Kaepselejanuar14

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Das Studentenmagazin Jan./Feb. 14 Ausgabe #8 www.kaepselemagazin.de Gratis

Schuften f端r Essensmarken Junge Psychologen und ihr harter Alltag

Seite 26 Bruddaales Interview Der MC spricht 端ber Stut tgart

Seite 10

Ausland:

Going native in England Leben und studieren in surrey

Seite 50


Schon Fan? Nein? Jetzt aber! www.facebook.com/kaepselemagazin


Liebe Leserin, lieber Leser, Heidabimbam! Jetzt ischs na au scho wieder rom, des Johr 2013. Omeglich wie schnell des wieder ganga isch. Aber ois isch glar. Mir machet weider ond freued ons druff, dass mir midem Käpsele ens zwoide Johr neiganged. On da mir diesmal en echder schdar aus Stuttgart auf em Titel zeiged isch glar, dass mir au des Editorial desmol en onsrer Mudderschbrach brenged. Ond des hend mir in der erschda Ausgabe em neua Johr für euch dabei: Mir hend a bruddaals Enderview midem MC Bruddaal gmacht, wo ihr uf schwäbisch ond deutsch lesa kenned. Na hend mir au no a subber Gschichde gmacht, wo mir mit paar Leut gschwätzt hend, wo nachem Studium koi Geld griaged. Ond außerdem hend mir no a Professorin enderviewd, wo grad en Haufa Geld griagd hot wo se für ihr Forschung nutza ka. Mir wünsched also viel Spaß mit dera Ausgab! Ond jetzt nos Gleiche für Neigschmeggde: Der Wahnsinn! Jetzt ist es schon wieder vorüber, das Jahr 2013. Unglaublich, wie schnell das wieder einmal ging. Doch eines ist klar: Wir machen weiter und freuen uns darauf, mit unserem Käpsele ins zweite Jahr zu gehen. Da wir diesmal einen echten Star aus Stuttgart auf dem Titel zeigen, ist klar, dass wir auch das Editorial diesmal in unserer Muttersprache bringen. Und das haben wir in der ersten Ausgabe des neuen Jahres für euch dabei: Wir haben ein brutales Interview mit MC Bruddaal gemacht, auf schwäbisch und deutsch. Außerdem haben wir uns mit Alumni unterhalten, die nach dem Studium kein Geld bekommen. Und dann haben wir noch eine Professorin getroffen, die zwar viel Geld bekommen hat, das aber in ihre Forschung investiert.

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Wir wünschen viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Das Studentenmagazin

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Wikipedia? Wozu? Eine Stuttgarter Firma l채sst auf Vidipedia in Videos die Welt erkl채ren.

26 Studium - und dann? Erst mal zwei Jahre Praktikum! Aus dem Alltag junger PiAs.

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Unterwegs in der Welt? Erz채hle uns deine Geschichte und kassiere 250 Euro Taschengeld!

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Aus den Hochschulen 06 Vidi statt Wiki

50 Studieren im Ausland . . .

Stuttgarter gründen Wissens- und Bildungsportal

. . . diesmal: England

36 Leider kein Lamborghini

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Neue Fördermittel für die Linguistik in Stuttgart

Keine Angst vor der Prüfung

Expertentipps gegen Lampenfieber

46 Die Mode der Geschlechter Tübinger Kulturwissenschaftler bloggen

Aus dem Leben 10 Du bisch mei Number One

42 Mit Vollgas auf die Strecke

MC Bruddaal schwärmt von seiner großen Liebe

Kevin Rohrscheidt will Rennfahrer werden

16 Wie ist es eigentlich . . .

59 Termintipps

. . . k. o. zu gehen?

Was geht in den nächsten Wochen?

26 Kennst du PiA? Über den schweren Jobeinstieg

Aus deR Reihe 20 Kohle für die Reisetasche

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Bücher des Monats

Global Learning vergibt ein Bücherstipendium

Der neueste Tipp und der Liebling der Redaktion

22 Die studieren waaas?!

32

Begegnungen

Diesmal: Demokratie und Regieren in Europa

Eine Kurzgeschichte von Adriana Popescu

23 Unnützes Stuttgart-Wissen

40 Filme des Monats

Was du wirklich nicht erfahren musst

Die neuesten Tipps und der Liebling der Redaktion

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Wenn Wiki nicht weiterhilft Weil sie für ein Problem bei einer Projektarbeit keine Lösung im Internet fanden, gründeten vier Studenten die Videoplattform Vidipedia. Ziel: ein akademisches Wissensnetzwerk aufzubauen. Von Katrin Bohnenberger

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telle deine fachliche Frage und bekomme eine Antwort per Video. Das ist das Prinzip von Vidipedia. Die von Studenten ins Leben gerufene Plattform ist eine Mischung aus Uni, YouTube und Wikipedia. Professoren, Fachleute und Studenten aller Fachrichtungen helfen sich hier über Kurzvideos weiter und liefern Antworten auf individuelle Fragen. Egal zu welchem Fach, egal wer: Jeder kann über Vidipedia seine persönliche Frage stellen oder die Fragen anderer mit einem Video beantworten. Vorhandene Videos werden in Kategorien eingeteilt und sind für alle Suchenden zugänglich. „Die Seite richtet sich an alle, die ihr Wissen erweitern, ihr Knowhow teilen, netzwerken oder sich einfach präsentieren möchten. Bei uns kann man sich in Form von Videos fortbilden, ohne Gebühren dafür zu bezahlen“, sagt Sebastian Pfluger, Geschäftsführer von Vidipedia und Student im Fach Umweltingenieurwesen an der Universität Bayreuth. Gemeinsam mit seinen Freunden Joachim, Ahmed und Hassan gründete er 2013 die Vidipedia GmbH in Stuttgart. Die Idee dazu kam den Studenten in ihrem letzten Semester. „Ich hatte eine Projektarbeit, in der ich mit Kommilitonen etwas programmieren musste. Dabei hatten wir Probleme. Deshalb habe ich versucht, Antworten im Internet zu finden“, sagt Sebastian. Zwar seien in den Foren viele gute Fragen, aber kaum hilfreiche Antworten zu finden gewesen.

„Wikipedia ist natürlich klasse, da schaut jeder rein. Aber wenn man eben an einer ganz bestimmten Stelle, bei einem Kernproblem, nicht weiterweiß, hilft einem die Enzyklopädie nicht weiter“, sagt er. Die vier Freunde machten deshalb aus der Not eine Tugend: Vidipedia soll die Möglichkeit bieten, sich über Videos schnell, anschaulich und vor allem gezielt zu informieren. Die Fragen und Antworten reichen dabei von einzelnen Übungsaufgaben bis hin zur allgemeinen Modellerklärung oder Herleitung einer Formel. Um Fragen zu stellen, muss man sich bislang nicht auf Vidipedia anmelden. Registriert man sich als Videoautor, kann man sich per E-Mail über die aktuell gestellten Fragen zum eigenen Fach informieren lassen und sie nach Lust und Laune beantworten. Das Ziel sei eine Shareunity, bei der jeder seinen Beitrag leistet. „Unsere User kommen von allen möglichen Hochschulen. Wir haben Professoren, Doktoren und viele Studenten höheren Semesters, die Erstsemestern Grundlagen erklären. Im Jurabereich sind beispielsweise auch Kanzleien dabei, die kurze Erklärvideos drehen. Die Bandbreite an Fächern reicht von der Mathematik bis zur Psychologie“, sagt Sebastian. Seit Mai 2013 ist Vidipedia online und schon sehr gefragt. „Wir haben momentan ungefähr 2200 Videos online. Dafür, dass wir erst seit

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ein paar Monaten existieren, sind wir positiv überrascht, wie viel auf Vidipedia los ist“, sagt der Student. Die Programmierung der Website und das Hosting bezahlen die vier Freunde aktuell noch aus eigener Tasche. Die Videoautoren können über die Plattform von den Zuschauern mit Spenden entlohnt werden. Das funktioniere allerdings nicht wie geplant. „Wir möchten in Zukunft etablieren, dass die Leute, die für Vidipedia einen Beitrag leisten, auch etwas dafür bekommen“, sagt Sebastian.

Spenden für den Helfer sind freiwillig, aber erwünscht Das Konzept soll deshalb bald mithilfe von Werbeeinnahmen finanziert werden. Werfe die Seite dadurch Gewinn ab, möchte das Vidipedia-Team die Einnahmen an die Videoautoren verteilen. Lediglich den zur Aufrechterhaltung der Seite notwendigen Anteil möchten die vier Gründer einbehalten. „Für die Nutzer soll das Angebot gratis bleiben.

Eigentlich sollte aber jeder Mensch die Intention haben, einen kleinen Betrag für den Videoautor zu spenden, der ein Problem verständlich und speziell für einen selbst gelöst hat“, sagt Sebastian. „Es liegt uns sehr am Herzen, dass Vidipedia ein großes Gemeinschaftsprojekt wird. Je mehr Leute einen Beitrag dazu leisten, desto mehr Leute profitieren davon.“

3000 Euro für deine Hochschulparty Die Plattform soll wachsen. Das VidipediaTeam hat deswegen einen Wettbewerb ausgerufen, der noch bis zum 15. Februar läuft: Die Hochschule, die bis dahin die meisten Videos eingestellt hat, erhält 3000 Euro für eine Party. Um teilzunehmen, reicht es, sich bei Vidipedia zu registrieren, Videos hochzuladen und sie mit dem Namen der eigenen Hochschule zu taggen. Weitere Informationen auf: www.vidipedia.de/uniparty

Sebastian Pfluger (zweiter von links) im Kreise seiner Vidipedia-Mitstreiter.

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Aktion Deutschland Hilft

Das starke Bündnis bei Katastrophen

Wenn Menschen durch große Katastrophen in Not geraten, helfen wir. Gemeinsam, schnell und koordiniert. Aktion Deutschland Hilft - Bündnis deutscher Hilfsorganisationen. Spendenkonto 10 20 30, Sozialbank Köln (BLZ 370 205 00). Oder online spenden unter: www.Aktion-Deutschland-Hilft.de


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Emmer feira ganga! Mit „Du bisch mei Number One“ rappte sich MC Bruddaal vergangenes Jahr in die Herzen der Stuttgarter. Und er meint es ernst. Ein bilinguales Gespräch auf dem Killesbergturm. Von Philipp Deeg

Stuttgart isch net z‘groß ond net z‘kloi, sondern grad recht.“


Schwäbisch

Hochdeutsch

Bruddaal, Schtuegert isch dei Number One, hosch gsagt. Was gfallt dir so?

Bruddaal, Stuttgart sei deine Number One, sagst du. Was gefällt dir an Stuttgart?

Älle meine Freunde sen hier. I ben em Vorort ufgwachsa, aber wo i älder worda ben, war i emmer en Stuttgart. ‘s biedet halt viel, ‘s isch net z‘groß ond net z’kloi, sondern grad recht.

Alle meine Freunde sind hier. Ich bin im Vorort aufgewachsen, aber als ich älter wurde, war ich immer in Stuttgart. Die Stadt bietet viel, sie ist weder zu groß noch zu klein. Die perfekte Größe.

Warom bisch erscht amol dahoem blieba zom Schtudiera?

Warum bist du erst mal hier geblieben fürs Studium?

I hab domols a Band ghet, mir hen Hip-Hop gmacht. Uf Hochdeutsch! I wollt halt Musik macha. I han mir au Karlsruh überlegt, des war aber nix für mi. I hab emmer scho gern gmalt, ond en Stuttgart gab’s a guate Schul für so ebbes, ond do ben i dann noganga.

Ich hatte damals eine Band. Wir haben HipHop gemacht. Auf Hochdeutsch! Jedenfalls wollte ich Musik machen. Ich hatte mir sogar Karlsruhe überlegt, aber das war nichts für mich. Ich habe immer gern gemalt. In Stuttgart gab es eine gute Hochschule dafür, die ich dann besuchte.

MC Bruddaal im Gespräch mit Käpsele-Autor Philipp Deeg.

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Was hot di dann doch no fortzoga? Des war noch meim Grafik- ond Disainschtudium. I hab no enner Werbeagentur gschafft. Do hot mer aber net so viel zom Saga, dann ben i noch Kiel ond hab BWL schtudiert.

Was lockte dich dann doch noch in die Fremde? Das war nach meinem Grafik- und Designstudium. Ich arbeitete erst mal in einer Werbeagentur, aber sonderlich viel mitzureden hatte ich da nicht. Also habe ich noch BWL in Kiel studiert.

Kiel isch sprochlich ond geographisch jo ‘s glatte Gegadoil von Schtuegert. Wie hot’s dir do gfalla?

Kiel ist sprachlich und geographisch ja das Gegenteil von Stuttgart. Wie gefiel dir die Stadt?

Em Vergleich zu Stuttgart isch’s halt sehr arm. Gibt au Ecka, wo mer besser net alloi romlauft. Hätt i au net dacht. I han no nie so viele Schlägereia miterlebt wie en Kiel. Aber ‘s Meer ond d‘ Natur sen subber. Uf koin Fall scheener wie Stuttgart.

Kiel ist sehr arm im Vergleich zu Stuttgart. Es gibt dort Ecken, die man lieber nicht allein aufsucht. Das hätte ich auch nie gedacht. Ich habe noch nie so viele Prügeleien erlebt wie in Kiel. Aber die Natur und das Meer sind schön. Aber keinesfalls schöner als Stuttgart.

Du hosch an ‘rer privata Hochschul schtudiert. Wie waret ‘s Schtudium ond ‘s Schtudendaleba?

Du hast erst an einer privaten Hochschule studiert. Wie waren Studium und Studentenleben?

Am Ofang konnt i no zuhaus wohna, do hab i mir d‘ Koschda für a Wohnung schpara kenna. Dass es a private Schul war, hot am Schtudendaleba nix gändert, des war so guat wie jedes Schtudendaleba. Sen halt kloine Klassa, 30 bis 35 Leut. D‘ Professora waret sehr motiviert. War a guate Sach, do hinzomgeha.

Anfangs konnte ich noch zu Hause wohnen. Das war günstig. Dass es eine private Hochschule war, hat am Studentenleben nichts geändert. Das war genauso gut wie jedes Studentenleben. Man hat kleine Klassen, 30 bis 35 Leute. Und die Professoren waren sehr motiviert. Das Studium dort war eine gute Entscheidung.

Was war an dr staatlicha Hochschul dann anderscht?

Was war an der staatlichen Hochschule dann anders?

I würd net saga, dass ‘s schlechder isch. D‘ Motivation muss halt do sei, ond die war eigendlich emmer do. I hab mi beim oina so ogschtrengt wie beim andera. Do waret a wenig meh Profs, wo a bissele bequemer waret, aber des gibt’s glaub überall.

Ich würde nicht sagen, dass es schlechter war. Die Motivation muss stimmen. Die war immer gegeben. Ich hab mich in beiden Studiengängen angestrengt. Vielleicht ließen es in Kiel manche Profs etwas ruhiger angehen, aber das gibt’s wohl überall.

Wie hosch dei Schtudium finanziert? Grad a private Hochschul isch jo net omasooscht.

Wie hast du dein Studium finanziert? Gerade eine private Hochschule kostet ja Geld.

Am Ofang konnt i, wie gsagt, zu Haus wohna, han also koi Miete zahla müssa. Dann hab i ganz lang nebaher als DJ gschafft. Musik ond Grafik goht guat zsamma, mer ko Flyer

Anfangs konnte ich, wie gesagt, zu Hause wohnen, musste also keine Miete bezahlen. Außerdem habe ich lange nebenher als

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macha, kommt en Kondakt mit Leut. Dann hab i au Grafikjobs ghet, Poschder gschtalda ond so Sacha.

DJ gearbeitet. Musik und Grafik passen sehr gut zusammen. Man macht mal Flyer, lernt Leute kennen. Dann habe ich auch Grafikjobs gemacht, Poster und dergleichen gestaltet.

