Filmdienst 26 2015

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J.J. aBrams

fIlM DIenst Das Magazin für Kino und Filmkultur

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der schillernde fernsehund kinokosmos des akuellen „Star Wars“-Regisseurs

atom egoyan erinnerung an den holocaust: Der kanadische Regisseur über seinen neuen Film „Remember“

BettIna reItZ „wie hole ich den interessierten ins kino?“ Die Präsidentin der Filmhochschule München im Gespräch

Kirschblüten und rote bohnen neu im kino: ein anrührendes drama um wissen, erfahrung und die kunst, den dingen ihre zeit zu lassen.

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24. Dezember 2015 € 5,50 68. Jahrgang

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filmdienst 26 | 2015 kinotipp

der katholischen Filmkritik

10 star wars: die serie (4): J.J. abrams 41 die melodie des meeres Meisterlicher Animationsfilm über Verlust und Trauer, zuneigung und Solidarität

neu im kino + 45 49 47 43 39 37 38 47 41 36 48 46 47 40 42 44 47 45

ALLE STARTTERMINE Baskin 31.12. Bruder vor Luder 24.12. Dügün Dernek 2 – Die Beschneidung 3.12. Ich bin dann mal weg 24.12. Jane got a Gun 31.12. Joy – Alles außer gewöhnlich 31.12. Kirschblüten und rote Bohnen 31.12. Krampus 3.12. Die Melodie des Meeres 24.12. Mr. Holmes 24.12. Die Peanuts – Der Film 23.12. Remember 31.12. Saint Jacques – Pilgern auf Französisch 24.12. Star Wars: Das Erwachen der Macht 17.12. Sture Böcke 31.12. The Hallow 31.12. Unter Freunden 31.12. Die Vorsehung 31.12.

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fernseh-tipps 56 zwischen den Jahren setzen die Sender auf Bewährtes, aber auch auf ungewöhnliches: So finden sich Thementage mit tierischen Helden und beliebten Komikern im Programm, aber auch herausragende Filmkunst wie der Türkei-Western „Hinter dem Berg“ und ein „Tatort“ mit fiktiven Charakteren in der Daseinskrise.

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Fotos: TITEL: Neue Visionen. S. 4/5: KSM, Walt Disney, Tiberius, FD-Archiv, Warner Home, Robert Pupeter/HFF München, Tourist Office Canakkale

inhalt kino

akteure

filmkunst

18 animation: piet de rycker

22 bettina reitz

28 production design: „troJa“

10 star wars: J.J. abrams

Der kreative Geist hinter der „Star Wars“Neuauflage erweist in seinen Kino- und Fernseharbeiten der Filmgeschichte ebenso Reverenz wie dem neuesten Stand der Filmtechnik. Eine alphabetische Forschungsreise in den Abrams-Kosmos. Von Felicitas Kleiner, marius nobach und Kathrin Häger

16 zwei animationsmeister

Beide nennen Hayao Miyazaki als ihr Vorbild. Der Ire Tomm Moore bezaubert in „Die Melodie des Meeres“ mit visueller Detailfreudigkeit. Der Belgier Piet De Rycker reibt sich mit seinen Ideen an konventionellen deutschen Animationsvorstellungen auf. Zwei Hommagen. Von stefan stiletto und rolf giesen

RuBRiken 3 EDITORIAL 4 INHALT 6 MAGAZIN 50 DVD/BLU-RAy 55 DVD-PERLEN 56 TV-TIPPS 66 ABCINEMA 67 VORSCHAU / IMPRESSUM

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27 e-mail aus hollywood

Von michael ranze

Von Franz everschor

22 bettina reitz

28 production design: troJa

Von margret Köhler

Von Boris Hars-tschachotin

25 literatur

32 John m. stahl

Von Jochen Kürten und thomas Brandlmeier

Von Franz everschor

26 in memoriam

34 magische momente

Der kanadische Regisseur erzählt in „Remember“ von den bleibenden Traumata der NS-Schrecken. Ein Gespräch über kontroverse Szenen und die Bedeutung der letzten Holocaust-Überlebenden.

Seit Oktober ist die neue Präsidentin der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film im Amt. Ein Gespräch über die Ausrichtung der Hochschule zwischen Kreativität und den Gesetzen des Marktes.

Neue Filmbücher würdigen mit Erich von Stroheim, William Wyler und Otto Preminger drei Hollywood-Meister aus dem deutschsprachigen Raum sowie den zu Unrecht vergessenen Regisseur Harald Braun.

Nachrufe u.a. auf den gesellschaftskritischen russischen Regisseur Eldar Rjasanow und auf die österreichische Schauspielerin Birgit Doll.

Der Produzent Harvey Weinstein gilt seit langem als Genie der Filmvermarktung. Nun fordert die Abwanderung des Kinopublikums offenbar ihren Tribut: Weinstein will seine Filmaktivitäten massiv zurückfahren.

Das Trojanische Pferd aus Wolfgang Petersens „Troja“ hat jenseits des Films ein bemerkenswertes Nachleben in der Populärkultur gefeiert. Die unerwartete Geschichte einer Filmrequisite.

Der amerikanische Regisseur John M. Stahl konnte sich in den 1930er- und 1940erJahren als Meister des Melodrams beweisen und wirkte stilbildend u.a. auf Douglas Sirk. Eine überfällige Wiederentdeckung.

