FUNDSCENE März-April 2015

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Crowdfunding - Crowdinvesting - Crowdlending - Venture Capital - Startup - Green Invest

März - April 2015

Magazin für innovative Finanzstrategien

Deutschland €7.20 Österreich €7.20 Schweiz CHF7.80

Lange Assets & Consulting

FILMKRAUT Crowdinvesting Plattform für Filme

Dennis Schenkel

Ein Tag für die Crowd

Schwerpunktleiterin SIFE und Professorin an der HTW Chur

Prof. Dr. Ralf Beck Die Investition der Vielen

CETA und TTIP

Prof. Dr. Kerstin Wagner

Transatlantische Wunschehe

Patrick Mijnals

Geschäftsführer Bettervest

Musicstarter

Crowdfunding-Musiclabel



EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, Das Jahr 2015 beginnt ebenso turbulent, wie das Jahr 2014 geendet hat. Die Krisen in der Welt sind noch lange nicht beigelegt. Frieden in der Ukraine ist noch lange nicht in Sicht und das Pulverfass Naher Osten schwelt nach wie vor und steht kurz vor der Explosion. Über die Zustände in Afrika und Ebola redet man schon gar nicht mehr. Pegida ist müde gelaufen und Griechenland ist immer noch im Euro und wird wohl die Kurve kriegen. Ulrich Träm Leitender Redakteur

Crowdfunding Crowdinvesting Crowdlending Venture Capital Startup Green Invest Cover Foto: © Frank Boston - Fotolia.com

Auf www.fundscene.com berichten wir tagesaktuell ständig am Puls der Zeit. Gerade in unserer hektischen Welt werden aktuelle Berichte mit Bezug zum Tagesgeschehen und in den Sozialen Medien diskutierte Themen immer gerne gelesen, was unsere Zugriffszahlen belegen.

Dies alles ficht die Wirtschaft nicht an. Der Geschäftsklimaindex steigt zum Jahresbeginn erneut. Das ifo Institut meldet: „Der ifo Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands ist im Januar auf 106,7 Punkte gestiegen, von 105,5 im Vormonat. Dies ist der dritte Anstieg in Folge. Die Unternehmen waren merklich zufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Zudem blicken sie wieder mehrheitlich optimistisch auf die kommende Entwicklung. Die deutsche Wirtschaft startet gut ins neue Jahr.“ Unserer Wirtschaft geht es gut und es wird investiert. Junge und dynamische Start-ups streben in den Markt und können sich immer öfter gut behaupten. Und dies oft und immer öfter dank umfangreicher und sinnvoller Fremdfinanzierung. Investoren ¬finden immer wieder die interessanten Möglichkeiten, ihr Geld sinnvoll in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren. Die digitale Welt eröffnet Unternehmern sowie Investoren neue Perspektiven mit teils rasanten Entwicklungen und Potenzialen. Wer die Trends erkennt, gute Ideen von schlechten ¬unterscheiden kann und die Potenziale guter Ideen und gut geführter Unternehmen mit seinem Kapital unterstützt, hat sein Geld gut, zukunftsweisend und meist gar nicht so unsicher angelegt. Für den rechtlichen und strukturellen Rahmen ist die Politik verantwortlich. Hier geht eine der bedeutendsten Initiativen der letzten Jahre im Trubel des Tagesgeschäfts unter. Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) werden mit Hochdruck verhandelt. Und niemand merkt etwa davon. Es sieht fast so aus, als wolle

man den Bürger außen vor lassen, so spärlich tröpfelt der Informationsfluss. Dabei bieten solche Abkommen Chancen, die man nicht verpassen sollte. Neben den Chancen für die Wirtschaft mit allen Auswirkungen auf Arbeitsmarkt, Pro-Kopf-Einkommen und nationaler Stärke im globalen Markt, bieten diese Abkommen die einmalige Chance sowohl in den USA als auch in Europa in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit, Produktsicherheit und Verbraucherschutz hohe Standards zu etablieren. Die Chancen hoher Standards, die zugegeben den schnellen kurzfristigen Gewinn der Unternehmen beschneiden könnten, bieten, so sie sich denn auf gleich hohem Niveau in Nordamerika und Europa einpendeln, Chancen, Chancen für Innovation und die Zukunftsfähigkeit des großen nordatlantischen Markts. Ob die Freihandelsabkommen sinnvoll umgesetzt und eingesetzt werden, sieht man vonseiten der Verbraucherverbände und Umweltschutzverbände kritisch. Auch Finanz- und Wirtschaftsexperten sehen die Abkommen vor allem wegen der geplanten Schiedsgerichte sehr differenziert. Die Politik betont, dass man Standards in Europa nicht opfern und die Demokratie durch Regelungen zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP nicht aushebeln will. Da gilt es, den Damen und Herren Politikern auf die Finger zu schauen und sie in die Verantwortung zu nehmen. Von Politikern erwarten wir Fairness, Offenheit, Transparenz und Rechtschaffenheit, von Unternehmern und Investoren Mut, frischen Schwung, tatkräftiges Handeln und einen offenen Blick für die Chancen und die Trends der Zukunft. FUNDSCENE wünscht Ihnen ein glückliches Händchen und viel Erfolg auch für Ihre Finanzstrategien. Nutzen Sie die Stärken, meiden Sie die Schwächen und die Risiken, und lassen Sie Ihr Geld sinnvoll und produktiv arbeiten.

In diesem Sinne wünscht Ihnen FUNDSCENE ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2015.

Ulrich Träm Bleiben Sie am Ball!

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Ausgabe 2 | Jahrgang 1 | März - April 2015

24 Dennis Schenkel Ein Tag für die Crowd

62 Newniq – Crowdbuying

Plattform für Designer und Labels

56 Musicstarter – mit der Crowd zum Plattenvertrag

28 Prof. Dr. Ralf Beck Die Investition der Vielen 54 FunderNation – clever investieren

74 Nur wer den Hintern hochkriegt, kann durchstarten

STANDART

der HTW Chur

3 Editorial 4 Inhalt 78 Abo 78 Impressum 78 Vorschau

INTERVIEW

INSIDE REPORT 34 Prof. Dr. Kerstin Wagner Schwerpunktleiterin SIFE und Professorin an

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38 Patrick Mijnals Geschäftsführer von Bettervest 42 c-crowd- wo sich Unternehmer und Investoren treffen 44 Table of Visions – aus Leidenschaft zur Crowd

48 Thomas Lange – der Kunde steht im Mittelpunkt

66 Sonne und Wind – Energie aus einer Hand

50 Filmkraut- Crowdinvesting Plattform für Filme

SPOTLIGHT

52 Lendico – Geld braucht keine Bank

NEWS 65 CONDA investieren ohne Grenzen

68 einhorn – erste faire und nachhaltige Kondom 70 Jamie Jacobs – Design your shoes 72 Pablo & Paul – außergewöhnliche Kunst zu erschwinglichen Preisen


Foto: Š Sergey Nivens - Fotolia.com

Inhalt

6 CETA UND TTIP Transatlantische Wunschehe FUNDSCENE

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COVERSTORY

CETA und TTIP

Transatlantische Wunschehe Kommt zusammen, was zusammen gehört?

Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) werden mit Hochdruck verhandelt. Die Verhandlungen zu CETA sind bereits abgeschlossen und das Abkommen wartet auf seine Ratifizierung durch die EU-Kommission, das EU-Parlament und die nationalen Regierungen und Parlamente. TTIP wird sich wohl an CETA orientieren. Beide Abkommen sind nicht unumstritten. Welchen Nutzen bringen sie, welche Schäden verursachen sie. 6

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COVERSTORY

Wenn die Wirtschaft profitiert, bedeutet dies noch lange nicht, dass auch die Allgemeinheit davon profitiert.

Die Freihandelsabkommen CETA und TTIP sollen Handelsbarrieren zwischen EU und den nordamerikanischen Staaten abbauen. Ein Wunsch, der schon lange existiert. In einer wirtschaftlich global verflochtenen Welt und einer politisch und militärisch engen freundschaftlichen Verbindung zu Kanada und den USA sind Handelsbeschränkungen wenig vorteilhaft. Welche Handelsbarrieren existieren zwischen den Nordamerikanern und der EU. Zum einen haben wir die Zölle, Abgaben, die Unternehmen auf Importe und Exporte bei ihren Geschäftsbeziehungen mit USA und Kanada. So könnten die Zölle auf deutsche Autos in den USA wegfallen und Zölle auf amerikanische Zubehörteile in Deutschland wegfallen. Die Zölle tangieren besonders die großen international tätigen Unternehmen. Weitere Handelshemmnis, die sehr stark den deutschen Mittelstand betreffen, sind die nichttarifären Handelshemmnisse. Darunter verstehen wir Handelsbarrieren, die aus unterschiedlichen Rechtsvorschriften , wie etwa Zulassungsverfahren, Produktvorschriften, Kennzeichnungsvorschriften oder Patentvorschriften. Auch Verbraucherschutzrichtlinien, Arbeitsschutz etc. zählen dazu. Auch hier wieder ein Beispiel aus der Automobilindustrie: Ein deutscher Zulieferer für Autohersteller produziert eine Bauteil, als Beispiel einen Scheinwerfer. Wenn nun in den USA die für Deutschland und Europa zugelassenen Scheinwerfer so nicht zugelassen sind, muss der Zulieferer für den amerikanischen Markt parallel eine eigene Produktion aufbauen. Dass damit hohe Kosten damit verbunden sind, die manch ein Mittelständler scheut oder nicht tragen kann, kann man sich lebhaft vorstellen. Gerade bei uns in Deutschland, wo jeder vierte Arbeitsplatz und jeder zweite Arbeitsplatz in der Großindustrie angesiedelt ist, hat der Außenhandel eine Bedeutung wie in fast keinem anderen Land. Ein freier Handel mit Schlüsselmärkten muss sich auf die Entwicklung und die Stabilität der deutschen Industrie und des deutschen Mittelstands positiv auswirken. Handelsöffnungen, der Abbau von Handelsbarrieren bilateral oder multinational sind nach Ansicht eigentlich aller Ökonomen neben Kapitalakkumulation und dem technischen Fortschritt mit verantwortlich und bei uns in einem Land, das sich die Exportweltmeisterschaft auf die Fahne geschrieben hat, in ganz besonderer Weise und sehr stark für das regelmäßige relativ hohe Wirtschaftswachstum und den allgemeinen Wohlstand in unserem Land. Freihandelsabkommen haben Tradition, CETA und TTIP sind nun wahrlich nicht die ersten Handelsöffnungen, die die EU initiiert hat. In der EU bestehen bislang zwanzig Verträge und Deutschland unterhält mehr als hundert Handelsverträge. Welchen zählbaren Nutzen der einzelne Vertrag für das Wirtschaftswachstum, den Volkswohlstand und den Wohlstand des einzelnen Bürgers im Vertragsland und bei uns hat, ist nur sehr schwer oder gar nicht zu

beziffern. Dass in der Zeit, in der auf der Welt in der globalen Wirtschaft mehr als dreitausend Freihandelsabkommen existieren, ein globales Wirtschaftswachstum geschaffen wurde ist unbestritten. Und doch kann nicht schlüssig nachgewiesen werden, dass dieses Wirtschaftswachstum nicht auch ohne diese Abkommen entstanden wäre. Bei einem zweiprozentigen Wachstum jährlich gehen die meisten Wirtschaftswissenschaftler, die sich für diese Abkommen positionieren, davon aus, dass sich für etwa ein Viertel dieses Wachstums eben diese Abkommen verantwortlich zeichnen. Also ein halbes Prozent Wachstum. Zumindest bei uns. Das ist schon ein ganz gutes Ergebnis. Zumindest bei uns. Ob in den Partnerländern bei diesen Abkommen, etwa dem mit den Nordafrikanischen Staaten oder dem mit Palästina, in diesen Ländern wegen dieser Abkommen ähnlich gute oder gar bessere Ergebnisse erzielt wurde, lasse ich hier unbetrachtet. Obschon es nicht unbedeutend ist. Denn es kann uns nicht gleichgültig sein, wenn unsere Handelsbeziehungen mit anderen Ländern diesen keine Vorteile bringen. Wenn ich bei meinem Bäcker Brot kaufe, profitiert dieser von meinem Einkauf, er erzielt Umsatz, Wachstum, Gewinn. Ich profitiere von gutem Brot und pünktlicher Lieferung und gutem Service. Ändern sich die Handelsbedingungen einseitig zu den Gunsten des Bäckers, etwa durch stark reduzierte Öffnungszeiten, kann oder will ich nicht mehr bei ihm kaufen und der umgekehrte Effekt wird erzielt. Ebenso so ungünstig für die Umsätze meines Bäckers wäre, wenn ich mir das Brot nicht mehr leisten könnte. Wir müssen bei unseren bilateralen Handelsabkommen also auch immer den Vorteil des Partners im Auge behalten. Ob dies immer ausreichend beachtet wurde, nun ja! Wenn die Wirtschaft profitiert, bedeutet dies noch lange nicht, dass auch die Allgemeinheit davon profitiert. Es ist unbestritten, dass nur durch eine florierende Wirtschaft mit konkurrenzfähigen Unternehmen bei uns jedem einzelnen Bürger einen vergleichsweise hohen Lebensstandart, der selbst bei den ärmsten unseres Landes die Mittelschicht manch anderer Länder übertrifft. Besonders soziale Errungenschaften, unsere Krankenversorgung, unsere soziale Versorgung, unsere durch starke Gewerkschaften starke Arbeitnehmerschaft mit guten Arbeitsbedingungen, unsere hohen Verbraucherschutzstandards und unsere hohen Umweltstandards sind einer starken Volkswirtschaft geschuldet. Wir können uns diesen Luxus leisten. Und doch ist dieser Luxus nicht ausschließlich Luxus. Dieser Luxus ist auch Wachstumsmotor. Aus diesem Luxus, aus unseren hohen Standards, aus hohen Sicherheitsvorschriften, aus kurzen Arbeitszeiten mit hohen Löhnen resultieren ganz selbstverständlich und folgerichtig neue Entwicklungen und natürlich FUNDSCENE

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kaufkräftige Bürger, die aus ihren neuen der eigenen Kapitalkraft geschuldeten Bedürfnissen neue Innovationen befeuern. Ob Politik und deren Berater aus der Wirtschaft dies ebenso sehen oder nur den schnellen wirtschaftlichen Erfolg und damit kurzfristigen Anstieg der Aktien erzielen möchten, lasse ich hier unbeantwortet. Dass gleiche Standards auf gleicher Höhe das wirtschaftliche Ergebnis eines Unternehmens steigern, ist leicht einzusehen. Betrachten wir einmal mehr ein Beispiel aus der deutschen Schlüsselindustrie, der Automobilindustrie. Ein Fahrzeug, welches in die USA exportiert wird muss anderen, höheren Sicherheitsstandards genügen als das, welches in der EU verkauft wird. Zweimal Entwicklung, zweimal Produktion für das gleiche Ding. Bei gleichem Standard müssten Daimler, VW und BMW nur einmal entwickeln, einmal produzieren und könnten mehr Geld verdienen um dieses in neue Entwicklungen investieren – für noch höhere Standards, sind doch viele Standards erst aus Entwicklungen finanzstarker Entwicklungsabteilungen entstanden, und dann noch höhere Gewinne. Hier liegen auch die großen Chancen der Freihandelsabkommen CETA und TTIP. Länder mit hohen Standards, jedes ein wenig höher in seiner Sparte, alle demokratisch und lange politisch befreundet, mit hohem sozialem Standard und hohem Bildungsniveau, sollten ihre Standards angleichen. Da empfehle ich dem Allgemeinwohl und damit dem wirtschaftlichen Erfolg geschuldet, denn ich halte das Allgemeinwohl mit sozialen Errungenschaften und hoher Umweltschutz für einen Motor der wirtschaftlichen Leistung,diese Standards auf dem jeweils höchsten Niveau zu etablieren. Leider schaffen Politiker und ihre Lobbyisten diesen Spagat nicht. Recht unbeweglich versucht man sich auf niedrigen Standards zu einigen und wirkliche Errungenschaften dem kurzfristigen und auch fraglichen wirtschaftlichen Erfolg zu opfern. Wichtig ist, dass Bilaterale Abkommen die Interessen aller beteiligten Staaten und auch die verbundener Drittstaaten wie etwa Mexiko oder die Türkei und besonders die Interessen der Bevölkerung dieser aller beteiligten Staaten berücksichtigt. Deregulierung oder besser angepasste Regulierung und gleiche Standards, zum Schutz der Verbraucher und der Umwelt und damit unserer auch wirtschaftlichen Zukunft auf hohem, dem höchst möglichen Niveau würde CETA und TTIP extrem nützlich und für den

Bürger und die Wirtschaft aus Mittelstand und Industrie machen. Ziel von CETA und TTIP ist vor allem der Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Die Industrie fordert ganz natürlich und durch ihre Lobbyisten sehr stark in der Meinungsbildung der Politik vertreten aus genau diesem Grund die Einigung auf niedrigem Niveau gemeinsamer Standards. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse wären jedoch auch bei gleich hohen Standards beseitigt und es entstünde wahrscheinlich ein höherer Innovationsschub als Basis für mittel- bis langfristiges wirtschaftliches Wachstum, welches durch ein Ankommen der Wirtschaftskraft in der Breite der Bevölkerung und auch in den Randgruppen nachhaltig stabil bleibt. Ob dies so verhandelt wird steht in den Sternen. So wirklich transparent ist dies nicht. Hier verhandeln Menschen, die wir nicht kennen an Orten, die wir nicht kennen, also geheim über unsere Zukunft.

Während der Abbau von Handelsbarrieren prinzipiell sinnvoll und für alle beteiligten die Handelsbeziehungen positiv beeinflussen können, ist zu beachten, dass durchaus Gefahren bestehen, Gefahren für die Gesamtwirtschaft und den Einzelnen.

Während der Abbau von Handelsbarrieren prinzipiell sinnvoll und für alle beteiligten die Handelsbeziehungen positiv beeinflussen können, ist zu beachten, dass durchaus Gefahren bestehen, Gefahren für die Gesamtwirtschaft und den Einzelnen. Große Kritik üben Verbraucherverbände an den verhandelten Abkommen. So kritisiert der BUND das niedrige Niveau der verhandelten Standards: „TTIP und CETA stellen eine große Gefahr für bestehende Standards sowie eine zukünftige Politik zum Schutz von Mensch und Umwelt dar. Zum einen steht zu befürchten, dass die anvisierte Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung von Standards zu einer Abwärtsspirale von hohen zu den kostengünstigsten Standards führen wird.“ Dem gegenüber betont die Bundesregierung, dass man Errungenschaften der EU nicht verkaufen wird. So verlautet es aus dem Wirtschaftsministerium: „Bei keinem der Themen, über die verhandelt wird, steht das bestehende Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich zur Disposition. Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben.“ Können wir erwarten, dass in der EU amerikanische Standards und gar in den USA europäische Standards einfach so übernommen werden. Vielmehr steht zu erwarten, dass die sehr gut aufgestellten Lobbygruppen der großen Konzerne die Politik dahingehend beeinflussen, dass in beiden Regionen aber ganz besonders der EU nur

Recht unbeweglich versucht man sich auf niedrigen Standards zu einigen und wirkliche Errungenschaften dem kurzfristigen und auch fraglichen wirtschaftlichen Erfolg zu opfern. 8

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die kurzfristigen Interessen dieser Konzerne umgesetzt werden. Verbraucherschutz, Umweltschutz und Arbeitsschutz, die den Konzernen per se ein Dorn im Auge sind, könnten auf der Strecke bleiben. Und doch würde es in Europa keinen Verbraucher gefährden, wenn er Chlohühnchen oder Hormonfleisch im Angebot des Supermarkts findet, wenn es denn auch gekennzeichnet ist. Bei entsprechender Transparenz hat der Verbraucher die Macht, den Markt zu gestalten und Produkte zu etablieren. Die intransparente Dokumentation der selbst für Abgeordnete geheimen Verhandlungen schürt Gerüchte und trägt in keinster Weise dazu bei, dass in der Bevölkerung eine Akzeptanz für CETA und TTIP erzielt wird. Ob die Bevölkerung am Ende was zu melden hat, wird sich noch zeigen. Bei der Lobbyarbeit sind Verbraucher und Umwelt im Vergleich zur Industrie unterrepräsentiert, werden doch Verbraucherschutz und Umweltschutz in diesen Kreisen als wirtschaftsfern, wenn nicht gar wirtschaftsfeindlich betrachtet. Ein intensiv diskutierter Punkt sind die Regelungen zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP. Diese Regelung ist überflüssig. In Ländern, die über funktionierende und unbestechliche Rechtssysteme verfügen und jeder Zugang zu den Gerichten hat, ist eine solche Regelung Unfug. Bei bilateralen Abkommen mit Ländern, die über wenig berechenbare Rechtssysteme verfügen, sind solche Investorenschutzregelungen, die etwa Enteignungen vorbeugen können, sinnvoll. Natürlich kann ISDS auch in den Handelsbeziehungen zu USA und/oder Kanada sinnvoll eingesetzt werden. Die bisher und von den amerikanischen Lobbyisten bevorzugte Variante hat mit unserem demokratischen Verständnis nichts mehr gemein. Obwohl in der europäischen Kommission ISDS als dringend erforderlich angesehen wird, sieht man, ob auf Druck der Öffentlichkeit oder eigener Einsicht in der Bundesregierung diesen Investorenschutz skeptisch. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium vernehmen wir: „Die Bundesregierung hält spezielle völkerrechtliche Regelungen zum Investitionsschutz und Investor-Staat Schiedsverfahren in Freihandelsabkommen mit entwickelten Rechtsstaaten wie den USA für nicht erforderlich. Denn sie verfügen über belastbare Rechtsordnungen und gewährleisten ausreichend Rechtsschutz vor unabhängigen nationalen Gerichten. Wir werden über dieses Thema in den nächsten Monaten eine intensive Debatte in der EU führen. Eine endgültige Entscheidung darüber wird aber erst nach Ende der TTIP-Verhandlungen erfolgen. Es muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass demokratisch getroffene Regelungen ausgehebelt oder umgangen werden können.“ Das hört sich beruhigend an, lässt aber keine wirklich klare Position FUNDSCENE

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Ein intensiv diskutierter Punkt sind die Regelungen zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP.


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Das wohl markanteste Beispiel für zukunftsweisend hohe Löhne stammt jedoch aus den USA. Henry Ford hat einst zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Löhne seiner Arbeiter so stark erhöht, dass ein Ford-Arbeiter doppelt soviel verdienen konnte als üblich.

erkennen. Der Nutzen von CETA und TTIP wird nur auf den wirtschaftlichen Aspekt reduziert. Das Prokopfeinkommen steigt, es werden Arbeitsplätze geschaffen. Die Auswirkung auf soziale Errungenschaften werden unter den Teppich gekehrt. Dabei sind gerade diese Errungenschaften, die kurzfristig die Industrie ein wenig Geld kosten, eine sinnvolle und effektive Investition in die Zukunft. Selbst hohe Löhne und Arbeitsschutzrichtlinien, wie sie in unserer Schlüsselindustrie, der Automobilindustrie üblich sind und in keinem anderen Land mit Automobilproduktion erreicht wird, wirken nicht bremsend auf die Wirtschaftskraft und den Erfolg dieser Unternehmen. Im Gegenteil: Gerade die gut ausgebildeten und hochbezahlten Facharbeiter garantieren den hohen Qualitätsstandard der Autos Made in Germany. Das wohl markanteste Beispiel für zukunftsweisend hohe Löhne stammt jedoch aus den USA. Henry Ford hat einst zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Löhne seiner Arbeiter so stark erhöht, dass ein Ford-Arbeiter doppelt soviel verdienen konnte als üblich. Ein System der Gewinnbeteiligung gab es obendrauf. Wer denkt, dass Henry Ford dies aus reiner Menschenfreundlichkeit getan hat, irrt. Henry Ford selbst gab zu, dass rein wirtschaftliches Kalkül hinter seinen überhöhten Löhnen steckte. Er steigerte die Kaufkraft und

die Identifikation mit dem Unternehmen. Der Erfolg gab ihm langfristig Recht. Das System ist einfach: Man gibt etwas ab und bekommt umso mehr zurück und es funktioniert. CETA und TTIP können jedoch dazu führen, dass obschon bei uns vielleicht 100000 neue Arbeitsplätze entstehen werden (IFO-Institut), in Ländern wie Mexiko und der Türkei negative Auswirkungen zu erwarten sind. Hohe Standards in den USA und Europa bieten ebenso wie die hohen Lohnkosten den Schwellenländern Chancen auf dem globalen Markt, die ihnen den Weg zu ähnlichen Standards und wirtschaftlichem Erfolg ebenen. Die hohen Standards im Bereich Verbraucherschutz, Umweltschutz und Arbeitsschutz, die sich zwar in Nordamerika und Europa unterscheiden, gleichwohl jedoch hoch angesiedelt sind, sollten nicht auf dem Altar des Wirtschaftswachstums geopfert werden. Offensichtlich sieht man dies im Bundeswirtschaftsministerium ähnlich: „Die EU wird keines ihrer

Gerade die gut ausgebildeten und hochbezahlten Facharbeiter garantieren den hohen Qualitätsstandard der Autos Made in Germany 10

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grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben. Beim Arbeitsschutz sind die so genannten Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale Arbeitsorganisation) maßgeblich, die hohe soziale Standards, bzw. menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz garantieren. Es ist geplant, einen Mechanismus in das TTIP-Abkommen aufzunehmen, der dafür sorgt, dass diese Normen auch durchgesetzt werden. Außerdem sollen Bestimmungen zur verantwortlichen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility) in den Vertrag eingehen. Bei den Verhandlungen geht es nicht darum, die beiderseits des Atlantiks geltenden Standards gegenseitig zu unterbieten. Die jeweils geltenden Regelungen sollen aber kompatibler werden. Dies bedeutet jedoch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern unnötige Unterschiede zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen“. Werden wir uns im Sinne unseres Wohlstands, der nicht ausschließlich auf hohen Einkommen beruht, gegen die Konzerne

behaupten können und wird die Bundesregierung diese unsere Interessen im Sinne aller Menschen in Europa und den USA und Kanada durchsetzen können? Deshalb liebe TTIP und CETA Verhandler, schaut ein wenig weiter als von den vielen Lobbyisten gewünscht, schaut über den Tellerrand, schaut auf die Meinung der Bürger, denn die sind nicht dumm und schaut ein wenig auf unsere Zukunft und versucht die innovativen Chancen der Errungenschaften unseres Verbraucherschutzes, unseres Umweltschutzes und unseres Arbeitsschutzes zu unterstützen und in ein wahres Jobwunder zu verwandeln und dies nicht nur in Europa. Im Anschluss finden Sie einige Stimmen zu den Freihandelsabkommen. Es kommt die befürwortende Politik ebenso zu Wort wie die Kritiker aus Verbraucherschutzverbänden.