Aber wie kommt mer dann juscht uf schwäbischa Rap?

Wie kommt man dann aber ausgerechnet auf schwäbischen Rap?

Erscht hab i ja Hochdeutsch gmacht, aber ‘s wurd mir z’ernscht ond z’cool. Dann hab i luschtige Tegschde gschrieba. 2010 ben i zrückkomma nach Stuttgart, ond do war grad der Park en Stuttgart komplett besetzt. Do hab i dacht: Die Kulisse musch nutza! I wollt an luschtiga Song macha, ond do isch’s naheglega, des uf Schwäbisch zom macha.

Angefangen habe ich ja auf Hochdeutsch, aber das war mir bald zu ernst und zu cool. Dann habe ich lustige Texte geschrieben. Als ich 2010 nach Stuttgart zurückkam, war der Park komplett besetzt. Ich dachte: Die Kulisse musst du ausnutzen! Ich wollte einen lustigen Song machen. Da lag es nahe, den auf Schwäbisch zu machen.

Hosch du a Lieblingswort uf Schwäbisch? Bruddaal nadierlich! Jonger kannsch au emmer saga oder jonger Fadder.

Was empfiehlsch du ma reigschmeggda Erschtsemeschder, wo die Stadt ond dr Schwob an sich ond sei Schproch no net kennt? Om net aufzomfalla, musch en jedem Satz bruddaal saga. Wemmer abends weggoht, lernt mer viele kenna. Mer sagt, die Schwoba seied sehr eigschwora, aber beim Feira lernt mer se ganz gut kenna. Also emmer feira ganga!

Hast du Lieblingswort Schwäbisch?

ein auf

Bruddaal natürlich! Jonger geht auch immer. Oder jonger Vadder.

Was rätst du Erstsemestern von außerhalb, die die Stadt, aber vor allem den Schwaben an sich und seine Sprache noch nicht kennen? Um nicht aufzufallen, sollte man in jedem Satz bruddaal verwenden. Ansonsten lernt man viele Leute kennen, wenn man abends weggeht. Es heißt, die Schwaben seien sehr eingeschworen, aber beim Feiern kommt man schon an sie ran. Also feiern gehen!

Wenn ebbes los isch en Schtuegert, bisch du do. Was sollt an Schtudent en Schtuegert obedengt gmacht han? Außer seinra Kehrwoch . . .

Wenn in Stuttgart was geboten ist, bist du da. Was sollte ein Student in Stuttgart erlebt oder gemacht haben? Außer seiner Kehrwoche . . .

‘s gibt scho a baar Orte. Hier zom Beischpiel, dr Killesbergturm, als Alternative zom Fernsehturm, wo grad zu

Es gibt ein paar schöne Orte. Hier zum Beispiel: Der Killesbergturm ist ein guter Ersatz für den geschlossenen Fernsehturm.

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isch. Ond der Killesbergpark isch subber zom Entschpanna. Au a Highlight isch a koschdalose Padernoschderfahrt em Rathaus. Budderbrezla ond schwäbischs Essa probiera. Ond ‘s gibt au ganz viele Clubs, wo mer hinganga ka.

Überhaupt ist der Killesbergpark super zum Entspannen. Ein anderes Highlight ist eine Paternosterfahrt im Rathaus. Butterbrezeln und schwäbisches Essen probieren. Natürlich gibt’s auch viele Clubs, in die man gehen kann.

Isch amol an Uftritt plant außerhalb vom Ländle, en Berlin womeeglich?

Ist mal ein Auftritt außerhalb vom Schwabenland geplant, etwa in Berlin?

Sobald i fertig bin mit meim Album – em Frühling 2014, hoff i -, dann mach i viele Uftritte. Grad sen’s kürzere Uftritte, Halbzeitshows oder als Opener, weil i halt no net so viel Matrial han. Aber: Prenzlauer Berg, i komm!

Sobald mein Album fertig ist – im Frühling 2014, hoffe ich –, geht’s richtig los. Momentan sind es kürzere Auftritte, in Halbzeitshows oder als Opener, weil ich auch noch nicht so viel Material habe. Aber: Prenzlauer Berg, ich komme!

Wie lauft’s mit deim Album?

Wie läuft die Arbeit an deinem Album?

I kann’s net über’s Knie brecha. Manchmol kommt der Song en zwoi Dag, manchmol brauchsch a baar Monat. Der Druck isch nadierlich andersch. I muss was hinkriega. ‘s läuft ganz guat, Ideea hab i gnug. Die Tegschde richtig gut zom macha ond zom feila, des isch die Kunscht.

Ich kann’s nicht über’s Knie brechen. Manchmal braucht ein Song zwei Tage, manchmal ein paar Monate. Der Druck ist jetzt ein anderer. Ich muss vorankommen. Aber es läuft ganz gut, ich habe viele Ideen. An den Texten zu feilen, bis sie richtig gut sind, das ist die Kunst.

Dr MC Bruddaal isch 1980 en Schorndorf uf d’Welt komma, braucht no sieben Johr, bis er gscheit wird, ond hot an dr Merz-Akademie en Schtuegert ond an dr Hochschul en Kiel schtudiert. 2011 hot er ogfanga, Schwobarap zom macha. Vor ällem kennt mern wega dem Liadle „Du bisch mei Number One“, wo er sengt, dass er Schtuegert ganz arg mog. ‘s Neieschde von em erfahrt mer onder www.facebook.com/McBruddaal

MC Bruddaal, 1980 in Schorndorf geboren, ist 33 Jahre alt und hat an der Merz-Akademie in Stuttgart und der Hochschule Kiel studiert. Seit 2011 macht er Schwabenrap. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch das Lied „Du bisch mei Number One“, eine Liebeserklärung an Stuttgart. Infos und Aktuelles unter www.facebook.com/McBruddaal

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Wie ist es eigentlich... ... k. o. zu gehen?

Wie ein gef채llter Baum: Jeder kennt es aus Actionfilmen oder vom Boxen. Zack, ein gezielter Schlag, und der Gegner liegt am Boden und r체hrt sich nicht mehr. Aber wie funktioniert so ein K.-o.-Schlag, und vor allem: Wie f체hlt er sich an? Von Dominik Harsch


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Es gibt unterschiedliche Arten, k. o. zu gehen. Die häufigsten Niederschläge sind auf Kinn- und Lebertreffer zurückzufühtefan Bartl steht in der Ringecke ren. Bei einem richtigen Knock-out wird und versucht, irgendwie zu Atem zu komimmer der Kopf des Kämpfers getroffen, men. Eigentlich hat sich der 31-jährige und dieser verliert vorübergehend das Kickboxer sehr gut auf diesen Kampf Bewusstsein. Das menschliche Gehirn vorbereitet, doch sein Gegner bei der ist sehr verletzlich, deshalb ist es von Münchner Fightnight ist einfach eine den Schädelknochen Nummer zu groß für ihn. umschlossen. Damit Der Ringrichter läutet Gehirn und Schädeldecke die nächste Runde ein. nicht zusammenstoßen, Bartl tut, was er kann, befindet sich zwischen landet zwei gute Treffer, beiden eine schützende doch dann passiert es: Manchmal versteht man Flüssigkeit. Bei einem Sein Gegenüber plat- gar nicht, was los ist, und exakt platzierten, harten ziert einen harten Schlag Treffer auf die seitliche direkt auf sein Kinn. „ Ab will weiterkämpfen.“ Kinnspitze entsteht eine diesem Zeitpunkt wussHebelwirkung, und das te ich gar nichts mehr“, Gehirn schlägt mit einer sagt Bartl später. Er steht solchen Wucht auf den Schädelknochen, zwar noch, hat aber die Kontrolle über dass die Schutzwirkung der Flüssigkeit seinen Körper verloren. Der Gegner trifft nicht mehr ausreicht. Die betroffenen ihn wieder, Bartl geht wie ein gefällter Gehirnareale werden zusammengeBaum zu Boden und bleibt benommen staucht und in ihrer Funktion beeinträchliegen. Der Kampf ist vorbei: Knock-out tigt. Außerdem werden durch den harten in der zweiten Runde. 17


Schlag Blutgefäße zusammengedrückt, so dass nicht genügend Sauerstoff zum Gehirn gelangt. Der Boxer ist dann sofort bewusstlos. „Es fühlt sich an wie ein totaler Blackout, man merkt noch den Treffer, und das Nächste, was man dann mitbekommt, ist der Trainer, wie er sich über einen beugt und einem Luft zufächelt. Die Zeit dazwischen ist einfach weg“, beschreibt Bartl dieses Gefühl. „Manchmal versteht man gar nicht, was los ist, und will weiterkämpfen. Aber das funktioniert natürlich nicht.“

Besonders ekelhaft ist ein Schlag auf die Leber Auch bei einem Haken, der mit voller Wucht auf die Leber platziert wird, kann ein Kampf sehr schnell zu Ende sein. Ein solcher Leberschlag führt zu einer Verkrampfung der Gefäßmuskulatur in diesem stark durchbluteten Organ. Innerhalb von Sekunden führt das zu sehr starken Schmerzen, die schwer auszuhalten sind. Darüber hinaus sinkt der Blutdruck rapide ab, und es kommt zu einem Kreislaufzusammenbruch. Der Boxer geht zu Boden und ist kampfunfähig. Dies wird als technischer K. o. bezeichnet. Stefan Bartl findet diese Art, k. o. zu gehen, viel schlimmer als einen direkten Knock-out, da die Wirkung verzögert auftritt. „Du bekommst das ja alles ganz genau mit. Du frisst den Schlag und kannst dann bis drei zählen und zuschauen, wie es zu Ende geht, ekelhaft.“ Dass Knock-outs für den Körper nicht gesund sind, steht außer Frage. Besonders die Langzeitschäden durch häufige Niederschläge können verheerend sein. Britische Gesundheitsorganisationen fordern sogar, Boxen und Kickboxen komplett zu verbieten. Auch Stefan Bartl ist sich dessen bewusst: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man ist so gut,

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dass man niemals getroffen wird, oder man muss irgendwann mal aufhören mit den Vollkontakt-Kämpfen.“ Da er trotz seines schwarzen Gürtels und vieler gewonnener Kämpfe nicht unbesiegbar ist, wird er bald nicht mehr in den Ring steigen. Er steht im Trainingsraum seiner Kampfsportschule, schlägt ein paar lockere Kombinationen gegen den Sandsack und sagt: „Der hier wird dann mein einziger Gegner sein, der schlägt nämlich nicht zurück.“ Seine Gehirnzellen werden es ihm danken.

Wie-ist-es-eigentlich.de ist ein Blogprojekt von Journalismusstudenten. Sie befragen Menschen, wie sich bestimmte Erlebnisse, Situationen oder Geschehnisse anfühlen. Im Internet gibt es eine Sammlung dieser Geschichten. Mit diesem Teil endet die Serie im Käpsele.

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Taschengeld für die Welt Der Verein Global Learning und das Käpsele schreiben erstmals ein Bücherstipendium aus. Der Begünstigte erhält 250 Euro. So funktioniert‘s. Von Markus Brinkmann

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u möchtest im nächsten Semester im Ausland studieren? Aber dir fehlt noch ein bisschen Geld? Dann mal aufgepasst: Der Verein Global Learning vergibt in Kooperation mit dem Käpsele ein Bücherstipendium in Höhe von 250 Euro. Bewirb dich mit deiner Idee zum Thema Campus-Kommunikation und überzeuge unsere Jury davon. Wie das geht? Ganz einfach:

Campus-Kommunikation?

Bewerben können sich alle Studenten, die im Wintersemester 2013 an den Universitäten und Hochschulen in der Region Stuttgart/Tübingen eingeschrieben sind. Voraussetzung ist ein mindestens dreimonatiger Auslandsaufenthalt im Sommersemester 2014.

Das Thema lautet Campus-Kommunikation. Da du dich bei 8000 Zeichen beschränken musst, haben wir ein paar Vorschläge: 1. Kommunikation zwischen Studenten und Professoren oder Dozenten: Wie veröffentlichen Professoren in deinem Gastland? Wie kommunizieren sie mit ihren Studenten? Welche Wege nutzen Studenten für die Kommunikation mit ihren Profs? Gibt es Hierarchie-Ebenen? 2. Kommunikation unter Studenten: Welche Medien nutzen Studenten? Was nutzen sie wie oft und wann? 3. Medien auf dem Campus: Welche Medien gibt es? Wie setzen Studenten und Profs sie ein? Was ist das Besondere daran? Bestehen markante Unterschiede zur Heimat-Uni, und wenn ja, welche Ursachen gibt es dafür?

Was ist zu tun?

Wann ist Meldefrist?

Der Auftrag lautet: Schau dich während des Auslandssemesters um und schreib einen Aufsatz zum Thema Campus-Kommunikation. Er muss 8000 Zeichen umfassen und wird dann in redaktionell überarbeiteter Form im Käpsele veröffentlicht.

Schick uns deine Bewerbung bis spätestens 31. März 2014. Dann werden wir dir bis zum 31. Mai mitteilen, ob dein Aufsatzvorschlag ausgewählt wurde. Sobald der Artikel bei uns eingegangen ist, zahlen wir das Bücherstipendium aus.

Wie bewirbt man sich?

Was ist Global Learning?

Lade auf www.kaepselemagazin.de das Bewerbungsformular runter. Erläutere uns deine Idee. Unsere Jury begutachtet die Vorschläge und wählt einen aus. Deshalb: Formuliere deine Idee so vollständig und präzise wie möglich. Am besten schreibst du in knapper Form eine Zusammenfassung des geplanten Aufsatzes. So ist es für die Juroren leichter zu verstehen, was du vorhast.

Sieben Weltenbummler und Teilnehmer von Exkursionen der Uni Stuttgart gründeten den Verein Global Learning im Dezember 2010. Alumni teilen ihre Erfahrungen miteinander, aktuelle Studenten profitieren davon. Der Verein will dabei helfen, den wertvollen internationalen und interkulturellen Bereich der Universität zu bewahren. www.global-learning-stuttgart.de

Wer kann sich bewerben?