Frank Capras Weihnachtsfilmklassiker „Ist das Leben nicht schön?“ bezaubert als überschwängliche Hymne auf das Leben. Von rainer gansera

Tomm Moore, „Das Geheimnis von kells“ Filmdienst 26 | 2015

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star wars: die serie (4) kino

der autor J.J. Abrams ist vor allem ein leidenschaftlicher Geschichtenerzähler. Sein Vater, der Fernsehproduzent Gerald W. Abrams, soll ihm als Rat mitgegeben haben, dass es wichtiger sei zu lernen, „what to make movies about than how to make movies“. Abrams scheint das beherzigt zu haben. Sein Nimbus als Filmemacher beruht auf seiner „Nerd-Credibility“: Er vermittelt den Eindruck, dass er seine Projekte mit Herzblut angeht und ihm seine Sujets ebenso lieb und teuer sind wie den Fans. Ähnlich wie Peter Jackson und Joss Whedon versteht es Abrams, einen vergessen zu lassen, dass Filmemachen ein knallhartes Millionen-Geschäft ist. Bei ihm wirkt es als „Work of Passion“, haarfein austariert zwischen Spieltrieb und Professionalität. Das Kern-Handwerk des Geschichtenfindens und Geschichtenerzählens ist die Arbeit als Drehbuchautor. Die war denn auch Abrams’ erstes Standbein im Filmgeschäft: Anfang der 1990er-Jahre begann er, Skripts für Filme zu schreiben, für „In Sachen Henry“ (1991) oder für Michael Bays Katastrophen-Thriller „Armageddon“ (1998). Im Jahr 1998 betätigte er sich zum ersten Mal in dem Metier, das ihm Anfang der 2000er-Jahre mit „Alias“ und „Lost“ Kult-Status einbringen sollte: mit dem (Mit-) Erfinden einer TV-Serie. „Felicity“, eine College-Serie um die gleichnamige Heldin (gespielt von Keri Russell), war noch nicht so erfolgreich wie die nachfolgenden Serien, bringt aber bereits

alle Qualitäten von Abrams’ Arbeit mit. Ob es nun um Studentinnen in der Selbstfindungsphase, um Geheimagentinnen oder Sternenkrieger geht: Stets interessiert sich Abrams einen Tick mehr für die Identitätskonflikte, Entwicklungen und moralischen Entscheidungsprozesse seiner Helden als für die simplen „Held gegen Widersacher“Konflikte. Dass es ihm gelingt, auch denkbar unwahrscheinliche Erzählprämissen und fantastische Sujets glaubhaft und plausibel erscheinen zu lassen und sich nicht in verschachtelten Zeit- und Wirklichkeitsebenen zu verzetteln, liegt nicht zuletzt daran, dass seine Erzählungen immer „character driven“ bleiben und in den Figuren geerdet werden. Abrams’ Filmografie als Autor, Co-Autor und Serienschöpfer: Star Wars: episode Vii Das erwachen der Macht (2014) Fringe - Grenzfälle des FBi (Serie, 2008 2013) undercovers (Serie, 2010 - 2012) Super 8 (2011) Lost (Serie, 2004 - 2010) Alias - Die Agentin (Serie, 2001 - 2006) Mission: impossible iii (2006) The Catch (TV-Film, 2005) Felicity (Serie, 1998 - 2002) Joyride - Spritztour (2001) Armageddon - Das jüngste Gericht (1998) Der $100.000 Fisch (1997) Forever young (1992) in Sachen Henry (1991) Filofax - ich bin Du und Du bist nichts (1990)

die abrams Family Auch die besten Regisseure sind nur gut mit einem entsprechenden Team. J.J. Abrams hat von Beginn an einen Kreis von gleichgesinnten Kreativen um sich geschart, mit denen er immer wieder zusammenarbeitet und die er auch bei ihren eigenen Projekten fördert. Und: Abrams pflegt seine Freundschaften. Etwa mit Greg Grunberg, seinem Kumpel seit Kindergartentagen, den er als Schauspieler immer wieder einsetzt, etwa als knuffig-stämmigen AgentenSidekick in „Alias“ oder als unglückseligen Pilot in „Lost“. Kaum weniger lang kennt Abrams Matt Reeves, mit dem er „Felicity“ aus der Taufe hob, bevor er ihm bei seinem Regiedebüt „Cloverfield“ zur Seite stand. Dessen Drehbuchautor Drew Goddard hatte zuvor für „Alias“ und „Lost“ geschrieben und erhielt so eine ähnlich gute Starthilfe wie das Duo Alex Kurtzman und Roberto Orci, das an „Alias“, „Fringe“ und „Star Trek“ mitarbeitete. Auf der Produzentenseite ist die Zusammenarbeit mit Bryan Burk, Executive Vice President von „Bad Robot“, hervorzuheben, ebenso seit „Lost“ die mit Damon Lindelof, der beim „Star Trek“Reboot wieder mit an Bord kam. Auf Kontinuität setzt Abrams auch bei seiner technischen Mannschaft. Die Cutterinnen Mary Jo Markey und Maryann Brandon werden von ihm ebenso zuverlässig berufen wie der Komponist Michael Giacchino – außer bei „Star Wars“: Das bleibt die Domäne von John Williams. Bei alledem hält Abrams seine Film-Familie jedoch nicht mit patriarchaler Verfügungsgewalt zusammen: Flügge geworden, realisierte Reeves etwa „Planet der Affen: Revolution“, Kurtzman & Orci schrieben für Michael Bay „Die Insel“ sowie die ersten beiden „Transformers“-Filme, Goddard zeichnete für die Drehbücher von „World War Z“ und „Der Marsianer“ verantwortlich, und auch Lindelof begab sich als Produzent und Autor von „Prometheus“ eigenmächtig ins All. So tauchen die Spuren von Abrams im Blockbuster-Kino der letzten zehn Jahre mitunter auch dort auf, wo er selbst gar nicht beteiligt ist.

re g i ss eine eur, auto de r, d a s r e r f o l g p ro d u z e glo re i nt fa c e s s a r z u c h s t e n k , ko m p o ro t te ni in a w i n e i n e s r i e nt i e r o s er i e n st : d e r m ung ea der f höch a Von i m s Fe lic u to r ilmg nn, der t f u b ita s e m i r e s nseh Klein trieb schic mit „ er, m z w i e i g a riu s u en f nd k hte fo star wa nob za h l e i ach u l rs – m n m e m a i n o ko s r t s c h re nd K d ath r y s t i k i m c b h in Hä t o . ers v , i s t a s e r wa s ger d e n on c s J. J . a b o to r i s c h h e n d e r ra m s m viels : eitig acht“ .

