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LESERFORUM 4

EXPERTISEN

ren. Solche Tiere wurden nicht nur in großen Mengen in den Volkseigenen Betrieben der ehemaligen DDR hergestellt, sondern auch aus asiatischen Ländern importiert. In Ihrem Fall verraten die speziellen, eingesteckten Kunststoffaugen eine Herkunft aus VEB-Produktion mit einer zeitlichen Zuordnung um 1962. Diese Augen sind nicht eingenäht, sondern nur mit Widerhaken eingesteckt und wurden nicht allzu lange verwendet. Da es für diese Tiere kaum spezielle Sammler gibt, kann hier auch kein relevanter finanzieller Wert genannt werden. Daniel Hentschel, Rheine

■ Griechische Vase

?

Diese griechische Vase ist circa 14 cm hoch und hat an der dicksten Stelle einen Durchmesser von 9 cm, gemessen inklusive Henkel. Die Henkellänge selbst ist circa 4 cm. Der Durchmesser oben beträgt 6 cm, am Standfuß 4,5. Ihr Gewicht beläuft sich auf 273 g. Können Sie nähere Angaben dazu machen? Am Vasenboden befindet sich außerdem eine Marke, die vielleicht weiterhilft. Carolin Siemering, o. O.

■ Reliquie

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Es handelt sich um eine schwarz glasierte Keramikvase mit 24 Karat Gold Umdruckdekor, zwischen zwei Mäander Bändern sind diverse im Stil der Antike gekleidete Personen erkennbar. Dieser Typ Keramik wird seit etwa 60 Jahren in Griechenland hergestellt und ist ein typisches Reisesouvenir. Firmen wie Fintias,

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ein Steifftier handeln, dessen Marke abhanden gekommen ist? Claudia Heinrich, o.O.

!

Das Pferd (Esel) stammt nicht von der Firma Steiff. Bei sogenannten „Fremdtieren“ ist es wegen der immens großen Menge unterschiedlicher Hersteller nur in seltenen Fällen möglich, eine exakte Aussage zur Herkunft zu machen. Auffällig bei dem Pferd ist die deutlich weniger naturgetreue Darstellung als bei den Steifftie-

Dieses auf Stoff gedruckte Bild eines leidenden Christus, konnte ich bei einem Trödler erwerben. Es hat die Maße 30 cm x 40 cm. Auf der Unterseite der Darstellung befindet sich ein lateinischer Schriftzug und ein Wachssiegel. Das Bild ist noch im Originalrahmen und wurde auf der Rückseite mit Zeitungspapier abgeklebt. Auf dem Zeitungspapier ist die Jahreszahl 1914 erkennbar. Ob das Christusbild zeitlich mit der Jahreszahl in Verbindung steht, kann ich nicht sagen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir zur Geschichte, der Herkunft und dem ungefähren Wert dieses ungewöhnlichen Objektes Auskunft geben könnten. Peter Wiesner, Waldkraiburg

!

Bei dem hier auf dem Foto zu sehenden Bild handelt es sich, wie auch aus der Schrift unter dem Abbild hervorgeht, um das wahre Antlitz von Jesus. Gemeint ist das Schweißtuch der Veronika, eine Reliquie, die das wahre Antlitz (vera icon = wahres Bildnis) von Christus zeigt. Ein Bildnis, das nicht von Menschenhand gefertigt worden ist. Der allgemeinen Auffassung nach findet sich diese Begebenheit als 6. Station des Kreuzweges im Passionsgeschehen. Veronika, nach neuesten Ergebnissen Berenike (Name auf Griechisch), wird dem Umkreis von Jesus zu-

Adis und andere stellen dergleichen auch heute noch her. Der Wert ist eher dekorativ, sicherlich unter 20 Euro. Klaus-Dieter Müller, Kunstsachverständiger Lüneburg

■ Plüschesel

?

Dieser schon etwas betagte Plüschesel trägt leider keinerlei Herstellerkennzeichnung. Könnte es sich dennoch um 07 / 18

■ In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem einen oder anderen guten Stück. Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen. Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert. Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist. Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder nach unten korrigiert werden können. Ihre Anfrage schicken Sie bitte an: Gemi Verlags GmbH Redaktion Leserforum Pfaffenhofener Straße 3 85293 Reichertshausen


04_05_Leserforum

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LESERFORUM 5 geordnet, nach dem Evangelium des Nikodemus (Apokryphen). Als Jesus auf dem Wege nach Golgatha war, stand am Wege Veronika. Sie reichte ihm ein Tuch, damit er sich das Gesicht von Schweiß und Blut abtrocknen konnte. Nachdem er es ihr zurückgegeben hatte, erschien sein Angesicht auf dem Tuch. Bereits zu Lebzei-

ten der Veronika wird dem Tuch nachgesagt, Wunder gewirkt zu haben. Während der folgenden Jahrhunderte bilden sich weitere Legenden um das Tuch. Seit dem 12. Jahrhundert wird das Schweißtuch in Rom nachweislich verehrt. 1625 wurde es schließlich in den Veronikapfeiler des neuen Petersdomes übertragen. 1849 spielte es erneut eine bedeutende Rolle, nachdem es für drei Tage zur öffentlichen Verehrung ausgestellt worden war, erfolgte ein Wunder: Das Antlitz erschien deutlich, als ob es lebendig sei. Jedes Jahr wurde das Schweißtuch am Palmsonntag vom Veronikapfeiler aus gezeigt. Leider ist es inzwischen unkenntlich geworden. Auch bei der hier vorliegenden Reproduktion des „Vera Effigies“, ein Stahlstich auf Leinen, handelt es sich um eine Berührungsreliquie. Die meisten wurden zwischen 1849 und 1870 gestochen. Dargestellt ist der Kopf des leidenden Christus mit geschlossenen Augen. Stirn und Wangen weisen blutende Wunden auf. Aus den Au-

gen fließen Tränen. Am unteren Bildrand findet man den Titel: „Vera Effigies Sacri Vullus Domini Nostri Jesu Christi que Rome in Sacrosancta Basilica S. Petri in Vaticano religiosissime asservatur et colitur“ („Wahre Darstellung des Heiligen Antlitzes unseres Herren Jesus Christus, der in Rom, in der allerheiligsten Basilika von S. Peter aufbewahret und verehrt wird“). Darunter rechts in der Ecke des Bildes ist das päpstliche rote Siegel angebracht, das die Reliquie als Berührungsreliquie ausweist, also dass sie am Original vor Ort aufgelegt worden ist. Ebenso sind die Maße meist

identisch, zwischen 35 cm x 45 cm, hier bei dem vorliegenden Objekt 30 cm x 40 cm. Es ist also durchaus möglich, dass das vorliegende Bild aufgrund von Beschädigungen an den Rändern beschnitten worden ist. Meines Erachtens ist die vorliegende Berührungsreliquie aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, wurde aber – vielleicht wegen einer Beschädigung – 1914 neu gerahmt, worauf die hinten aufgeklebte Zeitung schließen lässt. Dieser Sachverhalt kann aber nur am Original festgestellt werden, nach einem Foto ist das leider nicht möglich. Der Zustand scheint aufgrund der Fotografie gut zu sein. Somit kann man einen Wert von um die 400 Euro ansetzen. Bei einer zusätzli-

chen Angabe auf dem Druck, wer ihn hergestellt hat, kann der Wert höher liegen. Dr. Gabriela Loewe-Hampp, Expertin

■ Zeichnung

?

Dieses Bild datiert vom Jahr 1966 und stammt von einem deutsch-israelischen Maler namens Etan Dror, früher wohnhaft in Stuttgart, dann in Spanien und dort verstorben. Er war Mitglied beim Künstlerbund Stuttgart. Vielleicht kann Ihr Experte eine ungefähre Schätzung abgeben und einige Details zu weiteren Werken dieses Malers beisteuern? Wilfried Seidler, o. O.

!

Die Zeichnung zeigt eine Stadtansicht und den Blick über eine Hafenanlage. Die Ansicht ist zur rechten und linken Seite hin durch Häuserfassaden begrenzt. Im Vordergrund sehen wir eine Art Promenade mit Staffagefiguren, einer Treppe und einer kleinen Parkanlage in der rechten Ecke. Die Treppe verbindet die höhere Ebene der Promenade mit der Anlegestelle des Hafens. Im Hafenbecken ankern mehrere Schiffe, deren Masten sich über die gesamte Höhe des Blattes erstrecken. Das Blatt ist wohl eine Kohle- oder Pastellzeichnung. Die Zeichnung ist in einem intuitiven und spontanen Duktus gezeichnet. Der Künstler hat das Bild in der rechten unteren Ecke mit „E. D.“ monogrammiert und mit „1966“ datiert. Das Monogramm ist nach Angaben des Lesers mit Etan Dror aufzulösen. Über einen Künstler dieses Namens ist leider weder in Nachschlagewerken, Auktionsergebnissen oder gar in einer Monographie etwas zu finden. Auch sind keine Werke dieses Künstlers versteigert worden und ein solches Blatt würde lediglich mit 20 bis 40 Euro in einer Auktion angesetzt werden. Georg Ottomeyer, Berlin

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AUSSTELLUNGEN n Großstadtvisionär Otto Wagner (1841-1918) zählt zu den weltweit bedeutendsten Architekten an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Seine Bauten – darunter die Wiener Stadtbahn, die Postsparkasse und die Kirche am Steinhof – gelten heute als Meilensteine auf dem Weg vom Historismus zur Moderne. Wagner war ein Visionär: Er hatte erkannt, dass die auf die Vergangenheit fixierte Architektur des Historismus in Widerspruch zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dynamik seiner Zeit stand. Als Antwort darauf entwarf er eine strahlende, rationale Zukunftsarchitektur, die auf Zweck, Material und Konstruktion beruhte. Seine radikalen Entwürfe waren ein Befreiungsschlag für die Vertreter der Moderne, für die Hüter der Tradition dagegen blanke Provokation. Auch aus diesem Grund blieben viele von Wagners Projekten unausgeführt, so etwa seine Entwürfe für das Stadtmuseum am Karlsplatz, an dessen Stelle später das Historische Museum der Stadt Wien (heute: Wien Museum) errichtet wurde. Zum 100. Todestag Wagners präsentiert das Wien Museum bis 7. Oktober das Gesamtwerk dieses „Weltstadtarchitekten“ in einer großen Ausstellung, der ersten seit mehr als fünfzig Jahren. Die Schau wird im gesamten ersten Obergeschoss gezeigt und ist mit rund 1000 qm Fläche fast dreimal so groß wie die gewohnten Sonderausstellungen im Wien Museum. Die Ausstellung setzt Wagners Schaffen in Beziehung zu seinen Wegbegleitern und Gegnern, beleuchtet das künstlerische, kulturelle und politische Umfeld und macht die internationale Strahlkraft des Architekten anhand von einzigartigen Objekten – kostbaren Zeich-

Otto Wagner, Kirche St. Leopold am Steinhof, Perspektive, 1902/03; Wien Museum © Wien Museum 07 / 18

