ansteigenden axialen Druckkraft belastet, so wird das Versagen durch seitliches Ausweichen des Stabes eintreten. Dieses Phänomen wird als Knicken bezeichnet. Wenn der Stab perfekt gerade und beidseitig gelenkig gelagert ist, aus Material mit linear elastischem Verhalten und unendlich grosser Festigkeit besteht und die Last zentrisch angreift, so spricht man von einem Eulerstab (nach Leonhard Euler, 1717 – 1783). In diesem Fall verformt sich der Stab bis zum Erreichen der Verzweigungslast nicht. Beim , Erreichen der Verzweigungslast tritt ein plĂśtzliches Ausknicken auf; der Stab verliert seine Stabilität. Dieses theoretische Knickverhalten des Stabes ist in Abb. 1 (horizontale Linie bei , im Kraft-VerformungsDiagramm) dargestellt. Die Verzweigungslast , lässt sich wie folgt berechnen:

Fc,crit

2 EI â„“2k

(1)

Dabei bezeichnet die Biegesteifigkeit und â„“ die Knicklänge des Stabes. Die mathematische LĂśsung 33


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Abb. 1: Verzweigungslast eines geraden Stabes nach Euler ( , ), Engesser ( , , ), Kármán ( , , ) und Shanley (ausgezogene Linie).

Abb. 2: Kraft-Verformungs-Verhalten eines beidseitig gelenkig gelagerten Stabes mit sinusförmiger Vorverformung aus Material mit nichtlinearem Materialverhalten.

des Knickproblems wurde von Euler im Jahr 1744 hergeleitet und wird noch heute als Euler’sche Knickformel bezeichnet (z.B. Kollbrunner et al. (1961)). Für die Berechnung der Traglast eines realen Stabes kann die Euler’sche Knickformel nur in Sonderfällen verwendet werden. Die vorgenommene Idealisierung schränkt den Einsatzbereich stark ein. Bei gedrungenen Stäben tritt bereits vor dem Erreichen der Verzweigungslast ein Versagen des Materials oder ein Plastifizieren ein. 1889 stellte Engesser seine Theorie zum inelastischen Knicken gerader Stäbe auf (Engesser (1889)). Er schlug vor, in der Euler’schen Knickformel den Elastizitätsmodul durch den Tangentenmodul zu ersetzen. Dabei ist der Tangentenmodul für Spannungen unterhalb der Proportionalitätsgrenze gleich dem Elastizitätsmodul. Für grössere Spannungen nimmt der Tangentenmodul ab, wobei der Grad der Abnahme vom Materialverhalten abhängt. Die Publikation der Theorie von Engesser löste eine kontroverse Diskussion in der wissenschaftlichen Gemeinschaft aus. Im Verlauf dieser Diskussion korrigierte Engesser seine ursprüngliche Aussage und regte die Einführung eines Knickmoduls an, welcher grösser ist als der Tangentenmodul . Kármán (1910) konnte den Knickmodul für rechteckige Querschnitte herleiten. Die anhand dieser Theorie errechnete Verzweigungslast lag zwischen der Verzweigungslast von Euler und jener von Engesser und zeigte eine gute Übereinstimmung mit durchgeführten Versuchen. Erst Jahre später konnte Shanley (1947) zeigen, dass die ursprüngliche Theorie von Engesser korrekt ist. Die mithilfe des Tangentenmoduls berechnete Verzweigungslast stellt den Verzweigungsbeginn dar.

Nach dem Erreichen der Verzweigungslast nach Engesser ( , , ) tritt jedoch kein schlagartiges Versagen ein. Ein Stab kann Lasten grösser als , , aufnehmen, dies führt jedoch zu einer seitlichen Auslenkung des Stabes. Die Verzweigungslast nach Kármán ( , , ) stellt einen oberen Grenzwert der Verzweigungslast dar (siehe Abb. 1). Im Gegensatz zu perfekt geraden und zentrisch gedrückten Stäben führt bei gekrümmten, exzentrisch gedrückten oder querbelasteten Stäben bereits eine kleine Belastung zu einer seitlichen Auslenkung. Mit steigender Belastung nehmen diese Verformungen überproportional zu. Es wird ein Stab aus Material mit linear elastischem Verhalten und unendlich grosser Festigkeit betrachtet, der eine sinusförmige Vorverformung aufweist. Mit zunehmender Belastung nehmen die Verformungen zu, bis sie bei Erreichen der Euler’schen Verzweigungslast unendlich gross werden (siehe Kraft-Verformungs-Verhalten in Abb. 2). Besteht der Stab aus einem Material mit inelastischem Materialverhalten, wird bereits vor dem Erreichen der Euler’schen Verzweigungslast ein Stabilitätsversagen auftreten. Die Kraft-Verformungs-Kurve folgt nur anfänglich der elastischen Lösung. Wenn das Material plastische Verformungen erfährt, so wird die Kurve von der elastischen Lösung abweichen. Die Knicklast , wird immer unterhalb der von Shanley (1947) gefundenen Lösung für perfekt gerade Stäbe liegen (siehe Abb. 2).

34

2.2 Knicken von Holzstäben Holz weist bei Druckbeanspruchung in Faserrichtung ein deutlich nichtlineares Materialverhalten auf. Linea-


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

rität kann nur bis zum Erreichen der Proportionalitätsgrenze vorausgesetzt werden. Wenn die vorhandene Spannung ßber die Proportionalitätsgrenze hinaus gesteigert wird, reduziert sich die Steifigkeit bis schliesslich ein relativ duktiles Versagen eintritt. Weiter muss die Inhomogenität des Materials beachtet werden. Da es sich bei Holz um einen natßrlich gewachsenen Baustoff handelt, weisen die Eigenschaften von Holz eine grosse Streuung auf. Die Eigenschaften variieren zwischen HÜlzern aus unterschiedlichen Wuchsregionen, es treten Streuungen zwischen verschiedenen Bäumen der gleichen Wuchsregion auf und auch innerhalb eines Baumes oder Bauteils treten beträchtliche Streuungen auf. Bei der Betrachtung des Tragverhaltens von druckbeanspruchten Bauteilen aus Holz mßssen sowohl das nichtlineare Materialverhalten als auch die Streuung des Materialverhaltens berßcksichtigt werden. Weiter muss beachtet werden, dass die Materialeigenschaften von verschiedenen Parametern wie zum Beispiel der Holzfeuchte oder der Dauer der Lasteinwirkung beeinflusst werden. Eine realitätsnahe Modellierung des Tragverhaltens kann nur erfolgen, wenn alle relevanten Einflßsse berßcksichtigt werden. 2.3 Bemessung von druckbeanspruchten Holzstäben Ein Holzbauteil unter Druckbeanspruchung oder unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung kann auf verschiedene Arten versagen. So kann die Traglast durch die Querschnittstragfähigkeit begrenzt sein oder der Verlust der Stabilität kann zum Versagen des Bauteils fßhren. Weiter kann auch das Erreichen der Tragfähigkeit einer Verbindung massgebend werden. Hier werden lediglich Versagen infolge des Verlusts der Stabilität oder Versagen infolge des Erreichens der Festigkeit behandelt. In der Norm SIA 265 (2012) sind zwei verschiedene Bemessungskonzepte vorhanden, welche fßr die Bemessung von diesen Bauteilen verwendet werden kÜnnen. Zum einen handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren, welches auf dem Ersatzstabverfahren beruht. Zum andern werden Angaben fßr die Anwendung der Theorie II. Ordnung gemacht. Bei beiden Nachweisen wird das vorhandene Stabilitätsproblem in ein Spannungsproblem ßberfßhrt. 2.3.1 Ersatzstabverfahren Beim Ersatzstabverfahren werden die Schnittkräfte anhand einer Tragwerksanalyse nach Theorie I. Ordnung ermittelt. Die nichtlinearen Effekte (geometrische Effekte II. Ordnung und Effekte infolge des nichtlinearen Materialverhaltens) werden mit einem Knickbei-

wert berĂźcksichtigt. Der Knickbeiwert wurde von BlaĂ&#x; (1987) entwickelt, er wird wie folgt berechnet:

c,crit,05 rel

2 E0,05

(2)

2 f c,0,k

(3)

c,crit,05

k 0.5 1 c rel 0.3 2rel "$

kc

1 k k 2 2rel

(4) (5)

Dabei ist , , die Euler’sche Verzweigungsspannung basierend auf 5%-Fraktilwerten der Materialeigenschaften. ist die Schlankheit und die relative Schlankheit des Stabes. , , ist die charakteristische Druckfestigkeit parallel zur Faser und , der 5%Fraktilwert des Elastizitätsmoduls. und sind Hilfswerte. FĂźr den allgemeinen Nachweis der Tragfähigkeit fĂźr kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung wird ein lineares Interaktionsmodell mit BerĂźcksichtigung des Knickbeiwertes verwendet:

c,0,d

kc f c,0,d

m,d f m,d

1

(6)

Dabei sind , , und , die Bemessungswerte der vorhandenen Druck- beziehungsweise Biegespannungen. , , und , sind die Bemessungswerte der entsprechenden Festigkeiten. 2.3.2 Theorie II. Ordnung Fßr die Bemessung anhand der Theorie II. Ordnung werden die Schnittkräfte am verformten System bestimmt. Dazu muss davon ausgegangen werden, dass das System eine unplanmässige Vorverformung aufweist. Es kann ein linear-elastisches Materialverhalten angesetzt werden. Folglich handelt es sich um eine linear-elastische Theorie II. Ordnung mit welcher die VergrÜsserung des Biegemoments infolge geometrischer Effekte II. Ordnung berechnet wird:

c,crit ,d d 1

2 E0,d 2 1 c,0,d

(7) (8)

c,crit,d

35


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Abb. 3: Traglast , , (Knicken um die starke Querschnittsachse) einer beidseitig gelenkig gelagerten Stßtze in Abhängigkeit der Schlankheit berechnet nach SIA 265 (2012) und Eurocode 5 EN 1995-1-1 (2010).

m,II ,d m,I ,d d

(9)

Dabei ist , , der Bemessungswert der Euler’schen Verzweigungsspannung. ist der VergrĂśsserungsfaktor nach linear-elastischer Theorie II. Ordnung. und sind die Biegespannungen nach , , , , Theorie I. respektive II. Ordnung. FĂźr die Berechnung der Verzweigungsspannung wird der Bemessungswert des Elastizitätsmoduls , verwendet. Gemäss Norm SIA 265 (2012) soll fĂźr , der mittlere Elastizitätsmodul dividiert durch den Verhältniswert , â „ verwendet werden. FĂźr den allgemeinen Nachweis der Tragsicherheit fĂźr kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung wird ein nichtlineares Interaktionsmodell verwendet: 2

c,0,d m,II ,d 1 f f m,d c,0,d !

(10)

2.3.3 Beurteilung der Bemessungskonzepte Wenn man die Bemessungsverfahren der Norm SIA 265 (2012) mit jenen des Eurocode 5 EN 1995-1-1 (2010) vergleicht, stellt man fest, dass sie unterschiedliche Resultate liefern kĂśnnen (siehe Abbildung 3). Auch die beiden Bemessungsverfahren innerhalb der Norm SIA 265 (2012) kĂśnnen zu unterschiedlichen Resultaten fĂźhren. Die wesentlichen Differenzen zwischen den beiden Bemessungsverfahren betreffen die BerĂźcksichtigung der Effekte II. Ordnung, die Ma36

terialkennwerte und der Einfluss von Holzfeuchte und Lastdauer. Die Unterschiede in Bezug auf die Berßcksichtigung der Effekte II. Ordnung betreffen insbesondere den Einfluss des nichtlinearen Materialverhaltens wie auch der vorhandenen Imperfektionen. Beim Ersatzstabverfahren sind diese Effekte implizit im Knickbeiwert enthalten. Bei der Anwendung der linearelastischen Theorie II. Ordnung werden die Imperfektionen explizit berßcksichtigt. Das Anwachsen der Exzentrizität infolge des nichtlinearen Materialverhaltens wird implizit durch einen reduzierten Bemessungswert des Elastizitätsmoduls parallel zur Faserrichtung berßcksichtigt. In Bezug auf die Reduktion des Elastizitätsmoduls gibt es Differenzen zwischen der Norm SIA 265 (2012) und der EN 1995-1-1 (2010). Die beiden Normen weisen auch leichte Abweichungen in Bezug auf die Materialkennwerte auf. Die Norm SIA 265 (2012) geht in der Regel von etwas vorsichtigeren Festigkeits- und Steifigkeitskennwerten aus. Sowohl die Steifigkeitseigenschaften als auch die Festigkeitseigenschaften von Holz hängen von der Holzfeuchte und der Lastdauer ab. In den Normen werden diese Einflßsse vereinfacht erfasst. In der EN 1995-1-1 (2010) werden diese Einflßsse mit einem Beiwert berßcksichtigt. Er wird verwendet, um die Festigkeit von Holz bei erhÜhter Holzfeuchte respektive bei grossen Lastdauern zu reduzieren. Die


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Versuchsserie

Anzahl Prüfkörper

Festigkeitsklasse

Stützenlänge (Schlankheit )

1

10

GL24h

1'400 mm (30.3)

2

10

GL24h

2'300 mm (49.8)

3

10

GL24h

3'200 mm (69.3)

4

10

GL32h

1'400 mm (30.3)

5

10

GL32h

3'200 mm (69.3)

Tab. 1: Versuchsserien und variable Parameter.

Norm SIA 265 (2012) verwendet den Beiwert zur Berücksichtigung der Holzfeuchte und den Beiwert zur Berücksichtigung der Lastdauer. Im Gegensatz zur EN 1995-1-1 (2010) gibt die Norm SIA 265 (2012) einen Beiwert , für die Berücksichtigung des Einflusses der Holzfeuchte auf die Steifigkeit an. Zur Illustration der Differenzen zwischen den Bemessungsverfahren und den Normen ist in Abb. 3 ein Beispiel dargestellt. Es handelt sich um eine gelenkig gelagerte Stütze aus Brettschichtholz GL24h. Für Schlankheitsgrade zwischen 0 und 150 wurden die Bemessungswerte der Traglasten mit den beiden Bemessungsverfahren gemäss den betrachteten Normen berechnet. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die Stütze der Nutzungsklasse 1 respektive Feuchteklasse 1 zugeteilt werden kann und es wurde von einer mittleren Lastdauer ausgegangen (Klasse der Lasteinwirkungsdauer 1 respektive normale Lasteinwirkungsdauer). Ein Vergleich der Resultate zeigt, dass zwischen den beiden betrachteten Normen Abweichungen von bis zu 20% auftreten. Bei einem Vergleich der zwei Bemessungsverfahren innerhalb ein und derselben Norm können sogar Abweichungen von über 30% festgestellt werden. Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es sich lediglich um ein Einzelbeispiel handelt. Je nach Bemessungssituation können die Abweichungen zwischen den Bemessungskonzepten und zwischen den Normen unterschiedlich sein. Es können dabei noch grössere Differenzen auftreten (insbesondere bei Vollholz oder bei höherer Holzfeuchte). 3 EXPERIMENTELLE UNTERSUCHUNGEN Im Rahmen des ETH-Forschungsprojektes wurden umfangreiche experimentelle Untersuchungen durch-

geführt. Es handelte sich um Versuche an Brettschichtholzstützen, welche mit einer exzentrischen Druckkraft parallel zur Faser belastet wurden. Es wurden insgesamt 50 Versuche durchgeführt, wobei verschiedene Parameter untersucht wurden. Genauere Angaben zu den durchgeführten Versuchen sind in Theiler et al. (2015) zu finden. 3.1 Material Die Versuche wurden an 50 Brettschichtholz-Stützen durchgeführt. Alle wiesen einen Querschnitt von 140 mm x 160 mm auf. Es wurden 5 Versuchsserien gebildet, als variable Parameter wurden die Festigkeitsklasse und die Schlankheit (Stützenlänge) der Stützen untersucht. In Tab. 1 sind die verschiedenen Versuchsserien und die entsprechenden Parameter aufgeführt. Bevor die Prüfkörper hergestellt wurden, wurden umfangreiche Untersuchungen am Ausgangsmaterial durchgeführt. So wurden an allen für die Herstellung der Prüfkörper verwendeten Bretter die folgenden Eigenschaften ermittelt: – Holzfeuchte mittels elektrischer Widerstandsmessung, – Rohdichte, – Ultraschall-Ausbreitungsgeschwindigkeit zur Charakterisierung der Steifigkeitseigenschaften, – Astkennwerte wie der Astflächenanteil KAR (Knot Area Ratio), – besondere Merkmale wie Markröhren, grosse Jahrringbreiten (> 6 mm) oder Harzgallen und -taschen und – fotografische Dokumentation aller Seitenflächen. Anhand dieser Voruntersuchungen konnten einerseits Daten für die Verifizierung des numerischen Modells gewonnen werden, andererseits konnten die gewonnenen Daten auch für die Sortierung verwendet werden. Anhand einer Kombination aus visueller und maschinell unterstützter Sortierung konnten die Bretter für die Herstellung der Prüfkörper der Festigkeitsklassen GL24h und GL32h nach SIA 265 (2012) ausgewählt werden. Aus den sortierten Lamellen wurden die Prüfkörper hergestellt. Die Produktion erfolgte bei der Firma Neue Holzbau AG in Lungern. Sie erfolgte nach den üblichen Prozessabläufen des Werkes. Der Produktionsprozess wurde umfassend dokumentiert. So wurden bei jedem Prüfkörper die verwendeten Bretter sowie deren Lage und Ausrichtung innerhalb der Prüfkörper erfasst. Durch diese Dokumentation standen für alle Prüfkörper detaillierte Angaben zu den Materialeigenschaften zur Verfügung. 37


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

sen. Anhand von Messungen mit Kraftmessdosen und induktiven Wegaufnehmern (lineare variable Differential-Transformatoren, LVDT) konnte das Last-Verformungs-Verhalten der Prüfkörper erfasst werden. Lokale Deformationen konnten anhand eines optischen Messsystems (NDI Optotrak Certus Motion Capture System) erfasst werden. Bei der Durchführung der Versuche wurde die Last bis zum Versagen der Prüfkörper gesteigert. Die Versuche wurden weggesteuert durchgeführt. Die Belastungsgeschwindigkeit wurde dabei so gewählt, dass die Zeit bis zum Erreichen der Maximallast ca. 460 s betrug. Beim Erreichen der Maximallast trat im Normalfall kein sprödes Versagen auf. So konnte auch ein Teil des abfallenden Astes der Last-VerformungsKurve aufgezeichnet werden. Die weitere Belastung führte zu einem starken Anwachsen der horizontalen Auslenkung und schliesslich zu einem spröden Versagen unter kombinierter Druck- und Biegebelastung. 3.3 Resultate

Abb. 4: Versuchsanordnung für die Durchführung der experimentellen Untersuchungen an den Stützen der Länge = 3'200 mm.