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kino star wars: die serie (4)

„alias“ TV-Agentenserien waren lange nur ein Abklatsch von kino-kollegen: Pappkulissen statt realer Exotik, kurze Schlagabtäusche statt ausgefeilter Kampfchoreografien, Verfolgungsjagden im Nebenherlauf-Tempo statt rasanter Action. Mit „Alias“ (2001-2006) brach J.J. Abrams die Spionagegeschichten auf Sparflamme radikal auf und bot auf dem Sender ABC wöchentlich eine Agenten-Show, die sich in Sachen Action und attraktiver Schauplätze nicht hinter James Bond verstecken musste. Der äußere Aufwand war freilich nur die halbe Miete: Mit Sydney Bristow (Jennifer Garner) erschuf Abrams eine Figur, die ebenso tough, klug und sexy wie verletzlich erschien. So bestritt Sydney die härtesten Kämpfe nicht gegen feindliche Spione oder Terroristen, sondern im Bemühen, ihr Dreifachleben als Studentin, CIA-Agentin und „Maulwurf“ bei der feindlichen Geheimorganisation SD-6 auf die Reihe zu bekommen. Mit seelenplagenden Auswirkungen: Schuldgefühle gegenüber Freunden und Kollegen, der immer wieder gewaltsam unterdrückte Hass gegen ihre Nemesis Arvin Sloane und vor allem die schwierige Beziehung zu ihrem ebenfalls ins Spionage-Geschäft verstrickten Vater. „Alias“ war immer auch ein sorgfältig gezeichnetes Familiendrama und funktionierte selbst noch in der finalen Staffel, als die verwickelten Agentenplots, MysteryElemente und Geheimidentitäten doch deutlich überhandnahmen.

»star wars: das erwachen der macht«

evil corporations

dharmainitiative und co. der produzent

bad robot Als Bad Robot Productions noch zu Touchstone Television gehörte, ließ J.J. Abrams seine damals zwei- und dreijährigen kinder Henry und Gracie den Firmennamen unisono über diesen kleinen Roboter einsprechen, der, über eine hohe Wiese eilend, mit rotem Rechteck als Kopf von den Bildschirmen starrte. Trotz des familiären Auftritts verantwortet die zurzeit mit Abrams als CEO im kalifornischen Santa Monica operierende Mega-Produktionsfirma von 2001 bis heute nicht nur Serienhits (aktuell die heiß erwartete Adaption von Stephen Kings „11.22.63“), sondern auch Co-Produktionen wie „Cloverfield“, „Infinitely Polar Bear“ sowie die letzten Teile von „Mission Impossible“, „Star Trek“ und „Star Wars“.

Je unübersichtlicher die Welt wird, desto ofensichtlicher sprießen die Wurzeln des Bösen in verschwörerisch und multinational agierenden konzernen. Dem ScienceFiction-Genre ist dieses „Evil Corporation“Motiv seit langem vertraut – womit es kaum verwundert, dass die Produktionen eines „SciFiholics“ wie J.J. Abrams die alles überwachenden Manipulatoren auf ihre Hauptfiguren loslassen. Sei es das einflussreiche Unternehmen „Massive Dynamic“ in „Fringe“, das US-Militär in „Super 8“, die chinesische „Decima Technologies“ in „Person of Interest“ oder die vermeintliche CIAUnterabteilung SD-6, die sich in „Alias“ als Teil eines Verbrechersyndikats herausstellt. Übertroffen werden sie alle von einer Vereinigung, deren Rolle über mehrere Staffeln fluktuierte: von der DHARMA-Initiative in „Lost“, einer der erfolg- und einflussreichsten Serien des US-Fernsehens, die es zugleich von innen heraus revolutionierte. Vielleicht ist ja auch „Lost“ selbst Teil eines größeren Plans? In sechs aufeinander aufbauenden, immer komplexer mit Rückund Vorausblicken sowie „Flash-Sideways“ arbeitenden Staffeln etablierte die Serie gleich mehrere machtvolle Strippenzieher, die einander „inkorporierten“: Schlimmer geht immer, fremdbestimmter auch.

das team von »lost« hat längst ikonischen wert

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star wars: die serie (4) kino

»Bad robot«: das firmen-logo der umtriebigen produktionsfirma von J.J. abrams

FrauenFiguren im Vorfeld des neuen „Star Wars“-Films gab es einigen Wirbel um die Frauenrollen sowie um das Versprechen von LucasfilmPräsidentin kathleen kennedy, dass mit „Star Wars – Das erwachen der Macht“ eine neue ära bevorstehe: Die Zeiten, in denen Prinzessin Leia allein unter Männern die Fahne starker Weiblichkeit hochhalten musste, sind vorbei. Vielleicht hat Kennedy auch deshalb J.J. Abrams dazu überredet, sich des Franchises anzunehmen: Mit ihm hat sie einen Regisseur gefunden, der ein erklärtes Faible für Heldinnen hat und zudem ein Händchen dafür, sie so in Szene zu setzen, dass sie von der traditionellen Jungs-Klientel angeschmachtet werden, aber auch als Identifikationsfiguren fürs weibliche Publikum taugen. Man denke nur an Lieutenant Uhura aus „Star Trek“: Als die Truppe um Captain Kirk in „Star Trek – Into Darkness“ bei einer Mission von einer Einheit der brachialen Alien-Krieger gestellt wird, springt sie in die Bresche – und spricht nicht nur fließend klingonisch (was so ziemlich das Coolste ist, was man im „Star Trek“-Franchise draufhaben kann), sondern lässt sich von den Klingonen auch nicht den Schneid abkaufen, obwohl sie weder unverwundbar noch übernatürlich stark ist. Uhura ist eine typische Abrams-Frauenfigur: eine souveräne, kluge und agile Heldin, die weder zur vermännlichten Amazone noch zur hyperweiblichen „Superwoman“ hochstilisiert wird, sondern menschlich bleibt. Abrams’ Frauen verstehen es, sich durch Kompetenz Respekt zu verschaffen – egal, ob es sich um coole Professionals wie die FBI-Agentin in der Serie „Fringe“ handelt oder um das zarte Schulmädchen aus „Super 8“, das seine Schulkameraden mit seinem schauspielerischen Talent förmlich sprachlos macht. Da verwundert es nicht, dass Abrams’ erklärtes Lieblingskind unter seinen Figuren eine Frau ist: In einem Interview erklärte er Sydney Bristow aus „Alias“ zur persönlichen Favoritin.

