Trödler 04/2024

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2 Monate Termine

Ukulelen Playmobil 04/2024 6 4 4 1 9 • € 5 , 9 0 Schweiz CHF 9,50 | Österreich € 6,50
als Beilage 4196441905908 04 Europas Sammlermagazin
TERMINHEFT

EXPERTISEN

n Stillleben und Säulengang

?Ich hätte gerne Näheres über die Bilder, ein Aquarell mit einem Säulengang sowie ein Blumen- und Früchtestillleben erfahren und eine ungefähre Schätzung

Anja Mitter, o O

Bei dem reichen Blumen- und Früchtestillleben handelt es sich um einen Heliochrome-Druck bzw Farbenlichtdruck der Zeit um 1920 Die ovale Rahmung ist typisch für Produkte der Kunstanstalten May AG in Dresden Vergleichbare Druckvorlagen für Stillleben dieser Art wurden von Netler, G Falchetti oder Thoma-Höfele für den Verlag geliefert Die Kunstanstalten May waren besonders erfolgreich bei der Vermarktung von sogenannten Schlafzimmerbildern im Handtuchformat Der bekannteste Druck ist wohl das Bild „Christus

am Ölberg“ von Giovanni (d i Josef Untersberger)

Stillleben dieser Art haben sich in großer Zahl erhalten und treffen auf eine geringe Nachfrage Ein Betrag zwischen 20 und 40 Euro scheint angemessen

Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg !

Das Aquarell zeigt, wie rechts unten auf der Darstellung angegeben, den Säulengang des Justizpalastes in Laon im Département Aisne im Jahr 1917 Die Rosenstöcke im Innenhof stehen in voller Blüte, man kann also annehmen, dass das Aquarell im Juni oder Juli gemalt wurde Nicht weit entfernt von diesem friedlichen Ort tobte kurz zuvor eine Abnutzungsschlacht, die zweite Schlacht an der Aisne an der Westfront des Ersten Weltkrieges Die Schlacht begann am 16 April 1917 und endete vorzeitig am 15 Mai, weil nach der erfolgreichen russischen Revolution auf französischer Seite die Bereitschaft zu kämpfen nachgelassen hatte Es kam zu Meutereien und schließlich wurde der Oberbefehlshaber „Blutsäufer" Nivelle abgesetzt

Das Aquarell ist perspektivisch richtig, aber insgesamt laienhaft ausgeführt wor-

n In dieser Rubrik beantworten unsere Experten Ihre Fragen zu dem ein oder anderen guten Stück Doch leider sehen wir uns außerstande, ganze Nachlässe oder sämtliche sich in Ihrem Haushalt befindlichen Trouvaillen bewerten und schätzen zu lassen Auch bitten wir um Verständnis, wenn es mit der Bearbeitung länger dauert Senden Sie uns also Ihre Anfrage nur zu einem zu bestimmenden Objekt – mit detaillierter Beschreibung und gutem Foto, auf dem das Objekt ganz abgebildet ist

Noch ein Hinweis zu den Preisen, die von Fall zu Fall von unseren Experten genannt werden: Hierbei handelt es sich um Richtwerte, die anhand von Fotos allein getroffen werden und je nach Zustand des Objekts nach oben oder unten korrigiert werden können

Ihre Anfrage schicken Sie bitte an:

Gemi Verlags GmbH

Redaktion Leserforum

Robert-Bosch-Str. 2 85296 Rohrbach

oder per E-Mail an info@gemiverlag.de

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den Aus jener Zeit existieren Fotos, die Krankenschwestern in diesem Säulengang zeigen Vermutlich war dort ein Lazarett untergebracht Bei dem Aquarellisten handelt es sich also wahrscheinlich um einen verwundeten Soldaten, der zeichnend seinen Weg zurück ins Leben zu finden suchte Die Signatur gibt Rätsel auf, ich lese: „AFlesus“ oder ähnlich Biografische Daten sind hier nicht zu ermitteln Der Wert dürfte bei unter 20 Euro liegen Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg

n Gemälde

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Als regelmäßiger Leser Ihres Magazins würde ich mich gerne mit einem Anliegen an Sie wenden Ich besitze ein sehr schönes Ölgemälde eines Herbstwaldes, das von einem unbekannten Maler stammt Besonders gefallen mir die kleinen Figuren in und neben dem Zelt und der Rauch des kleinen Feuers Es ist mit Rahmen 53 mal 63 cm groß Ich schätze, dass es aus der Zeit um 1900 stammt Es ist links unten unleserlich signiert Ich würde sehr gerne den Künstler oder wenigstens das Ursprungsland herausfinden und würde mich sehr freuen, wenn Sie mir hier einen Hinweis geben könnten Dr Ulrich Klügel, Oldenburg

Das Gemälde zeigt in impressionistischer Manier einen herbstlichen Wald mit einer kleinen Gruppe Menschen, die sich an einem Feuer wärmen Das Bild ist unten links undeutlich signiert Großartige

