Lotta und die Tierkinder - 9783865917409

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Inhalt Lotta und das Katzenwunder ............... Seite 4 Der Affenschreck .................................. Seite 8 Lotta im Seelöwen-Zirkus ................... Seite 12 Tacco, das Guanako ............... Seite 16 (Eis)Bärenhunger ........................... Seite 20 Löwen und die liebe Zeit ...................... Seite 24 Das kleine Erdmännchen .................. Seite 28 Schock im Streichelzoo ..................... Seite 32 Ein Igel im Krankenwagen .................... Seite 36 Kängurus und Gummibärchen .................... Seite 40 Die Insel der Schwäne ....................... Seite 44 Stärker als ein Elefant .................... Seite 48 Tiger und der Tierarzt ................................. Seite 52


Der Affenschreck Lotta freut sich. Sie darf mit Papa zusam-

Sein Fell ist ganz weich an Lottas Hals. Puh,

men zur Abendfütterung in den Affenkäfig

geschafft. Schnell öffnet sie die Tür des Affen-

gehen. Das macht ganz viel Spaß. Die Affen

hauses. Dann läuft sie durch den Raum, in dem

kennen sie schon. Lotta kommt ja öfters hier-

das Futter liegt, und gleich durch die Tür nach

her. Aber heute hat sie etwas Besonderes vor.

draußen. Gut, dass ihr Vater ihr den Rücken

Und das ist etwas ganz Geheimes. Papa darf es

zudreht, sonst hätte er vielleicht doch den

nicht wissen. Heute wird sie nämlich Nuckel,

kleinen Affen auf ihrem Arm bemerkt. „Papa“,

den kleinsten Affen, heimlich mit nach Hause

ruft sie, „ich warte draußen auf dich, okay?“

nehmen. Er darf heute in ihrem Kinderzimmer

„Ja“, sagt er. „Aber nicht allein nach Hause

schlafen. Sie hat schon alles vorbereitet. Der

gehen, ich komme gleich.“ – „Ist gut“, antwor-

pinkfarbene Puppenwagen steht vor der Tür

tet Lotta. Sie hat schon einen Plan. Wenn Papa

des Affenhauses. Darin wird sie ihn nach Hau-

aus dem Affenhaus kommt, wird sie gleich mit

se fahren. Lotta weiß, dass es streng verboten

ihrem Puppenwagen loslaufen – immer so weit

ist, ein Tier aus dem Gehege zu nehmen. Des-

vor Papa her, dass er den kleinen Affen nicht

halb will sie es heimlich tun. So, jetzt, schnell!,

sehen kann. „So, Nuckel, das ist dein Pup-

denkt sie. Papa holt gerade das kleingeschnit-

penwagen, öh, ich meine natürlich Affenwa-

tene Futter für die Tiere. Die Affen turnen an

gen. Setz dich mal schön rein, ich fahre dich“,

ihren Kletterseilen herum. Sie schreien und

erklärt sie dem kleinen Affen. Aber, oh weh,

fiepen um die Wette.

Nuckel zittert ja und macht so komische Töne.

„Komm, mein kleines Nuckelchen“, sagt

„Du brauchst keine Angst zu haben“, tröstet

Lotta. „Komm, du darfst heute bei mir schla-

Lotta ihn flüsternd. „Ich bin doch bei dir.“

fen.“ Der kleine Klammeraffe kennt Lotta

Vorsichtig nimmt sie seine kleinen Affenarme

schon. „Komm mal zu mir, Nuckelchen“, lockt

von ihrem Hals und versucht, ihn in den

sie ihn und hockt sich hin. Und wirklich, der

Puppenwagen mit den schönen gelben Kissen

Kleine legt seine Affenarme um ihren Hals und

zu legen. Aber der kleine Affe zittert am ganzen

klammert sich an sie. Er riecht irgendwie süß,

Körper. Lotta streichelt sein weiches, rotbrau-

aber es beißt auch ein bisschen in der Nase.

nes Fell. „Was hat er nur?,“ fragt sich Lotta.

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„Ich bin doch bei ihm.“ Endlich sitzt der kleine Affe im Puppenwagen. Doch er sieht gar nicht fröhlich aus. Hm, so hatte Lotta sich das nicht vorgestellt. Und nun hört sie auch schon Schritte. Ob das Papa ist? Schnell schiebt Lotta den Puppenwagen vor sich her. „Ich laufe schon mal vor“, ruft sie. – „Ist gut“, antwortet Papa. „Aber nicht so weit, Lotta, nur so, dass ich dich noch sehen kann.“ Lotta ist fürchterlich aufgeregt. Ob ihr Plan klappen wird? „Mein kleines Äffchen“, plappert sie vor sich hin, „du darfst heute mit meinen Kuscheltieren spielen. Und in meinem Zimmer rumtoben.“

Wo ist Nuckel?