Otto Wagner, Pavillon Karlsplatz; Wien Museum Foto: Hertha Hurnaus © Wien Museum nungen, Modellen, Möbeln, Gemälden und persönlichen Gegenständen – anschaulich. Die Mehrzahl der rund 500 Exponate stammt aus dem Nachlass Wagners, der zu den größten Schätzen der Sammlung des Wien Museums zählt. Dazu kommen hochkarätige Leihgaben, u.a. vom Kooperationspartner der Ausstellung, dem Kupferstichkabinett der Akademie der Bildenden Künste Wien, der Albertina und weiteren institutionellen und privaten Leihgebern. Viele Objekte werden zum ersten Mal öffentlich zu sehen sein. Letztlich geht es in der Ausstellung nicht nur um eine faszinierende Künstlerpersönlichkeit und ihr Werk, sondern auch um die brennende Aktualität grundsätzlicher Fragen, die von Wagner aufgeworfen wurden: vom kulturellen Stellenwert der Architektur über die Kunst im Städtebau bis hin zur konsequenten Verbindung von rigider Funktionalität, höchster Qualität und vollendeter Ästhetik – von der Gabel bis zur Großstadt. Zum ersten Mal wird das von der Ringstraße geprägte Frühwerk Wagners ausführlich behandelt, zeigt es doch bereits Ansätze zu einer individuellen „freien Renaissance“, die auf Material und Konstruktion setzt und sich von der zeitgenössischen Stilarchitektur abwendet. Damals begann Wagners erfolgreiche Tätigkeit als Spekulant, Zinshausarchitekt und Hausherr, die ihm finanzielle Unabhängigkeit ermöglichte. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Wagners Großstadtvisionen, vom Generalregulierungsplan für Wien von 1893 bis zum größten Auftrag seiner Karriere, dem Bau der Wiener Stadtbahn ab 1894. Die Konfrontation mit den technischen Anforderungen des modernen Großstadtverkehrs bedeutete einen Wendepunkt in Wagners Schaffen. Ebenso wegweisend wie der Stadtbahn-Auftrag war die Beru-

fung zum Professor an der Akademie der bildenden Künste im Jahr 1894. Im kreativen Austausch mit den Schülern öffnete sich Wagner den aktuellen Strömungen des internationalen Art Nouveau und wurde zum Vater der Wiener Secession; zugleich konnte er mit der „Wagner-Schule“ eine Riege moderner Architekten nach seinen Vorstellungen ausbilden und sorgte damit für die Verbreitung seiner Ideen. Auch die kurze, aber intensive „secessionistische“ Phase im Werk Wagners wird in einem eigenen Kapitel behandelt. Zu jener Zeit entstanden spektakuläre Entwürfe für einen Neubau der Akademie der bildenden Künste oder eine moderne Kirche, in denen Wagners Begeisterung für das Medium Zeichnung zum Ausdruck kommt. Die in ebenso aufwändigen Zeichnungen präsentierten, aber vergeblichen Versuche Wagners, eine imperiale moderne Architektur für Kaiser Franz Josef zu entwerfen, leiten über zu jenem Projekt, das ihn am längsten und intensivsten beschäftigte: dem Stadtmuseum am Karlsplatz. Von 1900 bis 1910 arbeitete er unermüdlich an Entwürfen für einen modernen Monumentalbau, zugleich erhob sich erstmals lautstarke Kritik an Wagners radikaler, von der Tradition emanzipierter Architektur. Seine konservativen Gegner brachten das Projekt schließlich zu Fall. Parallel dazu konnte Wagner mit der Kirche am Steinhof und der Postsparkasse zwei Initial- und Schlüsselbauten der Architektur des 20. Jahrhunderts errichten. War die Postsparkasse der erste, ganz aus der Funktion entwickelte Zweckbau, so schuf Wagner am Steinhof die erste moderne Kirche. Beide Gebäude erhielten eine neuartige, im Vergleich zum traditionellen Steinbau kostengünstige Verkleidung aus Marmorplatten, die zu einem Markenzeichen des „Verkleidungskünstlers“ Wagner wurde.


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MAGAZIN 7 Rund um diese Bauten entstand eine ganze Reihe von Entwürfen für Hotels, Krankenhäuser, Kirchen, Museen, Ministerien etc., die als Modelle für die Metropole des 20. Jahrhunderts interpretiert werden können – jene „unbegrenzte Großstadt“, die Wagner 1911 als suggestive Zukunftsvision in Buchform veröffentlichte. Zugleich realisierte er seine letzten Wohnhäuser. Sie sind von einer radikalen Einfachheit und Reduktion geprägt, die die Architektur des Neuen Bauens der 1920er-Jahre vorwegnimmt. Der Großteil der Entwürfe dieser Zeit blieb jedoch Papier. In diese Zeit fällt auch der Gipfel von Wagners internationalem Ruhm, und zu seinem 70. Geburtstag 1911 feierte man ihn als den größten lebenden Architekten. Mit dem Ersten Weltkrieg wurden sämtliche Bauprojekte eingestellt, Wagner verlegte sich gänzlich auf die Entwurfstätigkeit und plante bereits für die kommende Friedenszeit. Der frühe Tod seiner geliebten Frau Louise 1915 traf ihn tief. In seinen letzten Lebensjahren zog sich Wagner immer mehr zurück. Entwürfe für Baracken, Siegeskirchen und Kriegerdenkmäler zeugen zugleich von der Auseinandersetzung mit damals aktuellen Themen. Im April 1918 starb Wagner im Alter von 76 Jahren. Mit dem Untergang der Monarchie verlor das bürgerliche Architektur- und Kulturkonzept Wagners und seiner Schüler die Basis – die Revolutionäre des „Neuen Bauens“ der 1920er-Jahre leugneten jeden Bezug zur Vergangenheit, die Pioniere der Moderne gerieten schnell in Vergessenheit. Um die Bedeutung Wagners als Bahnbrecher der Moderne in Erinnerung zu rufen, wurde 1930 ein von Josef Hoffmann gestaltetes Denkmal am Ballhausplatz errichtet. Nach dem Zweiten Welt-

krieg waren seine Bauten jedoch vom Abbruch bedroht, erst in den 1960er-Jahren begann ein langsames Umdenken. Mittlerweile ist das Werk Otto Wagners längst als wesentlicher Teil des kulturellen Erbes Österreichs anerkannt – und zugleich touristisch vereinnahmt. Zur Ausstellung erscheint eine reich illustrierte Publikation (544 Seiten), die neben zahlreichen Beiträgen renommierter Autorinnen und Autoren, das erste kommentierte Verzeichnis sämtlicher Bauten, Projekte und kunstgewerblicher Entwürfe Otto Wagners enthält. Telefon: 0043/1/5058747-85173

Bronzestatuette eines Wasserspringers, etruskisch, 510 v. Chr.; Staatliche Antikensammlungen München © Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling

Attische Amphore mit Darstellung des mythischen Ringkampfes von Peleus und Atalante, um 530 v. Chr.; Staatliche Antikensammlungen München © Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling

n Sport der Superlative

Pankration-/Allkampfgruppe, Bronze, griechisch, 2. Jahrhundert v. Chr.; Staatliche Antikensammlungen München) © Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling

Sportliche Großveranstaltungen wie Fußballweltmeisterschaften oder Olympische Spiele, die in regelmäßigen Abständen – so auch diesen Sommer – die Menschen auf der ganzen Welt fesseln, geben uns immer wieder Anlass, die kulturgeschichtlichen Wurzeln des Sports in den Blick zu nehmen. Dessen Wiege steht zweifellos im antiken Griechenland, wo zum einen die sportliche Betätigung als zentrales Element menschlicher Bildung angesehen wurde, zum anderen aber alle Bereiche des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens vom Wettkampfgedanken geprägt waren. So eiferten nicht nur Sprinter, Boxer oder Ringer um den athlos, den Siegespreis, sondern auch Tragödien- und Komödiendichter, die sich in musischen Wettbewerben miteinander maßen. Insofern waren also auch sie Athleten im ei-

gentlichen Wortsinn. Diese Wettkampfmentalität der Griechen scheint schon im 8. Jahrhundert v. Chr. bei Homer, dem ersten und größten griechischen Dichter, leuchtend auf, wenn er seinen Helden Achill danach streben lässt, „immer der Beste zu sein und vor den anderen hervorzuragen.” Es ist wohl kein Zufall, dass nur wenige Jahrzehnte, bevor Homer dies schrieb, im Hain von Olympia der erste olympische Sieger im Stadionlauf mit dem Ölzweig ausgezeichnet wurde: Koroibos, ein Koch aus Elis – im Jahr 776 v. Chr. der schnellste Mann der Welt. Homer verdanken wir auch die früheste Schilderung eines sportlichen Wettkampfes: Im 23. Buch seiner Ilias treten bei den Leichenspielen für den gefallenen Patroklos die stärksten Helden Griechenlands gegeneinander im Wagenrennen, Boxen, Laufen, Diskuswurf, Bogenschießen und Speerwerfen an. An anderer Stelle betont der Dichter außerdem, es sei „größer kein Ruhm” für den Menschen als der, der „mit Händen und Füßen” beim Sport errungen werde. Es kann angesichts solcher Äußerungen kaum verwundern, dass die bildende Kunst der Griechen äußerst reich an Sportdarstellungen ist. Vor allem im kleinen Format finden sie sich in Fülle. Auch die Staatlichen Antikensammlungen in München besitzen eine breite Palette an berühmten Vasenbildern und Bronzestatuetten zu diesem Thema. In der Ausstellung „Größer kein Ruhm – Kleine Bilder vom Sport” wird der Münchner Bestand durch Leihgaben antiker Gemmen und Münzen aus Museums- und Privatbesitz erganzt. Besonderes Augenmerk legt die Ausstel07 / 18


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MAGAZIN 8 lung auf die Rezeption antiker Sportbilder in der heutigen Zeit. Wohl kein Medium bietet hier so üppiges Anschauungsmaterial wie die Philatelie: Auf Briefmarken erscheinen nicht nur zahlreiche griechische Sportlerdarstellungen im Bild. Hier werden die antiken Motive vielmehr oft auch direkt den modernen sportlichen Disziplinen gegenübergestellt und so eine enge Verbindungslinie zwischen den Wettkämpfen des Altertums und der Neuzeit geschaffen. Dass es dabei zu Fehlschlüssen und Kuriositäten kommt, kann nicht verwundern – etwa, wenn antike Ballspieler für den modernen Fußball Pate stehen oder wenn die Statue des Laokoon in einen Speerwerfer umgedeutet wird. (Bis 29. Juli) Telefon: 089/59988830

n Bayerisches Grundnahrungsmittel Das Freilichtmuseum Glentleiten erzählt in der diesjährigen Sonderausstellung bis 11. November Geschichten rund um Bierund Wirtshauskultur in Oberbayern. Es ist die erste große Sonderschau im neuen Eingangsgebäude des Museums, das neben Empfang, Kasse und großer Fläche für Wechselausstellungen auch die neue Museumsgastronomie samt einer kleinen Schaubrauerei beherbergt. In der Sonderausstellung geht es um die Rohstoffe, die zur Herstellung des Gerstensafts benötigt werden, sie nimmt den aufwändigen Prozess des Brauens in den Blick, und als Besucher begibt man sich auch an einen der wichtigsten Orte des Bierkonsums – das Wirtshaus. Alle präsentierten Objekte stammen aus der großen Sachgutsammlung der Glentleiten, die Bandbreite reicht von Werkzeugen und historischem Bildmaterial zur Hopfenernte über die Fassherstellung und die richtige Kühlung bis hin zu Bierkrug und Kartenspiel.

