Insight201102

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Insight } Forschung: SAMPLE– Forschung am Kontinentrand

Ausgabe 02/11

} Success-Story: Geotechmarket nimmt Fahrt auf

} Medien: Der richtige Umgang mit Journalisten

} Interview: Über die Kooperation von Forschung und Industrie

SAMPLE – ein Parade-Beispiel für interdisziplinäre Forschung Ein Gastbeitrag von Prof. Michael Weber (GFZ, Potsdam)

schichte der Region. Die Wechselwirkung zwischen Klimavariation und tektonischen Prozessen ist dabei von besonderem Interesse. Neben den Variationen im Niederschlag bestimmen Hebungs- oder Senkungsvorgänge der Landmassen die Abtragungsrate. Wie diese Wechselbeziehung im Detail funktioniert und welche quantitativen Anteile die einzelnen Prozesse haben, zeigen Analysen von Sedimentkernen und seismische Daten. Der Eintrag von Sediment in den Südatlantik hat zudem Auswirkungen auf die marinen Strömungsmuster der Region. Wie sich ... Fortsetzung im Innenteil

Ryberg, GFZ, Potsdam

Der Südatlantik steht im Mittelpunkt des DFG-Schwerpunktprogramms SAMPLE (SPP 1357: South Atlantic Margin Processes and Links with onshore Evolution). Hier, wo sich vor 200 Millionen Jahren ein neuer Ozean auftat, werden die Wechselwirkungen zwischen Tektonik, Klima, Sedimentation und Meeresströmung interdisziplinär untersucht. Aktiv sind dabei Forscher des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ), der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), des Alfred Wegener Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) und des Leibniz Instituts für Marine Wissenschaften (IfM-GEOMAR) sowie verschiedener Hochschulen beteiligt. Ein wichtiger Forschungsaspekt ist die Untersuchung dynamischer Prozesse im Erdmantel. Informationen über die Zusammensetzung und die Aufstiegsmechanismen des Magmas sind essentiell, um das Auseinanderbrechen von Gondwana und damit die Entstehung des Atlantik zu verstehen. Bis heute geben aufgeschlossenes Krustenmaterial und verschiedene Hot Spots im Südatlantik noch einige Fragen diesbezüglich auf. Zudem werden die Strukturen der Erdkruste und des oberen Erdmantels untersucht. Die quantitative Erfassung der Lithologie, Stratigrafie und Struktur der heutigen Küstengebiete in einem 3DModell soll bei der Rekonstruktion der erdgeschichtlichen Entwicklung helfen. Die Abtragung von Gesteinen an Land und der Transport der so entstehenden Sedimente geben einen Einblick in die Klimage-


Liebe Programm-Partner von GEOTECHNOLOGIEN,

im FuE-Programm soll demnächst das Thema »System Erde –Leben« angegangen werden. Bereits in der Konzeptschrift »Zukunftssicherung für Mensch und Erde« wurden die wichtigsten Fragestellungen hierzu erörtert. Um nun aber gezielt über Ideen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Themas zu diskutieren, trafen sich Anfang Mai am MARUM in Bremen über 20 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen und Institute. Bei dem Rundgespräch ging es u.a. um die sehr unterschiedlichen, teilweise sehr extremen Habitate. Viele Prozesse laufen im Grenzbereich zwischen der Geo- und Biosphäre ab und sollen nun gezielt erforscht werden, da sie für das Verständnis der Erde als System essentiell sind. In diesem Zusammenhang muss natürlich auch der anthropogene Einfluss auf die verschiedenen Prozesse verstanden und bewertet werden, um ein nachhaltiges, verantwortungsvolles Handeln zu ermöglichen. Derzeitig wird eine Ausschreibung durch das BMBF mit den am Rundgespräch beteiligten Wissenschaftlern vorbereitet. Über die öffentliche Bekanntmachung werden wir Sie selbstverständlich rechtzeitig informieren.