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!? s a a a eren W in Europa

di ie und REgieren u t s e Di : Demokrat Folge

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Freitagabend, Party im Bierkeller. Der Alkoholpegel befindet sich auf veritablem Niveau, und die Vertreter des interessanteren Geschlechts sehen immer besser aus. Tatsächlich steht an der Bar diese ultraheiße Person, auf die du schon seit dem ersten Semester stehst. Irgendwie hast du dich nie getraut, sie anzusprechen, wie schon damals bei Julia aus der Mäusegruppe. Ob du das blaue Förmchen haben darfst, wolltest du im Sandkasten immer wissen, bist aber nie auf sie zugekrabbelt. Julia hat mittlerweile ihren Bachelor mit 1,0 abgeschlossen und arbeitet als Analystin. Du weißt nicht, was das heißt, und es ist dir auch egal, denn jetzt schlägt deine Stunde. Nun steht es an der Bar, das wundervollste Geschöpf, das dir jemals unter die Augen getreten ist, und schlürft an seinem „Sex on the Beach“. Du findest, dass es „auf jeden“ eine Anspielung sein muss, dass es ein „Sex on the Beach“ ist. Darin kommt das Wort Sex vor, und das kann kein Zufall sein. Genauso wie die Tatsache, dass eure Blicke sich kurz treffen. So wie damals, als du Chantal auf Malle kennengelernt hast und sie dir den ganzen Abend diese lasziven Blicke zugeworfen hat. Gut, sie ist dann mit dem Typen, der mit dir auf dem Zimmer war, ins Bett gegangen. Aber hey, was soll‘s. Yolo. Deine Zeit kommt. Und zwar jetzt. Du gehst also zu der heißen Schnitte und versuchst dich im Smalltalk. „Na, auch am Cocktailtrinken?“, wirfst du charmant ein und weißt, dass du heute jede haben kannst. Du Hengst. Und da ihr beide an der Uni Tübingen studiert, haust du sie raus, die Frage aller Fragen: „Und? Was machst du so?“ Und sie dann so: „Demokratie und Regieren in Europa.“ Und du nur so: „What the FUCK?!“

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Aber wir lassen dich nicht im Stich! Das Käpsele erklärt von nun an in einer neuen Serie, was es mit Studiengängen auf sich hat, die zunächst einmal etwas ... sagen wir ... ungewöhnlich klingen. Und los geht’s: Demokratie und Regieren in Europa ist ein Masterstudiengang an der Uni Tübingen. Das klingt so, als hätten das am besten alle europäischen Politiker mal studieren sollen. Die zentralen Themen sind das europäische Mehrebenensystem und normative Fragen des Regierens in Europa. Durch die Schwerpunktsetzung auf gängige und innovative Theorien der Politikwissenschaft eröffnet der Master Perspektiven für eine wissenschaftliche Karriere mit Promotion im universitären Kontext oder in europäischen Forschungseinrichtungen. Das Ganze gibt’s seit dem Wintersemester 2012/13 und dauert zwei Jahre. Schade nur, dass das Studium niemanden auf eine unmittelbare politische Arbeit vorbereitet. Man lernt also nicht wirklich, wie man so rein praktisch in Europa regiert. Das wäre auch schwierig zu erklären, da man schlecht ein Pflichtpraktikum an der Spitze eines Staates machen kann. Vielleicht in Luxemburg. Oder in Italien, da macht eh jeder, was er will. Das, was man während eben jener zwei Jahre lernt, klingt umso interessanter. Wichtig ist nämlich, dass sich der Studiengang auf den Vergleich der EU-Mitgliedsstaaten konzentriert. Das nennt man vergleichende Politikforschung. Das hast du jetzt nicht verstanden? Macht nix. Angela Merkel auch nicht. (ci)


Stuttgart besitzt als eine der wenigen Großstädte Deutschlands kein Stadtmuseum. Als vorletzte Landeshauptstadt – Wiesbaden ist das Schlusslicht – soll Stuttgart jedoch ab 2017 endlich einen Ort für seine Geschichte erhalten. Im Wilhelmspalais am Charlottenplatz wird die Sammlung zur Stadtgeschichte in wenigen Jahren ihre Tore öffnen. Ministerpräsident Erwin Teufel blieb während seiner Amtszeit in seiner Heimat Spaichingen wohnen. Für die längeren Arbeitstage hatte er jedoch auch in Stuttgart eine Unterkunft angemietet. Teufel übernachtete dann in einem 23 qm großen Einzimmerapartment im Schwesternwohnheim des Marienhospitals. Anders als der Name es erwarten lässt, ist der Hauptfriedhof in Bad Cannstatt weder der größte, älteste, jüngste oder zentralste der 41 Friedhöfe der Landeshauptstadt. Das Außergewöhnlichste auf dem 1918 eingeweihten Friedhof: die einzigen muslimischen sowie armenischen Gräberfelder der Stadt sind hier. Weitere unnütze Fakten über Stuttgart gibt es im Netz auf www.unnuetzes-stuttgartwissen.de oder auf Facebook. 18


Buch des Monats

Mehr Schatten als Licht

Ein Buch ist ein gutes Buch, wenn es dem Autor gelingt, seinen Leser zu fesseln. Wenn es ihm gelingt, dass er noch um vier Uhr morgens im Bett liegt und kein Auge zukriegt, weil er unbedingt wissen will, wie der nächste Satz, das nächste Kapitel, die ganze Geschichte ausgeht. John le Carré hat das, schenkt man seinen Fans Glauben, schon viele Male geschafft. Der ehemalige britische Geheimagent muss schließlich wissen, wie er spannende Geschichten aufs Papier bringt. In seinem neuen Roman „Empfindliche Wahrheit“ gelingt ihm das aber nicht. Und dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens: die Übersetzung. Den Genitiv kennt der Übersetzer des Romans offenbar nicht. Und auch an manch anderer Stelle hapert es. Wer kann, sollte diesen Roman unbedingt auf Englisch lesen, um sich vor sprachlichen Ärger zu schützen. Zweitens: der Stil: John le Carré ist ein betagter Mann. Mittlerweile 83 Jahre alt - und so schreibt er auch. So ganz nimmt man seinem Helden nicht ab, dass er ein aufstrebender junger Mann in der britischen Politik ist. Die Technik scheint ein bisschen an le Carré vorbeigegangen zu sein. Und auch sein willkürlicher Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit hinterlässt oft Fragezeichen. Drittens: das Tempo. Das größte Problem an „Empfindliche Wahrheit“ ist, dass die ganze 24

Geschichte auch in 50 Seiten erzählt wäre. Wenn stellenweise auf 15 Seiten nichts passiert oder ein kleines Kind in einem Nebensatz während einer für die Geschichte unwichtigen Konversation einen Dinosaurier malt, fragt sich der Leser, was der Autor damit erreichen will. Viel spricht also dafür, dass der neue le Carré nicht für jeden ein spannendes Meisterwerk darstellen dürfte. Was man dem Meister aber nicht absprechen kann, ist, dass das Buch durchaus Lichtblicke enthält. Da ist zum Beispiel die Geschichte um einen Whistleblower, die le Carré auspackte, noch bevor der Fall Snowden an die Öffentlichkeit kam. Da ist der süffisante Umgang mit den politischen Verhältnissen unserer Zeit. Und je weiter der Leser kommt, desto besser entwickelt sich die Geschichte. Nur: Das alles reicht leider nicht, um ihn dazu zu bringen, um vier Uhr morgens noch wach im Bett zu liegen. John le Carré hat schon besseres abgeliefert. (ci) John le Carré, Empfindliche Wahrheit, Ullstein, 400 Seiten, ISBN 978-3550080364, 24,99 €


Der Liebling der Redaktion

Wenn ein Nazi die USA regiert Was wäre wenn? Dieser Frage geht Philip Roth in seinem Buch „Verschwörung gegen Amerika“ nach. Seine Geschichte spielt in den USA der 1940er Jahre. Die Republikaner haben den Nazi-Sympathisanten Charles A. Lindbergh zu ihrem Präsidentschaftskandidaten gemacht. Der weltbekannte Flieger verspricht, die USA aus dem Zweiten Weltkrieg herauszuhalten – und gewinnt prompt die Wahl gegen Franklin D. Roosevelt. Lindbergh schließt nun Pakte mit den Achsenmächten, er trifft sich mit Adolf Hitler und Hirohito. Mit beiden sympathisiert er offen. Dann schlägt die Stimmung um: jüdische Familien werden aus den Städten ausgesiedelt, der Hass gegen sie tritt immer deutlicher zutage. Das Land der unendlichen Freiheit wird plötzlich eine Brutstätte von Angst und Unterdrückung. Philip Roth erzählt die Handlung aus den Augen seines vorpubertären Ichs. Er ist der jüngste Sohn einer jüdischen Familie, die in Newark in New York wohnt. Im Roman geht der Autor der Frage nach, wie sich der Weg seiner Familie entwickelt hätte, wenn die Weltgeschichte diese Wendung eingeschlagen hätte. Herman Roth, Philips Vater, verkauft Versicherungen, die Mutter kümmert sich um das Haus und die Familie, der älteste Sohn Sandy ist ein begabter Zeichner. Anhand dieser Charaktere entwickelt Philip Roth die Erzählung sorgfältig und gibt den Charakteren Tiefe. Denn um diese erfundene

Wendung der Geschichte so glaubhaft wie möglich zu machen, hat der Autor sie mit den realen Familienerinnerungen verwoben. Dabei geht es Philip Roth nicht darum, einen Politthriller zu entwerfen, sondern darum, wie sich das Politische im Privaten widerspiegelt – und so die Demokratie von innen gefährden kann. Bis hierhin ist es dem Autor gelungen, einen durchaus spannenden Roman zu schreiben. Die Charaktere sind glaubhaft und machen eine plausible Entwicklung durch. Bleibt das Ende. Wieder nimmt die Geschichte eine Wendung. Denn auch Roth kommt nicht um die geschichtliche Tatsache herum, dass die USA sich in den Zweiten Weltkrieg eingemischt haben. Die Lösung ist einfach. Vielleicht zu einfach und zu kitschig. Denn schließlich wird alles wieder gut. (msb) Philip Roth, Verschwörung gegen Amerika – Roman, Carl Hanser, 432 Seiten, ISBN 9783446206625, 24.90 € (Taschenbuch bei rororo, 544 Seiten, ISBN 978-3499240874, 9,99 €) 25


Die Hoffnung der Ausgebeuteten Angehende Psychotherapeuten haben nach dem Studium einen steinigen Weg vor sich: hohe Ausbildungskosten, viel Arbeit, teilweise kein Lohn. Jetzt setzen sie auf die GroĂ&#x;e Koalition. Bessere Karten auf dem Markt haben Akademiker in technischen Berufen. Von Ben Schieler

26


E

s sind nur zwei Sätze im 185-seitigen Koalitionsvertrag, den die Spitzen von Union und SPD wenige Tage vor Weihnachten unterschrieben. Bei den PiAs im Land, den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung, dürften diese beiden Sätze aber zumindest ein wenig Genugtuung ausgelöst haben, weil ein Kampf, den sie seit Jahren führen, endlich Früchte zu tragen scheint. Die neue Bundesregierung kündigt an, sie wolle „unnötige bürokratische Anforderungen abbauen und die Rahmenbedingungen für Zulassungen für Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten flexibilisieren“. Konsequenz: „Wir werden das Psychotherapeutengesetz samt den Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung überarbeiten.“ Es ist zunächst einmal nur eine Willensbekundung, aber eine, auf die Betroffene seit langem warten. Denn das 1999 in Kraft getretene Gesetz, das regeln soll, auf welchem Weg Psychologen nach ihrem Studium zu ihrer Approbation, also zur Zulassung als Therapeuten, kommen,

ist längst nicht mehr zeitgemäß. Es ist auch Jahre nach der Bologna-Reform noch aufs Diplom ausgerichtet. Viele großzügig interpretierbare Formulierungen sorgen in einigen der Kliniken, in denen die Absolventen ihre Ausbildung machen, für eine fatale Beliebigkeit und für moralisch teilweise fragwürdige Arbeitsbedingungen.

Hohe Kosten für die Ausbildung – und als Lohn Essensmarken Diese Ausbildung nach dem Studienabschluss dauert in der Regel zwischen drei und fünf Jahre, abhängig davon, wie schnell es die jungen Akademiker schaffen, ihre theoretischen und praktischen Pflichtstunden abzuleisten. Weil die Ausbildung nicht staatlich finanziert ist, bleiben die sich von Therapieverfahren zu Therapieverfahren unterscheidenden Kosten bei den Auszubildenden selbst hängen. Sie liegen zwischen 12.000 Euro und 60.000 Euro, am härtesten trifft es Psychoanalytiker, deren Ausbildung besonders aufwendig ist.

Für bessere Arbeitsbedingungen: PiAs auf der Straße.

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Den Kosten stehen selten üppige Einnahmen Im europäischen Vergleich steht Deutschland gegenüber, schon gar nicht im ersten Teil bei der Jugendarbeitslosigkeit am besten der Ausbildung. In den ersten etwa 18 da. Laut dem Statistik-Portal statista waren Monaten stehen für die PiAs 1800 praktische im Oktober dieses Jahres 7,8 Prozent der Stunden in Kliniken und psychosomatischen unter 25-Jährigen ohne Job, in Spanien und Einrichtungen auf dem Programm. Sie leiten Griechenland ist die Quote fast siebeneindort Einzel- oder Gruppentherapiesitzungen halbmal höher, der EU-Durchschnitt liegt wie die festangestellten Kollegen. In Sachen bei 23,7 Prozent. Auch die Arbeitslosigkeit Belohnung werden sie aber behandelt wie unter Akademikern im Land ist konstant Praktikanten. Verdienen PiAs in strukturniedrig. Dem Institut für Arbeitsmarkt- und schwächeren Regionen, in denen die Kliniken Berufsforschung zufolge lag sie im Herbst bei jeden Auszubildenden mit Kusshand nehmen, 2,5 Prozent. auch mal 1500 Euro brutto monatlich, kann Experten wie Heinz-Wilhelm Seegers vom es anderswo sein, dass sie statt eines Gehalts Team Akademische Berufe der Agentur Essensmarken erhalten, wenn überhaupt. für Arbeit Stuttgart sprechen daher von Für Julia Walendzik grenzt das an einem Arbeitnehmermarkt. Das begünstigt Ausbeutung. „Die Arbeitsbedingungen für Bewerber. Denn je weniger Konkurrenten PiAs sind haarsträubend“, sagt die 30-jährige sie im Kampf um eine Stelle haben, desto Berlinerin. „Die Bezahlung ist nicht geregelt. besser sei ihre Verhandlungsposition. „Da Das nutzen die Kliniken in kann man schon mal ein den Ballungszentren voll paar Euro mehr Gehalt foraus.“ Rund die Hälfte von dern“, sagt Seegers. Von Walendziks Kollegen ist auf der Marktsituation aber private Ersparnisse oder die profitiere nur ein Teil der finanzielle Unterstützung In Zeiten eines Berufsanfänger, vor allem von Eltern oder Partnern in technischen Berufen. angewiesen, viele haben Arbeitnehmermarktes Die Elektroingenieure, einen Nebenjob. Die kann man schon mal ein Informatiker und Unzufriedenheit mit Maschinenbauer stehen paar Euro mehr fordern.“ der Situation mündegut da, Kunsthistoriker te zuletzt in einigen oder Politologen fallen laut erfolgreichen Klagen vor Seegers dagegen durchs Arbeitsgerichten, in denen PiAs im Nachhinein Raster. ein volles Gehalt zugesprochen bekamen, weil Eine Erhebung des Wirtschafts- und es die Richter als erwiesen ansahen, dass sie Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) wie ein ausgebildeter Therapeut gearbeitet der Hans-Böckler-Stiftung unterstützt diese hatten. Zudem haben sich mehrere regioAussage. Anhand 13.519 online ausgefüllnale Interessengruppen gebildet, in denen ter Fragebögen akademischer Berufsanfänger die Psychotherapeuten in Ausbildung für ihr analysierten WSI-Mitarbeiter im Herbst Anliegen kämpfen. Das bundesweit agierende vergangenen Jahres Einstiegsgehälter von Netzwerk „PiA im Streik“ organisierte in diefestangestellten Hochschulabsolventen aus sem Jahr einen Flashmob in einem Dutzend verschiedensten Branchen. Spitzenreiter deutscher Städte, darunter auch in Tübingen. sind demnach Elektroingenieure, die im ersMotto: „Zeit, die Realität zu verändern“. ten Jahr im Durchschnitt 4537 Euro brutto Diese Realität scheint, bezogen auf die geneerhalten, Sonderzahlungen für Urlaub oder relle Arbeitsmarkt- und Gehaltssituation in Weihnachten nicht mitgerechnet. Dahinter Deutschland, ein Feld mit vielen Wahrheiten folgen Wirtschaftsingenieure, Maschinenbauer zu sein. Wie kaum ein zweites Land auf dem und IT-Berater. Am unteren Ende der Liste Kontinent hat sich die Bundesrepublik durch die stehen unter anderem Sozialwissenschaftler, 2007 begonnen Wirtschaftskrise manövriert, Sozialpädagogen, aber auch Architekten. die zuerst eine Banken-, dann eine FinanzLetztere sind offenbar die Verlierer unter und schließlich eine Staatsschuldenkrise war. Berufsgruppen mit technischem Hintergrund. 28