3.2 Versuchsdurchführung Bei den durchgeführten Versuchen handelte es sich um Knickversuche. Die Prüfkörper wurden mit einer exzentrischen Normalkraft bis zum Versagen belastet. Der Versuchsaufbau für die Durchführung der Knickversuche wurde speziell für diese Versuche angefertigt (siehe Abb. 4). Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Lagerung der Prüfkörper gelegt. Die Lager waren so ausgebildet, dass eine gelenkige Lagerung bezogen auf die starke Querschnittsachse der Prüfkörper vorlag. Eine Rotation der Lager um die schwache Querschnittsachse war verhindert. Während der Versuche wurden Kräfte, Verformungen und lokale Deformationen kontinuierlich gemes38

Die Traglasten der Prüfkörper sind in Abb. 5 dargestellt. Bei der aufgenommenen Traglast , handelt es sich um die maximal erreichte Normalkraft. Es lässt sich feststellen, dass die Stützen aus Brettschichtholz GL32h eine im Mittel um ca. 20% höhere Traglast aufweisen. Dies trifft sowohl auf die gedrun, , genen Stützen mit einer Länge = 1'400 mm (GL24h: = 573 kN, , , = 25.6 N/mm2; GL32h: , , = 696 kN, , , = 31.1 N/mm2) als auch , , auf die schlanken Stützen mit einer Länge = 3'200 mm (GL24h: = 343 kN, = , , , , 15.3 N/mm2; GL32h: , , = 406 kN, , , = 2 18.1 N/mm ) zu. Dabei stellt die Normal, , spannung zum Zeitpunkt des Erreichens der maximalen Normalkraft dar. Die Streuung der Resultate innerhalb einer Versuchsserie war bei allen Versuchsserien ähnlich. Die entsprechenden Variationskoeffizienten lagen zwischen 0.07 und 0.12. 4 NUMERISCHE UNTERSUCHUNGEN Im Rahmen der an der ETH Zürich durchgeführten Untersuchungen wurde auch ein mechanisches Modell entwickelt, mit dem es möglich ist, das Tragverhalten von Holzbauteilen unter Druckbeanspruchung oder unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung realitätsnah abzubilden. Bei dem Modell handelt es sich um ein Gleichgewichtsmodell, bei dem das Gleichgewicht zwischen äusseren (treibenden) und inneren (rückhaltenden) Kräften am verformten System betrachtet wird. Weiter kann auch der Einfluss des nichtlinearen Materialverhaltens auf das Tragverhalten von diesen Bauteilen untersucht werden.


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Abb. 5: Verteilungsfunktion der Traglasten , der Stützen (Messwerte und angepasste logarithmische Normalverteilung) für die Stützen der Serie 1 und 4 (links), Serie 3 (Mitte) und Serie 2 und 5 (rechts).

Die Resultate der experimentellen Untersuchungen wurden verwendet, um das entwickelte Modell zu validieren. Es hat sich gezeigt, dass das Modell in der Lage ist, das Tragverhalten der exzentrisch belasteten Prüfkörper realitätsnah abzubilden. Details zum Modell sowie zur Implementierung in einer numerischen Routine und der Vergleich zwischen den experimentellen und den numerischen Untersuchungen sind in Theiler (2014) zu finden. Eine Thematik, die bei Forschungsarbeiten im Holzbau stets von grosser Bedeutung ist, ist der Einfluss der Streuung der Materialeigenschaften. Die Materialeigenschaften von Holz lassen sich im Normalfall nicht exakt vorhersagen und weisen eine grosse Streuung auf. Dieser Problematik kann begegnet werden, indem bei der Modellierung die Materialeigenschaften nicht als deterministische Parameter betrachtet werden, sondern als Zufallsvariablen. Im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen wurde dies anhand von Monte-Carlo-Simulationen berücksichtigt. Bei der Monte-Carlo-Methode wird eine grosse Anzahl von Simulationsrechnungen durchgeführt, wobei für jede Simulationsrechnung ein Set von zufällig generierten Materialparametern verwendet wird. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die zufällig generierten Parameter in ihrer Gesamtheit realitätsnah sind. Dementsprechend muss die Verteilung der generierten Parameter berücksichtigt werden. Weiter muss auch die Korrelation zwischen den verschiedenen Parametern beachtet werden. So weist ein Brett, welches einen hohen Elastizitätsmodul besitzt, im Normalfall auch eine hohe Druckfestigkeit auf. Es besteht folglich eine hohe Korrelation zwischen dem Elastizitätsmodul und der Druckfestigkeit.

Wenn die Streuung der Parameter und deren Korrelation bei der Simulation berücksichtigt wird, sind die generierten Realisationen wohl zufällig, in der Summe aller Realisationen entspricht die Simulation aber in guter Näherung der real vorkommenden Grundgesamtheit. Anhand der Monte-Carlo-Simulation wurden die durchgeführten Versuche nachgebildet. Ein Vergleich mit den Resultaten der Versuche hat gezeigt, dass sowohl die Mittelwerte als auch die Variationskoeffizienten der Versuchsserien gut nachgebildet werden können. Viel interessanter als der direkte Vergleich ist jedoch die Möglichkeit, die Untersuchungen auszuweiten. Anhand der Monte-Carlo-Simulation lassen sich auch Versuchsanordnungen simulieren, die im Rahmen der experimentellen Untersuchungen nicht getestet wurden. So können zum Beispiel Untersuchungen zur Stützenlänge, zur planmässigen Exzentrizität der angreifenden Last oder zu den Querschnittsabmessungen (Homogenisierungs-Effekt) durchgeführt werden. In Abb. 6 sind die anhand der Monte-CarloSimulationen durchgeführten Untersuchungen zum Einfluss der Stützenlänge für Stützen aus Brettschichtholz GL24h und GL32h dargestellt. Es sind Mittelwerte und verschiedene Fraktilwerte der Traglast in Abhängigkeit der Stützenschlankheit abgebildet. Weiter sind auch die Versuchsresultate dargestellt. 5 FOLGERUNGEN FÜR DIE BEMESSUNG 5.1 Bemessungskonzepte Aus dem Vergleich zwischen den Resultaten gemäss den Normen SIA 265 (2012) und EN 1995-1-1 (2010) und den Resultaten der Monte-Carlo-Simulationen 39


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Abb. 6: Traglast , in Abhängigkeit der Schlankheit für Stützen mit einer Lastexzentrizität = 15 mm aus Brettschichtholz GL24h (links) und GL32h (rechts): Resultate der Monte-Carlo-Simulation und Versuchsresultate.

können Folgerungen für die Bemessung abgeleitet werden. Abb. 7 zeigt den Vergleich zwischen den charakteristischen Traglasten (5%-Fraktilwerte) gemäss den Normen SIA 265 (2012) und EN 1995-1-1 (2010) und den 5%-Fraktilwerten aus den MonteCarlo-Simulationen. Beispielhaft wurde wiederum die Stütze gemäss Abb. 3 für den Vergleich gewählt. Anhand dieses Vergleiches können einige Differenzen zwischen den Resultaten gemäss der Norm SIA 265 (2012) und der Monte-Carlo-Simulationen festgestellt werden: – Es kann eine zufriedenstellende Übereinstimmung zwischen den mit dem Ersatzstabverfahren berechneten charakteristischen Werten der Traglast und den anhand der Monte-Carlo-Simulationen berechneten 5%-Fraktilwerten gefunden werden. Einzig bei gedrungenen Stützen ( < 50) unterschätzt die Norm die tatsächliche Traglast. – Auch die nach Theorie II. Ordnung berechneten charakteristischen Traglasten liegen für gedrungene Stützen ( < 50) unter den 5%-Fraktilwerten der Monte-Carlo-Simulationen. – Bei Stützen mittlerer und grosser Schlankheit ( > 50) liegend die charakteristischen Werte, welche anhand der Theorie II. Ordnung gemäss der Norm SIA 265 (2012) berechnet wurden, teilweise deutlich über den 5%-Fraktilwerten der Monte-CarloSimulationen. 40

Ausgehend von diesen Erkenntnissen lassen sich einigen Folgerungen für die beiden Bemessungskonzepte ableiten. Für die Differenzen für gedrungene Stützen beim Ersatzstabverfahen kann ein wesentlicher Grund gefunden werden. Die aus den Bemessungswerten gemäss Norm SIA 265 (2012) berechneten charakteristischen Werte der Druckfestigkeit sind etwas tief, weil die Bemessungswerte der Druckfestigkeit gemäss der Norm SIA 265 (2012) etwas vorsichtig sind. Die resultierenden charakteristischen Werte der Druckfestigkeit gemäss der Norm EN 1995-1-1 (2010) sind etwas höher. Auch die charakteristischen Werte der Druckfestigkeit, welche im Anhang B der Norm SIA 265 (2012) angegeben sind, sind etwas höher. Für die Bemessung anhand der Theorie II. Ordnung gilt diese Aussage genauso. Auch hier resultiert die Unterschätzung der Traglast bei gedrungenen Stützen aus den vorsichtigen charakteristischen Werten der Druckfestigkeit. Für die Überschätzung der Traglast für Stützen mit einer Schlankheit > 50 lassen sich hingegen zwei andere Hauptgründe finden: – Das Bemessungskonzept für die Anwendung der Theorie II. Ordnung basiert auf Mittelwerten des Elastizitätsmoduls parallel zur Faserrichtung. Da der Elastizitätsmodul relevant für die Traglast ist, sollte die Bemessung auf dem 5%-Fraktilwert basieren (gleiche Basis wie Festigkeitseigenschaften).


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

Ein ähnliches Konzept wurde bereits von RoĹĄ et al. (1931) vorgeschlagen. Auch in der Norm SIA 164 (1981) war fĂźr Fachwerkstäbe mit einer Schlankheit von < 100 eine Reduktion der Steifigkeit vorgesehen (siehe auch Dubas (1981)). Ein Vergleich zwischen dem angepassten Bemessungskonzept und den Monte-Carlo-Simulationen ist in Abb. 8 dargestellt. FĂźr den Vergleich wurde bei der Anwendung des angepassten Bemessungskonzeptes die leicht hĂśhere charakteristische Druckfestigkeit gemäss Anhang B der Norm SIA 265 (2012) angesetzt. Dadurch wird eine bessere Ăœbereinstimmung fĂźr gedrungene StĂźtzen erreicht. Der Knickmodul wurde gemäss Formeln (11) und (12) berĂźcksichtigt, was zu einer besseren Ăœbereinstimmung bei schlanken StĂźtzen fĂźhrt. So zeigen die charakteristischen Traglasten gemäss angepasstem Bemessungskonzept eine sehr gute Ăœbereinstimmung mit den 5%Fraktilwerten der Monte-Carlo-Simulationen. Abb. 7: Vergleich zwischen den Monte-Carlo-Simulationen und den Normen SIA 265 (2012) und EN 1995-1-1 (2010) fĂźr StĂźtzen aus Brettschichtholz GL24h.

– Die ĂœberfĂźhrung des vorhandenen Gleichgewichtsproblems in ein Spannungsproblem fĂźhrt zu Ungenauigkeiten bei der BerĂźcksichtigung des Einflusses des nichtlinearen Materialverhaltens. Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurde in Theiler (2014) ein angepasstes Bemessungskonzept vorgeschlagen. Dabei wird das grundlegende Bemessungskonzept (Formeln (7) bis (10)) nicht verändert. FĂźr die Berechnung der Schnittkräfte nach linearelastischer Theorie II. Ordnung soll jedoch anstelle des Bemessungswertes des Elastizitätsmoduls , ein Bemessungswert des Knickmoduls , verwendet werden. Dieser kann ausgehend vom 5%-Fraktilwert des Elastizitätsmoduls , bestimmt werden. fĂźr c,0,d f c,0,d 0.5 gilt:

Tk,d

E0,05

(11)

M M

ansonsten gilt:

Tk,d

T " c,0,d # 1 2 1 M f c,0,d ! # #$

E0,05

M

(12)

Dabei ist ein Beiwert welcher anhand der MonteCarlo-Simulationen bestimmt wurde. FĂźr Vollholz kann ein Wert von = 3.0 und fĂźr Brettschichtholz ein Wert von = 4.0 verwendet werden.

5.2 Holzfeuchte und Lastdauer Obwohl der Schwerpunkt der an der ETH ZĂźrich durchgefĂźhrten Forschungsarbeit nicht auf dem Einfluss von Holzfeuchte und Lastdauer lag, lassen sich dennoch einige Folgerungen fĂźr die Bemessung ableiten. Beim Ersatzstabverfahren wird der Einfluss von Holzfeuchte und Lastdauer vereinfacht erfasst. So werden beim Nachweis der Tragfähigkeit nach Formel (6) die Festigkeiten mit den Faktoren und reduziert. Es handelt sich um eine globale Reduktion der Traglast. Es wird nicht unterschieden, ob fĂźr das Versagen die Festigkeit oder die Steifigkeit (Stabilitätsversagen) verantwortlich ist. Da die Festigkeitseigenschaften im Allgemeinen stärker von Holzfeuchte und Lastdauer beeinflusst werden, handelt es sich um eine auf der sicheren Seite liegende Vereinfachung. Bei der Anwendung der Theorie II. Ordnung kann der Einfluss von Holzfeuchte und Lastdauer etwas genauer berĂźcksichtigt werden. So wird in der Norm SIA 265 (2012) beim Faktor zur BerĂźcksichtigung des Einflusses der Holzfeuchte eine Unterscheidung zwischen Festigkeitseigenschaften und Steifigkeitseigenschaften vorgenommen. Nicht abgedeckt durch diese Beiwerte sind die Effekte infolge Kriechens des Holzes. Bei Bauteilen, welche nicht oder nur teilweise vor der Witterung geschĂźtzt sind und bei denen die ständigen und quasiständigen Lasten einen wesentlichen Anteil der Gesamtlast ausmachen, sollten KriecheinflĂźsse berĂźcksichtigt werden. In der zurĂźckgezogenen Norm DIN 1052 (2008) wurde vorgeschlagen eine Reduktion der Steifigkeit mit dem Faktor 1â „ 1 vorzu41


Stabilität von druckbeanspruchten Bauteilen aus Brettschichtholz

teilweise vor der Witterung geschützt ist und die ständigen und quasi-ständigen Lasten einen wesentlichen Anteil der Gesamtlast ausmachen. 7 LITERATUR Blaß H.J. (1987). Tragfähigkeit von Druckstäben aus Brettschichtholz unter Berücksichtigung streuender Einflussgrössen. Dissertation, Universität Fridericiana Karlsruhe, Karlsruhe. DIN 1052 (2008). Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbauwerken – Allgemeine Bemessungsregeln und Bemessungsregeln für den Hochbau. Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin. Dubas P. (1981). Stabilitätsprobleme. In: Einführung in die Norm SIA 164 (1981) – Holzbau, Lehrstuhl für Baustatik und Stahlbau, ETH Zürich, Zürich. 119–154.

Abb. 8: Vergleich zwischen den Monte-Carlo-Simulationen und dem angepassten Bemessungskonzept für Stützen aus Brettschichtholz GL24h.

nehmen, wenn der Anteil der ständigen und quasiständigen Lasten 70% der Gesamtlast überschreitet. Dabei ist der Kriechfaktor. 6 SCHLUSSFOLGERUNGEN Ausgehend von den durchgeführten Untersuchungen konnten die in der Norm SIA 265 (2012) vorhandenen Bemessungskonzepte beurteilt werden und es konnten einige Verbesserungsvorschläge gemacht werden. So konnte gezeigt werden, dass die Bemessung anhand des Ersatzstabverfahrens im Normalfall zu sicheren und wirtschaftlichen Resultaten führt. Demgegenüber konnte aber auch gezeigt werden, dass die Bemessung von Holzbauteilen unter Druckbeanspruchung oder unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung anhand der Theorie II. Ordnung zu einer Überschätzung der Traglast führen kann. Insbesondere für Bauteile mittlerer und grosser Schlankheit ( > 50) kann die Überschätzung der Traglast bis zu 30% betragen. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wurde ein angepasstes Bemessungskonzept vorgeschlagen. So soll für die Bemessung der Schnittkräfte anhand der Theorie II. Ordnung ein Bemessungswert des Knickmoduls , verwendet werde. Dieser soll ausgehend vom 5%-Fraktilwert des Elastizitätsmoduls anhand der Formeln (11) und (12) bestimmt werden. Der Einfluss von Holzfeuchte und Lastdauer wird in der SIA 265 (2012) mit einer ausreichenden Genauigkeit erfasst. Kriecheinflüsse sollten zusätzlich berücksichtigt werden, wenn das zu bemessende Bauteil nicht oder nur 42

EN 1995-1-1 (2010). Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten – Teil 1-1: Allgemeines – Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau. Europäisches Komitee für Normung, Brüssel. Engesser F. (1889). Ueber die Knickfestigkeit gerader Stäbe. Zeitschrift des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Hannover, 35. 455–462. Kármán T. (1910). Untersuchungen über Knickfestigkeit. In: Mitteilungen über Forschungsarbeiten auf dem Gebiete des Ingenieurwesens insbesondere aus den Laboratorien der technischen Hochschulen, Heft 81, Springer, Berlin, Heidelberg. Köhler J., Frangi A., Steiger R. (2008). On the role of stiffness properties for ultimate limit state design of slender columns. In: Proceedings of CIB-W18 Meeting 41, Paper No. 41-1-1, St. Andrews. Kollbrunner C., Meister M. (1961). Knicken, Biegedrillknicken, Kippen, Zweite Auflage. Springer, Berlin, Göttingen, Heidelberg. Roš M., Brunner J. (1931). Die Knickfestigkeit der Bauhölzer. In: Kongress des internationalen Verbandes für Materialprüfung, Zürich. Shanley F. (1947). Inelastic column theory. Journal of the Aeronautical Sciences, 14(5), 261–268. SIA 164 (1981). Holzbau. Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich. SIA 265 (2012). Holzbau. Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich. Theiler M., Frangi A., Steiger R. (2013). Strain-based calculation model for centrically and eccentrically loaded timber columns. Engineering Structures, 56. 1103–1116. Theiler M. (2014). Stabilität von axial auf Druck beanspruchten Bauteilen aus Vollholz und Brettschichtholz. Dissertation, ETH Zürich, Zürich. Theiler M., Frangi A. (2015): Knickversuche mit Brettschichtholzstützen unter exzentrischer Normalkraftbeanspruchung. IBK-Bericht, Institut für Baustatik und Konstruktion, ETH Zürich, Zürich, Veröffentlichung in Vorbereitung.