Die jeweils geltenden Regelungen sollen aber kompatibler werden. Dies bedeutet jedoch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern unnötige Unterschiede zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen“.

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„Wir brauchen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP - sorgsam ausgehandelt, marktöffnend und unter Garantie mit hohen Standards.“

Daniel Caspary Wir brauchen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP - sorgsam ausgehandelt, marktöffnend und unter Garantie mit hohen Standards. Koordinator im Ausschuss für internationalen Handel im Europäischen Parlament und Mitglied der CDU/EVP Fraktion „TTIP wird die bislang weltweit größte Freihandelszone schaffen.“

Ende letzten Jahres wurden die Verhandlungen über das EU-Kanada-Handelsabkommen (CETA) abgeschlossen.

Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), sollen Handelsbarrieren zwischen EU und den nordamerikanischen Staaten abbauen. Sie sind nicht unumstritten. Welchen aktuellen Informationsstand haben Sie zu den Verhandlungen? Ende letzten Jahres wurden die Verhandlungen über das EU-Kanada-Handelsabkommen (CETA) abgeschlossen. Das Abkommen bietet den Unternehmen künftig neue Möglichkeiten und den Verbrauchern eine größere Auswahl an Produkten zu niedrigeren Preisen. Und genau dort müssen wir im neuen Jahr wieder ansetzen,

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um schnellstmöglich das Wachstumspotenzial des Abkommens zu realisieren. Zudem schlägt der Verhandlungsinhalt eine direkte Brücke zum Transatlantischen Handelsabkommen (TTIP) zwischen der EU und den Vereinigten Staaten. Seit dem Beginn der TTIP Verhandlungen im Juli 2013 hat vergangene Woche bereits die 8. Verhandlungsrunde stattgefunden und der Verhandlungsrhythmus sollte noch erhöht werden, jedoch nicht zulasten der europäischen Standards. Wir wollen die Verhandlungen ohne Kompromisse bei der Qualität und beim Verbraucherschutz beschleunigen und voranbringen. Halten Sie diese Abkommen für dringend erforderlich und wo sehen Sie die Chancen und wo die Risiken für


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Im Gespräch mit US-Chefunterhändler Dan Mullaney und dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Grosse-Brömer im Büro von Daniel Caspary in Brüssel.

unsere, die europäische Wirtschaft? Ein offener und fairer Handel ist von wesentlicher Bedeutung für die europäische Wirtschaft und im großen Maße von externem Wachstum abhängig. Die Herabsetzung unserer Handels- und Nicht-Handelsbezogenen Barrieren im Ausland würde unseren Unternehmen helfen neue Arbeitsplätze in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Das haben die Handelsöffnungen in den vergangenen 10 Jahren gezeigt. Unter dieser Prämisse überwiegen für mich auch die Vorteile gegenüber den Risiken. Es wird zum Beispiel geschätzt, dass 90% des Weltwachstums im Jahr 2015 außerhalb der EU erzeugt werden. Die Ergebnisse sind eine höhere Produktivität, mehr internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie erhebliche Vorteile für die Verbraucher. Zudem sind 36 Millionen Jobs schon jetzt von den Handelsbeziehungen der Union abhängig. In Bezug auf die Risiken: Solange wir sicherstellen, dass jedes Handelsabkommen die hohen europäischen Standards im Konsumenten-, Umwelt- und Sozialbereich schützt, sowie ein hohes Maß an Schutz für EU-Investoren gewährleistet, überwiegen klar die Vorteile für uns. Globalisierung findet statt, ob wir es wollen oder nicht. Wir können nur dafür sorgen, dass unser Handel auf Rechtsstaatlichkeit basiert, sodass wir von einer von uns mitgestalteten Globalisierung ausgehen können. Ein intensiv diskutierter Punkt sind die Regelungen

zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP. Wie beurteilen Sie diese Regelungen? ISDS dient dazu, ausländische Investitionen durch den Schutz der Investoren vor Diskriminierung oder Enteignung zu fördern. Das Konzept wird als eines der wirksamsten Instrumente angesehen, um politische Risiken zu steuern und die internationale Rechtsstaatlichkeit zu fördern. Mittlerweile gibt es weltweit schon über 3000 Vereinbarungen die ISDS-Klauseln beinhalten, die übrigens auch in den meisten der über 1400 Vereinbarungen der EU-Mitgliedstaaten vorkommen. In der EVP-Fraktion sind wir für ein wirksames ISDS System, dass unsere europäischen Investoren durch die Einführung eines ausgewogenen Ansatzes bei TTIP schützen. Dafür müssen mehr Transparenz und klarere Definitionen geschaffen werden. Das CETA Abkommen ist dafür ein positives Beispiel. In dieser Vereinbarung wurde der ISDS Mechanismus verbessert. Das Gleiche muss nun auch bei TTIP gelten, woran die Europäische Kommission derzeit arbeitet. Bei einem Blick auf die letzten Jahre zeigt sich, dass die Panikmache bei ISDS auch gar nicht nötig ist: Im Zeitraum 2008-2012 gab es weltweit214 (bekannte) ISDS-Fälle. In 113 dieser Fälle waren es EU-Investoren, die ein solches Verfahren angestrengt haben. Von den 52 neuen Fällen im Jahr 2012 wurden 60% aller Einführungen von EU-Investoren durchgeführt, 7,7% von den USA, 5,8% von russischen und 3,8% von kanadischen Investoren. ISDS wird also vor allem von EU- und nicht

Ein offener und fairer Handel ist von wesentlicher Bedeutung für die europäische Wirtschaft und im großen Maße von externem Wachstum abhängig.

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von US-Investoren genutzt. In der öffentlichen Debatte spiegelt sich dieses Verhältnis allerdings leider nicht wieder, sondern man könnte den umgekehrten Eindruck bekommen. Darüber hinaus gibt es keine eindeutigen Hinweise, wie man die Nichtdiskriminierung von EU-Investoren ohne ISDS auf den US-Markt gewährleisten kann. Daher müssen wir daran arbeiten herauszufinden, ob es eine gute Alternative zu ISDS als Rechtsmechanismus gibt und wenn nicht, den ISDS Mechanismus reformieren.

TTIP wird die bislang weltweit größte Freihandelszone schaffen. Laut den aktuellen Zahlen der Europäischen Kommission sind Exporte die Grundlage für die Arbeitsplätze von etwa 10% der europäischen Bevölkerung.

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Welche Auswirkungen erwarten Sie hinsichtlich des Investitionsvolumens amerikanischer Unternehmen in Europa und europäischer in Amerika? Welche Auswirkung erwarten Sie für den Arbeitsmarkt in Deutschland, in Europa und in Kanada und den USA? Werden sich die Arbeitslosenzahlen signifikant ändern und wie wirken sich die Abkommen auf Arbeitsmarktregelungen, Arbeitsschutz, Mindestlöhne etc. aus? Wie werden sich die Abkommen auf Verbraucherschutz, Umweltschutz und Arbeitsschutz auswirken? TTIP wird die bislang weltweit größte Freihandelszone schaffen. Laut den aktuellen Zahlen der Europäischen Kommission sind Exporte die Grundlage für die Arbeitsplätze von etwa 10% der europäischen Bevölkerung. Bessere Exportchancen könnten also auch neue Arbeitsplätze schaffen und bestehende Jobs sichern. Unsere Priorität ist es wechselseitige Unterstützung zwischen Handel- und Arbeitsmarktpolitik zu fördern,

sowie den Schutz der Arbeitnehmer trotz zunehmenden Handels zu gewährleisten. Als der EU-Binnenmarkt eingeführt wurde, erzeugte er das gleiche Angstgefühl, das wir jetzt bei TTIP sehen. Jetzt würde aber jeder zustimmen, dass die wirtschaftliche Integration den Wohlstand für die europäischen Bürger gestärkt hat. Die EU-Verordnung hat die Gesundheits-, Sicherheitsund Verbraucherrechte gewahrt. Das Gleiche kann passieren, wenn wir uns auf eine ehrgeizige transatlantische Partnerschaft einigen. Aus unserer Sicht liegt der meiste Nutzen durch TTIP im Bereich der Regulierung. Der Richtungswechsel hin zu mehr Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zwischen der EU und den USA und die gegenseitige Anerkennung oder weitere Harmonisierung, sollte Doppelarbeit vermeiden und die Belastungen und Kosten für unsere Unternehmen erheblich reduzieren, ohne unsere Verbraucherschutzstandards zu senken. Doch kennen wir alle die schwierigen Herausforderungen, denen wir aktuell gegenüberstehen: die wirtschaftliche Unsicherheit, Energie-Unabhängigkeit, Klimawandel, Migration und Terrorismus. Gemeinsam können und müssen wir eine führende Rolle bei der Festlegung der Grundsätze und Strukturen dieser neuen, multipolaren und multilateralen Welt einnehmen. Ich bin überzeugt, umso mehr sich die EU und die USA auf Vorschriften oder Regeln für die Interaktion zwischen Handel, Arbeit und Umwelt einigen können, desto mehr werden wir eine gemeinsame globale Regel finden. TTIP ist eine ernsthafte Antwort auf all diese Herausforderungen.


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Aus unserer Sicht liegt der meiste Nutzen durch TTIP im Bereich der Regulierung. Der Richtungswechsel hin zu mehr Zusammenarbeit in Regulierungsfragen zwischen der EU und den USA und die gegenseitige Anerkennung oder weitere Harmonisierung, sollte Doppelarbeit vermeiden und die Belastungen und Kosten f端r unsere Unternehmen erheblich reduzieren, ohne unsere Verbraucherschutzstandards zu senken.

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Maja Volland Wissenschaftliche Mitarbeiterin TTIP Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Friends of the Earth Germany „TTIP und CETA stellen eine große Gefahr für bestehende Standards sowie eine zukünftige Politik zum Schutz von Mensch und Umwelt dar.“

Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-KanadischeFreihandelsabkommen (ComprehensiveEconomicand Trade Agreement, CETA) und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), sollen Handelsbarrieren zwischen EU und den nordamerikanischen Staaten abbauen. Sie sind nicht unumstritten. Welche aktuellen Informationsstand haben Sie zu den Verhandlungen?

Von allem, was wir bisher wissen, stellen TTIP und CETA eine Gefahr für Demokratie, Rechtsstaat, Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt- und Verbraucherschutz dar.

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Von allem, was wir bisher wissen, stellen TTIP und CETA eine Gefahr für Demokratie, Rechtsstaat, Arbeitnehmerrechte sowie Umwelt- und Verbraucherschutz dar. Die Abkommen sind darauf ausgerichtet Märkte für exportorientierte Konzerne möglichst umfassend zu öffnen und zu deregulieren. Da die Zölle bereits weitestgehend niedrig sind, liegt das Augenmerk dabei auf sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnissen. Letztere stellen Regelungen dar, die keine Zölle sind und den grenzüberschreitenden Austausch von Waren behindern; das heißt es geht um Standards und das Recht von Regierungen, Regelungen zum Schutz von Mensch und Umwelt zu erlassen. Die EU-Kommission betont, dass es durch CETA und TTIP nicht zu einem Abbau von hohen Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt kommen werde. Doch alles deutet darauf hin, dass dem nicht so sein wird. Es gibt etliche Dokumente, die zeigen, dass sensible Bereiche, wie etwa die Lebensmittelsicherheit, durch TTIP und CETA gefährdet werden. In dem CETA-Vertragstext sehen wir dies unter anderem am Beispiel der Gentechnik. Die Gesetzgebung zu Gentechnik ist in der EU strenger als in vielen anderen Ländern und wird von den USA und Kanada als Hemmnis für den Handel gesehen. Konzernen wie BASF oder Monsanto ist die EU-Gesetzgebung zu Gentechnik schon lange ein Dorn im Auge. Entgegen aller Beteuerungen, die hiesigen Standards zur Gentechnik würden nicht angetastet, hat die EU-Kommission bei CETA weitgehende Zugeständnisse gemacht, die es ermöglichen könnten die EU-Gesetzgebung auszuhebeln. Gentechnisch veränderte Lebensmittel könnten dann ohne Kennzeichnung auf den europäischen Markt gelangen. Halten Sie diese Abkommen für dringend erforderlich und wo sehen Sie die Chancen und wo die Risiken für unsere, die europäische Wirtschaft?

Durch die Abkommen sind gesamtwirtschaftlich nur sehr geringe Effekte zu erwarten, während sie viele Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher bergen. Eine Studie, auf die sich die EU-Kommission stützt, errechnet gerade einmal ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes von 0,034% in der EU durch TTIP – das ist verschwindend gering. Profitieren würden durch die Abkommen in erster Linie große multinational agierende Konzerne. Kleine und mittlere Unternehmen könnten zwar durch die Harmonisierung technischer Standards, wie etwa bei Autoblinkern, profitieren. Allerdings bedarf es für diese Form der Harmonisierung keine derart umfassenden Abkommen wie CETA und TTIP. Technische Standards könnten in bereits existierenden Institutionen gemeinsam reguliert werden. Schon jetzt kooperieren die EU und die USA bei der Setzung von Standards in verschiedenen Bereichen. Ein intensiv diskutierter Punkt sind die Regelungen zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-statedisputesettlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP. Wie beurteilen Sie diese Regelungen? Die Investor-Staat-Streitschlichtung ISDS gefährdet die Demokratie und den Rechtsstaat und belastet Staaten mit hohen finanziellen Kosten. Die Streitschlichtungsverfahren erlauben es ausländischen Konzernen, nationales Recht zu umgehen und einen Staat vor privaten Schiedsstellen zu verklagen. Diese Schiedsstellen bestehen aus privaten Schiedsrichtern und sind somit weder neutral, noch an demokratische Gesetze gebunden. ISDS stellt eine Paralleljustiz für Konzerne dar, die weder auf nationales Recht noch auf demokratisch gefasste Beschlüsse Rücksicht nehmen muss. Es gibt etliche Fälle, in denen Konzerne eine staatliche Maßnahme vor einer Schiedsstelle angeklagt haben, obwohl diese dem öffentlichen Interesse diente oder in einem demokratischen Prozess entschieden wurde. Beispielsweise verklagt Vattenfall derzeit Deutschland vor einem privaten Schiedsgericht auf über drei Milliarden Euro Schadensersatz mit der Begründung, der Konzern sei durch den Beschluss Deutschlands aus der Atomenergie auszusteigen benachteiligt worden. Die EU-Kommission sagt, dass sie das Streitschlich-


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tungsverfahren reformieren werde. Doch die angedachten Reformen gehen nicht die Hauptprobleme von ISDS an. TTIP und CETA lehnen wir daher komplett ab, denn mit ISDS werden Konzerninteressen auf dem Rücken der Steuerzahler durchgesetzt, die schon jetzt die Milliardensummen solcher Verfahren tragen. Welche Auswirkung erwarten Sie für den Arbeitsmarkt in Deutschland, in Europa und in Kanada und den USA? Werden sich die Arbeitslosenzahlen signifikant ändern und wie wirken sich die Abkommen auf Arbeitsmarktregelungen, Arbeitsschutz, Mindestlöhne etc. aus? Prognosen zu Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen durch Handelsabkommen sind generell schwierig zu treffen. Es gibt diverse Studien zu den Wachstumsprognosen und Arbeitsplatzzahlen von TTIP, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Wie aber schon gesagt, sind durch die Abkommen gesamtwirtschaftlich nur marginale Effekte zu erwarten. Dagegen stellen TTIP und CETA eine Gefahr für hohe Arbeitsstandards und die Rechte von Arbeitnehmerinnen und -nehmern dar. So haben sowohl die USA als auch Kanada nicht alle acht internationalen Kernarbeitsnormen ratifiziert. In den USA wurden beispielsweise Normen nicht in Kraft gesetzt, die Grundlagen für gewerkschaftliche Aktivitäten und Tarifverhandlungen garantieren. Es steht zu befürchten, dass durch den Abbau weiterer Handelsschranken und den zunehmenden Wettbewerbsdruck durch TTIP und CETA die schlechteren und im Zweifel billigeren Standards die höheren und teureren Standards vom Markt verdrängen. Wie werden sich die Abkommen auf Verbraucherschutz, Umweltschutz und Arbeitsschutz auswirken? TTIP und CETA stellen eine große Gefahr für bestehende Standards sowie eine zukünftige Politik zum Schutz von Mensch und Umwelt dar. Zum einen steht zu befürchten, dass die anvisierte Harmonisierung oder gegenseitige Anerkennung von Standards zu einer Abwärtsspirale von hohen zu den kostengünstigsten Standards führen wird.

Zudem würde durch die Abkommen der Handlungsspielraum von demokratisch legitimierten Regierungen beschnitten, wohingegen wirtschaftliche Akteure mehr Einfluss auf politische Entscheidungen erhalten würden. Dies alles mit dem Ziel, einen weitestgehend ungehinderten transatlantischen Handel zu ermöglichen. So soll laut einem Vorschlag der EU-Kommission durch TTIP zukünftig schon im Vorhinein verhindert werden, dass Gesetze Hemmnisse für den Handel darstellen. Der Handelspartner soll frühzeitig in die Gestaltung von Gesetzen einbezogen werden, auch private Akteure wie Wirtschaftsunternehmen aus dem In- und Ausland müssten im Vorfeld vieler Gesetzesvorhaben konsultiert werden. Auf EU-Ebene würde dies dazu führen, dass Gesetze teilweise zuerst mit dem Handelspartner abgestimmt würden, bevor sie das EU-Parlament überhaupt zu Gesicht bekäme. Dies würde demokratische Gesetzgebungsprozesse bedeutend beschneiden. Zudem ist abzusehen, dass in der Folge bestimmte Gesetze verzögert oder ausgebremst würden, wenn sie wirtschaftlichen Interessen zuwiderliefen. Einen Vorgeschmack darauf, was der Vorschlag der EU-Kommission für eine Klimaschutzpolitik bedeuten könnte, zeigt das Beispiel der Kraftstoffqualitätsrichtlinie der EU. Diese Richtlinie sollte Kraftstoffe entsprechend ihrer Klimabilanz einstufen und bevorzugt behandeln. Auf Druck der kanadischen und US-amerikanischen Regierung, für deren Industrie das besonders klimaschädliche Öl aus Teersanden von hoher Bedeutung ist, wurde die Richtlinie stark verwässert und ist bis heute nicht in Kraft getreten. Des Weiteren werden in TTIP neue Regeln zur Lebensmittelsicherheit verhandelt. So soll ein neues transatlantisches Gremium zu Fragen der Lebensmittelsicherheit die Möglichkeit erhalten, bei künftigen Gesetzesvorhaben frühzeitig zu intervenieren. Das Gremium, das aus Handels- und Behördenvertretern bestehen soll, hätte die Möglichkeit, alle Standards für Lebensmittelsicherheit und Tierschutz auf den Prüfstand zu stellen und so Gesetze zum Schutz von Verbrauchern, Tieren und Umwelt abzublocken, indem sie diese als Handelshemmnisse interpretieren.

Adrian Toschev Pressestelle Bundesministerium für Wirtschaft und Energie „Bei keinem der Themen, über die verhandelt wird, steht das bestehende Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich zur Disposition“

Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) und die Transa-

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lantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), sollen Handelsbarrieren zwischen EU

Prognosen zu Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen durch Handelsabkommen sind generell schwierig zu treffen. Es gibt diverse Studien zu den Wachstumsprognosen und Arbeitsplatzzahlen von TTIP, die zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen.


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und den nordamerikanischen Staaten abbauen. Sie sind nicht unumstritten. Welchen aktuellen Informationsstand haben Sie zu den Verhandlungen? Aktuelle Informationen zum Stand der TTIP-Verhandlungen finden Sie unter: http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/13025_de.htm http://bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/Ttip/ verhandlungsprozess.html. Aktuelle Informationen zu den CETA-Verhandlungen finden Sie hier: http://bmwi.de/DE/Themen/Aussenwirtschaft/ceta.html. Halten Sie diese Abkommen für dringend erforderlich und wo sehen Sie die Chancen und wo die Risiken für unsere, die europäische Wirtschaft? TTIP errichtet einen transatlantischen Marktplatz und erleichtert Europäischen Unternehmen damit den Zugang zum großen US-Markt. Weniger Zölle und Handelsbarrieren verbessern die Exportchancen und schaffen Umsatz und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks. Zudem haben wir mit TTIP die Möglichkeit, auf der globalen Ebene Spielregeln für einen Freihandel zu setzen, der Bürokratie abbaut und zugleich nationale Eigenheiten respektiert. Für die Handelspartner EU und USA, die auf Basis ähnlicher Grundwerte kooperieren, könnte TTIP als Element der Global Governance eine Wegmarke in einer neuen weltweiten Verantwortungsstruktur werden. Um die Globalisierung zu gestalten, brauchen wir Regeln. Die können wir jetzt schaffen. Deswegen wollen wir TTIP. Wir wollen den Freihandel, aber nicht um jeden Preis.

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Ein intensiv diskutierter Punkt sind die Regelungen zum Investorenschutz und zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (investor-to-state dispute settlement, ISDS) im Rahmen von CETA und TTIP. Wie beurteilen Sie diese Regelungen? Die Bundesregierung hält spezielle völkerrechtliche Regelungen zum Investitionsschutz und Investor-Staat Schiedsverfahren in Freihandelsabkommen mit entwickelten Rechtsstaaten wie den USA für nicht erforderlich. Denn sie verfügen über belastbare Rechtsordnungen und gewährleisten ausreichend Rechtsschutz vor unabhängigen nationalen Gerichten. Wir werden über dieses Thema in den nächsten Monaten eine intensive Debatte in der EU führen. Eine endgültige Entscheidung darüber wird aber erst nach Ende der TTIP-Verhandlungen erfolgen. Es muss auf jeden Fall ausgeschlossen werden, dass demokratisch getroffene Regelungen ausgehebelt oder umgangen werden können. Welche Auswirkungen erwarten Sie hinsichtlich des

Investitionsvolumens amerikanischer Unternehmen in Europa und europäischer in Amerika? Informationen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen finden Sie hier: http://www.cesifo-group.de/de/ifoHome/research/Projects/Archive/Projects_AH/2013/ proj_AH_freihandel_USA-GER.html. Welche Auswirkung erwarten Sie für den Arbeitsmarkt in Deutschland, in Europa und in Kanada und den USA? Werden sich die Arbeitslosenzahlen signifikant ändern und wie wirken sich die Abkommen auf Arbeitsmarktregelungen, Arbeitsschutz, Mindestlöhne etc. aus? Wie werden sich die Abkommen auf Verbraucherschutz, Umweltschutz und Arbeitsschutz auswirken? Bei keinem der Themen, über die verhandelt wird, steht das bestehende Schutzniveau im Gesundheits-, Lebensmittel- oder Verbraucherbereich zur Disposition. Die EU wird keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Menschen, Tieren oder Umwelt aufheben. Beim Arbeitsschutz sind die so genannten Kernarbeitsnormen der UN-Agentur ILO (Internationale Arbeitsorganisation) maßgeblich, die hohe soziale Standards, bzw. menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Schutz garantieren. Es ist geplant, einen Mechanismus in das TTIP-Abkommen aufzunehmen, der dafür sorgt, dass diese Normen auch durchgesetzt werden. Außerdem sollen Bestimmungen zur verantwortlichen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility) in den Vertrag eingehen. Bei den Verhandlungen geht es nicht darum, die beiderseits des Atlantiks geltenden Standards gegenseitig zu unterbieten. Die jeweils geltenden Regelungen sollen aber kompatibler werden. Dies bedeutet jedoch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu suchen, sondern unnötige Unterschiede zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen. Jede Seite behält weiterhin das Recht, ihr angemessenes Schutzniveau selbst festzulegen und in diesem Rahmen Umwelt-, Sicherheits- und Gesundheitsangelegenheiten so zu regeln, wie sie es für angebracht hält. FUNDSCENE

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Dirk Müller „Ob sich Europa so ausliefern sollte, halte ich für mehr als fraglich.“ Mr Dax und cashkurs.com Frontmann mit kritischem Blick auf CETA und TTIP

Die Freihandelsabkommen, das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), sollen Handelsbarrieren zwischen EU und den nordamerikanischen Staaten abbauen. Sie sind nicht unumstritten. Wie sehen Sie diese Abkommen? Ich sehe diese Abkommen sehr, sehr kritisch, wie Sie sich sicher vorstellen können. Ich habe den Eindruck und den Informationsstand, dass das Investorenschutzabkommen in Berlin bereits sehr kritisch gesehen wird, weil es so dem Bürger nicht zu vermitteln ist. Ob es am Ende rausfliegt, werden wir sehen. Ich sehe die Abkommen sehr kritisch und besonders auch CETA, das manchmal so lapidar zu Seite gewischt wird „Es ist ja nur mit Kanada“. Aber dieses Abkommen hat dramatische Auswirkungen, denn wenn wir CETA verabschieden, haben wir das Investorenschutzabkommen, ohne, dass wir es wollen. Der Investorenschutz in diesem Abkommen gilt für alle Unternehmen, die in den Vertragsstaaten ansässig sind. Finanzstarke Unternehmen aus den USA mit Sitz in Kanada können also die Schiedsgerichte gegen Europa in Anspruch nehmen und uns verklagen. So kann man zum Beispiel in Kanada Klagen gegen das Verbot der Gentechnik in Europa führen. Was besonders schwer wiegt, ist die Intransparenz, aus der das berechtigte Misstrauen entsteht. Wenn das alles inm Sinne der Bürger und der Menschen ist, kann man sie doch auch mitnehmen und mindestens informieren. Und ich es so lange unter Verschluss halte, bis alles unterschrieben ist und viele Regelungen erst danach in Kraft setzt, wenn nichts mehr veränderlich ist, dann will ich doch jemanden außen vor lassen, nämlich die Öffentlichkeit. Wenn ich so etwas vorhabe, muss es einen Grund haben. Beispielsweise geht es bei CETA und TTIP darum, die gegenseitige berufliche Qualifikation anzuerkennen. Dies klingt so nebensächlich, heißt aber nichts anderes, als dass wir den Meistertitel in Deutschland in die Tonne treten können. Das bedeutet, dass jeder, der in Amerika in einer Metzgerei gearbeitet hat, bei uns eine Metzgerei eröffnen kann. Unser Meistertitel wird Makulatur und die Qualität des deutschen Handwerks wird dahin sein. Sehen Sie in diesem Zusammenhang auch Auswirkungen für die Industrie, ich nenne jetzt mal die Automobilindustrie mit ihrem hohen Ausbildungsstand im Bereich der Facharbeiter?

