Seiten aus Die fabelhafte Welt des Lenormand von Kathleen Bergmann - Kapitel Baum und Blumen

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55 Baum Baum Für die Symphonie der Natur sind Bäume die Dirigenten, die das perfekte Zusammenspiel aller Wesen ermöglichen. Sucht man ganz leise ihre Nähe, erklingt das Rauschen und Raunen des Laubes, als würden die Baumwesen selbst ein Konzert anstimmen. Vielleicht sogar, um uns mit der flüsternden Stimme des Waldes etwas aus ihrer Welt mitzuteilen. Seit Urgedenken stehen die Menschen in innigster Verbundenheit mit diesen kleinen und großen Riesen. Als könnten die hochgewachsenen Gestalten den Himmel berühren, schwingt sich der menschliche Geist in ihrer Gegenwart von selbst nach oben und nimmt Fühlung mit dem Göttlichen auf. Es gibt es seit Jahrtausenden gehütete Kraftorte, heilige Haine und Landschaftsabschnitte, die eine besondere Ausstrahlung auf den Menschen haben. Meist sind solche magischen Orte von Bäumen umgeben oder diese spielen eine zentrale Rolle. Als Quell des Lebens hatte der Baum für die alten Kulturen hinsichtlich Mythologie, Zauberlehre, Heilkunde und Ernährung eine kaum zu ermessende Bedeutung. Auf der ganzen Erde galten Bäume als heilig; sie luden ein zu Versammlung und Verinnerlichung. Geister, welche die Baumstätten bewohnten, wurden von den Völkern um Rat gefragt und um ihren Schutz gebeten. Zudem soll die Anwesenheit der Ahnen und Götter den ältesten Baumgeschöpfen besondere Kräfte und Fähigkeiten verliehen haben. Bei den Germanen und Kelten verfestigte sich das Wissen darüber zu einem überaus intensiven Baumkult, der bis zur Ausmerzung durch die Christianisierung tief verwurzelt blieb. Manche heidnischen Bräuche wie das Aufstellen des Maibaumes haben trotzdem überlebt. Nach der 4 x 9-Legeweise thront das Symbol des Baumes im Mittelpunkt der obersten Reihe (siehe S. 18). Als Spitze der Hauptachse scheint er wie ein beschützender Vater alle anderen Symbole unter seine Fittiche zu nehmen. Auffällig ist darüber hinaus die Parallele zur numerologischen Bedeutung der Fünf. Wie der Baum versinnbildlicht gerade diese Zahl die stärkste Kraft des Lebens, wo alle göttlichen Energien zu einer Einheit gebündelt werden. Dem ursprünglichen Glauben nach stellten Bäume eine Verbindung zwischen den oberen und unteren Gefilden dar. Ihre Bild links: Camille Pissarro (1830 – 1903) – Place du Theatre-Francais, 1898 (Ausschnitt)

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Wurzeln reichten bis in die Unterwelt, während ihre Krone sich durch die Wolken nach dem Reich der Seelen ausstreckte. Dort, wo sie wuchsen, trafen Himmel und Erde aufeinander. Ob der Baum deshalb in der Reihenfolge des Lenormands zwischen das Haus und die Wolken »gepflanzt« wurde? Als Metapher für das Irdische kann die Karte des Hauses betrachtet werden, wohingegen die Karte der Wolken das Überirdische symbolisiert. Als Vermittler zwischen den Sphären tritt der Baum ins Zentrum des universellen Gefüges. Die Vorstellung vom kosmischen Baum wurde selbst noch in der Neuzeit lebendig gehalten. In der Jung’schen Psychologie gilt der Wald als Raum der Begegnung zwischen dem Realen und Irrealen. Da Bäume und Wälder das Tor zu einer anderen Dimension bilden, verschwimmen nicht nur Fiktion und Wirklichkeit. Die unsichtbare Wand zwischen den ätherischen und materiellen Ebenen wird gänzlich aufgehoben.