Maler, die sich auf die Darstellung des Waldes spezialisiert haben, finden sich in ganz Europa Das Spektrum ihrer Werke reicht von realistisch-romantisch bis heroisch Für die Region spezifische Lichtverhältnisse und Traditionen führen zu lokalen Ausprägungen In diesem Fall würde ich das Bild nach Dänemark verorten Die flirrenden Farbflecken und die etwas trockene Malweise erinnern an Bilder eines dänisch-amerikanischen Malers Die Signatur ist nur rudimentär erhalten, das prägnante „A“ im Vornamen ist deutlich erkennbar, der Name „Lundberg“ ist jedoch nur noch schemenhaft erkennbar Der Maler August Frederick Lundberg wurde 1878 in Dänemark geboren (gest 1928 in Columbus, USA) und erhielt seine Ausbildung an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Kopenhagen 1904 zog er in die Vereinigten Staaten und ließ sich mit seiner Frau in Columbus, Ohio, nieder, wo er zeitlebens als Bühnenbildner und Kulissenmaler arbeitete Lundberg war mit George Bellows (1882-1925) befreundet Bilder Lundbergs werden regelmäßig für wenige hundert Euro gehandelt Ein Wert von 200 bis 400 Euro scheint angemessen Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg

n Schanzenstürmer

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Die aus Holz geschnitzte und farbig bemalte Figur haben wir vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt in der Region Hamburg/Lüneburg erstanden Wer ist dargestellt? Was bedeutet der Name? Es ist keine Signatur zu sehen N N

Die Figur stellt einen kleinen älteren Herren mit Melone, schwarzem Mantel und Regenschirm dar Unten auf der Figur findet sich das Wort „Schanzenstürmer“ Offenbar der Name oder Spitzname des Dargestellten Suchmaschinen oder auch

„Gretchen von Wirsing“ liefern hier keine Ergebnisse

Der Hinweis auf den Fundort in der Region Lüneburg ist der entscheidende Hinweis, um das Rätsel zu lösen Man könnte zunächst annehmen, dass es sich bei dem Dargestellten um einen der Überlebenden des Sturms auf die Dübbelner Schanzen während des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864 handelt Tatsächlich hat der Spitzname wohl einen anderen Ursprung

Der Lüneburg-Chronist Ernst Strasser erinnerte im Jahre 1950: „Vor etwa 50 Jahren wohnte in der Nähe der Conventstraße ein alter Junggeselle, ein Lüneburger Original, Luer oder Luerßen mit Namen, ein kleiner bartloser Mann mit hoher Stimme Er fiel duch seine immer schwarze Kleidung jedem auf mit übermäßig langem Gehrock und schwarzem Mantel angetan, den Regenschirm unter den Arm geklemmt, so stürmte Herr Luer durch die Straßen wie ein Mensch, der gar keine Zeit hat ‘Schanzenstörmer’ nannte ihn darum groß und klein Wenn aber die Musik aufzog, so ging Herr Luer regelmäßig mit geschultertem Regeschirm voraus Bimmelte die Feuerglocke, schreckte das Signalhorn die Bürger, alsbald war auch Herr Luer zur Stelle, eifrig dem Brandplatz zustrebend “

Der Künstler hat sein gut gelungenes Werk leider nicht signiert Möglicherweise handelt es sich um die Arbeit eines Kunstlehrers oder eines begabten Schülers des altehrwürdigen Johanneums (gegründet 1406), denn die Schüler dieser Schule pflegten den „Schanzenstürmer“ mit dem Satz „Herr Luer, wo is’t Füer“ zu necken Lokalgeschichtlich ist das Stück interessant, ein Schätzpreis von wenigen hundert Euro scheint angemessen

Klaus-Dieter Müller, Kunstexperte Lüneburg

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AUSSTELLUNGEN

n Ikone der Leinwand

Josephine Baker ist eine Ikone und ein mediales Phänomen: In Filmen, Tonaufnahmen und Fotomaterial wirkt ihre Präsenz als Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin bis heute nach Bakers künstlerische Ausdruckskraft und Lebensleistungen sind als ikonische Bilder Teil eines kollektiven Gedächtnisses und zugleich zum Klischee geworden Die Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie erkundet die Facetten und Inszenierungsstrategien Bakers in einem audiovisuellen Essay und zeigt die Besonderheit ihres Tanzstils und ihrer Strahlkraft auf der Leinwand – sinnlich, dramatisch und humorvoll

„Josephine Baker Icon in Motion“ macht Bakers (1906-1975) künstlerische Wirkung und ihre Erfolgsstrategien erfahrbar und zeigt, wie sie seit ihren ersten Auftritten in Paris in den 1920er-Jahren bis heute Künstlerinnen und Künstler inspiriert Die Ausstellung betrachtet erstmals eingehend Bakers Beitrag zum Kino, der bisher nur wenig beachtet wurde Sie zeigt ihre Entwicklung vom Revue-Star zum ersten Schwarzen Superstar und wie sie das Kino als neues Medium für sich zu nutzen wusste: Baker war die erste Schwarze Frau, die eine Hauptrolle in einem Spielfilm spielen durfte – noch dazu an der Seite eines weißen Mannes Josephine Bakers Erfolge als Künstlerin und Lebensleistungen als afroamerikanische Frau in Europa sind untrennbar mit den Fragen nach Authentizität, Emanzipation und Präsentation verbunden Baker hat dafür als eine der ersten Schwarzen Künstlerinnen Antworten

gefunden, die bis heute Gültigkeit besitzen (Bis 28 April in der Nationalgalerie Berlin)

Telefon: 030 39783416

Webseite: www smb museum

Bildschirme, in dem jedes Bild aus einer Mischung von Rot, Grün und Blau entsteht In über sechzig Objekten – Gemälden, Druckgrafiken, Fotografien, Filmen, Spielen, Reklame, Büchern – wird den vielfältigen Anwendungsweisen, Wirkungen und symbolischen Bedeutungen dieser drei Farben nachgespürt Warum ist das Veroneser Grün dramatisch? Stephen Kings Leidenschaft rot? Die Schwermut bei Maggie Nelson blau? Begleitet wird die Ausstellung durch ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Unterstützung des Institut français Leipzig