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen Michael Klippel, ETH Zürich

1 EINLEITUNG Geklebte Verbindungen werden im Holzbau seit mehr als 100 Jahren verwendet. Das erste Patent für Brettschichtholzträger erhielt Otto Hetzer im Jahr 1906. Zur Verklebung wurden zunächst insbesondere Kasein Klebstoffe verwendet, die in den früheren 1940er Jahren von Phenol-Formaldehyd-Klebstoffen ersetzt wurden. Um niedrigere Aushärtetemperaturen zu erreichen und die Klebefestigkeit zu erhöhen, wurden später zusätzliche Komponenten, wie beispielsweise Resorcin, dem Klebstoff beigemischt. Die zu dieser Zeit neuartigen (Phenol)-Resorcin-Formaldehyd Klebstoffe (RF/PRF) erzielten schnell grosse Erfolge, da nun Klebverbindungen mit ausgezeichneten Festigkeiten und Langzeitverhalten hergestellt werden konnten. Diese neuen Klebverbindungen wiesen zudem eine hohe Widerstandsfähigkeit bei erhöhten Temperaturen auf, wodurch auch ein hervorragendes Verhalten im Brandfall erreicht werden konnte. Seit den 1970er Jahren wurden neuartige Klebstoffe entwickelt. Die neuen Melamin-(Harnstoff)-Formaldehyd (MF/MUF) Klebstoffe sind günstiger und härten schneller aus. Die Entwicklung neuartiger 1-Komponenten Polyurethan (PUR) Klebstoffe für den Einsatz im strukturellen Holzleimbau begann 1985 in der Schweiz. PUR Klebstoffe sind formaldehydfrei, da gesundheitliche und umweltbezogene Gesichtspunkte die Entwicklung neuer Klebstoffe beeinflussten. Aufgrund neuer Anforderungen hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit von Klebstoffen, insbesondere in Nordamerika, wurden die neuartigen Klebstoffe praktisch vom Markt verbannt. Diese neuen Anforderungen gründen allerdings auf keiner wissenschaftlichen Basis und stellen eine hohe Hürde für die Klebstoffhersteller dar. Die Entwicklung und Anwendung neuer Klebstofftechnologien wird hierdurch enorm erschwert. Aus diesem Grund wurden die vorliegenden Untersuchungen durchgeführt. Das Ziel war es klare wissenschaftlich begründete Anforderungen zu identifizieren, die Klebstoffe bei der Anwendung in

tragenden Holzbauteilen wie Brettschichtholz im Brandfall erfüllen müssen. Bemessungsmodelle für tragende Holzkonstruktionen im Brandfall, wie z.B. die „Methode mit reduziertem Querschnitt” nach SIA 265 (2012) bzw. EN 19951-2 (2010), berücksichtigen in der Regel die Querschnittsreduktion durch den Abbrand sowie die temperaturabhängige Reduzierung von Festigkeit und Steifigkeit des unverkohlten Restquerschnittes. Für geklebte Holzbauteile wie Brettschichtholzträger wird angenommen, dass der Klebstoff das Branderhalten nicht signifikant beeinflusst. In der vorliegenden Arbeit wurden zwölf verschiedene Klebstoffe untersucht, die entweder im strukturellen Holzleimbau verwendet werden oder keine Zulassung für den strukturellen Holzleimbau besitzen und beispielsweise in der Möbelindustrie eingesetzt werden. Mit diesen Klebstoffen wurden keilgezinkte Holzlamellen hergestellt, die auf dem kleinen Horizontalofen der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) unter einer Zugbelastung und einem Normbrand gemäss ISO 834 (1999) geprüft wurden. Die experimentellen Untersuchungen wurden durch numerische Berechnungen erweitert und der Einfluss des Klebstoffes auf den Feuerwiderstand von Brettschichtholzträgern bestimmt. Der vorliegende Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse dieser experimentellen und numerischen Untersuchungen zusammen. Zudem werden aktuelle Erkenntnisse zur Bemessung von Brettsperrholz im Brandfall diskutiert. 2 GRUNDLAGEN BRANDVERHALTEN VON HOLZ Wird dem Holz genügend Wärme zugeführt, beginnt es, sich in einem thermischen Prozess (Pyrolyse) unter Bildung von Holzkohle und brennbaren Gasen zu zersetzen. Hierdurch verliert das Holz an Steifigkeit und Festigkeit. Die Kohleschicht besitzt eine geringere Wärmeleitfähigkeit und schützt daher das innere Holz vor der Wärmeeinwirkung. Die Bemessung von Holzbauteilen im Brandfall erfolgt in der Regel über die Bestimmung des Abbran43


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

Legende: 1

Anfängliche Oberfläche des Bauteils

2

Grenze des verbleibenden Restquerschnittes

3

Grenze des ideellen Restquerschnittes

Abb. 1: Definition des verbleibenden und ideellen Restquerschnittes gemäss SIA 265 (2012).

des, wobei für ungeschützte Holzbauteile vereinfacht die Abbrandrate als konstant über die Zeit angenommen wird. Als Abbrandrate (im Folgenden mit β bezeichnet) wird der zeitliche Verlauf der thermischen Zersetzung von Holz bezeichnet und ist als Verkohlungstiefe bezogen auf die Branddauer in mm/Min. definiert. Als Abbrandgrenze kann die Lage der 300°C-Isotherme angenommen werden (EN 1995-1-2, 2004). Die Abbrandrate für den eindimensionalen Abbrand β0 von Nadelholz bei einer ISONormbrandbeanspruchung kann gemäss EN 1995-1-2 und der Lignum Brandschutz Dokumentation 3.1 (2011) zu β0 = 0.65 mm/Min. angenommen werden. Zur Berücksichtigung der Effekte der Eckausrundungen und von Rissen definieren die meisten Normen Abbrandraten, die grösser sind als diejenige für den eindimensionalen Abbrand. Die Abbrandrate, die diese Auswirkungen berücksichtigt, wird gemäss SIA 265 als ideelle Abbrandrate βn (notional charring rate) bezeichnet und kann für Brettschichtholz vereinfacht zu βn = 0.7 mm/Min. angenommen werden. Die Abbrandtiefe dchar,n berechnet sich durch die Multiplikation der Abbrandrate βn mit der Branddauer t. Die Brandeinwirkung führt nicht nur zu einem Querschnittsverlust (Bildung von Holzkohle), sondern auch zu einer temperaturbedingten Abnahme der Festigkeit und Steifigkeit des unter der Kohleschicht vorhandenen Holzes. Um diesen Effekt zu berücksichtigen, kann die Methode mit reduziertem Querschnitt (Reduced Cross-Section Method) gemäss SIA 265 bzw. EN 1995-1-2 verwendet werden. Bei dieser Methode wird die Abnahme der Festigkeit und Steifigkeit des vorhandenen Holzes durch Reduzierung des verbleibenden Restquerschnittes um eine bestimmte Grösse berücksichtigt. Der daraus resultierende Querschnitt wird als ideeller Restquerschnitt bezeichnet (Abbil44

dung 1). Es wird angenommen, dass das Material nahe der Abbrandgrenze mit der Schichtdicke k0·dred keine Festigkeit und Steifigkeit aufweist, während die mechanischen Holzeigenschaften des ideellen Restquerschnittes denjenigen des Ausgangsquerschnittes bei Normaltemperatur entsprechen. Der Tragwiderstand im Brandfall kann folglich mit den Festigkeitsund Steifigkeitswerten bei Normaltemperatur ermittelt werden (kmod,fi = 1.0). In der SIA 265 wird der Einsatz von im Brandfall beständigen Klebstofftypen gefordert (SIA 265, 4.5.2.3). Zudem ist die Tragfähigkeit des Klebstoffes während der geforderten Feuerwiderstandsdauer und der zu erwartenden Temperatureinwirkung zu gewährleisten (SIA 265, 4.5.2.7). Hiermit wird dem Ingenieur eine gewisse Freiheit und Eigenständigkeit bei der Bemessung zugesprochen. Es wird erwartet, dass der Bemessungsingenieur entsprechendes Know-how über das Verhalten des geklebten Holzbauteils im Brandfall besitzt. In EN 1995-1-2 wird erwähnt, dass „durch Klebstoffe für bauliche Zwecke Verbindungen herstellbar sein müssen, die eine ausreichende Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Klebfuge während der massgebenden Feuerwiderstandsdauer gewährleisten“. EN 1995-1-2 gibt jedoch keine weiteren konkreten Angaben. Klebstoffe, die zur Gruppe der Phenole und Aminoplaste gehören, müssen die Anforderungen nach EN 301 (2013) erfüllen. PUR-Klebstoffe werden nach EN 15425 (2008) geprüft, während Emulsionpolymer-isocyanate (EPI) nach EN 16254 (2013) zertifiziert werden. In Bezug auf die Festigkeitsentwicklung bei hohen Temperaturen werden die geklebten Prüfkörper bei maximal 90°C über zwei Wochen konstant belastet. 3 BRANDVERSUCHE AN KEILGEZINKTEN HOLZLAMELLEN Umfangreiche Brandversuche wurden auf dem kleinen Horizontalofen mit Abmessungen von 1,0 x 0,8 m mit einer Brandeinwirkung nach ISO 834 an der Empa in Dübendorf durchgeführt. Dabei wurde das Brandverhalten von keilgezinkten Holzlamellen untersucht, die mit verschiedenen Klebstoffarten verklebt wurden. Insgesamt wurde in 49 Brandversuchen der Einfluss von 12 verschiedenen Klebstoffen auf den Feuerwiderstand von keilgezinkten Holzlamellen untersucht. Hierbei wurden alle gängigen im tragenden Holzleimbau eingesetzten Klebstoffarten untersucht (PUR, MUF, PRF, EPI). Des Weiteren wurden Keilzinkenverbindungen geprüft, die mit im nicht-tragenden Holzbau eingesetzten Klebstoffen hergestellt wurden (UF, MUF, PUR, PVAc).


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

Schnitt 450

850

Stück 1

Schutzlamellen 40

Stück 2

40 Keilzinkung 50

350

50

200

250

350

280

Prüflamelle 50

3500

140 in [mm]

Klebstoff in der Klebfuge zwischen Prüflamelle und Schutzlamellen

Abb. 2: Standardaufbau und -abmessungen der Probekörper für die Brandversuche.

Neben den Klebstoffen wurden der Einfluss der Breite der Probekörper, der Belastung sowie der Brandeinwirkung auf die Tragfähigkeit der keilgezinkten Brettschichtholzlamelle untersucht. Die Geometrie des Probekörpers und der Ablauf der Brandversuche wurden so gewählt, um – den Einfluss der Keilzinkung im Allgemeinen und insbesondere den Einfluss verschiedener Klebstoffe auf die Tragfähigkeit zu untersuchen. – ein Versagen zu unterschiedlichen Branddauern zu erreichen und somit die Festigkeit des Klebstoffes bei verschiedenen Temperaturprofilen im Querschnitt zu untersuchen. – den Unterschied in der Versagenszeit von an verschiedenen Stellen in Querschnittshöhe positionierten keilgezinkten Holzlamellen zu ermitteln. Dies wurde anhand von Versuchen untersucht, bei denen die keilgezinkte Brettlamelle im Vergleich zum Probekörper in Abbildung 2 lediglich durch eine 40 mm dicke Brettlamelle an ihrer Unterseite geschützt wurde. – eine reine Zugbelastung in der Prüflamelle zu erreichen (und keine Biegebeanspruchung mit linearem Spannungsverlauf über die Höhe der Prüflamelle). Die gewählte konstante Zugbelastung während den Brandversuchen entsprach ca. 30% des bei Normaltemperatur ermittelten Zugwiderstandes. Dieses Lastniveau bzw. dieser Ausnutzungsgrad ergibt sich typischerweise unter Berücksichtigung der Bemessung bei Normaltemperatur nach EN 1995-1-1 (2004) bzw. im Brandfall nach EN 1995-1-2 (2004). Abbildung 2 zeigt den Standardaufbau und die Abmessungen des Probekörpers im Brandversuch. Der Probekörper bestand aus einer Prüflamelle mit einer Keilzinkung in der Mitte. Auf der Unter- und Oberseite

Abb. 3: Versuchsaufbau der Brandversuche.

wurden sogenannte nichttragende Schutzlamellen angebracht, die aus jeweils drei 40 mm dicken Brettlamellen bestanden. Hierdurch konnte bei diesen Versuchen während der gesamten Branddauer ein 1dimensionaler Abbrand von beiden Seiten im Bereich der Keilzinkung sichergestellt werden. Die Auswertung der Versuchsresultate vereinfacht sich hierdurch wesentlich. Der Versuchsablauf erfolgte gemäss EN 1363-1 (1999) mit einer auf den Prüfkörper aufgebrachten konstanten Zugkraft parallel zur Holzfaser. Abbildung 3 zeigt die Zugeinrichtung auf dem Horizontalofen. Während des Brandversuchs wurde der Brandraum mit einer Abdeckung geschlossen. Nach dem Brandversuch wurde der Brandraum geöffnet, der Versuchskörper aus dem Brandraum gehoben und sofort mit Wasser abgelöscht. Bei zwei unbelasteten Probekörpern wurden bei der Herstellung jeweils 20 Thermoelemente angeordnet, um während des Brandversuchs den Temperaturgradienten im Querschnitt zu messen. Die Temperaturen wurden im Abstand von 30, 50 und 70 mm zur feuerzugewandten Seite gemessen. Die Temperaturen wurden zudem mit Hilfe einer thermischen finiten Elemente Analyse berechnet. Es wurde eine gute Übereinstimmung zwischen gemessenen Temperaturen und thermischer FE-Analyse festgestellt (vgl. Abbildung 4). Zudem ist zu erkennen, dass selbst nach einer Stunde Brandeinwirkung auf das Holzbauteil geringe Temperaturen (< 100°C) im Innern des Querschnitts gemessen werden. Der für Holzquerschnitte charakteristische steile Temperaturgradient führt dazu, dass innerhalb einer Strecke von ca. 40 mm eine Temperatur von 800°C abgebaut wird. Eine detaillierte Auswertung der Temperaturprofile zum Zeitpunkt des Versagens der Probekörper im Brandfall zeigte, dass die in einem Brettschichtholzträger eingesetzten Klebstoffe eine ausrei45


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

1000

Tempera ur [°C]

900

Messergebnisse Simulation (FEM)

800

30 MIN 60 MIN

700 600

x

500

x

140mm

400

4 NUMERISCHE SIMULATIONEN

300

4.1 Numerische Simulationen an keilgezinkten Holzlamellen

200 100 0

0

20

40

60 80 100 120 140 Breite Prüfkörper [mm]

Abb. 4: Temperaturprofil nach 30 und 60 Minuten Brandeinwirkung im Holzquerschnitt.

chende Restfestigkeit für den Brandfall bis maximal 140°C benötigen (Klippel, 2014). Anhand der Brandversuche konnte das reale Tragverhalten der Keilzinkenverbindung im Brandfall sehr gut untersucht werden. Der Aufbau der Prüfkörper wurde so gewählt, dass ein Versagen in der Keilzinkung eintreten sollte. Es wurde Holz der Festigkeitsklasse C30 nach EN 338 (2009) sowie L36 und L40 nach EN 14081-4 (2009) verwendet. Allerdings erfolgte bei einigen Versuchen das Versagen ausserhalb der Keilzinkung im Bereich eines Astes. Dies deutet darauf hin, dass die Keilzinkung (unabhängig des verwendeten Klebstoffes) bei Holz üblicherweise verwendeter Festigkeitsklassen die Tragfähigkeit im Brandfall kaum beeinflussen sollte. Abbildung 5, rechts zeigt die in den Brandversuchen beobachteten Bruchbilder. Das Versagen trat grundsätzlich in der Keilzinkung (a und b), in Form eines Mischversagens (c), sowie ausserhalb der Keilzinkung (d) auf. Beim „Versagen in der Keilzinkung“ wurde zudem zwischen einem Versagen entlang der Keilzinken (a) und einem Versagen durch Erreichen der Zugfestigkeit der Holzfasern im Bereich der Keilzinkung unterschieden (b). Die Brandversuche zeigten, dass der Feuerwiderstand von der Versagensart dominiert wurde. Unter Berücksichtigung der beobachteten Bruchbilder liessen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den geprüften strukturellen Klebstoffen feststellen, die nach aktuellen europäischen Prüfnormen zugelassen sind. Strukturelle Klebstoffe erreichten einen ausreichenden Feuerwiderstand während einige Klebstoffe, die diese europäischen Normen nicht erfüllen, zu einem unzureichenden Feuerwiderstand der Verbin46

dung führten. Aus diesem Grund kann zur Beurteilung des Verhaltens von Klebstoffen in Brettschichtholzträgern im Brandfall auf die Einführung einer zusätzlichen Testmethode bei erhöhten Temperaturen in Europa verzichtet werden. Aktuelle europäische Normen stellen bereits eine ausreichende Hürde bei der Zulassung der Klebstoffe dar, so dass eine ausreichende Festigkeit von Klebstoffen für den Einsatz in Brettschichtholz im Brandfall sichergestellt ist.

Die vorgängig vorgestellten Brandversuche wurden mit der finite Elemente (FE) Software Abaqus numerisch analysiert. Es wurde ein Modell einer keilgezinkten Lamelle entwickelt, die wie in den Brandversuchen einer Zugbelastung und einem ISO-Normbrand ausgesetzt wurde. Hierzu wurde zunächst eine thermische Analyse durchgeführt, um den Temperaturverlauf im Holzquerschnitt mit zunehmender Branddauer zu simulieren. Die temperaturabhängigen Materialeigenschaften von Holz wurden gemäss EN 1995-1-2 verwendet. Der Klebstoff hat auf die Temperaturverteilung im Bereich der Keilzinkung keinen wesentlichen Einfluss und wurde aus diesem Grund vernachlässigt. Abbildung 4 zeigt, dass die Simulationen mit den Messergebnissen sehr gut übereinstimmten. In einem zweiten Simulationsschritt wurden die zuvor simulieren Temperaturen als Eingangswert für die thermisch-mechanische Analyse verwendet. Hierbei wurde, analog zu den Brandversuchen, zunächst eine Zugbelastung auf das Modell aufgebracht und anschliessend der Querschnitt dem ISO-Normbrand ausgesetzt bis die Last nicht mehr konstant gehalten werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt ist der Feuerwiderstand erreicht und die Simulation wird automatisch abgebrochen. Die Reduktion der temperaturabhängigen Festigkeit in den Simulationen wurde ebenfalls gemäss EN 1995-1-2 beschrieben. EN 1995-1-2 gibt für die Abnahme der Festigkeit mit zunehmender Temperatur eine vereinfachte bi-lineare Beziehung mit einem Knickpunkt bei 100°C an. Bei Normaltemperatur (20°C) hat der Querschnitt die volle Festigkeit. Mit einer Zunahme der Temperatur nimmt die Festigkeit ab. Erreicht der Querschnitt eine Temperatur von 300°C, so ist das Holz vollständig in Holzkohle umgewandelt und besitzt keine Restfestigkeit und steifigkeit mehr. Die Festigkeit bei 100°C für auf Zug belastete und einem ISO-Normbrand ausgesetzte Holzquerschnitte beträgt 65% nach EN 1995-1-2. Dieser Wert bezieht sich auf die Festigkeit bei 20°C


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

Prüfkörperbreite b [mm] PUR (P2) PUR (P3) PUR (P4) PUR (P6) EPI PRF MUF (M1) MUF (M2)

200

PUR (P7) PVAc UF MUF (M3)

Belastungsniveau: 0.3 Fu Nicht-strukturelle Klebstoffe

40 mm b

Solid wood (V)

b d d

c c 140mm

140 b

c

b

d

d

d

80mm

80 a) Versagen entlang Keilzinken (Alle Versuche ohne weitere Erklärung) b) Versagen der Keilzinken (im Keilzinkengrund) c) Mischversagen d) Versagen im Vollholzbereich (Schwachstelle, Ast, etc.)

0

10

20

30

40

50 60 70 80 90 Feuerwiderstand [min]

Abb. 5: Feuerwiderstand für verschiedene Querschnitte (Breite: 80, 140 und 200 mm) in Abhängigkeit des Klebstoffes in der Keilzinkung (links), Versagensarten in den Brandversuchen (rechts).

