HfH RedeflussKompass Mappe v3.0 inkl. Screeningbogen

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Version 3.0

Entscheidungshilfe für Eltern und Bezugspersonen bezüglich Abklärungs- und Beratungsbedarf bei Sprechunflüssigkeiten für Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren.

Wolfgang G. Braun, Prof., Jürgen Kohler, Prof. Dr.


RedeflussKompass 3.0 Der RedeflussKompass (RFK) 3.0 dient der Beurteilung von Sprechunflüssigkeiten bei Kindern im Alter von 2 bis 6 Jahren durch Eltern und Bezugspersonen (Tageseltern und Personen, die viel mit dem Kind zusammen sind).

Der RedeflussKompass 3.0 beantwortet die Frage, ob der Gang zum Kinderarzt oder eine Abklärung / Beratung bei einer Logopädin notwendig ist.

Sorgen wegen dem Sprechen oder der Sprache des Kindes? Sie machen sich wegen dem Sprechen oder der Sprache Ihres Kindes Sorgen? Das ist ein ausreichender Grund für ein Gespräch mit dem Kinderarzt, eventuell auch für eine Abklärung bei einer Logopädin. Nach dem Gespräch mit dem Kinderarzt bzw. der logopädischen Abklärung können Sie Ihre sorgenvollen Gedanken besser ordnen.

Wenn die Häufigkeit der Unflüssigkeiten für Sie als Bezugspersonen auffällig wird, dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen und hinzuhören.

Normale Unflüssigkeiten oder beginnendes Stottern? Sie haben den Verdacht, dass Ihr Kind stottern könnte oder beginnt zu stottern? Dann lesen Sie die folgenden Erklärungen zu den normalen Unflüssigkeiten und beantworten Sie die Fragen auf dem separaten Bogen. Alle Menschen sprechen unflüssig – mehr oder weniger. Manchmal müssen wir überlegen, ob das Wort, das wir sagen wollen, wirklich das Richtige ist und machen eine Pause vor dem Wort. Oder: Uns fällt ein Wort nicht ein und wir füllen die Pause mit einem mehr oder weniger lang gezogenen «ääähhhhm». Vielleicht merken wir in einem Satz, dass wir eigentlich etwas ganz anderes sagen wollten, brechen den Satz ab und fangen mit einem anderen Satz ganz neu an. Das ist völlig normal und fällt uns in der Regel gar nicht besonders auf. Wir würden es auch nie als Stottern bezeichnen. Junge Kinder im Spracherwerb machen so etwas gehäuft, weil sie noch nicht so viele Wörter gelernt haben. Sie sprechen schwierige Laute wie «s» und «sch» manchmal nicht richtig aus und sind sich teilweise nicht so sicher, wie man Sätze bilden muss.

Vielleicht sind auch Unflüssigkeiten dabei, die nicht zu diesen normalen Unflüssigkeiten gehören. Das heisst noch nicht, dass das Kind stottert, aber man sollte es dann im Auge behalten und eventuell einer Logopädin oder einem Kinderarzt vorstellen. Die Logopädin kann genauer feststellen, ob und zu welchem Anteil auffällige Unflüssigkeiten im Sprechen Ihres Kindes vorhanden sind. Ihr Kinderarzt kann die Notwendigkeit einer solchen logopädischen Abklärung genauer beurteilen. Eine Beratung und Abklärung kann, muss aber nicht in eine Therapie münden.


Folgende Tabelle gibt Ihnen einen kompakten Überblick über normale Unflüssigkeiten und beginnendes Stottern. Beobachtbare Symptome

Normale, entwicklungsbedingte Sprechunflüssigkeiten

Verstärkte Sprechunflüssigkeiten – beginnendes Stottern

Wiederholungen Wiederholungen einsilbiger Wörter («Ich – ich – ich muss dir was erzählen!»)

Wiederholungen mehrsilbiger Wörter («Ich hatte – hatte keine Angst beim Zahnarzt.»)

Satzteilwiederholungen («Ich kann – ich kann das nicht so gut.»)

Lautwiederholungen («A-a-a-aber ... ich bin jetzt dran!»)

Häufig mehr als zwei Silbenwiederholungen («Ich ma – ma – ma – ma – mache die Tür auf.»)

Dehnungen •

Vokaldehnungen von mehr als einer Sekunde Dauer («Ich kaaaaaaaaaann schon Rad fahren!») Pausen Stille Pausen zwischen einzelnen Wörtern/ Satzteilen zur inhaltlichen Planung («Wo ist ..... kannst du mir das geben?»)

Blockierungen mit sichtbarer Anstrengung, Mund oder Gesicht sind beim Hängenbleiben verspannt Begleitsymptome Vermeidung von Wörtern («Der wohnt in der Hundehü – hü – haus.»)