Im Zauberwald reifen

Im Wald der Grimm-Märchen treffen Menschenkinder wie Schneewittchen, Rotkäppchen oder Hänsel und Gretel zum ersten Mal auf magischen Wesen in Form von Zwergen, Feen, Hexen und sprechenden Tieren. Nicht immer laufen diese Begegnungen friedlich und harmonisch ab. Zumeist werden die Gefahren, die das Leben mit den Bewohnern des Waldes mit sich bringt, von den noch kindlichen Protagonisten gnadenlos unterschätzt. Angelehnt an das christliche Bild vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen soll es im Märchen ausgerechnet ein Wald sein, indem die Heranwachsenden lernen, beides vonein­ ander zu unterscheiden. Anfänglich gelingt es ihnen natürlich noch nicht, den Versuchungen des Bösen zu widerstehen. Alsbald nimmt das Unheil seinen Lauf bis sich Karl Hartmann (1861 – 1927) – Bei der Waldfrau

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das Schicksal durch gewonnene Einsicht in die Absichten der herrschenden Mächte zugunsten der Betroffenen wendet. Bäume sind die besten Lehrer; sie schicken Zauberwesen unterschiedlichster Art und Gesinnung zu den Menschenkindern, um ihnen durch das Zusammentreffen unvermeidliche Lebenslektionen zu erteilen. Oft müssen sie dabei durch ein regelrechtes Überlebenstraining gehen, denn nicht immer wird ihnen wie im Falle von Schneewittchen auf der Flucht vor der bösen Stiefmutter geholfen. Sodann entwickeln sie mit dem Meistern ihrer Aufgaben zunehmend mehr Erkenntnis und geistige Reife. Dadurch glückt es den jungen Helden aus dem Feld des kindlich Unbewussten heraus in die Welt des erwachsenen Bewusstseins hineinzutreten. Denn der Wald eröffnet eine ganz neue Erfahrungswelt, die ihnen im Schutz des eng gesteckten häuslichen Umfeldes vorenthalten blieb. Im Märchen erleben die jungen Leute mit jeder neuen Station einen Wachstumsprozess, der die Ganzwerdung ihrer Persönlichkeit zum Ziel hat. Um eine höhere Stufe des Bewusstseins zu erlangen, müssen sie die Prüfungen des Schicksals antreten. Dabei lernen die Schützlinge nicht nur Verantwortung zu übernehmen, sondern vor allem sich selbst Vertrauen zu schenken. Somit bringt sie die geschärfte Wahrnehmung auf rettende Einfälle oder richtige Wege. Nach bestandener Feuertaufe sind sie dann ausreichend erfahren und gefestigt, den »Drachen und Dämonen« der realen Welt entgegenzutreten. Im Wald lernen wir Menschen die Allmacht der Natur am besten kennen. Seine größten und ältesten Bewohner – die Bäume – sind strenge, aber weise Lehrmeister. Dennoch beschützen und begleiten sie als Freund und Helfer den Menschen auf seinem Weg durch die geheimnisvollen, zuweilen recht dunklen Reiche der Erdmutter. Wachstum und Weisheit kommen

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nicht von allein, sondern müssen neben besonnenem Handeln durch innere Stärke und Spürsinn erworben werden. Später folgen wir auf leisen Sohlen der Spur des Instinkts eines der tapfersten Helden des Waldes, dem Fuchs, der wie der Baum zur Schlüsselzahl Fünf zählt.