Was ist eine Farbe? Ein Sinnesreiz, reines Gefühl oder sprechendes Zeichen? Die Ausstellung rückt ein Medium in den Mittelpunkt, das zu den ältesten der Menschheitsgeschichte zählt Exponate aus den Sammlungen des Musée de l’Imprimerie et de la Communication graphique, des Museums für Druckkunst Leipzig, des Museums im Wilhelm Ostwald Park in Grimma und des Schloss- und Spielkartenmuseums Altenburg veranschaulichen seine facettenreiche Kultur- und Wissensgeschichte – als Spektralfarbe in der Optik, als Pigment in der Malerei und der Drucktechnik oder als Bildsymbol Am Beispiel

n Rot, Grün und Blau

Drei Farben, drei Geschichten: Bis 9 Juni läuft im Museum für Druckkunst Leipzig die Ausstellung „RGB – Rot Grün Blau Colour Stories”, eine vom Musee de l’Imprimerie et de la Communication graphique in Lyon entwickelte Schau zur Mediengeschichte der drei Lichtfarben Die Ausstellung taucht ein in den Farbraum der

von Rot, Grün und Blau vermittelt die Schau auf sinnliche und spielerische Weise, wie individuelles Farbempfinden und kulturelle Farbcodierung stets Hand in Hand gehen Im Rot der Rose, der kommunistischen Revolution und der Horrorfilme drücken sich gleichermaßen Leidenschaft und Schmerz aus Das regenerative Grün der Natur kann sich zum phantastisch-theatralischen Grün des Video-

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Josephine Baker by George Hoyningen-Huene, 1929; Nationalgalerie Berlin © George Hoyningen-Huene Estate Archives Josephine Baker by George Hoyningen-Huene, 1929; Nationalgalerie Berlin © George Hoyningen-Huene Estate Archives Francoise Pétrovitch, Se coiffer, 2016, Lithografie, MEL Publisher edition, Musee de l'Imprimerie et de la Communication graphique Lyon; Museum für Druckkunst Leipzig © Adagp, Paris, 2023

Bügeleisen mit Drachenkopf; Stadt- und Waagenmuseum Oschatz

Fotos: D Bach & P Eberhardt

spiels Zelda, des Green Screen im Kino und der Malerei des Renaissancemalers Veronese wandeln Und das Blau der Meereswellen kann sowohl besänftigend als auch aufrührerisch sein oder kalt und voller Melancholie wie in Maggie Nelsons Tagebuch Bluets

Die Ausstellungskooperation zwischen dem Musee de l’Imprimerie et de la Communication graphique und dem Museum für Druckkunst Leipzig wurde mit Unterstützung des Institut francais Leipzig zur Feier des sechzigsten Jahrestags des Elysee-Vertrags 2023 initiiert Sie würdigt darüber hinaus die seit 1981 bestehende Partnerschaft zwischen den beiden Städten

Telefon: 0341 231620

Webseite: www druckkunst-museum de

n Hauswirtschaft

„Heiße Eisen – Alte Bügeleisen & Uromas Weißwäsche“ heißt die neue Ausstellung, die bis 2 Juni im Oschatzer Stadt- und Waagenmuseum gezeigt wird

Der Sammler Peter Eberhardt aus Otzdorf präsentiert einen Großteil seiner historischen Bügeleisen aus verschiedenen Epochen und Ländern Diese unterscheiden sich in Material, Konstruktion und Form, Art der Erwärmung und Verwendungszweck Von den ca 100 Objekten der Sammlung ist das älteste Exemplar über 200 Jahre alt Das schwerste Stück in der Ausstellung ist ein Schneiderbügeleisen mit rund zehn Kilo Gewicht Damit wurden einst derbe Stoffe wie Wolle und Filz ausschließlich von Männern geplättet Sogar ein seltenes Glanzbügeleisen aus Amerika, ein gusseisernes Objekt aus Russland in Form eines Wals, ein Pfanneneisen aus China, zahlreiche Bügeleisenuntersetzer und Kinderbügeleisen können bestaunt werden Wer wissen will, was eine Tischmangel ist, wozu Kernseife verwendet wurde und ob Weißwäsche wirklich weiß war – der ist in der Ausstellung genau richtig

Telefon: 03435 920285

Webseite: www oschatz-erleben com

MESSEN/BÖRSEN

n Einfach Doll

Am Sonntag, dem 21 April findet die traditionelle Doll-Convention & Barbie Börse in Wiesbaden im Dorint Hotel, AugusteVictoria-Straße 15, von 10 30 bis 15 30 Uhr statt Weitere Intormationen unter:

Telefon: 0179 4771333

n Treffen der Kuscheltiere

Die Teddybär Total ist die Mutter aller Teddy-Messen Seit 1994 treffen sich Sammler, Liebhaber, Künstler, Hersteller, Händler, Zulieferer und Interessierte in ihrem Rahmen Keine Messe bietet weltweit mehr Internationalität und Vielfalt Von seltenen antiken Teddys über aktuelle Künstler- und Manufaktur-Bären bis hin zum kompletten Sortiment für Selbermacher lässt die Messe keine Wünsche offen Künstler aus allen Teilen der Welt bieten in Münster exklusiv ihre Teddybären und Kuscheltiere an Dabei handelt es sich oft um hochwertige Unikate, Sammlerstücke oder Werke in kleinen Auflagen Alle wichtigen Manufakturen präsentieren auf der Teddybär Total ihre Neuheiten sowie ein breites Sortiment an Kuscheltieren und Sammlerbären Namhafte Händler offerieren hier eine Vielzahl antiker Stücke Nicht zuletzt kommen auch Selbermacher auf ihre Kosten Begleitet wird die Veranstaltung von Workshops und exklusiven Ausstellungen Am 27 und 28 April in Münster

