KVNO aktuell 3+4 2012

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Akademische Lehrpraxen für Allgemeinmedizin

Lernen in der Lehrpraxis Künftige Hausärzte können erste Erfahrungen in einer der zahlreichen allgemeinmedizinischen Lehrpraxen in Nordrhein sammeln. Eine davon ist die Praxis von Masum M. Mansurie in VelbertTönisheide. Seit 2010 bildet er angehende Allgemeinmediziner der Universität Essen aus. „Die Studierenden lernen hier etwas ganz Wichtiges: Den roten Faden der Behandlung in Kürze zu finden.“

Die angehenden Allgemeinmediziner kommen für zwei bis drei Wochen in die Praxis. Bei Mansurie sind es ein oder zwei pro Jahr – nicht viel, aber der Nachwuchs ist rar, und die Tätigkeit auf dem Land stößt nur bei einer Minderheit der Studierenden auf Begeisterung. Schade eigentlich. Denn Praxen in „ländlichen Ecken“ zeichnen sich oft durch ein besonders breites Spektrum aus: Bei Mansurie reicht es von der Akupunktur über die Chirotherapie bis zur Palliativversorgung.

Das Team der Praxis Mansurie: Jasmin Knoblauch (l.) Hocai, Masum und Farida Mansurie.

Auf den Titel „Akademische Lehrpraxis“, der das Praxisschild ziert, sprechen Mansurie viele Patienten an. Die Tätigkeit bietet also ein gewisses Marketing-Potenzial. Doch darauf kann der 49-Jährige verzichten. In Tönisheide,

wo vor einem Jahrzehnt fünf Hausärzte praktizierten, sind es inzwischen nur noch zwei. „Ich bilde gerne aus – auch wenn es deutlich mehr Arbeit bedeutet“, sagt der Vater von vier Kindern. Die Aufwandsentschädigung fällt mit rund 25 Euro pro Ausbildungstag eher bescheiden aus. Mansurie geht es nicht ums Geld. „Ich gebe der Gesellschaft, die mir ein Medizinstudium ermöglicht hat, etwas zurück“, so der gebürtige Afghane, der mit 21 Jahren Kabul verlassen musste. Mansurie hat von der Möglichkeit, sich als Lehrpraxis zu betätigen, eher zufällig erfahren: „Ein Kollege berichtete davon am Rande einer Fortbildung.“ Ihn reizte diese Herausforderung – und er hakte bei der Universitätsklinik in Essen nach. „Wer bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllt, wird gerne genommen“, so Mansurie. Dazu gehört beispielsweise die Bereitschaft, sich an speziellen Qualitätszirkeln für Lehrpraxen zu beteiligen, das regelmäßige Durchführen von Hausbesuchen oder kleinerer chirurgischer Behandlungen in der Praxis. Die Studierenden sind rasch mittendrin im Praxis­ alltag – und werden vom gesamten Team mit offenen Armen empfangen. „Das ist eine willkommene Abwechslung“, sagt die Medizinische Fachangestellte Jasmin Knoblauch. Und freut sich schon auf den nächsten Studierenden, der in der Lehrpraxis hospitiert.

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