Die Verbindung zu Mutter Erde – das Wichtigste für uns

Biologisch gesehen ist der Baum ein Mikrokosmos, in dem auf winzig kleinen Ebenen von den Wurzeln bis zur Krone eine vielfältige Welt für sich lebt. Bäume sind nahezu die einzigen Wesen, ohne die ein Leben auf dieser Erde ausgeschlossen wäre. Sie liefern die Grundenergie allen Lebens und ermöglichen das Wachstum zahlloser Tier- und Pflanzenarten. So wie seit alters in vielen Kulturen jeder Baumart ein bestimmter Charaktertypus zugeordnet wird, erhalten auch Landschaften, Städte und Straßen durch die Ansiedlung einheimischer Bäume ein unverwechselbares, unnachahmliches Gesicht. Baumkulturen gestalten und prägen unseren Lebensraum grundlegend, vor allem wenn wir ihnen gestatten, ihren natürlichen Kreislauf selbst zu regulieren. Jedoch führt die fortschreitende Zerstörung der Umwelt zu immer abstruseren Auswüchsen. Laut Greenpeace landen in Russland jährlich ca. 15 000 000 Tonnen Erdöl durch auslaufende Pipelines in Böden und Gewässern, was ganze Wälder in der Schlammmasse untergehen lässt. Noch verzeiht der Planet uns viel, aber können wir uns unseren Umgang mit ihm verzeihen? Wir alle brauchen die Verbindung zu Mutter Erde. Sie (er-)trägt uns und sorgt dafür, dass wir genährt werden und verwurzelt bleiben. Längst hat man erkannt, dass der Mensch immer anfälliger für unterschiedlichste Erkrankungen wird, je weiter er sich von einem ursprünglichen Leben im Einklang mit der Natur entfernt. Die heilsame Wirkung von Bäumen und Wäldern auf die Psyche des Menschen ist außerordentlich. Die Nähe zur Natur erhöht nicht nur allgemein die Lebensqualität, sondern schafft ein gesundes Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele, schenkt innere Ruhe und Zufriedenheit. Bäume tragen maßgeblich zur Entspannung und Erholung bei, völlig unkompliziert und kostenfrei. Patienten, die von ihrem Krankenbett auf einen Baum schauen können, werden nachweislich schneller gesund. Menschliches Aggressionspotential wird in der Umgebung von Bäumen deutlich gesenkt. Naturverbundenheit macht stressresistenter und robuster. Die Urkraft der Bäume fördert die innere und äußere Heilung und liefert dafür sogar unschätzbar wertvolle Substanzen, die nicht nur in der Heilkunde altbewährt sind.

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Für spirituelle Menschen ist es besonders wichtig, sich immer wieder zu erden. Wer sich viel mit ätherischen Welten beschäftigt, kann leicht den Bodenkontakt verlieren. Erdung stärkt die Fähigkeit, den Alltag zu meistern, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen, und doch in jedem Moment bewusst zu leben. Nur wer ausreichend starke Wurzeln hat, kann den Kopf schwindelfrei gen Himmel recken. Was spricht dagegen, mal einen großen Baum zu umarmen? Augenblicklich fallen Ängste und Sorgen von uns ab. Die erquickende Erdenergie durchflutet unser ganzes Wesen. Wenn wir uns dem Geist des Baumes respektvoll nähern, offenbart er uns seine göttliche Urkraft. Diese tiefe Verbundenheit mit unseren eigenen Wurzeln können wir auch über das in uns wohnende Basis-Chakra – auch Wurzelchakra genannt – herstellen.

Die wahren Heiligen – Bäume, Haine und Wälder

Als Wälder und Haine noch heilig waren, wurde alles zu ihrem Schutze getan und gleichzeitig verhindert, dass ihnen etwas durch Menschenhand zustößt. Einen Baum zu fällen, ohne das Einverständnis seines Geistes zu holen, wäre unverzeihlich, ja sogar strafbar gewesen. Denn die tiefe Beziehung zwischen Mensch und Baum, so glaubte man, würde beider Leben, Gesundheit und Wohlergehen direkt voneinander abhängig machen. Ihre Schicksale seien aneinander gebunden. Deshalb pflanzte man zur Geburt eines Kindes traditionell ein Bäumchen. Es sollte ihm dabei helfen, gut zu wachsen. Dieser schöne Brauch hat an vielen Orten bis in unsere Zeit überdauert. Überdies soll es noch immer geheime Zauberbäume mit magischen Kräften geben, von denen man sich erzählt, sie hätten Wunder gesehen und selbst bewirkt. Mag sein, dass sich um die ehrwürdigen Alten zahlreiche Mythen und Legenden ranken, aber wer an ihre besonderen Kräfte glaubt, wird von dem ein oder anderen wundersamen Erlebnis gewiss selbst berichten können. Die Eibe, die mit einem stattlichen Alter von weit über 1000 Jahren, die Ewigkeit verkörperte, galt als heiliger Baum und Stellvertreter für das Reich der Todesgötter. Der römischen Sagenwelt zufolge wurde der Weg in die Unterwelt von Eiben gesäumt. Bei den Germanen gehörte die Eibe den Erdgöttinnen Rinda und Hel, welche die verstorbenen Seelen ans Licht zu führten. Doch auch das Böse sollte die Eibe vertreiben. Ein Amulett aus ihrem Holz wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein zur Abwehr von Dämonen getragen. Ein Zauberspruch dazu lautete: »Vor Eiben kann kein Zauber bleiben.« Obendrein sollen Zauberstäbe aus dem Holz der Eibe gefertigt worden sein. In der Tragödie »Macbeth« von Wil-