Ihre Ute Münch

Impressum: Koordinierungsbüro GEOTECHNOLOGIEN, Telegrafenberg, 14473 Potsdam, Deutschland, Tel.: +49 (0)331 288 1071, www.geotechnologien.de, Dr. Ute Münch (VisdP) Das Forschungs- und Entwicklungsprogramm GEOTECHNOLOGIEN wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Der Newsletter ist in Deutsch und Englisch in unserem Download-Bereich zu erhalten. Er erscheint zweimal im Jahr. Sollten Sie kein Interesse an der Zusendung haben, schicken Sie uns eine Mail an: info@geotechnologien.de Bildnachweise Header (v. l. n. r.): SAMPLE-SPP.de, H. J. Boldt, J. Glass, clix Ausgabe: 2/2011

Technologietransfer bekommt Schwung – Abschlussförderung ist ein wertvolles Instrument Die Abschlussfinanzierung für die Vermarktung von vielversprechenden technischen Neuentwicklungen aus den GEOTECHNOLOGIEN hat überzeugt und wird auch im Forschungsschwerpunkt »Mineraloberflächen« ermöglicht. So konnten sich bislang schon zwei Projekte erfolgreich um die zusätzlichen Finanzmittel bewerben. Mit der Förderung müssen Forschungsergebnisse zu marktfähigen Prototypen weiterentwickelt werden, um sich im industriellen Maßstab zu bewähren. Bereits zum 2. Mal ermöglicht das BMBF diese Förderung. Zuvor nutzten drei Projekte des Themenschwerpunktes »Frühwarnsysteme« die finanzielle Unterstützung, um ihre jeweiligen Technologien zu optimieren und mit Industriepartnern weiter zu entwickeln sowie für neue Anwendungsmöglichkeiten zu adaptieren. Die Technologieplattform Geotechmarket unterstützte die Projekte u.a. mit Marktrecherchen und der Vermittlung passender Industriepartner. Es wurden beispielsweise Informationsflyer erstellt sowie potentielle Anwender auf Industriemessen identifiziert und kontaktiert. Die schnelle und frühzeitige Vernetzung hilft anschließend, die von den Unternehmen formulierten Erwartungen und Anforderungen in den vorindustriellen Produktionsprozess zu integrieren. So wurden Sensorsysteme, die zum Monitoring von Hangrutschungen entwickelt wurden, beispielsweise an die Anforderungen zur Überwachung einer Schiffshebeanlage angepasst. Erste Testreihen zeigen, dass sich die Erwartungen auf Anwenderseite erfüllen. Auch die in den »Mineraloberflächen« entwickelten Technologien und Forschungsergebnisse sollen nun ihre Markttauglichkeit beweisen. Sofern auch diesmal diese Finanzmittel das gesteckte Ziel erreichen helfen, wäre es wünschenswert, diese Fördermöglichkeit des BMBF in den GEOTECHNOLOGIEN zu etablieren. ¢

... Fortsetzung Bericht SAMPLE regionale und überregionale Strömungen verändert haben, wird von einer weiteren Fokusgruppe untersucht. Details und aktuelle Einblicke in die Forschung im SPP 1357 finden Sie auf der Webseite www.sample-spp.de. Die Kenntnis über die verschiedenen geologischen Prozesse entlang von Kontinentalrändern ist von enormer Bedeutung, da sich hier oftmals wichtige Rohstoffe finden. Zudem kommt es in diesen Regionen verstärkt zu Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis und Erosionsschäden. In den GEOTECHNOLOGIEN wurden diese Aspekte deshalb sowohl vom BMBF und der DFG als auch von der EU gefördert. ¢


NACCHO

PD Dr. Cornelius Fischer

Who is Who – Nachwuchs in der Forschung In dieser Ausgabe von Insight stellen sich Koordinatoren von Nachwuchsgruppen vor. Sie leiten die jeweiligen Verbundprojekte mit großem Erfolg.

habilitierte in diesem Jahr an der Universität Göttingen und leitet derzeit eine Nachwuchswissenschaftlergruppe im Rahmen des GEOTECHNOLOGIEN Schwerpunktes »Mineraloberflächen«. Zuvor untersuchte er als Feodor-LynenStipendiat der A. v. Humboldt-Stiftung an der Rice University (Houston) kinetische Aspekte der Gesteinsverwitterung. Jetzt setzt er als Adjunct Assistant Professor diese Forschungskooperation fort. Im Fokus der laufenden Untersuchungen steht die Reaktivität rauer, strukturierter Mineral- und Gesteinsoberflächen gegenüber Kolloiden. Die Ergebnisse besitzen einerseits einen Anwendungsbezug, bspw. für die Prognose des Rückhalts kolloidgebundener Schadstoffe an Gesteinsoberflächen. Andererseits liefern diese Arbeiten auch Impulse für die Grundlagenforschung, insbesondere bei der Untersuchung von Diageneseprozessen. ¢

