Joshua Marr | Bachelor Thesis | Hallo Kunde

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LLO KUN DE Schรถn, dich kennenzulernen

JOSHUA MARR



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LLO KUN DE JOSHUA MARR


HALLO KUNDE

Bachelorarbeit im Wintersemester 2013/14 an der Fachhochschule Potsdam JOSHUA MARR

13. Semester Matrikelnummer 8388 Betreuung Erstprüferin: Prof. Betina Müller Zweitprüfer: Prof. Lex Drewinski Papier: 120 g/m² Metapaper extrarough warmweiss Druckerei: AusDruck Schaare & Schaare GbR, Berlin © 2014


INHA LT

02 WAS IST DESIGN? — seite 9

04

DER ARBEITSPROZESS — seite 45

01

WARUM SOLL ICH DAS HIER LESEN? — seite 5

03 WAS BRAUCHST DU EIGENTLICH? — seite 33

05 AN DIE ZUSAMMENARBEIT! — seite 59


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WARUM SOLL ICH DAS HIER LESEN?


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01 Fast jedes Objekt, das du in die Hand nimmst, betrachtest, bedienst oder womit du interagierst, ist durch die Hand eines Designers gewandert. Es wurde explizit für einen Zweck entworfen, für den du es möglicherweise auch so verwenden wirst und wenn der Designer einen guten Job gemacht hat, gefällt es dir auch über den Zweck hinaus, oder stellt etwas mit dir an. Glaubst du mir nicht? Schau dich einfach um. Wo auch immer du sitzt, gibt es bestimmt das eine oder andere Objekt, das dir besser gefällt als die anderen. Das ist die Macht des Designs. Aber gewöhnlich denkt man nicht darüber nach.

WARUM DU DAS HIER LESEN SOLLST


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Du knutschst jeden Tag mit diesem Ding rum, aber wie oft denkst du dar端ber nach?

WARUM DU DAS HIER LESEN SOLLST


Möglicherweise besitzt du eine gute und konkrete Vorstellung darüber, was Design ist. Möglicherweise bist du dir aber nicht so sicher. Möglicherweise ist es aber auch nicht das, wofür du es gehalten hast. Du scheinst aber für etwas ein Designer zu brauchen, sonst wärst du nicht hier. Design ist ein relativ neues Feld und wird mit vielen Mythen umgeben und, häufiger als erwünscht, missverstanden. Falsche Vorstellungen können eine gute Zusammenarbeit erschweren. Kreativität scheint mittlerweile ein Buzzwort der letzten Jahre zu sein – ähnlich wie Wirtschaft – alle reden mit, alle haben eine Meinung, aber niemand weiß, worum es eigentlich geht. Als Designer beschäftige ich mich so sehr mit meiner Arbeit, dass ich manchmal vergesse, dass ein Verständnis dafür nicht zwangsläufig bei jedem vorhanden ist. Deshalb habe ich dieses Buch verfasst. Nach einer über zehnjährigen Arbeit im Designbereich, weiß meine Mutter immer noch nicht, was ich mache und in meiner Zusammenarbeit mit Kunden habe ich gemerkt, dass sie es auch nicht immer wissen. Diesem scheinbar nicht selten auftretenden Phänomen bin ich auf der Spur und habe versucht eine Kommunikationsgrundlage zwischen dir und deinen Designer zu schaffen. Es ist kurz und knapp zusammengefasst. Einiges weißt du vielleicht bereits, aber anderes vielleicht nicht. Ein wenig Allgemeinbildung hat noch niemandem geschadet und könnte uns beiden bei der Zusammenarbeit ein bisschen Zeit sparen.

WARUM DU DAS HIER LESEN SOLLST

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DE

WAS IST SIGN?


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02 Wir Menschen sind komplizierte und sehr umfassende Wesen. Einerseits sind wir logisch denkend, rational und neugierig, anderseits irrational und voller Gef端hle und Emotionen. Die beiden kontrahieren einander allerdings nicht.

WAS IST DESIGN?