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liam Shakespeare werden die magischen Kräfte der Eibe von den Hexen aktiviert, die unter anderem aus ihren Zweigen einen Zaubertrank zubereiten. Im Laufe der Jahrtausende entwickelte sich in Verbindung mit der Zauberkraft der Bäume eine eigene Orakelkultur. Überliefert und belegt ist das keltische Baumalphabet namens Ogham, das auf dem Wissen der Druiden fußt. Aus dem Holz von Buchen, Eichen und Apfelbäumen wurden Runen geschnitzt. Die Wünschelruten bestanden dafür meist aus Zweigen der Esche, die wie die Eibe als ein heiliger Baum angesehen war. Noch heute treten moderne Hexen, Wicca genannt, durch Anwendung alter Rituale in Kontakt mit den Wesen der Bäume, denen man eine heilkräftige und magiereiche Wirkung nachsagt. Trotz der ausgeprägten Mystik, die rund um die Welt der Bäume wuchs und wucherte, blieben sie selbst stets äußerst bodenständige Erdbewohner und nahbare Wesen. Jeder Baum ist ganz bei sich, eingebunden in die naturgewollte Ordnung.

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Ein e­ igensinniger Riese, der den eingeborenen Gesetzen stets treu bleibt. Aus der Symbolik des Baumes lässt sich für die entsprechende Deutung im Lenormand folgendes ableiten: Die Lebenswurzeln des Baumes wachsen auf einem kulturellen »Nährboden« aus Werten und Tradition, die auf das Kultur- und Gedankengut vieler Generationen zurückgehen. Daraus bilden sich charakteristische Grund- und Glaubensmuster, die wir bewusst oder unbewusst durch die sozialen und familiären Prägungen übernehmen. Als Hüter und Bewahrer greift der Baum immer auf das Althergebrachte und Überlieferte zurück. Sein Blick ist nicht in die Zukunft, sondern auf die Vergangenheit gerichtet. Erhalt und Fortführung zählen zu seinen Aufgaben. So weist er auf Themen hin, die in unserem Leben weiterhin bestehen bleiben und noch nicht abgeschlossen werden können. Außerdem ist der Baum Speicher all unserer Erinnerungen und Erlebnisse. Deswegen weist diese Karte im Lenormand häufig auf eine vergangene Erfahrung hin, die sich auf unsere heutige innere oder äußere Situation auswirkt. Erinnern Sie sich an die Bedeutung des Klees? Er bezeichnet im Lenormand nur einen Teil von etwas, einen Ausschnitt aus dem großen Ganzen. Dagegen wird mit dem Baum immer die Ganzheit angesprochen. Sein Symbol bezieht sich also immer auf das Umfassende, wie zum Beispiel eine Problematik oder ein bestimmtes Thema, das sich auf alle Bereiche des Lebens auswirkt und nicht nur partiell wahrgenommen werden sollte. Der weise Rat des Baumes möchte, dass wir eine ganzheitliche Sicht einnehmen und die Essenz eines Themas verstehen. Erst wenn wir etwas im Ganzen betrachten, können wir den wesentlichen Sinn erkennen. In fast allen Kulturen findet man den Baum als Sinnbild für das Prinzip der kosmischen Ordnung. In der jüdischen Kabbala-Lehre ist der Baum des Lebens das Zentrum allen Seins. Er bildet als vollkommene Einheit des Lebens die Bewusstseinsstufen des Menschen ab und macht die kosmischen Gesetzmäßigkeiten anschaulich. Die zehn Energiefelder des Lebensbaumes sollen dem Menschen als Leitfaden für seine spirituelle Entwicklung dienen und ihn durch das Labyrinth des Lebens zum höchsten Bewusstsein führen. Die nordische Mythologie erzählt von der Weltenesche Yggdrasil. Himmel, Erde und Unterwelt werden von dem heiligen Lebensbaum zu einer Einheit verflochten. Im Zentrum der Welt stehend, umschließt er den ganzen Erdball. Auch aus anderen Kulturen kennt man die Vorstellung eines solchen Lebensbaumes, der nicht nur das Universum symbolisieren sollte, sondern vor allem auch den Kreislauf von Werden und Vergehen. Deswegen verband er nach den Vorstellungen der alten Völker genau-