Tabelle 3 zeigt die Monatsverdienste in ausgewählten Berufen. Im Durchschnitt erhalten demzufolge Elektro-, Wirtschafts- und Maschinenbauingenieure die höchsten Einstiegsgehälter. Die Gehälter von Sozialpädagogen/innen und Architekten/innen fallen deutlich geringer aus. Tab. 3: Monatsverdienst von Akademiker/innen mit bis zu einem Jahr bzw. zwei bis drei Jahren Berufserfahrung in ausgewählten Berufen 1 Jahr und weniger Mittelwert Perzentil 25

Median

2 bis 3 Jahre Perzentil 75 Mittelwert Perzentil 25

Median

Perzentil 75

Elektroingenieur/in

4.537

3.409

4.158

5.408

4.162

3.348

3.929

4.677

Wirtschaftsingenieur/in

4.283

3.090

3.778

5.263

4.704

3.907

4.672

5.285

Maschinenbauingenieur/in

3.990

3.226

3.792

4.619

4.488

3.616

4.297

5.455

IT Berater/in

3.806

3.000

3.500

4.350

4.073

3.474

3.823

4.319

Dipl. Kaufmann/frau, Dipl. Betriebswirt/in

3.753

2.800

3.407

4.374

4.120

3.198

3.893

4.693

Jurist/in

3.728

2.983

3.759

4.392

3.969

3.064

3.636

4.946

Psychologe/in

3.576

2.191

2.876

3.563

3.670

2.632

3.287

4.133

Softwareingenieur/in

3.476

3.053

3.369

3.774

3.792

3.191

3.605

4.103

Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in

3.462

2.890

3.212

4.012

3.895

3.274

3.611

4.635

Dipl.Volkswirt/in, Dip.Ökonom/in

3.260

2.488

3.211

3.714

4.052

3.322

4.040

4.864

Soziologe/in u. Diplomsozialwissenschaftler/in

3.009

2.678

3.021

3.237

3.340

2.678

3.296

3.647

Bauingenieur/in

2.903

2.500

2.842

3.169

3.337

2.833

3.211

3.807

Sozialpädagoge/in

2.758

2.143

2.366

2.619

2.578

2.163

2.442

2.800

Architekt/in

2.464

2.105

2.421

2.884

2.686

2.190

2.667

3.000

Akademiker insgesamt

3.401

2.488

3.158

3.966

3.689

2.797

3.474

4.317

Quelle: WSI-Lohnspiegel-Datenbank – www.lohnspiegel.de

Ihr Einstiegsgehalt liegt mit 2464 Euro brutto lich verteilt, seien die Ergebnisse teilweise deutlich unter dem Durchschnitt. mit Vorsicht zu genießen. Das zeigt allein Entscheidend für das Einstiegsgehalt sind schon das Kuriosum, dass in der Erhebung aber auch die Art des Hochschulabschlusses, Elektroingenieure nach zwei bis drei Jahren regionale Aspekte und das Geschlecht. Als im Durchschnitt weniger verdienen als die Uni-Bachelor-Absolvent kann man demnach Berufseinsteiger in ihrer Branche. mit durchschnittlich 2889 Euro im Monat rechUnbestritten ist hingegen, das viele Betriebe nen, wer bis zur Promotion durchhält, steht in Deutschland längst wieder fette schwarze bei 4222 Euro. Im Westen Deutschlands verZahlen schreiben und dies ihre Mitarbeiter dienen Einsteiger im Schnitt 3537 Euro monatspüren lassen, während sich Unternehmen lich, im Osten nur 2861 Euro. Männer erhalten in anderen Branchen weiter von Sparrunde im erstenProjekt Jahr durchschnittlich 713 Euro mehr LohnSpiegel.de – Arbeitspapier 10/2012 zu Sparrunde hangeln. Mit am 8 härtesten pro Monat als Frauen. Berufsübergreifend ist gebeutelt scheinen deutsche Zeitungsverlage der Erhebung zufolge am meisten Geld in zu sein. Die seit Monaten ohne spürbare der Banken- und in der Fahrzeugbaubranche Annäherung vor sich hin dümpelnden zu verdienen, im Sozialwesen und in Verhandlungen zwischen dem Bundesverband Kultur, Sport und Unterhaltung am wenigsdeutscher Zeitungsverleger (BDZV) und den ten. Allerdings versehen die Forscher ihre Gewerkschaften um einen neuen Tarifvertrag Übersicht mit einer Warnung. Da sich die für Tageszeitungsjournalisten legen das nahe. Anzahl der Teilnehmer an der Studie in den Sie legen auch nahe, dass junge Akademiker, einzelnen Tätigkeitsbereichen unterschieddie „irgendwas mit Medien“ tun möchten und 29


Heinz-Wilhelm Seegers berät für die Agentur für Arbeit in Stuttgart. just in die Zeitungsbranche streben, gerade Verleger „völligen Humbug“ und sieht in keine rosarote Stimmung zu erwarten haben. der Anpassung des Volontariats den Versuch, Mit seinem „Tarifwerk Zukunft“ will der Auszubildende, die zumeist über jahrelange BDZV seine Medien fit machen für den weipraktische Erfahrungen verfügen, länger als teren Wandel vom analogen zum digitalen billige Arbeitskräfte einsetzen zu können. Markt. Die Gewerkschaften sehen darin jedoch Das Volontariat, neben dem abgeschlossevor allem den Versuch, auf nen Hochschulabschluss Kosten der Mitarbeiter zu nach wie vor fast überall sparen, und rechnen durch Voraussetzung für eine Kürzungen bei Urlaubs- und Redakteursstelle bei Weihnachtsgeld mit einem Zeitungen, sei zwar prinReallohnverlust statt mit Prekäre Arbeit, das ist zipiell fair bezahlt. Laut Gehaltserhöhungen, die sie keine stabile Basis für Tarif erhalten Volontäre fordern. Kritisch bewerten im ersten Jahr 1781 Euro sie auch den Wunsch der verlässliche Inhalte.“ brutto, im zweiten sind Verleger, digitale Inhalte es 2065 Euro. Dieses stärker in der Ausbildung zu Gehalt ist in der deutverankern. Zwar leitet der schen Zeitungslandschaft BDZV daraus keine konkreten Zahlen ab, der aber längst nicht mehr Standard, weil viele Deutsche Journalisten-Verband (DJV) spricht Verlage sich aus der Tarifbindung verababer von einer Verlängerung des Volontariats schiedet haben. In solchen Fällen sei von zwei auf drei Jahre. die Entlohnung laut Eva Werner häufig Die Bildungsreferentin des DJV, Eva „reine Ausbeutung“. Das trieb wohl auch Werner, nennt die Argumentation der Bundespräsident Joachim Gauck um, der auf 30


der Jahrestagung des BDZV im Herbst über den Zusammenhang von Qualitätsjournalismus und der Beschäftigungssituation sprach. „Prekäre Arbeit, das ist keine stabile Basis für verlässliche Inhalte“, schrieb Gauck dabei den Verlegern ins Stammbuch. Die Furcht vor prekärer Arbeit nach dem Abschluss scheint bei Studienanfängern noch keine Rolle zu spielen, zumindest, wenn man die Erfahrungen von Heinz-Wilhelm Seegers in den Beratungsgesprächen an der Stuttgarter Nordbahnstraße als Maßstab nimmt. Gemeinsam mit seinen Kollegen vom Team Akademische Berufe ist Seegers nicht nur Berater für Absolventen auf Jobsuche, sondern auch für Abiturienten, die den optimalen Weg in ihren Traumjob suchen. Das spätere Gehalt sei häufig erst einmal sekundär, berichtet Seegers. „Natürlich tauchen auch junge Menschen auf, die sagen, dass die Hauptsache für sie ist, später gut zu verdienen“, sagt er. Dem Großteil der Ratsuchenden ginge es aber eher um eine gute Work-LifeBalance. Darum, etwas zu tun, was Spaß bereitet und die eigenen Interessen widerspiegelt.

Bei den meisten Studenten nehme die Orientierung hin zum Beruf erst gegen Ende der Hochschullaufbahn wieder zu. Einstellungen und Verhalten sieht Seegers im Vergleich zu früheren Zeiten nicht geändert. „Die Frage, ob ich einen Job annehme, in dem ich vielleicht viel verdiene, aber nicht unter 50 Stunden die Woche rauskomme, oder ob ich mich der ewigen Armut und Demut verpflichte, beantwortet jeder individuell.“

Informationen zur weiteren Vertiefung: PiA im Streik: www.pia-im-streik.de Erhebung des WSI: http://tinyurl.com/nww9vc9 Beratungsstelle der Agentur für Arbeit: http://tinyurl.com/o6e8b3z

Genug zu Essen für alle. Jetzt. Und in Zukunft. Erfahren Sie, wie ! www.oxfam.de/mahlzeit 31


Kurzgeschichte

Begegnungen von Adriana Popescu

„Hi. Damian Heath, ich bin der Neue.“ Das sind seine ersten Worte an mich, die so alltäglich und öde klingen, dass sie selbst in einer Rückblende nicht an emotionaler Bedeutung gewinnen können. Es sind stinknormale erste Worte. Keine Worte wie aus einem perfekten Hollywood-Drehbuch. Kein: „Mein Name ist Damian Heath. Ich bin hier, um Sie rauszuholen.“ Kein brennendes Hochhaus, kein Schiffsuntergang. Nur ein „Hi“. Aber sind wir doch mal ganz ehrlich: Wann wissen wir schon, welche Begegnung und welches „Hi“ unser Leben für immer verändern wird? Richtig: Das wissen wir niemals! Damian kommt einfach nur zur richtigen Zeit, 32

und rettet mich an einem weiteren langweiligen Tag während meiner Ausbildung in der Redaktion aus der Einöde des Büros. Sein freches Grinsen, die kurzen braunen Haare und die hellen blauen Augen treffen mich unvorbereitet. Und damit meine ich nicht, dass ich nicht weiß, was man auf eine solche Vorstellung erwidern soll – denn das weiß ich sehr wohl. Aber ausgerechnet heute sehe ich aus wie eine Bad-Hair-Day-Version meiner selbst. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich gestern Nacht beim Geburtstag einer guten Freundin etwas zu lange und zu intensiv am Barhopping beteiligt war. Erst ziemlich spät – oder eben recht früh – habe ich mich aus


dem letzten Club auf der Theodor-HeussStraße gequält, um dann festzustellen, dass mir nur knapp eine Stunde bleibt, mich unter die Dusche und in frische Klamotten zu werfen. Mein Chef sieht es nicht besonders gerne, wenn die Mitarbeiter zu spät im Büro auftauchen. Schon gar nicht die Azubis. Also habe ich die Dusche übersprungen und bin mit einer Überdosis Kaffee hier aufgeschlagen. Für gewöhnlich lassen mich die meisten meiner Kollegen tagsüber in Ruhe. Der Platz am Tisch gegenüber steht schon seit einigen Monaten leer. Der letzte Kollege erlitt einen Bandscheibenvorfall und hat wohl nicht vor, überhaupt wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren. Mir ist das nicht ganz unrecht; so kann ich bei YouTube meinen bevorzugten Musikstil in aller Ruhe genießen und muss nicht immer entschuldigende Ausreden für die gewählte Nummer erfinden. Das ändert sich heute. Und zwar in Form von Damian Heath. Noch immer steht er etwas unschlüssig vor mir und sieht sich im kleinen Büro um. Ich habe nur zwei Poster an die Wand neben meinem Computer geklebt, ansonsten viele Postits mit schlauen Sprüchen, die ich im Internet gefunden habe. Eine kleine Topfpflanze steht am Fenster und ist wohl schon vor einigen Wochen verstorben. Deswegen verzichten die meisten meiner Freunde darauf, mich als Patentante oder Babysitter zu wählen. „Ähm. Hi. Ich bin Lea Weinberger.“ Damit stehe ich auf und reiche ihm die Hand. Wir wissen übrigens auch nie, wann sich eine Berührung für immer in unser Gedächtnis brennt. Als Damian meine Hand in seine nimmt und ich zum ersten Mal seine Haut berühre, da fühlt es sich komisch an. Wie wenn das fehlende Puzzlestück an die richtige Stelle gerückt wird. Seine Hand passt so gut in meine, dass es mir fast Angst macht und mein Herz in den vierten Gang schaltet. Ich werde nie erfahren, was Damian denkt, als er höflich meine Hand schüttelt. „Heath? Bist du Amerikaner?“ „Nein. Mein Papa kommt aus England. London.“ Ich nicke und bereue es, dass er meine Hand schon wieder loslässt. Seine warme, raue

Haut hat sich ziemlich gut angefühlt. Damian sieht nicht besonders englisch aus. Aber ich war erst einmal in England – wie soll ich das also beurteilen können? „Heute Mittag schon was vor?“ Keine fünf Minuten im Büro, und schon hat er Pläne für die Mittagspause? Er wird mir mit jeder Sekunde noch etwas sympathischer . . . „Für gewöhnlich esse ich irgendwo eine Kleinigkeit.“ „Spitze! Wie wäre es mit einem Burger bei Udo Snack?“ Leckeres Essen für wenig Geld! Das klingt ganz nach meinem Geschmack und ist eine willkommene Abwechslung zu meinem üblichen Ausflug an den Hauptbahnhof, wo ich mich in irgendeine Schlange einreihe und das Essen dann im Stehen verschlinge. „Bin dabei.“ Und das liegt nicht nur an der Aussicht auf leckeres Fleisch zwischen zwei Brötchenscheiben. Damians Lächeln wirkt echt und nicht ganz so aufgesetzt wie das der anderen Kollegen. Bisher ist mein Gang ins Büro nicht wirklich mit viel Spaß verbunden. Ich mache einen Job, der mich nicht unbedingt erfüllt, und verbringe den Tag mit Menschen, die mich nicht zwingend mögen. Ich lache nicht über ihre Witze, beteilige mich kaum am Gossip-Talk in der Teeküche, und wenn möglich, versuche ich dann den Kopierer zu nutzen, wenn niemand hinsieht. Mein Tagesziel (und das wirklich jeden Tag!) ist es, unbemerkt durch den Alltag zu kommen – zumindest im Büro. Mir ist daran gelegen, keine lebhafte Erinnerung zu bleiben. Ich bin die, die man erst bei der Weihnachtsfeier am Ende des Jahres bemerkt. Damian lässt sich auf den Bürostuhl mir gegenüber fallen und sieht mich grinsend an. Ich kenne ihn nicht, weiß rein gar nichts über ihn – und trotzdem habe ich das Gefühl, seit seinem Auftauchen wird nichts mehr so sein wie all die Tage zuvor. Er bringt ein neues Gefühl in diesen Raum. Damian Heath kommt an diesem Tag einfach so in mein Leben, durch diese Tür . . . Und obwohl er erst einige Minuten in diesem Raum ist, wünsche ich mir, dass er bleibt. Heute und auch morgen. Weil 33


es sich anfühlt, als ob es passt. Nicht nur, dass seine Hand ideal in meine passt – weil er in mein Leben passen kann. Vieles ist, gerade in letzter Zeit, ziemlich aus den Fugen geraten, und ich bräuchte die Wasserwaage, die mir hilft, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Es ist albern, das von einem Mann zu verlangen, den ich gerade erst kennengelernt habe. „Lea Weinberger, du siehst aus, als könnten wir eine Menge Spaß zusammen haben!“ Eigentlich sehe ich aus, als sollte man mir noch eine Tasse Kaffee oder ein Bett anbieten, aber ich werde ihm nicht widersprechen. Er zieht ein Blackbook aus seinem Rucksack, zückt seinen schwarzen Stift und fängt an, einen Strich nach dem anderen aufs Papier zu malen. „Lieblingsort?“ „Wie bitte?“ „Dein Lieblingsort auf der ganzen Welt?“ „Hier. Stuttgart.“ Überrascht sieht er mich an, aber seine Hand hört nicht auf, Striche aufs Papier zu malen. „Wieso denn das?“ „Weil hier meine Familie ist. Die Menschen, die ich liebe.“ Er nickt auf das gerahmte Foto vor mir auf dem Tisch. Es ist der verzweifelte Versuch, ein bisschen Persönlichkeit in dieses Büro zu bringen. „Dein Freund?“ „Mein Bruder. Timo.“ Meine Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln, wie immer, wenn ich über Timo rede oder auch nur an ihn denke. Mein bester Freund und Bruder, die Person, auf die ich mich verlassen kann. Konnte . . . Zumindest bisher . . . Seit einiger Zeit hat er angefangen, sich zu verändern, mir zu entgleiten, zu verschwinden. Egal, wie fest ich ihn halten will. Damian nickt nachdenklich und lässt mich keine Sekunde aus den Augen. „Dein Lieblingslied im Moment?“ „Im Moment ist es ,My, my, hey hey‘ von Neil Young. Wieso?“ „Musik und Orte – das sagt mehr über Menschen, als sie denken.“ Kurz zwinkert er mir zu und schreibt etwas auf das Papier vor sich. Dann reißt er die Seite 34