Dr. Simone Cesca hat sein Studium der Physik an der Universität Mailand (Italien) abgeschlossen. Im Jahr 2005 promovierte er an der Universidad Complutense Madrid (Spanien). Im Folgenden arbeitete er als Wissenschaftler an der Universität Hamburg und bei der BGR Hannover. Im Rahmen seiner Forschung beschäftigte er sich hauptsächlich mit der Entwicklung und Anwendung von Inversionsalgorithmen für tektonische, vulkanische und induzierte Erdbeben. Seit Juli 2010 leitet Herr Dr. Cesca die Nachwuchsgruppe MINE im Rahmen des GEOTECHNOLOGIEN Programms »Tomographie des nutzbaren Untergrundes«. Inhalt des MINE Projekts ist die Entwicklung und Implementierung von Verfahren zur kontinuierlichen Wellenformanalyse und Inversion zur Überwachung und Charakterisierung von Minenregionen, Bergbau und Reservoiren mit dem Ziel der Verfolgung von kleinskaligen Schwächungszonen und Spannungsänderungen. ¢

Dr. Kilian Pollok ist Mineraloge und Nachwuchsgruppen-Leiter des GEOTECHNOLOGIEN Projektes MIMOS am Bayerischen Geoinstitut in Bayreuth. Nach seiner Promotion an der Universität Münster im Jahr 2005 arbeitete er bis 2008 am Institut für Geowissenschaften der Universität Jena. MIMOS untersucht den Einfluss der Mikrostruktur auf die Alteration von Sulfiden. Ziel ist es, die Freisetzung und Mobilität von toxischen Elementen aus Sulfiden besser zu verstehen. Schwerpunkte bilden die Charakterisierung von Kristallstrukturen, Grenzflächen und Nanopartikeln mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie und die Rolle von Mikroorganismen auf die Sulfidverwitterung. Ab Mitte 2011 wird Dr. Pollok seine Tätigkeit am Lehrstuhl für Analytische Mineralogie der Mikro- und Nanostrukturen der Universität Jena fortsetzen. ¢

GEOTECHNOLOGIEN im Social Web Das FuE-Programm GEOTECHNOLOGIEN ist seit dem 1. Juni nun auch via Facebook erreichbar. Neueste Informationen und Termine aus den Geowissenschaften, aber auch Diskussionen und die Kommentare der Nutzer werden helfen, die Forschung und Entwicklung in den Verbundprojekten des Programms noch transparenter für die Öffentlichkeit zu machen. Verlinkungen zu aktuellen Neuigkeiten sowohl von deutschen wie auch internationalen Partnern und Organisationen werden den »Freunden« helfen, sich schneller und umfangreicher über das aktuelle Geschehen in der Geo-Community zu informieren.


Museum Karlsruhe, E. Harms

MESSEP RÄSENZ

INTERGEO

Führungen für Schulklassen, »Die Erde im Visier« in Karlsruhe

Die Erde im Visier – ein Zwischenbericht Die ersten zehn Monate der Tournee zeigen bereits, dass sich die aktuelle Wanderausstellung »Die Erde im Visier« nahtlos in die erfolgreiche Serie der Ausstellungsprojekte des Koordinierungsbüros GEOTECHNOLOGIEN einfügt. Die neue Schau mit Exponaten aus der Satellitentechnik, Hands-

on-Objekten aus der Forschung und faszinierenden Fotografien und Visualisierungen hatte allein am ersten Standort in München über 80.000 Besucher. Die Ausstellung ist noch bis zum 28. August 2011 im Museum für Naturkunde in Karlsruhe zu sehen. Anschließend wird sie vom 16. September 2011 bis 15. April 2012 in der Sternwarte Bochum gezeigt, bevor sie dann nach Kiel und Chemnitz zieht. www.die-erde-im-visier.de ¢

Wissenschaftliche Aussendarstellung Wichtige Erkenntnisse und spannende Themen werden sowohl auf Projekt-Webseiten als auch bei GEOTECHNOLOGIEN präsentiert. Das Koordinierungsbüro bietet Ihnen beim Aufbau Ihrer Webseiten gerne Unterstützung an. Mail an: geotech@geotechnologien. de ¢

Kalender }

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4.- 7. September »Fragile Earth« in München GEOTECHNOLOGIEN Session, Vortrag zur Öffentlichkeitsarbeit, Informationsstand GEOTECHNOLOGIEN

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11. Oktober 2011 Satusseminar »Weltraum« Phase III, Universität Stuttgart

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16. September Ausstellungseröffnung »Die Erde im Visier« in der Sternwarte Bochum

