Fazit 171

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Erfolg braucht Führung

Managementserie

Führen in kritischen Situationen Klarheit und Empathie im richtigen Maß

Ein Gespräch von Carola Payer mit der pensionierten Hebamme und Autorin Petra Schurian-Krassnig

Fotos: Marija Kanizaj, Archiv

Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

44 /// FAZIT APRIL 2021

I

n Helferberufen kommt man oft in brenzlige Situationen. Da ist Krisenmanagement erforderlich. Petra Schurian war 25 Jahre als selbstständige Hebamme mit eigenem Entbindungsheim in Buchscheiden bei Feldkirchen tätig und hat 3.000 Spontangeburten begleitet. In der Pension hat sie ihr spannendes Leben und ihre Erfahrungen in einem Buch zusammengefasst. Sie hat genügend Situationen erlebt, in denen man einen kühlen Kopf bewahren muss und hohe Verantwortung hat, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zwar ist eine Geburt an und für sich ein natürlicher Prozess, kann aber schnell zu einer Situation zwischen Leben und Tod für Mutter und Kind werden. Wie können Führungskräfte auch in zeitkritischen und komplexen Situationen fundierte Entscheidungen treffen und Risiken minimieren? Im Managementalltag von Führungskräften kommt gerade in kritischen Situationen das Leistungsspektrum guter Führungsstrategien zum Tragen. Petra Schurian zeigt auf, welche Wege sie gewählt hat, Familien in dieser besonderen Situation der Geburt zu begleiten und wie sie bedrohliche Situationen gemeistert hat.

Geburt auf Termin oder als natürlicher Prozess Möglichst vielen Frauen eine natürliche Geburt zu ermöglichen, war für Petra Schurian die Motivation, ein eigenes Entbindungsheim zu gründen. Sie ist überzeugt davon, dass Mutter und Kind davon profitieren. etra churian zum orteil einer natürliche Geburt: »Der absolute Gewinn ist, dass die Mutter es selbst geschafft hat, indem sie geboren hat und nicht entbunden worden ist. Die Frau erlebt das Frausein und Mutterwerden ganz bewusst und das Bonding von Mutter und Kind ist gegeben. Somit erlebt das Neugeborene dieses Urvertrauen, das so wichtig ist. Jede Geburt prägt einen Menschen nachhaltig und sollte durch nichts zerstört werden. Bei geplanten Geburten durch Kaiserschnitt erlebt das Kind sein erstes Trauma, das sich in den verschiedensten Ängsten widerspiegelt. Wenn Erwachsene nicht durch einen Tunnel fahren können, in Aufzügen Platzangst bekommen oder beim Schwimmen ständig Angst haben zu ertrinken, kann dies absolut auf die unbewussten Geburtserlebnisse bei einem Kaiserschnitt zurückzuführen sein. Das Unterbewusstsein vergisst nicht. Die Frau hat das Geburtserlebnis verschenkt und kann dies auch nicht mehr ändern. Man hat bei Tierversuchen festgestellt, dass wenn das Muttertier die Geburt nicht bewusst erlebt hat, nimmt es zu 89 Prozent das Junge nicht als das seine an. Damit will ich sagen, dass in diesem Fall dieses unmittelbar während und nach der Geburt entstehende Bonding, das durch Hormone gesteuert wird, nicht gegeben ist.«

Vertrauen als Voraussetzung Petra Schurian: »Meine Frauen, die mich als Hebamme ausgewählt haben, müssen das unbedingte Vertrauen in mich haben, dass ich alles rund um die Geburt und auch danach richtig manage. Wenn ich aus medizinischen Gründen eine Geburt abbrechen und die Frau zur Geburt in eine Klinik überweisen muss, dann hat das auch seinen absoluten Grund und es gibt darüber keine Diskussionen, ob ja oder nein.« Des Weiteren betont sie, dass die menschliche Zuwendung den Familien oft mehr Sicherheit geben kann und nicht durch medizinische Apparate zu ersetzen ist. Die Hebamme muss Vertrauensperson sein, der Partner der Anker. Das Schaffen einer geschützten und sicheren Umgebung für die Gebärenden ist erforderlich, um loslassen zu können. Eine Geburt ist immer ein »Loslassens-Prozess«, der unter Stress und


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