Telefon: 040 429177309

Webseite: www teddybaer-total de

n Veranstaltung

der Superlative

Am 20 und 21 April wird die SammlerJahresbörse Utrecht (Niederlande) zum Epizentrum für Vintage-Liebhaber aus der ganzen Welt Mit 1 300 Ständen, gefüllt mit Kuriositäten, Antiquitäten, Vintage- und Brocante-Artikeln, bietet diese Veranstaltung einen unvergleichlichen Schatz an Sammlerstücken Internationale Teilnehmer sorgen für eine einzigartige Kollektion, die man nirgendwo anders finden wird Eine einmalige Gelegenheit, die wunderschönen Sammlungen zu bewundern, die nur auf der Verzameljaarbeurs Utrecht Niederlande zu sehen sind Für echte Sammler gibt es am Freitag, dem 19 April, einen speziellen Händlertag von 5 bis 16 Uhr Am Samstag, dem 20 April, sind die Türen von 9 bis 17 Uhr geöffnet und am Sonntag, dem 21 April, von 10 bis 16 Uhr

Telefon: +31 (0)492 525483

Webseite: www verzameljaarbeurs nl

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Sammler-Jahresbörse in Utrecht (NL) Teddybär Total am 27 und 28 April in Münster

UKULELEN

ALEXANDER GLÜCK

Seit einigen Jahren tobt rund um ein lange verkanntes Musikinstrument eine richtige Mode: Die Ukulele taucht plötzlich überall auf, man spielt alles mögliche auf ihr und nicht wenige ihrer Anhänger strahlen nun ostentativ entspannte Aloha-Stimmung aus. Sie begrüßen sich auch mit „aloha“ und bedanken sich mit „mahalo“, manche benutzen auch den Surfergruß, bei dem der Daumen und der kleine Finger von der geschlossenen Hand abgestreckt werden. Bei Hawaiianern und Polynesiern geht das klar, aber bei uns eignet dieser Entspanntheit etwas Verbissenes. Mit der Ukulele verbinden sich eben vor allem die Klischees süßer Musikalität im abgelegenen Inselparadies.

„Die gute alte Zeit” auf Hawaii

Wenn es um die Geschichte der Ukulele geht, wird meist die mehr oder weniger gleiche Legende von portugiesischen Einwanderern erzählt, die in der guten alten Zeit auf Hawaii vom Schiff stiegen und ihre Instrumente auspackten Diese Geschichte ist wohl wahr, aber sie wird meistens falsch erzählt, nämlich mit dem typischen Unterton einer etwas irrealen Sehnsucht nach der coolen Auszeit in Südseeflair Dieser Kitsch wurde von den US-Amerikanern regelrecht betoniert, er äußert sich seit Jahrzehnten auch in leicht anzüglichen Liedtexten und sentimental über-

frachteten Kinofilmen Ukulelenspieler gelten als friedlich und fröhlich, man wird schnell geduzt Nichts gegen freundschaftliche Umgangsformen, wo sie angebracht sind, aber in dieser stereotypen

Zwangsfreundlichkeit äußert sich vor allem die verzweifelte Suche nach einer besseren Welt Man sollte sich gelegentlich daran erinnern, dass wir alle wahrscheinlich nur deshalb Kenntnis von diesem Instrument bekommen haben, weil es weltweit als Hauptwerkzeug verkitschter Hawaii-Romantik popularisiert worden ist

Von oben nach unten: Auf dieser und den folgenden Seiten diverse Werbeanzeigen

Manuel Nunes 1895: Die Kopfplatte folgt noch ganz dem Stil der Biedermeiergitarre, der Korpus hat eine feine Einfassung und ein Abschlussstück, das später in ähnlicher Form von Martin aufgegriffen wurde Ein durch und durch klassisches Instrument mit hohem Sammlerwert, aber auch gut zu spielen

© Kawika Grawes, www legendaryukuleles com

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produzierte Manuel Nunes, der offizielle Erfinder der Hawaiiukulele, dieses Instrument in einer eigenen Fabrik Seine Erzeugnisse erlangten international Bekanntheit 1898 wurde Hawaii durch die USA annektiert, seit 1959 gilt es als Gliedstaat der USA, was mit einer starken Amerikanisierung einherging Die Amerikaner entdeckten die Ukulele für sich und verbreiteten sie in den USA und im pazifischen Raum Von den USA aus erreichte die Ukulele Europa Auch wenn die Ukulele heute sofort mit Hawaii assoziiert wird, ist ihre Geschichte auf den Inseln vergleichsweise kurz, ihre Wurzeln liegen in Europa

Verwandt ist die Ukulele nicht nur mit dem Cavaquinho, sondern noch mit einigen anderen Instrumenten Als Masseninstrument hatte sich in Deutschland um 1910 die kleine, sechssaitige Wandergitarre etabliert, die üblicherweise als Begleit-

Die Anfänge

Die Entstehungslegende ist mit João Fernandez verbunden, der 1879 von Madeira die Braguinha mitbrachte, bei der es sich um eine Variante des Cavaquinho handelte Dieses Instrument gibt es auch heute noch, es erfreut sich unter anderem in der brasilianischen Musik großer Beliebtheit, in der es mit Stahlsaiten gespielt wird Auf Hawaii wurde das neue Instrument, nun von drei entpflichteten Feldarbeitern nachgebaut, bald populär und wurde erst dort als Ukulele bezeichnet Ungefähr ab 1889