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so die lichten mit den dunklen Bereichen. So reichen die im Weltenbaum lebenden Geschöpfe von den Drachen der Unterwelt bis hin zu den Gottheiten der obersten Sphäre. Die Weltenesche, die alle Reiche miteinander vernetzt und vereint, zeigt uns eine ganz elementare Erkenntnis: Der Mensch ist eins mit der Erde, so wie die Erde und der Mensch eine energetische Einheit mit dem Kosmos bilden. Nicht nur in der Geomantie ist man überzeugt, dass die Erde ein Schwingungsfeld besitzt, das sich über die feinen Erdgitterlinien bemerkbar macht, die unsichtbar unseren Planeten überziehen. Geomanten suchen hauptsächlich Störfelder auf, um die Energiestrukturen des betreffenden Platzes zu harmonisieren. Dank ihrer Arbeit soll an diesem Fleck das Herz von Mutter Erde wieder im gleichen Takt schlagen wie das ihrer Menschenkinder.

Numerologische und astrologische Aspekte

Die 5 steht als hochenergetische Zahl für die Lebenskraft und die göttliche Einheit. Sie beschreibt den Mikrokosmos des Lebens, von dem wir alle ein Teil sind und untrennbar damit verbunden. Ebenso ist der Baum ein Sinnbild für die Schöpfung dieser Erde. Er stellt das weltliche Zentrum dar, von dem die vier Himmelsrichtungen ausgehen (Zentrum plus Richtungen ergeben wieder die 5). In sich geerdet, erstreckt er sich aus seiner Mitte hinaus in die Weite des Raumes. Planeten in Stier, Krebs, Jungfrau, Steinbock, 2., 4., 6. und 10. Haus ✷ Konstellationen von Sonne-Saturn, Mond-Saturn, MerkurSaturn, Mars-Saturn, Saturn-Jupiter ✷ Saturn am AC → Saturn erfüllt ähnliche Aufgaben wie das Haus. Über den Manifestationswillen hinaus geht es beim Baum um die sorgsame Fortführung des Erreichten sowie um die Werte und Traditionen, die sich darauf gründen. Häufig wird in der Literatur zur Numerologie die 5 dem Planeten Merkur zugewiesen. Zwischen Merkur, der überwiegend das Prinzip der Kommunikation und des Lernens vertritt, und der 5 des Baumes sind keine Übereinstimmungen vorhanden. Auch im Wesen der anderen 5er-Karten ist seine Qualität so gut wie gar nicht vertreten. Merkur passt dagegen eindeutig zu den Symbolen Reiter, Ruten, Schlange, Buch und Brief. Die Energie der 5 gemäß ihren alten zahlenmystischen Bedeutung kommt in allen Karten der Schlüsselzahl 5 zum Ausdruck.

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Der Baum im Spiegel des Tarot

Hohepriester (# 5): Wahrheit, Werte, Reife, Glaubensmuster Gut erkennbar ist die Verbindung zwischen dem Baum im Lenormand und dem Hohenpriester des Tarots. Allein die würdevolle und aufrechte Haltung des Hierophanten mit seinem heiligen Antlitz lässt keine Zweifel offen, dass er in seinem Glauben so fest verwurzelt ist wie ein Baum. Beide Bilder zeigen einen spirituellen Meister – einmal als Abgesandter der Menschheit und einmal als Stellvertreter aller pflanzlichen Wesen. Zudem sind beide Anhänger von Moral und traditionellen Werten.

Eremit: Reife, Geduld, Treue zu sich selbst Mäßigkeit: Ruhe, Heilung, Ganzheit, Wohlbefinden 7 der Münzen: Warten, Zufriedenheit, Passivität Ritter der Münzen: Grundlage, Erdung, Verantwortungsbereitschaft 6 der Kelche: Vergangenheit, Erinnerung, Tradition