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Design hat seine Wurzeln in der Kunst. Aber die Kunst war nicht immer Kunst, wie wir es heute kennen. Früher war Kunst einfache Handwerksarbeit. Die Handwerksarbeit wurde von großen griechischen Gelehrten als eine Tätigkeit für Sklaven und Menschen betrachtet, die nichts besseres mit ihrer Zeit zu tun hatten, als ihre Existenz durch Arbeit zu sichern. Dagegen waren die Sieben Freien Künste, oder artes liberales, bestehend aus Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie für große Staatsmänner reserviert. Man kann das als eine frühe Trennung zwischen Denken und Handeln betrachten. Heute würde man eine solche Einstellung, welche die Instrumente und Dienste der Politik an die oberste Stelle der menschlichen Existenz setzt, schon mal als riesigen Fehler bezeichnen – zumal heute die Kluft zwischen »Denken« und Handeln immer noch in der Politik am größten zu sein scheint. Im Mittelalter wurde die Tradition der Verachtung gegenüber Handwerk und Materialität fortgeführt. Die Kunst blieb weiterhin Auftragsarbeit für die mächtige Kirche und den Adel. Während der Renaissance fingen zwar die Menschen langsam an, das Kunsthandwerk wertzuschätzen und einige der Künstler als Genies zu feiern, aber der echte Bruch kam in den Zeiten der Aufklärung und den bürgerlichen Revolutionen.

WAS IST DESIGN?


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WAS IST DESIGN?


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Das Volk befreite sich von der Vormundschaft der Kirche und vom Adel, gründete demokratische Republiken und führte die Gewerbefreiheit ein. Während der Aufklärung wurde das Rationale als oberstes menschliches Gut behandelt und die Wissenschaften zuständig für die Gewinnung neuer Erkenntnisse und Ideale. Die Kunst war nicht mehr von ihren ursprünglichen Auftraggebern abhängig und durfte sich frei entfalten. Dabei ist etwas Seltsames passiert. Wie Teenager, die gerade die Obhut ihres elterlichen Zuhauses verlassen, sind beide nun ohne Vormundschaft abgezogen. Die Wissenschaft untersuchte jegliche gesellschaftliche Phänomene und erklärte sie auf ganz rationale Weise, ohne Rücksicht oder Einbindung der Ästhetik oder Emotionen. Es gab nichts, was man nicht versuchte zu versachlichen. Die Kunst rannte in die gegensätzliche Richtung, trennte sich von diesem kargen Gesellschaftsapparat und litt ganz im Sinne der christlichen Arbeitsmoral unter der enormen Last, ein leidenschaftliches, hungerndes Romantikerdaseins zu führen – ein Bild, das komischerweise heute noch die Kunstwahrnehmung prägt, obwohl einige Künstler ( ja, ich meine dich, damien hirst!) bestimmt bald an die Börse gehen könnten.

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WAS IST DESIGN?


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RA TIO NALI TÄT WAS IST DESIGN?


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ÄS THE TIK WAS IST DESIGN?


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Die Welt wurde gespalten in Rational und Ästhetisch, Natur- und Geisteswissenschaften, sogar linke und rechte Gehirnhälften.* Alles was dazwischen lag, wurde mehr oder weniger übersehen, oder einfach dem anderen Bereich zugerechnet. Diese Trennung existiert noch heute, sei es in der Schulbildung, in den Universitäten oder im Berufsleben. Das ist für Design verdammt schwierig, da es eine Mischpraktik beider Bereiche ist. Für die Wissenschaft ist es zu künstlerisch und subjektiv, für die »reine« Kunst zu technisch und wirtschaftlich gebunden. Die ersten Designer waren Künstler. Sie wurden beauftragt Produkten, die mit der neuen maschinellen Produktion hergestellt wurden, Form zu geben. Wo zuvor im Kunsthandwerk Gestalter und Ausführer eines Objektes dieselbe Person waren, gab es nun den Entwurfszeichner und die maschinelle Massenfertigung. Damals suchte man krampfhaft nach Namen für dieses neue Phänomen, um es von den bildenden Künsten und dem Handwerk abzugrenzen. Einige davon waren »technische Künste«, »industrielle Künste«, »Kunstgewerbe«, »angewandte Kunst«, »dekorative Kunst« und »Kunstindustrie«. Schließlich kam man auf dem heute sehr inflationär verwendeten Begriff »Design«, der allerdings in Deutschland erst nach dem zweiten Weltkrieg aus dem englischen Sprachraum eingeführt wurde. Das war sozusagen die erste Hürde, in einer langen Reihe an Definitionsversuchen und Selbstfindung.

WAS IST DESIGN?