Rechts: Mehrere Hälse antiker Ukulelen. Zu den sicheren Erkennungsmerkmalen gehören die auf den Kopfplatten angebrachten Wasser-Abziehbilder mit verschiedenen Wappen Hawaiis © Kawika Grawes, www legendaryukuleles com

instrument in Schlagtechnik gespielt wurde Die Folge ihrer Verbreitung war nicht unbedingt die Virtuosität der Spieler, auf jeden Fall aber die Etablierung der Gitarre als Standardinstrument in der musikalischen Praxis weiter Bevölkerungskreise Die Verminderung der Saitenzahl von sechs auf vier war zwar schon mit der Entwicklung der portugiesischen Volksmusikinstrumente erfolgt, die bis heute überwiegend zur einfachen Akkordbegleitung verwendet werden und allesamt bauartbedingt deutliche klangliche Einschränkungen haben Eine „richtige“ Gitarre mit vier Saiten entstand erst in den zwanziger Jahren in den USA mit der Tenorgitarre Dies ging mit Veränderungen in den Unterhaltungsorchestern einher Weil viele Banjospieler zur Gitarre wechselten, konzipierten die Hersteller eine Gitarre mit vier Saiten, die zunächst als Rhythmus- und Begleitinstrument eingesetzt wurden Spätere Modelle wurden für die Anforderungen des Melodiespiels verbessert Bei dieser Entwicklung wurden die Tenorgitarren auch größer In Deutschland wurde sie vor allem durch Peter Kraus popularisiert Seit den sechziger Jahren sind sie weitgehend verschwunden, tauchen aber heute ab und zu als Spezialität auf

Verschiedene Größen

Im Norden Südamerikas sowie Puerto Rico ist außerdem ein Instrument namens Cuatro gebräuchlich, das der Ukulele ebenfalls sehr ähnlich, dabei aber vergleichsweise groß ist Auch dieses Instrument wird weitgehend durch Schlagen gespielt und kaum gezupft Seine Besonderheit liegt darin, dass nicht die vierte Saite eine Oktave höher gestimmt wird, sondern die erste Saite eine Oktave tiefer Daraus ergibt sich eine ganz andere Klangcharakteristik Es gibt auch Abwandlungen der Ukulele und einiger ihrer Verwandter, bei

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denen die Saitenzahl verdoppelt ist, um dadurch einen volleren, interessanteren Klang zu erzielen

Mehrere Größen

Was die Ukulele etwas seltsam erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass es sie in mehreren Größen gibt, obwohl sie meistens gleich gestimmt werden Vergleicht man die Baugrößen der Ukulelen mit denen der Konzertgitarren, so liegt schon die Bariton unterhalb der ½-Gitarre, die für Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren oder mit einer Körpergröße von 1,20 bis 1,40 m gedacht ist Die Tenor ist deutlich kleiner als eine ¼-Gitarre (4 bis 7 Jahre) und Konzert, Sopran und Sopranino sind kleiner als eine 1/8-Gitarre Das sind die Fakten Aber so darf man es nicht sehen, weil man ja auch nicht einen Geiger fragen würde, wieso er sich ein Miniatur-Cello an die Wange drückt Es sind eben verschiedene Instrumente, sie werden auf verschiedene Arten

gespielt und daher gelten auch unterschiedliche Regeln Wenn man noch kurz beim Cello bleibt, gibt es eine Überraschung, mit der sich die verschiedenen Möglichkeiten mehrerer Baugrößen ganz gut zeigen lassen: Denn zur Zeit von Johann Sebastian Bach spielte man auch eine kleine Variante dieses Instruments, nämlich das Violoncello da spalla, und zwar umgehängt! In Johann Gottfried Walthers „Musicalischem Lexicon“ von 1732 werden die Vorzüge erklärt: „ worauf man leichtere Arbeit als auf den

großen Maschinen allerhand geschwinde Sachen, Variationes und Manieren machen kan; insbesonderheit hat die Viola di Spala oder Schulter-Viole einen großen Effect beim Accompagnement, weil sie starck durchschneiden und die Töne rein exprimiren kann Sie wird am Bande an der Brust befestigt, und gleichsam auf die rechte Schulter geworfen, hat also nichts, das ihre Resonanz im geringsten aufhält und verhindert “

Vor- und Nachteile

Abgesehen von ihrer Wendigkeit und ihrem charakteristischen Klang haben die kleinere Bauformen der Ukulelen auch eine bestimmte, eigene Tradition Jede Größe hat auf der einen Seite Vorteile und

Links von oben nach unten: Chris Knutsen Soprano Harp: Dieses etwa 1910 hergestellte Modell weist aufwändige Verzierungen an Korposrand und Schalloch auf und besticht durch seinen interessanten Ausleger, der jedoch keine zusätzlichen Saiten trägt und die Ukulele nur für Rechtshänder beschränkt.

© Kawika Grawes, www legendaryukuleles com

Bruno Lyra 1926: Ein interessantes historisches Modell mit deutlichen Benutzungsspuren, vor allem auf dem Griffbrett Der Korpus ist mit einer filigranen Einfassung verziert Bemerkenswert ist auch der Holzkoffer, der aus mehreren Teilen handwerklich zusammengesetzt wurde

Oben: Violele: Ein selbstgebautes Instrument, bei dem an einen alten Geigenkorpus ein moderner Ukulelenhals angesetzt wurde. Instrumente dieser Art tauchen sehr selten auf den Gebrauchtmärkten auf

