TRASH INTERVIEW
Karin Berger
TRASH INTERVIEW Kalligrafie ist die Kunst des „Schönschreibens“ von Hand (Chirografie), mit Federkiel, Pinsel, Filzstift oder anderen Schreibwerkzeugen. Das Ansehen der Kalligrafie ist in der Kulturgeschichte überall dort gegeben, wo das Abschreiben heiliger Texte selbst als sakraler Vorgang eingestuft wird. Noch heute ist auch für die chinesische und japanische Schriftkultur die Kalligrafie wichtig und inspirierend. Wichtiger als die Leserlichkeit ist dabei die Erzielung perfekter ästhetischer Ausgewogenheit und das Sichtbarmachen von Emotionen. Viele Kalligrafen verweisen auf den fast meditativen Charakter ihrer Arbeit:
„Die Ruhe dieser Arbeit erfüllt das ganze Wesen mit einer umfassenden Zufriedenheit, wo Zeit und Raum, für kurze Zeit wie weggewischt, uns nicht mehr kümmern noch belasten.“ - Andreas Schenk
Ein altes und ansehnliches Handwerk, das künstlerisch auch sehr vielseitig ist, gehört für Karin Berger zu einer beinahe meditativen Tätigkeit. Die Vorarlbergerin ist gelernte Grafikerin und nach ihrem Designstudium entwickelte sich diese Vorliebe immer mehr zu einer Leidenschaft. Bianca: Wenn ich Kalligrafie höre, denke ich gleich an etwas sehr Altes und Gehobenes. Ich sehe etwas poetisches von Shakespeare oder einen König, der seine Unterschrift unter einen Vertrag auf Pergament setzt. Wie bist du auf diese Kunstform gestoßen? Karin: Auf die moderne Kalligrafie, wie ich sie ausübe, bin ich schon vor 2-3 Jahren gestoßen. Künstler in Amerika haben mich mit dieser modernen Art Kalligrafie auszuüben fasziniert. Das faszinierende für mich ist, TRASH KARIN BERGER
TRASH KARIN BERGER
TRASH INTERVIEW
TRASH INTERVIEW dass jeder Buchstabe unterschiedlich sein darf - im Gegensatz zur gesetzten Schrift, die mir im Alltag als Grafikerin tagtäglich über den Bildschirm flattert. Mit der modernen Kalligrafie hat man die Möglichkeit, jeden einzelnen Buchstaben individuell zu gestalten bzw. der Kreativität im Schreibfluss freien Lauf zu lassen. So ist jedes Wort für sich ein „Bild“ wie man es mit einer gesetzten (kalligrafischen) Schrift nie erreichen kann. Nachdem ich die moderne Kalligrafie über einige Jahre bei amerikanischen Künstlerinnen beobachtet habe, packte mich die Neugier es selbst auszuprobieren. Mittlerweile habe ich auch in Europa den einen oder anderen Künstler gefunden, der die moderne Kalligrafie als Steckenpferd hat - jeder mit seinem eigenen Stil. Bianca: Worte sind oft etwas sehr magisches und wenn diese richtig eingesetzt werden, können sie einen tief berühren. Gibt es bei dir manchmal Momente oder Aufträge, wo du über das geschriebene Wort nachdenkst? Karin: Auf jeden Fall. Das geschriebene Wort oder Satz wird so kalligrafiert, dass es zusammen ein großes Ganzes ergibt - ein Bild - es steht auch nicht die Leserlichkeit im Vordergrund, sondern die Harmonie der Komposition der Buchstaben. Je nachdem was kalligrafiert wird, kann durch die Komposition die Bedeutung des Geschriebenen unterstützt werden. Bianca: Buchstaben brauchen bei Kalligrafie doch gewisse Schwünge. Werden diese von dir auch mal verändert, oder gibt es da gewisse Regeln? Karin: Bei der modernen Kalligrafie darf alles sehr frei gestaltet werden - es muss einfach fließen. Genau das ist das was mich bei der modernen Kalligrafie im Gegensatz zur althergebrachten oder zB klas-
TRASH KARIN BERGER
sischen englischen (Copperplate) Schreibschrift - die sehr streng und gleichmäßig sein muss - am meisten Spass macht. Kein Buchstabe oder Schwung ist gleich wie der andere, jeder Künstler, der moderne Kalligrafie betreibt hat seinen eigenen Stil und seinen eigenen „Regeln“ - so entsteht auch ein individueller Wiedererkennungswert. Bianca: In der Schule habe ich es geliebt mit Füllfeder zu schreiben und war von jeder Neuen sehr angetan, weil sie alle anders waren. Komischerweise hat sich meine allererste Lammy immer durchgesetzt. Hast du eine Lieblingsfeder bzw. kann man dir mit einer Feder als Geschenk noch eine Freude bereiten? Karin: Eine Lieblingsfeder habe ich nicht - da je nach Tintenkonsistenz und verwendetem Papier zunächst die richtige Kombination mit einer Feder gefunden werden muss - nicht alles passt zusammen. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Federn, die für die moderne Kalligrafie geeignet sind. Es werden zwar immer noch „neue“ Federn produziert, aber am faszinierendsten sind einfach die wirklich alten, antiken Federn, die man ab und zu auf Flohmärkten oder in gut sortierten Fachgeschäften findet. Da halte ich immer meine Augen offen.
TRASH KARIN BERGER
TRASH INTERVIEW
TRASH INTERVIEW
Bianca: Irgendwann kommt doch jeder Hobbykünstler an einen Punkt, wo man sein geschaffenes Handwerk nicht nur Freunden oder der Familie präsentieren will, sondern auch auf die Meinungen anderer gespannt ist. Wie hat es bei dir und „Fingertips Calligraphy“ begonnen? Karin: Wie vorhin schon erwähnt, habe ich zunächst Blogs einiger Künstlerinnen in Amerika verfolgt und war von Anfang an sehr fasziniert von den kreativen Werken. Eines Tages war meine Neugier so groß, dass ich es mir nach einer spannenden Recherche durch verschiedene Blogs, Foren etc. quasi in Eigenregie selbst beigebracht habe. Aller Anfang ist schwer - am Beginn war es gar nicht so einfach nicht die Motivation zu verlieren, da es schon einiges an Übung abverlangt hat, bis ich ansatzweise von meinem Ergebnis überzeugt war. Und nun bin ich seit mittlerweile einem Jahr damit nebenberuflich selbständig und darf mit meinem kleinen aber feinem Handwerk Kundenaufträge umsetzen. Bianca: Deine Zukunft mit Tinte, Feder und Special Effects, was sind deine Wünsche und Träume? Karin: Ich wünsche mir für die Zukunft, dass ich noch viele Menschen mit meinen kalligrafischen Werken berühren kann und sie für die Entwicklung von Corporate Designs und Hochzeitspapeterie zum Einsatz kommt. Des weiteren plane ich auch Einsteiger-Workshops zu geben, damit sich die Faszination moderne Kalligrafie auch in unseren Breitengraden verbreitet und an Anhänger gewinnt. TRASH KARIN BERGER
TRASH KARIN BERGER
TRASH INTERVIEW
TRASH FASHION
glacier
TRASH KARIN PETER BERGER POPPS
TRASH FLAMINGO glacier TRASH