ins kalte wasser gestoßen: kirks geburt mitten in einer weltraumschlacht in »star trek«

in medias res

J.J.

Warum sollte ein Filmemacher das Publikum erst mit Stof und Figuren warm werden lassen, bevor er seine ActionTrümpfe ausspielt? Der „Alias“-Pilotfilm und viele weitere Folgen präsentieren Sydney Bristow in der ersten Einstellung mitten im schlimmsten Schlamassel. Ähnliches widerfährt dem unerschütterlichen Ethan Hunt in „Mission: Impossible 3“, der gleich eingangs gefesselt und schwer mitgenommen seinem Widersacher ins Auge blicken muss. „Lost“ setzt inmitten des heillosen Chaos nach dem Flugzeugabsturz ein, und bei „Star Trek“ bekommt man es sofort mit einem Weltraumscharmützel zu tun, in dem gleichzeitig Captain Kirk zur Welt kommt. Den Zuschauer ins kalte Wasser zu stürzen und Verwirrung in Kauf zu nehmen, ist für J.J. Abrams kein Sakrileg, sondern elementarer Bestandteil der Spannungsdramaturgie. Vor der Masse braver Formalisten in Hollywood wirkt dieser Mut zum Risiko überaus erfrischend und fügt sich nahtlos in die Erzählung: Wenn vorher etwas Wichtiges passierte, wird es eben nachgereicht.

... steht für Jefrey Jacob und als Schlagwort fürs Biografische: J.J. Abrams wurde 1966 in New york geboren, in Los Angeles wuchs er auf. Seine Eltern arbeiteten als Produzenten in der Filmbranche und legten ihm (und seiner Schwester, die als Drehbuchautorin tätig ist) den zukünftigen Showbiz-Lebensweg quasi in die Wiege. Seinen ersten Film-Job übernahm er 1982 mit 16 Jahren und etablierte sich dann in den 1990er-Jahren zunächst als Drehbuchautor, bald als Produzent, in den 2000erJahren auch als Regisseur.

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mr. holmes Altersdrama mit Ian McKellen als britischer Meisterdetektiv

noch immer mit seinem letzten Fall, dem einzigen, den er, sei es aus Unachtsamkeit, sei es aus persönlichen Ängsten, nicht zu seiner Zufriedenheit gelöst hat. Condon verschachtelt die drei Ebenen – die Japan-Reise, den 30 Jahre zurückliegenden Fall sowie den Alltag in Sussex – assoziativ, wobei ihm das lückenhafte Gedächtnis des Protagonisten und sein häufiges Wegdämmern, das den Film um die Ebene des Traums bereichert, als Cliffhanger und Sprungbrett dienen. Das Erzähltempo ist Holmes’ Alter und der ländlichen Umgebung angepasst. Die Gemächlichkeit dominiert selbst dann, wenn es im Notfall um Tod und Leben geht. Man hat ja nichts (mehr) zu verlieren, und lösen lassen sich knifflige Angelegenheiten noch immer am besten mit scharfem Nachdenken und hellem Verstand. Hier bewegt sich „Mr. Holmes“ dann doch auf der Ebene einer Detektiv-Story: So findet das eine schließlich zum anderen, und was ursprünglich zu unterschiedlichen Zeiten und an verschiedenen Orten nicht

in Beziehung zu stehen schien, fügt sich meisterlich zusammen. Nebenbei wird aufgeräumt. Etwa mit überkommenen Lügen wie jenen, dass Holmes immer eine Deerstalker-Mütze trage und Pfeife rauche, wo er in Wahrheit doch lieber barhaupt geht und Zigaretten vorzieht. In der 221B Baker Street hat er übrigens auch nie gewohnt; ein vernünftiges Arbeiten wäre beim allzeitigen Touristenrummel gar nicht möglich gewesen. Auf diese Weise ist der Film auch eine amüsante Abrechnung mit dem Popkultur-Phänomen Sherlock Holmes. Gespielt wird Holmes von Ian McKellen, was der größte Trumpf des Films ist, der als Altersdrama für Holmes-Fans harte Kost sein dürfte. McKellen und Condon haben schon einmal zusammengearbeitet: In dem Film „Gods and Monsters“ (1998) spielte McKellen den offen homosexuellen und deswegen bis zur Verzweiflung schikanierten „Frankenstein“Regisseur James Whale. Schon dieses Drama lebte über weite Strecke von McKellens

Bewertung der filmkommission

der 93-jährige sherlock holmes lebt zurückgezogen in einem landhaus in sussex, widmet sich der bienenzucht und weist den sohn seiner haushälterin in die geheimnisse der imkerei ein. in seine verdämmernde gegenwart mischen sich erinnerungen an eine Japanreise sowie bilder eines letzten, bislang ungelösten falls. das kluge altersdrama wird von seinem überragenden darsteller getragen, der dem meisterdetektiv zu mehr menschlichkeit verhilft. die inszenierung nutzt die gedächtnislücken zur assoziativen verschränkung der erzählebenen, ohne darüber das grundgerüst einer detektiv-story aus den augen zu verlieren. – sehenswert ab 14.