Das kann da mit rein spielen. Und ob es Arbeitsplätze bringt? Ich kann mir nicht vorstellen, wo das -Arbeitsplätze bringen soll. Der gesunde Menschenverstand sagt doch: Wenn Handelshindernisse abgebaut werden. Um bei dem Beispiel zu bleiben, ¬die Automobilindustrie kann in Europa und in Amerika die gleichen Blinker verbauen, wo entstehen da die Arbeitsplätze. Ich brauche doch wesentlich weniger Leute, weil ich eben nicht mehr zwei unterschiedliche, sondern nur noch einen Blinker produzieren muss. Also brauche ich weniger Leute, die Blinker herstellen. Wo soll das zusätzliche Arbeitsplätze bringen? Was wir an amerikanischen Produkten, etwa Autos kaufen, kaufen wir nicht mehr bei uns und umgekehrt. Das ist ein Nullsummenspiel, rechte Tasche, linke Tasche. Ich sehe da nicht, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern logischerweise, dass durch den Abbau der Regulierungen Arbeitsplätze vernichtet werden. Die Unternehmen werden natürlich höhere Gewinne erzielen, die jedoch erfahrungsgemäß nicht in Arbeitsplätze investiert werden, sondern in erster Linie den Aktionären und Investoren zugutekommen. Aber es könnte doch sein, dass durch die Beseitigung der Handelshemmnisse unsere Luxusfahrzeuge in den USA billiger sind und wir so mehr Fahrzeuge in die USA verkaufen können. So könnten doch neue Arbeitsplätze entstehen? Oder umgekehrt. Vielleicht werden ja auch mehr amerikanische Autos in Europa verkauft. Es wird insgesamt nicht mehr verkauft. Die Leute haben doch nicht mehr Geld in der Tasche. Von daher ist das eine reine Substituierung. Ich sehe das eher kritisch im Gegensatz zu den Studien, die die Abkommen positiv begleiten. Es gibt auch Studie, die das Gegenteil aussagen, dass nämlich das Bruttoinlandsprodukt nicht steigt und dass Arbeitsplätze verloren gehen. Offen gestanden halte ich alle diese Studien für Zahlenspielerei, die ich mir so nie zutrauen würde, weil ich gar nicht alle Details kenne. Auf jeden Fall beurteile ich die Risiken sehr hoch, gerade was die Klagemöglichkeiten angeht. Gerade hat sich ein Professor aus Kanada mit einer Studie zu Wort gemeldet, die aussagt, dass sich die Klagen der Amerikanischen Investoren vor diesen Schiedsgerichten multiplizieren würden. Die Universität hat das schon bestehende Abkommen zwischen USA und Kanada untersucht und festgestellt, dass Klagen seitens der US-Firmen immer populärer werden. Es können Klagen vor Schiedsgerichten geführt werden und die Rechtshoheit der Staaten wird umgangen. Es können

Es wird insgesamt nicht mehr verkauft. Die Leute haben doch nicht mehr Geld in der Tasche. FUNDSCENE

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müsste das Land mit einer Klage seitens des amerikanischen Limonadenproduzenten rechnen. Der würde vorrechnen, welchen Gewinn er in den Schulen für die nächsten 20 Jahre erwartet und ¬das Bundesland auf Schadensersatz ¬verklagen. Zahle ¬sofort, gehe nicht über Los. Warum werden diese Abkommen dann in der Politik als positiv und absolut erforderlich verkauft?

Sie sehen als das Risiko darin, dass wir in dieser Vertragsbeziehung den „Juniorpartner“ stellen und das größte Risiko in diesem ISDS?

Weil wirtschaftliche Interessen dahinter stehen. Die Industrie ist in einer solchen Geballtheit betroffen, dass sämtliche Lobbyisten Druck machen. Und wenn jetzt der arme kleine Politiker da sitzt, meist naturgemäß auch nur mit beschränktem Fachwissen, derart einem Dauerfeuer der Industrielobby sowohl aus den USA und aus Europa ausgesetzt ist, bricht so mancher schnell ein, glaubt, was ihm erzählt wird und übernimmt das. Ich kann die Aussage der Politik insoweit nachvollziehen, dass man sagt, wir brauchen die Informationen, um zu erfahren, welche Sorgen, Probleme und Nöte man in der Industrie hat. Dass die Industrie ihre Interessen in der Lobbyarbeit vertritt, halte ich für durchaus legitim. Aber, alle Seiten sollten ihre Lobby haben, und zwar gleichmäßig gleich stark. Das bedeutet auf der einen Seite die Industrie und auf der anderen Seite die Bürger, die Gesellschaft. Die Industrie ist jedoch immer mächtiger geworden und betreibt mit hohem Aufwand, auch finanziellem eine aggressive Lobbyarbeit, um auf die Politik Einfluss zu nehmen. Auf der anderen Seite vermisse ich die Lobbyarbeit bis auf wenige Gewerkschaften und ein paar NGOs. Hier haben wir kein Gleichgewicht der Kräfte, was dringend notwendig wäre. Wenn ich mir als -Abgeordneter Informationen von den Beteiligten hole, sollte dies mit dem gleichen Zeitaufwand auch für die Interessen der Bürger tun und am besten nicht in einem Hotel auf Mallorca sondern in den Abgeordnetenräumen, zu denen auch der Bürger Zugang hat. Und dies transparent! Wir sind jetzt bereits an einem Punkt, an dem die Bürgerrechte zu kurz kommen und die Industrie zu viel Einfluss hat. Und durch CETA, TTIP und artverwandte Programme wird diese Tendenz noch verstärkt und extrem unqualifiziert für alle Zeiten festgeschrieben. Das kann ich nicht gutheißen.

Definitiv ja, weil es für eine Kommune oder ein Bundesland unmöglich wird, Gesetze und Vorschriften zu erlassen, die in die Interessen eines großen amerikanischen Konzerns einschneiden. Denn da könnte eine Klagewelle auf die Kommune oder das Land zukommen, die sie ruinieren können. Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel. Ein Bundesland verbietet in seinen Schulen den Ausschank einer amerikanischen koffeinhaltigen Brause aus Gründen der Gesundheit. Dann

Hätten wir in den Verhandlungen ein Gleichspiel der Kräfte und wären diese Kräfte in den TTIP-Verhandlungen gleichberechtigt vertreten, die Gewerkschaften, die NGOs und so weiter und wären in TTIP mit eingebunden, dann könnte man vielleicht noch Vertrauen haben. Aber so, wo nur eine Seite die Verträge schreibt und die Politik das abnickt, kann ich nicht mal mit dem besten Glauben annehmen, dass für die Gesellschaft zum Schluss was bei rauskommt.

Klagen geführt werden, um Gesetze zu verabschieden oder um keine Gesetze zu verabschieden, etwa Umweltschutzgesetze. Wir sind dann nicht mehr Herr über die eigene Gesetzgebung, denn die bestimmt dann die Industrie. Und da glaube ich nicht, dass dies im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung ist. Es geht darum Hindernisse aus dem Weg zu räumen, und Hindernisse für die Industrie sind immer Vorteile für die Bürger, die Gesellschaft. Vorteile für die Unternehmen ¬bedeuten Nachteile für die Bürger. Ich befürchte, dass es in allen Bereichen wie Arbeitsschutz und Umweltschutz eine Anpassung zulasten der Bürger geben wird. Das ist etwas, was man sich nicht wünschen kann.Zudem wird ein Vertragswerk geschaffen, welches nicht mehr gekündigt werden kann. Und ich weiß nicht ob wir als Europäer mit einem übergeordneten Partner USA – die USA ist mit uns nicht auf Augenhöhe, bekanntlich unterwerfen sich die USA keinem internationalen Gericht, fühlen sich gottgleich und bestimmen die Gesetze – werden wir, wenn wir uns an Vertragsbestimmungen nicht halten verklagt werden und ¬die USA werden schon dafür sorgen, dass die Klage auch vollstreckt wird. Ob dies im umgekehrten Fall möglich ist, wage ich zu bezweifeln. Ob sich Europa so ausliefern sollte, halte ich für mehr als fraglich.

Wir sind dann nicht mehr Herr über die eigene Gesetzgebung, denn die bestimmt dann die Industrie.

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CROWDDAY 2015

Ein Tag für die Crowd

Es erwartet Sie ein Tag voller Informationen, spannenden Vorträgen und hochwertigen Workshops. Im Interview mit Dennis Schenkel Initiator des CROWDDAY`s und Vorstandsmitglied des Deutschen Crowdsourcing Verbands und des German Crowdfunding Networks Fotos: Dennis Schenkel Herr Schenkel, stellen Sie sich doch bitte kurz unseren Lesern vor? Mein Name ist Dennis Schenkel, ich bin Gründer von CrowdXperts, einem Beratungsunternehmen für Crowdfunding, Crowdsourcing und Crowdmarketing. Außerdem bin ich Vorstandsmitglied des Deutschen Crowdsourcing Verbands und des German Crowdfunding Networks und ich bin Initiator des CrowdDay, einer eintägigen Konferenz zu Crowdfunding und Crowdinvesting. Wie und wann sind Sie erstmals mit Crowdfunding in Berührung gekommen? Das erste Mal bin ich 2011 auf das Thema aufmerksam geworden. Zu der Zeit habe ich grade ein eigenes Startup gegründet und Crowdfunding war die neue Möglichkeit um finanzielle Mittel zu sammeln. Leider lief jedoch nicht alles nach Plan und das Unternehmen

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wurde nach einiger Zeit wieder eingestellt. Jedoch fand ich dann bei meiner anschließenden Tätigkeit bei der US-Crowdfunding-Plattform Rally.org einen tieferen Einblick in die Thematik und stellte fest, dass noch viel Aufklärungsarbeit in dem Bereich gemacht werden muss. Was hat Sie dazu bewogen, den CrowdDay ins Leben zu rufen? Crowdfunding bieten eine super Möglichkeit Projekte zu realisieren, die sonst niemals das Tageslicht erblicken würden. Leider wissen aber zu wenig Menschen von den Möglichkeiten. Außerdem ist häufig nicht das notwendige Wissen vorhanden, um eine Kampagne erfolgreich zu machen. Ich sah den Bedarf nach der Aufklärung in diesem Bereich und wollte mit dem CrowdDay meinen Teil zu dieser Aufklärung beitragen.


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Auf europäischer Ebene sehe ich für Crowdfunding keine Gefahr. In Deutschland wird sicherlich vorrübergehend etwas Verwirrung herrschen, jedoch nicht für lang. Welches Feedback haben Sie von den Teilnehmern der letzten CrowdDays erhalten? Ein durchweg gutes Feedback. Es haben sich viele neue Kontakte ergeben und es sind sogar erfolgreiche Kampagnen aus dem CrowdDay heraus entstanden. Bereits kurze Zeit später erhielt ich Kontaktanfragen mit Verweis auf den CrowdDay, und einige Personen wollten den CrowdDay sogar in anderen Regionen Deutschlands umsetzen, was wir im August 2014 schließlich in Mecklenburg-Vorpommern taten Über 30 Top-Referenten aus der Crowdfunding Szene werden vor Ort sein, was erwartet die Teilnehmer auf dem CrowdDay in Köln? Ein volles Programm mit viel Inhalt und reichlich Informationen. Den Teilnehmern werden mit Sicherheit die Köpfe qualmen, aber das ist auch unser Ziel. Wir wollen die Teilnehmer bestmöglichst auf eine anstehende Kampagne vorbereiten und das Risiko zu scheitern minimieren. Wir werden über 20 Vorträge haben und neun Workshops zu verschiedenen Crowdfundingspezifischen Themen anbieten. Für jeden wird etwas dabei sein. Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Crowdfunding in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Crowdfunding wird immer bekannter und der Markt wird sich zunehmend professionalisieren. Dienstleistungen wie wir sie bei CrowdXperts anbieten sind noch die Ausnahme, werden jedoch immer gefragter. Zudem werden immer mehr Nischen bespielt und es werden

sich dort zunehmend neue Plattformen etablieren. Der Trend hat mit Plattformen im Medizin-Sektor und im Sport bereits eingesetzt und wird sich weiter entwickeln. Gefährdet das Kleinanlegerschutzgesetz die Weiterentwicklung des Crowdfundings in Europa? Auf europäischer Ebene sehe ich für Crowdfunding keine Gefahr. In Deutschland wird sicherlich vorrübergehend etwas Verwirrung herrschen, jedoch nicht für lang. Der Markt ist noch jung und die Plattformen selber noch Startups. Startups haben ein Talent dafür Lücken zu finden und sich zum Erfolg zu schlängeln. Ich denke so wird es sich mit besagtem Gesetzt auch verhalten. Schon jetzt höre ich von vielen Plattformen, dass sie in Zukunft anders vorgehen werden und trotz des Frustes über das Gesetz werden die Köpfe nicht in den Sand gesteckt.

Ein volles Programm mit viel Inhalt und reichlich Informationen. Den Teilnehmern werden mit Sicherheit die Köpfe qualmen, aber das ist auch unser Ziel.

Hat Crowdfunding im Bereich der Energiewende, des Umweltschutzes und im kommunalen staatlichen Bereich eine Zukunft und welche Hindernisse müssen überbrückt werden? Ich sehe eine große Chance für die angesprochenen Bereiche. Besonders für die Energiewende und den Umweltschutz. Aus diesem Grunde widmen wir diesem Thema auch auf dem CrowdDay Zeit. Auch für die kommunale und staatliche Ebene sehe ich großes Potenzial. Ich spreche gerne von einer Demokratisierung durch Crowdfunding. Das Volk kann mitentscheiden wo Gelder hin fließen und welche

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EVENT

Projekte gefördert werden. Hindernisse sind hierbei noch etwas die Skepsis der zuständigen Politiker. Die Entwicklungen werden mit Interesse betrachtet, doch traut sich noch niemand so richtig den ersten Schritt zu machen. Das wird sich jedoch mit Sicherheit in der nahen Zukunft ändern.

Crowdfunding wird immer bekannter und der Markt wird sich zunehmend professionalisieren. Dienstleistungen wie wir sie bei CrowdXperts anbieten sind noch die Ausnahme, werden jedoch immer gefragter.

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Wie werden sich die Freihandelsabkommen CETA und TTIP mit den Kanada und den USA auf die Crowdfunding-Szene in Europa auswirken? Hierzu kann ich leider nichts sagen, da ich die Lage nicht ausreichend einschätzen kann. Im Grunde halte ich ein Zusammenwachsen der Märkte und eine Liberalisierung für sinnvoll. Beide Seiten können enorm von geringeren Hürden profitieren, ob das jedoch wirklich bei CETA und TTIP herum kommt kann ich nicht einschätzen. Werden auch im Crowdfunding Global Player demnächst den Markt beherrschen? Mit Indiegogo und Kickstarter sind schon zwei dieser Player am Markt. Jedoch handelt es sich hier nur um Crowdfunding und nicht um Crowdinvesting. Crowdinvesting wird global sehr stark reguliert, da es eine sehr starke Anlehnung an die Kapitalmärkte hat. Diese Kapitalmärkte sind aber in jedem Land anders geregelt

und somit muss jedes Land fast schon als eigener Markt betrachtet werden. Eine globale Crowdinvesting-Plattform halte ich daher in naher Zukunft eher für schwierig. Außer die Findigkeit der Startups, wie ich sie schon beschrieben habe, schlägt wieder zu und es werden Wege und Möglichkeiten gefunden.



INSIDE REPORT

Crowdinvesting

Die Investition der Vielen

Im Gepsräch mit Prof. Dr. Ralf Beck Professor an der Fachhochschule Dortmund und Unternehmensberater sowie Erfolgs-Autor des Buches “Crowdinvesting – Die Investition der Vielen”. Wie und wann sind Sie erstmals mit Crowdfunding in Kontakt gekommen? Das war im April 2012 über ein gemeinsames Projekt der Fachhochschule Dortmund mit der Hoogeschool van Amsterdam. Bei diesem Projekt coachte ich sechs international gemischte Studierenden-Teams, deren Aufgabe es war, die niederländische Crowdfunding-Plattform Symbid zu beraten. Genau genommen bietet diese Plattform ein Crowdinvesting an, was ja eine besondere Form des Crowdfundings ist, die sich i.d.R. gezielt auf die Finanzierung von Startups richtet und gleichzeitig für die Investoren eine Geldanlage darstellt. Vor Beginn dieses Projektes wusste ich absolut nichts über Crowdfunding und Crowdinvesting, hatte nicht einmal die Begriffe gehört. Das Projekt war enorm intensiv und entsprechend schnell kam ich tief in die für mich neue Thematik hinein. Das war dann auch der Startpunkt meines Buchprojektes zum Crowdinvesting. Was ist genau unter Crowdfunding, Crowdinvesting und Crowdlending zu verstehen? Es besteht keine wirkliche Einigkeit darüber, was unter Crowdfunding genau zu fassen ist. Unter Crowdfunding wird einerseits die Finanzierung von künstlerischen und sozialen Projekten, Events und ähnlichem verstanden, aber sehr häufig auch die Vorfinanzierung von Produktentwicklungen. Bei einem so verstandenen Crowdfunding setzen die Projektinitiatoren oftmals darauf, Geld gebende Fans für ihr Projekt zu gewinnen, die dann ein wie auch immer geartetes Dankeschön erhalten. Oft ist das Dankeschön das aus der Idee entstandene fertige Produkt, das der Geldgeber dann erhält.

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Beim Crowdinvesting liegt die Gegenleistung hingegen in einem finanziellen Rückfluss an die Geldgeber, wobei der Rückfluss an den Erfolg des finanzierten Unternehmens gekoppelt ist. Im Falle eines Misserfolges entfällt der Rückfluss komplett. Damit wäre der ursprüngliche Geldeinsatz verloren. Wenn das gefundete Unternehmen richtig durchstartet, kann der Investor allerdings auch sehr viel verdienen. Beim Crowdlending investiert der Geldgeber in Kredite, die an Privatpersonen oder Unternehmen herausgegeben werden und erhält i.d.R. monatlich Zins- und Tilgungszahlungen. Jetzt kommt die begriffliche Problematik: Crowdfunding wird auch als Oberbegriff für die drei gerade genannten Formen der Crowdfinanzierung genutzt. Der eine meint mit Crowdfunding das, was sich auf künstlerische, soziale und ähnliche Projekte richtet und der andere versteht Crowdfunding als Oberbegriff. Für welche Projekte oder Unternehmen sind die Themen Crowdfunding, Crowdinvesting und Crowdlending interessant? Crowdfunding im engeren Sinne eignet sich besonders für Unternehmen und Personen, die bereits eine Fangemeinde haben oder sich zutrauen, eine solche während des Funding-Prozesses aufbauen zu können. Zumeist werden die erzielten Geldbeträge hier jedoch nicht allzu hoch sein. Ein Crowdinvesting eignet sich hingegen auch für Projekte, die umfangreiches Kapital aus der Crowd heraus benötigen, sogar bis in den Millionenbereich hinein. Interessant für Startup-Unternehmen ist der nicht

Crowdfunding im engeren Sinne eignet sich besonders für Unternehmen und Personen, die bereits eine Fangemeinde haben oder sich zutrauen,


INSIDE REPORT

Das Crowdlending eignet sich insbesondere für Personen und Unternehmen, die zwar zahlungsfähig sind, aber dennoch Schwierigkeiten damit haben, einen Bankkredit zu erlangen. selten mit einem Crowdinvesting zusätzlich erzielbare Werbeeffekt. Die Projekte werden für eine recht große Anzahl von Personen sichtbar und tauchen oft auch in den Medien auf. Aber nicht jede Crowdinvesting-Plattform hat die dazu nötige Bekanntheit und Reichweite in den Medien. Das Crowdlending eignet sich insbesondere für Personen und Unternehmen, die zwar zahlungsfähig sind, aber dennoch Schwierigkeiten damit haben, einen Bankkredit zu erlangen. Kein seltener Fall.

Ist Crowdinvesting nur eine Trenderscheinung oder hat es Potenzial, klassische Anlagen und Investitionsmodelle abzulösen? Ganz klar: Das Crowdinvesting hat ein sehr hohes Potenzial, sich dauerhaft als Anlageform zu etablieren. Letztlich ist die Frage nur, in welche Dimension das Crowdinvesting vordringen wird. Vergleichen wir das mal aus Sicht eines Kleinanlegers mit einer Aktienanlage. An der Börse werden Aktien großer Konzerne gehandelt, deren wesentlichste Wertsteigerung zumeist Geschichte ist. Die Chance, an einer wirklich großen FUNDSCENE

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INSIDE REPORT

Wertsteigerung teilzuhaben, ist im Crowdinvesting viel höher. Im Gegenzug ist das Verlustrisiko dabei allerdings auch sichtlich größer, denn viele Startups müssen erst noch beweisen, dass sie am Markt überlebensfähig sind. Von der Risikoklasse her ist das Crowdinvesting den Aktien dennoch sehr viel näher als z.B. den sogenannten Hebelprodukten, wie Futures, Derivate und vor allem CFDs, die ihrerseits zweifellos ein vergleichsweise sehr schlechtes Chance-Risikoverhältnis für Privatanleger aufweisen. Und weiter: Die Entwicklung der Aktienkurse richtet sich nicht selten nach taktischen Manövern von Großanlegern und Großbanken. Es ist die Rede davon, dass die Haltedauer der Aktien der 500 größten US-Unternehmen im Schnitt nur noch knapp 5 Tage beträgt. Schuld ist der Sekundenhandel. Eine für den

Das Crowdinvesting hat ein sehr hohes Potenzial, sich dauerhaft als Anlageform zu etablieren. 30

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Kleinanleger sehr komische und vor allem sehr schlecht einzuschätzende Gemengelage. Das Crowdinvesting ist oft ehrlicher, direkter, transparenter, dies von Ausnahmen mal abgesehen. Zum Nachteil gereicht dem Crowdinvesting - in Relation zur Aktienanlage - hingegen die schlechte Liquidierbarkeit, sind die entsprechenden Anlagen doch zumeist mit einer Mindesthaltedauer von um die 5 Jahre verbunden und es gibt keinen funktionsfähigen Markt, um Crowdinvesting-Erfolgsanteile zu handeln. Aktien sind demgegenüber sehr fungibel und man kann sie i.d.R. jederzeit wieder in Geld rückumwandeln. Insgesamt halte ich das Crowdinvesting für eine sehr interessante Alternative oder Ergänzung zur Aktienanlage, wenngleich mit tendenziell mehr Risiko behaftet. Risikostreuung ist das Mittel der Wahl, um die Rendite zu glätten und sich vor großen Einzelverlusten zu schützen. Die Streuung funktioniert beim Crowdinvesting aufgrund der sehr geringen Transaktionskosten, die zumeist sogar ganz entfallen, besonders gut.


INSIDE REPORT

Es kann besonders für innovative Unternehmen interessant sein, die Anleger mit ihren Ideen und deren Umsetzung zu begeistern in der Lage sind. Befragungen haben ergeben, dass sich Crowdinvestoren den Startups, in die sie investiert haben, nicht selten sehr verbunden fühlen. Manchmal entstehen sogar direkte Kontakte zwischen Crowdinvestoren und Startups. Das Crowdinvesting ist auf Wunsch viel weniger anonym als das, was über die Börse läuft. Wie interessant ist Crowdinvesting für die Mittelstandsfinanzierung? Es kann besonders für innovative Unternehmen interessant sein, die Anleger mit ihren Ideen und deren Umsetzung zu begeistern in der Lage sind. Mittelständische Unternehmen werden aber nicht selten auf preisgünstigere Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen können. Beim Crowdinvesting muss das finanzierte Unternehmen zumeist eine Provision an die Plattform abgeben, die sich zwischen 5 und 10% des hereingeholten Finanzierungsbetrages liegt. Außerdem ist die Vorbereitung eines Crowdinvestings recht aufwändig. Bankkredite sind momentan zu sehr günstigen Konditionen zu haben. Allerdings handelt es sich beim Bankkredit um „stupid money“, also um schlichtes Geld ohne jedweden Zusatznutzen. Das sieht beim Crowdinvesting anders aus. Dort gibt es „smart money“, also Geld plus mit geliefertem Werbeeffekt und manchmal auch mit hilfreichen Feedbacks und nützlichen Kontakten, die aus der Crowd kommen. Für Mittelständler, die an den Eigenschaften von „smart money“ interessiert sind, ist es sicherlich lohnenswert, sich über die Alternative Crowdinvesting zu informieren. Allerdings sind die Möglichkeiten, an ein Crowdinvesting zu gelangen, einfach noch nicht breit genug. Das wird sich im Laufe der Zeit sicherlich ändern. Was sind Ihrer Meinung nach die fundamentalen Grundlagen für ein erfolgreiches Funding?

mal regional, manchmal thematisch und manchmal bezogen auf das Finanzierungsvolumen, in dem z.B. eine Obergrenze von 100.000 Euro je Projekt gesetzt wird. Von den ca. 40 Plattformen, die ein Crowdinvesting unterstützen, fallen dann viele schon heraus, weil sie für das konkrete Projekt nicht passend sind. So gibt es beispielsweise Plattformen, die sich nur auf ökologische Projekte stützen usw. Wer auf einen Werbeeffekt abzielt, sollte auf Plattformen setzen, die eine große Reichweite aufweisen, also viele Nutzer und Besucher haben, und die über gute Möglichkeiten verfügen, in verschiedenen Medien werbend aktiv zu werden. Da die großen Crowdinvesting-Plattformen sehr stark selektieren und nur die ihres Erachtens besten aus vielen Projekten auf ihre Website setzen, können sich aber nur die allerwenigsten Startups ihre Wunschplattform wirklich aussuchen. Nach welchen Kriterien sollte ich ein Projekt beurteilen, in welches ich mein Geld mit Ertrag investieren will? 1. Wie schätze ich die Geschäftsidee ein? 2. Wird der Markt diese aufnehmen können und wie sieht es mit dem Wettbewerb aus? 3. Ist das Team qualifiziert und passend? Nähere Infos dazu lassen sich meist einem Video und immer dem jeweils bereit gestellten Businessplan entnehmen. Ergänzend dazu bieten die guten Crowdinvesting-Plattformen eine Blog an, in dem potenzielle Anleger Fragen an die Startups richten und sich mit anderen Anlegern austauschen können. Eine sehr wichtige Einrichtung für Anleger, die sich näher informieren wollen. Wo liegen die Risiken beim Crowdinvesting?