chem Zeitungspapier. Eine Riege von hervorragenden Zeichnern beliefert die Berliner Presse, allen voran den Ullstein-Verlag mit seinem Flaggschiff, der Zeitschrift „Die Dame”. Bedeutende Publizisten schreiben für die Zeitschrift. Sie gilt als fortschrittlich und emanzipiert, elegant und extravagant. Marlice Hinz und Ernst Dryden, zwei der führenden Zeichner der Dame, sind mit umfangreichen Werkgruppen in der Grafischen Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) vertreten. Die Ausstellung zeigt zum ersten Mal etwa 150 Zeichnungen der beiden Illustratoren aus den Jahren 1920 bis 1935. „Ein deutsches Journal für den verwöhnten Geschmack“ – so lautet der Untertitel der Berliner Zeitschrift „Die Dame”. 1912 Ausstellung „Vom Hopfen zur Halben – Geschichten rund um Bier- und Wirtshauskultur in Oberbayern”; Freilichtmuseum Glentleiten Ein umfangreiches Rahmenprogramm begleitet die Ausstellung: In der Glentleitner Brauerei finden regelmäßig Brautage statt, und Biersommelière Victoria Schubert bietet Bierseminare mit Verkostung an (z.B. am 28.7. und 27.10.). Wie gut Bier und Schokolade harmonieren, erfährt man am 9.11. bei einem 3-Gänge-Menü in der Glentleitner Wirtschaft. Weitere Programmpunkte sind ein Brauereifest am 14.7., eine Lesung mit Musik von Schauspielerin Bettina Mittendorfer am 15.9. und eine Glentleitner Wiesn Ende September. Telefon: 08851/185-0

n Verpuppte Mechanik Das Spielzeugmuseum im Alten Schloss Sugenheim feiert sein 20-jähriges Jubiläum. Aus diesem Anlass ist neben den rund 3000 Spielzeugen von 1760 bis 1960 der ständigen Ausstellung ein besonderes Highlight die Sonderausstellung 2018 „Verpuppte Mechanik – Spielzeugautomaten aus 100 Jahren" zu sehen. Die rund 100 Objekte der Sonderausstellung stammen sämtlich aus dem Depot der leidenschaftlichen Sammlerin, Schlossherrin und Museumsbesitzerin Manuela Kube und waren zum größten Teil noch nie ausgestellt. Auch neu im Spielzeugmuseum: eine Riesensammlung von über 40 Lokomotiven und über 100 Waggons in Spur 1 (der „Königsspur") von Märklin und Bing der Vorkriegszeit. (Bis 2. Dezember) Telefon: 09165/650

n Für den verwöhnten Geschmack Ausstellung „Vom Hopfen zur Halben – Geschichten rund um Bier- und Wirtshauskultur in Oberbayern”; Freilichtmuseum Glentleiten 07 / 18

Die zwanziger Jahre sind die goldene Zeit der Illustration. Neue Drucktechniken ermöglichen Abbildungen auch auf einfa-

Spielzeugmuseum Sugenheim

vom Ullstein Verlag gegründet, entwickelt sie sich zu einer der führenden Zeitschriften der 1920er-Jahre. Sie erscheint wöchentlich und wendet sich vor allem an ein weibliches Publikum. Die moderne Frau der Weimarer Republik gibt sich weltoffen. Auch aus heutiger Sicht erscheint das Frauenbild erstaunlich modern und emanzipiert. Zahlreiche Autoren wie Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky und Arthur Schnitzler veröffentlichten hier ihre Texte. Künstler und Künstlerinnen wie der sozialkritische Maler George Grosz, die Berliner Collage-Künstlerin Hannah Höch oder die Fotografin Madame d’Ora senden Arbeiten ein. Besonders die Titelbilder gehören zu den begehrtesten Aufträgen


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Marlice Hinz, Frau mit Handtasche, 1923/1930; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg © Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg

für Künstler. Die polnische Malerin Tamara de Lempicka schafft ihr berühmtes Selbstbildnis im grünen Bugatti ursprünglich als Titelbild für Die Dame. Neben den freien Mitarbeitern gibt es Illustratoren, die regelmäßig Zeichnungen zu vereinbarten Themen fertigen. Zu ihnen gehören Marlice Hinz und Ernst Dryden. Der Ullstein Verlag wird 1937 enteignet und „Die Dame” erscheint fortan im Deutschen Verlag. Sechs Jahre später wird die Produktion eingestellt. Geboren 1903 in eine gutsituierte Berliner Familie, beginnt Marlice Hinz mit 18 Jahren ein Studium an der privaten Kunstschule Reimann und lernt dort zunächst das Schneiderhandwerk. An der renommierten Schule legt man besonderen Wert auf Mode und Illustration. Nach dem Studium gibt Marlice Hinz das Schneidern auf und wendet sich der Illustration zu. Als Modeillustratorin hat sie schnell Erfolg; ihre feinen Federzeichnungen in schwarzer Tusche treffen den Geschmack der Zeit. Sie erhält Aufträge von Modehäusern und Verlagen und veröffentlicht ihre Zeichnungen in vielen Zeitschriften der Weimarer Republik, darunter Die Jugend, Die Form, oder Sport im Bild. Daneben schafft sie eine größere Zahl von Zeichnungen für Anzeigen und Prospekte. Mit dem Ullstein Verlag und der Zeitschrift Die Dame hat sie einen festen Vertrag und liefert regelmäßig Illustrationen für redaktionelle Beiträge. 1928 heiratet Marlice Hinz und zieht nach Hamburg, von wo aus sie weiter für Berliner Modemagazine arbeitet. Nach 1933 ist sie zunehmend weniger gefragt, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg – sie ist da-

mals erst Anfang vierzig – gelingt es ihr nicht, an ihre früheren Erfolge anzuschließen. Marlice Hinz stirbt 1978 in Hamburg. 2015 erhält das MKG von ihren Erben Bibi und Fritz Chrambach den zeichnerischen Nachlass als Schenkung. Der am 1887 in Wien als Ernst Deutsch geborene Dryden gehört zu den gefragtesten Modezeichnern seiner Zeit. Seine Lehre absolviert er bei Gustav Klimt in Wien, zieht aber 1910 nach Berlin und beginnt eine erfolgreiche Karriere als Plakatkünstler. Am ersten Weltkrieg nimmt er abenteuerlustig als österreichischer Kampfpilot teil. Als man ihn in Berlin des Plagiats bezichtigt, ändert er seinen Namen in „Dryden“ und kehrt zurück nach Wien. Hier spezialisiert er sich auf die Modezeichnung, schafft Entwürfe für das Modehaus Knize und die Boutique Hello, die seiner Freundin Helene Wolff gehört. 1926 geht Dryden nach Paris und übernimmt von dort aus für sieben Jahre die künstlerische Leitung der Berliner Zeitschrift Die Dame. Auf Pariser Modeschauen ist der extravagante Dandy ein gerngesehener Gast und versorgt, stets im Sakko und mit Zeichenblock, Die Dame mit seinen gezeichneten Berichten aus der Pariser Szene. 1933 wandert Dryden nach New York aus und entwirft mit großem Erfolg Mode für Kaufhäuser wie Macy‘s und Saks Fifth Avenue. Aber bereits nach einer Saison zieht es ihn nach Hollywood und in das Filmgeschäft. Regisseur Billy Wilder, für den er Kostüme entwirft, bezeichnet ihn als den „elegantesten Mann der Welt“. Dryden stirbt 1938 an einem Herzinfarkt. Das MKG kann 1991 mithilfe der Campe’schen Historischen Stiftung einen beträchtlichen Teil seines Nachlasses erwerben. (Bis 30. September im MKG Hamburg) Telefon: 040/428134-500

Otto zum 70.; Caricatura Museum Frankfurt/M. Fotograf: Daniel Reinhold © 2018 RüsslMusikverlag GmbH

n „Ei fiehl gudd!” Am 22. Juli 2018 wird Otto Waalkes 70 Jahre alt. Otto ist vor allem durch seine Bühnenshow, Filme und Fernsehauftritte bekannt. Weltberühmt sind zudem seine Ottifanten als seine ersten unverkennbaren Zeichenfiguren. Doch hat sein zeichnerisches Repertoire weit mehr zu bieten. Schon in seinem ersten „Buch Otto" sind Witzzeichnungen von ihm dabei. In den letzten Jahren sind noch viele weitere Kunstwerke von ihm entstanden. In seinen Gemälden beschäftigt sich Otto neben den Ottifanten meist mit sich selbst, illu-

Ernst Dryden, Entwurf für den Deckel einer Geschenkschachtel (Ausschnitt), 1925; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg 07 / 18


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n Exportschlager

Otto, Kreative Phase; Karikatura Museum Frankfurt/M. © Otto Waalkes

Das Göppinger Stadtmuseum im Storchen zeigt bis zum 19. August eine Sonderausstellung über ein Modeaccessoire der 1920er-Jahre: die Damentasche aus Glasperlen. In und um Göppingen waren vor und nach dem Ersten Weltkrieg mit der Herstellung der Taschen viele hunderte junge Mädchen und Frauen beschäftigt, die die diffizile Arbeit des „Perlenfassens“ und des anschließenden Strickens in Heimarbeit erledigten. Ein Großteil der Taschen ging in den Export – in die Niederlande und nach Nordamerika. Die Geschäfte organisierten in Göppingen zeitweise über 40 Unternehmen. Billiger hergestellte maschinengewebte Taschen u. a. aus dem Erzgebirge und neue Modetrends verdrängen schließlich in den 1930er-Jahren den Modeartikel aus Göppingen.

für Populäre Druckgrafik im Kulturraum Hombroich noch bis 2. September zu bewundern sind. Natürlich verbietet die kolossale Menge eine auch nur annähernd vollständige Präsentation. Doch die Notwendigkeit der Selektion hat tatsächlich so viele schöne, ausdrucksvolle Stücke zu Vorschein gebracht, dass der recht intime Raum im Feld-Haus reich gefüllt sein wird mit den zauberhaften, kleinformatigen Bildchen, die uns in Zeiten zurückführen, als Glauben und Fürbitte, tiefe Religiosität, Wallfahrten und fromme Innerlichkeit die materialistische Welt noch leicht in Schach hielten. Die zumeist kleinformatigen Andachtsbildchen wurden in Gesang- und Gebetsbüchern aufbewahrt – wer Glück hat, stößt heute beim Durchblättern älterer Ausgaben auf derartige „Lesezeichen” –, sie dienten als Schmuck und erinnerten an besondere Lebensabschnitte oder -ereignisse. Telefon: 02131/904141

striert Star-Wars-Motive oder Musikmotive in Collagen. Zu Frankfurt am Main unterhält Otto Waalkes durch seine enge Verbundenheit mit den Künstlern der Neuen Frankfurter Schule eine besondere Beziehung. Die Texte und Drehbücher von Otto entstammen zum größten Teil der Feder von Bernd Eilert, Robert Gernhardt und Pit Knorr. Schon deswegen hatte er es sich nicht nehmen lassen, bei der Eröffnung des Caricatura Museums Frankfurt im Oktober 2008 mit dabei zu sein. Nun wird es höchste Zeit, dass auch der Grafiker Otto hier mit einer Ausstellung gezeigt wird. (Bis 2. September) Telefon: 069/21230161

BÜCHER n Das menschliche Maß Müller, Michael: Børge Mogensen – Möbel mit Format, 240 Seiten, circa 230 Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß, Hatje Cantz Verlag, Berlin, 2016, Preis: 49,80 Euro.