mr. holmes. großbritannien 2015 regie: bill condon darsteller: ian mckellen (sherlock holmes), laura linney (mrs. munro), milo parker (roger), hiroyuki sanada länge: 104 min. | kinostart: 24.12.2015 Verleih: alamode | fsk: ab 0; f

Fotos S. 36-49: Jeweilige Filmverleihe

ein britischer Gentleman kehrt im Jahr 1947 von einer Reise nach Japan zurück. Er hat dort nach einer Pflanze gesucht, mit deren Wirkstoffen er seiner beginnenden Demenz Herr zu werden hofft. Es ist nicht einfach, dem eigenen geistigen Zerfall zuzusehen. Insbesondere, wenn man früher über den scharfen Verstand und das brillante Gedächtnis eines Meisterdetektivs verfügte. Der alte Gentleman ist nämlich Sherlock Holmes. Regisseur Bill Condon stellt keinen weiteren, heiter-kniffligen Sherlock-Holmes-Detektivfilm vor, wie sie in den letzten Jahren so zahlreich entstanden. Seine freie Adaption von Mitch Cullins Roman „A Slight Trick of the Mind“ aus dem Jahr 2005 spielt in den Jahren, als der Schriftsteller und Holmes-Erfinder Conan Doyle seinen Helden definitiv in Pension geschickt hatte. Nun lebt Holmes zusammen mit seiner Haushälterin Mrs. Munro und deren Söhnchen Roger in Sussex und vertreibt sich die Zeit als Hobby-Imker; Roger geht ihm dabei zur Hand. Überhaupt haben der alte Mann und der Junge, sehr zum Ärger seiner Mutter, ein spezielles Verhältnis zueinander, das sich noch vertieft, als Roger heimlich Holmes’ Aufzeichnungen liest und diesen darauf anspricht. Holmes hadert

Ausdruckskraft, und das tut „Mr. Holmes“ fast noch mehr. Hier spielt der 76-Jährige einen 93-Jährigen, der unter seinem schwindenden Verstand weit mehr leidet als unter seiner Gebrechlichkeit, mit sensationell beherrschtem Mienenspiel, aber auch einer aus dem Inneren kommenden Klugheit und einer berührenden Güte. McKellen verhilft dem Meisterdetektiv, den man im Kino nur zu oft als Mann ohne (menschliche) Eigenschaften gesehen hat, zu einer Menschlichkeit, die „Mr. Holmes“ bisweilen wie die Biografie eines realen Menschen erscheinen lässt, dessen Bild in den Medien jahrzehntelang verzerrt wurde. Was für ein im Kleinen großer und großartiger Film! Irene genhart

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neue filme kritiken

To dream the impossible dream! Basierend auf der wahren Geschichte einiger wagemutiger Frauen, darunter derjenigen von Joy Magano, die mit ihrer erfindung des „Miracle Mop“ zu Ansehen und Reichtum gelangte. In seinem neuen Film, einer Mischung aus Märchen, Musical und Soap Opera, stimmt David O. Russell eine Hymne auf Durchsetzungskraft und Ehrlichkeit an, die allerdings nur bedingt überzeugt, weil sich die Inszenierung nicht so recht entscheiden kann, was sie denn nun eigentlich erzählen will. Und folglich jedem Einfall folgt. Kommentiert wird der Film aus dem Off von Joys Großmutter Mimi, gegen Ende sogar aus dem Jenseits. Irgendwo in den USA, irgendwann in den 1980er- oder 1990er-Jahren, Arbeitermilieu. Die kleine Joy ist ein aufgewecktes und kreatives Kind, ihre fantasievollen Basteleien faszinieren Familie und Freunde. Schon früh weiß sie, dass sie in ihrem Leben nicht auf einen Prinzen warten will. Doch ihr Talent wird durch die Anforderungen verschüttet, die ihre exzentrische bis zerrüttete Familie an sie stellt. Ihre Eltern lassen sich scheiden, ihre Mutter verlässt das Bett nicht mehr. Sie ist ganz in die Welt der Daily Soaps abgetaucht, in die sich die überforderte, am Rande des Nervenzusammenbruchs agierende Joy manchmal auch hinein träumt. Vater Rudy ist ein Schwerenöter, der sich neue Partnerinnen via Telefonagentur zuführen lässt. Gerade wird er von seiner nächsten Ex bei Joy abgeliefert und muss zu Joys Ex-Ehemann, einem Sänger aus Venezuela, in den Keller ziehen. In der ersten Hälfte entwickelt die Komödie einer dysfunktionalen Familie einen regelrechten Sog: die Figurenzeichnung ist schräg und over the top, die

Kamera wandert permanent und höchst elegant umher und die Filmmusik mit Stücken wie „I Feel Free“ von Cream, „The Sidewinder“ von Lee Morgan, „To Love Somebody“ von den Bee Gees oder „Mama Told Me Not To Come“, gesungen von Joys Ex-Mann Tony (gespielt von Edgar Ramirez), treibt die Handlung gleichzeitig voran und kommentiert sie wie bei Martin Scorsese. Während die völlig überforderte Joy also rasant auf einen Zusammenbruch zusteuert, während ihre Ehe mit Tony scheitert und sie ihren Job verliert, jongliert der Film grandios mit Flashbacks, kommentierenden Kamerabewegungen und Traumsequenzen, die ihn fast schon zur Farce werden lassen. Nach ihrem Zusammenbruch entwirft Joy mit leichter Hand und der Kreide ihrer Tochter einen revolutionären Wischmopp, der es erlaubt, den Boden zu wischen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Aus der Erfinderin wird eine Geschäftsfrau, die dann gewissermaßen