11.-13. Oktober aqua alta Messe in Hamburg, Präsentation des Sensorsystems alpEWAS

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20.- 21. September Satusseminar »CO2« Phase II, Deutsches GeoForschungsZentrum, Potsdam

22. Oktober Lange Nacht der Wissenschaften, Erlangen, Informationsstand GEOTECHNOLOGIEN

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5.-9. Dezember AGU Fall Meeting, u.a. »Earth Science Communication in a Changing Media Landscape«, Deadline für Abstracts 4. August 2011

} 27.- 29. September INTERGEO in Nürnberg Beitrag zur Satellitentechnologie

Auf der INTERGEO in Nürnberg wird GEOTECHNOLOGIEN sich in Form einer Videoinstallation und Informationstafeln u.a. zu den Satellitenmissionen CHAMP, GRACE, GOCE und SWARM beteiligen. ¢

aqua alta Zwischen dem 11. und 13. Oktober 2011 präsentiert Geotechmarket auf der internationalen Fachmesse für Klimafolgen, Hochwasserschutz und Wasserbau aqua alta in Hamburg das innovative GNNS-System, das im Rahmen des Projektes alpEWAS (TU München) entwickelt wurde. Die Messepräsenz ist ein wichtiger Schritt, um über die Überwachung von Fluss- und Küstendeichen mit Hilfe von Sensorsystemen zu berichten. ¢

Lange Nacht der Wissenschaften Die lange Nacht der Wissenschaften oder auch ähnliche Veranstaltungen stoßen auf zunehmendes Interesse bei der Bevölkerung. Sofern Sie Ihr GEOTECHNOLOGIEN Projekt präsentieren wollen, unterstützen wir Sie gerne bei der Vorbereitung bzw. beteiligen uns bei Bedarf an Ihrer Präsentation/ Stand. Mail an: geotech@geotechnologien. de ¢


GEOTECHNOLOGIEN im Gespräch … mit Dr. Rolf Becker wicklung eines kostengünstigen Sensors für Bewässerungsaufgaben, was durch die Hochschule Mannheim mit einer Diplomarbeit unterstützt wurde. Ein anderes Vorhaben mit der Universität Hohenheim hatte die Entwicklung eines Feuchtesensors zum Ziel, der wie ein Pflug durch den Acker gezogen werden kann. Sie sehen also, dass in diesen Beispielen die Abgrenzungen und Unterschiede zwischen FuE an Hochschulen und Unternehmen verschwimmen.

Dr. Rolf Becker, ehemals Entwicklungsleiter des Bereichs Umwelt der IMKO Micromodultechnik GmbH und heute Professor in der Fakultät Kommunikation und Umwelt an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve und Kamp-Lintfort, kennt beide Seiten von FuE-Projekten: sowohl die Anforderungen der Industrie an Forschungs- und Entwicklungsprojekte als auch die Erwartungen von wissenschaftlichen Einrichtungen.

GEOTECH: Herr Becker, Sie haben den Schritt aus der Wirtschaft in die Hochschulforschung angetreten. Welche Unterschiede sehen Sie zwischen FuEBereichen in Unternehmen und der Forschung an Hochschulen? Becker: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, denn FuE-Aktivitäten sind sehr individuell, sowohl bei den Hochschulen als auch den Unternehmen. So gibt es z.B. Unternehmen, die rein anwendungsorientiert entwickeln und solche, die sich Abteilungen für Grundlagenforschung leisten, die sich kaum von den Forschungsund Entwicklungslaboren der Hochschulen unterscheiden. Umgekehrt werden an Hochschulen sowohl rein akademische Fragestellungen als auch konkrete Forschungs- und Entwicklungsaufträge von Unternehmen bearbeitet. Das Unternehmen, für das ich arbeitete, war und ist in mehreren FuE-Projekten aktiv. In einem Fall ging es um die Ent-