Pertaschen-Modell; Stadtmuseum im Storchen Göppingen Die Ausstellung zeigt die Vielfalt der in den 1920er-Jahren hergestellten Taschen und Beutel. Sie erläutert den Herstellungsprozess und porträtiert die wichtigsten Hersteller. Zu sehen sind auch Leihgaben aus den USA, wo sich in den privaten Sammlungen Taschen mit besonders reizvollen Landschafts- und Architekturmotiven befinden. Telefon: 07161/6509910

n Heilige im Kleinformat

Perltasche von Roku Kunstgewerbe; Stadtmuseum im Storchen Göppingen 07 / 18

Über dreieinhalb Jahrzehnte hin hat der spanische Sammler Francisco Ces Hernandez eine auf den ersten Blick unüberschaubare Fülle an Andachtsbildern „aus aller Herren Länder” zusammengetragen. Das Ergebnis ist eine Kollektion von 5.000 Objekten unterschiedlichster Art, Aussage und Qualität, die im August des Jahres 2016 als Geschenk an das Clemens Sels Museum Neuss ging und jetzt, wie könnte es anders sein, im Feld-Haus – Museum

Andachtsbild: Halbfigurenbild des Heiligen Joseph, „Saint Joseph“ mit dem Christusknaben und einem Lilienzweig, Frankreich um 1880‚ goldgeprägtes Stanzspitzenbild mit aufgelegter, geprägter Chromolithografie; Feld-Haus, Museum für Populäre Druckgrafik, Neuss


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MAGAZIN 11

MÄRKTE/VERMISCHTES n Professionelles Finden

Das dänische Designmuseum in Kopenhagen eröffnete kürzlich einen neuen Trakt, der sich explizit dem Thema Stuhl widmet und zwar nur Stühlen, die von dänischen Designern entworfen wurden. Als Aushängeschilder finden sich auf der Homepage des Museums der Metropolitain Chair des Designerduos Aksel Bender Madsen und Ejner Larsen sowie der Grandprix Stuhl von Arne Jacobsen; eine Entscheidung, mit der Børge Mogensen vermutlich nicht einverstanden gewesen wäre. Gerade was den Entwurf von Jacobsen anbelangt, so stellte dieser für Mogensen geradezu eine „konstruktionstechnische Niete“ dar. Jacobsen war aber beileibe nicht der einzige Kollege, dessen Arbeit Mogensen zunehmend kritischer beurteilte. Aus seiner Sicht verließen viele, auch die einstigen Studienkollegen und Freunde wie Finn Juhl oder Hans J. Wegner immer öfter den Pfad der finnischen Designtugend, den reinen Funktionalismus, und beugten sich zu sehr modischen Vorstelllungen resp. einer in seinen Augen falschen Ästhetik. Mogensen selbst fühlte sich zeitlebens und unbeirrbar, um nicht zu sagen starrköpfig, einem strengen Funktionalismus verpflichtet. Das Festhalten an traditionellen Materialien, insbesondere Holz, gehörte dazu. Stahl z. B. war keine Option für ihn. In diesem Sinne entwarf Mogensen Möbel fürs Volk, nicht fürs Museum. Ein großer internationaler Erfolg blieb deshalb aus. Dennoch lassen sich einige seiner Entwürfe heute aber nicht nur im Museum begutachten, man kann sie teilweise sogar zu sich nach Hause holen, da sie noch produziert werden. Mogensen ist vielleicht nicht ganz so bekannt wie manch Anderer seiner Landsleute, die in derselben Branche tätig waren, aber er ist vielleicht der dänischste aller dänischen oder sogar skandinavischen Designer. Einen Einblick in sein Wesen, aber in erster Linie natürlich einen umfassenden Überblick über seine Arbeit sowie seine akribische Arbeitsweise vermittelt diese Publikation – im Holzdesign! ISBN 978-3-7757-4210-8

Das Museum Wilhelm Busch stellt seit Kurzem mit der Online-Sammlung des Ronald-Searle-Archivs und einem eigenen Fellowship als erstes Museum Hannovers eine wissenschaftliche Infrastruktur von internationaler Bedeutung bereit. Rund 1.000 Objekte aus dem Ronald-Searle-Archiv wurden zum Auftakt online erfasst und können von interessierten Laien und Forschern zur gezielten Recherche genutzt werden. Das Ronald-Searle-Archiv, das wesentliche Teile des künstlerischen Werks sowie das Archiv und die Bibliothek des englischen Zeichners Ronald Searle (19202011) umfasst, ist eine Sammlung von internationalem Interesse. In mehr als sieben Jahrzehnten hat Ronald Searle mit seinen Karikaturen, seinen Illustrationen und Reportagezeichnungen, seinen werbegrafischen Arbeiten und Animationsfilmen ein einzigartiges Lebenswerk geschaffen. Der Nachlass des Künstlers wurde Ende 2010 von der Stiftung Niedersachsen mit Unterstützung der übrigen Förderer erworben und befindet sich seitdem als Dauerleihgabe im Museum Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst. Das Museum besitzt zudem bereits seit Ende der 1990er-Jahre auch die wissenschaftliche Bibliothek des Künstlers zur Geschichte der Karikatur, seine Sammlung historischer Karikaturen sowie sein Archiv. Das Museum Wilhelm Busch erschließt die Bestände durch Dokumentation und Digitalisierung und macht sie zugänglich – für eine interessierte Öffentlichkeit und für die Fachwelt.

wurde, lässt sich an den Zahlen ablesen. Über 450 Anbieter aus Deutschland, Frankreich der Schweiz und den Niederlanden boten dem interessierten Publikum ihre Schätze an. Die erwartete Besucherzahl von 50.000 wurde nach übereinstimmenden Angaben weit übertroffen. Auch die Umsätze, so war oft zu hören, waren bei vielen deutlich besser als in der Vergangenheit. Durch die Verlegung des Kinderbereichs an den neuen Standort ergibt sich eine zusätzliche Erweiterung der Flohmarktfläche, so dass für bis zu 700 Aussteller die Möglichkeit besteht, an dieser Topveranstaltung teilzunehmen. Internet: www.scheppe-klaus.de

n Preiskampf Seit 1995 wird jährlich der Antiquaria-Preis während der „Antiquaria – Antiquariatsmesse Ludwigsburg” vergeben. Stifter ist der „Verein der Freunde antiquarischer Bücher“, den die ausstellenden Antiquarinnen und Antiquare der Messe gründeten. Sie wollen neben dem Handel mit antiquarischen Büchern, Autografen und Grafiken ihren kulturpolitischen Auftrag wahrnehmen und das Umfassende der Buchkultur bewusst machen. Der Preis wird mit 10.000 Euro dotiert. Vorschläge sind an den Verein für Buchkultur e.V. bis 30. Juli 2018 möglichst per E-Mail an petrabewer@t-online.de zu senden. Eingereicht werden können Vorschläge zum gesamten Spektrum Buchkultur. Angaben zu weiterführenden Links im Internet, über die ausführliche Informationen eingeholt werden können, sind hilfreich. Die Preisverleihung findet am 24. Januar 2019 in der Musikhalle Ludwigsburg statt. Telefon: 0711/2348526 Internet: www.antiquaria-preis.de

Telefon: 0511/16999911 Internet: www.sammlungonline.karikatur-museum.de

n Gruschteln der Superlative Nachdem im vergangenen Jahr der Umzug des traditionsreichen Pforzheimer Gruschtelmarktes von der Innenstadt sehr erfolgreich auf den Bereich Waisenhausplatz und rund ums Stadttheater verlegt wurde, wird er auch in diesem Jahr wieder an zwei Tagen dort durchgeführt. Auch der Brückenbereich über die Enz wird am 21. und 22. Juli wieder in das Marktgeschehen einbezogen. Beibehalten wird, dass der Markt am Samstagabend in der Zeit von 19 bis 23 Uhr stattfindet und am Sonntag ab 11 Uhr fortgesetzt wird. Marktende ist um 18 Uhr. Der Kinderflohmarkt ist erstmals direkt hinter dem Theater innerhalb der Mauern des Kunstobjekts. Wie gut dieser neue Standort und die neuen Marktzeiten im letzten Jahr sowohl von den Ausstellern als auch von den Besuchern angenommen 07 / 18


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DESIgn 14

DAnISH DESIgn HEIDrun TH. grIgoLEIT

unter dem Titel „Made in Denmark – Dänische Formgestaltung seit 1900“ präsentiert das grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig in einer Sonderausstellung noch bis zum 7. oktober rund 320 objekte aus Dänemark. gezeigt werden dänische Möbel, Keramik, Silber und Spielzeug größtenteils aus der Zeitspanne zwischen den 1920er- bis zu den 1960er-Jahren.

Dänisches Design Dänisches Design ist untrennbar mit namhaften Design-Ikonen des 20. Jahrhunderts verbunden, da dänische Entwerfer wie Kaare Klint, Arne Jacobsen oder Verner Panton die Produkt- und Wohnkultur ganzer Generationen geprägt haben – vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seltener wird thematisiert, dass dieser Ära ebenso bedeutende Gestalter, Kunsthandwerker sowie neue internationale Kunstrichtungen und Strömungen vorausgingen: Es war gerade der „Skønvirke“, so der Name der dänischen Ausprägung des Jugendstils, der die Basis für das moderne dänische Design schuf. Besondere Beachtung wird in der Ausstellung daher den herausragenden Vertretern dieses Stils geschenkt – den Designern Thorvald Bindesbøll und Johan Rohde. Interessant ist auch der Blick auf Tendenzen im Art Déco und Funktionalismus. Sowohl das berühmte dänische Silber als auch keramische Arbeiten von expressiver Ausdruckskraft spiegeln den Facettenreichtum dänischer Formgestaltung jener Zeit wider. Die Leipziger Ausstellung basiert ausschließlich auf dem eigenen Bestand des Grassi Museums. Denn in der Leuchter König Salomon auf einem Elefant, Entwurf: Bjørn Wiinblad, 1970er-Jahre, Ausführung: Bjørn Wiinblad, 1986, Fayence, 38 × 25 ×19,2 cm, Schenkung Hugo Ströh, Kiel, 2016 Foto: Esther Hoyer Vase, Entwurf: Thorvald Bindesbøll, 1887, Ausführung: Johan Wallmann, Irdenware, Bleiglasur, 32 × 19 × 19 cm, Schenkung Familie Lafrenz, Hamburg, 2014 Foto: Punctum/Betram Kober 07 / 18


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DESIgn 15 mark eine Suche nach neuen, unverbrauchten Formen ein. Neben Arts & Crafts, einer englischen Bewegung, die bereits in den 1860er-Jahren begonnen hatte, kamen wichtige Impulse aus Ostasien: Der sogenannte Japonismus spielte eine zentrale Rolle für die dänische Variante des Jugendstils „Skønvirke“. Charakteristisch in Dänemark war zudem, dass der Gebrauchswert der Gegenstände bei allen künstlerischen Überlegungen nie in den Hintergrund trat. Hier hatte (und hat) die Funktionalität eines Gegenstands immer höchste Priorität – lange bevor das Konzept des Funktionalismus auftrat. Der Start der künstlerischen dänischen Avantgarde war jedoch zunächst nicht leicht und auf der Pariser Weltausstellung erhielten nicht etwa die gewagten und fortschrittlichsten dänischen Entwürfe Anerkennung, sondern vielmehr Arbeiten in den bereits etablierten Formen der sogenannten Neo-Stile.