raus und reicht sie mir über den Schreibtisch. Ich erkenne eine äußerst attraktive Version meiner selbst als mangaähnliche Comicfigur: wie ich auf dem Schreibtischstuhl sitze und sich eine Gedankenblase über meinem Kopf bildet. Er hat mich so gut getroffen, dass ich fast etwas sprachlos bin. Jedes Detail scheint ihm aufgefallen zu sein. Bei meinen Augen hat er etwas übertrieben. Sind sie wirklich so groß und . . . verträumt? „Du bist Comiczeichner?“ „Scheint wohl ganz so, was?“ „Naja, du hast an manchen Stellen ganz schön übertrieben.“ Ich tippe auf die vollen Lippen meiner Comicfigur und sehe wieder zu ihm. „Ich übertreibe nie.“ „Also . . . meine Augen . . .“ Kopfschüttelnd lehnt er sich zurück, und obwohl er es nicht zugeben will, er scheint mit dem Mini-Comic vor mir ziemlich zufrieden zu sein. „Weißt du, Lea, egal wie sehr du versuchst, jemand zu sein, der du nicht bist – es wird immer diesen einen Typen geben, der dich genau so sieht, wie du wirklich bist.“ Mein Herz stolpert einen kurzen Moment, als ob es aus dem Tritt gebracht wurde. „Ach Quatsch!“ „Doch, doch. Eine lebhafte Erinnerung.“ Wie stolpert mein Herz? Diesmal so richtig, als wäre es im vollen Lauf ganz fies geschubst worden. In Erwartung eines vorzeitigen Herzinfarkts bleibe ich stumm – aber es passiert nichts. Dann weiß ich auch, wieso: Damian Heath hat an diesem Tag mein Herz nicht aus dem Tritt gebracht. Er hat es in den richtigen Rhythmus gebracht. Jahrelang habe ich angenommen, es wäre seither alles okay. Es wäre richtig. Vielleicht hat das Leben keine großen Feuerwerke und berauschenden Momente für alle Menschen parat. Vielleicht ist das den „Reichen und Schönen“ vorbehalten. Wir „Normalos“ leben einfach nur und freuen uns, wenn an Weihnachten das richtige Geschenk unter dem Baum liegt. Aber das ist Unsinn . . . Es braucht nur diesen einen Menschen, der unser Leben durch einen einfachen Zufall kreuzt und der bleibt. Ein Mensch, der alles in unserem Inneren an den richtigen


Ort rückt und von da an das Leben mit einer Partybeleuchtung versorgt. Damian Heath. Damian Heath, der mir zwei Tage später ein Mixtape mit meinen Lieblingsliedern auf meinen Schreibtisch gelegt hat und der mir zu jedem Geburtstag ein Comic mit mir als Hauptfigur zeichnet – dieser Damian Heath wurde zu meinem besten Freund, den ich nie wieder loslassen werde. Und dem ich sagen werde, wenn ich eines Tages den Mut dazu finde, wie sehr ich mich in all den Jahren immer mehr in ihn verliebt habe. Wir mögen zwei Leben führen, aber dieser eine Tag wird immer in meiner Erinnerung bleiben.

Die Stuttgarter Autorin Adriana Popescu verdrängte als Self-Publisherin „Shades of Grey“ von der Spitze der Amazon-Charts bei den E-Books. Seit diesem Jahr veröffentlicht sie im Münchner Verlag Piper. Jeden Monat erscheint als E-Book ein neuer Teil ihrer mit viel Lokalkolorit gewürzten Serie über Damian und Lea. Weitere Informationen auf www.adriana-popescu.de.


Die Auszeichnung macht mich nicht zu einem besseren Menschen oder Wissenschaftler.�

Leider kein Lamborghini 36


Die Stuttgarter Linguistik-Professorin Artemis Alexiadou ist mit dem renommierten und hochdotierten Leibniz-Preis ausgezeichnet worden. Im Interview verrät sie, was sie mit dem Geld anfangen will und wie die Studenten davon profitieren werden. Von Markus Brinkmann Frau Alexiadou, 2,5 Millionen Euro sind doch sicher der Traum eines jeden Wissenschaftlers? (Lacht) Das ist so viel Geld, dass ich nicht genau weiß, was ich damit anfangen soll.

Was kann man mit den Mitteln in den Sprachwissenschaften erforschen? Das weiß ich noch nicht genau. Es gibt da auch keine Vorschriften. Das Geld muss lediglich für die Forschung verwendet werden – ich darf mir also keinen Lamborghini davon kaufen. Es gibt verschiedene Modelle, wie man das Geld verwenden kann.

Wie sehen diese Modelle aus? Das interessanteste ist meiner Meinung nach, das Geld in Forschungsprojekte zu investieren. Es gibt ein paar Themen, die ich schon immer mal bearbeiten wollte. Aber dazu gibt es noch keine konkreten Pläne. Ich habe sieben Jahre Zeit, das Geld auszugeben. Deshalb werde ich mir genau überlegen, welche Themen ich bearbeiten möchte, und das Geld dann in Mitarbeiter und Doktoranden investieren.

Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? Es ist ein sehr schönes Gefühl. Mit der Auszeichnung wird die Arbeit anerkannt, die ich geleistet habe. Das ist schön. Aber es macht mich nicht zu einem besseren Menschen oder Wissenschaftler.

verfasst hat. Ich glaube aber, dass damit die Unterschiede zwischen Sprachen gemeint sind. Ich versuche zu erklären, warum sich Sprachen, obwohl sie gemeinsame Wurzeln haben, so unterschiedlich entwickelt haben. Wie kann ich diese Unterschiede beschreiben und erklären?

Sie sind mit Ihrer Forschungsarbeit sehr erfolgreich, die Sprachwissenschaften an der Uni Stuttgart dagegen weitgehend unbekannt. Wird sich das nun ändern? Ich glaube, das hat sich bereits geändert. Bevor ich im Jahr 2002 an diese Uni gekommen bin, waren mehrere Lehrstühle vakant. Es gab zwar immer wieder Vertretungen, aber alles in allem war es keine glückliche Situation. Mittlerweile arbeite ich seit mehr als zehn Jahren hier, und ich glaube, dass unser Institut schon anders wahrgenommen wird.

Was gefällt Ihnen an der Uni Stuttgart? Vor allem die interessante Struktur. Ein eigenständiges Linguistik-Institut gibt es nicht mehr oft – normalerweise gehört die Linguistik zum Philologie-Institut. Aber mich reizt auch der Schwerpunkt der Uni, der ganz klar nicht auf den Geisteswissenschaften liegt. Das ist auf der einen Seite schwierig, auf der anderen Seite muss man sich so immer wieder neuen Herausforderungen stellen.

Wie meinen Sie das?

Sie haben die Auszeichnung für die Weiterentwicklung von Modellen und Theorien zum menschlichen Sprachverständnis erhalten. Was kann man sich darunter vorstellen?

Nun, es wird Wert darauf gelegt, dass wir mit den Ingenieurwissenschaften kooperieren. Dadurch entstehen immer wieder neue und interessante Projekte.

Ich weiß nicht, wer mich für den LeibnitzPreis nominiert hat oder wer die Beschreibung

Profitieren auch Ihre Studenten von der Auszeichnung? 37


Ich denke, sie können in zweierlei Hinsicht profitieren. Zum einen werde ich Hilfskräfte für meine neuen Projekte einstellen. Zum anderen werde ich die Ergebnisse meiner Forschung dann ja auch wieder in die Lehre einbringen.

Was ist für Sie wichtiger: Ihre eigenen Forschungen oder die Lehre? Mir macht beides gleich viel Spaß. Ich unterrichte auf jeden Fall sehr gerne. Deutsche Professoren haben allerdings sehr viele Verwaltungsaufgaben. Das kann ich, glaube ich, ganz gut, es frisst aber sehr viel Zeit. In den USA ist das anders. Dort gibt es extra Verwaltungsstellen dafür. Das ist ein System, das ich besser fände.

Sie waren schon mit 32 Jahren Professorin. Wie schafft man so etwas? (Lacht) Das frage ich mich auch manchmal. Ich hatte einfach Glück. Nachdem ich 1992

nach Deutschland gekommen bin, konnte ich schnell promovieren und auch habilitieren. Dann gab es diese Stelle hier an der Uni.

Würden Sie diesen Weg wieder gehen? Ich persönlich schon. Mich ärgert nur immer wieder, dass für Männer so ein Weg normal ist. Bei Frauen dagegen ist das immer noch etwas Besonderes. Dabei sollte eine Karriere nicht am Alter und Geschlecht festgemacht werden, sondern an der Qualifikation.

Artemis Alexiadou, geboren 1969 im griechischen Volos, begann bereits mit 17 Jahren ihr Studium in Athen und diplomierte in Philologie. Promotion und Habilitation folgten an der Universität Potsdam. Seit 2002 ist sie Professorin für Theoretische und Englische Sprachwissenschaft an der Uni Stuttgart.

Das Studentenmagazin Sie wollen eine junge, attraktive Zielgruppe in unserer Region ansprechen? Dann sind Sie bei uns richtig! Inserieren Sie in unserem neuen Branchenverzeichnis. Ein Jahr, sechs Ausgaben, insgesamt 180.000 Hefte schon ab 120 Euro. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage bei Christian Ignatzi.

Tel.: 0177/3398984 38 E-Mail: anzeigen@kaepselemagazin.de


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Neu im Kino:

Helden der Provinz

Nebraska – Komödie, Drama, USA, Start: 16.01.2014. Regie: Alexander Payne. Mit: Bruce Dern, Will Forte, June Squibb, Bob Odenkirk u.a. (110 Minuten)

Alexander Payne ist ein Meister des feinsinnigen Humors – und einer der amerikanischsten Regisseure seiner Zeit. Dabei hieß Payne ursprünglich Papadopoulos und hat griechisch-deutsche Wurzeln. In seinen Filmen wie „The Descendants“, „Sideways“ oder „About Schmidt“ aber widmet er sich immer wieder den kleinen amerikanischen Provinzhelden. In seinem neuesten Film schickt er den halbtauben und halbdementen Woody Grant mit seinem Sohn David auf einen 900-Meilen-Roadtrip nach Nebraska, wo der starrköpfige Woody seinen in einem betrügerischen Werbebrief versprochenen Millionengewinn abholen möchte. Auf dem Weg machen Vater und Sohn Halt bei der buckligen Verwandtschaft. Als die Wind von der falschen Million bekommt, will sie auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Die Schwarz-Weiß-Atmosphäre des humorvollen Dramas drückt anfangs gewaltig auf die Stimmung, doch Charaktere und Schauspieler reißen es raus. Neben Bruce Dern, eigentlich Experte für Psychopathen und Schläger, der eine oscarreife Performance abliefert, gefällt vor allem June Squibb als dessen Flüche ausstoßende Gattin, die ungezügelt über ehemalige Lover ablästert oder ihren Mann zum Teufel wünscht. (ben)

Rauferei mit Folgen Nach dem Tod seiner Frau zieht Phil Broker (Jason Statham) mit seiner Tochter in eine Kleinstadt im Süden der Vereinigten Staaten. Hinter sich lässt er ein Leben als verdeckter Ermittler im Kampf gegen den Drogenhandel. Doch er kann diesen Teil seines Lebens nicht komplett hinter sich lassen. Eine kleine Rauferei in der Schule sorgt in einer schwindelerregenden Kausalitätskette dafür, dass sich Broker mit dem lokalen Drogenboss (James Franco) anlegt. Zweidimensionale Protagonisten und ein seichter Plot sind zu erwarten, wenn sich Sylvester Stallone als Drehbuchautor versucht. Man sollte aber auch mitreißende Actionsequenzen erhoffen dürfen. Diese sind jedoch leider rar gesät. Der Film verliert sich in seiner klischeebeladenen Geschichte und weit hergeholten Twists. In Brokers Keller liegen stapelweise Akten, mit akribisch aufgelisteten Geheimidentitäten, die geradezu danach betteln, gefunden zu werden. Schauspielerisch bietet der Film allenfalls Mittelmaß. Selbst der versierte James Franco bleibt hinter den Erwartungen zurück. Plot und Charakterentwicklung hintenanzustellen, um dann ein Actionfeuerwerk abzufeiern, ist mehr als legitim. Hier glüht die Handlung jedoch nur seicht vor sich hin. (ay) 40

Homefront – Action, USA, Start: 23.1.2014. Regie: Gary Fleder. Mit: Jason Statham, James Franco, Winona Ryder, Kate Bosworth u.a. (100 Minuten)


Am Zahn der Zeit Das Internet verbindet. Es entfremdet aber auch, weil man sich in den weiten Welten verlieren kann, ohne zu merken, wie Beziehungen im „Real Life“ den Bach hinuntergehen. Der Episodenfilm „Disconnect“ lässt ein Ehepaar in stummer Trauer um ihr verlorenes Baby, zwei Väter und ihre zornigen Söhne sowie eine TV-Journalistin und einen jugendlichen Internet-Loverboy aufeinanderprallen. Aus Spaß wird bitterer Ernst, ein vertraulicher Deal gerät außer Kontrolle, Frust und Wut führen in die Selbstjustiz. Online-Kriminalität und Cyber-Mobbing dienen als Ausgangspunkt für ein Drama, das sich Zeit nimmt, um den Bogen zu spannen. In seinem ersten Teil setzt der Film einige Nadelstiche, die den Zuschauer das individuelle Surfverhalten überdenken lassen. Danach nimmt er an Fahrt auf, bis hin zu einem stylisch inszenierten Höhepunkt. Der US-amerikanische Regisseur HenryAlex Rubin war bisher eher als Dokumentarfilmer bekannt und verfolgte bei der Entstehung seines Debüts im Fiktionalen entsprechende Rechercheansätze. Geschadet hat das nicht. „Disconnect“ ist packende und bewegende Kinounterhaltung am Zahn der Zeit. (ben)

Disconnect – Drama, Episodenfilm, USA, Start: 30.01.2014. Regie: Henry-Alex Rubin. Mit: Alexander Skarsgård, Paula Patton, Jason Bateman u.a. (115 Minuten)

Der Liebling der Redaktion:

Trash für die Kumpels

Lesbian Vampire Killers – HorrorKomödie, England, Start: 20.03.2009. Regie: Phil Clayton. Mit: James Cordon, Mathew Hordon, MyAnna Buring, u.a. (88 Minuten)