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auf der anderen Seite Nachteile Die Geschichte der Ukulele beginnt mit der Soprangröße, und später hat man größere Modelle mit mehr Klangvolumen und etwas großzügigeren Platzverhältnissen gebaut Diese Entwicklung verlief parallel zur steigenden Nachfrage nach einer gewissen Lautstärke, schließlich gab es noch keine elektrische Verstärkung Man sollte sich dabei auch vergegenwärtigen, dass die Ukulele zunächst und recht lange als Rhythmusinstrument verwendet wurde, genauso wie ihre Vorläufer Cavaquinho und Braguinha Es ist eine naheliegende Annahme, dass die Entwicklung hin zu größeren Modellen auch mit dem Melodiespiel zu tun haben könnte (hierauf deutet die Bezeichnung „Tenor“ hin, mit der ja

Rechts: Kunststoffukulele: Robust, wasserfest und leidlich klangschön sind Ukulelen aus Plastik, die es übrigens bereits in den fünfziger Jahren gab Das hier gezeigte Exemplar gibt es außerdem in Rot, Gelb, Blau und Schwarz. Man kann darauf durchaus auch spielen, aber der Klang kommt nicht an den eines hölzernen Instruments heran

nicht die Tonhöhe gemeint ist, da die kleineren Ukulelen „Standard“ und „Konzert“ hießen) Die verschiedenen Größen haben auch etwas mit der richtigen Spielhaltung zu tun

Eigenständiges Instrument

Die Ukulele ist eben keine geschrumpfte Gitarre, sondern ein eigenständiges Instrument mit besonderen Vorzügen, die man am ehesten in der Konzert- und der Soprangröße findet Allerdings ist für einen runden, vollen Klang eine bestimmte Größe des Resonanzkörpers maßgeblich Daher wird der Klang einfacher und billiger Ukulelen bei abnehmender Korpusgröße immer schwächer und dürftiger Man bekommt dann diesen pappigen Ton ohne Tiefe heraus, der erheblich dazu beigetragen hat, dass dieses Instrument oft nicht für voll genommen wird Schon zwischen der Bariton- und der Tenorgröße

sind die Unterschiede ganz deutlich zu erkennen Den „echten“ Ukulelenklang bei der Soprangröße gibt es aber doch – und spätestens hier kommen die antiken Instrumente sowie sehr hochwertige Modelle aus den Kleinmanufakturen unserer Zeit ins Spiel Solche Ukulelen sind sehr leicht und resonant, oft auch perfekt eingestellt Wenn man auf ihnen irgendeine Schlagtechnik ausprobiert, bekommt man sofort einen lebhaften Eindruck davon, was für ein kräftiger, harmonischer Gesang aus so einem Instrument kommen kann Und den gibt es auch in weniger herausfordernden Preislagen, wenn man sich die Mühe macht, bei der Auswahl nicht nur nach der Optik zu gehen, sondern sich auch gründlich mit dem Klang zu befassen

Der Reihe nach

Die kleine Sopran kennt man auf Hawaii landläufig als „Standardukulele“, und da-

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mit begann die Geschichte dieses Instruments gegen Ende des 19 Jahrhunderts Ihre kleine Dimensionierung ist gewöhnungsbedürftig, ihre Mensurlänge beträgt 350 mm Eine kleinere Variante ist die Sopranino mit 280 mm Dieses kleine Instrument punktet schon immer beim Akkordschlagen und rhythmischen Begleiten, und da fallen einfache, billige Ukulelen schnell ab Auch Melodien und komplexe Zupfsätze können auf der Sopran gut gespielt werden

Konzertukulele

Die Konzertukulele tauchte erst deutlich später auf, als sich bereits große Firmen

des Ukulelenbaus angenommen hatten Die Firma Martin baute Konzertukulelen ab 1925 – über den Umweg einer vergrößerten achtsaitigen Ukulele, die man dann auf vier Saiten umgestellt hat Mit einer Mensurlänge von 385 mm und etwas größerem Korpus bietet sie etwas mehr Bequemlichkeit und klangliche Fülle Wenn auf der etwas längeren Mensur mehr Bünde untergebracht werden, ergibt sich daraus auch eine Erweiterung des Tonumfangs und damit der spielerischen Möglichkeiten Dies dürfte diesem Modell den Namen Konzert eingetragen haben Zuweilen wird die Konzertgröße als „Kompromiss“ zwischen Sopran und Tenor bezeichnet, was aber an der Sache völlig vorbei geht Tatsächlich gab es zunächst die Soprangröße und dann das größere Modell, die Konzert Tenor kam später Sopran und Konzert, die „eigentlichen“ Ukulelen, haben eine besondere Klangcharakteristik, die man bei den größeren Modellen nicht mehr findet Sie fordern mehr Präzision beim Greifen der Akkorde,

belohnen den Spieler dafür aber mit der leichten Erreichbarkeit bestimmter Akkorde, für die man auf den längeren Mensuren ganz schön die Finger spreizen muss

Die Verbindung zur Gitarre

Noch etwas später, Ende der zwanziger Jahre, tauchte die Tenorukulele auf, ihre Mensurlänge beträgt 430 mm Bei ihrer Entstehung kann der Wunsch der Spieler nach „etwas mehr“ eine Rolle gespielt haben, auf der technischen Seite liegt aber ihr besonderer Vorteil darin, dass sie linear in GCEA gestimmt werden konnte, also mit tiefer G-Saite Damit wurde der UkulelenPfad verlassen und die Verbindung zur Gitarre hergestellt Wer Gitarre spielen konnte, konnte damit ganz einfach umsteigen

Die Baritonukulele schließlich tauchte in den vierziger Jahren auf, sie geht eigentlich eher auf die (viersaitige) Tenorgitarre als auf die Ukulele zurück, mit der sie auch klanglich nicht mehr viel gemein hat Ihre Stimmung in DGHA entspricht den Diskantsaiten der Gitarre Ihre Mensurlänge beträgt 515 mm Für diejenigen, die sich an kleinere Ukulelen gewöhnt haben, ist sie zunächst etwas groß, aber gegenüber