Thorvald Bindesbøll sächsischen Metropole wurde seit Ausgang des 19. Jahrhunderts eine mittlerweile fast 900 Positionen umfassende aussagekräftige Kollektion dänischer Kunstwerke zusammengetragen. Die vorhandene Sammlung ist so facettenreich, dass sie die Gestaltqualitäten des dänischen Kunsthandwerks und Designs übergreifend darzustellen vermag. Besonders der Keramikbestand ist vorzüglich, Silber und Metallobjekte sowie Kleinplastiken sind stark und Möbel gut vertreten. Die Schau wird durch die Schmucksammlung Schwandt ergänzt. Diese kann mit Preziosen namhafter Schmuckentwerfer wie Georg Jensen oder Mogens Ballin aufwarten, die das Bild komplettieren und ein eigenes Schlaglicht auf die dänische Schmuckentwicklung des 20. Jahrhunderts werfen. Vase mit Silbermontierung, Entwurf Montierung: niels georg Henriksen, Ausführung Montierung: A. Michelsen, 1907, glasur: Valdemar Engelhardt, Ausführung Vase: royal Copenhagen, 1900, Porzellan, Silber, 18 × 7,6 × 6,6 cm, erworben aus dem Kunsthandel mit Mitteln der Slg. giorgio Silzer und mit unterstützung des Freundeskreises grASSI Museum für Angewandte Kunst e. V., 2015 Foto: Punctum/Betram Kober Weinkanne, Entwurf: Johan rohde, ca. 1913/14, Ausführung: A. Dragsted, Silber, Ebenholz, 27 × 16 × 11,5 cm, erworben im Kunsthandel 2015 Foto: Esther Hoyer

Wandteller mit Schwänen, Entwurf Dekor: Marianne Høst, Ausführung: royal Copenhagen, 1898, Porzellan, unterglasurmalerei, 39,2 × 39,2 × 7 cm, erworben vom Hersteller auf der Weltausstellung, Paris, 1900 Foto: Christoph Sandig

Dänischer Jugendstil „Skønvirke” Die angewandte Kunst des 19. Jahrhunderts war in ganz Europa zunächst weitgehend vom Historismus geprägt. Um die Jahrhundertwende vollzog sich ausgehend von England dann eine Trendwende. Anstatt wie bisher Elemente historischer Stile nachzuahmen, setzte auch in Däne-

Pionierarbeit leistete vor allem Thorvald Bindesbøll, der ein Universalkünstler war. Ursprünglich ausgebildet als Architekt, wendet er sich wegen mangelnder Aufträge den angewandten Künsten zu und entwarf Möbel, Keramiken, Metallwaren und grafische Arbeiten. Für die dänische Kunstgewerbeabteilung auf der Pariser Weltausstellung von 1900 gestaltete er die großen Eingangsportale. Aus verschiede-


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DESIgn 16 so etwa ein Leuchter für die Werkstatt P. Ipsens Enke. Die Wolkenornamente erinnern hier stark an barocke Formen, während eine andere, ebenfalls bei Ipsens Enke ausgeführte Vase zeigt, dass Bindesbøll sich auch an abstrakt-geometrischen Dekoren versuchte. Die Stücke verraten jedoch wenig über die genaue Entstehungszeit, denn Bindesbøll arbeitete parallel in mehreren Stilrichtungen. Häufig bediente er sich jedoch seiner typischen Ornamentik, die seinen Schüler Svend Hammershøi sicherlich auch zum Entwurf einer Vase für die Werkstatt von Herman August Kähler inspirierte. Hammershøi entwarf nicht nur für Kähler in Næstved, sondern auch für die Königliche Porzellanmanufaktur in Kopenhagen.

Silberwaren Im Bereich der Silberwaren bestimmten mehr oder weniger zeittypische Dekore das Bild – insbesondere natürlich florale Motive, wie sie sich etwa in Form von Mohnblumen auf einer Teekanne zeigen, die Niels Georg Henriksen für die Silberschmiede A. Michelsen entwarf. Auch auf einer Wasserkanne, einem Sahnegießer und einer Zuckerschale von S & M Benzen tauchen die im Jugendstil beliebten Mohnblumen auf. Generell waren dem Silber wegen hoher Materialpreise jedoch engere Grenzen gesetzt als der Keramik oder dem Zinn, die beide größere Spielräume Seehase mit Krebs, Entwurf: Carl Hugo Liisberg, wohl 1930er-/1940er-Jahre, Ausführung: Saxbo Stentøj, Steinzeug, glasiert, 41,7 × 33 × 23 cm, Schenkung Hugo Ströh, Kiel, 2016 Foto: Esther Hoyer Porträt Helen Schou, Einar utzon-Frank, wohl Anfang 1930er-Jahre, Steinzeug, bemalt, 47 × 46 × 22 cm, Schenkung Hugo Ströh, Kiel, 2016 Foto: Esther Hoyer nen Einflüssen entwickelte Bindesbøll eine charakteristische, organisch-kraftvolle Ornamentik, die man mit Wolkenformationen assoziieren kann. Diese Formen waren einerseits von barockem Knorpelwerk und japanischen Holzschnitten inspiriert, andererseits überaus eigenständig und wurden von Zeitgenossen nach seinem Spitznamen prägnant als „Bølle-Ornamente“ bezeichnet. Seine typische Formensprache hielt Einzug in alle seine Arbeitsfelder. Anfangs überforderten solche ungewohnten Entwürfe das zeitgenössische Publikum, waren aber prägend für andere namhafte Künstlerkollegen wie etwa Svend Hammershøi oder Mogens Ballin. Eine besonders große stilistische Bandbreite zeigte Bindesbøll bei Keramiken, die er vielseitig und experimentierfreudig gestaltete. Seine Entwürfe lassen teilweise noch die Einflüsse des Historismus erkennen, 07 / 18


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DESIgn 17 A. Michelsen ausgeführten Montierung zeichnete deren damals wichtigster Entwerfer Nils Georg Henriksen verantwortlich: Die helle, in zarten Grüntönen gehaltene Glasur erinnert an Wasser. Die Silbermontierung in Form von umlaufenden Fischen und Wellen wirkt durch die symmetrische Anordnung der geschwungenen Formen statisch und dynamisch zugleich. Durch die harmonische Verbindung der strengen Grundform mit diesen Details bildet die Vase ein Bindeglied zwischen den üppigen und den strengen Ausprägungen des dänischen Skønvirke. Solche Formen entdeckt man nicht nur bei Keramiken für die Königliche Terrakotta– Manufaktur P. Ipsens Enke, sondern auch bei verschiedenen Variationen von Bestecken für Rasmus Jensen und für andere Silberschmieden.

Zinngestaltung

zum Experimentieren erlaubten. Ein Beispiel für eine gelungene Kooperation mehrerer Künstler und Werkstätten liefert eine Porzellanvase mit Silbermontierung. Der Entwurf für die Kristallglasur stammte von Valdemar Engelhardt; die Vase wurde von der Königlichen Porzellanmanufaktur hergestellt. Für die Gestaltung der bei

Als wichtigster Förderer der Zinngestaltung ist Mogens Ballin zu nennen, der nach seiner Tätigkeit als symbolistischer Maler 1899 eine Metallwerkstatt gründete. Ballin gelang es, dem Zinn, das in den Jahrzehnten in den Hintergrund getreten war, wieder ein höheres Ansehen im Kunsthandwerk zu verleihen. In seiner Werkstatt entstanden Schmuck- und Korpuswaren mit Dekoren in allen Spielarten des Jugendstils. Die meisten Gestalter, die für Ballin arbeiteten, kamen aus der freien Kunst – sowohl Bildhauer als auch Maler lieferten Entwürfe für das kleine Unternehmen. Einzig Georg Jensen, der zeitweise die Werkstatt leitete und später zum wahrscheinlich wichtigsten dänischen Sil-

berwarenproduzenten des 20. Jahrhunderts wurde, war ein klassisch ausgebildeter Goldschmied.

Johann rohde Während seiner Arbeit bei Mogens Ballin lernt Johann Rohde dann Georg Jensen kennen, mit dem er seitdem freundschaftlich verbunden blieb und für den er in den folgenden Jahren einige, teilweise noch heute produzierte Modelle lieferte. Zu Beginn der 1920er-Jahre wurden seine Entwürfe für Korpussilber formal immer strenger und Dekore auf ein Minimum reduziert. Ab Mitte der 1920er-Jahre wählte Rohde geometrische oder organisch anmutende Gefäßformen, um der Materialästhetik des Silbers mehr Raum zu geben – nur betont durch leichte Hammerschlagoptik und edle Materialkombinationen. Rohde verkörpert eine künstlerische Persönlichkeit, der es gelang, vom ausgehenden Historismus mit nahezu logischen Entwicklungsschritten geschmeidig in die Moderne zu gleiten.

Svend Hammershøi Auch andere Gestalter wählten vergleichbare Wege, so etwa Svend Hammershøi, der gleichfalls Entwürfe für renommierte Silberschmieden lieferte, aber die künstlerische Wandlung beginnend unter dem Einfluss Bindesbølls vorwiegend in keramischen Arbeiten vollzog. Er kam schon 1893 als künstlerischer Former zu Kähler

Safari-Stuhl, Entwurf: Kaare Klint, 1933, Ausführung: rud. rasmussen, Esche, Leinwand, Leder, 57 × 80 × 57 cm, Schenkung Friedhelm Wachs, 2017 Foto: Esther Hoyer Spaltekande, Entwurf Form: Eva Stæhr-nielsen, 1932, glasur: nathalie Krebs, Ausführung: Saxbo Stentøj, 1937-1945, Steinzeug, glasiert, 18 × 11,4 × 11,4 cm, erworben im Kunsthandel, 2016 Foto: Punctum/Bertram Kober Kanne, Entwurf: Svend Weihrauch, 1930, Ausführung: Frantz Hingelberg, 1932, Silber, rattan, 16,3 × 21,5 × 13,5 cm, erworben aus dem Kunsthandel mit Mitteln der Slg. giorgio Silzer und mit unterstützung des Freundeskreises grASSI Museum für Angewandte Kunst e. V., 2017 Foto: Punctum/Bertram Kober 07 / 18


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DESIgn 18 tisch innovativ waren zudem figürliche Porzellane, die um 1900 zu neuer Blüte gelangten und in beiden Kopenhagener Porzellanmanufakturen eine große Rolle spielten: Großer Beliebtheit erfreuten sich die Kombinationen aus Gefäßen und plastischem Dekor – Schnecken, Echsen, Insekten, vorwiegend aber Meeresgetier, die an den Rand der Gefäße gesetzt wurden, wo sie als Handhaben dienten oder sich wie natürlich im Wasser spiegelten. Auch durchbrochene Wandungen oder plastisch strukturierte Oberflächen wie bei zahlreichen Gefäßen von Bing & Grøndahl waren Neuheiten, die auf internationalen Ausstellungen für Aufmerksamkeit sorgten. Noch lebensechter aber wirkten reine Tierplastiken wie Fische, Eisbären oder Schnee-Eulen, die in einer hellen, kühlen Farbskala besonders modern und eigenständig schienen. Es waren Arbeiten von Bildhauern wie Jens Peter Dahl-Jensen, in denen die figürliche Keramik beieindruckend zu künstlerischem Ausdruck gelangte. In den 1920er-Jahren erlangte diese Tradition durch Kai Nielsen dann eine neue Blüte.

Art Déco und Funktionalismus

und blieb der Werkstatt bis zu seinem Tod im Jahre 1948 verbunden. Wie kaum ein anderer prägte er die Entwicklung dieser bedeutenden Werkstatt. Die schon 1839 gegründete Töpferei in Næstved nahm ab den 1860er-Jahren unter Herman August Kähler, einem Sohn des Gründers, enormen Aufschwung und konnte sich international etablieren. Kählers Verdienst war die Zusammenarbeit mit den besten Künstlern und Keramikern der Zeit, die der Werkstatt unterschiedliche Ausrichtungen verliehen. Das breite Spektrum reichte von gehobener Gebrauchskeramik mit volkstümlichen und später auch expressiven Dekoren, über exklusive Stücke bis hin zur figürlichen Keramik.