Nach welchen Kriterien sollte ich mir eine Plattform für mein Funding als Projektinitiator aussuchen?

Der Investor kann seinen Einsatz verlieren. Derzeit liegt die Ausfallquote noch unterhalb von 10% und ist damit für nicht wenige überraschend gering. Die Versagensquote wird aber mit Sicherheit noch steigen. Es sind ohne Zweifel crowdfinanzierte Startups im Umlauf, die jetzt noch genug Geld aus dem Funding haben, und damit noch einige Zeit über die Runden kommen, bevor sie dann Pleite gehen. Dennoch rechne ich nicht mit einer wirklich hohen Ausfallquote, die echte Sorgen bereiten könnte.

Manche Plattformen schränken ihr Wirken ein, manch-

Natürlich gibt es noch weitere Risikofelder: Betrug,

Die Geschäftsidee, die Darlegung der Marktfähigkeit des Produktes und ihre Glaubwürdigkeit, die Qualität des Teams und Fähigkeit für sich und sein Produkt kräftig zu werben. Sehr wichtig ist dabei auch ein gelungenes Video über das Projekt und dessen Umsetzung sowie ein professionell erstellter Businessplan.

Die Geschäftsidee, die Darlegung der Marktfähigkeit des Produktes und ihre Glaubwürdigkeit, die Qualität des Teams und Fähigkeit für sich und sein Produkt kräftig zu werben. FUNDSCENE

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Der Investor kann seinen Einsatz verlieren. Derzeit liegt die Ausfallquote noch unterhalb von 10% und ist damit für nicht wenige überraschend gering. Datenmissbrauch usw., wie überall im Wirtschaftsleben. Für Probleme, die über das hinausgehen, was wir anderswo im normalen Geschäftsleben zu erwarten haben, sehe ich bezogen auf das Crowdinvesting keine Anhaltspunkte. Daher besteht meines Erachtens auch kein Bedarf für das Einschreiten des Gesetzgebers. Dieser möchte aber gerne regulieren und erzeugt dadurch seinerseits gewisse Risiken für das Crowdinvesting. Diese können darin liegen, dass sich die Möglichkeiten des finanziert Werdens für Startups wieder verschlechtern und die Anleger womöglich um interessante und lukrative Anlagemöglichkeiten gebracht werden. Nun bleibt die Hoffnung, dass die gesetzlichen Eingriffe moderat bleiben und nicht allzu viele ungewollte Kollateralschäden auslösen. Wie sehen Sie Crowdinvesting in Deutschland im Vergleich mit der entsprechenden internationalen Szene? Wir sind mit dem Crowdinvesting in Deutschland sehr früh und sehr gut gestartet und verfügen inzwischen über rd. 40 Internetplattformen, die ein Crowdinvesting anbieten. Deutschland gehört international zu den Top-Standorten, wenn es um das Crowdinvesting geht. Allerdings ist die Wachstumsdynamik andernorts größer, z.B. in Großbritannien. Der Gesetzgeber nimmt Einfluss auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Extrem schlecht läuft es in den USA. Dort gibt es Probleme mit einer völlig veralteten und sehr restriktiven Gesetzeslage, die das Crowdinvesting (dort Equity Crowdfunding genannt) so gut wie abwürgt.

Wir sind mit dem Crowdinvesting in Deutschland sehr früh und sehr gut gestartet und verfügen inzwischen über rd. 40 Internetplattformen, die ein Crowdinvesting anbieten.

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In Deutschland wird derzeit eine Verschärfung der Gesetzeslage zum Nachteil des Crowdinvestings geplant, dies in der Hoffnung, den Anlegern damit etwas Gutes zu tun. Nun ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber in Deutschland nicht im Alleingang eine Regulierung einführt, die strenger ist als im übrigen Europa. Einige Crowdinvesting-Plattformen würden das Thema womöglich lösen, indem sie schlichtweg ihren Sitz ins benachbarte Ausland verlegen. Es gibt allerdings noch einen anderen vielleicht noch wichtigeren Punkt, der die Wachstumsdynamik des Crowdinvestings in Deutschland derzeit noch begrenzt. Das Angebot interessanter Projekte, in die investiert

werden kann, lässt hierzulande einfach noch zu wünschen übrig. Es fehlt vor allem auch an der Projektvielfalt, da die Crowdinvesting-Plattformen bei uns oftmals bevorzugt auf Online-Geschäftsmodelle setzen, die sie präsentieren. Es liegen noch enorme Potenziale brach. Einige der mir bekannten Anleger suchen daher inzwischen auch auf ausländischen Plattformen nach Projekten, z.B. in Österreich und in Großbritannien. Wie bewerten Sie den Gesetzentwurf zum Schutz der Kleinanleger? Der erste Gesetzentwurf dazu löste ein mittelschweres Entsetzen in Branche aus. Die Szene befürchtet, dass es durch das neue Gesetz zu erheblichen Erschwernissen für das Crowdinvesting kommt und damit auch die Weiterentwicklung des Standortes Deutschland behindert wird. Für jede ambitionierte Volkswirtschaft ist es enorm wichtig, die Möglichkeiten für Startups zu verbessern und sie nicht zu erschweren. Die Prokon-Pleite hat den Gesetzgeber aktiv werden lassen und er möchte das nochmalige Auftreten einen solchen Falles verhindern. Dabei werden aber ganz nebenbei auch völlig anders geartete Anlageformen reguliert und begrenzt, die mit der Prokon-Struktur und den entsprechenden Risiken nichts zu tun haben. Es könnte aber sein, dass unser Gesetzgeber im letzten Moment womöglich noch wichtige und sinnvolle Korrekturen an der Gesetzesvorlage vornimmt. Die ganz frische Vorlage mehrerer Ausschüsse für den Bundesrat sieht insgesamt schon freundlicher aus und lässt zumindest hoffen, dass es zu einer ausgewogenen Lösung kommen wird. Eine Gruppe von Crowdinvesting-Anlegern tauscht sich über eben dieses Thema laufend online aus. Für viele von ihnen gäbe es kaum etwas Schlimmeres als vor ihrer Lieblingsanlage geschützt zu werden. Böse Stimmen behaupten dem Crowdfunding geht so langsam die Puste aus in Deutschland. Was halten Sie davon? Und wie wird sich Ihrer Einschätzung nach der Markt in den nächsten Jahren weiter entwickeln? Es gibt immer Kritiker, Pessimisten und Schwarzmaler. Ja, der Gesetzgeber ist ein gewisses Risiko, aber die Plattformen arbeiten längst schon daran, ihre Modelle so aufzubauen, dass die gesetzlichen Einschränkungen nach Möglichkeit ins Leere laufen. Durch die aufgestell-


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ten Hürden wird es dann allerdings komplizierter und teurer für die Beteiligten. Die unerwünschten Nebenwirkungen werden womöglich größer sein als die von Gesetzgeber erhofften Positiveffekte. Wie dem auch sei: Ich denke, der Markt wird sich in Deutschland kontinuierlich mit zweistelligen Wachstumsraten weiterentwickeln, wie gesagt ggf. aber weniger schnell als in manch einem anderen Land. Mit einem echten Quantensprung wäre hierzulande dann zu rechnen, wenn unsere bestehenden Crowdinvesting-Plattformen noch deutlich aktiver würden bzw. eine oder mehrere mächtige Plattformen hinzukämen. Die Mehrheit der rd. 40 in Deutschland ein Crowdinvesting anbietenden Plattformen ist leider noch der Kategorie „Hobbybastler“ zuzuordnen, bei allenfalls einem halben Dutzend wirklich professionell agierender Plattformen. Immerhin zeichnet sich jetzt schon ab, dass das erste Quartal des Jahres 2015 in Deutschland einen glaskla-

ren Funding-Rekord markieren wird, denn das von hier stammende und mit 6,3 Mio. Euro bislang voluminöseste Crowdinvesting Europas fällt in den Januar dieses Jahres - das Projekt Weissenhaus. Es wird nun schwer für das zweite Quartal des Jahres, dieses aktuell besonders hohe, durch ein extrem großes Einzelprojekt getriebene Niveau zu halten. 2015 wird am Ende ein erneutes Rekordjahr für das Crowdinvesting in Deutschland sein, daran besteht kaum ein Zweifel. Da das Grundprinzip des Crowdinvestings höchst tragfähig ist, wird es sich m.E. unabhängig von etwaigen Widrigkeiten durchsetzen und bald eine feste Größe im Wirtschaftsleben sein. Herr Beck, wir bedanken uns für das offene Gespräch. Prof. Dr. Ralf Beck FB Wirtschaft, BWL, insbesondere Rechnungswesen und Controlling Tel 0231 755-4967 - Mobil 0172 2305567 ralf.beck@fh-dortmund.de

Ich denke, der Markt wird sich in Deutschland kontinuierlich mit zweistelligen Wachstumsraten weiterentwickeln, wie gesagt ggf. aber weniger schnell als in manch einem anderen Land. FUNDSCENE

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Im Gespräch mit Prof. Dr. Kerstin Wagner Schwerpunktleiterin SIFE und Professorin an der HTW Chur Sie haben die Chancen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für durch Banken betriebene Crowdfundingplattformen untersucht. Wie sehen Sie die Chancen für Banken, sich im Crowdfunding-Geschäft zu etablieren? Dass es einen Nutzen für Banken im Crowdfunding-Markt geben kann, liegt auf der Hand. Es ist jedoch fraglich, inwieweit Banken in der Lage sein werden, dieses Potenzial zu realisieren. Crowdfunding nur als eigenständigen Business Case anzusehen, ist zu kurz gegriffen. Auch wenn man durch den Betrieb einer Plattform attraktive Margen erwarten kann, so wird es für Banken sein, die Plattformumsätze auf eine Höhe zu bringen, die die Kosten für die Plattform und deren Betrieb und Vermarktung rechtfertigen. Das heisst: der Nutzen muss woanders liegen. Banken muss es gelingen, indirekte Mehrwerte für das weitere Bankgeschäft zu generieren. Sie könnten bei vertriebsrelevanten Aktivitäten anknüpfen. Auf der Plattform könnten Produkte der Bank beworben und auf relevante Produkt- und Verkaufsseiten verlinkt werden. Plattform-Daten könnten in das Customer Relationship Management (CRM) der Bank eingebunden werden, um z.B. Marketing-Kampagnen zu Bankprodukten besser

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oder weitreichender steuern zu können. Ausserdem bieten Plattformdaten Erkenntnisse über das Verhalten von Zielgruppen und Kunden, die bisher nicht verfügbar waren. Auf diese Weise kann die Bank aktuelle und potentielle Kunden besser verstehen und bedienen. Und ein strategischer Aspekt kommt noch hinzu: Banken können Kompetenzen in Online-Plattformen und den damit verbundenen Geschäftsmodellen entwickeln. Steht Crowdfunding in Konkurrenz zum Bankgeschäft und ist es schon aus diesem Gesichtspunkt eine sinnvolle Ergänzung? Auf den ersten Blick erscheint Crowdfunding als eine Banken-ähnliche Dienstleistung. Bankgeschäft ist Finanzintermediation. Als Vermittler bedient die Bank zwei Seiten von Kunden, die – weil es die Bank gibt – nicht direkt in Kontakt kommen. Die Bank sammelt auf der einen Seite Geldmittel von Geldgebern ein mit der Aussicht auf Renditen. Auf der anderen Seite werden die eingesammelten Geldmittel gegen Zinsen an Nachfrager von Geldmitteln vergeben. Beim Crowdfunding wird auch zwischen zwei Seiten vermittelt. Aber: Crowdfunding ist ja eigentlich eine Gegenbewegung zur klassischen Finanzintermediati-

Dass es einen Nutzen für Banken im Crowdfunding-Markt geben kann, liegt auf der Hand. Es ist jedoch fraglich, inwieweit Banken in der Lage sein werden, dieses Potenzial zu realisieren.


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on – man spricht hier von Disintermediation – da die bisherigen Vermittler in ihrer Funktion herausgekürzt werden. Das kennt man ja auch aus anderen Netzwerkmärkten, wie bei Verlagen, der Musik, dem Einzelhandel. Ein klassischer Intermediär, der Angebot und Nachfrage koordiniert, ist nicht mehr nötig, da diese Aufgaben durch die Online-Plattform erledigt werden. Kern des Crowdfunding-Geschäfts ist der Betrieb und die Vermarktung einer Online-Plattform. Damit einhergehend ergeben sich völlig andere Kernaufgaben für die Betreiber als im herkömmlichen Bank-Geschäft. Mit der Einführung eines neuartigen Geschäftsfeldes können sie Prozesse des digitalen Wandels testen und etablieren. Das sind Möglichkeiten, die ihnen in ihren eigentlichen Betätigungsfeldern aufgrund von historisch gewachsenen Pfadabhängigkeiten bisher nicht möglich waren. Von daher kann es das bestehende Geschäft möglicherweise ergänzen, vor allem weil neue Zielgruppen erreicht werden können. Haben Banken beim Aufbau einer Crowdfunding Plattform mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen oder haben sie es gar einfacher?

Beim Crowdfunding wird auch zwischen zwei Seiten vermittelt. Aber: Crowdfunding ist ja eigentlich eine Gegenbewegung zur klassischen Finanzintermediation – man spricht hier von Disintermediation – da die bisherigen Vermittler in ihrer Funktion herausgekürzt werden.

Mein Eindruck ist, dass Banken das Thema Crowdfunding vor allem als IT-Thema begreifen. Dabei dürfte die technische Umsetzung die geringste Herausforderung sein. Neben der IT-Implementierung ist vielmehr entscheidend, ob es gelingt, die Crowdfunding-Plattform erfolgreich zu betreiben und zu vermarkten. Dazu müssen sie Crowdfunding stärker im Mainstream ansiedeln. Das sollte Banken aber auch leichter fallen, als glaubhaft mit der Authentizität der etablierten Plattformen im Markt zu konkurrieren. Die Chance für Banken liegt darin, Crowdfunding stärker als bankenähnliche Dienstleistung zu positionieren und diese ihrer bestehenden Kundschaft als neues Produkt anzubieten. Zwei Erfolgsfaktoren werden für den Betrieb einer Crowdfunding-Plattform entscheidend sein: Es muss gelingen, hinreichend viele Projektvorhaben für die Plattform zu motivieren. Und die Projektinitiatoren in der Plattform müssen darin unterstützt werden, ihre Erfolgschancen in den Kampagnen bestmöglich zu nutzen. Darüber hinaus sind es die Erfolgsgeschichten von Projekten, die für die Aussenwahrnehmung und damit für Reichweite und Reputation sorgen. Und gerade

bei einem erfolgsbasierten Provisionsmodell sind die erfolgreichen Projekte entscheidend für die Umsätze, die über die Plattform generiert werden. Das sind aber alles völlig neue Leistungsaspekte, für die Banken neue Kompetenzen und Ressourcen entwickeln müssen. Können Banken auf kompetente Partner beim Aufbau von Crowdfunding Plattformen zurückgreifen? Das ist eine sehr gute Frage. Ich befürchte, dass einige Banken noch nicht verstanden haben, welche Art von Hilfe für den Aufbau einer Plattform notwendig ist. Denn da liegt der Kern der Sache: Um eine Crowdfunding-Plattform erfolgreich aufzubauen, darf es nicht als IT-Projekt, sondern muss als ein Projekt der Unternehmensentwicklung aufgefasst werden. Es betrifft neben der IT auch die Kommunikation und das Marketing, den Verkauf und das Customer Relationship Management (CRM), und letztlich auch die Kundenberater. Es müssen neue Strukturen und Prozesse aufgesetzt und Mitarbeiter entwickelt werden, um eine Plattform erfolgreich zu betreiben. Diese Art von Unterstützung kann kein Anbieter von „White Label“ Lösungen bieten, und genauso wenig die Agenturen, die Einzel-Kampagnen in Sachen Online-Kommunikation beraten. Dafür braucht es eine digitale Strategie. Welche Bedeutung hat Social Media im Crowdfunding und wie wird die “digitale Revolution” den Finanzmarkt beeinflussen? Dass immer mehr neue branchenfremde digitale Anbieter auf den Markt kommen und für die etablierten Unternehmen zur Bedrohung werden, ist ja bereits Realität. IT-nahe Unternehmen bieten kundenorientierte Services (z.B. Zahlungsabwicklung, Kreditvergabe) an, die bis dahin nur durch Banken erbracht wurden. Banken stehen heute im Wettbewerb mit jungen Unternehmen wie Paypal oder ClickandBuy, die kundenfreundFUNDSCENE

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liche Zahlungsabwicklungen anbieten. Aber auch etablierte Unternehmen wie Apple greifen mit neuen Zahlungsmechanismen wie Applepay in das Kerngeschäft der Banken ein. Neue Unternehmen mit Mobile Apps integrieren ihre Zahlungsabwicklung direkt in das eigene System. So werden bei der App des Personentransportunternehmens UBER die Kreditkartendaten des Nutzers bei der Installation einmalig eingegeben, so dass weitere Transaktionen ohne eine Bank abgewickelt werden können. All diese neuen Geschäftsmodelle haben eins gemein: Sie nutzen digitale Technologien, um den Intermediär – die Bank – zu umgehen. Das ist beim Crowdfunding das gleiche Prinzip. Social Media spielt natürlich eine grosse Rolle: Dadurch dass Projektinitiatoren direkt und ohne Vermittler mit ihren Geldgebern, Konsumenten, Kunden, Interessenten oder der Öffentlichkeit kommunizieren, entsteht eine ganz andere Art von Beziehung. Ohne Vertrauen gibt es keine Unterstützung. Dazu gehört Transparenz, aktive Kommunikation und Authentizität. Wie beurteilen Sie die Ausfallrisiken im Crowdfunding, besonders im Vergleich zu klassischen Investings? Ich spreche hier nur von dem reward-based oder donation-based Crowdfunding. Equity-based Crowdfunding, auf neudeutsch „Crowdinvesting“, betrifft noch recht kleine Märkte und ist aktuell von restriktiven Regulierungen betroffen. Das reward-based oder donation-based Crowdfunding ist auch das Thema, das Banken aktuell vorrangig diskutieren. Wie ich oben erwähnt habe, ist Vertrauen sehr wichtig. Geldgeber entwickeln Vertrauen in das Projekt und in den Projektinitiator und der oder die wiederum wollen die Crowd nicht enttäuschen. Ich halte die Ausfallrisiken für gering. Die Summen sind ja relativ niedrig, die gegeben werden – bei 100-days.net in der Schweiz z.B. liegt die durchschnittliche Summe bei 135 Franken – und wenn die Zielsumme nicht erreicht wird, fliesst das Geld wieder an die Geldgeber zurück. Die ganze Funktionsweise lässt sich daher auch gar nicht mit klassischen Investments vergleichen. Welche Chancen ergeben sich für Unternehmen aus dem wachsenden Crowdfundingsektor?

Produkt oder die Leistung selbst. Unternehmen können über Crowdfunding viele Mehrwerte generieren, die ausserhalb der reinen Kapitalbeschaffung liegen. Projektinitiatoren erhalten Informationen über ihr Produkt und die Bedürfnisse potenzieller Kunden, die bereits das Produkt vorbestellen können. Das ist dann der Market Proof. Gleichzeitig gehen Initiatoren kaum Risiken ein, da sie noch nicht mit der Bereitstellung in Vorleistung gehen. Zudem können Marketing-Effekte in Bezug auf Bekanntheit, Image und Online-Reichweite erzielt werden.

Ich befürchte, dass einige Banken noch nicht verstanden haben, welche Art von Hilfe für den Aufbau einer Plattform notwendig ist.

Ist Crowdfunding auch für gemeinnützige Vereine, Stiftungen und staatliche Investitionen denkbar? Unbedingt. Gerade für Stiftungen bieten sich viele Möglichkeiten, wenn sie Crowdfunding als strategisches Instrument in ihre Auswahlprozesse für Stiftungszuwendungen integrieren. Da kann Crowdfunding einen echten Nutzen stiften, wenn so für neue Produkte der „Market Proof “ erbracht wird, Projekte auf ihre regionale Nachfrage und Attraktivität getestet werden oder auch personalisierte Wege des klassischen Fundraisings zu höheren bzw. zusätzlichen Spendenerfolgen verhelfen. Stiftungen können eine grössere Anzahl von Projekten fördern, da die Crowd eine Art Co-Finanzierung übernimmt. Die Qualität der Projekte steigt insgesamt, da bei der Crowd die Projekte auf Markttauglichkeit getestet werden können und sich somit die leistungsfähigen Projekte und Köpfe durchsetzen werden. Und die Stiftung positioniert sich als innovativer Träger, der für die eigenen Projekte die Stimme der Öffentlichkeit miteinbezieht. Wie beurteilen Sie die Entwicklungsmöglichkeiten des Crowdfundings/Crowdinvestings für die Schweiz, Europa und international? Ich finde, gerade beim Crowdfunding ist vieles denkbar. Das Thema entwickelt sich rasant weiter und dringt in viele neue Bereiche ein. Crowdfunding hat das Potenzial an vielen Orten ein Gamechanger zu sein.

Zur Person

Prof. Dr. Kerstin Wagner Schwerpunktleiterin SIFE, www.facebook.com/kerstinwagner.org

Sehr grosse. Wir merken aber auch, dass wir noch intensiv Aufklärungsarbeit leisten müssen. Es geht beim Crowdfunding nicht darum, „um Geld zu betteln“, sondern eine Vielzahl an Menschen für ein Projektvorhaben zu begeistern, von dem alle etwas haben. Gerade im KMU-Bereich sind die Gegenleistungen oft das neue

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Kerstin Wagner ist Leiterin des Schwerpunkts Gründung und Wachstum im Schweizerischen Institut für Entrepreneurship SIFE und Professorin an der HTW Chur. Sie beschäftigt sich in Forschung und Beratung mit Geschäftsmodellen und Fragen zur strategischen Ausrichtung von Unternehmen, insbesondere der Entwicklung und Integration von digitalen Strategien. Kerstin.wagner@htwchur.ch


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INTERVIEW

Im Interview mit Geschäftsführer Wer kann investieren? Worin kann man investieren? bettervest.de ist die weltweit erste Crowdfunding-Plattform, über die Bürger Energieeffizienz-Projekte etablierter Unternehmen, Vereine & Kommunen öffentlichkeitswirksam finanzieren und im Gegenzug finanziell an den erzielten Einsparungen beteiligt werden. Dabei werden Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt vermittelt, die der Umrüstung auf LED-Beleuchtung, effiziente Heizungs- und Klimasysteme u.ä. dienen. Ihre Investoren legen ihr Geld in Energiesparpotenzial an. Wie verdienen die Investoren und wie der Projektbetreiber? Wichtig ist zunächst einmal festzuhalten, dass die Projektbetreiber bereits etabliert sind und Geld verdienen, denn es handelt sich nicht um Startups oder reine Projektgesellschaften, sondern um etablierte Institutionen. Sie möchten durch die Umrüstung auf energieeffiziente Technologien ihre Energiekosten senken und mit ihrem Nachhaltigkeitsengagement bei Kunden und Mitarbeitern auf sich aufmerksam machen. Die Renditen für die Investoren werden aus den erzielten Energiekosteneinsparungen der Projektinhaber generiert. Sie sind bei unserem Annuitätenmodell stets so berechnet, dass über maximal 10 Jahre eine jährlichen Teiltilgung erfolgt und mindestens 5% Zins ausgeschüttet werden, um das mögliche Verlustrisiko weiter zu minimieren. Zusätzlich zur Rendite erhalten die Investoren in einigen Projekten auch Produktproben, Gutscheine oder Rabatte (je nach Geschäftsmodell des Projektinhabers), um einen zusätzlichen Marketingeffekt zu erzielen.