Links von oben nach unten: Leonardo Nunes Style 4: Dieses bildschöne Instrument zeichnet sich vor allem durch die spektakuläre Holzmaserung und die durchgehende aufwändige Dekoration, die über den Hals und die ganze Kopfplatte läuft, aus © Kawika Grawes, www legendaryukuleles com

Oben: Honni: In Australien baut ein Autodidakt hochwertige elektrische Ukulelen mit einfachen Bauteilen, aber auf hohem Niveau. Solche Bastlerinstrumente kosten nicht viel und bereichern als Einzelanfertigungen jede Sammlung

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einer Gitarre ist sie ziemlich klein Sie hat etwa das Format einer handlichen Wander- oder einer Kindergitarre, man kann sie gut halten und ihr Griffbrett macht kleineren und größeren Händen keine Schwierigkeiten Durch den ausreichend

dimensionierten Korpus und ihre nicht zu kurze Mensur entwickelt sie einen wunderbar vollen und differenzierten Klang, selbst billigere Baritonukulelen haben in dieser Hinsicht einen deutlichen Vorteil gegenüber kleineren Modellen Auch in anderer Hinsicht wurde die Ukulele weiterentwickelt Traditionell ist sie ein Instrument, das mit Darmsaiten (oder später Nylon) bespannt wurde Sie wurde so konstruiert, dass der Hals auf der Höhe des 12 Bundes am Korpus angesetzt ist und der Steg an der breitesten Stelle des unteren Korpusbogens liegt Dort ist die Übertragung der Saitenschwingungen auf die Decke am besten, was zu einem kräftigen und ausgewogenen Klang führt Doch weil Darmsaiten teuer waren, kamen einige Spieler auf die Idee, ihre Instrumente mit Draht zu bespannen, woraus sich ein ganz neuartiger Klang ergab Die Stahlsaitengitarre war laut genug, eine Versetzung des Sattels in Richtung Schallloch zu verkraften, weshalb man nun den Hals um zwei Bünde „herausziehen“ konnte Dadurch ließen sich höhere Töne erreichen und die Idee wurde auch für die Ukulele übernommen Klanglich und optisch ist

Oben: P’Migo Airplane Ukulele: Eine der geistreichen Variationen des Ukulelenthemas, hier in Gestalt eines Flugzeugs. Das Griffbrett bildet den Rumpf, der flache Korpus die Tragflächen Mit solchen Neugestaltungen wurden zeitgenössische Entwicklungen aufgegriffen, in diesem Fall die bahnbrechende Erfindung des Flugzeugs Auf diesem Exemplar haben sich außerdem zahlreiche Personen verewigt

© Kawika Grawes, www.legendaryukuleles.com

Rechts: Les Rietfors Double Neck Tenor: Auf diesem doppelhälsigen Instrument in Tenormensur kann man in schnellem Wechsel in herkömmlicher Weise und doppelchörig spielen. Einen Bereich kann man dafür mit tiefem G und den anderen mit hohem G besaiten Hierdurch lässt sich sehr vielseitig spielen. Sehr bemerkenswert sind auch die Marketerien auf beiden Kopfplatten, auf denen so die Flagge Hawaiis zu sehen ist

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eine Ukulele mit Halsansatz am 12 Bund im Vorteil, spieltechnisch eine mit dem 14 Bund, allerdings ist dieser Unterschied nur sehr gering Sammler werden die ältere Variante vorziehen, heutige Modelle haben meist den Ansatz am 14 Bund

Achtsaitige Ukulelen

Achtsaitige Ukulelen kamen schon sehr früh in Gebrauch Eine wirklich spannende und dabei traditionsreiche Sonderform der Ukulele ist das Taropatch Der geheimnisvolle Name bedeutet „Taro-Beet“ und bezieht sich auf den auf Hawaii seit etwa tausend Jahren gebräuchlichen Anbau der Taropflanze (Colocasia esculenta) Die Bezeichnung dürfte auf die Verwendung dieses Instruments bei der Feldarbeit zurückgehen, denn es hat einen lauteren, volleren Ton und eignet sich deshalb für das Musizieren im Freien besser als die Soprangröße Das Taropatch ist der älteste Abkömmling der Ukulele, es wurde bereits Ende des 19 Jahrhunderts hergestellt Die Firma Martin baute solche Instrumente erstmals 1916, wenige Monate nach ihren ersten Sopranukulelen Die Stimmung des Taropatch entspricht der einer Sopranukulele, allerdings sind alle Saiten gedoppelt, jedes dieser vier Paare klingt also zweichörig Das neue Instru-

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ment war auch etwas größer Die Saitenpaare müssen sehr genau gestimmt werden, damit man den typischen doppelchörigen Klang erzielt Das Taropatch war mit acht herkömmlichen Geigenwir-

Von oben nach unten: Martin 1920's 3K Taropatch: Dieses Instrument ist so etwas wie der Heilige Gral unter den Taropatch-Ukulelen. Die Firma Martin hat davon in den Jahren 1919 bis 1931 nur 93 Stück hergestellt und das abgebildete Exemplar wurde in der Zeit 1923-1927 gebaut. Wenn man für seine Sammlung ein wirklich sicheres Investment sucht, auf dem man auch noch musizieren kann, dann ist es dieses Instrument, eine der seltensten von Martin gebauten Ukulelen überhaupt © Kawika Grawes, www.legendaryukuleles.com