Experimentierfreude Wie in anderen europäischen Ländern lösten sich damals auch in Dänemark die

Affe, Kay Bojesen, 1951, Limba- und Teakholz, 25,5 × 15 x 6 cm (ausgestreckt), Schenkung Hugo Ströh, Kiel, 2016 Foto: Esther Hoyer Fonduetöpfe, rechaud und Kochtopf aus der Serie Købenstyle, Entwurf: Jens Harald Quistgaard, 1954 Vertrieb: Dansk Designs, ab 1966, Stahl, Email, Holz, links: 11,3 × 31 × 18 cm, Schenkung aus Privatbesitz, 2012, Mitte und rechts: Schenkung / donation Inge & Wilfried Funke, 2017, 2012.1166; 2017.296; 2017.294 Foto: Punctum/Bertram Kober 07 / 18

Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und dekorativen Künsten immer mehr auf. Niels Hansen Jacobsen, Bildhauer und Keramiker, experimentierte nicht nur mit der symbolistischen Malerei, sondern auch mit Techniken der Malerei, die er nicht als bloße Oberflächendekoration verstand, sondern als malerischen Akt in Keramik zu übersetzen versuchte. Diese Ausdrucksform hatte er in Frankreich kennengelernt, wo auch Glasurexperimente, inspiriert durch japanische Vorbilder, ihren Ursprung haben. Dies beeinflusste auch die Produktion der Königlichen Porzellanmanufaktur, wo Arnold Krog und der Chemiker Valdemar Engelhardt leuchtende Kristallglasuren auf einfachen Gefäßformen zur Geltung brachten. Nur wenig später experimentierte auch Patrick Nordström mit Laufglasuren, die auf den schlichten, oft japanisch inspirierten Gefäßformen wunderbar aussahen. Ästhe-

In den 1920er- und 1930er-Jahren waren es auch in Dänemark hauptsächlich zwei Strömungen, die das Kunsthandwerk bestimmten: das Art Déco und der Funktionalismus, wobei dänische Designer in der jeweiligen Formensprache gemäßigt blieben. Auffallend viele Künstler wandten sich jedoch der Keramik zu und zeigten in diesem Bereich eine Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten. Besonders Steinzeug mit seiner natürlichen Materialität übte eine große Faszination aus auf Künstler wie Jais Nielsen, Knud Kyhn und Jean Gauguin. Sie alle schufen ausdrucksstarke Plastiken mit japanisch und chinesisch inspirierten Glasuren – Ochsenblut-, Sung-, Bären- und Seladonglasuren. Ein anderer Weg lässt sich bei figürlichen Porzellanen beobachten, wo sich eine Renaissance des Rokoko abzeichnete. Waren Kai Nielsens Tafelaufsätze noch einem klassizistischen Erbe verpflichtet, begab er sich mit seiner „Prinzessin auf der Erb-


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DESIgn 19 se“ von 1922 dann jedoch auf eine zweideutige Ebene der Darstellung, die auch die Arbeiten von Arno Malinowski und Gerhard Henning auszeichnet. Den ausführenden Werkstätten Bing & Grøndahl und der Königlichen Porzellanmanufaktur gelang der Spagat zwischen den künstlerischen Atelierstücken und den sachlichen Entwürfen für die Gefäßkeramik, wie sie beispielsweise Ebbe Sadolin lieferte. Seine Vase war auf die Kugelform reduziert; einen Akzent setzte er mit dem bronzefarbenen Rand an der Mündung. Vollkommen auf Form und Farbe reduziert war auch eine Kanne, die Eva Stæhr-Nielsen 1932 für die Steingutfabrik Saxbo Stentøj entwarf, ein Unternehmen, das einfache, seriell produzierbare Formen mit japanisch inspirierten seidenmatten Glasuren

produzierte. Die Form dieser sogenannten Spaltekande war schlicht und zeigte bereits damals den Weg in den dänischen Modernismus der folgenden Jahrzehnte. Einen modernen Weg setzten auch die Silberschmiede in den rund zwanzig Jahren zwischen den beiden Weltkriegen konse-

quent fort. Die in den Vorjahren noch sehr beliebte Methode des Hammerschlags fand man nach 1920 kaum noch. Die großen Flächen der Korpuswaren blieben nun unbehandelt, so dass die spiegelnden Eigenschaften des Metalls voll zur Geltung kamen. Auch die Formen wurden nun zusehends schlichter. Teeservice wurde vollständig aus der Grundform der Kugel entwickelt. Kontraste zur glatten Oberflächengestaltung waren stark geschwungene Henkel aus Ebenholz, die sich im sil-

großes kubistisches gefäß, Karen Bennicke, vor 1991, Steinzeug, gebaut, 30 × 24 × 20 cm, Schenkung Annegret & gerd Schütte, Bad Iburg, 2010 Foto: Christoph Sandig © Vg Bildkunst Teekanne HH465, Entwurf: Karl gustav Hansen, 1953, Ausführung: Leon Kastbjerg nielsen, 1994, Silber, Büffelhorn, 17,8 × 24 × 12 cm, erworben aus dem Kunsthandel mit Mitteln der Slg. giorgio Silzer und mit unterstützung des Freundeskreises grASSI Museum für Angewandte Kunst e. V., 2015 Foto: Punctum/Bertram Kober Pendelleuchte PH Artichoke, Entwurf: Poul Henningsen, 1958, Ausführung: Louis Poulsen & Co, Kupfer, Edelstahl, 73 × 84 × 84 cm, Schenkung Friedhelm Wachs, 2018 Foto: Esther Hoyer 07 / 18


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DESIgn 20 rotierende Achse gespannt und mit einem Stahlstab an die sich ebenfalls drehenden Modelle gedrückt. Auch Griffe und Standringe wurden aus vorgefertigten Teilen produziert und anschließend an den Korpus gelötet. Mit der Rationalisierung wandelten sich auch die bevorzugten Materialien. Für die Handhaben silberner Korpuswaren kam nun beispielsweise das im Vergleich zum Ebenholz deutlich günstigere Ebonit zum Einsatz – etwa bei einem Kaffeeservice von Svend Weihrauch. Da sich Ebonit einmal gehärtet nicht mehr nachträglich biegen lässt, bedienten sich die Entwerfer aber auch weiterhin traditioneller Materialien. Bei der Formgestaltung nahmen die dänischen Silberschmiede zwar den Funktionalismus auf, waren in ihren Arbeiten aber nicht so dogmatisch wie etwa ihrer Künstlerkollegen in Deutschland.

Möbeldesign

bernen Korpus spiegelten. Auch Teile einer Gewürzmenage von Harald Nielsen waren aus der Kugelform gebildet. Details setzte Nielsen mit treppenartig abgestuften Handhaben des Tabletts. Die zunehmend schlichten Formen waren auch eine Konsequenz der fortschreitenden kriegsbedingten Rationalisierung. Die Entwerfer standen nun vor der Herausforderung, Entwürfe so anzulegen, dass diese sich technisch einfach umsetzen ließen. Eine wichtige technische Errungenschaft brachte dann die Drückbank: Je nach Höhe der erwünschten Form wurden Silberscheiben, Konen oder Zylinder auf eine

Beim Möbeldesigns war es Kaare Klint, der den dänischen Funktionalismus etablierte und den Grundstein für eine dänische Moderne legte, die in den 1950erJahren international gefeiert wurde. Kaare Klint suchte nach archetypischen Formen, die sich den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft anpassen. Seine Stuhlmodelle aus den 1920er-Jahren waren Weiterentwicklungen klassischer, oft englischer Vorbilder. Der Safari-Chair von 1933 hingegen war die Adaption eines traditionellen indischen Klappstuhls, der vom britischen Militär eingesetzt wurde. Klints Version des klappbaren Stuhls wurde nun als komfortable Sitzgelegenheit für die moderne Stadtwohnung interpretiert. Ähnlich

einfach in der Herstellung und ebenso mobil war auch der 1932 von Mogens Koch entworfene faltbare Stuhl Modell MK 16, der allerdings erst 1960 in Serie ging und der wie der Safari-Chair noch heute produziert wird.

„Made in Denmark” Die Industrialisierungsprozesse verstärkten sich nach Ende des Zweiten Weltkriegs auch unter dem Einfluss der internationalen Nachfrage nach den beliebten dänischen Produkten. Dabei kam (und kommt) die Wertschätzung für dänisches Designs schon immer auch von seiner soliden handwerklichen Herstellung – egal ob für erschwingliche Industrieprodukte, handwerkliche Kleinserien oder Unikate. Schlichtheit, ja fast schon Bescheidenheit, die Begeisterung für Naturmaterialien und Funktionalität treffen auf die allermeisten dänische Arbeiten zu – ob bei den Keramikern, Silberschmieden oder den industrialisierten Möbelherstellern. In dieser Mischung liegt wohl auch das Erfolgsrezept für die internationale Anerkennung des dänischen Designs. In den 1950erund 1960er-Jahren eroberte skandinavisches Design dann endgültig den internationalen Markt. Befördert wurde dies durch

Brosche golfspieler, Entwurf Design: Bjarne Weimar, 1944, Ausführung: Evald nielsen, Silber, 6 x 3,5 cm, Slg. Marion und Jörg Schwandt, Berlin Foto: Martin Adam Schaukelstuhl relaxer 2, Entwurf: Verner Panton, 1974, Ausführung: rosenthal Studio-linie, Buchenholz, Textilbezug, 82 × 62,5 × 100 cm, Schenkung Friedhelm Wachs, 2017 Foto: Esther Hoyer Beistelltisch Micado, Entwurf: Cecilie Manz, 2003, Ausführung: Fredericia Furniture, Eiche, 49 × 60 × 60 cm, Schenkung Fredericia Furniture, 2018 Foto: Fredericia Furniture 07 / 18


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die schon in den Jahrzehnten zuvor erfolgte Emigration bedeutender Gestalter in die USA.

„Danish Modern” „Danish Modern“ steht in erster Linie für Möbeldesigner wie Arne Jacobsen, Hans J. Wegner, Verner Panton und Børge Mogensen. Sie erschufen in den 1950er- und 1960er-Jahren Klassiker, die größtenteils noch heute in Produktion sind. Die Formensprache dieser jungen Designer-Generation war geprägt von der eigenen Tradition eines gemäßigten Funktionalismus, den man auch als „zweckdienlich“ beschreiben kann, und beeinflusst von den USA, wo Architekten wie Charles Eames sich organischen Formen zuwandten und nach Materialien forschten, die eine dreidimensionale Formgebung ermöglichen – mit Ausnahme von Verner Panton, der das Potenzial des Werkstoffes Kunststoff schon in den 1950er-Jahren erkannte und auch gern mit Metallwerkstoffen experimentierte, blieben die meisten dänischen Designer jedoch beim vertrauten Material Holz. Aber selbst Verner Panton, der vielleicht exzentrischste dänische Designer, sieht sich selbst in der Tradition des Funktionalismus und der älteren dänischen Entwerfer-Generation, obwohl er mit kräftigen Farben und modernen Kunststoffen mit den gängigen Vorstellungen der däni-

schen Wohnkultur brach – was aber auf dem internationalen Markt gut ankommt.

Form, Funktion und Material Die Idee eines harmonischen Gleichgewichts zwischen Form, Funktion und Material ist beim dänischen Design jedoch überall präsent und auch zum Markenzeichen der dänischen Möbelindustrie geworden. Die Entwürfe des bedeutenden Designers und Architekten Arne Jacobsen reichen darüber hinaus – vom Möbel über Beleuchtung und Besteck bis hin zum kleinsten Ausstattungsstück – und entstehen meist in Verbindung mit Bauprojekten, die ihm internationale Anerkennung bringen. Mit dem Möbelhersteller Fritz Hansen realisierte er eine Reihe von Design-Ikonen, die größtenteils noch heute produ-

ziert werden, etwa die Modelle aus dreidimensional verformtem Schichtholz mit typisch, organisch fließenden Silhouetten. Auch dänische Tafel- und Küchenaccessoires sind bis heute erfolgreich und zeichnen sich durch hohe Qualität aus. Bei Glasprodukten von Holmegaard ist es die Handschrift von Per Lütken, der viele Jahre die künstlerische Ausrichtung der Manufaktur bestimmte. Auch die Verdienste des Silberschmieds Kay Bojesen muss man würdigen, der schon in den 1930erJahren forderte, auch Alltagsgegenstände qualitätsvoll zu produzieren – etwa Spielzeug. Dieses sollte sowohl pädagogische wie künstlerische Qualitätsansprüche erfüllen und führte letztendlich auch zur Modernisierung der Spielzeugindustrie. Seine durchdachten, soliden und fantasievollen Spielzeugtiere waren im Inland wie Ausland sehr gefragt. Spätestens nach 1945 hat sich „Made in Denmark“ als internationales Markenzeichen etabliert. Spezifisch ist dabei, dass sich im dänischen Design handwerkliche Qualität mit einem hohen gestalterischen Anspruch verbinden und damit ein enorm breites Publikum erreichen lässt. Heute ist dänisches Design Inbegriff eines zeitlosen und dennoch modernen Lebensstils und hat Vorbildcharakter.