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INTERVIEW

t Patrick Mijnals r von Bettervest

Wichtig ist zun채chst einmal festzuhalten, dass die Projektbetreiber bereits etabliert sind und Geld verdienen, denn es handelt sich nicht um Startups oder reine Projektgesellschaften, sondern um etablierte Institutionen. FUNDSCENE

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INTERVIEW

Wie stellen Sie die Einsparung fest und wie garantieren Sie die Erträge? Bei jedem Projekt wird ein unabhängiger Energieberater eingeschaltet, der die individuellen Gegebenheiten des Projektinhabers analysiert, um nachhaltige und wirtschaftliche energetische Optimierungsmaßnahmen zu entwickeln. Der entstehende Energieberatungsbericht ist, gemeinsam mit realen Kostenvoranschlägen, die Grundlage für die weitere Kalkulation der Rendite. In unserem derzeitigen Modell wird die Rendite im Energiewendedarlehen, dem Darlehensvertrag zwischen Crowdinvestor und Projektinhaber festgeschrieben, sie ist nicht variabel. Welche Kosten entstehen dem Projektbetreiber für die Energieberatung und welche für das Projekt an sich? Energieberatungen werden in Deutschland bis zu 80% staatlich gefördert und fast immer können lohnenswerte Einsparpotenziale entdeckt werden. Alle entstehenden Kosten können über das Crowdfunding mit eingeworben werden. Für die Bewerbung in unserer nachhaltig orientierten, mehr als 15.000 Köpfe umfassenden Community und den eigentlichen Finanzierungsprozess erhalten wir einmalig zehn Prozent des eingesammelten Kapitals. Über die Vertragslaufzeit hinweg wird jährlich ein Prozent der Fundingsumme für das Handling erhoben. Sie haben bereits einige Projekte erfolgreich realisieren können, jedoch vermisse ich die “Öffentliche Hand”. Ist Ihr Modell des Crowdinvesting bei staatlichen Investitionen auch vorstellbar? Wie könnte sich dies auf den Ausbau und die Erneuerung der Infrastruktur auswirken? Bislang sind alle 20 Projekte erfolgreich finanziert worden. Die meisten waren in der Privatwirtschaft zu Hause, es waren aber auch Vereine und gemeinnützige GmbHs darunter. Projekte der öffentlichen Hand befinden sich in Vorbereitung. Leider schon sehr lange, da die Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse nicht ganz so schnell sind wie in Inhabergeführten mittelständischen Unternehmen. Das Energieeinsparpotenzial von Verwaltungsgebäuden, Schulen und Kindergärten oder schlicht der Straßenbeleuchtung deutscher Kommunen ist aber gigantisch. Während die Kassen nur allzu häufig leer sind, entwickeln immer mehr Menschen den Wunsch, ihren Teil zur Energiewende vor Ort beizutragen. Wie reagiert die Politik auf Ihre Plattform. Kennen die Bundesministerien für Umwelt, Wirtschaft und Energie Bettervest und werden Sie von diesen Stellen unterstützt? Das Interesse der Politik ist groß. Das Bundesministerium für Wirtschaft verlieh uns 2013 einen der begehrten

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IKT innovativ Preise, der Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung hat uns gerade zum zweiten Mal mit dem Qualitätssiegel Werkstatt N ausgezeichnet und im Rahmen des Horizont2020 Programms der Europäischen Union erforschen wir derzeit die Übertragung unseres Modells auf verschiedene europäische Länder. Beim Thema Regulierung von Crowdfunding würde ich mir – auch wenn der Schutz von Kleinanlegern absolut wichtig ist – mehr Unterstützung durch die Politik wünschen. Crowdfunding hat sich in den vergangenen Jahren sprunghaft entwickelt. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung und speziell die des Crowdinvesting auf ihre Zukunftsfähigkeit? In meinem vorherigen Job als Trend- und Zukunftsforscher habe ich 2006 angefangen, mich mit dem Phänomen Crowdfunding – damals noch als Beobachter – zu beschäftigen. Die Fortschritte sind immens, ja. Aber fragen Sie mal draußen auf der Straße – und nicht in der Startup-, Tech- und Designszene – jemanden danach was Crowdfunding ist, ob diese Person schon mal ein Projekt unterstützt hat und wie viele er / sie selbst gestartet hat. Wir stehen erst ganz am Anfang einer Entwicklung. Crowdfunding ist für die Finanzbranche in etwa das, was die aufkommenden Sozialmedien in den 00er Jahren für die traditionellen Medien waren: Ein tiefgreifender, transformatorischer Schritt in Richtung Transparenz, Dezentralisierung, Emanzipation und Demokratisierung. Die etablierte Finanzwirtschaft wird dadurch nicht obsolet werden, aber Sie wird verändert aus dieser Entwicklung hervorgehen, sich positionieren und teilweise auch völlig neu aufstellen müssen. Crowdfunding wird sich als „normales“ Instrument etablieren. Auf welchem Niveau und ob überhaupt das in Deutschland der Fall ist, wird nicht zuletzt auch die Regulierung hierzulande mitentscheiden. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren? Haben Sie neue Vertriebswege und/oder Entwicklungen im Ärmel? Der Klimawandel ist ein weltumspannendes Phänomen und die Energiewende wird überall vollzogen werden müssen. bettervest wird sich in den nächsten Jahren international aufstellen, das globale Bewusstsein für die Relevanz von Energieeinsparungen für die Energiewende schärfen und Energieeffizienzprojekte als eigene Anlageklasse etablieren. Bereits im nächsten Jahr wollen wir im Rahmen des besagten EU-Programms auch ins europäische Ausland expandieren. Gemeinsam mit einigen deutschen Partnerunternehmen werden wir aber schon in einigen Wochen auch die ersten Projekte in Afrika starten und zeigen, dass Energieeffizienz-Crowdfunding ein echter Exportschlager werden kann.

Bislang sind alle 20 Projekte erfolgreich finanziert worden. Die meisten waren in der Privatwirtschaft zu Hause, es waren aber auch Vereine und gemeinnützige GmbHs darunter. Projekte der öffentlichen Hand befinden sich in Vorbereitung. Leider schon sehr lange, da die Entscheidungsund Kommunikationsprozesse nicht ganz so schnell sind wie in Inhabergeführten mittelständischen Unternehmen.


INTERVIEW

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INTERVIEW

Wo sich Unternehmer und Investoren Treffen. Im Gespräch mit Philipp Steinberger CEO und Mitgründer der Schweizer Crowdfunding-Plattform c-crowd.com

Sie bringen Startups und Investoren zusammen. Wie kam es dazu, dass Sie auch Kleininvestoren aus der Crowd die Möglichkeit einräumen in junge Unternehmen zu investieren? Ich beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit der Finanzierung von Jungunternehmen, jedoch immer mit grösserem Kapitalbedarf (ab EUR 2 Mio). Ich finde dieses Umfeld unheimlich spannend und vielseitig, man lernt höchst interessante Unternehmer/Investoren kennen. Firmen mit einem kleineren Kapitalbedarf haben, können Investoren meistens nur im Kreise der bekannten Friends, Family & Fools (FFF) finden. Wenn sie aber kein solches Netzwerk besitzen, wird es für sie schwierig an Geld zu kommen. Das darf nicht passieren. Jungunternehmer sind die wirtschaftliche Zukunft eines jeden Landes und diese muss man unterstützen so gut wie es geht. Mit unserer Plattform bieten wir eine zusätzliche Alternative für Unternehmer sich und Ihre Pläne finanzieren zu können. Zudem wollen wir das meist noch immer

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elitäre Konzept der Business Angel demokratisieren und auch Kleininvestoren die Möglichkeit geben sich ein Portfolio von spannenden Beteiligungen aufzubauen und diese tatkräftig zu unterstützen. Welche Voraussetzungen müssen Startups erfüllen, um über Ihre Plattform Investoren suchen zu können? Um auf c-crowd.com eine Crowdinvesting Kampagne starten zu können, müssen Unternehmer in der Regel bereits eine Schweizer Aktiengesellschaft besitzen. Da in der Schweiz Crowdfunding als öffentliches Angebot gilt, steht diese Art der Finanzierung GmbH’s nicht zur Verfügung. Dann muss natürlich der Business & Investment Case attraktiv sein und Sinn machen. Ein wichtiger Bestandteil ist natürlich auch das Team oder der Unternehmer welcher die Vision umsetzen muss. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, erstellt das Unternehmen die für das Fundraising benötigten Unterlagen (Investorenpräsentation, Video, Photos, equidam Bewertungsreport, Emissionsprospekt, etc). Für Firmen welche keine Crowdinvesting Kampagne machen können oder wollen, weil sie keine Schweizer

Ich beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit der Finanzierung von Jungunternehmen, jedoch immer mit grösserem Kapitalbedarf (ab EUR 2 Mio).


INTERVIEW

Investitionen in Jungunternehmen sind mit einem hohen Risiko verbunden. Dementsprechend sollte der zu investierende Betrag im schlimmsten Falle abgeschrieben werden können.

Aktiengesellschaft oder eine GmbH besitzen, steht unser Marktplatz zur Verfügung. Dort kann sich jeder Unternehmer präsentieren, interessierte Investoren nehmen dann direkt mit ihm Kontakt auf um eine allfällige Beteiligung zu verhandeln. Wie und nach welchen Kriterien bewerten Sie die jungen Unternehmen? Auf unserer Plattform setzt der Unternehmer die Bewertung seiner Firma selber fest. Junge Unternehmen zu bewerten ist eine sehr schwierige Aufgabe und eine Diskussion welche weniger mit rationalen (z.B. DCF Bewertung), viel mehr mit emotionalen (ich suche x EUR und bin bereit Y% meiner Firma abzugeben) Argumenten geführt wird. Aus diesem Grund, und um eine gewisse Transparenz für potenzielle Investoren herzustellen, haben wir eine Partnerschaft mit der holländischen Plattform equidam.com abgeschlossen. Jeder Unternehmer der bei uns eine Crowdinvesting Kampagne starten möchte muss bei equidam einen Bewertungsreport erstellen lassen. Dort wird sein Unternehmen anhand 5 Methoden bewertet und daraus eine durchschnittliche Bewertung eruiert. Wenn dieser Wert einigermaßen mit der Bewertung des Unternehmens übereinstimmt, so kann sich der Investor in dieser Frage bereits wohler fühlen. Worauf sollten Investoren achten und welche Voraussetzungen sollten sie erfüllen? Investitionen in Jungunternehmen sind mit einem hohen Risiko verbunden. Dementsprechend sollte der zu investierende Betrag im schlimmsten Falle abgeschrieben werden können. Auf der anderen Seite bieten solche hohen Risiken auch ihre Gewinnchancen. Im Sinne einer Diversifikation sollte der Investor jedoch versuchen ein kleines Portfolio an Beteiligungen aufzubauen, damit er damit das Risiko etwas streuen kann. Wenn es um die Auswahl der Projekte geht, hier soll man sich in erster Linie auf den Bauch verlassen. Das Produkt oder Geschäftsmodell soll gut verständlich und ansprechend sein. Der Investor muss sich mit den Ideen des Unternehmers sowie der geplanten Umsetzung wohl fühlen. Dann müssen natürlich auch die Zahlen die Strategien wiederspiegeln und aufzeigen wohin die Reise finanziell gehen könnte. Wie sieht die Konkurrenzsituation aus, wie plant das Unternehmen den Markt zu erobern sind ebenfalls wichtige Fragen die sich ein Investor stellen muss um den Bauch zu überzeugen. Denn wenn der Bauch nicht mitspielt hat es eine Investition im Kopf eher schwierig. Wie begleiten Sie die Startups und wie die Investoren nach Abschluss der Finanzierungsrunden? Auf c-crowd.com unterstützen wir in erster Linie

den Unternehmer bei der Kapitalsuche. Wenn die Kampagne erfolgreich abgeschlossen werden kann, unterstützen wir ihn indem wir Muster der rechtlichen Unterlagen wie z.B. Zeichnungsscheine oder Aktionärsbindungsvertrag kostenlos zur Verfügung stellen. Wenn die Kapitalerhöhung abgeschlossen ist, verfolgen wir die Entwicklung sehr genau weiter und bieten unsere Unterstützung an, falls benötigt. Formell hört aber unsere Dienstleistung mit Abschluss der Kapitalerhöhung auf. Wie sehen Sie die Zukunftschancen für Crowdfunding in der Schweiz, in Europa und international? Ich bin felsenfest überzeugt, dass Crowdfunding sich als eine sehr wichtige Alternative zu den herkömmlichen Finanzierungsquellen etablieren wird. Dies ist insbesondere in den grossen Märkten wie Deutschland oder Grossbritannien bereits ersichtlich. Diese Form der Finanzierung wird die herkömmlichen Formen nie ersetzen, aber sie sehr gut ergänzen. Wenn dann noch die Politik die Wichtigkeit dieser Finanzierungsquelle erkannt hat und den Mut aufbringt diese dementsprechend zu unterstützen, dann bin ich sehr zuversichtlich. Bis dato fokussieren sich die meisten Plattformen auf die jeweiligen lokalen Märkte. Hier gehe ich davon aus, dass eine erste Konsolidierung stattfinden wird und erste pan-europäische Plattformen entstehen. Diese werden von höheren Volumen sowie Synergien profitieren können und dementsprechend die eigene Profitabilität steigern. Die Schweiz, obschon klein aber attraktiv als Markt, entwickelt sich (leider) etwas langsamer als die anderen Märkte. Obschon das regulative Umfeld hier sehr attraktiv ist, sind die Schweizer Investoren etwas risiko-scheuer als die Nachbarn. Der Schweizer Markt braucht dementsprechend noch etwas Zeit, wird sich aber bestimmt zu einem attraktiven Crowdfunding Markt entwickeln. Welche Ziele haben Sie für Ihr Unternehmen für das Jahr 2015? Wir gehen unseren Kurs weiter und fokussieren uns nach wie vor auf das Zusammenführen von Unternehmer und Investoren. In diesem Sinne werden wir uns in Zukunft vermehrt auch in Richtung Lending bewegen sowie ein paar weitere strategische Ergänzungen vornehmen. Wir befassen uns auch mit der Erweiterung der Produktepalette, über das Crowdfunding hinaus, zu zusätzlichen Plattformen welche den Unternehmern das Leben zusätzlich vereinfachen soll. Mehr zu gegebener Zeit

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INTERVIEW

Aus Leidenschaft zur CROWD TABLE OF VISIONS GmbH ist der Crowdfunding-Software Spezialist für Unternehmen. Als Full-Service Anbieter entwickeln Sie kundenspezifische Lösungen für die Bereiche Crowdfunding, Crowdinvesting, Crowdengaging oder Crowdinnovation.

2010 haben Sie die Crowdfunding Plattform pling. de für kreative Projekte gegründet und zählen zu den Crowdfunding Pionieren in Deutschland. Wie sind Sie damals auf Crowdfunding aufmerksam geworden? Weil wir selbst in der Situation waren und als Kreative Geld für ein Projekt benötigten. Mein Gründungspartner, David Holetzeck, und ich entwickelten 2009 eine spannende Idee für eine web-basierte TV-Serie. Damals ein wirklich neuer und innovativer Weg: Die Idee war genial, uns fehlte lediglich Geld für die Umsetzung. Nachdem wir ein paar klassische Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht zogen - und entsprechend schnell wieder verworfen hatten - wollten wir was Neues ausprobieren. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Crowdfunding-Plattform in Deutschland, also entschieden wir uns unsere eigene umzusetzen. Und schon war die Idee von pling.de geboren. Plötzlich war unser gemeinsames Projekt also nicht mehr eine Web-Serie, sondern eine eigene Crowdfunding-Plattform auf die Beine zu stellen. Und unser Traum ging in Erfüllung als wir im Herbst 2010 mit pling.de live gingen. Wie war damals das Feedback auf Crowdfunding? Das Feedback war gewaltig: mit jedem neuen erfolgreich finanziertem Projekt ist die Aufmerksamkeit größer geworden. Wir hatten beispielsweise die Berliner Zwillingsbrüder, Paul und Hansen, die sich in den Kopf gesetzt hatten, mit dem Fahrrad von Berlin nach Shanghai zu fahren als Projektgründer auf unserer Plattform. Als sie ihr Projekt, „Von Berlin nach Shanghai“, auf pling. de stellten hatten sie nach Ablauf der Projekt-Laufzeit knapp 10.000 Euro eingesammelt und die Reise konnte beginnen. Nicht nur dass sie mit dem eingesammelten Kapital Ihren Traum in die Tat umsetzten konnten, vor allem die mediale Aufmerksamkeit hat die beiden regelrecht überwältigt. Nach ihrer Reise ging es quasi nathlos ins TV-Studio: so waren die beiden Gäste u.a. bei stern.TV und wurden in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften erwähnt.

Sehr spannend war aber auch, dass Feedback vom umgekehrten Fall: selbst Projekte die ihre Crowdfunding-Finanzierung nicht stemmten, waren von der Aufmerksamkeit, die ihre Kampagne mit sich brachte, regelrecht überrollt: Zahlreiche Projekt-Gründer berichteten, dass sie trotz einer gescheiterten Kampagne so viel Aufmerksamkeit generierten, dass sie aufgrund dessen ihr Projekt trotzdem umsetzten konnten, weil eben Unterstützer sich bereit erklärten sich zu helfen. Oft auch mit Arbeitskraft. Wenn sich beispielsweise ein Kameramann findet, der einem Filmprojekt mit seiner Arbeitszeit unter die Arme greift, ist das natürlich fantastisch. Dieser Austausch kam eben aufgrund der Aufmerksamkeit zustande. Sie haben sich auch sonst stark gemacht, um Crowdfunding in Deutschland bekannter zu machen in zahlreichen Vorträgen und Workshops. Wie war die Resonanz und was waren die Kernthemen? Wir beschäftigten uns viel mit den Erfolgsfaktoren des Crowdfundings. Wir gingen den Fragen nach: Was macht ein erfolgreich finanziertes Projekt aus? Welche Mechanismen stecken dahinter und was sind Gründe für ein gescheitertes Crowdfunding Projekt. Wann gehen Projekte viral und wie kann man diese Faktoren noch stärker begünstigen. Um diese Themen drehen sich unsere Vorträge und Workshops. Was uns auszeichnet, ist aber der Fokus auf Unternehmen. Wir beantworten diese Fragen nicht nur aus der Sicht eines privaten Projekt-Gründers sondern primär aus Sicht eines Unternehmens. Im Prinzip stellen wir die zentrale Frage: wie können Unternehmen, Crowdfunding für sich nutzen und wie können sie diese Mechanismen auch für sich nutzbar machen.

Wir beschäftigten uns viel mit den Erfolgsfaktoren des Crowdfundings.

Nachdem Sie 2012 pling.de verkauft haben, haben Sie TABLE OF VISIONS gegründet. Was bieten Sie dem Kunden und wer ist Ihre Zielgruppe? Mit der TABLE OF VISIONS GmbH war es immer schon das Ziel, Unternehmen für unsere Crowd-Technologie FUNDSCENE

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zu begeistern. Nachdem wir die Marke und die Plattform pling.de verkauft hatten - der Prozess, das eigene „Baby“ loszulassen, war schwerer als erwartet - konnten wir uns voll und ganz auf Crowdfunding-Lösungen für Unternehmen fokussieren. Neben den klassischen Einsatz einer Crowdfunding, oder Crowddonation (Spendenplattform) können jede erdenkliche Plattformen mit unser Technologie umgesetzt werden. So bietet unsere Lösung für Crowdinnovation beispielsweise Unternehmen die Möglichkeit ihr Vorschlagswesen zu optimieren, Mitarbeiter zu motivieren und Innovationen voranzutreiben. Wir haben Crowdfunding also vom reinen Finanzierungs-Werkzeug weiterentwickelt zu einer Unternehmenslösung, die Innovationen vorantreibt. Wo sehen Sie die Vorteile und Chancen von Crowdfunding und wo die Gefahren und Risiken? Die Vorteile des klassischen Crowdfunding sind zahlreich: demokratische Finanzierung, Ideen-validierung und eine hohe Aufmerksamkeit für das eigene Projekt. Wir sehen vor allem auch für Unternehmen die Chance von diesen Aspekten in Zukunft profitieren zu können. Das heißt Transparenz, Demokratie und innovative Produkte, die Unternehmen voranbringen. Gefahren und Risiken sehen wir im Moment im Bereich Investing: Hier könnten rechtliche Rahmenbedingungen, durch das anvisierte Kleinanleger-Schutzgesetzt, sich negativ auf das Prinzip auswirken. Jetzt liegt es an der Bundesregierung hier ein richtiges Signal an die Gründerwirtschaft zu setzten und viele der Paragraphen abzuschwächen bzw. zu optimieren.

Die Vorteile des klassischen Crowdfunding sind zahlreich: demokratische Finanzierung, Ideen-validierung und eine hohe Aufmerksamkeit für das eigene Projekt.

Wie wird sich Crowdfunding in den nächsten Jahren am deutschen Markt etablieren? Gerade im Unternehmensbereich sehen wir ein großes Potenzial für Crowdfunding-Lösungen. Wir stellen unseren Kunden immer die Frage: „Wer ist Ihre Crowd?“

Für Unternehmen können dies die eigenen Mitarbeiter, Dienstleister oder eben Kunden oder Fans sein. Hier sehen wir ein enormes Potenzial für die Unternehmen, mit einer Crowd-Lösung Ihren „Schwarm“ zu aktivieren. Generell hat das Thema Crowdfunding und Investing ein enormes Potenzial nach oben. Ich denke wir werden in Zukunft noch viele Nischen-Plattformen sehen, die sich auf gewisse Themen spezialisieren werden. Angefangen bei politischen Themen hin zu klassische Hausfrauen-Themen, werden sich hier noch viele interessante Themen auftun. Wie stehen Sie zum Kleinanlegerschutzgesetz? Wie werden die Vorschriften Sie betreffen? Da wir keine Plattformbetreiber sind, betreffen uns diese Regelungen nicht direkt. Trotzdem wollen wir alles daran setzten, dass sich dass Kleinanlegerschutzgesetz in der aktuellen Fassung so nicht durchsetzt. Wir setzen uns im Crowdfunding Verband „German Crowdfunding Network“ aktiv dafür ein, dass Politiker und die verantwortlichen Entscheidungsträger wissen, welche tollen Chancen Crowdinvesting für Unternehmer, Investoren und Banken gleichermaßen bietet. Der aktuelle Gesetzentwurf würde aber viele dieser Chancen zunichte machen und dem Crowdinvesting viele unnötige bürokratische Barrieren bescheren. Welche Ziele möchten Sie in 2015 realisieren? Wir wollen uns weiter vergrößern und spannende Projekte für unsere Kunden in den verschiedensten Bereichen realisieren. Zwei große Projekt-Abschlüsse stehen unmittelbar an, sprich zwei Kunden, mit denen wir je eine Crowd-Plattform starten.Wir wollen weiterhin ein wichtiger Teil dieser „Crowd - Revolution“ sein: bei kreativen Projekten ist die Finanzierungsquelle Nummer 1 Crowdfunding. Wir sind davon überzeugt, hier einen wirklich entscheidenden kultureller Wandel, mit angestoßen zu haben.

Zur Person: David P. Heberling

David Holetzeck

David P. Heberling ist Gründer und Geschäftsführer der

David Holetzeck ist Gründer und Geschäftsführer der

TABLE OF VISIONS GmbH (www.tableofvisions.com),

TABLE OF VISIONS GmbH (www.tableofvisions.com),

einem Full-Service-Anbieter für Crowdfunding- und

einem Crowdfunding- und Crowdinnovation Software

Crowdinnovation White-Label-Software für Unterneh-

Spezialist für Unternehmen. 2010 gründete David Ho-

men. Nach seinem Studium 2010 gründete er gemein-

letzeck nach seinem Studium gemeinsam mit seinem

sam mit seinem Partner, David Holetzeck, eine der ersten deutschen Crowdfunding-Plattformen für kreative Projekte,

Geschäftspartner, David P. Heberling, eine der ersten deutschen Crowdfunding-Plattformen für kreative Projekte,

pling.de und etablierte das Thema Crowdfunding erfolgreich am deutschen

pling.de. Nach dem Exit mit pling.de (2012) haben die beiden Gründer ihre

Markt. 2012 wurde pling.de erfolgreich verkauft. David P. Heberling ist

Crowdfunding White-Label-Software für Unternehmen sukzessive weiterentwi-

Crowdfunding Gründungsberater an der Europauniversität Viadrana und ist im

ckelt. David Holetzeck ist Mitglied des GCN (German Crowdfunding Network).

Verband des Deutschen Crowdfunding Network (GCN) tätig.

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INTERVIEW

Der Kunde steht im Mittelpunkt Im Gespräch mit Thomas Lange Gründer und Geschäftsführer der LANGE ASSETS & CONSULTING GmbH

Wie sieht der „durchschnittliche“ Kunde von Lange Assets & Consulting aus? Es gibt bei uns keinen Durchschnittskunden! Als individuelle Vermögensverwaltung ist genau das unsere Stärke. Was unsere Kunden aber vereint, ist die Grundvoraussetzung Vertrauen in unsere Arbeit für sie zu haben. Wie sollte eine gute Vermögens-Struktur aussehen? Das hängt von den Vorgaben und Bedürfnissen des Kunden ab. Hier spielen Risikofähigkeit, Know How des Kunden und der Anlagezeitraum eine maßgebliche Rolle. Wichtig ist ein hoher Grad an Flexibilität der Vermögensstruktur, um auf die hohen Schwankungen innerhalb der Anlageklassen reagieren zu können. Wie werden sich Ihrer Einschätzung nach die Zinsen in den nächsten Jahren entwickeln? Aufgrund der Unfähigkeit der Politik die entscheidenden strukturellen Reformen einzuleiten und der Tatsache, dass die Höhe der diversen Staatsschulden einen höheren Zins nicht zulässt, dürfte diese Phase noch viele Jahre anhalten. Ein Blick nach Japan hilft bei der Beurteilung. Wie sieht in der derzeitigen Niedrigzins-Phase eine ideale Geldanlage aus?