Eigentlich verrät der Titel schon die ganze Story: Zwei Jungs – eigentlich Loser – wollen Urlaub machen im kleinen englischen Ort Gragwich. Dort angekommen, müssen sie feststellen, dass man sie nicht gerade willkommen heißt. Doch in einer Waldhütte vor dem Dorf können sie gerne übernachten. Auf dem Weg dorthin ist auch eine Horde bekiffter, betrunkener und knapp bekleideter Studentinnen. Was dann passiert, kann sich jeder denken. „Lesbian Vampire Killers“ ist ein Film, den man zusammen mit Kumpels schauen sollte. Nur dann macht er wirklich Spaß. Er ist nämlich absoluter Trash. Doch ein wenig mehr Bösartigkeit hätte der Film sicher vertragen. Denn zwar orientieren sich die Macher stark an „Shaun of the Dead“ oder „Hot Fuzz“, doch sie erreichen deren Klasse bei weitem nicht. Dazu ist der Film zu harmlos. Doch in der Summe überwiegen die positiven Aspekte. Denn „Lesbian Vampire Killers“ ist ein fröhlicher, zügiger und unterhaltsamer Spaß geworden. Den britischen Humor bekommt man allerdings oft nur im Originalton mit. Also: Bier raus, DVD rein und sich köstlich amüsieren. (msb) 41


Videospielheld mit BleifuĂ&#x; Mit Zocken fing alles an. Mittlerweile ist der DHBW-Student Kevin Rohrscheidt schon einige Male in echten Rennauto-Cockpits gesessen. Auf dem Weg zum Rennfahrer geht er seinen ganz eigenen Umweg. Von Christian Ignatzi

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zum Videospiel und zum Simulator sind die Fliehkräfte“, erklärt er. „Außerdem hat man in einem echten Auto die Unebenheiten des as Hobby zum Beruf machen, davon Bodens, die man genau spürt. Was man beim träumen viele. Doch nur wenigen gelingt Spielen lernt, sind die Strecken, die ich ines. Lange hat auch Kevin Rohrscheidt nicht und auswendig kenne.“ geglaubt, dass es ausgerechnet bei ihm klapDass Rohrscheidt schließlich unter den besten pen sollte. Der 21 Jahre alte Freizeitrennfahrer Fahrern aus Deutschland landete, hat er aber kommt ursprünglich aus Öschelbronn und nicht nur seinem Können hinter dem Lenkrad studiert International Business an der Dualen zu verdanken. „Ich denke, der Fitnesstest, Hochschule Stuttgart. Abends entspannt er den wir absolvieren mussten, hat es letztlich sich vor der Playstation. „Gran-Turismo“ heißt herausgerissen.“ Gemeinsam mit den elf weidas Spiel, bei dem er regelmäßig Runden in teren besten deutschen Simulatorfahrern ging Rennautos an der Videospielkonsole dreht. es für den Schwaben zum einwöchigen RaceUnd weil er das sogar so gut kann, dass er bis Camp, einem Trainingslager, nach Silverstone ins Finale eines Wettbewerbs gekommen ist, in England. Statt um Computerspiele ging es bei dem er ein echtes Testfahrercamp durchdabei um echtes Autofahren. Der beste der laufen musste, ist er heute auf dem Weg, sich zwölf deutschen Nachwuchsfahrer bekommt seine Karriere als Rennfahrer aufzubauen. einen Einjahresvertrag als Profirennfahrer, Rückblick: Im Jahr 2008 gründete der in einem Nissan GT-R Nismo GT3 in einer Autobauer Nissan gemeinsam mit Playstation Meisterschaft höchster die GT-Academy. Mit Klasse. dem Wettbewerb wollKevin Rohrscheidt erinten sie herausfinden, ob nert sich an die Ankunft ein schneller Playstationin Silverstone: „Wir wurSpieler auch in einem echden von typisch engliten Cockpit eine gute Figur Da waren teilweise schem Regen begrüßt abgeben kann. Mittlerweile und in unsere Unterkunft bricht der Wettbewerb alle Leute dabei, die schon mit Feldbetten geführt.“ Rekorde. An der Saison im diverse Male in Le Mans Fast wirkt er wie ein vergangenen Jahr nahkleiner Junge unter dem men in Deutschland mehr gefahren sind.“ Weihnachtsbaum, als er als 100.000 Spieler teil. davon erzählt, wie die Weltweit waren es mehr als Zelte, in denen die Kontrahenten wohnten, 1,3 Millionen. Unter ihnen Kevin Rohrscheidt, mitten in der berühmten Formel-1-Strecke der sich unter die besten 300 vorarbeitete. aufgebaut waren. Doch es kam noch besser, finDas reichte aber nicht. Nur die besten zwölf det Kevin: „Wir bekamen Rennfahrerkleidung, Fahrer erreichten das Deutschland-Finale. einen Helm, Fitnesskleidung und Shirts. Das „Ein Bekannter von mir hat mich darauf war krass!“ hingewiesen, dass es sogenannte WildcardIn die Sportkleidung schlüpften die Jungs auch Events gibt, bei denen man einen zusätzligleich und durften erst einmal ihre Fitness chen Startplatz im Finale gewinnen kann“, unter Beweis stellen. Am zweiten Tag des erinnert sich Kevin. In einem Autohaus in siebentägigen Trainingslagers ging es zum Pforzheim trat er am Fahrsimulator gegen 200 ersten Mal in ein Rennauto – einen Nissan Juke Spieler aus ganz Deutschland an – und setzte Nismo. Fünf Runden hatten die Nachwuchssich durch. Rennfahrer Zeit, sich an ihr Gefährt zu gewöhSchließlich wurde für ihn im Deutschlandnen. Instruktoren standen ihnen zur Seite. Finale auf dem Lausitzring ein Traum wahr. „Da waren teilweise Leute dabei, die schon Zum ersten Mal durfte er auf einer echten diverse Male in Le Mans gefahren sind und Rennstrecke in einem echten Rennwagen fahvon denen wir sehr viel lernen konnten“, sagt ren. Eine völlig neue Erfahrung für den DHBWKevin Rohrscheidt. Zu den Profi-Rennfahrern Studenten, der derzeit seine Bachelorarbeit gesellte sich in der Jury auch der ehemalibei Adidas schreibt: „Der größte Unterschied

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ge Formel-1-Pilot Nick Heidfeld. In weiteren Tests, wie einem Fünfkampf, bestehend aus Laufen, Buggyfahren, Hovercraftfahren, Fahrradfahren und Autofahren, stand die Entscheidung an, welcher Fahrer die Chance als Profi bekommt. Geschafft hat es Kevin am Ende zwar nicht. Unterkriegen lassen will er sich aber nicht.

Durch Zufall nimmt die Karriere weiter an Fahrt auf Neben seinem DHBW-Studium trainiert er weiter fleißig an der Playstation. Mittlerweile mit einem neuen Simulatorset, das ihm sein Sponsor Fanatec kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Und auch Adidas unterstützt ihn mit Rennfahrerschuhen und Handschuhen. Und das Unternehmen half ihm indirekt auch dabei, seine Rennfahrerkarriere fortzuset-

zen. Durch einen Zufall: „Ich bin im Rahmen meines dualen Studiums gerade in Wien bei Adidas, und als ich nach dem Camp dorthin zurückkam, fand auf der größten österreichischen Videospielmesse wieder ein GranTurismo-Wettbewerb statt“, sagt er und lacht. „Und diesmal habe ich das Ding für mich entschieden.“ Der Gewinn: Ein Drift-Training in Spielberg, wo in diesem Jahr auch wieder ein Österreich-Grand-Prix der Formel-1 stattfinden wird. Und weil Kevin dank seines Studiums mittlerweile ein gewitzter Marketingkenner ist, nahm er natürlich einen Fotografen als Beifahrer mit, der ein Video des Trainings machte und ins Internet stellte. „Nissan Österreich fand das dann total cool“, sagt er. Da es in Österreich keinen AcademySieger gibt, bot er an, mit dem Unternehmen in einem Social-Media-Projekt zusammenzuarbeiten. „Wir wollen zeigen, dass man es auch schaffen kann, wenn man bei der GT-Academy nicht gewinnt“, sagt Kevin, der sich als guter Botschafter sieht, wenn er seinen Weg zum

Zufrieden mit seiner Leistung: Kevin Rohrscheidt beim Drift-Training.

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Auf der Rennstrecke in Silverstone beim Race-Camp.

Rennfahrer dokumentiert. „Wir könnten dann anhand von mir erklären, was man tun muss, wie man Lizenzen bekommt und so weiter“, sagt er. Das erste Treffen mit dem Autobauer ist im Februar.

Wer seinen eigenen Mechaniker mitbringt, zahlt weniger In der Zwischenzeit trainierte er fleißig weiter und fuhr auch viel Kart. Seine nächste Chance auf einen Cockpitplatz ist das Casting des Formel-1-Clubs Österreich Ende Mai. Auf einer Rennstrecke in der Slowakei wird jemand ausgewählt, der ein Jahr lang in einer Formel-Serie fahren darf. „Und im März fahre ich bei einem Zwölf-Stunden-Kartrennen im gleichen Team wie der österreichische Staatsmeister im Kartfahren“, verrät Kevin.

Wichtig sei es in seiner Situation, vor allem viel zu fahren. Doch um das professionell machen zu können, benötigt das Nachwuchstalent weitere Sponsoren. „Es gibt viele Serien, in die man sich einkaufen kann. Das kostet dann etwa 3000 Euro pro Rennen“, sagt er. Dafür bekommt man einen Cockpitplatz mit Rundumservice für ein Rennen. Wer seinen eigenen Mechaniker mitbringt, zahlt weniger. Kevin hofft darauf, von BMW Unterstützung zu bekommen, um in deren privater Serie auf der Nordschleife des Nürburgrings zu fahren. Viel zu tun hat Kevin Rohrscheidt also in den kommenden Wochen und Monaten. Bei allen Ambitionen hat allerdings eines Vorrang: „Priorität hat meine Bachelorarbeit“, sagt er und grinst. Das Thema: Produktmarketing. Und wer weiß? Vielleicht vermarktet er sich am Ende mindestens genauso gut selbst.

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Die Mode der Geschlechter Style- und Modeblogs gibt es wie Sand am Meer. Ein Blog von Studentinnen und Studenten des T체binger Ludwig-Uhland-Instituts (LUI) sticht aus der Masse hervor. J체ngstes Thema: das Seminar Frauensachen - M채nnersachen. Die Initatorin und Dozentin Lioba Keller-Drescher berichtet. Von Verena Tribensky 46


Frau Keller-Drescher, worum geht es im LUIStyleblog? Es dreht sich alles um Mode und den Bereich der materiellen Kultur und Alltagskultur im weitesten Sinne. In einem der zuletzt veröffentlichten Artikel geht es zum Beispiel um das Hipster-Phänomen, in dem Leute befragt wurden, wie der Hipster denn aussähe. Ergebnisse waren, dass für den männlichen Hipster viele typische äußerliche Eigenschaften festgestellt wurden, wie beispielsweise Flanellhemden in Kombination mit Bart, bei den weiblichen Hipstern jedoch keine eindeutigen äußerlichen Zuordnungen gefunden wurden.

Können Sie weitere Beispiele nennen? In einem anderen Artikel ging es um Barbie und deren Einwirkung auf die Vorstellungen junger Mädchen. In dem Blogpost heißt es dann: „Nach wie vor bietest du eine Projektionsfläche, die zwar mit der neuesten Mode geht, die sich aber dem Wandel der Frauenbilder nicht angeschlossen hat und die Konstruktion von Geschlecht stark begünstigt. Aber meine Freundinnen wollen keine Puppen sein, die sich in der Rolle der immer gut gelaunten Frau den Bedürfnissen des Mannes unterstellt“.

Die Themen sind sehr bunt gefächert. Wer trifft die Auswahl? Das hängt vom jeweiligen Seminarthema, von Bearbeitbarkeit, Vorlieben und Interessen ab. Die Studenten holen sich ihre Inspiration aus dem Seminar und aus eigenen Beobachtungen, Medien, Vorinteressen und Neigungen.

Und was wollen Sie mit dem Blog erreichen? Es soll ein Wissenstransfer stattfinden und der Spaß an wissenschaftlichem Arbeiten, also einer Art fröhlichen Wissenschaft, geweckt werden. Die Studenten bekommen die Möglichkeit, unterschiedliche Formate auszuprobieren und erreichen dabei schnelle Ergebnisse. Zudem bietet der Blog die Chance für forschendes Lernen mit einem relevanten Medium im Bereich Mode und Alltagskultur. Gleichzeitig lernen die Seminarteilnehmer

schreiben, setzen eigene Ideen um und kommen aus der passiven Lernsituation heraus.

Was ist die Besonderheit des Projekts? Jede Studentin und jeder Student schreibt zwei Beiträge pro Semester für den Blog. Besonders ist, dass im Gegensatz zu anderen Blogs sehr viele daran mitschreiben. Manche schreiben auch gemeinsame Beiträge. Der Themenschwerpunkt ändert sich mit dem Seminarthema und ist nicht monothematisch.

Woher kam die Idee dazu? Ich wollte für meine Bachelor-Seminare, die in der Regel in einen Methoden- oder Themenbereich einführen sollen, eine neue Art der Umsetzung der Arbeitsleistung ausprobieren. Bei meinem ersten Seminar dazu stand das Thema Mode und Medien im Vordergrund. Damals fingen die Blogs gerade an zu boomen und die Bloggerinnen und Blogger liefen den Modejournalistinnen und Journalisten den Rang ab. So machte ich einerseits die Blogs als solche zu einem Thema und andererseits das Bloggen zur Form der Präsentation. Die Studenten leisten einen Wissenstransfer in die Öffentlichkeit: Sie müssen ihr theoretisches Wissen und ihre Rechercheergebnisse verständlich übersetzen. Ganz nach dem Learning-by-Doing-Prinzip.

Wie hat sich der Styleblog seit 2009 entwickelt? Wir haben inzwischen fast 300 Beiträge. Manche Themen kommen immer wieder, manchen merkt man an, dass sie gerade aktuell und modisch oder jugendkulturell bewegt sind.

Wer steckt dahinter? Mein Team besteht aus meiner damaligen Hiwi Renate Deregowski, die die technisch-gestalterischen Fähigkeiten mitbrachte, den Blog sozusagen aufsetzte und ihn immer noch im Hintergrund am Laufen hält, während ich die Redaktion bin, gelegentlich auch schreibe und natürlich die Studentinnen und Studenten anleite. Ich selbst bin Dozentin 47


Barbie, hier mit Freundin Miko, war erst kürzlich Thema des Blogprojekts. der empirischen Kulturwissenschaft und schon länger an der Alltagskultur der breiten Bevölkerungsschichten interessiert, insbesondere an der materiellen Kultur. Mein Spezialgebiet ist zudem die Wissensforschung, also die Wissensanthropologie.

Wen erreichen Sie mit dem Blog und wie fallen die Reaktionen aus? Außer den Autorinnen und Autoren und ihren Fans wissen wir gar nicht so genau, wen wir erreichen. Die Reaktionen reichen von großer Begeisterung bis teilweise zu skurrilen Angeboten und Nachfragen. Sehr viele SpamKommentare sind auch dabei, das ist manchmal ein bisschen anstrengend.

Gab es bei den Recherchen bemerkenswerte Ereignisse? Die Studierenden berichten bei ihrer Vorpräsentation im Seminar immer wieder davon, wie überraschend im Ablauf und in den Ergebnissen ihre Recherchen sind. Wer unsere Beiträge liest, wird merken, dass die Studierenden da überwiegend positive Erfahrungen machen. Das finde ich selbst auch überraschend, denn man muss sich ja 48

meistens ein bisschen überwinden, um mit Leuten in Kontakt zu kommen. Oft wird natürlich auch für eine nähere Nachfrage der eigene Freundeskreis bemüht, das halte ich für sondierende Forschungen und das Ausprobieren von Methoden aber für ebenfalls richtig. Es handelt sich ja um kleine Studien im Bachelorstudium. Die Studenten kommen dabei manchmal auch an Grenzen. Falsche Vorstellungen, die sie anfangs hatten, klären sich auf oder bestimmte erwartete Phänomene tauchen gar nicht erst auf.

Was sind typische Inhalte des Seminars Frauensachen–Männersachen? Der Gendercode der materiellen Kultur, Biographie und Kleidung, Medien der Mode, jahreszeitliche Materialität und Materialität der Alltagskultur.