Lotta schiebt den Wagen vor sich her. Doch

auf einmal – oh nein, was ist das denn? – zieht der kleine Affe sich am Rand des Puppenwagens hoch und springt aus dem Wagen. Lotta bekommt so einen Schreck! „Nuckel, was machst du denn? Komm sofort her!“, ruft sie. Aber, oh Schreck, der Affe ist nicht mehr in der Nähe. Nuckel ist nirgends zu sehen. Jetzt bekommt sie Angst. Was soll sie nur tun? Wo ist Nuckel? Ihm wird doch nichts passieren? Er ist noch so klein. Lotta kommen die Tränen. Sie bleibt mit ihrem Puppenwagen mitten auf dem Weg stehen und weint. Hätte ich Nuckel doch nicht mitgenommen, denkt sie. Plötzlich spürt Lotta Papas Arme um sich. 10


„Was hast du denn, Lotta?“, fragt er. – „Ja, ich,

„Bist du sehr böse?“, fragt sie leise. „Du, ich

ich habe ... “, schluchzt Lotta. „Ich weiß ja, das

mach das nicht nochmal, bitte entschuldige.“

ich das gar nicht machen darf, aber ich habe den kleinen Affen …“

„Ja, Lotta, das darfst du wirklich nie mehr tun“, sagt Papa. „Stell dir mal vor, der Affe wäre

Plötzlich hören Papa und Lotta ein Ge-

über den Zaun in den Löwenkäfig geklettert.“

räusch. „Ja, was ist das denn?“, fragt Papa er-

„Ja, Papa“, murmelt Lotta. „Ich mache so

staunt. „Das ist doch ein Affe. Wie kommt der

etwas nie wieder. Sollen wir uns jetzt wieder

denn hierher?“ Lotta legt den Kopf schief. „Ich,

vertragen?“ – „Na klar“, antwortet Papa.

ich hatte ihn im Puppenwagen und da …“

Lotta ist so froh, dass Nuckel wieder bei

„Lotta, das gibt es doch nicht“, sagt Papa er-

seiner Affenmama im Käfig ist. Trotzdem ist sie

schrocken. „Du weißt doch, dass du das nicht

noch ganz aufgeregt. Als sie am Abend im Bett

darfst. Darüber reden wir noch. Das war über-

liegt, deckt Papa sie zu. „Nun schlaf gut, Lotta“,

haupt nicht gut. Jetzt bringen wir erst mal den

sagt er. Aber Lotta kann nicht einschlafen. Sie

Kleinen hier zu seiner Mutter. Guck doch mal,

muss immer an den kleinen Affen denken und

wie er zittert. Er braucht doch seine Mama.“

an ihre Angst, als er weg war. Sie muss sogar

Papa läuft sehr schnell und Lotta muss sich

ein bisschen weinen. Wäre doch Mama da.

anstrengen, um mitzukommen. In ihrem Her-

Sie will ihre Mama. Genauso wie Nuckel seine

zen ist sie gleichzeitig traurig und froh. Trau-

Affenmama brauchte. „Mama“, weint sie leise

rig, weil alles schiefgegangen ist. Und froh, weil

vor sich hin. Aber Mama ist nicht da, um sie zu

Nuckel wieder da ist.

trösten. „Lieber Gott, meine Mama ist nicht da.

Im Affenkäfig ist was los! Nuckels Mama

Den ganzen Tag bin ich im Kindergarten und

macht ganz aufgeregte Töne und springt im

abends sind Papa und ich ganz allein. Kannst

Käfig hin und her. Bestimmt hat sie ihr Kind

du mir helfen?“, betet sie. Plötzlich merkt Lotta,

vermisst. Papa lässt Nuckel los. Da rennt der

dass sie in echt gar nicht allein ist. Gott ist doch

Kleine blitzschnell zu seiner Mama und klam-

da. Es wird plötzlich ganz ruhig in ihr, obwohl

mert sich fest an sie. In ihren Armen sieht

kein Mensch bei ihr ist. Sie fühlt sich innen

er fast so aus, als ob er lächeln würde. Ja, er

drin irgendwie besser, nicht mehr allein.