Informationen „Made in Denmark. Formgestaltung seit 1900“, Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig, Johannisplatz 5-11, 04103 Leipzig, Ausstellung noch bis zum 7. Oktober 2018, gleichnamiger Ausstellungskatalog erschienen bei Arnoldsche Art Publishers, 276 Seiten, 250 farbige Abbildungen, zweisprachig Deutsch/Englisch, Preis: 44,- Euro. Fotos: Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig und wie angegeben

Brosche, Entwurf: Thorvald Bindesböll, 1904/08, Ausführung: Holger Kyster, Silber, Bernstein 7,2 x 9,6 cm, Slg. Marion und Jörg Schwandt Foto: Martin Adam Armband, Bent Knudsen, 1957, Silber, L 19,5 cm, Slg. Marion und Jörg Schwandt, Berlin Foto: Martin Adam 07 / 18


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.. SCHWARZES GOLD FUR SCHALLPLATTEN-SAMMLER NEUE DEUTSCHE WELLE (NDW) SINGLES AUS DEN ANFANGSTAGEN

€ 40-50 Abwärts „Roboter in der Stadt”. Die von „New Wave” und experimentellen „Punk” geprägte Single erschien 1981 auf Zickzack Platten. Das Hamburger Label gehört zu den bedeutensten NDW Labeln. Es wurde von Alfred Hilsberg gegründet, der zuvor als Journalist beim „Sounds”-Magazin tätig war und seit 1979 den Begriff NDW mit prägte

€ 10-15 Andreas Dorau & Die Marinas „Fred vom Jupiter”, erschienen 1981 auf Ata Tak. Das Düsseldorfer Label von Kurt Dalke (Der Plan) gehört mit zu der Speerspitze der „avantgardistischen NDW”. Der Song über einen außerirdischen Charmeur entstand während eine Projektwoche an der Otto-Hahn-Gesamtschule in Hamburg

€ 80-100 Kein Mensch! „Same”, erschienen 1981 auf Tonträger 58 Hagen. Bemerkenswerte „Synth Punk” Band aus der Stadt in Westfalen mit der damals noch zweistelligen PLZ. Der erste Radioplay kam wohl von BBC Radio One Legende John Peel

€ 150-200 Holger Kielgas (Ex AGM/Blutsturz) „Warum”, veröffentlicht 1981 bei

€ 40-70 Bildstörung „Frankfurt Babylon”, 1981 auf GeeBeeDee, einem dem „NDW/Punk” verschriebenen Label aus Hannover mit gut 70 Releases zwischen 1977 und 1983. Wie viele „Neue Welle”Platten orientiert sich auch diese 7-Inch am anglophilen „New Wave” und „Punk”

€ 40-50 Die Fehlfarben „Große LiebeMaxi”, veröffentlicht 1980 auf WeltRekord, Nr. „WER 001”. Erster Release (1.000 Copies) der Band und des Labels um Peter Hein. Der Düsseldorfer gehört zu den Pionieren der deutschen „SkaPunk”-Szene und spielte u. a. bei Charley’s Girls, Mittagspause, Family 5. Das Label wurde noch im gleichen Jahr von EMI Electrola aufgekauft € 70-100 Ideal „Wir steh’n auf Berlin”, erschienen 1981 auf dem bandeigenen Label Eitel Imperial. Debüt-Single der Berliner „New Waver” um Sängerin Annette Humpe, die mit den Songs „Blaue Augen”, „Monotonie” und „...Berlin” von 1980-1983 großen Erfolg hatten. Danach lösten sie sich auf. Im gleichen Jahr platzte die kommerzielle NDW-Blase. Aufgrund der Vereinnahmung und Bereicherung durch „Major”-Labels wurde das Genre durch „Schlager”- und „Klamauk”-Hybride seiner Originalität und Eigenständigkeit beraubt

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dem ersten Bremer „Punk/New Wave”Label Heimat Records. Anklagend, verstörend und melancholische „Minimal Wave” 5-Track 7 Inch

€ 10-15 Krupps „Wahre Arbeit – wahrer Lohn”, erschienen 1982 auf WEA Germany. Die Krupps gelten als die deutschen Pioniere der „Electric Body Music” (EBM) mit einer Mischung von maschinellen Sounds, die später zum „Electro-Metal-Crossover” führten


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€ 15-20 Malaria „How Do You Like My New Dog?”, erschienen in Belgien1981 auf Les Disques Du Crépuscule. Berliner Female „New Wave” Band die 1982 mit „Kaltes klares Wasser” einen Szene-Hit landeten

€ 50-70 Male „Clever & Smart”, 1979 bei Rondo, gegründet 1976 in Düsseldorf. Wahrscheinlich eine der ersten deutschen „Punk”Bands. Aus den Pionieren gehen 1981 Die Krupps und Freunde der Nacht hervor

€ 10-20 Östro 430 (1979-84)„Vampir”, veröffentlicht 1982 auf dem Düsseldorfer „New Wave”-Label Schallmauer auf dem auch Bands wie Nichts, KFC und Family 5 erschienen. Die Hauptthemen der „Frauenpunk-Band” waren Sex, überholte Ansichten über Frauen und Spießertum

€ 30-40 Palais Schaumburg „Telephon”, 981 auf Zickzack. Zweite Single der Hamburger „Avantgarde New Waver” um „Szene Kult Figur” Holger Hiller. Der „Residents”-Sound ist geprägt vom schrägen, nahezu atonalem Gesang und kniffligen Rhythmen, die oft von „jazzig” anmutenden Bläsern gestützt werden

€ 20-30 Saal 2 „Angst vorm Tanzen”, 1980 auf Zickzack, Nr. „ZZ 5”. 4-Track EP mit kurzen „Minimal Synthpop”-Stücken. Der NDW war es zu eigen, dass sie sich aus den unterschiedlichsten Stilen der Rock und PopMusik bediente, wie z. B. aus New Wave, Reggae, Rockabilly, Punk, Jazz sowie später aus Disco und Schlager. Allgemein kennzeichnend war die deutsche Sprache und der Minimalismus in der Darbietung

€ 20-25 Wat Nu „Skandal”, erschienen im August 1980 auf Rondo, das 1979 von Franz Bielmeier in D’dorf gegründet wurde. Kölner „New Wave”-Band mit Anleihen des „Nu Ska” („Neo Ska”)

€ 25-40 the Wirtschaftswunder „Television & Kommissar”, erschienen 1980 auf Zickzack, Nr. „ZZ11”. „No Wave”-Hommage an das Deutsche Fernsehen der 70erJahre mit Text-Auszügen aus der Kultserie „Der Kommissar” mit Erik Ode

€ 100-200 Trio (1979-1986) „Same 10 Inch”, 1981 auf Jump, Monopressung. Die 3 „Minimalisten” aus Großenkneten landeten später mit „DaDaDa” einen Welthit, der in über 30 Ländern bekannt wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits beim MajorLabel Mercury unter Vertag und hatten sich auf der kommerziellen Seite der Neuen Deutschen Welle erfolgreich positioniert

Alle angegebenen Schallplattenpreise verstehen sich als ungefähre Richtpreise, die bei Internet-Auktionen, Schallplattenbörsen, Sammler-Foren, Festpreislisten, Privatverkäufen etc. erzielt oder angeboten wurden. Die Preise gelten in der Regel für Mint/Mint- Exemplare (neuwertig bzw. minimale Gebrauchsspuren).

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SCHUCO VARIANTO LUDGER SPIELBERG

beachtlichen Anlage bringen kann." Mit dieser Ankündigung startete der Spielwarenhersteller Schuco aus Nürnberg 1951 ein ganz neues und sicherlich auch als Alternative zur Modelleisenbahn gedachtes Systemspielzeug mit nahezu unbegrenzten Ausbaumöglichkeiten. Spielzeugautos waren Anfang der 1950er-Jahre schon seit Jahrzehnten äußerst beliebt und in riesiger Auswahl erhältlich, doch die Straßen nur in der Fantasie der Kinder vorhanden oder eventuell durch Markierungen auf dem Boden, mit Brettern, Steinen usw. gestaltet. Zwar gab es, wie etwa von Tipp & Co. oder den Gebrüdern Einfalt/Technofix, Straßen aus zusammensteckbaren Schienen oder auf bedruckten Blechplatten, doch war damit auch der Spielverlauf schon vorgegeben und es konnte nur die Fahrt auf der

Hochbahnspiel 3010 H

Alternative zur Modelleisenbahn „Das müßt ihr natürlich wissen, bevor ihr anfangt mit diesem interessanten neuen Spielzeug zu spielen. Also passt mal auf! Was für die Eisenbahn die Schienen, das sind für die Autos die Straßen. Weicht der Autofahrer von der Strecke ab, so geschieht meistens ein böses Unglück. Deshalb fahren bei SCHUCO-VARIANTO 3010 die Autos auf einer Straße bezw. einem ganzen Straßennetz aus Leitdrähten. Diese Leitdrähte können beliebig verlän-

Das Deckelbild der Hochbahnverpackung zeigt verschiedene Aufbaumöglichkeiten. Neben der eigentlichen Neuheit, einer Verwendung als ovales Steckstraßensystem auf Pfeilern, sind auch mehrere mögliche Brückenbauten abgebildet. Hier wird eine ovale Hochbahn von der Uhrwerklimousine und einem Elektro-Lkw befahren. – Der Inhalt des Hochbahnkasten mit Steckstraßen, Pfeilern, Spiraldrähten, Weiche, zwei Kreuzungen, den beiden Fahrzeugen und einer Schachtel mit Kleinteilen (Schrauben, Verbindungsstifte, Fernlenkungen usw.). Bis auf die gebogenen Straßenteile war das übrige Zubehör schon aus anderen Varianto-Kästen bekannt. – Die Varianto-Limousine, hier im Fahrbetrieb auf einem Spiraldraht vor einer Kreuzung. Mit dem Hebel am Heckfenster kann die Geschwindigkeit der Limousine reguliert werden

gert und verlegt werden und die Autos fahren auf ihnen ganz sicher den vorgeschriebenen Weg. (...) SCHUCO-Varianto 3010 will endlich mal ein Auto- und Verkehrsspiel sein, das vielseitig, interessant, ausbaufähig wie eine Eisenbahn und doch so billig ist, daß es jeder von Euch zu einer 07 / 18


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SPIELZEUG 85 ge, von denen einige mit Uhrwerken, andere auch von Elektromotoren angetrieben wurden. Bei kleineren Autos, etwa der Limousine und dem Cabrio, war eine Elektrifizierung nicht möglich, da die Karosserien keinen Platz für die Batterien boten. Der Lkw „Lasto" hingegen konnte in der elektrischen Ausführung die Batterien ganz einfach auf der Ladefläche mitführen.