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Für diese Phase gibt es keine ideale Geldanlage. Da aber eine risikofreie Rendite nicht mehr existiert, muss der Kunde heute deutlich risikobereiter sein als noch vor 2 Jahren. Ansonsten gilt Antwort zu 2tens. Wie schätzen Sie die wieder aufgetauchten Griechenland-Probleme ein? War dieses Problem den jemals gelöst? Der weitere Verlauf der Neuverhandlungen besitzt die Sprengkraft den EURO zu beenden. Der Druck von der Straße in den Geberländern wird zunehmen, keine weiteren Gelder mehr in Wackelkandidaten zu investieren. Neben Griechenland sind dieses insbesondere Frankreich und Italien. Auch eine Austrittsdiskussion von Ländern wie Finnland und Deutschland sind nicht mehr undenkbar. Im positiven Sinne könnte man glauben, die verantwortlichen Politiker haben die Warnsignale (z. B. Pegida in Deutschland oder Front National in Frankreich) verstanden. Aber das wird wohl in diesem Europa ein Traum bleiben. Wie wird sich TTIP auf die Märkte auswirken? Kann man hier schon Prognosen abgeben? Die Reichen werden noch reicher und die Armen noch ärmer. Mehr kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.


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Filmkraut Crowdinvesting Plattform für Filme

Im Gespräch mit Tim Menapace Mitgründer und Verantwortlich für Marketing & PR der Filmkraut GmbH Herr Menapace, wie funktioniert die Plattform Filmkraut? Welchen Nutzen hat sie? Auf Filmkraut präsentieren Produzenten ihre Konzepte, auf der Suche nach Investoren. Als Privatperson kann man in genau den Film investieren, den man später auf der Leinwand sehen will. Erst wenn die Finanzierungsschwelle überschritten ist, geht das Geld an den Produzenten und der Film wird produziert. Ansonsten erhalten die Investoren ihr Geld zu 100% zurück. Es ist keine Spende, denn die Investoren sind später an den Erlösen der Produktion beteiligt. Mit Filmkraut wollen wir den deutschen Film wieder näher zum Zuschauer bringen. Wie ist die Idee zu der Plattform Filmkraut entstanden, was war der Auslöser? Wir sind große Filmfans und haben leider das Gefühl, das der deutsche Film immer mehr am Zuschauer vorbei geht. Da ich auch selber Filme gemacht und Medienwissenschaften studiert habe, weiß ich dass oft einzelne „Experten“ über die Vergabe von staatlichen Geldern für die Filmproduktion entscheiden. Leider trifft dies oft nicht den Geschmack des Publikums. Bei Filmkraut rückt das Publikum wieder in Fokus des Filmes und ist von Anfang an dabei.

Auf Filmkraut präsentieren Produzenten ihre Konzepte, auf der Suche nach Investoren.

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Welche Projekte findet der User zur Zeit auf Eurer Plattform? Wir haben Filmkraut im Juli gegründet, die Plattform ist Ende Oktober online gegangen und demnächst wird es den ersten großen deutschen Spielfilm zur Finanzierung geben. Nach welchen Kriterien sucht Ihr Projekte aus, die sich über die Filmkraut finanzieren sollen und können? Primär prüfen wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Produzenten, d.h. ob es sich um ein seriöses Investment handelt. Einmischung in inhaltliche Kriterien wie Drehbuch, Genre und Besetzung wollen wir vermeiden und bewusst dem Zuschauer überlassen. Sonst würden wir uns wiederum als „Experten“ hinstellen und das Publikum bevormunden.

Wie wirkt sich Crowdfunding in der Filmindustrie auf die Qualität der Filme aus? Die Crowdfinanzierung stellt eine demokratische Legitimation dar. D.h. als Produzent weiß ich, dass es Interesse an meinem Konzept gibt. Falls jedoch zu wenig Leute in meinen Film investieren, sollte ich mein Konzept eventuell überdenken. Wir hoffen auf neue Impulse durch die Crowd und wollen weg von den ewigen Fortsetzungen und neuen Aufgüssen alter Schemata. Eines, wenn nicht sogar das erfolgreichste deutsche Filmprojekt, das über Crowdfunding/Crowdinvesting finanziert wurde, ist der Film „Stromberg“, werden wir in Zukunft noch viele solche Kassenschlager sehen, die über die Crowd finanziert werden? Jeder Investor hat natürlich ein starkes Eigeninteresse, dass der Film erfolgreich wird, also erzählt er all seinen Freunden bei Kinostart, dass sie doch mal wieder ins Kino sollten. Die Crowd ist ein Marketing-Multiplikator und stellt sogenannte Smart-Money. D.h. auch Marken welche nicht so bekannt sind wie Stromberg haben eine Chance auf Erfolg. Sind umfangreichere Projekte mit hohem Etat aus der Crowd finanziert vorstellbar? Gerade durch den monetären Anreiz beim Investment kommen größere Summen zustande als beim spendenbasierten Crowdfunding. Auf Crowdfunding-Plattformen kommen durchschnittlich 7.000 Euro / Projekt zusammen. Dies reicht nicht für professionellen Film. Doch auf Crowdinvesting-Plattformen kommen regelmäßig 6 - 7-stellige Summen zusammen. Dadurch könnte der deutsche Film wieder international mitspielen. Welche Zielgruppe sind für Euch potenzielle Investoren? Zum einen sehen wir den Filmfan als Investor, welcher das Projekt möglich machen will und als quasi Co-Produzent ein Teil davon sein möchte inkl. Namen im Abspann. Auf der anderen Seite sehen wir renditeorientierte Investoren, welche in der aktuellen Niedrigzinsphase auf der Suche nach spannenden


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Investments sind. Man muss ganz klar sagen, Film ist ein Hochrisikoinvestment, allerdings mit der Chance auf hohe Renditen. Wodurch Unterscheidet sich die Plattform Filmkraut von anderen Crowdfunding/Crowdinvesting Plattformen, auf denen ja auch die Möglichkeit besteht einen Film zu Finanzieren? Bei Filmkraut ist man nicht an einer Firma, sondern an einem (Film-)Projekt beteiligt und verdient bei der Auswertung mit. Im Gegensatz zu anderen Filmcrowdinvesting-Seiten ist bei uns eine Vollfinanzierung über die Crowd möglich, d.h. wir nehmen die Crowd nicht nur für die Lückenfinanzierung am Ende, sondern bereits als Initialzündung für ein Projekt. Außerdem ist bei uns das Mindestinvestment mit 50€ niedriger als bei anderen. Wer steht hinter dem Namen Filmkraut? Filmkraut ist ein junges Start-up von drei engagierten jungen Männern. Wir sind komplementär aufgestellt

mit einem Informatiker, einem Kaufmann und mittlerweile zwei Leuten im Marketing. Wie seht Ihr das Gesetz zum Kleinanlegerschutz, passt das oder wird hier überreguliert? Es ist sehr schade, dass die Regierung ihrem Versprechen im Zuge der digitalen Agenda, die „junge digitale Wirtschaft zu stärken“ nicht nachkommt. Anleger zu schützen ist wichtig und richtig. Das es schwarze Schafe wie Prokon gibt ist zu bedauern. Doch schock- und krampfartig ein Gesetz im Sinne der Old Economy auf diesen Fall zuzuschneiden, so stellen wir uns in Sachen Innovation wieder hinten in der Schlange an. Wo seht Ihr Euch und die Plattform Filmkraut in den nächsten fünf Jahren? Filmkraut bzw. Crowdinvesting für Filme soll zu einem festen Bestandteil der Filmfinanzierung in Deutschland werden. Wir wollen eine Plattform sein, auf welcher wir Filmemacher, Fans, Investoren und Sonstige aus der Bewegtbild-Branche vereinigen.

Es ist sehr schade, dass die Regierung ihrem Versprechen im Zuge der digitalen Agenda, die „junge digitale Wirtschaft zu stärken“ nicht nachkommt. FUNDSCENE

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INTERVIEW

Geld braucht keine Bank

Im Gespräch mit Dr. Dominik Steinkühler Co-Founder und Geschäftsführer Lendico Deutschland GmbH

Lendico wurde 2013 gegründet sind Sie mit der bisherigen Entwicklung zufrieden? Wir wachsen von Monat zu Monat schneller. Negativzinsen treiben das Wachstum von Kreditmarktplätzen in Deutschland und Europa weiter an. In Januar zahlte Lendico im vergleich zum Vormonat 50 Prozent mehr Kreditvolumen aus. Wir haben weit über 15.000 private Investoren gewonnen sowie mehrere institutionelle Partnerschaften geschlossen. In einigen wichtigen Bereichen haben wir bereits im ersten Jahr mehr erreicht als Lending Club in seinen ersten drei Jahren. Was unterscheidet Crowdlending von einem Kredit bei einer Bank? Wer genau hinschaut, stellt fest, dass Banken regelmäßig Spar­guthaben für weit weniger als zwei Pro­zent verzinsen, das Geld der Sparer aber oft für Zinssätze über zehn Pro­zent verleihen. Dazwischen ist viel Platz. Lendico schneidet die Bank als Mittelsmann aus dem Kreditvergabeprozess heraus und gibt die Ersparnisse an Kreditnehmer und Anleger weiter. Lendico ist somit eine Win-Win-Situation. Anleger und Kreditnehmer haben mehr im Portemonnaie, weil keine Filialbank im Prozess kassieren muss, um mit den Gebühren einen explodierenden Kostenapparat zu finanzieren. Wo liegen die Vorteile für Anleger und Kreditnehmer? Kein Sparer will sein Geld auf dem Festgeldkonto mit Negativrenditen vernichten. Manche Banken haben zuletzt den Negativzins – eine „Guthabengebühr“ – eingeführt. Schon der Nominalzins fällt damit unter die Null. Der nominale Zinssatz der Kredite für Lendico-Anleger in 2014 lag dagegen bei 7,02 Prozent. Für viele Kreditnehmer bietet Lendico konkurrenzlos günstige Kreditkonditionen. Viele Selbständige, die zu Lendico kommen, haben das Gefühl von Banken ignoriert zu werden. Ähnliches gilt für Kreditnehmer, die kleinere Summen benötigen. Diese Gruppe – besonders oft sind es Frauen – bevorzugen Banken lieber im Dispo zu halten. Wer von 14 Prozent Dispozinsen auf einen günstigen Kredit von Lendico von etwa fünf Prozent umschulden kann, macht einfach ein gutes Geschäft.

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Wie stehen die Banken zum Thema Crowdlending? Diese Frage müsste ein Banker beantworten. Uns gegenüber sind Banken sehr aufgeschlossen. Wir bekommen viel interessierten Besuch aus den Glastürmen in Frankfurt. Das Interesse für unser Geschäftsmodell aber auch für unsere Unternehmenskultur an sich ist groß. Wer ist die Zielgruppe von Lendico? Wie hoch sind die meisten Kredite? Lendico befindet sich in einer starken Wachstumsphase. Wir haben mehr als hunderte Kreditanfragen pro Tag. Dabei sprechen wir nur gute Kreditnehmer an, die auch einen Bankkredit bekommen würden. Was die Kunden angeht, so sehen wir, dass wir mit Lendico den Mainstream erreichen. Die Nutzerstruktur ist daher vielfältig. Interessant ist vielleicht die Quote, der von Frauen gestellten und finanzierten Kreditprojekte, die bei knapp 40% liegt, außerhalb Deutschlands sogar teils noch höher. Gerade Frauen haben es immer wieder schwer einen Bankkredit zu bekommen. Vermittelt werden Konsum- und Investitionskredite zwischen 1.000 und 25.000 Euro. Selbständigen bieten wir die Möglichkeit im Einzelfall die Kreditsumme auf 50.000 Euro zu erhöhen. Der Durchschnittskredit beträgt knapp 8.000 Euro. Wie wichtig ist es einen starken Partner wie Rocket Internet hinter sich zu haben? Wie wurden und wie werden Sie von Rocket Internet unterstützt? Rocket Internet bietet eine sehr starke Plattform, die in den vergangenen Jahren die besten Köpfe mit viel Erfahrung um sich versammelt hat. Von einer perfekten Plug-and-Play-Lösung bei IT-Fragen bis zu einem freundschaftlichen Support der Mitgründer eines anderen Unternehmens – es gibt nahezu täglich Punkte, die mit Rocket Internet als Partner schneller und besser gelöst werden. Welche Ziele haben Sie für das Jahr 2015 Neue Märkte erschließen und Marktführer werden in allen Märkten, in den wir es noch nicht sind.

Wir wachsen von Monat zu Monat schneller. Negativzinsen treiben das Wachstum von Kreditmarktplätzen in Deutschland und Europa weiter an.


INTERVIEW

Rocket Internet bietet eine sehr starke Plattform, die in den vergangenen Jahren die besten Kรถpfe mit viel Erfahrung um sich versammelt hat.

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Clever Investieren

Im Gespräch mit Uli W. Fricke Geschäftsführerin der FunderNation GmbH sowie Managing General Partner und Mit-Gründerin der Triangle Venture Capital Group Frau Fricke Sie gehörten zu den Gründern der Triangle Venture Capital Group warum haben Sie sich entschlossen die Crowdinvesting Plattform FunderNation zu gründen? Venture Capital ist nur für sehr wenige Unternehmen verfügbar. Dies hat mehrere Gründe: 1. In Deutschland ist der VC Markt gemessen am BIP sehr klein. Dies ist besonders offensichtlich im Vergleich mit den USA, aber auch im europäischen Vergleich nimmt Deutschland nur eine Stellung im hinteren Mittelfeld ein, was die Größe des VC Marktes betrifft. 2. VC Investoren sind hoch selektiv und investieren im Schnitt in 1 von 1000 Unternehmen. Gesucht werden in der Regel erfahrene Unternehmer, die nicht zum ersten Mal ein Unternehmen führen. Unternehmen mit globalem Wachstumspotential, skalierbaren Umsätzen und einem erwiesenen Geschäftsmodell. Es gibt viele interessante Unternehmen, die diese Bedingungen nicht alle erfüllen. Da VC knapp ist, es jedoch in Deutschland sehr viele investitionswürdige Unternehmen gibt, haben wir uns entschlossen, unser in 18 VC Investmenttätigkeit aufgebautes umfangreiches Investmentknowhow einer breiteren Schicht von Unternehmen verfügbar zu machen. Der beste Weg dies zu tun führt über eine Online-Plattform.

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Was unterscheidet FunderNation von anderen Crowdinvesting Plattformen? A: FunderNation wird von Investmentprofis geführt. Wir wissen, was für VC’s und Business Angel wichtig ist und haben die Finanzierungsverträge „VC-kompatibel“ aufgestellt. Co-Finanzierung zwischen FunderNation-Investoren und VC’s sind strukturiert möglich. Das umfangreiche Investment Knowhow kommt auch den FunderNation Investoren zu Gute, im Hinblick auf den Screening Prozess der ausgewählten Projekte, der transparenten Darstellung auf FunderNation und der Vertragsgestaltung. B: FunderNation bietet Investoren und Unternehmen drei unterschiedliche Risiko-Rendite-Profile. Diese erlauben den Investoren ein ausgewogenes Portfolio aufzubauen. Für Unternehmen bietet es angemessene Finanzierungsformen, die auch für etablierte Unternehmen passen. Auf FunderNation können daher sowohl Start-ups, Wachstumsunternehmen und etablierte Unternehmen Investoren finden. C: FunderNation macht sich mit FunderWorld Mechanismen der Schwarm-Intelligenz zu nutze. Im Rahmen der Vorbereitung von Fundraising Kampagnen können Unternehmen auf FunderWorld Feedback der FunderNation Community einholen. Wieviele Crowdinvestings sind schon auf FunderNation gestartet? Fundraising Kampagnen seit Launch der Fundraising Plattform FunderNation im Oktober 2014 – 5 Feedback Kampagnen seit Lauch der Feedback Plattform FunderWorld im Juli 2014 - 11 Wie sieht ein typischer Investor auf FunderNation aus? FunderNation erfreut sich eines breiten Zuspruchs: zu unseren Investoren zählen Business Angel, die 50.000 Euro und mehr investieren, genauso wie Anleger, die wenige 100 Euro investieren. Erfreulich viele unserer Investoren machen mehr als 1 Investment und folgen damit der Empfehlung der Plattform, mit dem gesamt zu investierenden Kapital ein Portfolio an Investitionen aufzubauen. Dieser Portfolioansatz ist sehr sinnvoll, da die Risikostreuung auf mehrere Investitionen die Rendite für das Gesamtportfolio verbessert. Welche Vorteile bietet Crowdinvesting gegenüber anderen Finanzierungsformen? Für Investoren ergibt sich hier die Möglichkeit ein eige-

nes Portfolio an renditeträchtigen Anlagen aufzubauen, das bislang nur großen Institutionellen Investoren zur Verfügung steht. Für Unternehmen erschließt es eine zusätzliche Finanzierungsquelle, und stellt somit eine Vergrößerung der Finanzierungsmöglichkeiten dar. Wie wird sich Crowdinvesting aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren entwickeln? Im internationalen Vergleich steckt der deutsche Crowdfunding Markt noch ziemlich in den Kinderschuhen, so dass hier einiges an Aufholbedarf besteht. Dies wird unterstützt durch die Zinsentwicklung, die es für Investoren attraktiv macht, sich nach alternativen Investitions-Möglichkeiten umzusehen. Die wachsende Start-up Kultur in Deutschland ist ein weiterer positiver Aspekt, so dass ein weiteres Marktwachstum in Deutschland erwartet werden kann. Dies wird sich jedoch nur dann realisieren lassen, wenn die geplante Regulierung des deutschen Crowdfunding Marktes marktgerecht gestaltet wird. Politik und Regulierer haben es in der Hand, den deutschen Markt nachhaltig aufzustellen oder die Existenzgrundlage für die Plattformen zu gefährden. Wie bewerten Sie persönlich den Gesetzentwurf zum Schutz der Kleinanleger? Schutz der Anleger ist ein wichtiges Anliegen und Transparenz ist einer der ganz wesentlichen Schritte dahin. Insofern verfolgt die Gesetzesinitiative den richtigen Ansatz. Wesentliche Umsetzungsvorschläge, die gegenwärtig auf dem Tisch liegen, bergen jedoch die Gefahr, Crowdfunding für Unternehmen undurchführbar zu machen. Einige der Vorschläge, die die Investoren schützen sollen werden leider das Gegenteil erreichen. Dazu zählen z.B. die Einschränkungen bezügliche der Investitionsbeträge pro Semi-Professionellen Investor, oder das Verbot, vor Rückzahlung einer Finanzierung eine neue Finanzierung durchzuführen. Dies verkennt leider die Tatsache, dass im Venture Capital Markt üblicherweise 3 bis 4 Finanzierungsrunden durchgeführt werden, bis ein Unternehmen den break-even erreicht hat. Die Folgefinanzierungen sind insbesondere auch wichtig für die ersten Investoren, da der Unternehmenswert durch die Folgefinanzierung steigt und das Unternehmen mit dem frischen Kapital ehrgeizige Wachstumsziele erreichen kann. Dies sind nur zwei Beispiele die verdeutlichen, dass es einigen Handlungsbedarf gibt, damit das Gesetz den Anlegerschutz in Verbindung mit Crowdinvesting auch in der Realität erreichen kann.

Schutz der Anleger ist ein wichtiges Anliegen und Transparenz ist einer der ganz wesentlichen Schritte dahin. Insofern verfolgt die Gesetzesinitiative den richtigen Ansatz. FUNDSCENE

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Mit Crowdfunding zum Plattenvertrag Fotoquelle: Musicstarter

Wie ist die Idee zu Musicstarter entstanden und wann wurde die Plattform Musicstarter gegründet? Jörg Koshorst: Die Crowdfunding-Plattform Musicstarter ging am 6. August 2014 online. Die Idee zum Crowdfunding-Musiklabel entstand aber schon zwei Jahre zuvor. Ich habe 2011 zusammen mit meinen Partnern, den Musikproduzenten Ingo Politz und Brix das eigene Indie-Musiklabel Valicon Entertainment gegründet. Wir wollten eine Anlaufstelle für Newcomer schaffen, auf der Talente sich entwickeln können bis sie ihren Platz im deutschen Musikmarkt gefunden haben und ohne dem direkten Erfolgsdruck eines Major-Labels ausgesetzt zu sein. So konnten wir zum Beispiel über einige Jahre heute erfolgreiche Künstler wie Elaiza oder Faun aufbauen. Wir mussten aber feststellen, dass für Musik-Newcomer in den deutschen Medien immer weniger Platz bereit gestellt wird. Egal ob im TV, im Radio oder in der Presse: Neue Musiker zu präsentieren ist vielen Redaktionen mit Quotendruck zu riskant, man setzt lieber auf Altbewährtes. Ein Blick in das tägliche TV-Programm macht das ja deutlich. Der Nachwuchs

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sucht sich entsprechend andere, eigene Wege. So kam es, dass uns immer wieder Nachwuchskünstler auf ihre Crowdfunding-Kampagne hingewiesen haben, mit der sie Geld für eine Demo-Produktion, eine Tour oder ein Video sammelten. Wir hatten recht schnell das Gefühl, dass da etwas zusammenpassen könnte. Musiker, die Crowdfunding machen, bringen eine große Eigendynamik mit, ihnen fehlt aber oft die weitere Perspektive zu einer professionellen Veröffentlichung. Genau da setzen wir mit Musicstarter an.

Bild links: Jörg Koshorst Geschäftsführer Musicstarter Bild unten links: Elaiza Bild unten: FAUN


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Musicstarter ist nicht nur eine Crowdfunding-Plattform, die nur für die Finanzierung eines Projekts verantwortlich ist. Die Künstler werden auch weiterhin unterstützt. Welche Voraussetzungen muss der Künstler bzw. die Band mitbringen, um sich auf Musicstarter präsentieren zu können? Jörg Koshorst: Zum Launch von Musicstarter haben wir es den Künstlern zur Bedingung gemacht, sich bei

uns für eine Teilnahme zu bewerben. Das hatte zum einen qualitative Gründe, zum anderen mussten wir im Hinblick auf den möglichen Plattenvertrag auch rechtliche Rahmenbedingungen aufbauen. Das Modell war zum Start komplett auf das Fundingziel von 30.000,-€ ausgelegt. Die Künstler, die dieses Ziel erreichten, erhielten auch die Garantie der Albumveröffentlichung auf unserem Label. Uns war klar, dass wir mit dem Modell zwei bis drei Kernelemente des klassischen Crowdfundings aushebeln, um die Systematik “durch die Fanbase zum Plattenvertrag” abbilden zu können. Wir haben dann das Feedback der ersten Monate genutzt und unser Angebot optimiert. Nun liegt der Start eines Projektes allein in den Händen der Musiker und sie können ab einer Fundingschwelle in Höhe von 15.000,-€ eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne

Bild oben links: CousCous Bild oben rechts: CousCous Bild unten: Stilbruch Wir haben dann das Feedback der ersten Monate genutzt und unser Angebot optimiert. FUNDSCENE

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Bild links: Stereo Herz Bei Musicstarter kann also jeder Musiker, egal ob Solo-Künstler oder Band und unabhängig vom Musik-Genre seine eigene Crowdfunding-Kampagne selbst anlegen.

umsetzen. Das Fundingziel für den Plattenvertrag bleibt aber bestehen, die Musiker können also erst einmal ein erfolgreiches Funding anpeilen, um dann im zweiten Schritt den Plattenvertrag zu knacken. Bei Musicstarter kann also jeder Musiker, egal ob Solo-Künstler oder Band und unabhängig vom Musik-Genre seine eigene Crowdfunding-Kampagne selbst anlegen. Nichtsdestotrotz, sollten Künstler den richtigen Moment in ihrer Karriere abpassen, um auch mit guten Erfolgsaussichten an den Start zu gehen. Der eigene Stil sollte ausgereift und die musikalische Identität gefestigt sein. Ein gewisses Maß an Unverwechselbarkeit ist immer hilfreich, um aus der Masse heraus zu stechen. Schließlich ist es von Vorteil, wenn die Newcomer bereits eine kleine und aktive Fanbase mitbringen und auch eine gewisse Umtriebigkeit in den sozialen Netzwerken an den Tag legen.