brauchte wohl nur seine Mama, damit er keine

„Du bist aber ein guter Tröster, lieber Gott“,

Angst mehr hatte. Auf dem Rückweg nimmt

sagt sie noch ganz leise und schon ist sie einge-

Lotta Papas Hand.

schlafen. 11


Ein Igel im Krankenwagen Lotta hat heute richtig viel zu tun. Sie ist mit

Nanu, was ist das denn? Lotta sieht etwas

ihrer grünen Kinderschubkarre unterwegs und

kleines, braunes, stacheliges. Sie fegt mit der

sammelt Zweige auf. Gestern war nämlich so

Hand die Blätter zur Seite. Das gibt es doch

viel Wind, dass einige Zweige von den Bäumen

nicht. Da liegt ja Pieksi ganz allein mitten auf

abgerissen wurden. Auch heute ist es noch

der Wiese. Die kleinen Augen sind fast ge-

etwas windig. Es riecht sogar ein bisschen

schlossen. Was macht der denn hier so alleine?

nach Regen. Papa hat Lotta geholfen, ihre roten

Der Igel sieht krank aus. Lotta muss ihm hel-

Locken zu einem Pferdeschwanz zu binden,

fen. Schnell zieht sie ihre Kinder-Tierpfleger-

damit die Haare ihr nicht so ins Gesicht fliegen.

Handschuhe an. Denn sie weiß, dass man

Trotzdem kitzeln einige Löckchen ihr Gesicht.

kranke Tiere nicht einfach so anfassen darf.

So, jetzt hat sie schon einen kleinen Haufen

Es könnte sein, dass man sonst auch eine

Zweige zusammengetragen. Sie möchte

Krankheit bekommt. Sanft streicht sie über

nämlich, dass die Igel ein schönes Versteck

den Rücken des kleinen Igels. Pieksi rollt sich

bekommen. Auf einer Wiese in der Nähe des

ein bisschen zusammen. Auf einmal kreischt

Giraffengeheges hat Lotta eine Igelfamilie

er vor Angst: ÄÄÄHHH. Fast sieht er jetzt aus

entdeckt. Und weil sie weiß, dass Igel sich

wie ein kleiner stacheliger Ball. Aber er bleibt

immer gern verstecken, will sie ihnen ein Haus

einfach so liegen und läuft nicht weg.

aus Zweigen bauen. Igel sind scheu. Aber Lotta hat sich in den

Nun weiß Lotta: Da stimmt etwas nicht. Gesunde Igel verstecken sich nämlich, wenn

letzten Tagen manchmal ganz still ins Gras

sie denken, dass sie in Gefahr sind. Was soll

gesetzt und sie beobachtet, wenn sie unter die

Lotta nun tun? Sie überlegt. Und plötzlich weiß

Hecke gekrochen sind. Besonders der kleine

Lotta, was zu tun ist. Sie legt Laubblätter in ihre

Igel gefällt ihr gut. Lotta hat ihn Pieksi genannt,

Schubkarre und setzt Pieksi vorsichtig hinein.

weil er lustige kleine Stacheln hat.

Nun hat er ein weiches Bett.

Ganz nah an der Hecke legt sie Zweige

„Pieksi“, sagt sie, „die Schubkarre ist dein

aufeinander und baut eine Versteckhöhle.

Krankenwagen. Ich bringe dich zum Tierarzt.

Nun sammelt sie noch einige Blätter auf.

Der kann dir bestimmt helfen.“

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Auf zu Doktor Wolf!

Schnell sagt sie Papa Bescheid. Papa lobt sie:

„Lotta, du bist ja eine richtige Tierpflegerin. Du hast erkannt, dass Pieksi krank ist. Doktor Wolf kann ihm bestimmt helfen.“ Lotta fasst die Griffe ihrer Schubkarre. Als sie losfährt, kreischt Pieksi wieder. ÄÄÄHHHH. „Pieksi, ich bringe dich zu Doktor Wolf. Du brauchst keine Angst zu haben. Er ist kein echter Wolf. Er heißt nur Wolf. Ja, mein kleiner Igel. Gleich geht es dir besser.“ Lotta ist richtig aufgeregt. „Jesus“, betet sie, „bitte mach, dass der Tierarzt noch da ist. Und dass er Pieksi helfen kann.“ Es ist schon spät und langsam wird es draußen etwas dunkel. Aber, oh, das ist gut, in den Tierarzträumen brennt noch Licht. Lotta klopft an die Tür. Doktor Wolf öffnet. Er schaut in die Schubkarre. „Ja, was haben wir denn da für einen Patienten? Einen kleinen Igel!“, ruft er. „Lotta, hast du ihn gefunden? Na, dann legen wir ihn mal auf den Untersuchungstisch.“ Vorsichtig nimmt er Pieksi mit beiden Händen aus der Schubkarre. Der kleine Igel zittert. Im Raum riecht es nach Pfefferminz und Arznei. Doktor Wolf untersucht Pieksi. „Lotta, gut, dass du mir den Igel gebracht hast. Er hat keine ansteckende Krankheit, und er beißt dich auch nicht. Dazu ist er zu schwach und ausgekühlt. Wir müssen ihn dringend wärmen. Und dann braucht er einen Brei, den ich ihm anrühre. 38