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Ich erspare dir die Details, weil es genug dicke Bücher darüber gibt, aber das folgende Jahrhundert war geprägt von verschiedenen Bewegungen, polemischen Haltungen und Diskussionen, die das Scheidungskind Design immer versuchte zwischen den beiden Polen der Kunst und Wissenschaft zu positionieren. Es gab Bewegungen, die versuchten, Design als reines Kunsthandwerk zu etablieren und welche die versuchten, Design komplett zu verwissenschaftlichen. Lass uns einfach sagen, es ist für diese Bewegungen nicht gut ausgegangen.

* Man spricht heute noch von dominierenden Gehirnhälften, obwohl dieses mittlerweile wissenschaftlich widerlegt wurde. Die Gehirnhälften sind zwar zuständig für unterschiedliche kognitive Aufgaben, aber arbeiten immer fleißig zusammen. Für sie gibt es keine Trennung.

WAS IST DESIGN?


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02.1

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Was ist es denn nun? Was ist also Design? Eine einfache Definition gibt es nicht. Eine Definition setzt Grenzen und wir Designer hassen Grenzen. So geht der Teufelskreis der Doch-Haltung los. Es wird gesagt, dass man Design nicht definieren kann, darauf hin sagt jemand »doch!« und verfasst eine seitenlange Definition, worauf jemand anders »doch nicht!« sagt und gibt sein Bestes, diese Definition kreativ zu widerlegen und der Prozess geht wieder von vorn los. Zudem beschäftigen wir uns gern mit neuen Technologien und es kann sein, dass über Nacht eine neue Designprofession geboren wird. Deshalb gibt es heute so viele Designbereiche, wie z. B. Interface- und Interaktionsdesign, Informationsdesign und Motion Design, mit denen niemanden was anfangen kann. Statt Design zu definieren, werde ich deshalb auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner eingehen.

WAS IST ES DENN NUN?


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NEIN

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DOCH NEIN DOCH WAS IST ES DENN NUN?


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DESIGN IST EINE ART ZU DENKEN

NEIN

DESIGN ALS ART DES DENKENS


Ăœber die Jahre haben wir erkannt, dass unsere Traditionen und Praktiken mit einer bestimmten Art des Denkens und Handelns verbunden sind, die Design von anderen Berufsfeldern unterscheidet. nigel cross hat erkannt, dass es konterproduktiv ist, Design im Rahmen der Kunst oder der Wissenschaft zu definieren. Er schlug deshalb vor, Design als eigene Disziplin zu behandeln. Dabei hat er sich auf Untersuchungen des Royal College of Art in London berufen, die bestimmte Denkmuster bei Designer feststellten.

DESIGN ALS ART DES DENKENS

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EINTEILUNG DER DISZIPLINEN NACH NIGEL CROSS:

NAT UR WISSEN SCHAFT EN

FORSCHUNGSBEREICH: die natürliche Welt

METHODEN DER FORSCHUNG: kontrollierte Experimente, Klassifikation, Analyse

WERTE: Objektivität, Rationalität, Neutralität, das Anliegen der »Wahrheit«

DESIGN ALS ART DES DENKENS

DE SIGN + TECHNO LOGIE


FORSCHUNGSBEREICH: die künstliche Welt

METHODEN DER FORSCHUNG:

GEIST ES WISSEN SCHAFT EN

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FORSCHUNGSBEREICH: die menschliche Erfahrung

METHODEN DER FORSCHUNG:

Modellieren,

Analogie,

Musterformation,

Metapher,

Synthese

Evaluation

WERTE:

WERTE:

Praktikabilität,

Subjektivität,

Einfallsreichtum,

Vorstellungskraft,

Empathie, das Anliegen

Engagement, das Anliegen

der »Angemessenheit«

der »Justiz«

DESIGN ALS ART DES DENKENS


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Bei Design handelt es sich um sogenannte verzwickte Probleme, die schlecht definiert sind, nicht über alle nötigen Informationen verfügen und keine richtige Lösung haben, sondern mehrere mögliche Lösungen, wo (wenn möglich) die beste gesucht wird. Diese unterscheiden sich von zahmen Problemen, die häufig im wissenschaftlichen Fokus behandelt werden und am Ende geklärt ist, ob das Problem gelöst wurde oder nicht. Die RCA-Studie gab Designern und Wissenschaftlern die gleiche Aufgabe und analysierte ihre Herangehensweisen. Die Designer haben viele unterschiedliche Lösungsansätze produziert und die Wissenschaftler haben mehr das Problem analysiert und homogenere Lösungswege vorgeschlagen. Wenn Designer an die Probleme oder Aufgaben herangehen, probieren sie möglichst viele Lösungsansätze aus, um dabei den besten zu finden. Während dieses Prozesses lernen sie so mehr über das Problem und manchmal, definieren sie anhand ihrer Erkenntnisse das Problem neu. Hierbei spielt die Intuition eine große Rolle. Designer müssen wechselseitig in die Rolle des Erzeugers und des Betrachters hineinschlüpfen, um sich intuitiv der passendsten Lösung zu nähern. Wie wichtig ist die Intuition? Sehr: wir machen zum Beispiel intuitiv schon seit über 200 Jahren diesen Job, ohne uns ganz im Klaren zu sein, was es eigentlich ist.

DESIGN ALS ART DES DENKENS


Die Fähigkeit des Designen ist ein erlerntes Verhalten, das meistens erst nach der schulischen Bildung in Ausbildungen oder an Universitäten und Fachhochschulen von Experten an Lernende vermittelt wird. Dabei werden die kognitiven Fähigkeiten des kritischen Denkens und des Handelns für Designarbeit entwickelt. Es hat sozusagen jeder Mensch das kognitive Potential zu designen – wenn die richtigen Voraussetzung erfüllt sind und dieses Potenzial gefördert wird. Diese Art zu denken ist der Grund, warum wir Designer so »komisch« sind. Es durchdrängt früher oder später unser ganzes Wesen. Es macht uns sensibel für die Objektwelt, für die alltägliche Ästhetik der Dinge und verleiht uns neue Perspektiven, durch die wir unsere Umwelt wahrnehmen. Dabei vergessen wir leicht, dass es anderen Menschen nicht so ergeht und wundern uns, warum sich nicht alle in heller Aufregung beschweren, dass Ikea die Futura mit der Verdana als Hausschrift ersetzt hat.

DESIGN ALS ART DES DENKENS

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DESIGNEN IST WIE KOCHEN

DESIGNEN IST WIE KOCHEN


Designen kann man zusammenfassend ganz gut mit Kochen vergleichen. Es ist ein Lernprozess. Man fängt mit den Basics an und kocht nach Rezept. Es gibt viele Abkürzungen, die schnelle Ergebnisse erzielen können, aber Tütensuppe und Fertigsoßen schmecken nie so gut wie selbstgemacht. Früher oder später beginnt man zu improvisieren, verwendet bessere Zutaten und die Qualität nimmt zu. Man kreiert ganz eigene Kombinationen, erstellt neue Rezepte und strebt die Perfektion an. Manche eröffnen ein eigenes Restaurant. Es kommt ganz auf den Geschmack an. Jeder kann es erlernen, aber nicht jeder wird Fünf-Sterne-Koch – es gehört immer ein bisschen Talent dazu. Nun haben wir eine kleine Grundlage, um zu verstehen, was die Designarbeit von anderen Arbeitsweisen unterscheidet und warum diese merkwürdigen Menschen scheinbar anders ticken. Jetzt geht es endlich an die Arbeit!

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WAS BRAUCHST DU EIGENT LICH?


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03 Das A und O von jedem Projekt ist das Ziel. Was wollen wir eigentlich erreichen? Das klingt zuerst nach einer einfachen Frage, aber manchmal ist es nicht so einfach wie gedacht. Vielleicht hast du das Ziel bereits an einem Lรถsungsweg orientiert. Vielleicht weiร t du noch gar nicht so richtig, was du eigentlich brauchst. Das ist alles kein Problem. Diese Ziele kรถnnen wir gemeinsam bestimmen und erarbeiten.

WAS BRAUCHST DU EIGENTLICH?