Midget Ukulele: Es geht eigentlich kaum noch schöner. Diese Ukulele in der kleinen SopraninoGröße ist überreich verziert bis über die kunstvoll gestaltete Kopfplatte mit einem eingelegten Stern. Wer mit den etwas beengten Platzverhältnissen zurechtkommt, kann auf ihr auch spielen © Kawika Grawes, www.legendaryukuleles.com

Oscar Schmidt 5K: Dies ist eine Ukulele mit besonders luxuriöser Erscheinung In der Randeinfassung finden sich schimmernde Stücke aus Abalone. Die Form der Kopfplatte und ihre Verzierung sind ziemlich „sohisticated“ © Kawika Grawes, www.legendaryukuleles.com

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beln ausgestattet, mit denen das exakte Stimmen sehr mühsam war Man vermutet, dass es sich deshalb nicht durchgesetzt hat Allerdings eröffnete es die Entwicklung einer anderen Variante, nämlich der Konzertukulele

Spezialitäten

Schon ab 1919 baute Martin nämlich auf Kundenwunsch viersaitige Taropatches, und ab 1925 fanden sie sich auch offiziell im Produktprogramm dieses Herstellers –nun unter der Bezeichnung „Concert“ Martin beschrieb dieses Instrument als „eine große Ukulele mit einem Ton von großer Tragweite“ Aber das Taropatch hat auch heute seine begeisterten Anhänger Der ganz spezielle Klang dieses Instruments, hervorgerufen durch die doppelchörigen Saiten, hat seinen besonderen Reiz Man kann darauf praktisch genauso spielen wie auf einer normalen Konzertukulele, nur drückt man jeweils ein Saitenpaar, wo man sonst nur eine Einzelsaite drücken würde Alle Töne, Akkorde, Harmonien usw bleiben gleich

Eine Variation ist die achtsaitige Ukulele, die es heute in verschiedenen Größen gibt, nämlich Konzert, Tenor und Bariton Sie ist genauso aufgebaut, allerdings sind die dritte und die vierte Saite oktaviert –lediglich die vierte Saite nach unten, die dritte hingegen nach oben Das schafft ein gewisses Übergewicht der Höhen Grundsätzlich kann man all diese Ukulelen auch wie ein Taropatch strikt doppelchörig besaiten

Rechts von oben nach unten: Paul Summers Moana Style: Auch dieses Exemplar besticht durch seine reiche und kunstvolle Verzierung, die ohne Glitter auskommt und nur mit der Sprache der Holzfarben arbeitet Die Dimensionierung und die akzentuierte Form sind äußerst attraktiv und werden noch von der querlaufenden Streifenmaserung der Schalldecke unterstrichen. Ein echtes Meisterstück

© Kawika Grawes, www legendaryukuleles com

Sammo Style 4: Diese Ukulele weist deutliche Ähnlichkeit mit dem abgebildeten Modell von Paul Summers auf, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied, dass hier das Griffbrett auf der Schalldecke liegt und nicht glatt in sie übergeht. Diese Form findet sich heute in den „Wunderkammer“-Ukulelen von Liam Kirby

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Tangi Kawika Ukulele: Bei diesem Sopranmodell handelt es sich um die erste ihrer Reihe, sie trägt die Seriennummer 1 und wurde nach der Ukulele von David Mahelona gestaltet, die im Bischöflichen Museum ausgestellt ist Von dieser Ukulele wird gesagt, dass König David Kalakawa, der letzte regierende König der Hawaii-Inseln, sie besessen und gespielt hat

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Wer sich mit dem Sammeln von Ukulelen befassen will, hat früher oder später ein starkes Interesse an historischen Instrumenten, die jedoch nicht überall zu finden sind Nicht jede alte Ukulele ist auch wirklich gut, zum Spielen eignet sie sich nur, wenn sie gut gebaut und nicht zu stark abgenutzt oder beschädigt ist Es kann sich deshalb lohnen, auch nach den neueren Exemplaren zu sehen, und hier sind immer solche aus handwerklicher Fertigung vorzuziehen Sie kommen von einzelnen Instrumentenbauern oder kleinen Manufakturen, bestehen zuweilen aus seltenen Hölzern oder weisen besondere Konstruktionsmerkmale auf Weil das ganze Ukulelenthema viel mit individuellem und originellem Ausdruck zu tun hat, haben außergewöhnliche Ukulelen einen ganz besonderen Reiz Stellvertretend für viele Instrumente, die sich deutlich vom Üblichen unterscheiden, sei auf die französische MOTU-Ukulele hingewiesen Sie wurde von dem Gitarrenbauer Sylvain Enjoubaut entwickelt und verbindet einen prägnanten, an ein Banjo erinnernden Klang mit der Haptik und dem Aussehen eines Jokari-Schlägers Das ganze Ding besteht aus verleimten Sperrholzschichten und dürfte das reduzierteste und bescheidenste Zupfinstrument unserer Zeit sein, mit Patentschutz seit 2010 Es wird vom Erfinder zusammen mit seinem Mitarbeiter Lionel Pellerin auf der Insel Oléron in zwei Größen und mehreren Varianten gebaut und ist solide genug für jede Art von Urlaub, ohne dass man zu große Abstriche bei der Klangqualität machen muss Mit dem sehr außergewöhnlichen Design, fast universeller Verwendbarkeit und französischer Handarbeit ist dieses Instrument definitiv etwas Besonderes

Fotos: Ein Teil der Bilder wurde freundlicherweise von Kawika Grawes zur Verfügung gestellt, der seit Jahrzehnten Ukulelen sammelt und sich inzwischen auch von einigen schönen Stücken trennt Er zeigt sie auf seiner Internetseite www legendaryukuleles com Die übrigen Abbildungen stammen aus dem Archiv des Autors

MUSIKINSTRUMENTE 15
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