im Schnelldurchlauf allerlei Lektionen in Sachen Kapitalismus zu lernen hat: vom Kreditwesen über das Patentrecht bis hin zum Marketing und zur Distribution. Unglaubliche Hindernisse behindern Joys Aufstieg von der arbeitslosen Hausfrau zur Firmenchefin, doch Joy meistert alles mit Gottvertrauen und Durchsetzungskraft, während der Film allmählich seinen Humor verliert und sich stattdessen in einem skurrilen Retro-Reenactment hinter den Kulissen des Verkaufssenders QVC verliert. „Joy – Alles außer gewöhnlich“ mutiert dabei von der Familienfarce im Retro-Chic zu einer Variante von „Erin Brockovich“ mit realistischen Einschüssen von Intrigen, Schikanen, Betrug und Eigensinn, die die Protagonistin in den Bankrott und ihrer niedlichen Tochter die Schamesröte ins Gesicht treiben. Am Schluss ist aus Joy trotzdem eine abgebrühte Matriarchin geworden, ausgestattet mit der Autorität des Erfolgs, die ihr noch abging, als sie von allen

Joy – alles außer gewöhnlich David O. Russell verfilmt die Biografie von Joy Magano

Familienmitgliedern ausgenutzt wurde. Kann man das feministisch nennen? Geerdet durch die immer etwas prollige Präsenz von Jennifer Lawrence mit ihrem Mut zur leicht müffelnden Erschöpfung, ausgestattet mit einem illustren Star-Ensemble gut aufgelegter Schauspieler von Robert De Niro über eine entweder schlecht gealterte oder boshaft gestylte Isabella Rossellini bis hin zum unvermeidlichen Bradley Cooper kann die höchst professionelle, aber unausgegorene Machart des Films dann doch nicht darüber hinwegtäuschen, das ein Bio-Pic über die Erfinderin eines revolutionären Wischmopps nicht hinreicht, um einen Kinoabend angemessen zu füllen. Ulrich Kriest Bewertung der filmkommission

die wechselhafte lebensgeschichte einer us-amerikanerin, die 1990 den „miracle mop“ erfand und damit zu ansehen und reichtum gelangte. die mischung aus märchen, musical und soap opera beginnt als schräge komödie einer dysfunktionalen familie und wandelt sich nach der erfindung des revolutionären wischmopps zu einer zunehmend verbissenen erfolgsgeschichte, an deren ende sich eine abgebrühte matriarchin auf ihren lorbeeren ausruht. getragen von einem illustren starensemble, stimmt der zwar einfallsreich inszenierte, aber seltsam unentschlossene film eine kaum gebrochene hymne auf durchsetzungskraft und ehrlichkeit an. – ab 14.

Joy. usa 2015 regie: david o. russell darsteller: Jennifer lawrence (Joy mangano), Édgar ramírez (tony miranne), robert de niro (rudy), bradley cooper, elisabeth röhm, isabella rossellini länge: 124 min. | kinostart: 31.12.2015 Verleih: fox | fd-kritik: 43 577

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kritiken dvd/blu-ray-serien

the hollow crown Shakespeares Königsdramen: Ein TV-Filmprojekt mit britischen Top-Akteuren

Muss das sein? noch einmal eine „Henry V“-Verfilmung, nach kenneth Branaghs furioser, zeitloser Adaption von 1989? Es muss! Nicht zuletzt weil der Fernsehfilm, der nun als Teil einer Box in deutscher Fassung vorliegt, den Vorteil des Seriellen hat: Mit „The Hollow Crown“ wurde das Großprojekt in Angriff genommen, Shakespeares Königsdramen-Zyklus komplett fürs Fernsehen zu adaptieren, also alle Stücke um die Geschichte der britischen Herrscher von Richard II. (1367-1400) bis zu Richard III. (1452-1485). Man erlebt den jungen König Henry V. (gespielt von Tom Hiddleston), der in Frankreich allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz mit seinen „happy few“ einen glanzvollen Sieg erringt, hier also im Kontext sowohl seiner persönlichen Entwicklung als auch im Kontext der Rangeleien um den Thron: Wenn Henry vor der Schlacht bei Agincourt fleht, Gott möge nicht ausgerechnet an diesem Tag die Schuld sühnen, die sein Vater, Henry IV, mit der Thronbesteigung auf sich lud, dann weiß man, wovon er

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ter; im Zentrum stehen aber definitiv die Schauspieler und das gesprochene (Original Shakespeare’sche) Wort. Dass inszenatorische Muskelspiele, wie sie kürzlich Justin Kurzels „Macbeth“ lieferte, ausbleiben, kann man allerdings leicht verschmerzen angesichts dessen, was das durchweg erstklassige Ensemble aus den alten Texten an Emotionen, Zwischentönen und Spannungen rauskitzelt: Ben Whishaw, Jeremy Irons und Tom Hiddleston als Titelfiguren werden flankiert von einem redet: Man sieht den unglücksewahrlich atemberaubenden ligen „Richard II“ vor sich, der im All-Star-Cast – Patrick Stewart, ersten Film des „Hollow Crown“- Rory Kinnear, Simon Russell Zyklus, wunderbar facettenreich Beale, Julie Walters und Miverkörpert von Ben Whishaw, chelle Dockery sind nur einige unter die Räder sowohl seiner der Namen, die da auftreten. eigenen überspannten PersönDa sich die Saga interpretatolichkeit wie auch einer gnadenrisch weitgehend zurückhält, losen Machtpolitik weder nach neuen gerät; man weiß, Kontexten sucht welche moralischen noch spannende Dilemmata den Sinnebenen herausverhärmten Henry arbeitet, kann sich IV. (Jeremy Irons) die Adaption zwar zeit seines Amtsannicht mit den Meistritts plagten und terwerken unter den welches schwierige Shakespeare-Filmen Erbe er seinem wie dem „Hamlet“Sohn mitgegeben Film von Olivier the hollow crown hat. Inszeniert von oder den Arbeiten staffel 1 Rupert Goold („Rivon Orson Welles großbritannien 2013 chard II“), Richard messen. Doch sie regie: rupert goold, Eyre („Henry IV“, schafft es fulminant, richard eyre, thea sharTeil 1 & 2) und Thea dem großen Gerock Sharrock („Henry schichtszyklus dank darsteller: ben whishaw, V“), liefert der erste der Schauspieler Jeremy irons, tom Teil des Zyklus, der Leben und Herzblut hiddleston, patrick stein der vorliegenzu verpassen und wart, simon russell beale den Box zusamdas Werk für eine länge: 505 min. mengefasst ist, weitere Generation fsk: ab 12 inszenatorisch zwar von Zuschauern geanbieter: ksm durchaus mehr als genwärtig zu halten. fd-kritik: 43 592 abgefilmtes Thea- Ab 16. fkl