Der Baum

im Überblick

Themen Baumorakel + Beständigkeit + Entspannung + Erdung + Erinnerung + Fortbestand Ganzheit + Geomantie + Gesundheitsthemen + Grund- und Glaubensmuster Grundlage + Grundmuster + Heilung + Holistische Energiearbeit + Kabbala Kraft + Kraftorte + Naturverbundenheit + Passivität + Reife + Ruhe + Tradition Umwelt + Verantwortungsbereitschaft + Vergangenheit + Wachstum + Wahrheit Warten + Werte + Wohlbefinden + Wurzelchakra + Zufriedenheit Figuren und Sinnbilder Baumgeist + Heilerin + Konfuzius (die Lehre von den geordneten Verhältnissen) Medizinmann + Meister + Mutter Erde + Wicca Apfelbaum + Arche Noah + Erde + fruchtbarer Boden + Ruhepol + Rune + Wald Wartezimmer + Weltenesche Yggdrasil + Wurzeln Eigenschaften abwartend + altmodisch + ganzheitlich + gesund + grundlegend + konservativ konstant + kraftvoll + natürlich + passiv + still + umfassend + universell verwurzelt + wachsend + wahrhaftig

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9 9Blumen Blumen Nachdem wir die Unterwelt verlassen haben, erscheint die lichte Gegenwart der Blumen nahezu wie ein Paradies. Auf blühenden Sommerwiesen genießen wir die sorgenlosen Sonnenseiten des Lebens. Keine Schöpfung dieser Erde könnte die Lebenskunst stilgerechter interpretieren als ein Meer aus Blumen. Ihre Kelche angenehm duftend, ihre filigranen Blütenblätter im Wind wiegend, ihre Farbenpracht betörend schön. Die Blumen im Lenormand sind ein herrliches Sinnbild für die Leichtigkeit des Seins. Doch nehmen wir das mit der Leichtigkeit nicht immer so leicht. In jungen Jahren schien alles so einfach zu sein. Wir fühlten uns wie schwerelos durchs Leben gleitend. Je älter wir werden, umso komplizierter wird es. Oder machen wir uns doch nur selbst das Leben schwer? Wie sagte Oscar Wilde so treffend: »Nicht das Leben ist kompliziert, wir sind es. Das Leben ist einfach, und das Einfache ist das Richtige.« Woran scheitert also der »easy way of life«, von dem wir gerne mehr hätten? An welchem Punkt sind wir von der Schaukel gesprungen und haben es fortan gemieden, von den Schwingen des Lebens sanft getragen zu werden? Fast jeder hatte Zeiten im Leben, die unbeschwert waren. Viele negative Erfahrungen und Einflüsse entfernten uns im Laufe der Zeit immer weiter von unseren Träumen und Wünschen. Wir fingen an, die vielen selbstverständlichen Dinge wie Vertrauen, Freundschaft, Liebe und Selbstwert mehr und mehr in Frage zu stellen. Statt Risiken einzugehen wie früher beim Klettern auf Bäume oder beim Trampen nach Italien, gehen wir heute lieber allem aus dem Weg, was wir nicht im Vorfeld genau abschätzen können. Mit zunehmendem Alter glauben wir weiser zu werden, aber finden trotzdem kein Patentrezept, um das Leben leichter zu nehmen. Kein Wunder also, dass unser Dasein eines Tages nicht nur eintöniger, sondern unter tatkräftigem Einsatz sämtlicher Abwehrstrategien und Schutzmechanismen vor allem schwieriger wird. Meistens nehmen wir uns nämlich die besten Chancen selbst weg und nicht das Leben, das wir gerne verklagen für das, was es uns vorenthält. Wir tun mehr dafür, das Schlechte zu vermeiden als das Gute zuzulassen. Genau deswegen ist das so schwer mit der Leichtigkeit. Bild links: Pierre-Auguste Renoir (1841 – 1919) – Die beidenSchwestern (auf der Terrasse), 1881

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All jene Dinge, die uns immer wieder Glück schenken, finden wir im Lenormand als blühendes Arrangement in den Blumen. Sobald wir sie erblicken, ist es an der Zeit, in unserer Vorstellung auf die wundervolle Sommerwiese zurückzukehren. Glückselig lassen wir uns mittenrein fallen und versinken für eine Weile in der köstlichen Süße des Lebens. Alles andere kann warten. Denn Glück ist keine Frage der Absolutheit, sondern eine des Augenblicks. Wir brauchen dafür keinen Zustand, in dem alles ausschließlich perfekt ist, sondern nur achtsame Wahrnehmung, die das Vollkommene im richtigen Moment erkennt.