Wie geht es nun weiter mit dem Blog? Das Themenprojekt Mode ging über das Sommersemester. Als nächstes steht das Thema Farben der Kultur an, dieses Mal aber in einem Master-Seminar. www.lui-styleguide.uni-tuebingen.de


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Going Native Ein Semester in England kann anstrengend sein, vor allem wenn man feierfreudige Mitbewohner hat. Unsere Autorin hat am Ende mitgefeiert - und als Pionierin in der neuen TĂźbinger Partneruni in Surrey weitere spannende Erfahrungen gemacht. Von Sanja DĂśttling

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in Knall erschüttert die Wände. Ich schrecke aus dem Schlaf hoch und mache mir gar nicht erst die Mühe, auf die Uhr zu schauen. Es ist relativ sicher viel zu spät. Doch die englische – nennen wir es mal „Leichtbauweise“ – ermöglicht es mir, das Heimkommen all meiner neun Mitbewohner zu dokumentieren. Es ist Dienstag, der Club im Stadtzentrum von Guildford hat offen. Und ich am nächsten Tag um zehn eine Vorlesung. Meine Mitbewohner nicht. Schritte auf der Treppe, Gerümpel in der Küche und das Knallen von zwei weiteren Türen, dann steht meine Mitbewohnerin Mary am Fuße meines Bettes. Wir teilen uns das Zimmer. „Are you still awake?“ fragt sie mich. Natürlich bin ich das. Wieder. Ich bin ja nicht taub. „I kissed four boys tonight“, sagt sie dann. Ihr russischer Akzent ist breiter als sonst, sie ist betrunken. Ich bin erst ein paar Wochen in England, aber eins habe ich schon gelernt: Es ist immer Teezeit. „Tea?“ frage ich deshalb und zusammen geht’s in die Küche. Ohne eine Tasse koffeinhaltigen schwarzen Tee würde ich nicht einmal bis zum zweiten Jungen durchhalten. Die University of Surrey ist seit 2013 die Partneruniversität des Instituts für Medienwissenschaften an der Universität Tübingen. Zu zweit sind wir im Wintersemester 2013/14 nach England aufgebrochen, um diese neue Möglichkeit zum Erasmus-Austausch einzuweihen. Es gibt natürlich viel exotischere Ziele für ein Auslandssemester. In England geht es eher um die kleinen Unterschiede. Anders als Tübingen, wo die Universitätsgebäude über alle Stadtteile verteilt sind, ist Surrey eine Campus-Uni. Das heißt, dass Unterrichtsgebäude sowie die Wohnhäuser für die Studenten im ersten Semester (und uns, die Austausch-Studenten) auf dem Campus liegen – alles zu Fuß erreichbar und abgeschlossen von der Außenwelt. Der kurze Fußweg von drei Minuten zum Unterricht kommt mir am nächsten Morgen zu Gute, als ich in meine Vorlesung hetze. Ich komme gerade noch pünktlich. Anders als in Deutschland, wo ich ein Hauptund Nebenfach habe, wird Medienwissenschaft

hier als Vollzeitstudium angeboten. In England heißt das vier Module mit jeweils zwei Stunden Anwesenheitsstudium die Woche. Doch Tübingen und Surrey, das war einer der Gründe für die Partnerschaft, haben eine ähnliche inhaltliche Gewichtung: An beiden Universitäten wird Wert auf die sozialwissenschaftliche, empirische Forschung gelegt, wie auch das praktische journalistische Wissen. Dennoch gibt es Unterschiede: Für mich war vor allem der Forschungsbereich „Fans und Zuschauer“ ein Grund, nach Surrey zu kommen. Da wir die ersten beiden Studenten sind, die diesen Erasmus-Austausch antreten, sind wir auch ein wenig die Testkaninchen und konnten unsere Kurse sehr frei wählen. „Choose whatever you want to do“, sagte Rob, unser persönlicher Tutor, in der ersten Woche, „an Exchange-Semester is more than university, anyway“, fügt er dann noch hinzu und zwinkert uns über die Kaffetasse hinweg zu. Wie am Ende ECTS-Punkte für unseren Bachelor anerkannt und wie die Noten aus dem englischen in das deutsche System umgewandelt werden, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall ist die Betreuung einzelner Studenten in England viel persönlicher. Hier kennen die Dozenten fast alle Studenten beim Namen. Was auch daran liegt, dass mit 20 MedienwissenschaftsStudenten pro Jahr nur ein Zehntel so viele Leute studieren wie in Tübingen.

„Try to mingle“, sagt der Studienberater und lächelt. Rob gibt uns noch einen weiteren Ratschlag mit auf den Weg: „Try to mingle“, was heißt, dass wir uns voll ins Studentenleben stürzen sollen. Doch es ist überraschend schwer, Anschluss zu finden. Als Fünftsemester haben wir Kurse aus dem zweiten und dritten Studienjahr in England. Da haben sich schon Cliquen geformt. Doch anders als an deutschen Universitäten ist in England die sogenannte „Student’s Union“ ein fester Bestandteil des Alltagslebens auf dem Campus. Sie ist Sprachrohr und Organisator für allerlei Angebote von und für Studenten, 51


33 Minuten entfernten London nicht anders. Oder aber, viel beliebter in England als das gemütliche Bierchen am Abend, man geht clubben: Zuerst wird in der gemeinsamen WG-Küche getrunken, bevor der ganze Pulk irgendwann um zehn Richtung Stadtmitte wankt. In England ist es nicht üblich, nach den mit dem Abitur vergleichbaren A-Levels eine Auszeit zu nehmen, um etwa zu reisen oder ein FSJ zu machen. Während die Studenten in Deutschland also tendenziell älter sind als 18, kommen die meisten Studenten hier frisch aus dem Hotel Mama: Ausziehen, zur Uni gehen und die Möglichkeit, legal Alkohol zu kaufen, fallen also alle in dasselbe Jahr. Vielleicht sind die Mädchen deshalb noch bei 5 Grad leichter bekleidet als ich im Hochsommer, vielleicht sind alle deshalb viel betrunkener und aufdringlicher als in Tübingen.

Ein schönes Fleckchen: Die Burg von Guildford. darunter auch unzählige Societies, die man vielleicht am besten mit den AGs in der Schule vergleichen kann. Neben den Sportangeboten und Societies der einzelnen Kurse, die mit unseren Fachschaften vergleichbar sind, gibt es in Surrey unter anderem auch eine BastelSociety, eine Brettspiel-Society und eine Go Green!-Society. Da ist dann wohl für jeden etwas dabei. Am Ende sind es aber doch drei deutsche Mädels, mit denen ich die ganzen TouristenAusflüge nach Stonehenge (enttäuschend und winzig), Windsor (riesig und beeindruckend) und Brighton (windig) mache. Am Freitag beschließe ich dann doch, meine Mitbewohner in den örtlichen Club zu begleiten. Ich würde ja sowieso wieder aufwachen, wenn sie zurückkommen. Doch auch die Feier-Kultur ist eine ganz andere als in Deutschland. Die erfordert Planung und taktisches Geschick. Die Kneipen auf dem Campus schließen um elf, da ist Sperrstunde. In der Stadt um zwölf. Das heißt: Früh losgehen oder schnell trinken. Das ist übrigens auch im 52

Tücken der Schwerkraft nach Schließen des Nachtclubs Der Nachtclub macht um zwei zu. Das ist auch gut so, denn für den 15-minütigen Rückweg braucht man um diese Zeit oftmals eine Stunde. „No, I can’t go upstairs“, sagt Mary, als wir zu Hause ankommen. Ich muss ihr fast zustimmen. “Because of gravity”, fügt sie dann noch hinzu. Naja, morgen können wir ja ausschlafen. Um halb sieben morgens klingelt der Feueralarm (nur eine Probe!), und wir müssen raus aus dem Haus und in den Gemeinschaftsraum. Mitbewohnerin Carys trägt noch ihr Kleid von letzter Nacht unter ihrem Bademantel. Bei unserem nächsten Treffen am Mittag in der WG-Küche hat sie dann endlich in ihren Schlafanzug gewechselt. Ich mache mir Porridge mit Wasser in der Mikrowelle. „Tea?“ fragt sie mich und ich nehme dankend eine Tasse schwarzen Tee an. „Going Native“, nannten es die Engländer früher, wenn sich jemand zu sehr der Kultur in einer ihrer Kolonien angepasst hat. „Cheers“, erwidere ich, als die Tasse voll ist.



Advertorial

Ein Golfplatz fürs Büro Der Bewerber staunt. So etwas sieht er selten. Wider die Eintönigkeit und wider die Langeweile auf der Arbeit sind die Büros von Star Cooperation in Böblingen aufgebaut. Da gibt es in fast jedem Raum etwas anderes zu entdecken: ein Miniaturmodell des Fernsehturms, ganz ohne Brandschutzbedenken zum Beispiel, oder eine Badewanne samt Fische, auch einen Schreibtisch, der von der Decke hängt, ja sogar einen kleinen Golfplatz. Und die Briefkästen der Mitarbeiter sind umfunktionierte Weinregale. Die Unternehmensberater punkten damit bei Bewerbern, weil sie zeigen, dass sie anders sind: jung, offen und innovativ. 1997 startete Star Cooperation als hundertprozentige Tochter von Daimler Benz und Dienstleister für die Automobilindustrie. Acht Jahre später machten sich die Böblinger unabhängig. Die Liebe zum Automobil und 54

die entsprechende Kompetenz ist geblieben, neun von zehn Kunden kommen heute aus der Branche. Doch die Gruppe mit mehreren Standorten in Deutschland, aber auch in Atlanta, Barcelona, Johannesburg, Peking, Shanghai, Tokio oder im schweizerischen Zug, kann mehr, ist Ingenieurs- und IT-Dienstleister, in Marketing und Vertrieb tätig, ebenso in Druck und Medien, bietet zudem LogistikLösungen. Der Anspruch des Unternehmens ist es, durch visionäres Denken und Handeln Nischen zu suchen, sie zu besetzen und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dementsprechend interdisziplinär ist das etwa 700-köpfige Team mit einem Durchschnittsalter von rund 35 Jahren aufgestellt. Die Vielseitigkeit sorgt keinesfalls für eine Abschottung untereinander, der Austausch unterstützt vielmehr das gute Arbeitsklima, ebenso die flachen Hierarchien und kurzen Entscheidungswege. „Die Kultur


der offenen Tür habe ich sofort schätzen gelernt, als ich hier angefangen habe. Da nimmt sich der Geschäftsführer auch für den Praktikanten Zeit“, sagt der JuniorPersonalreferent Matthias Ege. Attraktiv für Bewerber will die Star Cooperation Gruppe zusätzlich durch die Möglichkeit sein, Studien- und Abschlussarbeiten im Betrieb zu schreiben und durch ein Talentprogramm für den Managementnachwuchs. Der interne Schulungskalender wird kontinuierlich ausgebaut. Derzeit bietet er mehr als 30 Kurse aus den Bereichen Führung, Fach- oder Methodenkompetenz, Sprachen, E-Trainings/ Selbstlernprogramme und zum Business Knigge. Die Welt entwickelt sich weiter, gerade in der Automobilbranche, in der die Tüftler an den E- und Hybridfahrzeugen von morgen basteln. Die Stars aus Böblingen sind dabei. (ben)

Branche Automobilindustrie, Unternehmensberatung Mitarbeiter >700 Standorte Böblingen (Hauptsitz), Berlin, Frankfurt/Main, München, Wolfsburg, Atlanta, Barcelona, Johannesburg, Peking, Shanghai, Tokio, Zug Sucht Praktikanten, Werkstudenten, Absolventen, Young Professionals sowie Professionals; Studien-/Abschlussarbeiten schreiben möglich Fa c h r i c h t u n g e n ( Wi r t s c h a f t s - ) Ingenieure, Maschinenbauer, Fahrzeugtechniker, (Wirtschafts-)Informatiker, Betriebswissenschaftler, Kommunikationswissenschaftler, Druckund Medientechniker, Wirtschaftswissenschaftler Ansprechpartner Star Cooperation GmbH, Human Resources, Matthias Ege, OttoLilienthal-Straße 5, 71034 Böblingen, Tel. 07031/6288 3210, E-Mail: career@star-cooperation.com Web: www.star-cooperation.com www.facebook.com/starcooperation 55


Abstand von der Prüfungsangst Und plötzlich ist der Kopf leer. Wenn einen in der Prüfung die Panik packt, ist es schwer, sich wieder auf das Gelernte zu konzentrieren. Experten kennen Tricks, dem Schrecken zu entgehen: etwa durch die Strategien des Ankersetzens und des Dissoziierens. Ein Gastbeitrag von Michael Moesslang 56


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es kann schon eine Weile her sein. Wenn Ihre Erinnerung gut ist, spielt das keine Rolle. Nun gehen Sie wie folgt vor: Nehmen Sie sich b es nun Nervosität, Aufregung oder einen ungestörten Moment Zeit. Schließen Sie Prüfungsangst nennen, im Grunde sind es am besten die Augen. Nun erinnern Sie sich nur andere Bezeichnungen für das Gleiche. so gut wie möglich an die Situation völliger Vielleicht verwenden Sie die unterschiedliKonzentration. Was haben Sie damals gesechen Wörter für verschiedene Abstufungen. hen? Was haben Sie gehört? Welche Dinge Es trifft die Meisten. Dabei fällt es Ihnen haben Sie gefühlt? Je genauer Sie sich an vermutlich auch nicht leicht, tatsächlich zu die Situation erinnern können, desto besser ergründen, was in diesen Momenten vor sich ist es. Wenn Sie sich auf das Gefühl von geht. Noch schwieriger ist es für viele, einen Konzentration fokussieren, wie fühlt sich Weg raus aus dieser Phase zu finden. das an? Verdoppeln Sie bitte jetzt dieses Ist die Prüfung dann versaut, ist es zu spät, Gefühl. Und wenn Sie können, verdoppeln Sie oft teuer, zumindest zeitraubend oder gar das Gefühl nochmals, um dann im stärksten eine dauerhaft verpasste Chance. Hätte man Moment den Anker für ein, zwei Sekunden zu doch vorher nur gewusst . . . drücken. Denn – ja, es gibt sie, die einfachen Diese Programmierung wird jedoch erst Techniken, um solche Situationen zu meistern. wirkungsvoll, wenn Sie dies über ungefähr Es gehört jedoch ein bisschen Zeit und Übung einen Monat konsequent jeden Tag machen, bereits eine Weile vor der Prüfung dazu. Eine am besten zwei, drei Mal über den Tag verTechnik ist beispielsweise Ankern. Sie wird teilt. Dann ist der Anker auch viel im Spitzensport gesetzt. Er funktioniert angewendet. Der Anker nun quasi umgekehrt: Sie gibt dem Sportler in den drücken kurz mit dem Momenten, in denen es darDaumennagel auf der auf ankommt, beson- dere Stelle des kleinen Fingers Konzentration, Kraft oder Mit ein bisschen Zeit und schon werden Sie die Schnelligkeit. und Übung lässt sich Konzentration spüren. Ein Anker muss allerdings Was machen Sie denn in erst gelernt werden, sozu- Prüfungsangst meistern.“ dem Moment, wo Ihnen sagen programmiert. Er die Prüfungsangst bewusst besteht aus zwei Teilen: ist? Sie konzentrieren dem Anker selbst und einem sich vermutlich genau darauf. Und es fällt Zustand, der durch das Auslösen des Ankers Ihnen schwer, sich von den Gedanken an die in diesen Momenten erreicht werden soll. Nervosität zu lösen. Eine weitere Technik ist Bei Prüfungen ist es sicher hilfreich sich es deshalb, sich von sich selbst zu dissoziiekonzentrieren zu können. Und zwar auf die ren. Sie funktioniert ganz anders und Sie könSache, nicht auf die Nervosität. Sie können nen sie auch ergänzend zum Anker einsetzen. einen Zustand völliger Konzentration ebenWenn Sie sich an etwas erinnern, kann dies so wählen wie einen von Sicherheit oder in zwei Versionen geschehen: Entweder Sie Leistungsstärke, das Prinzip ist das Gleiche. stellen sich die Situation so vor, als würden Der Anker kann ganz einfach eine Berührung Sie dasselbe gerade wieder tun. Sie sind also in einer Form sein, die sonst nicht zufällig selbst der Handelnde und erleben sich auch gemacht wird. Beispielsweise mit dem Nagel so. Dies nennt man assoziiert. Oder Sie erledes Daumens auf die Innenseite des kleinen ben die Situation so, dass Sie sich zusehen, Fingers zu pressen. Das sollten Sie dann aber wie Sie in der Situation sind. Das ist die dissokünftig nur noch für solche Momente tun. ziierte Variante. Da es nur diese beiden gibt, Um den Anker zu lernen, müssen Sie sich werden Sie die eine oder die andere erleben. noch an einen Moment erinnern, bei dem Sie Probieren Sie es aus: Erinnern Sie sich sehr konzentriert waren. Das muss nicht bei mit geschlossenen Augen an eine belieeiner Prüfung gewesen sein, sondern auch bi- ge Situation und experimentieren Sie bei jeder x-beliebigen anderen Aufgabe. Und 57


mit Assoziieren und Dissoziieren. Sie selbst können nämlich bestimmen, in welchem Zustand Sie sich erinnern. Üben Sie dabei, den Wechsel auch besonders schnell hinzubekommen. Nach einer Weile gelingt dies sehr einfach. Nun üben Sie das nicht nur in der Erinnerung, sondern auch in der Gegenwart und in verschiedenen Situationen. Wenn es auch da leicht klappt, üben Sie auch noch mit offenen Augen.