1.0

Reduktionsfaktor k [-] M3 (MUF) M1 (MUF) UF PRF (Holzversagen) P2 (PUR) M2 (MUF) P4 (PUR) P6 (PUR) EPI P3 (PUR) P7 (PUR) PVAc Frühzeitiges Holzversagen

0.8

Nicht-strukturelle strukturelle Klebstoffe Klebstoffe

0.6 0.4 0.2 0.0

0

50

100

150

200 250 300 Temperatur [°C]

Abb. 6: Temperaturabhängige Festigkeit von keilgezinkten Holzlamellen in Abhängigkeit des Klebstoffes.

eines Vollquerschnittes ohne Keilzinkung und stellt ein „effektiver“ Wert dar. Dieser „effektive“ Wert beschreibt nicht das reale Verhalten von Holz bei hohen Temperaturen. Vielmehr wurde dieser anhand von numerischen Simulationen bestimmt und berücksichtigt komplexe Effekte innerhalb eines durch ISONormbrand beanspruchten Holzquerschnittes, z.B. Massentransport infolge Verdunstung. Für keilgezinkte Holzquerschnitte hängt die Festigkeit bei 100°C von dem verwendeten Klebstoff in der Keilzinkung ab. Hierfür existierten allerdings bisher keine Angaben. Für auf Zug belastete keilgezinkte Holzquerschnitte wurde festgestellt, dass bei Normaltemperatur –

unabhängig vom verwendeten Klebstoff – etwa 85% der Festigkeit eines Vollquerschnittes erreicht wird (Klippel und Frangi, 2014). Unter Verwendung dieser reduzierten Festigkeit bei Normaltemperatur wurde nun die Reduktion der Zugfestigkeit mit der Zunahme der Temperatur für einem ISO-Normbrand ausgesetzte keilgezinkte Holzlamellen in Abhängigkeit des Klebstoffes bestimmt. Dieses Vorgehen wurde bereits für die im EN 1995-1-2 angegeben bi-linearen temperaturabhängigen Beziehungen für die Festigkeit und Steifigkeit von Holz angewendet (König und Walleij, 1999). Abbildung 6 zeigt die temperaturbedingte Abnahme der Festigkeit für keilgezinkte Lamellen, die auf Zug belastet sind in Abhängigkeit des Klebstoffes in der Keilzinkung. Für strukturelle Klebstoffe, die nach aktuellen europäischen Normen zur Verwendung im tragenden Holzleimbau zugelassen sind, wurde eine minimale „effektive“ Festigkeit bei 100°C von 30% der Festigkeit bei Normaltemperatur ermittelt. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass diese vereinfachten bilinearen Beziehungen nur für auf Zug belastete und einem ISO-Normbrand ausgesetzte keilgezinkte Querschnitte gelten. 4.2 Numerische Simulation an Brettschichtholzträgern Nach der Analyse von einzelnen keilgezinkten Holzlamellen wurden weitere numerische Simulationen an Brettschichtholzträgern durchgeführt. Hierbei wurde ein 3-dimensionales FE Modell mit Abaqus entwickelt, welches die variablen Materialeigenschaften von Holz berücksichtigt. Die temperaturabhängige Festigkeit 47


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

Höhe [mm]

a) Lokale Steifigkeit (MOE)

[103N/mm2] 20

320 280 240 200 160 120 80 40

15 10 5 0

1000

2000

Höhe [mm]

b) Lokale Festigkeit ft

3000

Länge [mm]

4000

5000

6000

0 [N/mm2]

320 280 240 200 160 120 80 40

100

75 50

25 0

1000

2000

3000

Länge [mm]

4000

5000

6000

0

Abb. 7: Beschreibung der Festigkeit und Steifigkeit eines Brettschichtholzträgers im FE-Modell, die vertikalen schwarzen Striche zeigen die Position der Keilzinken.

und Steifigkeit für druck- und zugbeanspruchte Bereiche des Trägers wurde, wie bereits für die Simulation der keilgezinkten Holzlamellen, mit den Angaben in EN 1995-1-2 beschrieben. Ein in der Abaqus Bibliothek verwendetes Materialgesetz („Concrete Damaged Plasticity”) wurde verwendet zur Beschreibung eines spröden Versagens von auf Zug beanspruchten Elementen und eines plastischen Verhaltens von auf Druck beanspruchten Elementen. Vereinfacht wurde die gleiche Steifigkeit der Elemente für den Zug- und Druckbereich angenommen. Die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften variieren entlang einer Holzlamelle. Durch Äste oder andere Schwachstellen im Holz wird die Festigkeit und Steifigkeit lokal reduziert (Abbildung 7). Um diese Reduktion von Festigkeit und Steifigkeit bei der Simulation von Brettschichtholzträgern zu berücksichtigen, wurde ein probabilistisches Modell von Fink (2014) verwendet. Weitere Informationen zu diesem Modell sind in (Fink und Kohler 2014, Fink et al., 2014) zu finden. Die Erstellung, Simulation sowie die Auswertung der Ergebnisse wurde automatisiert, so dass es möglich wurde eine grosse Anzahl (1600 Simulationen) von verschiedenen Brettschichtholzträgern bei Normaltemperatur und unter einer ISO-NormbrandBeanspruchung zu simulieren. Bei Normaltemperatur wurde ein 4-Punkt-Biegeversuch bis zum Bruch des Trägers simuliert. Für den Brandfall wurde der gleiche Träger zunächst auf 30% der bei Normaltemperatur ermittelten Bruchlast belastet und anschliessend einem ISO-Normbrand ausgesetzt bis der Feuerwiderstand erreicht wurde und die Simulation abgebrochen wurde, da die konstante Last vom Restquerschnitt des Biegeträgers nicht mehr aufgenommen werden konnte. Mit diesem Vorgehen konnte der Einfluss von verschiedenen Faktoren auf den Feuerwiderstand von Brettschichtholzträgern untersucht werden: 48

– Festigkeitsklasse (GL24h und GL36h) – Abstand zwischen zwei Keilzinken: kurze Lamellen: L~N(2.15, 0.50) und lange Lamellen L~N(4.30, 0.71) in Anlehnung an (Larsen 1980, Ehlbeck et al., 1985) – Temperaturabhängige Festigkeit der Keilzinken zur Simulation von verschiedenen Klebstoffen in den Keilzinken. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren ergeben sich verschiedene Trägertypen: z.B. „GL24h, lang“ sind Brettschichtholzträger der Festigkeitsklasse GL24h und langen Brettern, d.h. Träger mit einer geringeren Anzahl von Keilzinken als ein BSH-Träger vom Typ „GL24h, kurz“. Es wurden Brettschichtholzträger mit den folgenden Querschnittsabmessungen modelliert: 320 x 140 [mm] (H x B). Der Abstand L der beiden Auflager war 5760 mm, so dass die in EN 408 (2010) empfohlene Beziehung von L = 18·H eingehalten wurde. Im Rahmen der Auswertung der 1600 Simulationen bei Normaltemperatur und im Brandfall von Brettschichtholzträgern waren insbesondere Informationen hinsichtlich Bruchlast, Feuerwiderstand und Versagensart (Versagen der Keilzinkung, Versagen durch Ast, Versagen im fehlerfreien Holzbereich) von Interesse. So können u.a. die folgenden Schlussfolgerungen gezogen werden: – Der Feuerwiderstand von Brettschichtholzträgern nimmt mit zunehmender Sensitivität der Klebstoffe auf die Temperatur ab. Dies bedeutet, dass der Feuerwiderstand von Brettschichtholzträgern im Mittel abnimmt, wenn der in der Keilzinkung verwendete Klebstoff eine geringere Festigkeit bei hohen Temperaturen aufweist. An dieser Stelle muss aber explizit darauf hingewiesen werden, dass die in der vorliegenden Arbeit geprüften in Europa zugelassenen strukturellen Klebstoffe eine ausreichende Festigkeit für Brettschichtholzträger im Brandfall sicherstellen. – Der Feuerwiderstand von Brettschichtholzträgern mit höherer Festigkeitsklasse (GL36h) reagiert empfindlicher auf die Reduzierung der Klebstofffestigkeit mit Zunahme der Temperatur als Brettschichtholzträger geringerer Festigkeitsklasse (GL24h). – Es konnte keine eindeutige Tendenz festgestellt werden, dass temperatursensitive Klebstoffe systematisch zu einem Versagen in der Keilzinkung des Brettschichtholzträgers im Brandfall führen. Ein frühzeitiges Versagen des BSH-Trägers konnte etwa zu gleichen Anteilen entweder auf ein Versagen


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0

glichen wurde, so dass der gleiche Biegewiderstand für beide Querschnitte erreicht wird.

Schichtdicke d red [mm] F/2

F/2 l/3

l/3

fm

l = 5760 mm

320

fm [mm]

140

M R , fi W fi ,ef

(1)

6 M R , fi

b 2 n t d red h n t d red

2

Mit GL24h, long GL24h, short GL36h, long GL36h, short Nicht-strukturelle

Klebstoffe

0.1

0.3

Reduktionsfaktor k 1.0 k

, ,

=100°C

strukturelle Klebstoffe

20

0.6

100

300 Temp [°C]

0.8 k 100°C [-]

Abb. 8: Schichtdicke dred für verschiedene Trägertypen (Festigkeitsklasse und Brettlänge) in Abhängigkeit der temperaturabhängigen Festigkeit des Klebstoffes in der Keilzinkung.

im Keilzinkenbereich oder auf ein Versagen im Bereich eines Astes zurückgeführt werden. – Die Bemessung von BSH-Trägern auf Biegung im Brandfall nach SIA 265 und EN 1995-1-2 („Methode des reduzierten Querschnittes“) sollte als Konsequenz aus den vorliegenden Untersuchungen unabhängig vom verwendeten strukturellen – und damit nach europäischen Normen für den tragenden Holzleimbau zertifizierten – Klebstoff erfolgen. 4.3 Auswertung der numerischen Simulationen an Brettschichtholzträgern mit der Methode des reduzierten Querschnittes Die Schichtdicke dred zur Berücksichtigung des Steifigkeits- und Festigkeitsverlustes in den oberflächennahen Bereichen wurde für die simulierten Brettschichtholzträger in einem weiteren Auswertungsschritt berechnet. Die Berechnung wurde mit der ideellen Abbrandrate βn durchgeführt, die für jeden einzelnen Träger bestimmt wurde. Die Schichtdicke dred wurde für die dreiseitig beflammten Träger mit Hilfe von Formel (1) zurückgerechnet. Die Biegefestigkeit bei Normaltemperatur fm wird dabei dem Quotienten aus Biegewiderstand im Brandfall MR,fi und dem effektiven Biegewiderstandsmoment im Brandfall Wfi,ef gleichgesetzt. Dies bedeutet, dass die Schichtdicke dred berechnet wurde, indem die Dicke des unverbrannten Restquerschnittes im Brandfall (Temperaturen im Querschnitt von kleiner als 300°C) mit der benötigten Dicke des effektiven Restquerschnittes ver-

Biegefestigkeit bei Normaltemperatur Biegewiderstand im Brandfall Effektives Biegewiderstandsmoment im Brandfall Ursprüngliche Breite des Querschnittes Ursprüngliche Höhe des Querschnittes Feuerwiderstand Ideelle Abbrandrate

Die Schichtdicke dred wurde für alle 1600 simulierten Träger berechnet. Der Mittelwert in Abhängigkeit der Klebstofffestigkeit in der Keilzinkung ist in Abbildung 8 für die verschiedenen simulierten Trägertypen dargestellt. Auf Grundlage von diesen Untersuchungen lassen sich für die Schichtdicke dred folgende Schlussfolgerungen ziehen: – Es wurde für die höhere Festigkeitsklasse leicht höhere dred Werte ermittelt. – Eine Modifikation von dred für Biegeträger aus Brettschichtholz sollte bei einer Revision von SIA 265 und EN 1995-1-2 diskutiert werden. Der geringste Wert für dred wurde unabhängig von der Festigkeitsklasse zu ungefähr 10 mm berechnet. Für Biegeträger aus Brettschichtholz wurde bereits in früheren Untersuchungen (Schmid et al., 2014) ein grösserer Wert als die aktuell verwendeten 7 mm bestimmt. Eine Erhöhung von dred = 7 mm auf 10 mm scheint vernachlässigbar, da dies eine Reduktion des Feuerwiderstandes von dreiseitig beflammten Biegeträgern aus Brettschichtholz um lediglich 4 Minuten bedeutet (Klippel 2014). 5 BRANDVERHALTEN VON BRETTSPERRHOLZPLATTEN Brettsperrholzplatten (BSP) stellen ein technisch und wirtschaftlich interessantes Produkt für den „modernen“ Massivholzbau dar und finden in den letzten Jahren einen vermehrten Einsatz als grossformatige Wand-, Decken- und Dachelemente im Wohn-, Industrie- und Gewerbebau. Für die Verklebung der einzelnen Brettlagen werden für den strukturellen Holzleimbau zugelassene Klebstoffe eingesetzt. Um das Brandverhalten von Brettsperrholzplatten zu untersu49


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

chen, wurden in den letzten Jahren umfangreiche Versuchsserien durchgeführt (Klippel et al., 2014). An der ETH Zürich wird das Brandverhalten von BSP schon seit mehreren Jahren eingehend untersucht. Auf Grundlage dieser Untersuchungen sowie von Versuchen, die von anderen Instituten durchgeführt wurden (z.B. Forintek/ Kanada, SP Trätek/ Schweden, Ivalsa, Trento/ Italien), können die folgenden wichtigen Punkte zur Bemessung von BSP im Brandfall zusammengefasst werden: – Für Brettsperrholz zeigten experimentelle Untersuchungen ein unterschiedliches Brandverhalten zwischen Wand- und Deckenelementen. – Für Deckenelemente wurde ein Ablösen von verkohlten Schichtteilen beobachtet. Dies führte zu einem erhöhten Abbrand in diesen lokalen Bereichen. Bei Wandelementen hingegen wurde das Phänomen von ablösenden Schichtteilen kaum festgestellt. – Für die Ermittlung des Restquerschnittes kann bei Wänden vereinfacht die eindimensionale Abbrandrate angenommen werden. Bei Decken kann das Phänomen von ablösenden verkohlten Schichtteilen mit einer Verdopplung der Abbrandrate rechnerisch vereinfacht und unabhängig vom verwendeten Klebstoff berücksichtigt werden. Dieser Ansatz wird auch zur Bemessung von geschützten Holzbauteilen nach dem Versagen der Schutzschicht gemäss EN 1995-1-2 zugrunde gelegt. – Anhand von Beispielen zur Brandbemessung von handelsüblichen BSP-Platten konnte von Klippel und Frangi (2011) gezeigt werden, dass die Brandbemessung bei der Mehrzahl von handelsüblichen BSP-Platten trotz zum Teil ablösender Schichtteile zu keiner Veränderung des Schichtaufbaus bzw. der Gesamtdicke der BSP-Platte bei Decken führt. Dies bedeutet, dass die Brandbemessung für handelsübliche BSP-Platten nicht zu einer Veränderung des Schichtaufbaus führen sollte (unabhängig vom Klebstoff). Der Schichtaufbau ergibt sich vielmehr durch Nachweise bei Normaltemperatur (Schwingung, Durchbiegung, etc.). 6 SCHLUSSFOLGERUNGEN Die zentralen Schlussfolgerungen dieser Untersuchungen können wie folgt zusammengefasst werden: – Die in Europa für den tragenden Holzleimbau zertifizierten Klebstoffe erreichen auch im Brandfall von Brettschichtholz eine ausreichende Festigkeit. Die Einführung einer zusätzlichen Prüfmethode der Klebstoffe für diese Anwendung ist nicht notwendig.

50

– Beim Einsatz von Klebstoffen im Brettschichtholz müssen Klebstoffe eine ausreichende Festigkeit bis maximal 140°C aufweisen. Durch den steilen Temperaturgradienten in diesem Bauteil herrschen nämlich im Innern des Restquerschnittes auch nach einer 60 minütigen Brandbeanspruchung noch Temperaturen um 100°C. – Für die Brandbemessung von Holzbauteilen bietet die Norm SIA 265 bzw. die Norm EN 1995-1-2 eine vereinfachte Berechnungsmethode an, die „Methode mit reduziertem Querschnitt”. Diese Methode sollte weiterhin unabhängig von dem in den Keilzinken von Brettschichtholzträgern verwendeten Klebstoff angewandt werden. – Für Brettsperrholz zeigten experimentelle Untersuchungen ein unterschiedliches Brandverhalten zwischen Wand- und Deckenelementen. Für Deckenelemente wurde ein Ablösen von Schichtteilen beobachtet. Dies führte zu einem erhöhten Abbrand in diesen Bereichen. Bei Wandelementen hingegen wurde das Phänomen von ablösenden Schichtteilen kaum festgestellt. Für die Ermittlung des Restquerschnittes kann bei Wänden die eindimensionale Abbrandrate angenommen werden. Bei Decken kann das Phänomen von ablösenden Schichtteilen mit einer Verdopplung der Abbrandrate rechnerisch vereinfacht berücksichtigt werden. Dieser Ansatz wird auch zur Bemessung von geschützten Holzbauteilen nach dem Versagen der Schutzschicht gemäss EN 1995-1-2 zugrunde gelegt. Anhand von Beispielen zur Brandbemessung von handelsüblichen BSP-Platten wurde gezeigt, dass die Brandbemessung bei der Mehrzahl von handelsüblichen BSP-Platten trotz zum Teil ablösender Schichtteile zu keiner Veränderung des Schichtaufbaus bzw. der Gesamtdicke der BSP-Platte bei Decken führt. 7 LITERATUR Ehlbeck, J., Colling, F., Görlacher, R. (1985). Einfluß keilgezinkter Lamellen auf die Biegefestigkeit von Brettschichtholzträgern; European Journal of Wood and Wood Products; 43 (10); 439-442. EN 301: „Adhesives - Phenolic and aminoplastic - For loadbearing timber structures - Classification and performance requirements”; CEN, Brüssel, 2013. EN 338: „Structural timber – Strength classes”; CEN, Brüssel, 2009. EN 408: „Timber structures – Structural timber and glued laminated timber – Determination of some physical and mechanical properties”; CEN, Brüssel, 2010. EN 1363-1: „Fire resistance tests - Part 1: General requirements”, CEN, Brüssel, 1999. EN 14081-4: „Timber structures – Strength graded structural timber with rectangular cross section – Part 4: Machine


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

grading – Grading machine settings for machine controlled systems”; CEN, Brüssel, 2009.

duced Cross-Section Method; Fire safety journal; 68 (0); 8199.

EN 15425: „Adhesives - One component polyurethane for load bearing timber structures - Classification and performance requirements”; CEN, Brüssel, 2008. EN 16254: „Adhesives - Emulsion polymerized isocyanate (EPI) for load-bearing timber structures - Classification and performance requirements”; CEN, Brüssel, 2013. EN 1995-1-1: „Design of timber structures – Part 1.1: General – Common rules and rules for buildings“,European Standard. European Committee for Standardization, Brüssel, 2004. EN 1995-1-2:2004: „Design of timber structures – Part 1-2: General – Structural fire design”, European Standard. European Committee for Standardization, Brüssel. 2004. Fink, G. (2014). Influence of varying material properties on the load-bearing capacity of glued laminated timber; PhD thesis, ETH No. 21746; Institute of Structural Engineering, ETH Zurich, Switzerland. Fink, G., Kohler, J. (2014). Model for the prediction of the tensile strength and tensile stiffness of knot clusters within structural timber, European Journal of Wood and Wood Products, 72 (3), pp 331-341. Fink, G., Frangi, A., Kohler, J. (2014). Bending tests on GLT beams having well-known local material properties, Materials and Structures, October 2014. ISO 834: Fire-Resistance Tests - Elements of Building Construction - Part 1: General Requirements International Organisation for Standardisation. 1999. Lignum-Dokumentation Brandschutz, 3.1 Feuerwiderstandsbemessung – Bauteile und Verbindungen, 1.Auflage, 2011 SIA 265: Holzbau. Schweizerischer Architektenverein. 2012.

Ingenieur-

und

Klippel, M. (2014). Fire safety of bonded structural timber elements; PhD thesis, ETH No. 21843; Institute of Structural Engineering, ETH Zurich, Switzerland. Klippel, M., Frangi, A. (2014). Fire tests on finger-jointed timber boards; Institute of Structural Engineering (IBK), ETH Zürich; Report No 354. Klippel, M., Frangi, A. (2011). Einfluss des Klebstoffes auf das Brandverhalten von Holzbauteilen; 17. Internationales Holzbau-Forum IHF; Forum-Holzbau; GarmischPartenkirchen, Germany; Internationales Holzbau-Forum (IHF 2011) 15 p. Klippel, M.; Leyder, C.; Frangi, A., Fontana, M.; Lam, F.; Ceccotti, A. (2014). Fire tests on Loaded Cross-Laminated Timber Wall and Floor Elements, 11th International Symposium on Fire Safety Science (IAFSS 2014). König, J., Walleij, L. (1999). One-Dimensional Charring of Timber Exposed to Standard and Parametric Fires in Initially Unprotected and Postprotection Situations; Trätek, Report I 9908029; SP Technical Research Institute of Sweden, Wood Technology; Stockholm, Sweden. Larsen, H.J. (1980). Strength of Finger Joints, Proceedings of 13th CIB-W18 Meeting, Otaniemi, Finnland. Schmid, J., Klippel, M., Just, A., Frangi, A. (2014). Review and analysis of fire resistance tests of timber members in bending, tension and compression with respect to the Re51


Brandsicherheit von verklebten tragenden Holzbauteilen

52


Bemessung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung Robert Jockwer, ETH Zürich

1

EINLEITUNG

Holz zeigt ein stark anisotropes Materialverhalten. Grundsätzlich kann zwischen hervorragenden Festigkeiten und Steifigkeiten in Faserrichtung des Holzes und nur sehr geringen Festigkeiten und Steifigkeiten rechtwinklig zur Faserrichtung unterschieden werden. Die relative Festigkeitsverteilung in Abhängigkeit der Kraft-Faserwinkels ist in Abb. 1 bespielhaft skizziert. Schon bei kleinen Winkeln α nimmt die Festigkeit deutlich ab. Bei Querdruckbeanspruchung zeigt sich ein duktiles Verhalten, wohingegen bei Querzugbeanspruchung ein sprödes Versagen bereits bei geringen Beanspruchungen auftritt. Des Weiteren liegen grosse Streuungen der Festigkeiten vor. Für eine wirtschaftliche Bemessung sollte eine planmässige Beanspruchung auf Querzug daher vermieden werden. An bestimmten Details können jedoch Kräfte rechtwinklig zur Faserrichtung kaum vermieden werden, wie etwa bei Krafteinleitungs- und Auflagerbereichen und an abrupten Querschnittsänderungen. Beispiele diese Details sind vor allem: -

kungen sind zum Beispiel selbstbohrende Vollgewindeschrauben oder auch eingeklebte Gewindestangen. Der Vorteil innenliegender Verstärkungselemente ist, dass sie nahe an der Beanspruchung ein sehr gutes Tragverhalten haben und darüber hinaus das äussere Erscheinungsbild des Holzes nicht beeinträchtigen. Eine etwaige Querschnittsschwächung durch die innenliegenden Elemente ist bei der Bemessung jedoch zu berücksichtigen. Aussenliegende Verstärkungselemente sind zum Beispiel aufgeklebte Holzwerkstoffplatten wie Funierschicht- oder –sperrholz oder zunehmend auch Faserverbundwerkstoffe. Bei aufgeklebten aussenliegenden Verstärkungselementen muss insbesondere auch die ungleichförmige Spannungsverteilung in der Klebfuge und die daraus resultierende ungleichförmige Verteilung der Kräfte in der Verstärkung geachtet werden. Bei der Bestimmung der Zugkräfte in der Verstärkung darf die Zugfestigkeit des Holzes rechtwinklig zur Faserrichtung nicht berücksichtigt werden.