GEOTECH: Wer profitiert von integrierenden FuE-Projekten mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft? Die Unternehmen, die Universitäten oder ziehen beide Partner hinterher eine positive Bilanz? Becker: Für KMUs können sorgfältig ausgewählte Forschungs- und vor allem Entwicklungsprojekte sehr wertvoll sein, um sich neue Technologien zu erschließen und Prototypen zu realisieren, die ggf. zügig zu verkaufsfähigen Produkten ausgebaut werden können. Häufig wird aber von KMUs die Möglichkeit FuE über Projekte zu forcieren kritisch gesehen, weil Beantragung und Bewilligung oft zu lange dauern, um kurzfristige Ziele zu erreichen. Ferner kann die umfangreiche Berichtspflicht ein Hindernis sein. Der Erfolg eines Verbundvorhabens hängt maßgeblich von der Projektleitung und dem Team ab, das sich aus den einzelnen Projektpartnern bilden muss. Wichtige Fragen in diesem Zusammenhang sind meines Erachtens: Stimmt die Chemie der Partner? Wie intensiv ist die Kommunikation? Sind die »richtigen« Partner im Boot, d.h. werden für alle Ziele des Vorhabens die erforderlichen Kompetenzen bereitgestellt? Ist der Projektplan gut durchdacht? Sind die individuellen Ziele klar formuliert und alle Zuständigkeiten lückenlos geklärt? Stimmen Teamgeist und Projektplan ist der Erfolg sehr wahrscheinlich und alle Beteiligten können positive Bilanz ziehen.

GEOTECH: Sie sind in den GEOTECHNOLOGIEN im Forschungsschwerpunkt »Frühwarnsysteme gegen Naturgefahren« aktiv gewesen. Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit im

Projekt ILEWS (Integrative Landslide Early Warning Systems) von Wissenschaft und Industrie heute, am Ende der Projektförderung, ein? Becker: Aufgrund des integrativen Charakters des Projekts umfasste das Konsortium Spezialisten unterschiedlichster Disziplinen: Hardware-Entwickler, Informatiker, Geophysiker, Historiker, physische Geographen und Sozialgeographen, um nur einige zu nennen. Für mich eine spannende Mischung von interessanten Menschen aus Bereichen, mit denen ich teilweise beruflich bisher wenig zu tun hatte und von denen ich persönlich viel gelernt habe. Die häufigen Projekttreffen haben wesentlich zur Teambildung beigetragen. Die Sprache und das akademische Interesse der Wissenschaftler unterscheiden sich manchmal von denen der notwendigerweise praxisorientierten Unternehmen. Es ist dabei wichtig zu lernen, den Partner zu respektieren, zuzuhören, sich auf ihn einzulassen und seine Sprache zu verstehen. Das ist uns sehr gut gelungen. Die Zusammenarbeit im Projekt war zwischen den meisten Projektpartnern außerordentlich gut, und das, obwohl die Stelle des für die Führung des Projekts entscheidenden Projektkoordinators gestrichen wurde. Diese Funktion hat dann ein wissenschaftlicher Mitarbeiter mit entsprechenden Kompetenzen noch »nebenbei« übernommen, eine über die Maßen umfangreiche Aufgabe neben der eigentlichen wissenschaftlichen Bearbeitung.

GEOTECH: Wer hat die initiale Idee zum Projekt ILEWS gebracht? Kam der Projektvorschlag aus der Wissenschaft oder eher von Seiten der Industrie? Becker: Die wesentlichen Impulse für die Initiierung des Vorhabens kamen aus den Hochschulen, die den konkreten Bedarf nach einem solchen Frühwarnsystem aufzeigen konnten. Davon haben die Unternehmen klar profitiert. Die Industriepartner haben Technologie bereitgestellt, betrieben und weiterentwickelt und zum Teil wissenschaftliche Fragestellungen gemeinsam mit den Kollegen der Hochschulen bearbeitet. Durch die konkrete Anwendung der neuen Technologien im Feld konnten die Unternehmen wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die zyklisch in den weiteren Entwicklungs... Fortsetzung auf der Folgeseite


... Fortsetzung Interview mit Dr. R. Becker

prozess eingeflossen sind. Wissenschaftler und Industriepartner haben so das Frühwarnsystem gemeinsam vorangebracht und voneinander profitiert. Das Unternehmen für das ich damals arbeitete, hat seine strategischen Ziele, wegen derer es dem Forschungsverbund beigetreten ist, voll erreicht. ILEWS ist in meinen Augen ein gelungenes Beispiel erfolgreicher Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen. GEOTECH: Sie kommen aus der Praxis und kennen die Anforderungen der