Verspannungen von Lippen, Gesicht, Hals in Verbindung mit der Unflüssigkeit

Mitbewegungen des Körpers in Verbindung mit der Unflüssigkeit

Aufbau und Durchführung Der separate Bogen der Entscheidungshilfe ist unterteilt in einen ersten und einen zweiten Teil. Es gibt Antworten zum Ankreuzen. Sie kreuzen die zutreffenden Antworten an und zählen am Ende die Punkte zusammen, die zu ihren Antwortkreuzen gehören. Es gibt eine Zwischenauswertung und je nach Ergebnis der Zwischenauswertung einen zweiten Teil mit Endauswertung. Insgesamt werden Sie nicht länger als 5 bis maximal 10 Minuten zur Beantwortung der Fragen benötigen. Wenn Sie den Bogen bearbeiten, erhalten Sie am Ende eine Empfehlung, ob der Gang zum Kinderarzt bzw. zur Logopädin angesagt ist. Sie gewinnen auch einen Eindruck von dem, was «auffällige» Unflüssigkeiten im Sinne des Stotterns sind.


Version 3.0

Vertrieb Download www.logopaedieundpraevention-hfh.ch Hardcopy www.hfh.ch/de/unser-service/shop

Kontakt kompasse@hfh.ch Forschungsprojekte «Prävention» und «Empirische Absicherung RedeflussKompass» HfH Zürich

HfH 2018 © Braun, Kohler

Die vorliegende überarbeitete dritte Version des RedeflussKompasses entstand im Rahmen von zwei Forschungsprojekten («Prävention in der Sprachent­ wicklung»: Leitung Prof. Dr. habil. Jürgen Steiner und Prof. Wolfgang G. Braun sowie «Empirische Absicherung RedeflussKompass»: Leitung Prof. Dr. Jürgen Kohler) an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich. Unterstützend war die Integration von Bachelorarbeiten der in den Projekten involvierten Studierenden. Besonderer Dank gilt Ursula Baumann und Manuela Boltshauser, welche Co-Autorinnen der Version 1.0 sind.


Entscheidungshilfe (Bogen) für Eltern und Bezugspersonen, um die Notwendigkeit einer genaueren Abklärung bei kindlichen Redeunflüssigkeiten zu bestimmen

Version 3.0

Persönliche Daten Name, Vorname:

Geburtsdatum:

Datum:

Erster  Teil: Nähere Betrachtung der Unflüssigkeiten Wiederholt das Kind einzelne Wörter oder Wortteile? Nähere Betrachtung

Beispiel

Antwort

Punkte

Wörter

«Aber aber aber der Teddy gehört mir.»

nie selten manchmal häufig

0 0 0 1

Wortteile

«Ich ma ma ma mache die Tür auf.»

nie selten manchmal häufig

0 0 1 2

Wenn das Kind  Wörter oder  Wortteile wiederholt, geschieht dies offensichtlich unfreiwillig.

Die Wiederholungen haben nicht den Sinn, das Gesagte besonders zu betonen, sondern geschehen gegen den Willen des Kindes

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3

Bei den unfreiwilligen Wiederholungen hat man den Eindruck, dass sich das Kind anstrengt.

Mund oder Gesicht sind beim Wiederholen verspannt. Sie haben das Gefühl, das Kind «kämpft» gegen die Unflüssigkeit an.

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3

Dehnt das Kind die Wörter oder Wortteile? Nähere Betrachtung

Beispiel

Antwort

Punkte

Es dehnt Wörter, weil es etwas bewusst betonen will.

«Neeeeiiiiinnnnn, das will ich nicht!»

nie selten manchmal häufig

0 0 0 0

Es scheint so, als ob die Dehnungen unfreiwillig geschehen.

«Ich kaaaaaaan das auch gut.»

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3

Wenn das Kind unfreiwillig dehnt, hat man den Eindruck, dass es sich anstrengt.

Mund oder Gesicht sind beim Dehnen verspannt. Sie haben das Gefühl, das Kind «kämpft» gegen die Unflüssigkeit an.

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3


Erster  Teil (Fortsetzung)

Macht das Kind bei einem Wort oder zwischen zwei Wörtern eine Pause? Nähere Betrachtung

Beispiel

Antwort

Punkte

Es macht eine Pause, weil es überlegen muss, was es sagen will oder wie es etwas sagen will.

«Wo ist ... kannst du mir das geben?»

nie selten manchmal häufig

0 0 0 0

Es scheint so, als ob die Pause unfreiwillig geschieht und das Kind «hängen bleibt», blockiert.

«Ich k ... kann gut schwimmen.»

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3

Wenn das Kind unfreiwillig «hängen bleibt», hat man den Eindruck, dass es sich anstrengt.