Queranschlüsse Ausklinkungen im Auflagerbereich Durchbrüche bei Biegeträgern Gekrümmte Träger und Satteldachträger

Wenn eine Querzugbeanspruchung in diesen Bereichen nicht vermieden werden kann, sollten sie unbedingt verstärkt werden, um ein frühzeitiges Versagen zu verhindern. Die Bemessung der häufig vorkommenden Details mit Querzugbeanspruchungen ist im Folgenden beschrieben. Des Weiteren werden Empfehlungen zur Verstärkung der gefährdeten Bereiche gemacht. Bei der Verstärkung kann zwischen innenliegenden und aussenliegenden Elementen unterschieden werden. Aufgrund ihrer Struktur und Lage unterscheiden sich diese beiden Arten grundlegend. Innenliegende Verstär-

Abb. 1: Festigkeiten in Abhängigkeit des KraftFaserwinkels α. Abbildung nach Dubas (1981).. 53


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

0.12

Versuchsergebnisse

0.11

Lognormal-Verteilung

0.1 relative Häufigkeit [-]

0.09 0.08 0.07 0.06 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0 Bruchenenergie Gf,I [N/m]

Abb. 2: Schematische Darstellung des Last-Verformungsverhaltens des einseitig gekerbten Prüfkörpers sowie Verteilung der Bruchenergie GfI.

2

GRUNDLAGEN ZUM SPRÖDEN VERSAGEN VON QUERZUGBEANSPRUCHTEN BEREICHEN

An Rissen kommt es zu einer Umlenkung der Spannungsverläufe und zu Spannungskonzentrationen im Bereich der Rissspitze. Eine mechanische Beschreibung der Spannungsverteilung führt gar zu unendlich hohen Spannungen an der Rissspitze. Diese unendlich hohen Spannungen würden bereits für sehr kleine Belastungen zu nicht existierenden Tragwiderständen führen. Eine Beschreibung der Spannungen und eine Bemessung anhand der linear elastischen Theorie ist daher für Bauteile mit Rissen nicht möglich. In realen Bauteilen kommt es dagegen zur Bildung von plastischen Zonen im Bereich der Rissspitze, die zu einer Spannungsreduktion führen. Es zeigt sich ausserdem, dass die Energie, die zur Verlängerung des Risses um einen infinitesimalen Betrag notwendig ist, bei gleicher Belastung ein materialspezifischer Parameter ist. Der Wert diese Parameters kann in standardisierten Prüfverfahren bestimmt werden. Dabei kann im ebenen Fall zwischen einer reinen Rissöffnung (Modus I) und einer Rissverschiebung (Modus II) unterschieden werden. In Abb. 2 ist der drei-Punkt Biegeversuch an einem einseitig gekerbten Prüfkörper gemäss (Nordtest (1993)) für den Modus I dargestellt und die typische Kraft-Verformungs-Diagramm skizziert. Die Bruchenergie im Modus I, der die zur Vollständigen Trennung der Bruchflächen notwendige Energie beschreibt, kann aus Fläche unter der KraftVerformungslinie berechnet werden. Im rechten Bild der Abb. 2 ist ein Histogramm mit der relativen Häufigkeitsverteilung der Bruchenergie aus Versuchen dargestellt. Der Mittelwert kann für den Modus I mit etwa Gf,I,mean = 0.3 N/mm und für den Modus II mit 54

Gf,II,mean = 1.15 N/mm angegeben werden. Obwohl diese Werte in Kleinversuchen an fehlerfreien Proben bestimmt wurden, liegt eine sehr grosse Streuung der ermittelten Werte vor. Diese Bruchenergie ist in den vorhandenen Bemessungsnormen nicht explizit angegeben, sie findet sich jedoch indirekt in Verschiedenen materialspezifischen Beiwerten wieder. Um das Tragverhalten und die Bemessung von querzugbeanspruchten Bereichen jedoch besser verstehen zu können, ist sie jedoch von entscheidender Bedeutung. Das Tragverhalten des Holzes unter Zugbeanspruchung senkrecht zur Faserrichtung ist jedoch nicht nur durch die geringe Festigkeit und das spröde Versagensverhalten geprägt, sondern wird ausserdem aufgrund der natürlichen Struktur des Holz durch die Existenz von Störstellen wie Ästen, Faserabweichungen, Rissen oder Harzgallen beeinflusst. Dies führt dazu, dass die an fehlerfreien Kleinproben bestimmte Festigkeit nicht mit derjenigen von Bauteilen praxisnaher Abmessungen vergleichbar ist. Für die Bestimmung der festigkeitsbeschreibenden Eigenschaften sollten daher möglichst immer auch Versuche an Prüfkörpern praxisrelevanter Abmessungen hinzugezogen werden. 3

QUERANSCHLÜSSE

3.1 Hintergrund Bei Queranschlüssen tritt häufig ein Aufreissen des Holzes in Faserrichtung auf. Wie in Abb. 3 dargestellt, tritt dieses Versagen meist im Bereich des vom beanspruchten Rand am entferntesten liegenden Verbindungsmittels auf. Grundsätzlich muss die Kraft aus dem Queranschluss über Beanspruchungen in Schub und Zug rechtwinklig zur Faserrichtung in den Träger


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

0.1 Versuchsergebnisse

0.09

Lognormal-Verteilung

relative Häufigkeit [-]

0.08 0.07 0.06 0.05 0.04 0.03 0.02 0.01 0

2

4

6

8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34

C1 [N/mm1/2]

Abb. 3: Rissbild an einem Queranschluss und die geometrischen Bezeichnungen (links) sowie Verteilung des Festigkeitsparameters C1 aus Versuchen.

eingeleitet werden. Je nachdem auf welcher Höhe des Trägers der Queranschluss angebracht ist, wird die eingeleitete Kraft direkt über Schub und Querdruck abgetragen oder sie muss über Querzug in den oberen Teil des Trägers übertragen werden. Da dieser Querzug vermieden werden sollte, ist es vorteilhaft, den Queranschluss auf der der Kraft abgewandten Trägerseite anzuschliessen. Beispiele von Situationen in denen Lasten quer zur Faserrichtung eingeleitet werden sind zum Beispiel die Verankerung der Sparren an der Pfette, Anschlüsse von Neben- an Hauptträgern mittels Balkenschuhen, angehängte Lasten an Trägern oder Zugverbindungen in Fachwerkträgern. 3.2 Unverstärkte Queranschlüsse Der bruchmechanische Bemessungsansatz für Queranschlüsse wurde von van der Put aufgestellt (van der Put (1990)): der Widerstand des Anschlusses Rv kann gemäss Gleichung (1) aus der Schubsteifigkeit G und kritischer Bruchenergie Gc sowie der Trägerhöhe h, der Trägerbreite b und der Anschlusshöhe a berechnet werden.

R90 2b

GGc a 0,6 1 a h

(1)

Van der Put ging dabei von einer Punktfürmigen Lasteinleitung, wie z.B. durch einen einzelnen Stabdübel oder Bolzen aus. Auch wird eine mögliche anfängliche Risslänge in diesem Ansatz vernachlässigt. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt in seiner Einfachheit und so lässt sich für die häufig ein einfacher Festigkeitsparameter C1 angeben.

C1

GGc 0,6

(2)

In Abb. 3 ist die Verteilung dieses Parameters aus Versuchsergebnissen aus der Literatur aufgetragen. In (Leijten et al. (2001)) wird ein Wert von C1 = 10 als Bemessungswert für die Normierung vorgeschlagen. Dieser Wert entspricht etwa dem 5%-Fraktilwert aus den Versuchen. Es zeigt sich jedoch, dass sich für die unterschiedlichsten Anschlusstypen und Geometrien zum Teil deutlich unterschiedliche Werte ergeben. In EN 1995-1-1 ist ein Wert von C1 = 14 N/mm1/2 angegeben. Darüber hinaus ist in der Bemessungsgleichung aber auch ein Anschlussbeiwert zur Berücksichtigung der Anschlussart enthalten. So kann für breite Nagelplatten ein leicht höherer Widerstand angesetzt werden. Des Weiteren wurde von verschiedenen Autoren vor allem die Anschlussgeometrie untersucht, also die Breite des Anschlusses, die Anzahl der Reihen und Spalten der Verbindungsmittel sowie die wirksame Anschlusstiefe. Die Breite des Anschlusses ist von entscheidender Bedeutung. Werden mehr als ein Verbindungsmittel nebeneinander angeordnet, so kann sich die einzuleitende Kraft verteilen und so die Spannungsspitzen reduziert werden. Aufgrund der grösseren Fläche die auf Querzug beansprucht wird, kommt es jedoch zu Grösseneffekten, die zu einer effektiven Verringerung der Querzugfestigkeit führen. Darüber hinaus ist die Verteilung der Last auf die einzelnen Verbindungsmittel ungleichmässig und die äussersten Verbindungsmittel werden generell stärker beansprucht. Liegen einzelne Anschlüsse dicht nebeneinander, so kann es für die Bemessung massgebend sein, sie als einen einzelnen Anschluss mit einer grossen effektiven Brei55


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

te zu betrachten. Je nach Autor wird in der Literatur ein Abstand etwa vom ein- bis zweifachen der TrägerhĂśhe h angegeben, bei dem zwischen einem einzelnen und mehreren AnschlĂźssen unterschieden werden sollte. Hohe AnschlĂźsse, mit einer grossen Anzahl an Verbindungsmittelreihen reduzieren die Querzugspannungen in der oberen Verbindungsmittelreihe und fĂźhren daher zu leicht erhĂśhten Tragwiderständen. Es kommt jedoch zu einer Ăœberlagerung der aus den einzelnen Verbindungsmittelreihen eingeleiteten Querzugspannungen in der obersten Reihe. Dadurch steigt bei einer ErhĂśhung der Anzahl Verbindungsmittelreihen der Tragwiderstand nicht im gleichen Masse an. Je nach Art und Durchmesser der verwendeten Verbindungsmittel kann es zu deutlichen Verformungen des Anschlusses kommen. Die entstehende Rissbildung ist vor allem lokal im Bereich der grĂśssten Verformung der Verbindungsmittel. FĂźr den Tragwiderstand kann daher nicht die gesamte Trägerbreite angesetzt werden sondern nur die effektive Anschlusstiefe der Verbindungsmittel. Die wirksame Anschlusstiefe tef hängt vom Verbindungsmittel ab. FĂźr weniger steife Verbindungsmittel sinkt die wirksame Anschlusstiefe proportional zur Dicke des Trägers ab. FĂźr steife Verbindungsmittel wie etwa dicke Bolzen kann dagegen die volle Anschlusstiefe angesetzt werden. Es kommt daher auf eine ausgewogene Bemessung der Verbindungsmittel in Bezug zu den einzuleitenden Kräften und dem Tragwiderstand des Anschlusses an. Bei benachbarten QueranschlĂźssen kann es zu einer gegenseitigen Beeinflussung der Tragwiderstände kommen. Ist der Abstand zwischen den benachbarten QueranschlĂźssen grĂśsser als zweimal der TrägerhĂśhe, so muss keine gegenseitige Beeinflussung angenommen werden. FĂźr Abstände kleiner als die halbe TrägerhĂśhe dagegen mĂźssen die benachbarten QueranschlĂźsse wie ein Anschluss behandelt werden. Wie bereits beschrieben ist der Bemessungsansatz in Gleichung (8) nur fĂźr QueranschlĂźsse a/h ≤ 0,7 gĂźltig. AnschlĂźsse mit a/h > 0,7 zeigen nur geringe Querzugproblematik und es ist kein besonderer Nachweis erforderlich. Versuche an diesen AnschlĂźssen an der ETH ZĂźrich zeigen jedoch, dass es zu einem Anriss mit stabilem Risswachstum kommen kann, wodurch unter Umständen der untere Restquerschnitt infolge Biegemoment oder Schub versagen kann. AnschlĂźsse mit a/h < 0,2 sollten dagegen nur durch Querzugbeanspruchungen mit kurzen Einwirkungsdauern beansprucht werden (z.B. aus Windkräften). 56

3.3 Verstärkung von Queranschlßssen Untersuchungen zum Tragverhalten von verstärkten Queranschlßssen wurden von MÜhler und Siebert (MÜhler et al. (1984)) durchgefßhrt. Es wird dabei vorgeschlagen, dass die Verstärkung den oberhalb des Anschlusses wirkenden Anteil der Querkraft abtragen sollte. Die von der Verstärkung aufzunehmende Zugkraft Ft,90,Ed ist daher wie folgt angegeben: 2 3 a a " Ft , 90 , Ed 1 3 2 # F90 , Ed h! h ! #$

(3)

Bei innenliegender Verstärkung ist die gesamte Zugkraft Ft,90,d von der Verstärkung aufzunehmen, bei aussenliegender Verstärkung und beidseitigem Queranschluss ist dagegen nur die halbe Zugkraft Ft,90,d /2 je Trägerseite anzusetzen. Die Zugkraft wirkt auf einer HĂśhe a vom beanspruchten Trägerrand auf die Verstärkung. Die Verstärkungen sollten jeweils mĂśglichst nah am Queranschluss angebracht sein, um einen direkten Kraftfluss zu ermĂśglichen. Ausserdem muss die Verstärkung ausreichend weit im Holz verankert sein, fĂźr die Verstärkungslänge gilt daher (lad,u + lad,o) > 0,7h. Da die Querzugspannungen im Anschlussbereich konzentriert sind und mit grĂśsser werdendem Abstand deutlich abnehmen, sollte die aussenliegende Verstärkung im Bereich der hĂśchsten Querzugspannungen liegen und daher eine Breite zwischen einem Viertel und der Hälfte der massgebenden kĂźrzeren Verankerungslänge lad,o bzw. lad,u besitzen (0,25lad ≤ bv ≤ 0,5lad). Erfolgt die Krafteinleitung bei QueranschlĂźssen oberflächlich, wie zum Beispiel bei der Verwendung von Aufgenagelten Balkenschuhen o.ä., darf fĂźr innenliegende Verstärkungen Ăźber die Bauteilbreite nur je 1 Verstärkungsmittel pro Seite angesetzt werden. Neuere Untersuchungen an der ETH ZĂźrich zeigen, dass einfache Verstärkungselemente bereits einen sehr grossen Einfluss auf die Wiederherstellung des vollen Tragwiderstands des Trägers mit Queranschluss haben. Eine anfängliche Rissbildung im Bereich der oberen StabdĂźbel kann jedoch auch durch die Verstärkung nicht verhindert werden, jedoch fĂźhrt diese nicht zu einem Versagen des Trägers. In den Versuchen konnte stattdessen der volle Schub bzw. Biegewiderstand des Querschnitts erreicht werden. Eine BerĂźcksichtigung dieser anfänglichen Rissbildung in einem Bemessungsansatz und insbesondere auch die Verwendung von modernen Verbindungselementen in AnschlĂźssen wie selbstbohrende Schrauben oder eingeklebte Gewindestangen bleiben Gegenstand der laufenden Forschung.


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

Abb. 4: Typisches Rissbild an einer Ausklinkung.

4

RECHTWINKLIGE AUSKLINKUNGEN

4.1 Hintergrund Im Bereich von Ausklinkungen am Auflager werden Spannungen lokal umgeleitet und es treten Konzentrationen von Querzug- und Schubspannungen auf. Diese fßhren zu einer starken Reduktion des Tragwiderstands. Durch Ausrundungen oder Abschrägungen kann der Einfluss der Ausklinkung auf die Reduzierung des Tragwiderstands des Trägers zwar abgeschwächt werden, Ausklinkungen sollten aber grundsätzlich vermieden werden. In Fällen in denen Ausklinkungen dennoch notwendig sind, sollten diese verstärkt werden, um ein sprÜdes Versagen zu verhindern und der Reduktion des Tragwiderstands entgegenzuwirken. 4.2 Unverstärkte Ausklinkungen Ein bruchmechanischer Bemessungsansatz fßr ausgeklinkte Träger wurde von Gustafsson aufgestellt (Gustafsson (1988)). Der Ansatz wurde aus dem Energiegleichgewicht während eines infinitesimalen Rissfortschritts am ausgeklinkten Trägerende entwickelt. Die massgebenden Materialparameter sind dabei die kritische Bruchenergie Gc, der Elastizitätsmodul (E) sowie der Schubmodul (G). Durch Einfßhrung der Schubfestigkeit konnte die Gleichung in einen Nachweis der Querkraft umgeformt werden.

fv 1 .5

V bh ef

h hef

2

Gc 0.6 f v2 G

hef G c 10 h h ! E h

hef h hef h (4)

Aus diesem Bemessungsansatz kann die in EN 19951-1 angegebene Bemessungsgleichung aufgestellt werden. Dazu wurde der Einfluss der verschiedenen Parameter zu einem Abminderungsbeiwert fĂźr die Schubfestigkeit zusammengefasst. DarĂźber hinaus der Einfluss einer Anschrägung der Ausklinkung durch einen Faktor berĂźcksichtigt, der in einer umfangreichen Versuchsserie entwickelt wurde. Eine Vereinfachung dieses Ansatzes fĂźr quadratische Ausklinkungen ist in Norm SIA 265 angegeben. Im Abminderungsbeiwert sind neben den geometrischen Parametern auch die oben beschriebenen Materialparameter enthalten. Im Vergleich mit Versuchsergebnissen zeigt sich, dass die grosse Streuung in den Versuchen nicht allein durch die Streuung der verwendeten Materialparameter erklärt werden kann. DarĂźber hinaus ist noch eine weitere Modellunsicherheit zu berĂźcksichtigen, die durch Feuchteänderungen, VolumeneinflĂźsse und Randbedingungen, wie sie in der Praxis vorkommen, hervorgerufen wird. Zur Wahrung der in der Norm angestrebten Sicherheiten mĂźssen fĂźr die Bemessung darum niedrige Bemessungswerte gewählt werden. Anhand von statistischen Berechnungen kĂśnnen die Bemessungswerte bestimmt werden, bei der eine bestimmte Versagenswahrscheinlichkeit nicht Ăźberschritten wird. Daraus ergeben sich die baustoffabhängigen Werte Untersuchungen zur Zuverlässigkeit des bruchmechanischen Ansatzes haben ergeben, dass die konservativen Materialwerte in Norm SIA 265 Δh0 = 25 mm fĂźr Vollholz und Δh0 = 45 mm fĂźr BSH die geforderten geringen Versagenswahrscheinlichkeiten einhalten. In Verbindung mit den in den Tabellen 6 und 7 der Norm SIA 265:2012 angegebenen Bemessungswerten der Schubfestigkeit kann damit zuverlässig der Tragwiderstand von ausgeklinkten Trägern bestimmt werden. 4.3 Verstärkte Ausklinkungen Hintergrund des Bemessungsansatzes ist die Aufnahme der Querzugkräfte in der Ausklinkung durch die Verstärkung. Eine umfassende Analyse der Spannungsverteilung an der Ausklinkungsecke wurde von Henrici durchgefĂźhrt (Henrici (1984)). Die auf die Verstärkung einwirkende Kraft wurde in (Henrici (1990)) beschrieben. Die Querzugspannungen und deren Verteilung hängen neben der Ausklinkungsgeometrie entscheidend vom Verhältnis der Steifigkeiten in Faserrichtung und rechtwinklig dazu ab. FĂźr die Materialeigenschaften von Brettschichtholz aus Fichte kann die Länge des Bereichs der Querzugspannungen lQuerzug gemäss Gleichung (13) bestimmt werden. Die

57


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

Abb. 5: Schematische Darstellung des von der Verstärkung aufzunehmenden Anteils der Querkraft (links) sowie die erforderliche Steifigkeit von Verstärkungselementen fßr einen Trägerquerschnitt 140/600 mm (rechts).