remington steele 1980er-Klassiker: Screwball meets Crime Anfang der 1980er-Jahre war es höchste zeit für weibliche Professionals, auch im Genre der Detektiv-Serien. Zwar waren schon die „Drei Engel für Charlie“ eifrig bei der Arbeit, allerdings noch im Auftrag ihres mysteriösen männlichen Bosses. In „Remington Steele“ (gestartet 1982) ist es dagegen die Frau, die die Hosen anhat: Privatdetektivin Laura Holt nutzt Remington Steele (Pierce Brosnan) als gutaussehendes Aushängeschild und fiktiven Chef, um die konservativen Vorurteile einer Kundschaft zu unterlaufen, die einer Frau die Cleverness und Härte eines Profiermittlers nicht zutraut. Als Aufweichung traditioneller Gender-Rollen im Emanzipationsjahrzehnt der 1980er-Jahre hat die Serie ihren Biss natürlich längst verloren; was allerdings nach wie vor Spaß macht, ist der fröhliche Mix zwischen Detektiv-Genre und Screwball sowie die Verbindung moderater Spannung mit dem Glamour des High-Society-Milieus, in dem sich das Pärchen meistens bewegt. Und einige gewitzte Fälle, die auf schöne Weise den Zeitgeist der frühen 1980er-Jahre reflektieren. - Ab 12. fkl

remington steele. usa 1982 regie: seymour robbie, don weis u.a. darsteller: pierce brosnan, stephanie zimbalist länge: 1037 min. | fsk: ab 12 anbieter: capelight fd-kritik: 43 593

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kritiken fernseh-tipps

10.55-13.33 servus tv der löwe im winter r: anthony harvey nachfolgekämpfe im königshaus großbritannien 1968 sehenswert ab 16 11.50-14.15 prosieben spider-man 2 r: sam raimi peter parker vs. doc oc usa 2013 sehenswert ab 12 20.15-22.50 pacific rim r: guillermo del toro riesenroboter vs. aliens usa 2012

prosieben

ab 16

20.15-23.10 sat.1 fluch der karibik r: gore verbinski frischzellenkur fürs piratengenre usa 2003 ab 14 21.40-00.05 arte marley r: kevin macdonald differenziertes porträt von bob marley usa/großbritannien 2012 ab 12 21.50-23.40 ich kämpfe um dich r: alfred hitchcock kunstvoll gestalteter krimi usa 1945

3sast

ab 14

23.45-02.00 br fernsehen cyrano von Bergerac r: Jean-paul rappeneau prachtvolle theaterverfilmung frankreich 1990 sehenswert ab 14 00.45-01.55 swr fernsehen flug in gefahr r: theo mezger atmosphärisch dichter flugzeug-thriller brd 1964 sehenswert ab 14 04.35-05.45 3sat das geheimnis von kells r: tomm moore buchmalerei inspiriert animation irland 2009 sehenswert ab 10

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so

samstag 26. dezemBer

26. dezember, 10.25-11.55

das erste

der wunderbare wiplala der neunjährige Johannes Blom wünscht sich nach dem tod der mutter nichts sehnlicher als einen freund. der vater ist ständig beschäftigt und die ältere schwester zickt nur herum. eines abends entdeckt Johannes einen winzling in der küche, nicht größer als seine hand, der sich als wiplala vorstellt. dieser kann zaubern, doch mit dem „tinkeln“, wie er es nennt, klappt es nicht so recht, insbesondere dann nicht, wenn er jemanden in stein verwandelt hat. sein unvermögen hat fatale folgen, als wiplala die ganze familie blom in einer notsituation in kleine wesen seiner größe verwandelt. nun ist guter rat teuer, zumal ihnen als winzlingen von allen seiten große gefahr droht. – ein so amüsanter wie action- und trickreicher abenteuerfilm, der das genre zwar nicht neu erfindet, aber gut unterhält. ht 26. dezember, 15.15-17.40

mdr

drei haselnüsse für aschenbrödel für viele ist die tschechische aschenputtel-adaption, die das märchen mit einer mutig-agilen heldin emanzipatorisch auffrischt und es in eine bezaubernde winterlandschaft verlegt, der ultimative weihnachtsklassiker. dass sie einmal mehr am zweiten weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird (16.15-17.40), erstaunt deshalb nicht. ein mehrwert ist die doku, die ihr vorausgeschickt wird: „drei haselnüsse für aschenbrödel – die geheimnisse“ (15.15-16.15) rollt die entstehungsgeschichte der märchenfilmperle auf: die charmante hauptdarstellerin libuše Šafránková und ihr prinz, pavel trávnícek, werden porträtiert und die dreharbeiten beleuchtet.