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03.1 Das Briefing

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Die Zusammenarbeit beginnt mit dem Briefing. Ein Briefing ist mehr oder weniger ein Gespräch, in dem die Projektziele formuliert werden und die wichtigsten Informationen überliefert werden, die ein Designer für die Arbeit braucht. Ohne eine richtige Einweisung, können im Arbeitsprozess kommunikative Missverständnisse entstehen. Wenn Ziele nicht klar formuliert werden, ist es einfach, sich an unnötigen Details zu verheddern oder in unerwünschte Korrekturschleifen zu gelangen. Beim Briefing geht es um die richtige Menge von nötigen Informationen und offenem Spielraum. Ein zu schwammiges Briefing, das viele Fragen offen lässt und uns keine konkrete Vorstellung der Ziele gibt, ist eben so wenig gut wie ein zu konkretes Briefing, das die gesamte Arbeit samt Lösungswege bereits vorgibt. Wir können dir helfen, diese Ziele zu formulieren. Vielleicht gibt es auch einen Lösungsansatz, den du nicht bedacht hast – schließlich werden wir dafür bezahlt! Unter Umständen ist es sinnvoll, ein paar Schritte zurückzugehen, um den Weg gemeinsam mit dem Designer durchzugehen. Wir wollen nicht alles auf dem Kopf stellen, sondern haben beide das Ziel vor Augen. Das Problem neu definieren – weißt du noch?

DAS BRIEFING


Was muss unbedingt bei der Arbeit beachtet werden? Gibt es zeitliche, finanzielle oder sonstige Einschränkungen? Im Gegensatz zu dem Freigeist-Image, das häufig den Kreativen angeheftet wird, können wir wunderbar mit Restriktionen umgehen, wenn diese uns klar sind. Der Spaß besteht darin, sich die Freiräume zu schaffen, wo es scheinbar keine gab.

DAS BRIEFING

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Gut schwammig:

WAS DU DAMIT AUSDRÜCKST

Ich weiß nicht genau, was getan werden soll, aber ich habe ein Ziel vor Augen und ich denke, du kannst mir damit helfen.

DAS BRIEFING

»ICH SUCHE NACH EINEM WEG MIT EINEM KLEINEN BUDGET, SO VIELE MENSCHEN WIE MÖGLICH ZU ERREICHEN.«


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»ICH BRAUCHE EINE GROSSARTIGE IDEE!«

WAS DU DAMIT AUSDRÜCKST

Ich habe keine Ahnung warum ich hier bin und es ist zweifelhaft, dass ich meinen Job richtig mache.

DAS BRIEFING

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Schlecht schwammig:


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Gut konkret:

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»WIR MÖCHTEN UNSERE PRÄSENZ IM WEB AUSBAUEN. WIR WÜRDEN GERN MIT WORDPRESS ARBEITEN. DAFÜR GIBT ES BEREITS EINIGE CORPORATE-DESIGNRICHTLINIEN, AN DIE WIR UNS HALTEN MÜSSEN.«

WAS DU DAMIT AUSDRÜCKST

Wir haben ein Ziel. Es ist klar, was am Ende stehen soll. Es gibt einige Restriktionen dabei, die wichtig wären. Weitere Details können wir noch abstimmen.

DAS BRIEFING


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WAS DU DAMIT AUSDRÜCKST

Unsere Projektgruppe hat ohne die Hilfe eines Designers viele interne Diskus­sionsrunden geführt und die Ideen aller Mitarbeiter in ein Konzept gequetscht. Dafür suchen wir jemand, der sie bloß umsetzt. Lauf Designer! Lauf so schnell weg, solang du noch kannst!

»WIR HÄTTEN GERN EINE DREISPALTIGE WORDPRESS-SEITE MIT DER GLEICHEN NAVIGATIONSLEISTE LINKS UND OBEN, DAMIT MAN SICH ÜBERALL ZURECHT FINDET. UNSER LOGO MUSS GROSS IN DER RECHTEN ECKE STEHEN. DIE SCHRIFT SOLL IN DUNKELGRÜN ERSCHEINEN, UM UNSER UMWELTBEWUSSTSEIN ZU VERDEUTLICHEN.

DAS BRIEFING

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Schlecht konkret:


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Nun hast du die nötigen Informationen vermittelt. Vielleicht ist deinerseits alles gesagt, aber wahrscheinlich wird der Designer jetzt ein paar Nachfragen haben – möglicherweise werden auch später einige dazukommen. Ihr habt die Zuständigkeiten und Kompetenzen der Zusammenarbeit miteinander abgestimmt, richtig? Dann können wir endlich loslegen.