Querzugspannungen steigen dabei zur Ausklinkungsecke hin stark an.

c lQuerzug 1,72 1,15 1,2 hef h!

(5)

Die ßber diese Länge auftretenden Querzugspannungen kÜnnen integriert werden und man erhält die resultierende Querzugkraft. Fßr die Materialeigenschaften von Brettschichtholz aus Fichte kann die Zugkraft konservativ wie folgt abgeschätzt werden: 3 h 2 hef " ef #V Ed Ft ,90 , Ed 1.3 3 2 h ! # h ! $

(6)

Die Querzugspannungen im Bereich von 0.7 lQuerzug verursachen bereits etwa 95% der gesamten auftretenden Zugkraft. Aussenliegende Verstärkung sollte daher innerhalb dieses Bereichs konzentriert sein, um die Zugspannungen mÜglichst direkt aufnehmen zu kÜnnen. Gemäss Henrici ist es dabei gßnstiger schmalere aber stärkere Verstärkungsplatten zu verwenden, da diese die erhÜhten Spannungen infolge der Spannungskonzentration besser aufnehmen kÜnnen. Als konservative Näherung kann fßr die Materialeigenschaften von Brettschichtholz aus Fichte die folgende Bedingung fßr die Breite bv der Verstärkungsplatten aufgestellt werden.

c c 0,62 0,41 hef bv 1,44 0,97 hef h! h!

(7)

Es zeigt sich im Vergleich mit Versuchen, dass die Verstärkung rechtwinklig zur Faserrichtung zwar ein Aufreissen des Holzes infolge Querzug vermeiden kann, dass die Ausklinkung aber infolge Schub auf einem hÜheren Lastniveau versagt. Der Tragwiderstand infolge Schub kann mit dem Bruchmechani58

schen Ansatz nach Gustafssson (1988) unter Verwendung der Bruchenergie fĂźr Schubversagen (Bruchmodus 2) berechnet werden. Der Mittelwert dieser Bruchenergie wurde in Versuchen zu Gf,II,mean = 1,15 N/mm bestimmt. Damit ist der resultierende Schubtragwiderstand der Ausklinkung knapp doppelt so gross wie der Querzugwiderstand. Wird die Ausklinkung daher gemäss Gleichung (6) nur auf Querzug verstärkt und keine weitere Schubverstärkung angeordnet, so wird der Tragwiderstand der verstärkten Ausklinkung durch den doppelten Wert des Tragwiderstands der unverstärkten Ausklinkung beschränkt. Die kombinierte Verstärkung in Schub und Querzug zur Wiederherstellung des vollen Tragwiederstands des reduzierten Querschnitts wurde von Jockwer (2014) untersucht. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Risslänge der Schubanteil an der Rissbildung deutlich ansteigt. Die Verstärkung sollte daher neben einer ausreichenden Steifigkeit in Richtung der Querzugbelastung auch eine hohe Steifigkeit in Richtung parallel zur Faser besitzen. In Abb. 5 (rechts) ist die erforderliche Steifigkeit der kombinierten Schub- und Querzugverstärkung fĂźr einen Trägerquerschnitt von 140/600 mm angegeben. Es zeigt sich, dass fĂźr kleine AusklinkungshĂśhen und –längen die herkĂśmmlichen Verstärkungselemente ausreichen. FĂźr grosse Ausklinkungen ist dagegen mit den zur VerfĂźgung stehenden Verstärkungselmenten keine ausreichende Wiederherstellung des Tragwiderstands mĂśglich. Dies zeigt wiederum, dass insbesondere grosse Ausklinkungen grundsätzlich vermeiden werden sollten. Generell sollte die Verstärkung mindestens Ăźber 70% der TrägerhĂśhe gefĂźhrt werden. Je nach erforderlicher Verankerungslänge ist auch ein grĂśsserer Bereich notwendig.


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

Abb. 6: Bezeichnungen und idealisierte Spannungsverteilung (links) sowie typisches Rissbild an Durchbrüchen (rechts).

5

TRÄGERDURCHBRÜCHE

5.1 Hintergrund Trägerdurchbrüche stellen ebenso wie Ausklinkungen Querschnittsschwächungen dar, an denen durch die Umlenkung der Spannungsverläufe Spannungskonzentrationen auftreten. Sie sollten daher ebenso wie Ausklinkungen vermieden werden, sind aber oftmals z.B. für Versorgungsleitungen notwendig. Durchbrüche können dabei sowohl rechteckige als auch runde Formen haben. Rechteckige Durchbrüche sollten aber dennoch ausgerundete Ecken haben, um die Spannungskonzentration in diesen Bereichen zu reduzieren. Eine Ausrundung ist oftmals auch aus produktionstechnischer Sicht sinnvoll und ergibt sich durch den Einsatz von z.B. Fräsmaschinen. 5.2 Unverstärkte Durchbrüche Zur Bemessung von unverstärkten Durchbrüchen sind in der Norm SIA 265:2012 in Ziffer 5.2.4 nur wenigen Informationen angegeben. So ist darauf verwiesen, dass Durchbrüche bei vorherrschender Querkraftbeanspruchung wie Ausklinkungen behandelt werden können, bei vorwiegender Biegebeanspruchung dagegen wie Einschnitte. Ein detaillierter Bemessungsansatz für unverstärkte Durchbrüche wurde von Aicher et al. (Aicher et al. (2000)) anhand von Studien an analytischen und Finite-Elemente Modellen entwickelt. Dieser Ansatz ist in DIN 1052:2008 (DIN (2008)) bzw. dem Deutschen Nationalen Anhang zum EN 1995-1-1:2004 enthalten. Der Ansatz basiert auf dem Nachweis der Querzugspannungen σt,90,d im Bereich des Durchbruchs. Diese werden aus der Querzugkraft Ft,90,d berechnet, die über eine Länge lt,90 verteilt wirkt. Die singuläre Spannungskonzentration wird durch eine lineare Spannungsverteilung angenähert. Die auftretenden Spannungen dürfen dabei die Querzugfestigkeit nicht über-

schreiten, die durch einen Querzugbeiwert kt,90 reduziert wird.

t ,90 ,d

Ft , 90 , d 0,5l t ,90 b

k t , 90 f t , 90 ,d

(8)

Die Querzugkraft Ft,90,d setzt sich aus den Anteilen Ft,V,d und Ft,M,d infolge Querkraft- und Momentenbeanspruchung zusammen.

Ft ,90 ,d Ft ,V ,d Ft , M ,d

(9)

Der Anteil Ft,V,d infolge Querkraft, kann durch Integration der Schubspannungen im Bereich des Durchbruches berechnet werden. Es wird dabei ein Durchbruch symmetrisch zur Schwereachse des Trägers angenommen. Ft ,V ,d

VEd ha 4h

ha2 " 3 2 # h $#

(10)

Der Anteil Ft,M,d infolge Biegemoment wurde empirisch auf Grundlage von Versuchen durch Kolb und Epple bestimmt (Kolb et al. (1985)).

Ft , M ,d 0,008

Md hr

(11)

In Gleichung (25) muss das Minimum aus oberen und unteren Restquerschnitt verwendet werden. Bei runden Durchbrühen kann der Restquerschnitt über bzw. unter dem Durchbruch um 15% der Durchbruchshöhe erhöht werden. Der Beiwert kt,90 berücksichtigt den Einfluss des querzugbeanspruchten Volumens und wurde von Aicher anhand von Versuchen kalibriert.

k t ,90 min 1 ; 450 / h

0,5

(12)

Die Länge des querzugbeanspruchten Bereichs lt,90 kann für rechteckige bzw. runde Durchbrüche wie folgt bestimmt werden.

59


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

lt ,90 0,5 ha h rechteckige DurchbrĂźche lt ,90 0,353ha 0,5h

(13)

runde DurchbrĂźche (14)

Neben den Querzugspannungen treten bei DurchbrĂźchen auch erhĂśhte Schubspannungen auf. Blass und Bejtka untersuchten in Finite Elemente Untersuchungen die Schubspannungskonzentration (Blass et al. (2003)) und geben die folgende Gleichung an.

max,d max

1,5VEd b h ha

max 1,84 1

la " ha h #$ h !

(15) 0 ,2

(16)

Weitere Bemessungsansätze fßr Durchbrßche sind in Skandinavischen Brettschichtholzhandbuch (Svenskt Limträ AB (2001)) zu finden. Ein Vergleich der verschiedenen Bemessungsansätze untereinander und eine Gegenßberstellung mit Versuchsergebnissen wurden von Danielsson (Danielsson (2007)) durchgefßhrt. Es zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede, wobei die verschiedenen Ansätze nicht fßr alle untersuchten Versuchskonfigurationen gßltig sind. Aufgrund der nur sehr geringen Zugfestigkeit rechtwinklig zur Faserrichtung und des sprÜden Versagensverhaltens sollten Durchbrßche grundsätzlich verstärkt werden. Dadurch kÜnnen Schäden vermieden werden und darßber hinaus die Bauteile noch besser ausgenutzt werden. 5.3 Verstärkte Durchbrßche Ziel der Verstärkung von Durchbrßchen ist es die auftretende Querzugkraft Ft,90,d durch die Verstärkung abzutragen. Auch bei der Verstärkung von Durchbrßchen sollte darauf geachtet werden, sowohl die Querzug als auch die Schubskräfte durch die Verstärkungselemente abzutragen. Die Querzugkraft Ft,90,d setzt sich wie in Gleichung (9) beschrieben aus den Anteilen infolge Querkraft Ft,V,d und Moment Ft,M,d zusammensetzt. In Norm SIA 265 ist die von der Verstärkung aufzunehmende Zugkraft daher wie folgt angegeben: 2 ha ha " 3 #V Ed 1 M Ed (17) 4 h h ! # 125 hr $ Die folgenden Randbedingungen sind einzuhalten, damit die Verstärkung des Trägerdurchbruchs bemessen werden darf:

Ft ,90 , Ed

– Der lichte Abstand des Durchbruchsrandes zum Trägerende darf nicht kleiner als die halbe TrägerhĂśhe sein. 60

– Der Abstand nebeneinanderliegender DurchbrĂźche voneinander ist nicht kleiner als die TrägerhĂśhe und grĂśsser als 300mm – Die Durchbruchlänge ist nicht grĂśsser als die TrägerhĂśhe und nicht grĂśsser als das 2,5-fache der DurchbruchhĂśhe. – Die ResthĂśhen des Trägers Ăźber und unter dem Durchbruch sind nicht kleiner als ein Viertel der TrägerhĂśhe. – Bei Innenliegender Verstärkung ist die DurchbruchhĂśhe nicht grĂśsser als 30% der TrägerhĂśhe, bei aussenliegender Verstärkung nicht grĂśsser als 40% der TrägerhĂśhe. Aussenliegende Verstärkung sollte den Durchbruch allseitig um ein Viertel der Durchbruchslänge Ăźberlappen. Dabei sollte die Ăœberlappung aber nicht länger als 30% der Summe aus TrägerhĂśhe und DurchbruchhĂśhe sein. Da die Zugspannungen in einem sehr kleinen Bereich am Durchbruchsrand auftreten, sollte die Verstärkung mĂśglichst nah an diesen Rand herangefĂźhrt werden. Im Falle von innenliegender Verstärkung ist dies unter Beachtung eines ausreichenden Randabstandes mĂśglich, bei aussenliegenden Verstärkungen muss auf die maximale Länge der Verstärkung in Richtung der Trägerachse geachtet werden. Diese Länge soll nicht grĂśsser als der Bereich sein, in denen die Querzugspannungen auftreten. Anderenfalls sind näher am Durchbruchsrand gelegene Bereiche der Verstärkung Ăźberbeansprucht, wohingegen entfernte Bereiche wirkungslos bleiben. 6

GEKRĂœMMTE TRĂ„GER UND SATTELDACHTRĂ„GER

6.1 Hintergrund Biegeträger fßr z.B. weitgespannte Hallenbauten erfahren im Allgemeinen ihre grÜsste Beanspruchung infolge Biegemoments in der Mitte der Spannweite. Es bietet sich daher an, die Träger mit einem veränderlichen Querschnitt auszubilden, um im Bereich der grÜssten Biegebeanspruchung auch den grÜssten Biegewiderstand zu erreichen, wie dies bei Satteldachträgern der Fall ist. Ausserdem werden gekrßmmte Träger insbesondere im Hallenbau als Dachträger oder Rahmenträger eingesetzt. Bei Trägern mit veränderlicher HÜhe bzw. mit gekrßmmter Trägerlängsachse tritt das Problem des Querzugs auf. Der Querzug wird dadurch hervorgerufen, dass die Biegedruck- bzw. -zugspannungen annähernd parallel zur Trägerachse verlaufen und infolge der Krßmmung der Trägerachse eine Umlenkung erfahren. Die Querzugspannungen kÜnnen bei Sattel-


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

Abb. 7: Rissbild an einem Satteldachträger und Bezeichnungen.

dachträgern mit gekrĂźmmtem unterem Rand zum Teil durch Aufsattelung des Firstbereiches reduziert werden. 6.2 Unverstärkte Träger Von Blumer (Blumer (1979)) wurden anhand von Studien an anisotropen Kreisbogenscheiben Bemessungsgleichungen fĂźr die Bestimmung der Querzugspannungen in gekrĂźmmten Trägern und Satteldachträgern aufgestellt. FĂźr den allgemeinen Fall des Satteldachträgers mit gekrĂźmmtem unteren Rand gemäss Abb. 7 gibt er eine vereinfachte Gleichung zur Berechnung der maximalen Querzugspannungen im Firstquerschnitt mit einem Trägheitsmoment Wap fĂźr Neigungswinkel des oberen Randes Îą ≤ 25° an:

t ,90 k p

M Ed W ap

(18)

h h k p k5 k6 k7 r ! r!

2

(19)

k 5 0, 2 tan

(20)

k6 0,25 1,5 tan 2,585 tan 2

(21)

k7 2.1tan 4 tan2

(22)

FĂźr den einfachen Satteldachträger mit geradem unteren Rand verschwindet mit r → ∞ der Einfluss der Beiwerte k6 und k7 und es ergibt sich Gleichung (39):

t ,90 0,2 tan

M Ed W ap

(23)

Fßr Träger mit konstantem TrägerhÜhe und gekrßmmter Trägerachse ist dagegen ι = 0° und es leitet sich die vereinfachte Gleichung 265.54 her:

t ,90

hap M Ed 4r W

(24)

Je nach KrĂźmmung der Trägerachse kommt es bei Belastung zu Zug- oder Druckspannungen rechtwinklig zur Faserrichtung des Holzes. Vereinfacht kann angenommen werden, dass wenn die Belastung zu einer VergrĂśsserung des KrĂźmmungsradius fĂźhrt, Querzugspannungen auftreten, andernfalls wenn die Belastung eine Verringerung des KrĂźmmungsradius hervorruft, treten dagegen Querdruckspannungen auf. Unter Querzugbeanspruchung weist Holz eine geringe Festigkeit mit stark streuenden Werten und einem sprĂśden Versagensverhalten auf. Mit zunehmender GrĂśsse des querzugbeanspruchten Bereiches nimmt dabei die Festigkeit ab. In verschiedenen Normen wird daher entweder ein Volumeneinfluss auf Basis von Untersuchungen von Barrett (Barrett (1974)) oder ein HĂśheneinfluss auf Basis von untersuchungen von Mistler (Mistler (1998)) angenommen. DarĂźber hinaus ist die Verteilung der Querzugspannungen in Trägerlängsrichtung von Bedeutung. Je nach Trägergeometrie sind nur Teilbereiche des Querschnitts unter hohen Spannungen. Dies erlaubt eine Anpassung der durch Volumeneffekte reduzierte Querzugfestigkeit. In EN 1995-1-1:2004 basieren diese auf Untersuchungen von Colling (Colling (1986)) an Trägern verschiedenster Abmessungen und Formen. Durch Veränderung der Holzfeuchte kommt es im Holz zum Schwinden und Quellen und damit zu Zugund Druckspannungen rechtwinklig zur Faserrichtung des Holzes. Dieser Effekt kann bei Trägern mit gekrĂźmmtem Querschnitt und bei Satteldachträgern zu einem frĂźhzeitigen Aufreissen fĂźhren, selbst wenn die oben genannten Nachweise eingehalten sind. In DIN 1052:2008 ist angenommen, dass der Einfluss der Schwankungen der Holzfeuchte zu einer effektiven Reduktion der Zugfestigkeit rechtwinklig zur Faser auf 2/3 des Ausgangswertes fĂźhrt. Es sollte daher unbedingt Verstärkung angeordnet werden. 6.3 Verstärkung Die von der Verstärkung aufzunehmende Zugkraft ergibt sich aus den vorliegenden Querzugspannungen, deren Verteilung im Allgemeinen nichtlinear ist. Mit den Gleichungen (18), (23) und (24) kann nur der HĂśchstwert der Querzugspannungen berechnet werden. Die Querzugspannungen nehmen mit der Entfernung von der maximalen KrĂźmmung ab, kĂśnnen aber bis in die geraden Trägerbereiche hineinreichen (Ehlbeck et al. (1990)). Gemäss (BlaĂ&#x; et al. (1999)) kann vereinfachend in den mittleren beiden Vierteln des querzugsbeanspruchten Bereichs die volle Querzugspannung angesetzt werden, in den äusseren Bereichen ein Wert von 2/3 der maximalen Querzug61


Berechnung von querzugbeanspruchten Bereichen und deren Verstärkung

spannungen. Dies wird in der Norm SIA 265 durch den Beiwert kB erfasst. Bei Trägern veränderlicher Höhe und bei gekrümmten Trägern treten nicht nur durch die äussere Belastung Querzugspannungen auf, sondern auch durch den Einfluss von klimatischen Beanspruchungen. Es sollte daher auf jeden Fall eine Verstärkung verwendet werden. Gemäss DIN 1052:2008 konnte bei Trägern, die allein aufgrund klimatischer Bedingungen verstärkt werden, die Zugkraft in der Verstärkung aus den Querzugspannungen unter Berücksichtigung eines Breitenbeiwerts berechnet werden. Für Träger schmäler als 640 mm werden die Querzugspannungen proportional abgemindert, für breitere proportional erhöht. Innenliegende Verstärkungen müssen mit Ausnahme einer Randlamelle über die ganze Trägerhöhe durchgehen. Der Abstand der Verstärkung an der Trägeroberkannte muss untereinander mindestens 250 mm, jedoch nicht mehr als 75% der maximalen Trägerhöhe betragen. Weiterer Forschungsbedarf besteht aber weiterhin vor allem in Bezug auf die Optimierung der Durchmesser und Abstände von innenliegender Verstärkung. Moderne Verstärkungselemente mit grossen Durchmessern erlauben die Übertragung grosser Kräfte. In querzugbeanspruchten Bereichen kann dies jedoch zur Spannungskonzentrationen mit einem nachteiligen Effekt auf die gesamten Tragwiderstand führen. Ausserdem bieten diese Verstärkungselemente auch die Möglichkeit, kombinierte Schub- und Querzugverstärkungen durchzuführen. Die Effektivität und genaue Tragwirkung dieser Verstärkungsmassnahmen bleibt jedoch zu untersuchen. 7