09.45-11.05 mdr der prinz und der abendstern r: václav vorlicek fantasievoller märchenfilm cssr 1978 ab 6

sonntag 27. dezemBer 20.15-21.50 zdf.kultur schwesterherz r: ed herzog zwei schwestern machen urlaub deutschland 2006 ab 16

10.25-11.40 3sat das große rennen von Belleville r: sylvain chomet virtuoser animationsfilm frankreich 2003 sehenswert ab 6

20.15-22.55 prosieben iron man 3 r: shane black superheld auf actionreichem selbstfindungstrip usa 2013 ab 14 12.05-14.00 das erste manche mögen’s heiß r: billy wilder komödienklassiker usa 1959 sehenswert ab 16 13.00-14.30 swr fernsehen margarete steiff r: Xaver schwarzenberger sensibles biopic deutschland 2005 sehenswert ab 14 13.10-14.30 br fernsehen die stimme des adlers r: renè bo hansen Junge knüpft freundschaft mit raubvogel schweden 2009 sehenswert ab 8

21.45-23.15 swr fernsehen die spätzünder r: wolfgang murnberger rock-musiker gründet band mit altersheim-bewohnern deutschland/Österreich 2009 ab 14

21.50-23.40 3sat der fall paradin r: alfred hitchcock brillantes drama mit alida valli usa 1947 sehenswert ab 14 22.00-23.45 servus tv man on wire – der drahtseilakt r: James marsh doku über den hochseilartisten philippe petit großbritannien 2008 ab 14

14.35-17.15 3sat hatari! r: howard hawks auf tierfang in tanganjika usa 1962 sehenswert ab 12

22.00-23.45 das finstere tal r: andreas prochaska stilisierter alpen-„western“ Österreich 2013

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fernseh-tipps kritiken

erstausstrahlung: 27. dezember, 20.15-00.00

arte

walt disney – der zauberer sein name dürfte der bekannteste der filmgeschichte sein: auch fast 50 Jahre nach seinem tod sind walt disney und die mit ihm verbundene form der familiengerechten unterhaltung eine marke geblieben, die das nach ihm benannte studio zu einer konstanten im wechselhaften hollywood-geschäft macht. dass disney eher ein vermarktungsgenie war als ein kreativer schöpfer und seinen untergebenen gegenüber durchaus nicht nur als lieber „onkel walt“ auftrat, sind hingegen eigenschaften des filmmoguls, die im öffentlichen bewusstsein weniger präsent sind. der zweiteilige dokumentarfilm „walt disney – der zauberer“ von sarah colt stellt deshalb eine bemerkenswerte gratwanderung dar: einerseits eine aufrichtige würdigung des unternehmers, andererseits eine kritische darstellung des facettenreichen menschen walt disney. teil eins behandelt die früheren Jahre des 1901 geborenen disney und seinen aufstieg in hollywood bis 1941, teil zwei den zeitweiligen rückgang des erfolgs, das folgende comeback und die Jahre bis zum tod 1966. bei aller kritischen würdigung bleibt die faszinationskraft erhalten, wovon später in der nacht auch die ausstrahlung von „the perfect american“ (01.45-03.50) kündet, einer oper von philip glass über disneys letzte monate.

ab 27.12., 20.15

kabeleins

schottenröcke, schwerter und sandalen: historien-epen die langen winterabende zwischen den Jahren mit großen filmepen zu füllen, hat tradition. kabeleins zelebriert sie an gleich vier abenden in folge, zaubert statt dem klassiker „doktor schiwago“ aber neuere historien-actionspektakel hervor: 27.12., 20.15-23.55 „Braveheart“ (regie: mel gibson) 28.12., 20.15-22.25 „die letzte legion“ (regie: doug lefler) 29.12., 20.15-23.35 „troja“ (regie: wolfgang petersen) 30.12., 20.15-23.10 „königreich der himmel“ (regie: ridley scott)

erstausstrahlung: 27. dezember, 20.15-21.45

das erste

„tatort: wer bin ich?“ manchmal haben erfundene charaktere die nase voll, nur ausgeburten der fantasie zu sein, und wollen wirklich werden. wie zum beispiel kommissar murot, der sagt: „ich existiere doch nur, wenn die kamera läuft, ich möchte auch mal real sein, einen spaziergang machen!“ wie bitte? ein „tatort“-kommissar, der wirklich werden will? wer kommt denn auf so eine verrückte idee? die hessen natürlich, die schon mit ihrem grandiosen zitate-exzess-„tatort“ „im schmerz geboren“ überrascht und begeistert haben. zum Jahresende präsentieren sie mit bastian günthers „wer bin ich?“ wieder einen „tatort“ der sonderklasse, ein herrlich verrücktes, selbstironisch flunkerndes sein-schein-verwirrspiel. film im film. wir sind zeugen bei den dreharbeiten zu einem hessen-„tatort“ mit kommissar murot (ulrich tukur), aber der dreh muss unterbrochen werden, denn nach der wilden bergfest-party wird ein junger aufnahmeleiter tot aufgefunden. unfall? mord? schon gerät tukur unter mordverdacht. redakteur und regisseur beraten, ob man tukur nicht aus der geschichte hinausschreiben solle, die lieben darsteller-kollegen – darunter das neue frankfurter ermittlerteam margarita broich/wolfram koch und der aus dem leipzig-„tatort“ entfernte martin wuttke – versprechen dem armen uli beistand und lassen ihn dann doch allein. hier wird die geschichte zur tollen blick-hinter-die-kulissen-komödie, zum theater der eitelkeiten mit jeder menge insider-Jokes und hübschen tarantino-parodien. das vergnügen der akteure, sich einmal derart augenzwinkernd als sie selbst in szene setzen zu können, ist offenkundig und vermittelt sich prächtig. die glanzrolle aber gehört tukur, der schließlich so verloren über hotelzimmerflure schlurft wie in bastian günthers kinofilm „houston“. das gegenüber von sein und schein, von imagination und wirklichkeit ist innerstes thema dieses hinreißend komödiantischen spiels der spiegelungen, das seinen finalen clou themengerecht serviert, wenn tukur plötzlich seinem leibhaftigen murot-alter ego gegenübersitzt. rainer gansera

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