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Nachdem die Crowdfunding Kampagne erfolgreich finanziert wurde, wie geht es dann weiter? Wie wird der Künstler/ die Band anschließend supported? Jörg Koshorst: Grundsätzlich gibt es für Newcomer auf Musicstarter zwei Ziele zu erreichen: die Fundingschwelle und das Fundingziel. Die Fundingschwelle stellt den Mindestbetrag dar, der zur Realisierung des Musikprojektes notwendig ist und wird vom Künstler selbst festgesetzt. Wird diese erreicht, wird dem Newcomer das eingesammelte Geld zur Umsetzung des Projektes ausgezahlt. Für uns als Label wird es besonders spannend, wenn ein Künstler das von Musicstarter festgelegte Fundingziel in Höhe von 30.000,- € schafft. Denn dann kommt der Plattenvertrag zwischen Musicstarter und dem Künstler zustande und unsere eigentliche Arbeit als Musiklabel beginnt. Am 11.11.2014 hat Stereo Herz aus Rostock als erste Band überhaupt


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Bild links: Stereo Herz, Bild oben: Screenshot Startseite Musicstarter

das Fundingziel erreicht und es sogar übertroffen. Jetzt befindet sich die Band in Berlin im Studio mit dem Silbermond- und Silly-Produzenten Ingo Politz, war gerade 2 Tage unterwegs für ein Fotoshooting und plant den ersten Videodreh. Die Album-Veröffentlichung peilen wir für das Frühjahr 2015 an und das Label-Team arbeitet bereits jetzt an der entsprechenden Promotion für die Band. Aber wir warten nicht nur ab bis ein Künstler das Fundingziel wirklich erreicht. Wir bringen uns von Beginn der Crowdfunding-Kampagne kreativ mit ein. Wir haben viel Musik- und Crowdfunding-Erfahrung im Team und können den Musikern daher zum Start bereits wertvollen Input geben. Wenn wir darüberhinaus auch PR-Möglichkeiten für die Künstler sehen, aktivieren wir unser entsprechendes Netzwerk. So konnten wir Musicstarter-Künstler bislang in zahlreichen TV-Sendungen sowie Radio-Formaten platzieren. Erst kürzlich wurde bei uns ein Beitrag von ARTE gedreht und die Band Stilbruch war zu Besuch bei Leipzig TV. Wie lange läuft eine Crowdfunding Kampagne auf Musicstarter in der Regel? Jörg Koshorst: Die Crowdfunding-Kampagnen auf Musicstarter laufen alle nach denselben Spielregeln ab. Jede Kampagne durchläuft zunächst die so genannte Startphase, in der die Künstler in maximal 30 Tagen 100 Fans für ihre Kampagne gewinnen müssen. Erst nachdem dieses Etappenziel erreicht ist, wird die Kampagne zur Finanzierung freigegeben. In der Finanzierungsphase hat der Künstler max. 90 Tage lang Zeit, um mindestens die selbst gewählte Fundingschwelle und

bestenfalls sogar das einheitliche Fundingziel in Höhe von 30.000,- € von der Crowd einzusammeln. Wie viele Crowdfunding-Kampagnen sind schon auf Musicstarter erfolgreich finanziert worden? Jörg Koshorst: In den vergangenen 5 Monaten konnten zwei Kampagnen erfolgreich beendet werden. Das Pop-Duo Stereo Herz aus Rostock hat auf Anhieb das Fundingziel von 30.000,-€ geknackt und den Plattenvertrag erhalten. Die Leipziger Band Stilbruch hat Anfang Februar ihre Fundingschwelle von 20.000,-€ durchbrochen und ist nun auch auf dem besten Wege das Fundingziel zu erreichen. Beide Bands sind für uns die besten Beispiele dafür, dass man mit Willensstärke, Engagement und Leidenschaft definitiv auch als Newcomer mit einer noch kleinen Fanbase die 30.000,- € Hürde packen kann. Das Pop-Duo Stereo Herz ist mit knapp unter 1.000 Facebook Fans in die Kampagne gestartet und erhält nun bereits Fanpost. Ab wie viel Euro kann man unterstützen und gibt es auch eine Begrenzung nach oben? Jörg Koshorst: Prinzipiell können die Musicstarter bereits mit einem freien Betrag ab einem Euro von ihren Fans unterstützt werden. Spannend für Fans sind natürlich eher die individuellen Gegenleistungen der Künstler. Vom neuen Album mit persönlicher Widmung für 15,-€ über ein VIP Konzert-Ticket mit Meet & Greet für 80,- € bis hin zum eigenen Wohnzimmerkonzert für 500,- € sind einzigartige und persönliche Gegenleistungen kaufbar, die es so nie wieder geben wird. Dieses Geben-und-Nehmen-Prinzip macht Crowdfunding

Prinzipiell können die Musicstarter bereits mit einem freien Betrag ab einem Euro von ihren Fans unterstützt werden. Spannend für Fans sind natürlich eher die individuellen Gegenleistungen der Künstler. FUNDSCENE

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INTERVIEW

besonders reizvoll und charmant für Unterstützer. Eine Obergrenze für Unterstützungen haben wir nicht festgelegt, allerdings müssen die Gegenleistungen immer im angemessenen Verhältnis zu ihrem Wert stehen.

Erfreulich ist, dass der Crowdfunding-Gedanke auch hierzulande immer mehr Fuß fasst und immer mehr Menschen erreicht - wie es auch im aktuellen Crowdfunding Monitor von “Für Gründer” bestätigt wird. Bild unten: CousCous

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Unterstützen eher Jüngere in die Projekte oder gibt es da keinen Trend? Jörg Koshorst: Da wir nur persönliche Daten von unseren Supportern erheben, die für die Durchführung der Transaktionen bzw. für den Versand der Gegenleistungen relevant sind, können wir dies nur schätzen. Vergangene Kampagnen haben uns gezeigt, dass vor allem Künstler mit einer sehr jungen Zielgruppe Probleme hatten. Bei den ganz Jungen (< 20 Jahre) gibt es vor allem zwei große Fallstricke - zum einen die fehlende persönliche Liquidität und zum anderen das bereits gelernte Verhalten, Musik frei verfügbar konsumieren zu können. Gefühlt sind die Unterstützer zwischen 25 und 40 Jahren am spendabelsten, da sie eine gute Mischung aus Netz-Affinität, Kaufkraft und ein Wertbewusstsein für künstlerische Leistung mitbringen.

Wo sehen Sie die Zukunft des Crowdfundings in der Musikbranche und der Kunst allgemein? Jörg Koshorst: Erfreulich ist, dass der Crowdfunding-Gedanke auch hierzulande immer mehr Fuß fasst und immer mehr Menschen erreicht - wie es auch im aktuellen Crowdfunding Monitor von “Für Gründer” bestätigt wird. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass das Potenzial von Crowdfunding noch lange nicht ausgeschöpft ist, so lange es viele Menschen gibt, die dieses Finanzierungs- und Förderinstrument noch nicht kennen. In Bezug auf die Höhe der Fundingsummen ist hier sicherlich noch Luft nach oben. Weiterhin sehe ich Crowdfunding insbesondere als mögliches Sprungbrett für junge, noch unentdeckte Talente. Mittels Crowdfunding haben Nachwuchskünstler die Möglichkeit aus eigener Kraft heraus, sich mit ihrem Projekt Aufmerksamkeit zu verschaffen - bei Unterstützern, Sponsoren, aber auch bei wichtigen Leuten aus der jeweiligen Branche. Auch wir von Musicstarter nutzen natürlich Crowdfunding, um talentierten und engagierte Künstler zu entdecken.


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Crowdbuying-Plattform für Designer und Labels Newniq wurde von der Berliner Art Direktorin und Illustratorin Julia Depis und der Kaufmännin/Betriebswirtschaftlerin Judith Trifonoff im Herbst 2013 gegründet. Sie haben die Designer-Plattform NEWNIQ gegründet. Worum geht es auf newniq.com. Was kann der Nutzer erleben? Was kann man kaufen und was verkaufen? Newniq ist kein gewöhnlicher Design Online Shop! Newniq ist eine Design Plattform, die Designern dabei hilft und sie unterstützt, ihre Produktideen zu veröffentlichen und VOR der Herstellung des Objektes die notwendige Anzahl an Kunden zu sammeln. Es handelt sich dabei immer um Prototypen, sprich Produkte, die es so auf dem Markt noch nicht gibt. Newniq gibt Kaufinteressierten die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen die Produktion von Designstücken zu unterstützen und herbeizuführen. Das bedeutet: Sobald sich genügend Käufer für ein Produkt angemeldet haben startet der Kauf mit der Bezahlung und der Designer fertigt an und liefert. Käufer suchen auf Newniq nach dem besonderen Stück mit der besonderen Geschichte. Sie wollen bewußt kein Objekt „von der Stange“ erwerben. Sollten nicht ausreichend Käufer gefunden werden, bekommen diese ihr Geld zurück. Newniq hat zum Ziel, Designer in ihrer Arbeit zu fördern und ihnen eine unkomplizierte Plattform zu bieten, Produkte zu bewerben und anschließend herzustellen sowie Designinteressierten ein einzigartiges Shopping-Gemeinschaftserlebnis zu schaffen. Produkte die gekauft/verkauft werden können sind Kunst- bzw. Dekorationsobjekte, (Wohn)accessoires oder auch Kleinmöbel wie beispielsweise der Hocker Favino oder auch der besondere Zettelhalter. Was ist der besondere Clou am Crowdbuying? Der besondere Clou am Crowdbuying ist der, dass man das Produkt wie in einem Shop kauft und es eben erst hergestellt wird, wenn innerhalb einer bestimmten Zeit genügend Nachfrage besteht. Im Crowdfunding beispielsweise wird oft bereits gegen eine kleine Spende ein Projekt unterstützt und dafür ein Dankeschön geschickt. Beim Crowdbuying wird das unterstützte Produkt direkt erworben und es gibt keine Goodies je nach gezahltem Preis. Bei Crowdbuying wird ein Produkt

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also im Vorhinein gekauft bis gesichert ist, dass es genug Interessenten für eine Umsetzung gibt. Ist das vom Verkäufer (Designer) definierte Soll erfüllt, schreitet dieser zur Tat und setzt das Produkt um. Ein Konzept, dass auf beiden Seiten eine Lücke schließt: Der Verkäufer (Designer) bekommt mehr Sicherheit, der Käufer ein ganz besonderes Design aus kleiner Stückzahl zu einem guten Preis. Dieser wird natürlich durch die gesicherte Auflage positiv beeinflusst. Wo liegen die Risiken und wo die Vorteile für Käufer und Verkäufer? In Bezug auf Newniq können wir sagen, dass es „Risiken“ nicht wirklich gibt, sowieso hat der Begriff unserer Meinung nach einen leicht negativen Beigeschmack. Bei Newniq handelt es sich ja um eine Plattform, auf der neue und noch nie dagewesene Designs zum Leben erweckt werden. Da gibt es viel zu entdecken, viel zum Mitmachen und ein bisschen Spannung ist auch dabei ;) Risiko gehört da nicht rein. Der Käufer erwirbt das Produkt und erhält dieses, sofern es genügend andere Interessenten dafür gibt und dadurch die Mindestanzahl an Käufern erreicht ist. Finden sich diese nicht und das Designstück wird nicht produziert, wird der Kaufbetrag direkt wieder auf das Konto des Käufers zurück überwiesen. Wenn wir es jetzt als „Risiko“ ausdrücken wollen, wäre das einzige Risiko für den Käufer, ein heiss geliebtes und unterstütztes Produkt nicht ergattern zu können, da es nicht genügend Mitinteressenten gibt. Beim Verkäufer ist es ähnlich. Das Schöne am Konzept ist ja, dass der Designer in keinerlei Vorkasse gehen muss, da er erst die Käufer sammelt, dann produziert. Sprich er muss beispielsweise keine 5 Tische produzieren, diese versuchen zu verkaufen um dann womöglich darauf sitzen zu bleiben. Schliesslich sammelt er erst die Abnehmer und verkauft dann die Stücke. Für jede Produkteinstellung zahlt der Designer eine einmalige Einstellgebühr in Höhe von 8,90 € zzgl. MwSt., die in jedem Falle zu entrichten ist. Das wäre quasi – so wir

Newniq ist eine Design Plattform, die Designern dabei hilft und sie unterstützt, ihre Produktideen zu veröffentlichen und VOR der Herstellung des Objektes die notwendige Anzahl an Kunden zu sammeln.


INTERVIEW

Wir glauben, dass das Prinzip crowdfunding zwar nicht mehr in den Kinderschuhen steckt, es aber noch viel Luft nach oben und weitere Wachstumschancen für crowdfunding businesses gibt. Crowdbuying hingegen und im Gegensatz zu crowdfunding sehen wir noch eher in den Startlöchern zumal wir bis dato keine vergleichbare crowdbuying Seite in Deutschland ausfindig machen konnten.

Auf Newniq dürfen DesignerInnen, Labels oder auch Firmen Produktprototypen aus den Bereichen (Wohn)-accessoires, Möbel, Grafik, Produktdesign, u.v.m. vorstellen und verkaufen,

es denn als „Risiko“ ausdrücken möchten – das einzige Risiko für den Designer, obwohl auch dies noch nicht mal ganz zutrifft, da der Designer im Gegenzug dafür eine Präsentationsmöglichkeit erhält sowie mehrere Marketingmaßnahmen wie z.B. Feature in unseren Newslettern, Promotion auf unseren Social Media Kanälen u.v.m.

Können Sie sich auch für andere Produkte eine Crowdbuying-Plattform vorstellen? Ja, das funktioniert unserer Meinung nach, sofern es Produkte aus einem Bereich sind, in dem man eine gewisse Mindestzahl an Abnehmern braucht, damit sich eine Produktion lohnt und/oder diese finanzierbar ist.

Wer darf was über newniq.com verkaufen? Auf Newniq dürfen DesignerInnen, Labels oder auch Firmen Produktprototypen aus den Bereichen (Wohn)-accessoires, Möbel, Grafik, Produktdesign, u.v.m. vorstellen und verkaufen, sofern es diese Stücke so noch nicht auf dem Markt gab. Hierbei kuratieren wir die Stücke und schauen, was wirklich zu uns und unserer Zielgruppe passt. Seit einigen Monaten können die Produkte, die es erfolgreich in Produktion geschafft haben, auch noch in unserer „noch zu haben“ (LINK: http://bit.ly/1z8lhvG ) Rubrik weiter erworben werden. Produktbeispiele wären da z.B. ein Mousepad (LINK: http://bit.ly/1CHCXxW) aus 100% Schurwolle oder auch der Print ABC (LINK: http://bit.ly/1CHCUCg).

Sie erhielten im Jahr die Auszeichnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zum “Kultur- und Kreativpilot 2014”. Welche Bedeutung und welche Auswirkung hatte diese Auszeichnung auf Ihr Unternehmen? Zunächst einmal war und ist es für uns eine tolle Anerkennung für das erste Jahr seit Bestehen Newniqs, zu unserer Arbeit und vor allem zu den Produkten unserer Designer. Das war ein toller Motivator! Für uns hat es große Auswirkungen. Wir profitieren von einem tollen Netzwerk, von Mentoren, die uns mit Rat und Tat zur Seite stehen und uns wertvolle Tipps und Denkanstösse geben. Zudem nehmen wir an regelmässigen Workshops teil, bei denen wir uns mit anderen Titelträgern FUNDSCENE

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austauschen können und so voneinander profitieren. Alles in allem für uns eine runde Sache und es gibt schon so ein paar Dinge, die schon bald auf Newniq ausgebaut werden. Man darf also gespannt sein! Crowdfunding und andere crowdbased Businesses haben sich in den vergangenen Jahren sprunghaft entwickelt. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung auf ihre Zukunftsfähigkeit und wie beurteilen Sie die Zukunft des Crowdbuying? Das ist in der Tat richtig, noch immer entwickelt sich crowdfunding weiter, mehr und mehr crowdbased businesses, mehr und mehr Foren und Austauschmöglichkeiten sowie Plattformen dazu entstehen. Wir glauben, dass das Prinzip crowdfunding zwar nicht mehr in den Kinderschuhen steckt, es aber noch viel Luft nach oben und weitere Wachstumschancen für crowdfunding businesses gibt. Crowdbuying hingegen und im Gegensatz zu crowdfunding sehen wir noch eher in den Startlöchern zumal wir bis dato keine vergleichbare crowdbuying Seite in Deutschland ausfindig machen konnten. Wir merken es auch am Feedback unserer

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Kunden und User, welches Potenzial in crowdbuying steckt und welche Entwicklungsmöglichkeiten uns jetzt schon in den Köpfen umherschwirren. Haben Sie selbst schon einmal an Crowdfunding zur Unternehmenserweiterung oder Finanzierung neuer Geschäftsfelder gedacht? Gedacht ja, Zeit um dies bisher umzusetzen nein. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren? Haben Sie neue Vertriebswege und/oder Entwicklungen im Ärmel? Ja, das haben wir in der Tat. Es sind aber eher kleine Erweiterungen, die in naher Zukunft anstehen, als große Veränderungen. Unserem Prinzip des Crowdbuyings für Designprodukte bleiben wir treu. Das ist unser Konzept und quasi unser Grundgerüst. Dennoch können wir uns vorstellen, noch mehr in Richtung „customization“ zu gehen um den Usern in Zukunft ein noch breiteres Angebot machen zu können.

Wir merken es auch am Feedback unserer Kunden und User, welches Potenzial in crowdbuying steckt und welche Entwicklungsmöglichkeiten uns jetzt schon in den Köpfen umherschwirren.


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Investieren ohne Grenzen Relaunch der österreichischen Crowdinvesting-Plattform CONDA: Ab sofort findet man Crowdinvesting-Projekte aus Österreich, Deutschland und der Schweiz vereint unter CONDA.eu. Die neue Internetpräsenz sticht durch ein neues Design und einfache Handhabung hervor. Damit erhält die Crowd noch mehr Möglichkeiten in innovative Unternehmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zu investieren. Ermöglicht wurde der Relaunch durch eine Kapitalerhöhung, es treten drei neue Investoren bei CONDA ein. Fotos: Anja Grundböck - PHOTOGRAPHY CONDA CEO Daniel Horak

Eine Seite statt vielen: Die österreichische Crowdinvesting-Plattform CONDA ist in Österreich, Deutschland und der Schweiz ab sofort unter der Domain CONDA.eu abrufbar. „Die Expansion in den DACHRaum war der erste Schritt unserer internationalen Strategie. Die neue, verbesserte Plattform und die europäische Domain sind nun der nächste logische Schritt, um Crowdinvesting in optimaler digitaler Form im In- und Ausland anbieten zu können“, sagt CONDA Co-Geschäftsführer Paul Pöltner. CONDA ist seit Dezember 2014 in der Schweiz und in Deutschland präsent.

CONDA hat als größte österreichische Crowdinvesting-Plattform und Marktführer seit März 2013 13 Crowdinvesting-Projekte erfolgreich abgeschlossen. Durch die Beteiligung von rund 1.500 Crowd-Investoren konnten bereits über 1,5 Millionen Euro finanziert werden. Plattform mit neuem Design und einfacher Handhabung Die neue Webseite sticht durch ein modernes Design und eine einfache Handhabung hervor. Auf der Plattform können sich Investoren noch aktiver untereinander austauschen und offene Fragen diskutieren. Dafür gibt es bei jedem CrowdinvestingProjekt den eigens dafür geschaffenen Bereich mit Fragen und Antworten. „Es ist sehr wichtig, bei Geldanlagen den Überblick zu bewahren. Deswegen ist die neue Seite neben dem anspruchsvollen Design auch viel transparenter für die Crowd-Investoren geworden. Mit CONDA.eu haben wir nun eine einzige Crowdinvesting-Plattform für alle drei Länder, in denen wir tätig sind“, erklärt Daniel Horak, CONDA Co-Geschäftsführer. Durch die transparent dargestellten Bewertungskriterien, kann der Investor die jeweiligen Projekte noch besser für sich bewerten sowie diese miteinander vergleichen. Aktuelle Projekte bei CONDA sind VIVALDI Tiernahrung, die Photovoltaik-Projekte von Clean Capital und crystalsol, der WOHNWAGON, Surf´n´Fries und die Autonomen Traktoren von PAS.

Außerdem gab es bei CONDA Ende 2014 eine Kapitalerhöhung, im Rahmen welcher ein hoher sechsstelliger Betrag ins Unternehmen eingebracht wurde. Dies hatte den Eintritt von drei neuen, erfahrenen Investoren in das Unternehmen zur Folge: Niko Alm, die BoYaSTAR GmbH sowie der ARAX Capital Partners GmbH. „Die Kapitalerhöhung war notwendig, um weiter wachsen zu können. Wir sind mit unseren neuen Investoren sehr glücklich und bestärkt, dass wir mit CONDA auch 2015 den richtigen Weg beschreiten werden“, erklärt Paul Pöltner abschließend. CONDA Co-CEO Paul Pöltner

Wachstum durch Kapitalerhöhung FUNDSCENE

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NEWS

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NEWS

Sonne und Wind

Energie aus einer Hand

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nter dem Dach der Green Energy 3000 Holding GmbH arbeiten deutsche und internationale Gesellschaften gemeinsam an der Energiewende. Neben dem Leipziger Stammsitz der Green Energy 3000 GmbH runden die Green Energy Zweigstellen in Tschechien, Bulgarien, Kasachstan und Frankreich gemeinsam mit der in Italien ansässigen Nissosolar S.R.L die europäische Präsenz ab. Bereits ab der ersten Planung bis zum Tag der Inbetriebnahme setzt das Team Maßstäbe im Termin- und Kostenmanagement. Die Green Energy 3000 GmbH ist ein Spezialist für die Entwicklung, technische Planung und Umsetzung von Windenergie – und Photovoltaikgroßanlagen. Sie entwickelt maßgeschneiderte Konzepte und Strategien zur nachhaltigen Erhöhung der Anlagenperformance. Bestandteil der Qualitätssicherung ist eine vollumfassende technische Dokumentation.Die Green Management 3000 GmbH ist unser zuverlässiger Partner für die Betriebsphase mit langjähriger Erfahrung für verschiedenste Anlagentypen. Sie übernimmt das Vertrags- und Versicherungs- und Rechnungswesen, erstellt sämtliche steuerliche Angelegenheiten und Jahresabschlüsse. Abgerundet wird unser Portfolio durch die Green Invest 3000 GmbH. Diese entwickelt ein ausgereiftes Sicherheitskonzept, analysiert Finanzierungsmodelle und gibt Investoren die Möglichkeit, sich an der nachhaltigen Energiegewinnung aus regenerativen Energien zu beteiligen um damit attraktive Gewinne zu erwirtschaften. Unsere Kompetenzen reichen von der Standortsuche über die hauseigene Projektentwicklung bis hin zur schlüsselfertigen Errichtung der Windenergie- und Photovoltaikgroßanlagen. Damit bietet die Green Energy 3000 Holding ihren Projektpartnern und Investoren ein fertiges Produkt aus einer Hand. Dies macht das Unternehmen zu einem einzigartigen international agierenden Unternehmen, hier in Leipzig.Die Unternehmensanleihe der Green Energy 3000 GmbH ist seit Anfang November am Markt. Das Volumen der Anleihe beträgt 8 Millionen Euro. Der Emissionserlös wird ausschließlich in die Umsetzung genehmigter und

anwaltlich geprüfter Wind- und Solarparks investiert. Der Investitionsschwerpunkt liegt aufgrund der deutlich kürzeren Liefer- und Montagezeiten auf Windund Solarparks der Größenordnung ab 3,5 MWp. Der Mittelrückfluss erfolgt nach Fertigstellung der Projekte und Veräußerung an Investoren. Die Anleihe ist daher nur mit einer kurzen Laufzeit ausgestattet und bietet eine attraktive Verzinsung von 6 Prozent pro Jahr. Die Green Energy 3000 GmbH hat im kommenden Jahr viel vor, den Ausbau erneuerbarer Energien. Bereits für Frühjahr ist der Spatenstich für den 4,6 MW Windpark in Kallmünz geplant. Der Windpark besteht aus 2 Windkraftanlagen, welche von Green Energy 3000 GmbH projektiert, geplant und realisiert werden. Beide werden für den direkten Erwerb inkl. aller Rechte angeboten. Die Anlagen werden jährlich die Menge an Strom produzieren, um den Bedarf an ca. 3260 Haushalten zu decken. Im zweiten Halbjahr 2015 sollen zwei weitere Photovoltaikprojekte in Brandenburg und Sachsen-Anhalt mit insgesamt 8,7 MWp gebaut werden. Nach erfolgreicher Realisierung des Windparkprojektes Saulces-Champenoises im letzten Jahr steht in Frankreich ein weiteres Projekt in den Startlöschern, ein 10 MWp großer Solarpark in der Auvergne. Weiterhin befinden sich 270 MW in unseren Kernmärkten Deutschland und Frankreich in Entwicklung. Das Anleihekapital verleiht der Green Energy 3000 GmbH zusätzliche Flexibilität, sich günstige Finanzkonditionen zu sichern und somit den Zeitraum der Projektumsetzung zu verkürzen. Nach der Fertigstellung der Projekte werden diese mittelfristig an einen oder mehrere Investoren verkauft. Rückzahlansprüche der Anleihegläubiger und Zinszahlungen werden durch Projektveräußerungserlöse beziehungsweise zwischenzeitlich laufende Einspeiseerlöse abgedeckt.Gründer und Geschäftsführer Andreas Renker ist bereits seit 20 Jahren erfolgreich im Markt der erneuerbaren Energien tätig. In der 10-jährigen Firmengeschichte hat das ständig wachsende Portfolio der Green Energy 3000 GmbH bereits dazu beigetragen, mehr als 45.000 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom zu versorgen und der Umwelt den Ausstoß von über 110.000 Tonnen an CO2 zu ersparen.

Bereits ab der ersten Planung bis zum Tag der Inbetriebnahme setzt das Team Maßstäbe im Termin- und Kostenmanagement. FUNDSCENE

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Das weltweit erste faire und nachhaltige Kondom in einer einzigartigen Verpackung. Einhörner sind Das edelste aller Fabeltiere

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Wie kam es zu der Idee mit Einhorn und was hat es mit dem Namen auf sich? Einhörner sind Das edelste aller Fabeltiere und stehen in ihrer Gesamtheit ausnahmslos für das Gute. Als Namensgeber wollen wir zeigen, dass mit einhorn Condoms entscheidet man sich für das Gute. Für guten Sex, für ein gutes Gewissen und guten Geschmack. Außerdem gelten „unicorn businesses“ als die Hauptziele aller Startups – nämlich eine Milliardebewertung zu erreichen. Wir wollen ein „Social-Unicorn“ gründen und den Kondommarkt erobern.