Mund oder Gesicht sind beim Hängenbleiben verspannt. Sie haben das Gefühl, das Kind «kämpft» gegen die Unflüssigkeiten an.

nie selten manchmal häufig

0 1 2 3

Summe Punkte im ersten Teil Keine Massnahme nötig Wiederholung der Entscheidungshilfe in drei Monaten Zweiten Teil der Entscheidungshilfe bearbeiten

0 – 1 Punkte 2 Punkte ab 3 Punkte

Zwischenauswertung Wenn Sie nun 3 Punkte gesammelt haben, sollten Sie noch die nachfolgenden Fragen des zweiten Teils beantworten. Bei 2 Punkten können Sie jetzt abbrechen und sollten die Entscheidungshilfe aber in 3 Monaten noch einmal bearbeiten. Bei 0 – 1 Punkten gibt es höchstwahrscheinlich keinen Grund, etwas wegen der Unflüssigkeiten zu unternehmen. Ausser Sie machen sich Sorgen, dann empfehlen wir eine Beratung.


Zweiter  Teil: Auffällige Unflüssigkeiten Im zweiten Teil wird von «auffälligen» Unflüssigkeiten gesprochen. Das bezieht sich auf die Unflüssigkeiten, die Sie im ersten Teil mit 1, 2 oder mehr Punkten bewertet haben. Nähere Betrachtung

Antwort

Wie lange beobachten Sie die auffälligen Unflüssigkeiten aus dem ersten Teil schon?

·· seit ein paar Tagen oder Wochen ·· seit ein paar Monaten ·· seit einem halben Jahr ·· seit mehr als einem halben Jahr

Hat sich, seit Sie die auffälligen Unflüssigkeiten beobachten, etwas verändert?

·· Die Unflüssigkeiten waren zu Beginn häufiger und haben mit der Zeit abgenommen. ·· Die Häufigkeit der Unflüssigkeiten hat sich seit ihrem Auftreten nicht verändert. ·· Die Unflüssigkeiten waren zu Beginn weniger häufig und haben seither zugenommen. ·· Die Unflüssigkeiten und die einhergehende Anstrengung waren zu Beginn weniger und haben mit der Zeit deutlich zugenommen.

Wie reagiert das Kind auf die Unflüssigkeiten?

Wie reagieren Sie (als nahe Bezugsperson) auf die Unflüssigkeiten?

·· Es bemerkt die Unflüssigkeiten gar nicht. ·· Es bemerkt die Unflüssigkeiten, aber macht nichts Grossartiges daraus. ·· Es bemerkt die Unflüssigkeiten und reagiert emotional (z. B. Ärger, Wut, Scham). ·· Sie machen sich keine Sorgen wegen den Unflüssigkeiten. ·· Sie machen sich zwar keine Sorgen, sind aber wegen der Unflüssigkeiten verunsichert. ·· Sie machen sich Sorgen wegen der Unflüssigkeiten: Es könnte sich um Stottern handeln.

Wie reagiert das weitere Umfeld (Verwandte, Freunde, Nachbarn usw.) auf die Unflüssigkeiten?

·· Das weitere Umfeld macht sich keine Sorgen wegen den Unflüssigkeiten. ·· Das weitere Umfeld macht sich Sorgen wegen der Unflüssigkeiten und äussert den Verdacht auf Stottern.

Wie reagieren andere Kinder auf die Unflüssigkeiten?

·· Andere Kinder scheinen die Unflüssigkeiten gar nicht zu bemerken. ·· Andere Kinder reagieren auf die Unflüssigkeiten negativ (z. B. fordern das Kind ungeduldig auf, «richtig» zu sprechen oder hänseln es wegen der Unflüssigkeiten).

Punkte 0 1 2 3 0 1 2 3 0 1 3 0 2 3 0 1 0 2

Summe Punkte zweiter Teil Zweiter Teil gesamt

Punkte

Gesamtpunktzahl beide Teile Summe Punkte erster Teil

Punkte

Summe Punkte zweiter Teil

Punkte

Gesamtpunkte Zahl beide Teile

Punkte

Empfehlungen zu den Auswertungen auf nächster Seite è


Welche Empfehlungen ergeben sich aus den Gesamtpunkten beider  Teile?

Keine Massnahme notwendig

bis 3 Punkte

Entwicklungsbeobachtung und Wiederholung der Entscheidungshilfe nach 3 Monaten

4 Punkte

Weiterweisung zu einem Kinderarzt oder zu einer Logopädin

ab 5 Punkte

Je höher die Gesamtpunktzahl beider Teile, desto dringlicher erscheint eine weitere Abklärung. Falls Sie eine Logopädin aufsuchen oder einen Kinderarzt auf die Unflüssigkeiten ansprechen, nehmen Sie die ausgefüllte Entscheidungshilfe mit. Sie kann eine Grundlage für das Gespräch mit der Logopädin oder dem Kinderarzt sein.

HfH 2018 © Braun, Kohler

Notizen


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