Nutzer und Kunden am Markt. Inwiefern fließen diese Erkenntnisse in Ihre Lehr- und Forschungsaktivitäten ein? Wie profitieren Ihre Studenten von Ihrem praktischen Know-How? Gibt es vielleicht auch Tipps, die Sie Ihren Studenten für Ausgründungen oder den Technologietransfer geben können? Becker: Die Hochschule Rhein-Waal legt in allen Studiengängen Wert auf die Vermittlung von Kommunikations-, Kooperationsund interkultureller Kompetenz. Deshalb sind entsprechende Kommunikationsfähigkeiten unabdingbar, auch für den orga-

nisationsinternen Austausch. Eine Organisation muss sich darüber hinaus auf die Kooperationsfähigkeit seiner Mitarbeiter verlassen können, um effizient und erfolgreich sein zu können. Bezüglich Ausgründung kann ich den Studierenden nur empfehlen, während des Studiums Angebote zum Aufbau unternehmerischer Kompetenzen wahrzunehmen und sich möglichst früh die Frage zu stellen, ob eine Selbständigkeit für sie infrage kommt. Das eine ist eine gute Idee zu haben, sie am Markt durchzusetzen ist eine ganz andere Herausforderung. ¢

Geoforschung ist »in«. Redaktionen und freie Journalisten erkennen immer deutlicher, dass die Geowissenschaften immer stärker Ihre Rolle als Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts ausfüllen. Daher werden Geowissenschaftlerinnen und Geowissenschaftler auch immer öfter zum Ansprechpartner der Medien. Um eine effektive Pressearbeit leisten zu können, sollten aber einige Grundprinzipien der Medienarbeit bekannt sein. Wir möchten Ihnen einige Tipps zum Umgang mit Journalisten geben: Die Erreichbarkeit fängt damit an, dass beim Versand von Pressemitteilungen der Ansprechpartner deutlich mit direkten Kontaktdaten (Telefondurchwahl und Mailadresse) genannt wird. Wichtig ist zudem, dass Kontaktdaten auf den Webseiten Ihres Institutes oder Unternehmens zu finden sind – und zwar dort, wo auch der Journalist auf Sie als Experten aufmerksam geworden ist. Findet der Journalist Ihre Kontaktdaten nicht, so wechselt er oft unter extremem Zeitdruck stehend zu einem anderen, erreichbaren Experten. Liefern Sie zuverlässig Informationen, denn oft benötigen Journalisten weitere Hintergrundinformationen, die in dieser Form noch nicht zusammengestellt wurden. Dann heißt es, diese Fakten schnell zusammen zu tragen. Versprechen Sie den Journalisten aber nichts, was Sie nicht auch zeitnah liefern können. Sonst verlieren Sie schnell an Glaubwürdigkeit und verschwinden wieder von der Liste der Experten. Akzeptieren Sie die journalistische Arbeitsweise. Journalisten sind in der Regel unabhängig und berichten neutral. Wenn Sie zu einem Interview eingeladen werden (persönlich oder per Telefon), so gehen Sie davon aus, dass der Journalist Sie nicht »in die Pfanne hauen« will. Dem Journalisten geht es in der Regel um eine nachhaltige Kontaktaufnahme mit Ihnen. Ein spannendes Thema ist schließlich auch für den Journalisten Gold wert.

K. Peterson

Me and the Media – Der richtige Umgang mit den Medien

Wenn Sie Anwendungsbeispiele Ihrer Forschung aus dem Alltag kennen, so weisen Sie den Journalisten darauf hin, denn Relevanz ist Trumpf. Oft sind einfache Beispiele von Forschungsergebnissen im Alltag nicht präsent, aber für die Zielgruppe des Journalisten von großem Interesse. Geben Sie Journalisten bei umstrittenen Themen die Gelegenheit, auch einen anderen Standpunkt als den Ihren kennenzulernen. Verweisen Sie auf kritische Arbeiten oder kontroverse Elemente des Themas, so steigert sich nicht nur Ihre Reputation – oft ergeben sich so für den Journalisten zusätzliche Beweggründe das Thema nachhaltig in den Medien zu präsentieren. Sind Sie sich bei Fragen des Journalisten nicht sicher die richtigen Antworten geben zu können, so sagen Sie dies deutlich. Verweisen Sie nach Möglichkeit auf Kollegen oder Forschungspartner, die sich mit einzelnen Punkten besser auskennen. Machen Sie die Grenzen Ihrer Expertise deutlich, der Journalist wird es Ihnen danken. Erwarten Sie nicht, dass der Journalist Ihnen seinen fertigen Artikel zur »Korrektur« vorlegt. Aber bieten Sie gerne an, den Artikel noch einmal gegenzulesen. Oftmals schleichen sich doch noch Missverständnisse und Fehler in den Beitrag ein. Im Downloadbereich der Webseiten des FuE-Programms GEOTECHNOLOGIEN finden Sie ein Tipp-Sheet zum Umgang mit Journalisten als pdf-File. www.geotechnologien.de ¢


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