ZUSAMMENFASSUNG

Bemessungssituationen, in denen Zugspannungen rechtwinklig zur Faserrichtung auftreten, sollten grundsätzlich vermieden werden, da die Festigkeiten und Steifigkeiten auf Querzug sehr gering sind und ein sprödes Materialversagen zu erwarten ist. Dabei sind unter anderem auch feuchteinduzierte Spannungen sowie eine mögliche Schubbeanspruchung zu berücksichtigen. Bereiche in denen Querzugspannungen nicht vermieden werden können, sollten daher unbedingt verstärkt werden. 8

LITERATUR

Blass, H. J. und Bejtka, I. (2003). Querzugverstärkung in gefährdeten Bereichen mit selbstbohrenden Schrauben. Fraunhofer IRB Verlag. Blaß, H. J. und Steck, G. (1999). Querzugverstärkungen von Holzbauteilen: Teil 1-3. Bauen mit Holz 101(3,4,5). 42-46,44-49,46-50. Blumer, H. (1979). Spannungsberechnungen an anisotropen Kreisbogenscheiben und Sattelträgern konstanter Dicke. Forschungsbericht, Universität Karlsruhe. CEN (2004). EN 1995-1-1: Eurocode 5: Design of timber structures - Part 1-1: General - Common rules and rules for buildings. Brüssel, Belgium, Europäisches Komitee für Normung. Colling, F. (1986). Influence of volume and stress distribution on the shear strength and tensile strength perpendicular to grain. Proceedings of the CIB-W18 Meeting 19, Florence, Italy. Danielsson, H. (2007). The strength of glulam beams with holes - a survey of tests and calculation methods. Department of Construction Sciences - Structural Mechanics, Lund Universitiy, Sweden. DIN (2008). DIN 1052: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbauwerken - Allgemeine Bemessungsregeln und Bemessungsregeln für den Hochbau, DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth Verlag GmbH, Berlin. Dubas, p. (1981), Einführung in die Norm SIA 164 (1981= Holzbau, Autographie, IBK, ETH Zürich. Ehlbeck, J., Görlacher, R., et al. (1991). Empfehlung zum einheitlichen genaueren Querzugnachweis für Anschlüsse mit mechanischen Verbindungsmitteln. Bauen mit Holz 93(11). 825-828. Ehlbeck, J. und Kürth, J. (1990). Einfluss des querzugbeanspruchten Volumens auf die Tragfähigkeit gekrümmter Träger konstanter Höhe und gekrümmter Satteldachträger aus Brettschichtholz. Forschungsbericht, Universtität Karlsruhe. Gustafsson, P. J. (1988). A study of strength of notched beams. Proceedings of the CIB-W18 Meeting 21, Parksville, Canada. Henrici, D. (1984). Beitrag zur Spannungsermittlung in ausgeklinkten Biegeträgern aus Holz. Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen. Doktorarbeit, Technische Universität München. Henrici, D. (1990). Beitrag zur Bemessung ausgeklinkter Brettschichtholzträger. Bauen mit Holz 11. 806-811. Johannesson, B. (1983). Design problems for glulam beams with holes stresses and stress concentrations - fracture criteria - design considerations. Göteborg: VIII, 73 p. Kolb, H. und Epple, A. (1985). Verstärkung von durchbrochenen Brettschichtholzbindern. Research report I.4 – 34810, Otto-GrafInstitute, Stuttgart. Leijten, A. J. M. und Jorissen, A. J. M. (2001). Splitting strength of beams loaded by connections perpendicular ot grain, model validation. Proceedings of the CIB-W18 Meeting 34, Venice, Italy. Mistler, H.-L. (1998). Querzug-Bemessung von BSH-Trägern nach EC 5, Ein Vergleich mit Forschungsergebnissen. Holz als Roh- und Werkstoff 56. 51-59. Möhler, K. und Siebert, W. (1984). Untersuchungen zur Erhöhung der Querzugfestigkeit in gefährdeten Bereichen. Bauen mit Holz 86(6). 388-393. Nordtest (1993). Wood: Fracture energy in tension perpendicular to the grain. Nordtest: Espoo, Finland.

Aicher, S. und Höfflin, L. (2000). A contribution to the analysis of glulam beams with round holes. Otto-Graf-Journal 11. 167-180.

Svenskt Limträ AB (2001). (http://www.svensktlimtra.se/).

Barrett, J. D. (1974). Effect of size on tension perpendicular-to-grain strength of douglas-fir. Wood and Fiber Science 6(2). 126-143.

van der Put, T. A. C. M. (1990). Tension perpendicular to the grain at notches and joints. Proceedings of the CIB-W18 Meeting 23. Lisbon, Portugal.

62

The

glulam

handbook.


Verstärkung von Brettschichtholz Robert Widmann, Empa, Dübendorf

1 EINLEITUNG Verstärkungen von Brettschichtholz (BSH) können auf Grund zweier unterschiedlicher Gründe erforderlich sein. Einerseits besteht die Notwendigkeit, Bereiche mit im Vergleich zum Tragwiderstand hohen Beanspruchungen zu verstärken, beispielsweise Lasteinleitungsbereiche oder Ausklinkungen in BSH Elementen. Andererseits kommen Verstärkungen von BSH auch bei Sanierungen und Nutzungsänderungen zum Einsatz, beispielsweise bei vorliegenden teilweisen Delaminationen oder bei der nachträglichen Erhöhung des Tragwiderstands eines BSH-Bauteils. Mit den Verstärkungsmassnahmen sollen entweder die ursprüngliche Steifigkeit und Festigkeit eines Bauteils wiederhergestellt, planmässig höhere Belastungen von einem vorhandenen Bauteil aufgenommen oder gefährdete Bereiche in neuen Bauteilen planmässig verstärkt werden. Die am häufigsten angewandten

ziehungsweise von zusätzlichen Brettschichtholzlamellen mittels Schraubpressklebung. Es werden auch weitere geklebte Verstärkungen wie eingeklebte Gewindestangen oder aufgeklebte faserverstärkte Kunststoffe angewendet. Weiterhin kommen heute in grossem Masse Vollgewindeschrauben und eingedrehte Gewindestangen zum Einsatz. Die in der Abb. 1 gezeigte Grafik zeigt, dass die im folgenden Beitrag besprochenen Verstärkungsmethoden im Sanierungsfall über 75% aller angewandten Techniken abdecken. Verstärkungen werden benötigt, um vorwiegend die folgenden Beanspruchungen in einem Bauteil besser aufnehmen zu können: – Zug senkrecht zur Faser – Druck senkrecht zur Faser (Auflager und Lasteinleitungen) – Schub – Lochleibung – Biegung Im Falle von geplanten Verstärkungen sind meistens Bogen- und Satteldachträger (Abb. 2) sowie Bauteile mit Ausklinkungen und Durchbrüchen (Abb. 3) betroffen.

Abb. 1: Übersicht der angewandten Verstärkungstechniken gemäss einer Untersuchung von P. Dietsch (TU München) [1] für insgesamt 192 ausgewertete Sanierungsfälle.

Arten sind hierbei die Sanierung von Rissen und Delaminationen durch Auspressen mittels eines Klebstoffs sowie die Applikation von Holzwerkstoffen be-

Abb. 2: Planmässige Querzugverstärkung ganzer Brettschichtholzbauteile (Quelle EC5) 63


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Abb. 3: Prinzip der Verstärkung von Querzuganschlüssen, Ausklinkungen, Durchbrüchen und Satteldachträgern, im hier gezeigten Beispiel mit Holzwerkstoffen.

Dieser Artikel gibt eine Übersicht über die in der Schweiz am häufigsten gebrauchten Verstärkungsmassnahmen für BSH-Elemente mit besonderem Bezug zur Praxis. 2 VERSTÄRKUNG MIT HOLZWERKSTOFFEN 2.1 Allgemeines Die Verstärkung von Bauteilen aus Brettschichtholz mittels Holzwerkstoffen und zusätzlichen (Holz) Lamellen gehören zu den Standardverfahren im Ingenieurholzbau. Es wird sowohl im Zuge von Sanierungen als auch bei der Herstellung neuer Bauteile eingesetzt. Im Normalfall wird hierbei durch eine (nachträgliche) Vergrösserung des Original-Querschnitts die erforderliche Tragfähigkeit und/oder Steifigkeit (wieder) hergestellt. Meistens werden diese Verstärkungen in streifen- und/oder plattenförmiger Form ausgeführt (Abb. 3).

Furnierschichtholz (Kerto, LVL), min. t = 10 mm

Sperrholz - Plywood, min. t = 10 mm

2.2 Anwendung Mittels Schraubpressklebung applizierte Holzwerkstoffplatten kommen in erste Linie zum Einsatz, wenn flächig wirkende Verstärkungen benötigt werden. Dies ist insbesondere bei Querzug- und Schubverstärkungen, aber auch bei Querdruck der Fall. Holzwerkstoffe werden auch eingesetzt, um Knotenpunkte oder Verbindungsmittelbereiche von Holzkonstruktionen zu verstärken. Die Anwendung erfolgt normalerweise von aussen und diese Verstärkungen sind somit sichtbar. In letzter Zeit wurden aber derartige Verstärkungen auch vermehrt als innen liegend ausgeführt (z.B. in den markanten Knoten am TA Media Gebäude in Zürich). 2.3 Eingesetzte Holzwerkstoffe Prinzipiell eignen sich für derartige Verstärkungen mehrere Arten von Holzwerkstoffen (Abb. 4) bzw. auch normale Brettlamellen aus festigkeitssortiertem Vollholz bis zu 35 mm Dicke.

Massivholzplatte, max. tLage = 30 mm

Brettsperrholz (BSP, CLT) , max. tLage = 30 mm

Abb. 4: Übersicht der am häufigsten verwendeten Holzwerkstoffe bei der Verstärkung von Brettschichtholz. Es sind die minimal anzuwendenden Dicken der Werkstoffplatten bzw. die maximale Dicke einzelner Lagen dieser Holzwerkstoffe. Bilder: dataholz.com 64


Verstärkung von Brettschichtholz

Verstärkung von

Charakteristische Klebfugenfestigkeit Faktor zur Reduktion der charakterisfk,k [N/mm2] tischen Zugfestigkeit ft,k der Holzwerkstoffe

Ausklinkungen, Durchbrüchen

0.75

0.5

Queranschlüssen

0.75

0.67

Satteldachbindern und gekrümmten Bindern

1.50

1.0

Tab. 1: Charakteristische Klebfugenfestigkeit sowie Reduktionsfaktor bezüglich der charakteristischen Zugfestigkeit von Holzwerkstoffen für unterschiedliche Verstärkungen (DIN EN 1995-1-1/NA:2010, keine Angabe in SIA 265:2012)

Von den genannten Holzwerkstoffen wird am häufigsten Furniersperrholz und Furnierschichtholz (FSH, LVL, Kerto), beide mit mindestens 5 Lagen und einer Mindestdicke von 10 mm oder auch Brettsperrholz (Lagendicke bis 30 mm), für diesen Zweck eingesetzt. Die entsprechenden Materialkennwerte können der SIA 265/1 und/oder den Herstellerunterlagen (Zulassungen) entnommen werden. Die Verstärkungen lassen sich auch mehrlagig ausführen.

gleicher Spannungsverteilung durch die Angabe entsprechender charakteristischer Werte direkt berücksichtigt. Hierbei muss die rechnerisch gleichmässig verteilte Klebfugenspannung der in der Tabelle genannten entsprechenden Festigkeiten gegenübergestellt werden. Insgesamt ist das genannte Bemessungsverfahren zwar einfach anzuwenden, führt aber in der Praxis zu deutlichen Beschränkungen aufgrund der signifikant herabgesetzten Festigkeiten.

2.4 Bemessung

2.5 Schraubpressklebung

Die Bemessung von aussen aufgeklebten Verstärkungen aus Vollholz oder Holzwerkstoffen ist ein relativ einfacher Vorgang. Aus den Steifigkeitsbedingungen ergibt sich, dass die Verstärkung im Normalfall die gesamte zu übertragende Kraft alleine aufnehmen muss. Die Kraft muss im entsprechenden Bereich vom Holz über den Klebstoff in die Verstärkung übertragen werden, in diesem dann den gefährdeten Querschnitt überbrücken und anschliessend wieder über den Klebstoff zurück in das Holz geleitet werden. Die Verstärkung (meist auf Zug) und Klebefuge (auf Schub) müssen bemessen werden. Unter dieser Voraussetzung leitet sich der erforderliche Netto-Querschnitt des/der Holz- bzw. Holzwerkstoffteils/teile für die Verstärkung ab. Bei dieser Berechnung muss jedoch allenfalls der ungleichmässige Spannungsverlauf berücksichtigt werden (Tab. 1). Dies wird vereinfacht mit einer Reduktion der entsprechenden Zugfestigkeit auf 2/3 des Originalwerts (Queranschlüsse) und auf 50% des Originalwerts (Ausklinkungen, Durchbrüche) erreicht (deutscher NA zum Eurocode 5, DIN EN 1995-1-1/NA:2010, keine Angabe in der Norm SIA 265:2012 ). Bei Querzugverstärkungen von Satteldach- und gekrümmten Bindern ist keine Reduktion der Festigkeit erforderlich. (Angaben: deutscher NA zum Eurocode 5, DIN EN 1995-11/NA:2010, keine Angabe in der Norm SIA 265:2012). Bei den Klebfugenfestigkeiten wird in der gleichen Quelle (DIN EN 1995-1-1/NA:2010) der Umstand un-

Das Funktionieren der Verstärkungen ist im Wesentlichen davon abhängig, dass die grossflächige Verklebung entsprechend den Vorgaben des Herstellers ausgeführt wird und somit ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten kann. Die darin enthaltene Vorbereitung des Verklebungsgrunds kann vor allem bei älteren Bauteilen einen erheblichen Arbeitsaufwand darstellen. Bei der Schraubepressklebung ist darauf zu achten, dass der erforderliche Pressdruck durch die Art, Anzahl und Verteilung der Schrauben über den Querschnitt gewährleistet wird (Abb. 5). Gemäss dem Merkblatt Sanierung von BS-Holzbauteilen der Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V. (2010) sind hier mindestens pro 150 cm2 (bei einer maximalen Kantenlänge des Schraubenrasters von 150 mm) eine bauaufsichtlich zugelassene (in der Schweiz nicht notwendig) Teilgewindeschraube mit einem Durchmesser größer als 4 mm anzuordnen. In der aufzuklebenden Platte oder der aufzuklebenden Lamelle darf kein Schraubengewinde vorhanden sein. Die Gewindelänge im Holzteil mit der Schraubenspitze muss mindestens 40 mm betragen, jedoch mindestens gleich der Platten- oder Lamellendicke sein. Bei mehrlagiger Schraubung muss das Schraubenbild entsprechend versetzt angeordnet werden. Die Schrauben können nach der Aushärtung entfernt werden, da sie in keinem Fall zur Lastübertragung beitragen.

65


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Abb. 5: Anwendung der Schraubpressklebung. Wichtige Parameter sind die erforderliche Anzahl Schrauben pro Fläche (rechts oben und unten), die Wahl, korrekte Menge und Verarbeitung eines nachweislich geeigneten Klebstoffs (oben rechts) sowie eine saubere und möglichst ebene Verklebungsfläche (unten rechts). Bilder: Holzforschung Austria

Prinzipiell ist es zumindest theoretisch auch möglich, den vom Klebstoff her vorgegebenen Mindestpressdruck in anderer Art und Weise aufzubringen als durch Schraubpressung, zum Beispiel durch Zwingen, hydraulische oder elektrische Pressen und ähnliche Techniken. In der Praxis hat sich allerdings die Schraubenpressklebung als wirtschaftlichste Lösung durchgesetzt. 2.6 Klebstoffe Aus dem Merkblatt Sanierung von BS-Holzbauteilen der Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V. (2010) gehen sinngemäss folgende Empfehlungen bezüglich der Klebstoffe hervor: Es können Phenoplastharz- oder Aminoplastharzklebstoffe verwendet werden, welche die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Es dürfen zudem Klebstoffe gemäss allgemeiner bauaufsichtliche Zulassung verwendet werden (in der Schweiz nicht notwendig). Üblich ist bei vielen Sanierungsarbeiten der Einsatz von Zweikomponenten Epoxidharz- Klebstoffen. Dieses Harz ist während der Reaktion dünnflüssig und füllt Hohlräume sehr gut aus. Bei der Verklebung 66

mit solchen Klebstoffen ist kein Pressdruck erforderlich, weil die Klebemasse – im Gegensatz zu Polykondensationsklebstoffen – nicht schwindet. Allerdings ergibt sich aus der Applikation meistens aber doch die Notwendigkeit eines gewissen Pressdrucks, alleine schon daher, weil das Bauteil am Ort fixiert werden muss. Epoxidharz-Klebstoffe sind während der Reaktion so dünnflüssig, dass ein Wegfliessen des Klebstoffes allenfalls durch geeignete Massnahmen verhindert werden muss. Bei der Sanierung von sichtbar bleibenden Bauteilen kann den Klebstoffen ein Farbstoff beigemischt werden, sofern die Eigenschaften des gefärbten Klebstoffs geprüft und als geeignet eingestuft worden sind. Sofern Klebstoffe, z. B. zum Andicken, mit Streckmitteln gemischt werden sollen, ist dies nur zulässig, wenn der angedickte Klebstoff geprüft und als geeignet eingestuft worden ist. Alle verwendeten Klebstoffe müssen dem Typ I gemäss EN 301:2013 entsprechen. Auch Zweikomponenten Polyurethan Klebstoffe sind für diese Zwecke geeignet und kommen vermehrt für derartige Verstärkungsmassnahmen zum Einsatz.