Von der Zauberkraft der Blumen

Im Andersen-Märchen Die Schneekönigin sind zwei üppig wuchernde Rosensträucher Sinnbild für die verbindende Kraft zweier Herzen. Ihre Ranken entspringen Blumenkästen, die benachbarte Stadthäuser miteinander verbinden. Für die beiden Nachbarskinder Gretchen und Karl gibt es nichts Schöneres als darunter zu spielen und zu träumen. Eines Tages wird der Junge vom Splitter eines Zauberspiegels getroffen und verwandelt sich in ein kaltes, unnahbares und schimpfendes Wesen, das selbst die schönen Rosensträucher herabwürdigt. Bald darauf wird er von der Schneekönigin entführt und friert in ihrem Eispalast immer weiter ein. Gretchen macht sich auf den Weg, ihren Spielgefährten zu suchen. Dabei verweilt sie für einige Zeit im prächtig blühenden Garten einer weisen Frau; dort wird ihr die Zauberkraft der Blumen (Naturheilkunde) gelehrt. Sie tankt Wärme und Kraft. Das einzige, was an diesem Ort fehlt, sind die Rosen, die sie an ihren Freund erinnert hätten. Intuitiv spürt sie eines Tages deren Abwesenheit und beginnt um sie zu weinen. Plötzlich sprießen Rosen aus dem Boden und gestatten ihr, aus dem Garten zu verschwinden, um ihre Mission fortzusetzen. Schließlich findet sie den geheimen Ort, an dem Karl versteckt gehalten wird. Am Ende sind es ihre Tränen und die alten Lieder, die sein zu Eis erstarrtes Herz erweichen und ihn aus den Fängen der Schneekönigin befreien. Beide kehren – inzwischen erwachsen – in Liebe vereint nach Hause zurück. An diesem Märchen finde ich besonders schön, wie die Heilkraft der Blumen zum Ausdruck gebracht wird. Die Heilkräfte der Pflanzen, insbesondere vieler Blumenarten, sind seit Hildegard von Bingen weit bekannt. Als unterstützende Therapieform werden heutzutage Blütenessenzen wie die Bachblüten immer beliebter. Welches Symbol könnte dieses wundervolle Heilwesen aus dem Garten der Natur besser darstellen als die Blumen selbst?

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Im Garten der weisen Frau ermöglichen die wachsenden Rosen dem Mädchen die Erlösung aus der freiwillig gewählten Gefangenschaft im Zaubergarten. Der Anfang der Geschichte erzählt von Rosenbüschen, die beide Häuser wild wuchernd miteinander verbinden und so auch die Kinder darunter vereinen. Dieses Bild zeigt, wie wichtig und wunderbar es ist, zu teilen und damit etwas Einmaliges gemeinsam zu erleben. Auch die Blumen im Lenormand wollen uns erkennen lassen, was unsere Gemeinsamkeiten sind, eben, was wir mit anderen teilen können. Die Natur geht nahezu verschwenderisch mit ihrer üppigen Blumenpracht um und zeigt uns, dass für alle genug da ist, wenn wir die Fülle annehmen. Gretchen vergaß im Angesicht der Schönheit des Blumengartens für eine Weile, was ihr fehlte. Sie vergaß außerdem die Zeit, die inmitten all dieser wundervollen Wesen scheinbar stehenzubleiben schien. Blumen erinnern uns – wie die Zahl Neun übrigens auch –, dass wir Phasen der mühelosen Gelassenheit brauchen, Dugald Stewart Walker (1883 – 1937) – Die Schneekönigin

