VadW Mai 2012

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ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

Viele Erinnerungen wurden wach...

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ls ich die Stellwände unserer Wanderausstellung in der Bibliothek des Caritashauses St. Elisabeth, das in einer ruhigen Oase am Rande von Koblenz (Rheinland-Pfalz) auf dem Arenberg liegt, aufbaute, hatte ich zunächst Zweifel, ob sich jemand in diesem "Wohnheim für ältere Menschen" für ihre Inhalte interessieren würde.

und Zeitschriften über die Geschichte der Deutschen aus Russland mitzunehmen. Stolz erzählte Raphael Maria Kloeppel, Direktor des Caritashauses, am Nachmittag der Begegnung, über seine Mitarbeiter. Ca. 40 Prozent von ihnen sind Deutsche aus Russland, die durch Fleiß, Wissen und Engagement die besten Voraussetzungen für die Eingliederung der Heimbewohner in die Hausgemeinschaft schaffen. „Viele Besucher und Vereine kommen in unser Haus, und viele Bewohner nehmen am aktiven Leben der Ortsgemeinde und auch an öffentlichen Veranstaltungen teil. Dadurch gibt es eine stete Kommunikation zwischen drinnen und draußen." Daher war die Einladung der Wanderausstellung in das Altenhilfe-Zentrum kein Zufall. Höhepunkt des Nachmittags war das gemeinsame Singen mit Jakob Fischer. Fast hundert ältere Damen und Herren sangen Lieder ihrer Jugend, und wieder wurden Erinnerungen wach. So manche Träne floss. „Wir hätten nie gedacht, dass auch in Russland und Kasachstan unsere Lieder gesungen wurden“, meinte eine Dame. Und ein Herr im Rollstuhl äußerte sich: „Ich war Berufsmusiker. Jakob Fischer hat sich das höchste Lob verdient. Es war ein wahres Fest für unsere Seelen.“ Josef Schleicher

Zuerst die große Eurasienkarte und dann Jakob Fischer, Josef Schleicher und Raphael Maria Kloeppel (von auch die einzelnen links) bei der Präsentation der Wanderausstellung in Koblenz. Stellwänden zogen jedoch die Aufmerksamkeit der Heimbe- und auch die Heimbewohner nutzten die wohner und des Personals auf sich. So knapp drei Wochen, in denen die Aussuchten zwei Damen auf der Karte ihre stellung auf dem Arenberg gastierte, um Lieblingsurlaubsorte. Als sie weiter auf sich mit ihren Inhalten vertraut zu machen die Plakate schauten, las eine laut vor: sowie zahlreiche kostenlose Begleithefte „Geschichte der Deutschen aus Russland.“ und meinte zu mir: „Kommen Sie auch von dort? Ich habe eine Nachbarin, sie kommt aus Kasachstan.“ Ich erklärte, wer wir sind, Deutsche aus Russland, und roßen Anklang fand der „Inter- Veranstaltung unter dem Motto „Vielwarum unsere Vorfahren aus Deutschland kulturelle Abend“ des Schwein- falt der Kulturen“, ehe Üchtelhausens weggingen. „Und er kommt aus Bessarabien“, mein- furter Oberlandes am 24. März in Bürgermeisterin Birgit Göbhardt mit te die andere Dame und zeigte auf einen Stadtlauringen, Bayern. Bürgermeis- viel Humor Migrationshintergründe im Rollstuhl sitzenden Herrn. Auch dieses ter Friedel Heckenlauer eröffnete die beleuchtete. Kapitel der Geschichte versuchte ich den zuhörenden Heimbewohnern näher zu bringen. Der Bessarabiendeutsche lächelte: „Wie schön war es zu Hause!“ Doch als ich die Kriegszeit schilderte, wurden seine Augen traurig. „Nach dem Krieg versteckten sich bei uns Russen. Sie wollten nicht in ihre Heimat zurück...“, meinte eine etwas jüngere Seniorin. Sie sei bei Schweinfurt geboren und 1945 zwölf Jahre alt gewesen. „Als ein russischer LKW in den Ort kam, um diese Familie abzuholen, versteckte mein Vater sie in einer Jägerhütte. Sie schafften es irgendwie, nach Holland zu flüchten, und einige Jahre später schrieben sie uns einen Brief aus Kanada. Erstaunlich, in einem guten Deutsch...“ So kam es auch zum Gespräch über das Schicksal der Russlanddeutschen, die während des Krieges nach Deutschland kamen, aber nur selten das Glück hatten, Beim "Interkulturellen Abend" in Stadtlauringen (von links). Projektleiter Josef Schleicher, hier zu bleiben, und größtenteils in Stalins Ljubow Hurlebaus, Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes Deutschhof und stellvertretende Integrationsbeiratsvorsitzende, Albina Baumann, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der LanLagern in der Sowjetunion landeten. desgruppe Bayern der Landsmannschaft und Vorsitzende des Ortsgruppe Kitzingen, und Zahlreiche Besucher des Caritashauses Olesya Konschu, Betreuerin des Standes der Deutschen aus Russland.

Spannung und Spaß beim "Interkulturellen Abend"

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VOLK AUF DEM WEG Nr. 5 / 2012


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