Das „fünfte Rad am Wagen" ist beim Varianto-System nicht überflüssig, sondern entscheidend für den Verbleib der Fahrzeuge auf der Strecke. Durch das drehbare rote Leitrad folgen die Fahrzeuge unbeirrt den Drähten und Erhebungen in der Mitte der Blechfahrbahnen. Der Antrieb erfolgt über die Hinterräder mit Gummibereifung und ermöglicht damit auch Steigungen, z. B. auf Brücken, oder die Auffahrten zur Hochbahn. – Die Hochbahn ermöglicht den Spielbetrieb auf zwei Ebenen: oben die Limousine auf den zusammengesteckten Straßenteilen, unten fährt der Lkw über die Fundamentplatte auf einem Spiraldraht. Wer mehrere Autos besaß, konnte diese z. B. unter der Hochbahn auf einer weiteren Spirale auch als Gegenverkehr fahren lassen. – Oben der Lkw hinter einer Kurve der Hochbahn, unten die Limousine auf einem Spiraldraht. Die Metallstifte auf den Motorhauben dienen zur Befestigung einer Lenkwelle, der „Fernsteuerung" der Varianto-Fahrzeuge stets gleichen Fahrbahn – z. B. in einer Landschaft, auf einer Rennstrecke oder zweispurigen Autobahn – betrachtet werden. Bei dem neuen System von Schuco ließen sich die Fahrwege frei gestalten und konnten sogar über Brücken, durch Tunnel und mehrere Zimmer einer Wohnung führen. Die Startpackung 3010 0 von 1951 enthielt ein Uhrwerkfahrzeug (Limousine oder Lastwagen, von Schuco als „Limo" und „Lasto" bezeichnet), vier Spiral-Leitdrähte mit Verbindungsröhrchen, zwei Einmündungen, eine Auffahrt mit Kreuzung und einen Tunnel. Das war nicht viel, passte auf den Küchentisch und weckte bei Kindern wahrscheinlich rasch den Wunsch nach Erweiterungen, was ja auch ganz im Sinne des Erfinders war. Ähnlich wie bei Systemeisenbahnen setzten allen-

falls Platzmangel und der elterliche Geldbeutel den Ausbauwünschen Grenzen. Im Lauf der Jahre wurde das System mit vielen neuen Teilen ständig ergänzt, die einzeln und kombiniert in unterschiedlichsten Kästen angeboten wurden. In diesen Packungen befanden sich meistens Neuheiten für erweiterte Spielmöglichkeiten, nach denen die Kästen auch benannt wurden. So erschienen u. a. das Drehscheiben-, Stellweichen-, Garagen-, Kreuzungs-, Verkehrsampel-, Brücken-, Tankstellenspiel usw. All diese Kästen waren miteinander kombinierbar, natürlich auch mit allen anderen Packungen und Einzelteilen sowie sämtlichen Fahrzeugen des Varianto-Systems. Denn auch das Autosortiment wurde ständig erweitert und umfasste schließlich mehrere Personen- und Nutzfahrzeu-

Neuheit 1956 1956 erschien mit dem Varianto-Hochbahnspiel 3010 H eine weitere Neuheit mit folgender Katalogbeschreibung: „Dieses Varianto-Spiel bietet schon für sich eine vollkommen neue Spielart und vielseitige Spielmöglichkeiten. Mit der Hochbahn können außerdem aber auch sämtliche schon vorhandenen Varianto-Spiele besonders interessant und lehrreich weiter ausgestaltet werden. Gerade heute nimmt der Verkehr immer weitgehendere Formen an und so ist es für den kleinen Verkehrsfachmann besonders reizvoll hier Abhilfe durch neue Hochbahnstraßen zu schaffen, die in der Großtechnik z. B. schon bestehen oder geplant sind. Mit den Auffahrten 3010/58 können auch Hindernisse, wie Türschwellen, Vertiefungen, Sandund Schotterflächen überbrückt werden. Durch Hinzunahme von Brückeneinzelteilen können die Hochbahnstraßen beliebig erweitert und ihnen durch die gebogenen Fahrbahnstücke jede gewünschte Richtung gegeben werden." Der Kasten enthielt eine Grundausstattung mit Limo und Lasto einschließlich knickfreier Lenkwellen für deren „Fernsteuerung", beweglichen Leitdrähten, Verbindungsteilen sowie den schon für den Brückenbau verwendeten 40 cm langen Auffahrten samt Fundamentplatte weitgehend Bekanntes. Neu waren gebogene Fahrbahnteile aus Blech, mit denen sich kreisförmige und unter Benutzung gerader Straßenstücke auch ovale Straßen ohne Leitdrähte konstruieren lie07 / 18


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SPIELZEUG 86 ßen. Die im Kasten enthaltenen Lenkwellen waren für den Fahrbetrieb auf Straßenteilen überflüssig, aber für das Spiel auf freien Flächen eine Möglichkeit zur Lenkung der Fahrzeuge. Damit lassen sich nämlich die Leiträder unter Autos drehen. Wer den Kasten als reine Hochbahn verwenden wollte, konnte entweder nur die vier gebogenen Straßenteile zu einem Kreis von ca. 35 cm Durchmesser oder unter zusätzlicher Verwendung der geraden Straßenteile Ovale in drei verschiedenen Größen aufbauen. Für jede der gewählten Möglichkeiten waren die Straßenteile unter Verwendung kleiner Blechstreifen zu einer stabilen Straße zusammenzustecken, womit die so entstandene Bahn natürlich

schon auf dem Boden verwendbar war. Für den Hochbahnbetrieb war dann, je nach gewünschter Größe, noch eine entsprechende Anzahl hölzerner Pfeiler unter die Straßenteile zu schrauben. Nach diesen Vorbereitungen waren nur noch die aufgezogenen Autos auf die Bahn zu setzen, mit einem Hebel am Fahrzeug die gewünschte Geschwindigkeit zu wählen und schon konnte das Spielvergnügen gestartet werden. Unter oder neben der Hochbahn ließen sich dann noch frei mit den Spiraldrähten und Kreuzungen weitere Fahrstrecken einrichten. Nur mit der

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Grundausstattung des Hochbahnkastens allein blieb die neue Straße eine isolierte Fahrbahn, denn ein Wechsel vom geschlossenen Kreis oder Oval auf die Leitdrähte des übrigen Systems und umgekehrt war nicht möglich. Abhilfe schufen einzeln erhältliche Zusatzteile (s. Abb. aus dem Prospekt von 1956), die als Auffahrten zwischen die Fahrbahnteile der Hochbahn zu stecken waren und eine Verbindung zum Leitdrahtsystem ermöglichten. Mit einer gleichfalls einzeln erhältlichen Kreuzung ließen sich die Gestaltungsmöglichkeiten ebenfalls noch erheblich erweitern. Die vielen Ergänzungen machten das Varianto-System zwar interessanter, aber optisch immer unattraktiver. Wer alle Spielmöglichkeiten nutzen wollte, hatte schließlich ein unansehnliches Straßensystem, bestehend aus verschiedenen starren und biegsamen Leitdrähten, ganz unterschiedlich gestalteten Steckschienen aus Blech und Abzweigungen, Kreuzungen, Ausweichstellen usw. aus grauem Plastik. Ähnlich verhielt es sich mit dem übrigen Zubehör in Form verschiedenster Gebäude aus bunt bedrucktem Blech wie z. B.

Die Katalogseite zeigt die als Oval aufgebaute Hochbahn ohne Auf- und Abfahrtmöglichkeiten. Unten sind Anwendungen des Kastens für den Brückenbau zu sehen. Die Anlage oben links enthält fast alle Teile des Hochbahnkastens, ergänzt um einen Transformator und eine Tankstelle. Mit dieser, im Katalog als „Ein physikalisches Wunder" beschriebenen Einrichtung lassen sich die für den Elektrobetrieb erforderlichen Batterien wieder aufladen: „In dieser Tankstation können die Batterien der elektrischen Varianto-Autos während des Spiels aufgeladen werden. Dadurch verlängert sich die Betriebsdauer zweier normaler 1,5-Volt-Stabzellen auf ca. 150 Stunden. Die Batterien können bis zu 300 mal aufgeladen werden und treiben die Elektro-Varianto-Autos für eine Fahrt von etwa 150 km an". – Die Prospektseite aus dem Jahr 1956 zeigt unten rechts den Hochbaukasten mit einer anderen Einsortierung der Einzelteile als bei der ersten Ausführung, darüber mit Zufahrten und Kreuzung wichtige Zusatzteile für die Erweiterung der Hochbahn. Links einige Beispiele für Aufbaumöglichkeiten unter Verwendung der Ergänzungsteile. – Die beiden Autos waren einzeln erhältlich, häufig aber auch Bestandteil der Varianto-Baukästen und zählten zur Grundausstattung des Hochbaukastens. Katalogabbildung aus der Zeit um 1955 Garagen, Tankstellen u.a., aber auch tristen Plastikhäuschen, die nicht größer als die Fahrzeuge waren. Mit Drehscheiben, Stellweichen und automatischen Ausweichstellen kamen noch Einzelteile in das System, die man zwar beim Eisenbahnspiel, aber nicht in einer Straßenanlage vermuten würde. Das Sammelsurium von Straßenteilen machte das Spiel eher unbeherrschar als attraktiver. Als Vitrinenstücke sind die unterschiedlichsten Straßenbauteile heute kaum gefragt, allenfalls zur Komplettierung von Kästen oder Ergänzung bestehender Anlagen. Bedeutend größer ist das Interesse an den schön bedruckten Blechgebäuden, seltener zu findenden Fahrzeugen und Kästen mit vollständigem Inhalt. Die Hochbahn wurde und wird auch gern genutzt im Zusammenhang mit Modelleisenbahnanlagen. Ein Video mit einer Hochbahn im Betrieb kann im Internet betrachtet werden: www. youtube.com/watch?v=WDgvlhvWoNM Fotos: Ludger Spielberg


90_Fundstuecke.qxp_Trödler Rubriken 07.06.18 14:39 Seite 2

FUNDSTÜCKE 90

FLOHMARKTPREISE n Keramik Wandteller „Angethan hat’s mir dein Wein, deiner Äuglein heller Schein Lindenwirthin du junge!“ (die Liederzeile stammt von Rudolph Baumbach (1840-1905) von 1877 aus dem Lied „Keinen Tropfen im Becher mehr“), Hersteller Villeroy & Boch, Mettlach, hergestellt wohl Ende 19.Jahrhundert, Form-Nr. 1044. Steinzeug, farbiger Druck unter Glasur, der von Villeroy & Boch in Mettlach ab 1886 eingeführt wurde, um die hohen Produktionskosten zu senken. Auf Wandtellern erschienen diese Motive erstmalig ab dem Jahr 1893 im Handel. Gut erhaltene und farbenprächtige Exemplare dürften möglicherweise 150 bis 250 Euro erzielen. Flohmarktpreis: 80 Euro

n Design Tischlampe, Entwurf Jean Chavanis, Lyon, 1929, Hersteller Pirouett, Paris, Frankreich, ab circa 1930. Höhenverstellbares Chromgestell, 360 Grad schwenkbar, Fuß durch Gusseisenstück verstärkt, vernickelter trapezförmiger Schirm, zweifach durchbrochen, Freiflächen mit Glasscheiben hinterlegt. Diverse Glasscheiben-Variationen in Blauglas, Milchglas oder gemustert à la „Nuage“ (Wolkendekor) mit Modellbezeichnungen „Salon“ und „Burreau“. Äußerst beliebte und wohl zeitlose Tischlampe, die bis in die 1960er-Jahre in hohen Auflagen hergestellt und auch erfolgreich verkauft wurde. Ein französischer Designklassiker, der je nach Modell, Produktionsphase und Erhaltungszustand zwischen 200 bis 500 Euro erzielen könnte.

Original-Stiel-Mop könnten sie zwischen 30 und 50 Euro – je nach Zustand – erzielen. Flohmarktpreis: 25 Euro

Flohmarktpreis: 180 Euro

n Reklame Blechdose „Auswechselbarer O-Cedar Politur Stiel-Mop für Möbel und schwer erreichbare Gegenstände“, O-Cedar GmbH Berlin, um 1910/1915, Maße 9 x 175 x 10 cm. Farbig lithografierte Blechdose mit umlaufender Beschriftung „Reinigt und poliert gleichzeitig, erneuert und verschönert alle feine Oberflächen“ sowie umfangreicher Gebrauchsanweisung. Die amerikanische Firma O-Cedar verkaufte international zunächst ab 1906 Holzpolituren, später mechanische Haushaltsreinigungsgeräte, die ab 1920 mit dem Slogan „O-Cedar macht Ihr Leben leichter“ beworben wurden. Im Jahr 2004 wurde das Unternehmen von der Freudenberg-Gruppe übernommen. Die Blechdosen tauchen immer wieder mal auf. Komplett und mit 07 / 18

Erscheinungstermin August-Ausgabe: Abo-Versand 16.07.2018 Erstverkaufstag Handel 20.07.2018


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Real, Rudolf-Diesel-Straße

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