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um unsere Seele im Schoße der friedlichen Zeitlosigkeit wachsen zu lassen (dasselbe passiert während der neun Monate im Mutterleib). Wir werden getragen, wenn wir uns fallen lassen. Aus der Mythologie kennt man die neun Musen, von denen jede auf dem Gebiet der Kunst und Wissenschaft über bestimmte Talente gebietet. Sie sind die Dienerinnen des Apollon, des Gottes des Lichtes, der Weissagung, der Poesie und Musik. Typische Bedeutungen der numerologischen Neun wie Kreativität, Selbstverwirklichung und Charme zeigen eine verblüffende Übereinstimmung mit der Aussagekraft der Blumen im Lenormand. In einem der schönsten Grimm-Märchen Jorinde und Joringel geht es, ähnlich wie in der Schneekönigin von Andersen, um zwei Liebende, die durch die Entführung der Erzzauberin auseinandergerissen werden. Jorinde wird in eine Nachtigall verwandelt und in einem Korb auf Nimmerwiedersehen ins Schloss der Zauberin gebracht. Joringel macht sich auf den Weg, sein Mädchen zu finden, und es treibt ihn in die Ferne. Erst hütet er sieben Jahre lang Schafe. Die sieben Jahre entsprechen der Phase der Schlange, in welcher die Schlüsselfigur ihren Geist schult und somit der Zauberin dank seiner gewonnenen Weisheit überlegener wird. Eines Tages hat Joringel einen Traum von einer wundersamen roten Blume mit einer Perle darin. Er weiß, er muss sie finden, um seine Liebste erlösen zu können. Nach neun Tagen findet er die besagte Blume endlich. Er kann damit Tür und Tor zum Schloss öffnen, seine Jorinde befreien und auch all die anderen verwunschenen Wesen, die darin gefangen waren. Die erlösende, heilsame Kraft der Blumen kommt in diesem Märchen auf zauberhafte Weise zum Ausdruck. Licht und Liebe können eben Wunder vollbringen.

Die eigenen Möglichkeiten zu voller Entfaltung bringen

Das große Geheimnis der Leichtigkeit liegt zudem in zwei kleinen, oft unterschätzten Schlüsselwörtern verborgen: Achtsamkeit und Aufmerksamkeit. Beide Qualitäten erblühen, wenn wir mit offenen Augen durch die Welt gehen und unseren Wünschen und Bedürfnissen genügend Beachtung schenken. Und natürlich, wenn wir gleichzeitig auch das tolerieren und respektieren, was andere tun. Damit holen wir die üppige Sommerweide in unser Leben und laden gleichzeitig andere Menschen dazu ein, auf dieser fantastischen Spielwiese ebenso viel Freude zu haben wie wir selbst. Inspiriert und gestärkt durch die Schöpfungskräfte der Natur, können wir ein wahres Feuerwerk an Entfaltung und Selbstverwirklichung erleben. Der einfachste Weg zur Leichtigkeit führt über Kreativität. Als Teil dieser Schöpfung gestalten wir

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unsere eigene Bühne, auf der wir unsere angeborenen Talente ausleben können. Dabei spielt es keine Rolle, was wir tun. Alles, was zählt, ist die Freude daran und die Fülle, die wir damit in unser Leben bringen. Wer Vergnügen bei einer Sache hat, ist ganz von alleine erfolgreich. Die Früchte unserer Schaffenskraft dürfen wir dabei ruhig auch einmal selbst bewundern. Wer reich an Dankbarkeit für seine Möglichkeiten und Fähigkeiten ist, wird auch reich gesegnet mit Respekt und Anerkennung. Doch zunächst bedarf es unserer eigenen Zustimmung zu unserem Tun, einer echten Bejahung, so sein zu dürfen, wie wir sind. Selbst unsere Ecken und Kanten dürfen in der Schönheit eines selbst erschaffenen Werkes zum Ausdruck kommen. Gerade das Unvollkommene macht es besonders. Wir müssen dafür keine Künstler sein, sondern nur die Kunst verstehen, uns selbst zu leben und die Fähigkeit zum Staunen und zur Begeisterung zu bewahren. Der persönlichen Selbstausdruck folgt dann von ganz allein. Kreativität ist überall dort, wo wir mit Leidenschaft und Lachen dabei sind.

Farben und Fülle genießen

Nirgendwo finden wir im Sommer eine größere Farbenvielfalt als auf einem bunten Blumenfeld oder in einem schönen, altmodischen Bauernblumengarten. Farben senden uns auf unbewusster Ebene Signale, die eine seelische Wirkung erzeugen. In einem Raum, der in einem zarten Pastellton gestrichen ist, fühlen wir uns anders, als in einem Raum mit dunkler Brokattapete. Sogar blinde Menschen spüren die Auswirkung der Farben, wenn sie unterschiedlich gestrichene Räume betreten. Farben üben eine Kraft auf unser Wohlbefinden aus. Darum hat man einstmals in Ägypten Farbtempel zur Therapie von Kranken gebaut. Eine der spirituellen Lehren über die heilenden Botschaften der Far-

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