Verstärkung von Brettschichtholz

Für die Anwendung der Schraubpressklebung haben mehrere Anbieter in der Schweiz entsprechende Produkte in ihrem Angebot. Wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Klebstoffs ist hier unter anderem auch die Fugendicke. Der Klebstoff sollte dabei nachweislich für Fugendicken von mindestens 2 mm geeignet sein. 3 AUSPRESSEN VON RISSEN UND DELAMINIERUNGEN Das Auspressen von Rissen und Delaminierungen durch Injektion mit einem geeigneten Klebstoff ist eine Standardmethode zur Sanierung von Brettschichtholzbauteilen (Gliese 1980). Durch dieses Verfahren wird insbesondere die Schubfestigkeit der Klebefuge wieder hergestellt. Sekundär werden auch die Übertragung von Querzug- und Querdruckspannungen ermöglicht, allerdings sollte insbesondere erstere durch andere Massnahmen (wie Schrauben und Gewindestangen oder die oben besprochenen Holzwerkstoffe) gewährleistet werden. Zusätzlich zu statischen Gründen können auch optische Gründe für eine derartige Sanierung massgebend sein. Hinsichtlich der Schubsteifigkeit ist das Auspressen von Rissen die wohl geeignetste Technik wenn man als wichtigstes Kriterium die Schubsteifigkeit zwischen den delaminierten Teilbereichen eines Brettschichtholzelements ansetzt. Ein Biegeträger wird nur in diesem Fall wieder als ein homogener Querschnitt wirken. In den meisten anderen Fällen, also beispielsweise beim Einsatz von Schrauben und/oder Gewindestangen ist die Schubfestigkeit zwar grundsätzlich gegeben (sofern richtig dimensioniert wurde) aber die reduzierte

Schubsteifigkeit bewirkt in vielen Fällen, dass der Biegeträger als zusammengesetzter Querschnitt berechnet werden muss. Bei der Verwendung des Gamma Verfahrens (Abb. 9) kann also nur beim Auspressen von Rissen ein Gamma von 1 angesetzt werden, bei allen anderen Techniken muss Gamma kleiner als 1 angesetzt werden. Für das Auspressen von Rissen muss keine spezielle Dimensionierung durchgeführt werden. Die Schwierigkeit dieses Verfahren liegt vor allem in dessen Ausführung gemäss Abb. 6. Zunächst ist die Auswahl eines geeigneten Klebstoffs essentiell (Tab. 2). Dieser sollte keinen oder nur einen minimalen Pressdruck benötigen, nicht schwinden und von seiner Konsistenz her so beschaffen sein, dass er viskos genug ist, um in alle delaminierten und/oder gerissenen Bereiche vorzudringen. Die Klebstofffestigkeit muss derjenigen eines üblichen Klebstoffs zur Herstellung von Brettschichtholz entsprechen und dies bei einer Klebfugendicke von mehreren Millimetern. Abgesehen vom Klebstoff spielt auch die Beschaffenheit der Holzoberfläche, hier: in den Delaminierungen und Rissen, eine entscheidende Rolle für die Leistungsfähigkeit der ausgepressten Fugen und Risse. Die Oberfläche muss frei von Klebstoffrückstanden, sauber und möglichst glatt sein. Dies bedingt praktisch immer, dass die Risse und Fugen vor dem Verpressen aufgefräst werden müssen. Dies kann beispielsweise mittels Tauchkreissägen oder Oberfräsen erfolgen. Anschliessend sind alle Rückstände durch Ausblasen mit ölfreier Druckluft und/oder Absaugen zu beseitigen.

a

b

c

d

e

f

Abb. 6: Die Aufnahmen von Purbond AG und Jowat Swiss AG zeigen Arbeitsschritte beim Auspressen von Rissen: a: Ausblasen der aufgefrästen Fuge, b: Verschliessen der Fuge (Spachtelmasse oder Klebband), c: Bohren der Einfüllöffnungen, d: Injektion des Klebstoffes, e: Alternative: Injektion durch Schrägbohrungen, Verschliessen der Einfüllöffnungen. 67


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Klebstoffsystem

Viskosität (mPa s bei 20 °C)

Topfzeit/ Aushärtezeit/ Endfestigkeit (bei 20°C)

max. angegebene Fugendicken

Herkunft

Astorid GSA-Harz (n'H Lungern)

25´000 (bei 25 °C)

80-100min/ 24 h/ k.A. (bei 23 °C)

4 mm

Schweiz

Jowat 2KKonstruktionsklebstoff 692.30

36´500

30min/ 2h/ >24h

3 mm

Deutschland

k.A.

6h/ 48h/ k.A.

12 mm

England

9’000

10min/ 2h/ >24 h

4 mm praktische Erfahrungen bis 4 cm

Schweiz

k.A.

80min/ 6h/ 16h

4 mm

Deutschland (bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1-750)

Rotafix Structural Adhesive 400cc LOCTITE RE 3064 PURBOND WEVO EP20 mit Härter B20

WEVO EP 32 S mit Härter B 22 TS

(8 mm in beschränktem Umfang) 8’000-9’000

30-40 min/ 10h/ 20h

6 mm (8 mm in beschränktem Umfang)

Deutschland (bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1-794)

Tab. 2: Übersicht einiger in der Schweiz und Europa angewendeter Klebstoffe für das Auspressen von Rissen (Quelle: PURBOND / Lehringer (2013)

Die weiteren Arbeitsschritte sind das vollständige Verschliessen der aufgefrästen Fuge, Bohren der Einfüllöffnungen und Einpressen des Klebstoffes sowie das Verschliessen der Einfüllöffnungen (Abb. 6). Hierfür ist eine gewisse Erfahrung unabdingbar weshalb diese Arbeiten nur von geschulten und erfahrenen Fachleuten ausgeführt werden sollte. Die Qualitätskontrolle kann durch die Entnahme von Bohrkernen an geeigneter Stelle sowie einer anschliessenden Festigkeitsprüfung erfolgen. Wie bei anderen Verstärkungsmassnahmen muss auch hier allenfalls die Absperrwirkung durch die dicke Klebefuge berücksichtigt werden. Diese Klebefuge ist wesentlich steifer als normale Klebefugen in Brettschichtholz. Sollte das Bauteil grossen Feuchteschwankungen ausgesetzt sein, kann die Behinderung der Schwind- und Quellverformung eine Rissbildung zur Folge haben.

68

4 VERSTÄRKUNG MIT STIFTFÖRMIGEN VERBINDUNGSMITTELN 4.1 Eingeklebte Stangen Eingeklebte Stangen werden seit längerer Zeit für die Verstärkung von BSH-Bauteilen verwendet. Am häufigsten kommen dabei handelsübliche Gewindestangen zum Einsatz, es können jedoch auch andere profilierte Stahlstäbe, beispielsweise Bewehrungsstähle, oder aber Stäbe aus faserverstärkten Kunststoffen eingesetzt werden. Standardmässig kommen diese Stäbe als Querzugbewehrung von gekrümmten Trägern oder Satteldachträgern zum Einsatz. Eingeklebte Stangen werden auch als Verstärkungen von Ausklinkungen und Durchbrüchen in Trägern verwendet. In den genannten Fällen werden die Stangen bereits im Rahmen der Fertigung in die BSH-Träger eingeklebt. Gängige Durchmesser der Stangen liegen zwischen 8 mm und 20 mm. Für die Montage ist ein Bohrloch mit einem geringfügig grösseren Durchmesser als der der Stangen erforderlich.


Verstärkung von Brettschichtholz

Abb. 7: Schematische Darstellung der gängigen Anordnung von stabförmigen Verstärkungen von BSH-Trägern im Bereich von Ausklinkungen (links), Durchbrüchen (Mitte) und Satteldach- bzw. gekrümmten Trägern (rechts). Für diese Art von Verstärkungen eignen sich eingeklebte profilierte Stahl- bzw. CFK-Stäbe oder aber eingedrehte Vollgewindeschrauben mit oder ohne Vorbohrung. In der gezeigten Art können auch schadhafte Stellen in BSH Trägern verstärkt werden.

Nach dem Einsetzen der Stangen wird das Loch meist über seitlich angeordnete Einfülllöcher mit einem Epoxidharz ausgegossen bzw. -gepresst. Im Rahmen einer Sanierung kommen solche Verfahren ebenfalls zum Einsatz. Im Gegensatz zur Fertigung neuer Träger ist hier häufig die Applikation problematisch. So müssen die Stäbe meist von unten in die Bauteile eingebracht werden und bei vorhandenen grösseren Rissen und/oder Delaminationen tritt der Klebstoff aus, was aufwändige Abdichtungsmassnahmen erfordert. Ähnlich wie auch bei langen Vollgewindeschrauben ist das Verlaufen der Bohrung insbesondere bei Löchern für schlanke Stangen ein weiteres Problem bei der Ausführung derartiger Verstärkungen. Im Gegensatz zum deutschen Nationalen Anhangs zum Eurocode 5 (DIN EN 1995-1-1/NA:2013) sind eingeklebte Stangen in der Schweizer Holzbaunorm SIA 265 sind nicht berücksichtigt. Es existieren allerdings zahlreiche Ansätze für die Berechnung der Tragfähigkeit von eingeklebten Stahlstangen, welche in einem State-of-the-art Review gut zusammengefasst sind (Tlustochowicz 2011). Unter anderem wird dort auch auf Untersuchungen an der Empa (Steiger 2007, Widmann 2007) mit dem Schweizer GSA® Ankersystem (Anonymus 2003) eingegangen. Für das

Abb. 8:

GSA® und andere Systeme sind Zulassungen (z.B. DIBt 2012) mit Angaben der Tragfähigkeit verfügbar. 4.2 Vollgewindeschrauben und Gewindestangen Die in den letzten zwölf bis fünfzehn Jahren erfolgte Entwicklung von langen Schrauben und Gewindestangen (bis ca. 2 m Länge) mit Durchmessern von 8 mm bis 20 mm und durchgehendem Gewinde ermöglichte neu auch deren Einsatz im Rahmen von Verstärkungsmassnahmen. Die Vollgewindeschrauben können dabei je nach Typ und Grösse mit oder ohne Vorbohrung direkt in das Holz eingedreht werden. Die Schrauben wirken ähnlich wie eine Bewehrung im Beton und sie können je nach Anordnung Schub (Blass 2010) (Abb. 8), Druck- oder Zugkräfte (inklusive Querzug) aufnehmen, also ähnliche Einsatzgebiete wie die eingeklebten Stäbe (Abb. 7). Das Tragverhalten ähnelt dem der eingeklebten Stangen wobei die Handhabung sich letztendlich unterscheidet. Ein grosser Vorteil gegenüber den eingeklebten Stangen ist der Wegfall des Klebstoffs. Andrerseits muss für das Eindrehen der Schrauben je nach deren Grösse ein verhältnismässig grosses Drehmoment aufgebracht werden, welches unter Sanierungsbedingungen auf der Baustelle ebenfalls zumindest teilweise schwierig zu realisieren ist.

Anordnung von eingedrehten Vollgewindeschrauben zur Schubverstärkung von delaminierten Fugen. 69


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Abb. 9: Berechnung eines verdübelten Balkens mittels des Gamma-Verfahrens. Dieses Verfahren kann auch für die Bestimmung des Tragverhaltens von delaminierten Trägern mit Schubverstärkungen eingestzt werden. Entscheiden ist dabei die Bestimmung des -Werts, welcher z.B. mittels Versuchen bestimmt werden kann.

Bei langen Schrauben besteht bei der Montage zudem die Gefahr des Verlaufens der Bohrung bzw. der Schraube, insbesondere wenn der Einbau, wie bei einer Sanierung meistens der Fall, vor Ort auf der Baustelle geschieht. Hinsichtlich einer Bemessung der Tragfähigkeit solcher Verstärkungen kann mit Herstellerangaben gearbeitet werden. Da zudem praktisch fast alle bedeutenden Schraubenhersteller ihre Produkte europa- oder weltweit vertreiben, liegen häufig auch Zulassungen vor (z.B. DIBt 2011). Mittels dieser Angaben kann die Schubfestigkeit in einer der Bemessung gut abgeschätzt werden. Schwieriger gestaltet sich die resultierende Schubsteifigkeit, welche wiederum einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Biegesteifigkeit und Festigkeit hat. Der Zusammenhang ist beispielsweise bei der Anwendung des Gamma –Verfahrens ersichtlich, hier mit <1 (Abb. 9). 5 BIEGEVERSTÄRKUNGEN 5.1

BSH-Lamellen

Mit dem Einsatz von zusätzlichen Lamellen, welche ebenfalls per Schraubpressklebung meistens auf der Biegezugseite von Biegeträgern angebracht werden, kann die Biegetragfähigkeit und Biegesteifigkeit von Trägern erheblich gesteigert werden (Abb. 10). In erster Linie ist dieser Verstärkungseffekt auf geometrische Faktorenbegründet. Die Biegefestigkeit steigt mit der statischen Höhe im Quadrat, die Biegesteifigkeit mit der statischen Höhe im Kubik. Meist lohnt es sich auch, die zusätzlichen Lamellen in einer besonders guten Qualität auszuführen, um durch einen ent70

sprechend erhöhten E-Modul und eine erhöhte charakteristische Zugfestigkeit weitere Verstärkungseffekte zu erzielen. Stehen eingeschränkte Platzmöglichkeiten oder optische Gründe gegen eine beliebige Zunahme des Querschnitts, so lassen sich die zusätzlich angebrachten Lamellen weiter verstärken, beispielsweise durch über die ganze Länge eingeklebte profilierte Stäbe aus profilierten Stählen oder Kohlefaser oder aber flache Elemente wie dünne Stahl- oder Kohlefaserlamellen. Durch die Querschnittsvergrösserung steigt auch der Schubwiderstand des Trägers geringfügig an. Dies wird in den meisten Fällen jedoch unberücksichtigt gelassen, unter anderem auch deshalb, weil die zusätzlichen Lamellen meist nicht bis ans Trägerende durchgezogen werden können. Andererseits entsteht an den Auflagern durch die Zusatzlamellen eine Ausklinkung, welche statisch allenfalls berücksichtigt und nachgewiesen werden muss (Abb. 10 oben). Bei der Bemessung kann im Normalfall Fall von einem homogenen Querschnitt bzw. im Fall von verstärkten Lamellen oder solchen Werkstoffen mit anderen Eigenschaften (Holzwerkstoffe, Laubholz, faserverstärkte Kunststoffe, Stahl) von einem zusammengesetzten Querschnitt ausgegangen werden. Wird dies mit dem Gamma-Verfahren ausgeführt, darf Gamma = 1 gesetzt werden, da die Verklebung als steif angesehen werden kann. An die Klebstofffuge sind dann aber die gleichen Festigkeitsanforderungen zu stellen, wie an diejenigen des Brettschichtholzes. Die Einhaltung dieser Anforderung muss allenfalls durch Versuche bestätigt werden.


Verstärkung von Brettschichtholz

Abb. 10: Oben: Prinzip der Applikation von zusätzlichen Lamellen an einem zu verstärkenden Biegeträger. Im Auflagerbereich entsteht dadurch häufig eine Ausklinkung. Unten: Überprüfung der Leistungsfähigkeit durch Versuche mit Bauteilen im Masstab 1:1 an der EMPA Dübendorf und anschliessender Anwendung in einem zu sanierenden Dachtragwerk.

5.2 Lamellen aus faserverstärkten Kunststoffen Aussen aufgeklebte, nicht vorgespannte, faserverstärkte Kunststofflamellen (Glasfasern GFK und vor allem Kohlefasern CFK) und nicht vorgespannte, nahe der Oberfläche montierte Stäbe oder Bänder aus GFK /CFK gehören momentan zu den am häufigsten verwendeten Systemen für Biegeverstärkungen von zu reparierenden bzw. zu verstärkenden Bauteilen nicht nur aus Stahl und Stahlbeton sondern auch aus Holz (Bergmeister 2003). Die aussen aufgeklebten Lamellen werden hier im Normalfall auf der Biegezugseite von Trägern meist unter der Verwendung eines Epoxidharzes appliziert. Alternativ dazu können CFKBänder oder Stäbe auch nahe der Oberfläche in den Querschnitt integriert werden (Abb. 11). Sie werden dazu in entsprechende Schlitze oder Nuten eingeklebt, wiederum unter Verwendung eines Epoxidharzklebers. Im Vergleich zum Verfahren mit den aussen angeklebten CFK/GFK Elementen sind die in den Querschnitt eingelassenen Elemente deutlich schwieriger zu applizieren, insbesondere im Sanierungsfall. Denkbar sind solche Verstärkungen - sowohl aussen wie in den Querschnitt integriert - auch auf der Biegedruckseite eines Trägers, allerdings wird dies in

der Praxis seltener ausgeführt, da der Verstärkungseffekt hier deutlich geringer ist bzw. vor allem weil die Gefahr des Ausknickens der dann auf Druck belasteten Elemente besteht. Für eine bessere Nutzung der Tragfähigkeit von GFK- bzw. CFK Verstärkungen können diese vorgespannt eingebaut werden. Biegeverstärkungen mit vorgespannten CFK Elementen vergrössern den Tragwiderstand von BSH Bauteilen und zwar sowohl hinsichtlich Gebrauchstauglichkeit (Verformungen, Durchbiegungen) als auch deren maximaler Tragwiderstand. Während eine schlaff aufgeklebte Verstärkung erst durch eine Belastung aktiviert werden muss ist bei einer vorgespannten Verstärkung die Tragwirkung sofort gegeben, womit auch bereits Verformungen aus den Eigenlasten (besser) aufgenommen werden können. Andererseits ist die praktische Anwendung der vorgespannten CFK-Lamellen relativ kompliziert und es besteht beispielsweise die Gefahr des Abschälens bei aussen angeklebten Lamellen.

71


Brettschichtholz aus maschinell sortierten Lamellen

Abb. 11: Übliche Möglichkeiten zur Anbringung von CFK Lamellen bzw. in zu verstärkenden BSH-Trägern. Bei a) und b) sind die CFK-Lamellen in parallel oder senkrecht zur BSH- Lamellenlage eingefräste Nuten eingeklebt. Über die Breite des Querschnitts durchgehende CFK-Bänder, wie in c) gezeigt, werden vor allem bei der Fertigung von neuen BSH Trägern angewendet, könnten aber auch bei einer Sanierung zum Tragen kommen. Eine Standardlösung ist d), wobei das CFK Band auf die unterste Lamelle des BSH-Trägers aufgeklebt wird. Diese Variante erfordert mit Abstand den geringsten Aufwand aller vier gezeigten Möglichkeiten. Prinzipiell können alle gezeigten Verstärkungen auch in der Biegedruckzone eines Trägers eingebaut werden. Die in der Biegezugzone liegenden Verstärkungen können zudem auch - unter erheblichem Aufwand - vorgespannt werden, wovon insbesondere die Gebrauchstauglichkeit (geringere Verformungen) des verstärkten Bauteils profitiert.

6 DANKSAGUNG Die vorgestellten Inhalte sind weitestgehends im Rahmen eines vom Aktionsplans Holz des Bundesamt für Umwelt geförderten Forschungsprojektes „Zustandserfassung und Verstärkung von Brettschichtholz“ entstanden. Danke dem Förderer, den Wirtschaftspartnern sowie der bfh-ahb für die konstruktive Zusammenarbeit. 7 LITERATUR Anonymus (2003): Das GS-Ankersystem und BSH - ein Verbund der Stärke. Schweizer Holzbau,. 69(1): p. 51-52. Blass, H.J. and O. Krüger (2010): Schubverstärkung von Holz mit Holzschrauben und Gewindeschrauben. Karlsruher Berichte zum Ingenieurholzbau, Band 15. 2010, Karlsruhe, Germany: KIT Scientific Publishing. DIBt 2011: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1472, SFS Befestiger WT-S-6,5; WT-T-6,5; WT-T-8,2; WR-T9,0 und WR-T-13 als Holzverbindungsmittel, Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin DIBt 2012: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1778, 2K-EP-Klebstoff GSA Harz und GSA-Härter für das Einkleben von Stahlstäben in Holzbaustoffe, Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin Dietsch, Philip: "Einsatz und Berechnung von Schubverstärkungen für Brettschichtholzbauteile"; Dissertation; Technische Universität München; 2012 DIN EN 1995-1-1/NA:2013: Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines - Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau. EN 301:2013: Klebstoffe, Phenoplaste und Aminoplaste, für tragende Holzbauteile - Klassifizierung und Leistungsanforderungen. EN 1995-1-1/A1:2008: Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 1-1: Allgemeines - Allgemeine Regeln und Regeln für den Hochbau.

72

Gliese, R. (1980): Sanierung von Brettschichtholzträgern mit Epoxidharz. Bauen mit Holz, 82(7): p. 401-406 Lehringer, Christian: Auspressen von Rissen und Delaminierungen, in: Tagungsunterlage zu Workshops Zustandserfassung und Verstärkung von Brettschichtholz, Biel, 2013 SIA 265:2012 Holzbau, , Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein, Zürich. SIA 265/1:2009: Holzbau – Ergänzende Festlegungen. , Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein, Zürich. Steiger, R. et al. (2007): Pull-out strength of axially loaded steel rods bonded in glulam parallel to the grain. Materials and Structures, 40(1): p. 69-78. Tlustochowicz, G. et al. (2011): State-of-the-art review on timber connections with glued-in steel rods. Materials and Structures, 44(5): p. 997-1020. Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V, (2010): Merkblatt: Sanierung von BS-Holzbauteilen, Wuppertal, Deutschland, www.brettschichtholz.de. Widmann, R. et al. (2007): Pull-out strength of axially loaded steel rods bonded in glulam perpendicular to the grain. Materials and Structures, 40(8): p. 827-838.



sia D 0251

Dokumentation

D 0251

sia

Neue Erkenntnisse zur Zuverlässigkeit von Brettschichtholz N e u e E r k e n n t n i s s e zu r Zu ve rl äs si g ke i t vo n B r e t ts c hi c h t ho l z

I S B N 978-3-03732-052-5

schweizerischer ingenieur- und architektenverein société suisse des ingénieurs et des architectes società svizzera degli ingegneri e degli architetti swiss society of engineers and architects


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.