Wie können Sie faire und nachhaltige Kondome garantieren? Wo werden die Kondome gefertigt? Es wird eine Dokumentation auf der einhorn Website unter www.einhorn.my geben. Außerdem weist unser Fairstainable Siegel den Fortschritt aus indem wir zeigen wie fair und nachhaltig schrittweise zeigen (z.B. mit 10 Procent). Mit dem Geld haben wir die Gründung einer Kooperative mit deutschen Wissenschaftlern vor, um weltweite Standards für den nachhaltigen Anbau von Kautschuk mit einem „Fairstainable“-Siegel festzulegen. Die Kondome werden in Malaysia von Richter Rubber produziert. Der Klaus Richter gilt als


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Urgestein der Kondomherstellung und sein Großvater hat gesamte die Maschinen für Kondomherstellung selbst erfunden. Die Maschinen sind komplett nach Deutschen Standards gefertigt und sind von höchster Qualität, einzeln geprüft. Warum haben Sie sich für eine Crowdfunding Kampagne entschieden? Wie haben Sie sich auf die Crowdfunding Kampagne vorbereitet? Wir haben für Crowdfunding entschieden, weil dadurch ist man nicht abhängig von traditioneller Investoren und damit kann man selbst entscheiden, wo die Profite gehen. Wir reinvestieren 50% der Profite zurück in soziale und ökologische Projekte. Deshalb wollen wir unsere Unabhängigkeit sichern damit wir vergewissern können, dass das Geld wirklich einen „Social-Impact“ hat. Wo sehen Sie für sich die Vorteile der Crowdfunding Finanzierung? Es ermöglicht den Konsument direkt für eine gute Sache zu entscheiden und damit den Mittelsmann entfernt. Als Gründer hat man mehr Spielraum und ist nicht abhängig von anderen Geldgeber die mitentscheiden wollen. Warum sollte man in Ihr Projekt investieren? Fast jeder kauft Kondome. Ab jetzt kann man mit einhorn dabei auch noch etwas Gutes tun: Denn einhorn setzt sich für faire Konditionen bei der Produktion ein – für Mensch und Natur - und reinvestiert zudem 50 Prozent der Gewinne in gemeinnützige Projekte. einhorn revolutioniert den Kondommarkt – denn einhorn Kondome sind genauso sicher wie alle bereits im Handel erhältlichen Kondome, aber sie machen mehr

Spaß, sind etwas günstiger, sehen von außen hübscher aus und geben beim Kauf auchnoch ein gutes Gefühl. Sie haben nach kurzer Zeit die Fundingschwelle erreicht. Hätten Sie damit gerechnet? Wie ist das bishere Feedback aus der Crowd? Wir haben damit nicht gerechnet und sind wahnsinnig begeistert von dem Feedback. Wir haben gewusst, dass wir eine gute Sache antreiben und damit sind sehr stolz wie es bisher gelaufen hat. Aus der Crowd haben wir nur Begeisterung und Gutes zu hören. Manche sind sehr beeindruckt von dem Ansatz und wir glauben, dass die Mischung von soziale Verantwortung und Lifestyleprodugt gut ankommt. Die meisten haben sich auch über unseren Video krumm gelacht. Was wir ziemlich super finde, weil es geht auch um Spaß und sicheren Sex. Wo wird man die Kondome nachher kaufen können? Voraussichtlich werden die einhorn Kondome ab April/ Mai online auf www.einhorn.my sowie on- und offline bei wenigen ausgewählten Partnern erhältlich sein. Einhorn wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Wenn wir wirklich die 300.000 € knacken dann sehen starten wir den Kauf von einhorn Kondomen in weiteren europäischen Ländern. Danach geht es in die USA um dort den Markt zu erobern. In 5 Jahren sehen wir uns als Marktführer von Kondomen, die eine gute Diskussion über sexuelle Aufklärung gestartet hat und damit hoffentlich die herrschende Darstellung von Kondome als „Sham-Produkt“ in ein alltägliches „Lifestyle-Produkt“ verändert hat. Damit wollen wir die Welt ein bisschen verändern.

Wir haben für Crowdfunding entschieden, weil dadurch ist man nicht abhängig von traditioneller Investoren und damit kann man selbst entscheiden, wo die Profite gehen.

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Design your Shoes

Das Unternehmen Jaimie Jacobs aus München ist der Spezialist für individuelle Lederschuhe. Männer und Frauen können unter www.jaimiejacobs.de Schuhe eigenhändig gestalten, die es kein zweites Mal gibt

Neben sehr guten Coachingund Mentoring-Sessions erhält man als Teil des ProSiebenSat.1 Accelerators von Tag eins an Zugang zum mächtigen Netzwerk des ProSiebenSat.1 Konzerns.

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Wie ist die Idee zu Jaimie Jacobs entstanden, wann wurde Jamie Jacobs gegründet und wie haben Sie sich als Gründerteam zusammengefunden? Jaimie Jacobs wurde Anfang 2013 gegründet. Die Idee dafür entstand allerdings schon deutlich früher. Unsere Mitgründerin Claudia Kieserling hat vor ca. 20 Jahren die Selve AG gegründet. Selve produziert und verkauft seit dem Schuhe zum Selbstdesignen offline in einer Boutique in München. Claudia und das restliche Gründer-Team haben sich über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt und in mehreren Treffen ausgiebig über das Produkt diskutiert. Schnell wurde klar, dass ein riesen Potenzial für dieses erfolgreiche Geschäftsmodell im Online-Umfeld besteht. Kurz darauf wurde Jaimie Jacobs gegründet, um gemeinsam dieses Potential zu heben.

Jaimie Jacobs wird seit 2014 von ProSiebenSat.1-Accelerators unterstützt. Wie wichtig ist es für ein Startup Unternehmen, so einen Partner an der Seite zu haben? Für uns ist es sehr wichtig, ProSiebenSat.1 als Partner zu haben. Neben sehr guten Coaching- und Mentoring-Sessions erhält man als Teil des ProSiebenSat.1 Accelerators von Tag eins an Zugang zum mächtigen Netzwerk des ProSiebenSat.1 Konzerns. Egal ob intern oder extern, egal ob Praktikant oder Top-Management, wenn man mit jemanden aus dem Netzwerk in Kontakt treten will, dann wird dies ermöglicht. Dies sehen wir als enormen Vorteil – da es eben doch sehr oft vor Allem auf die richtigen Kontakte ankommt. Warum haben Sie sich jetzt für eine Crowdinvesting


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Finanzierung entschieden? In 2015 möchten wir den Marketing-Rollout im deutschsprachigen Raum starten. Darüber hinaus wollen wir unser Produktportfolio erweitern. Dafür benötigen wir Kapital. Crowdinvesting ist für uns zum aktuellen Zeitpunkt eine ideale Möglichkeit um Kapital zu bekommen. Wo sehen Sie für sich die Vorteile eine Crowdinvesting Finanzierung? Wir halten Crowdinvesting für eine sehr spannende Investmentform. Abgesehen von der Finanzierung bietet uns diese Art der Kapitalbeschaffung die Möglichkeit eine Community, um unser Produkt herum aufzubauen. Jeder Investor ist nicht nur gleichzeitig ein potenzieller Kunde, sondern auch ein Multiplikator der Jaimie Jacobs in seinem Netzwerk bewirbt. Somit erhält man nicht nur Kapital, sondern auch beachtliche Marketing-Effekte. Warum sollte man in Jaimie Jacobs investieren und was erhält der Investor? Mit Jaimie Jacobs möchten wir die führende Fashion Brand für individualisierbare Lederprodukte in Europa werden und Konsumenten die Möglichkeit geben, ihre

Einzigartigkeit durch individualisierbare Produkte zum Ausdruck zu bringen. Dass solche Angebote sehr gut am Markt angenommen werden, haben bereits einige Unternehmen, wie NikeiD, Levi’s bespoke, mymuesli oder Spreadshirt bewiesen. NikeiD ist dabei so erfolgreich, dass dieser Geschäftsbereich bereits knapp 70% der online Verkäufe des Nike online Stores darstellt. Auch für den Bereich Lederschuhe besteht großes Potential. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company sind 30% aller Online-Shopper sehr interessiert an Produktindividualisierung und möchten solche Angebote gerne in Anspruch nehmen. Als Investor hat man die Möglichkeit an dieser Erfolgsgeschichte teilzuhaben und davon zu profitieren. Je nach Investment-Summe bieten wir auch Prämien wie ein paar kostenlose Schuhe zum Selbstdesignen. Jaimie Jacobs, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? In fünf Jahren möchten wir der Marktführer in Europa für individualisierbare Lederprodukte sein. Neben Schuhen möchten wir u.a. auch Gürtel, Geldbeutel, Taschen und andere Lederprodukte zum Selbstdesignen anbieten.

In fünf Jahren möchten wir der Marktführer in Europa für individualisierbare Lederprodukte sein.

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Außergewöhnliche Kunst zu erschwinglichen Preisen Pablo & Paul ist eine Plattform für zeitgenössische Kunst mit Sitz in München (www.pabloundpaul.de), die Kunst zu erschwinglichen Preisen kuratiert, präsentiert und verkauft. Das Portfolio umfasst die Arbeiten junger und renommierter Künstler. Wie ist die Idee zu Pablo & Paul entanden, wann wurde Pablo & Paul gegründet und was waren in der Gründungsphase die größten Herausforderungen? Pablo & Paul zu gründen war für meinen Mitgründer Christoph Buchmann und mich eine Kopf- und Herzessentscheidung zugleich: Es war die Gelegenheit, eine vielversprechende Geschäftsidee mit unserer Begeisterung für Kunst zu kombinieren. Der Nukleus der Idee lag in einer geselligen Runde mit befreundeten Gründern. Ich hatte gerade ein Kunstwerk erworben und erzählt, wie schwierig es war, eine Galerie mit einzigartigen und erschwinglichen Kunstwerken zu finden. Dann kam eins zum anderen und schließlich haben wir im Sommer 2013 Pablo & Paul ins Leben gerufen. Eine der größten Herausforderungen in den ersten Monaten war der Aufbau eines gründungsspezifischen Netzwerkes. Glücklicherweise konnten wir während unserer Zeit am Entrepreneurship Center der Ludwig-Maximilians Universität München und im Rahmen des EXIST-Gründernetzwerkes wertvolle Kontakte knüpfen, sei es zu anderen Gründern, Business Angels oder Unternehmern. So haben wir beispielsweise unseren IT-Partner über eine andere Gründerin kennengelernt.

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Was ist das Besondere an Pablo & Paul, wodurch unterscheiden Sie sich von Mitbewerbern? Wir machen den Zugang zu Kunst simpel. Pablo & Paul ist die neue Plattform für exklusive und erschwingliche Kunst. In unserem Online Shop und Shop-in-Shop findet jeder das besondere Etwas für seine Wand. Aus dem großen Angebot an zeitgenössischer Kunst wählen wir einzigartige Malereien, Zeichnungen, Fotografien, Druckgrafiken und Mixed Media-Arbeiten (Künstler verwenden verschiedene Materialen wie Papier, Metall, Vinyl etc.) aus und bieten sie zum Kauf über unsere Plattform an. Wir legen Wert auf hochwertige Qualität und Exklusivität der Kunstwerke. Die Käufer erhalten so bei Pablo & Paul den Zugang zu Unikaten und exklusiven Editionen, also limitierten Auflagen. In unserem Shop-in-Shop können Interessierte auf sehr großen Touchscreens Kunstwerke ansehen und kaufen. Die Navigation der Touchscreens erfolgt über intuitive Gesten- und Icon-Steuerungen, die bis dato in dieser Form in Ladengeschäften nicht existieren. So macht das Stöbern nach Kunstwerken Spaß und ist kinderleicht. Wir schaffen ein neues Einkaufserlebnis für Kunst.

Es war die Gelegenheit, eine vielversprechende Geschäftsidee mit unserer Begeisterung für Kunst zu kombinieren.


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Wir sind stolz, mit ProSiebenSat.1 eines der führenden europäischen Medienhäuser als Investor an Bord zu haben.

Pablo & Paul wird seit 2014 von ProSiebenSat.1-Accelerators unterstützt. Wie wichtig ist es für ein Startup Unternehmen so einen Partner an der Seite zu haben? Wir sind stolz, mit ProSiebenSat.1 eines der führenden europäischen Medienhäuser als Investor an Bord zu haben. Somit haben wir exklusiven Zugang zu Experten in den Bereichen PR, Marketing, und Finanzierung. Weniger als 2 Prozent der Unternehmen, die sich bewerben, werden in den Accelerator aufgenommen, d.h., es findet eine strenge Auswahl nach attraktiven und nachhaltigen Geschäftsmodellen statt. Das hat natürlich eine starke und positive Signalwirkung für potenzielle Kooperationspartner und Investoren. Warum haben Sie sich jetzt für eine Crowdinvesting Finanzierung entschieden? Nach dem gelungenen Start unseres Geschäftsmodells, gilt es jetzt für uns schnell zu wachsen, um unser Künstlerportfolio als auch unsere Bekanntheit zu steigern. Wir glauben, dass das große gesellschaftliche

Interesse an zeitgenössischer Kunst uns dabei begünstigt, via Crowd-Investment diesen nächsten Schritt zu meistern. Wo sehen Sie für sich die Vorteile eine Crowdinvesting Finanzierung? Sehr viele Menschen - rund 29 Millionen in Deutschland - begeistern sich für Kunst. Mit Pablo & Paul machen wir den Zugang zu Kunst simpel, denn exklusive Kunst muss nicht teuer sein oder den Besuch einer Kunstgalerie erfordern. Das passt aus unserer Sicht sehr gut mit dem Crowd-Ansatz zusammen. Alle unsere Investoren tragen mit Ihrem Investment dazu bei, dass wir mehr Menschen Kunst einfacher zugänglich machen können. Wir freuen uns, wenn unsere Crowd-Investoren als Markenbotschafter unsere Vision mit anderen teilen. Warum sollte man in Pablo & Paul investieren? Pablo & Paul ist im aktuellen Wettbewerbsumfeld einzigartig positioniert. Wir fokussieren uns auf erschwingliche Unikate und exklusive Editionen, sind online und offline präsent und bieten persönliche Beratung. Kein Wettbewerber vermittelt aktuell glaubhaft die Ambition für eine solche Plattform. Wir brennen für unsere Idee, verfügen über große Handels- und Kunstexpertise und sind stark in der Umsetzung. Pablo & Paul, wo geht der Weg hin? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Wir sind auf dem Weg Pablo & Paul zur führenden Marke für junge, exklusive und erschwingliche Kunst zu entwickeln. Wir wollen der Partner für die Talente von heute und die Stars von morgen sein. Wir schaffen mit unserem Serviceangebot Freiräume für Künstler, die sich dadurch dem widmen können, was sie einzigartig macht: Ihrer Kunst.

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KARRIERE

Nur wer den Hintern hochkriegt, kann durchstarten von Peter Brandl

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“ Was bereits der Philosoph Seneca den Menschen attestierte, hat sich seit den Zeiten der alten Römer nicht groß geändert. Es ist nicht immer leicht, eine Entscheidung zu fällen. Aber deswegen gar nichts zu tun macht es auch nicht besser. Je länger wir zaudern, umso unüberwindbar erscheint uns die Kluft, die sich vor unseren Füßen auftut.

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KARRIERE

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aben Sie schon mal Kinder im Schwimmbad beobachtet, die gefühlt stundenlang auf dem Sprungturm stehen und hinunter starren? Sie springen nicht, klettern aber auch nicht wieder runter. Sie sind völlig gefangen in der Situation und haben ausgeblendet, dass jetzt der Moment gekommen ist, eine Entscheidung zu treffen. Sie frieren und zittern, während die anderen im Wasser einen Mordsspaß haben. Selbst wenn wir inzwischen erwachsen sind – tief in unserem Inneren ist immer noch dieses Kind. Entscheidungen empfinden wir als äußert unangenehm, weil sie uns aus unserer liebgewonnenen Routine herausreißen. Denken Sie morgens darüber nach, welchen Weg Sie zur Arbeit nehmen? Nein, denn Sie haben wahrscheinlich zu Beginn verschiedene Strecken ausgetestet sich für eine entschieden. Damit ist die Sache vom Tisch. Warum das so ist? Weil für alle unsere Entscheidungen das Trägheitsgesetz gilt. Sie lässt uns alle tagtäglich bekannten, ausgetretenen Pfaden folgen. Unsere einmal getroffene Meinung steht fest, also verschwenden wir keine Gedanken mehr an mögliche Änderungen oder gegenläufige Möglichkeiten. Dabei handelt es sich um einen einfachen Trick unseres Gehirns: sekundäre Rationalisierung. Mit nachträglichen Begründungen plausibilisiert es unsere getroffenen Entscheidungen. Wir alle tun es, ohne dass es uns überhaupt bewusst wird. Sie haben im Restaurant einen Salat bestellt? Während Sie auf Ihr Essen warten, schießen Ihnen garantiert Gedanken wie „Das ist ja auch viel gesünder!“ und „Nach einer Portion Nudeln bin ich viel zu träge!“ durch den Kopf. Alle Menschen folgen mehr oder minder diesem Mechanismus, von klein auf. Er hilft uns, die Komplexität unserer Welt zu verringern und gibt uns ein Gefühl von Sicherheit. Es führt aber auch dazu, dass wir bestimmte Dinge einfach nicht sehen wollen und die Augen davor

verschließen, obwohl eine Entscheidung unumgänglich ist. Wir ignorieren sie und blenden sie aus, obwohl bereits alle Alarmglocken läuten und wir unweigerlich auf den Crash zusteuern. Ein weiterer Grund, keine Entscheidung zu treffen, ist Angst, die sich in verschiedenen Gewändern zeigen kann: •Die Angst, Vertrautes und Erfolgreiches loszulassen •Die Angst, ein Risiko einzugehen, wo doch alles gerade so gut funktioniert •Die Angst, Verantwortung zu übernehmen Sie sinnieren seit Tagen darüber nach, ob Sie das verlockende Jobangebot annehmen sollen und sind noch keinen Schritt weitergekommen? Fragen Sie sich an dieser Stelle, welche Angst es ist, die Sie zurückhält. Was würden Sie tun, wenn Sie keine Angst hätten? Damit sind Sie der Lösung bereits auf der Spur. Das Leben hat weder Sicherheitsnetz noch doppelten Boden „Wenn ich den Job annehme, muss ich umziehen … aber ich verdiene mehr und habe mehr Verantwortung … aber bin ich den Anforderungen wirklich gewachsen?“ Egal wie lange Sie das Für und Wider abwägen: Es wird immer ein Restrisiko geben. Eine Entscheidung ohne Risiko ist keine Entscheidung. Eine Entscheidung braucht Mut. Klar kann das auch schief gehen – aber was soll’s! Dann können Sie wenigstens von sich sagen, dass Sie es versucht haben. Wenn Sie erst darauf warten, dass alle Unklarheiten beseitigt sind, stehen Sie bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag dort oben auf dem Sprungturm. Und es gibt Momente im Leben, in denen

„Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.“ FUNDSCENE

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Sie nicht so lange Zeit haben. Sicher erinnern Sie sich an Chesley B. Sullenberger. Seiner schnellen Entscheidung haben die 155 Insassen des US-Airways-Fluges 1549 ihr Leben zu verdanken. Anstatt darüber zu lamentieren, warum ausgerechnet ihm so etwas passieren musste, hat er entschieden, die Maschine nach dem Aussetzen der Triebwerke auf dem Hudson River notzuwassern. Natürlich hätte es auch schiefgehen können. Wenn er aber gar nichts unternommen hätte, wäre das Flugzeug in die Häuserschluchten Manhattans gestürzt und hätte neben den Insassen noch viele weitere Menschen in den Tod gerissen. Manche glauben, er hätte einfach Glück gehabt. Das stimmt zu einem gewissen Grad auch. Aber seine beherzte Entscheidung hat dem Glück erst die Tür geöffnet, das so viele Leben gerettet hat. Wer nichts tut, macht keine Fehler Ein weiterer Entscheidungsverhinderer ist unsere Angst, Fehler zu machen. „Wenn ich nichts unternehme, kann ich nicht falsch machen.“, glauben viele. Ein fataler Irrtum, aber herrlich bequem: Die Legitimation kommt frei Haus. Wenn wir nichts tun, und alles geht den Bach herunter, können wir den schwarzen Peter ganz prima den anderen, den Umständen oder gar dem Schicksal zuschieben, und uns als Opfer fühlen. Wie beruhigend. Auf die Idee, dass es doch eine Chance gab, kommen wir gar nicht. Das soll jetzt nicht heißen, dass Sie auf Teufel komm raus auf Risiko gehen sollen. Aber die Vorsicht, die zum Nichtstun zwecks Fehlervermeidung führt, ist der schlimmste Feind unserer persön-

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lichen Weiterentwicklung. Gut ist hingegen der Mut, Fehler zu machen, aber mit Weitsicht und dosiertem Risiko. Gut sind Fehler, die überlebbar sind, denn sie schärfen unseren Blick und lassen uns etwas lernen. Wer entscheidet, akzeptiert die Fehler, die unvermeidbar zum Leben gehören, und hat gelernt, Vorteile aus ihnen zu ziehen. Nepper, Schlepper, Bauernfänger Klingt ja eigentlich gar nicht so schwer. Allerdings dürfen wir nicht die Tricks unseres Gehirns außer Acht lassen, die uns auf eine Art Autopilot schalten. Nur wenn wir sie enttarnen, können wir uns bewusst und autonom entscheiden: 1. Das Prinzip der Kohärenz: Menschen neigen dazu, ein Leben aus einem Guss leben, alle losen Enden zu einem großen Ganzen verbinden zu wollen. Diesem Wunsch ordnen sie alles unter, auch wenn ein Verstoß gegen dieses Prinzip einen erfolgreichen Umbruch einleiten könnte. Jede neue Idee wird nicht danach beurteilt, wie erfolgsträchtig sie ist, sondern nur danach, wie gut sie ins vertraute Muster passt. So verschenken wir Chancen und übersehen Risiken. Es ist an der Zeit, auch mal neue Pfade einzuschlagen! 2. Sekundäre Rationalisierung: Sie greift da, wo wir Zweifel nicht zulassen wollen. Wenn wir uns dazu entschieden haben, das neueste iPhone zu kaufen, blenden wir die Alternativen einfach aus. Mit Gedanken wie „Bei dem Preis bekomme ich echte Qualität!“ und „Das hält garantiert viel länger als ein Samsung!“ bestätigen wir


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uns selbst darin, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Gleichzeitig verhindern wir so aber auch die Korrektur, wenn sich das Telefon etwa doch als reparaturanfällig und gar nicht so toll erweist. Anstatt dann von unserem Glauben abzuweichen, reden wir uns ein, dass das sicher nur ein Zufall war oder dass wir ein „Montagsmodell“ erwischt haben. 3. Der Halo-Effekt: Halo heißt Heiligenschein. Der Effekt sorgt dafür, dass wir die Folgen einer möglichen Entscheidung durch eine rosa Brille sehen. Sie kaufen Ihr Brot gerne bei einem bestimmten Bäcker? Dann werden Sie mit nahezu 100 prozentiger Wahrscheinlichkeit auch dort Ihre Brötchen kaufen und diese ebenfalls lecker finden. Obwohl realistisch betrachtet die bei einem anderen Laden viel knuspriger sind. Es ist schlicht und ergreifend einfacher anzunehmen, dass beim Bäcker Ihrer Wahl alles am besten ist. Das spart viel Energie und Zeit. Sowohl beim Nachdenken als auch beim Einkaufen. Einerseits haben diese Prinzipien etwas Gutes. Sie verhindern, dass wir herumeiern, wenn es etwas zu entscheiden gibt und uns ewig den Kopf zerbrechen. Andererseits machen sie auch kritiklos und verstellen den Blick auf die Fußangeln, die eine Entscheidung mit sich bringen kann. Hier heißt es, wachsam bleiben und alles im Hinblick auf diese Effekte zu hinterfragen. Aus Fehlern lernen – denn dazu sind sie da Wer handelt, nimmt Fehler „billigend“ in Kauf. „Billi-

gen“ heißt, Misserfolge zu akzeptieren, obwohl man natürlich prinzipiell erfolgreich sein möchte. Fehler haben auch etwas Gutes, denn sie liefern uns eine Rückmeldung. Wenn wir Glück haben, können wir die Situation noch retten und eine Lehre aus ihr ziehen. Aber das müssen wir auch konsequent tun und nicht nur reden. „Aus Schaden wird man klug“ ist nicht nur eine tröstliche Floskel. Der Satz fordert zum Handeln auf. Gute Vorsätze und bunte Willensbekundungen schaffen allein keine Ergebnisse. Entscheidungen zu treffen bedeutet, auch von ihren negativen Folgen profitieren zu wollen. Wichtig im Umgang mit Fehlern ist es, ihnen schonungslos ins Gesicht zu sehen und jede nur mögliche Erkenntnis aus ihnen zu extrahieren. Das mag Disziplin erfordern und bisweilen schmerzhaft sein. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Außerdem von großer Bedeutung: Abhaken, und zwar so bald wie möglich, nachdem wir unsere Lehren gezogen haben. Was nutzt es uns, wenn wir uns jeden Tag neu für etwas bestrafen, das wir nicht mehr ungeschehen machen können? Wirkliche Verantwortung heißt nicht, den Rest unserer Tage zu wehklagen, sondern es beim nächsten Mal anders und besser zu machen.

Was nutzt es uns, wenn wir uns jeden Tag neu für etwas bestrafen, das wir nicht mehr ungeschehen machen können?

Peter Brandl: Laut Zeitmagazin einer der erfolgreichsten Kommunikationsprofis, (ehemaliger) Berufspilot, Unternehmer, Fluglehrer und mehrfacher Autor. Seit über 20 Jahren und mit mehr als 3000 Veranstaltungen gehört er zu den außergewöhnlichsten und gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. In seinen Vorträgen werden aus Passgieren Piloten – im Beruf wie im Privaten. www.peterbrandl.com

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VORSCHAU

Impressum Herausgeber: Ulrich Träm - Markus Elsässer Chefredakteur: Ulrich Träm (V.I.S.D.P.) Stellv. Chefredakteur: Sabine Elsässer Redaktion: Pamina Fabienne Elsässer

CROWDDAY 2015 Ein Tag für die Crowd

Autoren in diesem Magazin: Peter Brandl, Pamina Fabienne Elsässer, Ulrich Träm, Sabine Elsässer Geschäftsführer: Sabine Elsässer Verlag: Elsäßer UG (haftungsbeschränkt) Waldblickstr. 40 - DE-75245 Neulingen Registergericht: Amtsgericht Mannheim Registernummer: HRB 706231 Ust-Ident-Nummer:DE264671277 ISSN: 2364-138X Tel.: +49 (0)72374868197 E-Mail: pr@fundscene.com

Herbert Rohrmair-Lewis Bundesvorsitzender der Jungen Wirtschaft

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Stefan Dederichs Nur wer abschließt, hat verkauft

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Web: www.fundscene.com E-Mail: pr@fundscene.com Die Inhalte des FUNDSCENE Magazines sind urheberrechtlich geschützt, alle Rechte liegen beim Verlag Elsäßer UG (haftungsbeschränkt) Vervielfältigung oder Nachdruck bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages.

Anzeigen- und Redaktionsschluss ist der 02. April 2015

Isabel Jansen Nordstarter

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Die nächste Ausgabe des FUNDSCENE MAGAZINES erscheint am 30. April 2015


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