Der eigene Berater werden durch Dissoziation. Jetzt können Sie dies ganz einfach nutzen. Es gibt nämlich einen gravierenden Unterschied zwischen den beiden Zuständen. 58

Assoziiert können Sie alles wahrnehmen, was Sie sonst auch wahrnehmen: Wie Sie sich bewegen, wie Sie Dinge berühren oder bewegen oder was Sie spüren. Dissoziiert können Sie sich dabei nur zusehen und diese Dinge nicht selbst wahrnehmen. Keine Gefühle, keine Emotionen, keine Ängste. Wenn Sie nun in eine Situation kommen, die Ihnen Angst macht oder in der Sie sich zu sehr auf die Aufregung konzentrieren, statt auf die Sache, gehen Sie in den dissoziierten Zustand und werden Sie Ihr eigener Berater. Sie geben jetzt der Person, die Sie eigentlich sind, Hilfestellungen. Man könnte auch sagen, Ihr Körper bleibt, was er ist, Ihr Geist sieht ihm dabei zu und berät ihn. So wie Sie eigene Bewegungen oder Berührungen nicht mehr spüren können, so können Sie das auch bei Gefühlen oder Emotionen. Ihre Prüfungsangst gehört dazu. Sie können sie nicht mehr spüren. Ob Abitur, Führerschein oder Assessment-Center: Prüfungsangst ist unnötig und störend. Wenn Sie jedoch rechtzeitig anfangen zu üben, können Sie sich Techniken zurecht legen, mit denen Sie künftig diese Situationen mit bes- serer Konzentration meistern. Diese beiden Techniken funktionieren übrigens auch hervorragend bei Lampenfieber. Denn das Prinzip ist ähnlich der Prüfungsangst. Insofern lohnt es sich doppelt für Sie, die beiden Techniken auszu- probieren und ein wenig Zeit zu investieren.

Michael Moesslang ist Experte für Präsentation, Körpersprache, Rhetorik und Lampenfieber. Er bietet Vorträge, Seminare sowie Performance-Coaching für Vorstände, Führungskräfte und Mitarbeiter an. Der DiplomKommunikationswirt ist unter anderem Autor und Lehrbeauftragter an der St. Galler Business School und der European Business School der Hochschule Reutlingen. www.michael-moesslang.de


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Kultur

Voodoo Dog Club Donnerstag, 16.1. 22 Uhr Keller Klub

roCk oPen Freitag, 17.1. 18.15 Uhr LKA

doPPelgänger Donnerstag, 16.1. 20 Uhr Staatstheater

Our Darkness Freitag, 17.1. 22 Uhr Club Zollamt

CHe Sudaka Dienstag, 21.1. 20.30 Uhr Universum

Monday Classic Samstag,Montag, 20.1. 22 Uhr Boa

kenSington Dienstag, 21.1. 20.30 Uhr Keller Klub

effi brieSt Montag, 20.1. 19.30 Uhr Staatstheater

Early Bird Donnerstag, 23.1. 20.30 Uhr Schocken

kyleSa Donnerstag, 23.1. 21 Uhr Universum

tyPiSCH aMerikaniSCH Donnerstag, 23.1. 19 Uhr Wortkino

irie Sunday Sonntag 26.1. 18 Uhr Goldmarks

eMergenza Sonntag, 26.1. 19 Uhr Keller Klub

auf und daVon Sonntag, 26.1. 18 Uhr Komödie im Marquardt

0711 Ping Pong diSko Mittwoch, 29.1. 20 Uhr Zwölfzehn

Meine reiSe zuM dalai laMa Sonntag, 26.1. 19 Uhr Liederhalle

leonCe und lena Mittwoch, 29.1. 20 Uhr Theater tri-bühne

diSCofox floor Samstag, 1.2 20 Uhr ADTV-Tanzschule

tearooM JaM Mittwoch, 29.1. 19 Uhr Jugendhaus Mitte

frau Müller MuSS weg! Sonntag, 2.2. 19 Uhr Theaterhaus

dreaMweekend Mittwoch, 5.2. 23 Uhr Barcode

elif Mittwoch, 29.1. 20 Uhr Universum

MatHiaS tretter Donnerstag, 6.2. 20 Uhr Renitenz Theater

aer Samstag, 8.2. 23 Uhr Aer Club

fetteS brot Samstag, 1.2. 20 Uhr Porsche-Arena

auf und daVon Freitag, 7.2. 20 Uhr Komödie im Marquardt

after work Party Donnerstag, 13.2. 18 Uhr Boa

Maria Mena Sonntag, 2.2. 20 Uhr LKA

SHowtiMe Freitag, 14.2. 20 Uhr Altes Schauspielhaus

Poetry SlaM Sonntag, 19.1. 20 Uhr Keller Klub

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Termine

Stuttgart Party

Konzerte

Kultur

beefCake Samstag, 15.2. 23 Uhr Bar Romantica

Max raabe Dienstag 11.2. 20 Uhr Liederhalle

froggy nigHt Donnerstag, 20.2. 20 Uhr Renitenztheater

Monday ClaSSiC Montag, 17.2. 22 Uhr Boa

SunriSe aVenue Freitag, 14.2. 20 Uhr Schleyer-Halle

Männerabend Samstag, 22.2. 20.15 Uhr Theaterhaus

der duuurStige donnerStag Donnerstag, 27.2. 20 Uhr One Table Club

tHirty SeCondS to MarS Mittwoch, 19.2. 20 Uhr Schleyer-Halle

MonSieur ibraHiM Mittwoch, 26.2. 20.30 Uhr International Theatre

dJ Miki Samstag, 8.3. 23 Uhr Sophies Brauhaus

MotörHead Mittwoch, 5.3. 19 Uhr Schleyer-Halle

SHowtiMe Freitag, 7.3. 20 Uhr Altes Schauspielhaus

after work Party Donnerstag, 13.3. 18 Uhr Boa

tiM bendzko Samstag, 8.3. 20 Uhr Porsche-Arena

onkel wanJa Dienstag, 11.3. 20 Uhr Komödie im Marquardt

HeadbangerS Metal Party Samstag, 18.1. 22 Uhr Bierkeller

Motette Samstag, 18.1. 20 Uhr Stiftskirche

daS HauS Freitag, 17.1. 20 Uhr Zimmertheater

SPätVorleSung Donnerstag, 23.1. 21 Uhr Blauer Turm

tHee MaxiMatorS Mittwoch, 22.1. 21 Uhr Epplehaus

endliCH eiSzeit Freitag, 24.1. 20 Uhr LTT

bioCHeMiker feSt Donnerstag, 23.1. 21 Uhr Interfakultäres Institut für Biochemie

MarCell brell Donnerstag, 23.1. 21 Uhr Zimmertheater

der tHeaterMaCHer Donnerstag, 30.1. 20 Uhr Zimmertheater

dark ViSionS Freitag, 31.1. 22 Uhr Club 27

rainer Von Vielen Freitag, 24.1. 20 Uhr Sudhaus

balkonSzenen Samstag, 1.2. 20 Uhr Sudhaus

tHe doorS of PerCePtion Samstag, 8.2. 22 Uhr Sudhaus

oHrenkino Donnersag, 30.1. 20.30 Uhr Café Haag

uli MaSutH Donnerstag, 6.2. 20 Uhr Sudhaus

Tübingen

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Termine

Tübingen Party

Konzerte

Kultur

VollMondtanz Samstag, 15.2. 22 Uhr Sudhaus

antHony loCkS Samstag, 15.2. 22 Uhr Epplehaus

einer Von unS Samstag, 15.2. 20 Uhr Zimmertheater

My Heart goeS booM Samstag, 22.2. 22 Uhr Bierkeller

Vdelli Freitag, 21.2. 20.30 Uhr Sudhaus

obloMow Freitag, 21.2. 20 Uhr LTT

MetalnigHt Samstag, 1.3. 21 Uhr Epplehaus

CoSMo JarViS Samstag, 1.3. 20 Uhr Sudhaus

tiM boltz Samstag, 22.1. 20 Uhr Sudhaus

druM and baSS Freitag, 14.3. 22 Uhr Bierkeller

2rauMwoHnung Sonntag, 9.3. 20 Uhr Sudhaus

CoMedy Stube Montag, 3.3. 20 Uhr Sudhaus

PrOgrammhÖhePUnKte JanUar/FebrUar 2014 10.01.2014 Premiere Der anSager einer StriPteaSenUmmer gibt niCht aUF von bodo Kirchhoff Weitere Vorstellungen: 11./14./17./21.01.2014 26.02.2014

13./14./15.02.2014 zum vorerst letzten mal! in On it. einer VOn UnS von Daniel macivor

17.01.2014 Uraufführung DaS haUS von arzé Khodr Weitere Vorstellungen: 22. und 25.01.2014 05./07./08.02.2014 30.01. und 01.02.2014 zum letzten mal! Der theatermaCher von thomas bernhard im LÖWen

23.01.2014 mUSiK_Zimmer marCeL breLL Die Singer-/Songwriter-reihe im Zimmertheater tübingen 07.02.2014 2. tübinger SOng SLam im LÖWen

Zimmertheater tübingen i bursagasse 16 i 72070 tübingen tel.: 07071/92730 Kassenöffnungszeiten: mo - Fr 10 - 17.30 Uhr Sa 10 - 12.30 Uhr

www.zimmertheater-tuebingen.de


Termine

Ludwigsburg Party

Konzerte

Kultur

Einmal SOnntag wie Früher Sonntag, 19.1. 21 Uhr Rockfabrik

Dreamtheater Donnerstag 30.1. 20 Uhr Arena

Volker Pispers Mittwoch 5.2. 20 Uhr Scala

bigfm Groovenight Freitag,24.1. 22 Uhr Muttermund

Within Temptation Mittwoch, 5.2. 20 Uhr Arena

Die Kluftinger Show Dienstag 11.2 20 Uhr Forum am Schlosspark

Lass‘ krachen Samstag, 1.3. 19 Uhr Arena

Knorkator Sonntag 23.2. 20 Uhr Rockfabrik

Ernst und Heinrich Freitag 14.2. 20 Uhr Scala

Club Paradox Samstag, 8.3. 22 Uhr Four Runners Club

Broilers Freitag 14.3. 20 Uhr Arena

Minna von Barnhelm Freitag, 28.2. 20 Uhr Forum am Schlosspark

Konzerte

Kultur

Lily Nash Freitag 24.1. 20 Uhr Komma

Theatre du pain Freitag 24.1. 20.30 Uhr Dieselstraße

Gut aufgelegt Samstag 18.1. 22 Uhr One

Cryssis Samstag 25.1. 20.30 Uhr Dieselstraße

Kluftinger - die Show Freitag, 31.1. 20 Uhr Neckar Forum

Trust me you can dance Freitag 24.1. 22 Uhr One

High FIve Samstag 8.2. 20.30 Uhr Dieselstraße

Einstein Donnerstag 6.2. 19.30 Uhr WLB

Diesel-Disco Freitag 21.2. 21 Uhr Dieselstraße

Chevu Samstag 22.2. 20.30 Uhr Komma

Venedig im Schnee Donnerstag 27.2. 20 Uhr WLB

Esslingen Party Diesel-Disco Freitag 17.1. 21 Uhr Dieselstraße

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Das nächste Käpsele erscheint am 15. März. Die Themen: - Voll unabhängig: Studieren bei den Privaten - Voll abgetaucht: Ein etwas anderer Nebenjob - Voll komisch: Comedians von der Uni

Impressum: Käpsele – Das Studentenmagazin Käpsele GbR Theodor-Heuss-Straße 109 71067 Sindelfingen redaktion@kaepselemagazin.de Herausgeber (V.i.S.d.P.): Markus Brinkmann (msb) und Christian Ignatzi (ci) Anzeigen: Christian Ignatzi anzeigen@kaepselemagazin.de Redaktionsleitung: Ben Schieler (ben) Autoren: Ilkay Aydemir (ay) Katrin Bohnenberger (kbo) Philipp Deeg (phd) Sanja Döttling (sad) Verena Tribensky (sky) Gastautoren: Dominik Harsch Michael Moesslang Adriana Popescu

Illustratorin: Verena Tribensky Fotografen: Joshua Kiefer (Cover, S. 10/11, 12, 14 und 36) Ben Schieler (S. 03, 06, 30 und 32) Michael Sauer (S. 17 und 18/19) Sanja Döttling (S. 52) Besondere Foto- und Lizenzhinweise: S. 07/08: Logo und Foto © Vidipedia S. 20/21: © Global Learning S. 24: Foto/Cover © Ullstein Verlag S. 25: Foto © Nancy Crampton, Cover © Rowohlt S. 26/27: Screenshots © PiA im Streik S. 29: Grafik © WSILohnspiegel-Datenbank/lohnspiegel.de S. 35: Foto Notker Mahr, © Adriana Popescu S. 40/41: Plakate © Verleiher S. 42/44/45: Fotos © Raphael

Gürth/autofilou.at S. 45: Foto © Nissan S. 46: Illustration © Verena Tribensky S. 48: Foto CC Freddycat1 (www.flickr.com/photos/15157516@N02) S. 50: Foto © Sanja Döttling S. 54/55: Logo/Fotos © Star Cooperation S. 56: Foto CC Andrew Stawarz (www.flickr.com/photos/stawarz) S. 58: Foto © Reiner Pohl Ein Dank für das Erfinden, Entwerfen und Designen des Käpsele (der Vogel) geht an seinen Schöpfer Timo Rehm. Vertrieb: Flyertyre Gymnasiumstr. 43 70174 Stuttgart www.flyertyre.de Auflage/Erscheinungsweise: 30.000 Stück/zweimonatlich Das Käpsele ist auf Recyclingpapier gedruckt

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dierotationsdrucker 63


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T E N R E T N I „DAS T MICH. K L L L A T A S R E B Ü .“ T N I S I B H EN DICH. ES C U A H HÖR ETZT J C R I I – W Y WO ST UNS. UND COMMUNIT gfm.de R ER UF bi A DU HÖ H AN DEIN S E NA gFLAK GANZ NEUEN bi EN MIT D


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