Weißt du was, Lotta, ich glaube, du hast den

Hand. Sie hält ihre Hand schräg, so dass der

Igel gerettet. Ohne dich wäre er wahrscheinlich

Igel halb sitzend trinken kann. „So“, sagt Doktor

gestorben.“ Der Tierarzt hält das Tier an den

Wolf, „und nun kannst du ihm von der Seite aus

Hinterbeinen etwas hoch und Lotta befühlt

immer wieder ein Tröpfchen von seinem Brei

das weiche Fell am Bauch des Igels. Tatsäch-

aus der Spritze in sein Mäulchen tropfen.“

lich, sein Bauch ist richtig kalt. Der Arzt füllt

Lotta spürt die Stacheln in ihrer Hand. Es piekt

eine kleine Wärmflasche mit warmem Wasser.

ein bisschen. Aber nicht so stark. Vielleicht, weil

„Fühl mal, Lotta, die Wärmflasche darf nicht

der Igel noch so klein ist. Ganz langsam hält sie

zu heiß sein.“ Lotta legt ihre kühlen Hände auf

die Öffnung der Spritze an das kleine Mäulchen.

die Wärmflasche. Sie fühlt sich richtig schön

Es öffnet sich ein wenig und Lotta drückt das

warm an. Nun darf sie Pieksi auf das Handtuch

erste Tröpfchen ins Maul des Igels. „Gut machst

über der Wärmflasche legen. Der kleine Igel

du das!“, lobt Doktor Wolf. „Mach so weiter, im-

sieht wirklich ziemlich dünn aus und hat nun

mer schön langsam, damit der Kleine sich nicht

die Augen geschlossen. „Lotta, kannst du ein

verschluckt.“ Lotta schaut den kleinen Igel an.

bisschen bei dem Igel bleiben?“ Lotta nickt.

Sie möchte am liebsten ganz lange nur hier sitzen

Sie zieht sich einen Stuhl neben den Untersu-

und ihm das Futter eintröpfeln. Ich habe ihn

chungstisch und beobachtet den kleinen Igel.

gerettet, denkt sie glücklich. „Danke, Jesus,

Bald öffnet sich die Tür wieder. Doktor Wolf

dass du mir dabei geholfen hast“, betet sie leise.

kommt mit einer Spritze in der Hand in den

„Ich bin so froh, dass du alle Tiere kennst.

Untersuchungsraum. Lotta schaut ihn erschro-

Ich glaube, du kennst nicht nur alle Tiere, son-

cken an. „Du gibst aber dem kleinen Igel keine

dern auch jedes Kind und kümmerst dich um

Spritze, oder?“ – „Nein, Lotta. Schau mal, an

uns. Du weißt sogar, wo wir sind, wenn wir

dieser Spritze ist keine Nadel. Ich habe einen

uns versteckt haben. Danke, dass du uns helfen

Brei angerührt, der dem Igel hilft, kräftig zu

kannst, wenn wir Hilfe brauchen. Danke für

werden. Der ist in der Spritze. Traust du dich,

Doktor Wolf und auch für die anderen Ärzte.

ihn damit zu füttern? Er hat ja so ein kleines

Aber du bist der beste Arzt.“ Irgendwann ist

Maul, er kann immer nur ein paar kleine Tröpf-

die Spritze leer. Und nun – oh, ist das schön! –

chen schlucken.“ Lotta nickt. Doktor Wolf zeigt

öffnet der kleine Igel sein Maul und gähnt.

ihr, wie sie den Igel halten kann. Pieksi liegt

Das sieht fast aus, als ob er lacht. „Gute Nacht,

nun mit dem Rücken nach hinten in Lottas

Pieksi“, flüstert Lotta und lächelt. „Schlaf gut.“ 39


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