DAS BRIEFING


ABER EINE FRAGE MUSS VORAB BEANTWORTET WERDEN

DAS BRIEFING

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03.2

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Warum kostet das so viel? Jetzt ist es an der Zeit, mit ein paar Mythen aufzuräumen. Wir sind keine verrückten Künstler, die mit unbrauchbarem Firlefanz dein hart verdientes Geld wegnehmen wollen. Design ist harte, anspruchsvolle Arbeit. Aber sie ist eben eine unsichtbare Arbeit. Der Teufel liegt in den Details. Es gehört viel Organisation und Planung dazu. Auf intellektueller Ebene werden viele Ideen, Konzepte und Ansätze erarbeitet, die verworfen, verändert, kombiniert und neu entwickelt werden. Im Endergebnis sind diese Prozesse nicht zu sehen, sondern lediglich das fertige Werk. Die konzeptionelle Arbeit ist eng mit der handwerklichen Ebene verknüpft. Die handwerkliche Seite ist mit viel mühsamer Detailarbeit verbunden, die nicht zwangsläufig jeder bemerkt oder jedem bewusst ist, es heißt denn, sie ist auffallend schlecht – gesellschaftliche Grauzone, weißt du noch? Die Detailarbeit gehört aber zu jedem qualitativen Endergebnis und wir werden sie nicht weglassen. Für das Ergebnis stehen wir mit unserem Namen und wer möchte denn für schlechte Qualität stehen? Du würdest nicht beim Kauf einer Küche die Scharniere weglassen, um Geld zu sparen und so ist es auch mit der Handarbeit. Der Designer sollte dir aber auch zeigen können, was alles dazu gehört.

WARUM DAS SO VIEL KOSTET


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HOLLYWOOD LĂœGT So sieht die automatische Freistellung von Bildern in Wirklichkeit aus. Ob es sich um 3D-Modelle, Freistellung, Typografie, oder Programmierung handelt, es bleibt immer noch Handarbeit.

WARUM DAS SO VIEL KOSTET


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BEITS

DER AR

PRO ZESS


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04 Gibt es jetzt was zu sehen?

DER ARBEITSPROZESS


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NEIN NOCH NICHT.

DER ARBEITSPROZESS


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04.1

Jeder Designer arbeitet anders, aber eine Phase haben wir alle gemeinsam und das ist der Anfang. Zu jeder Designarbeit gehört eine richtige Portion an Recherche, gefolgt von der Konzeption und Planung. Ideen fallen gewöhnlich nicht einfach vom Himmel. Meistens ist die Denkarbeit, die einer Designleistung vorausgeht, der langwierigste und schwierigste Prozess des Gestaltens. Die Formgebung ist nur die Spitze des Eisbergs. Wann und wie es etwas zu sehen gibt, sollte mit dem Designer abgestimmt werden. Je nach Projekt und Größe kann es mehrere Zwischenstände und organisatorische Treffen zur Konzeption geben, bevor die oberflächliche Gestaltung überhaupt beginnt.

RECHERCHE, KONZEPTION UND PLANUNG

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Recherche, Konzeption und Planung


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Simon Szameitat Notizen und Skizzen zum Entwurf eines Insulinstiftes f端r Diabetes-

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patienten

RECHERCHE, KONZEPTION UND PLANUNG


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Marcel Kl채ber Vorskizzen zum Entwurf

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eines Logos

RECHERCHE, KONZEPTION UND PLANUNG


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04.2 Präsentation

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Jetzt gibt es endlich was zu sehen! Ob Entwurfsstände oder finale Präsentation, gib dem Designer eine Chance die Arbeit ordentlich vorzutragen. Wir möchten dir schließlich zeigen, wofür du uns bezahlt hast und ich denke, das wäre auch in deinem Interesse. Dafür müssen wir miteinander reden. Ideen, Entwürfe und Ansätze können schnell falsch verstanden werden, wenn sie zwischen Tür und Angel gezeigt werden. Eine großartige und am besten geeignete Idee könnte durch die Lappen gehen. Ebenso verhält es sich bei Zwischenständen. Halbgare Ideen und Ansätze sind auch keine und können in die falsche Richtung lenken, falls zu früh auf einen Einblick bestanden wird.

PRÄSENTATION


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04.3 Nun hast du etwas gesehen und möchtest deine Meinung und Eindrücke dazugeben. Vielleicht hast du etwas gesehen, was dir sehr gefällt und es ist alles super. Vielleicht gibt es aber auch etwas, was dich stört oder es ist noch nichts Richtiges dabei. Das ist kein Problem und ist alles Teil des Gestaltungsprozesses. Bei diesen Gesprächen ist es aber einfach sich in Details zu verlieren. Die goldene Regel dabei ist: Immer die Projektziele vor Augen halten! Deine Einsichten sind wichtig und deine Rückmeldung ist ein Bestandteil. Bringt das, was wir jetzt besprechen uns dem Ziel näher, oder haben wir uns in unwesentliche Einzelheiten verloren?

