Fazit 98

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Ein Mensch ist immer das Opfer seiner Wahrheiten. Albert Camus hätte im November seinen 100. Geburtstag gefeiert.

Bepreiset die Kunst und bildet Urteile! F

Es darf gelacht werden

Die Zauberflöte ist die meistgespielte Oper in Österreich. Und trotzdem lohnt es, sie in der neuen Grazer Inszenierung anzuschauen.

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ie Melodien, die Wolfgang Amadeus Mozart für diese Oper geschrieben hat, sind längst in vielen Köpfen verankert. Von der albernen Vorstellung des Vogelfängers Papageno über das eindrückliche Duett der Priester – »Entweiht ist die heilige Schwelle, Hinab mit den Weibern zur Hölle!« – bis zur immer aufs Neue berührenden Arie der Königin der Nacht, in der sie ihre Tochter zum Mord anstiftet. Es könnte einem zu den Ohren herauskommen und kommt doch nicht: Diese Oper ist so eindrücklich, so bunt und laut und so einfach zu verstehen, dass sie gerade für Opernneulinge immer wieder aufgeführt werden muss. Was für das Theater Faust und Hamlet sind, ist der deutschen Oper die Zauberflöte. Die ironische Modernisierung durch die französische Regisseurin Mariame Clément geht leider erst im zweiten Akt wirklich auf, sorgt aber dafür, dass die Zauberflöte an der Grazer Oper auch für Kenner noch einen Besuch wert ist. Ohne allzu viel Klamauk wird die leicht antiquierte Handlung des Stücks – der Mann ist allein durch eine Frau an seiner Seite zu beglücken – mit viel Witz aufgefrischt. Dass das gesamte Ensemble dabei selbstverständ80 /// Fazit Dezember 2013

lich zwischen Humor und Tragik, Schauspiel und Gesang changiert, ist eine beeindruckende Leistung: Yosep Kang bestand glänzend in der schwierigen Rolle des Tamino. Tatjana Miyus (Papagena) und Hila Fahima (kurzfristig als Königin der Nacht eingesprungen) sorgten mit ihren Arien für Szenenapplaus. Wilfried Zelinka stach mit seinem sanften Bass in der Rolle des blind tastenden Sarastro heraus und bildete das nötige Gegengewicht zum heiteren Papageno von Andrè Schuen. Dirigent Dirk Kaftan gelang es wieder einmal, mit seinem Orchester Akzente zu setzen: Mit minimalen Variationen innerhalb der bekannten Melodien steigerte er Tempo und Intensität der Mozart-Oper – und wurde zu Recht bejubelt. -mtDie Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart und Emanuel Schikaneder (Libretto). Weitere Vorstellungen am 24. und 30. November sowie 12., 18. und 28. Dezember. Unterschiedliche Anfangszeiten. oper-graz.com

örderpreise sind so eine Sache: Künstler treten mit ihren Werken, die sich wie die sprichwörtlichen Äpfel von Birnen unterscheiden, gegeneinander an. Und das, weil es um viel Aufmerksamkeit und Geld geht. Die Rede ist nicht von der Großen Chance des ORF, sondern vom Förderungspreis des Landes Steiermark. Für diesen wurde gerade die Ausstellung der besten zehn Künstler im Kunsthaus eröffnet. Der Preisträger für die 10.000 Euro ist bei Redaktionsschluss zwar noch nicht bekannt, wohl aber der Sinn eines solch öffentlich finanzierten Preises: Er soll Künstlern, die auf dem Kunstmarkt noch nicht überleben können, etwas finanziellen Freiraum und vor allem Aufmerksamkeit verschaffen. So weit, so gut. Dass es bei diesem Wettbewerb 200 Einreichungen gab, von denen nur zehn durch den polnischen Kurator Jaroslaw Suchan für die Ausstellung im Kunsthaus ausgesucht wurden, ist eine erste qualitative Hürde. Diese Auswahl, deren Treffsicherheit wir in Unkenntnis der 190 anderen Künstler nicht beurteilen können, schützt natürlich nicht davor, dass auch die eine oder andere Kunstsimulation und so manche – eben nur vermeintlich künstlerische – Infantilität aufs Podest gestellt bzw. an die Wand gehängt wird. Das gehört dazu und im Kern geht es ja darum, das Gute und Förderungswürdige zu finden, das sich von den anderen abhebt. Weil es auffällt und anregt. Sinnlich oder intellektuell – das ist dann tatsächlich Geschmackssache. Ein sympathischer Zug ist es, dass der diesjährige Hauptpreis durch eine Publikumsabstimmung vergeben wird bzw.


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