FEEDBACK

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Feedback


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Jetzt kommen wir zum Elefanten im Raum. Design wurde unter anderem auch beschrieben als jede Handlung, die eine bestehende Situation in eine bevorzugte Situation verwandelt (herb simon in The Sciences of the Artficial). Das heißt, alle Menschen »designen« irgendwann in ihrem Leben. Da der Designprozess zum größten Teil für den Rezipienten unsichtbar bleibt und Design in Büchern, Museen und auf der Straße in fast allen Fällen ohne Kontext – also ohne Bezug auf Auftragsbedingungen, Budget und Prozess – zu sehen ist, kann einem schnell suggeriert werden, dass das Designen einfach sei. Schließlich ist fast jeder gern kreativ und in unserer medialen Gesellschaft bedienen wir uns – mit Computern – dem gleichen Werkzeug. Deine Einsichten sind wichtig und notwendig für eine gute Zusammenarbeit und ein gutes Ergebnis, aber deine Gestaltungsvorschläge möglicherweise nicht so sehr. Ich werde mit dir brutal ehrlich sein – in den meisten Fällen wirken sie für das Erreichen des Zieles konterproduktiv.

FEEDBACK


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HALLO KUNDE

Fast jeder kann mit diesem Werkzeug umgehen.

FEEDBACK


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Genau wie diese Werkzeuge.

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Aber nicht jeder kรถnnte diesen Stuhl daraus machen.

FEEDBACK


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VERTRAUE UNS EINFACH.

VERTRAUEN


Wir Designer beruhen uns auf eine langwierige Ausbildung und viel praktische Erfahrung. Wir sind Professionelle, also vertraue uns einfach! Erinnerst du dich noch an die Küche von vorhin? Der Aufbau und die Montage sind im Preis inbegriffen, also brauchst du dich nicht daneben zu stellen, um Löcher vorzubohren und mitzuschrauben – dafür hast du uns bezahlt.

VERTRAUEN

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AN

DIE ZUSAM MEN ARBEIT!


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Der Designprozess ist keinen Regeln unterworfen und wird oft bei jeder neuen Herausforderung selbst neu designt. Jeder Designer arbeitet anders und jeder Designer hat andere Vorstellungen. Aber auch jeder Kunde wie du hat andere Arbeitsweisen und Vorstellungen. Design lebt von Vielfalt. Von daher sollen diese Wörter nicht als Rezept verstanden werden, sondern als kommunikative Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Hoffentlich hast du jetzt ein bisschen mehr Einsicht in die Designarbeit bekommen und der Kauz da drüben ein bisschen mehr Einsicht für deine Situation. Viel Spaß bei der Zusammenarbeit, frohes Schaffen und viel Erfolg!

AN DIE ZUSAMMENARBEIT!

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Bildnachweis

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SEITE 6 Claire Cessford flickr.com/photos/35137234@N06/

SEITE 11 Derek Key flickr.com/photos/derekskey/

SEITE 22 (NATURWISSENSCHAFTEN) Linda Tanner flickr.com/photos/goingslo/

SEITE 22 (GEISTESWISSENSCHAFTEN), Dirk W端stenhagen flickr.com/photos/dyrkwyst/

BILDNACHWEIS


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SEITE 49

Giuseppe Milo

Marcel Kl盲ber

flickr.com/photos/giuseppemilo/

www.marcelklaeber.de

SEITE 30

SEITE 55

Rota das Estrelas/Festival Gastron贸mico

Jens karlsson

flickr.com/photos/rotadasestrelas/

flickr.com/photos/chapter3/

SEITE 43

Sonstig verwendete Bilder sind Eigentum

Peter McConnochie

des Autors

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SEITE 26

flickr.com/photos/dougliz/

SEITE 48 Simon Szameitat simonszameitat.de

BILDNACHWEIS


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Danke

Jede Arbeit ist auf seine eigene Art und Weise kollektiv. Deshalb gibt es ein fettes Dankeschön an Susan Marr, Marcel Kläber und Steffi Höricke für die riesige Unterstützung.



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