Essay von Lukas Mandl
Europa braucht jetzt Vertrauen in die eigenen Stärken nter dem oft schwer fassbaren Begriff der »Desinformation«, die ich im Sonderausschuss des Europäischen Parlaments behandle, eröffnet sich ein breites Themenfeld, das einer genaueren Betrachtung bedarf. Dieser Ausschuss, dem auch der Delegationsleiter der SPÖ im Europäischen Parlament, Andreas Schieder angehört, wurde nun um ein weiteres Jahr bis März 2022 verlängert. Was auch bedeutet: Die Arbeit ist noch lange nicht getan. Sie wird im Gegenzug mehr, weil sich auch die Bedrohungen, die damit einher gehen, wachsen. s sind Gefahren, die wir oft nur an der berfläche verschwommen wahrnehmen, was uns aber nicht hindern darf, an unserer Verteidigung zu arbeiten. Denn die Erscheinungsformen ändern sich ständig und auf unserer Agenda für verantwortungsvolle Politik steht neben der Verteidigung gegen »hybride Bedrohungen« auch das Verständnis für deren Ursachen. Die Angreifenden haben ein Ziel: Europa zu spalten. Darum ist es an der Zeit, unsere Werte, Ideale und Haltungen zwar stets kritisch zu reflektieren, aber sie auch in Form und Inhalt zu Kraft uellen in der Behauptung unseres Lebensmodells zu machen. Vertrauen – Selbstvertrauen! – in den »European Way Of Life« und dessen Resilienz ist angesagt. abei ist der eg der Kooperation immer jenem der Konfrontation vorzuziehen urch gelebtes Miteinander kann Europa seine Schwächen im Zaum halten und seine Stärken ausschöpfen. Mit der Europäischen Union gibt es Strukturen, die das Miteinander basierend auf erten wie Menschenwürde, Freiheitsrechte, emokratie und echtsstaatlichkeit stützen. iese Kraft geh rt gelenkt mit Behutsamkeit und ntschiedenheit. enn es gibt viele, die diesen nsatz nicht teilen, man setzt bewusst auf Konfrontation. Der kooperative Ansatz, von dem wir überzeugt sind, hat bei Weitem nicht so viel Anhängerschaft, dass Menschen in Gegenwart und ukunft in Frieden leben k nnten – das zeigt auch die Pandemie-Situation. Unsere Überzeugung ist aber deswegen nicht falsch, noch ist der eg der Konfrontation ein richtiger. Im Inneren unseres Kontinents haben wir gelernt, dass Kooperation zu ohlstand und ukunftschancen führt. as gilt auch für unser Verhalten nach außen, denn Europa öffnet sich allen, die unser Lebensmodell respektieren. Gleichzeitig gilt uropa wappnet sich gegen ngriffe Für die icherheit kommender Generationen und im Sinne der zivilisatorischen Werte. Die Angriffe dabei sind real und finden täglich statt, sind sie doch für enker einiger eile der elt gelebte Praxis. Das mag, zum Schaden von anderen einen kurzfristigen Nutzen für wenige haben; Ursachen lassen sich in Systemkonkurrenz, der Ablehnung der Zivilisation westlicher rägung oder durch isolierte ielsetzungen gegen Freiheit, elbstbestimmung und Gemeinwohl finden. Trachtet man danach, den Binnenmarkt, das Miteinander von Staatsgrenzen und Sprachräumen zu spalten, hat das oft durch gegenseitiges Misstrauen seinen Ausgangspunkt. Wenn wir mit diesem anderen begegnen, eine »hidden agenda« orten oder aus Unkenntnis rgwohn wachsen lassen und wir uns in ocial Media Kanälen verlieren, statt andere persönlich um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzubieten. Dann kann es dazu führen, dass wir den Wert der Wissenschaft nicht schätzen oder demokratische Legitimation nicht anerkennen und dass wir journalistisch recherchierte Medienhalte kaum von der Flut an llerlei, von Katzenvideos bis zur assrede, unterscheiden. o werden Gräben vertieft und wir schaffen der Desinformation Einlass in viele unserer Gesellschaftsbereiche. Dies lässt sich durch negative Emotionen noch weiter eskalieren, wie etwa beim Sturm auf das Kapitol im vergangenen ahr. Meinungsverschiedenheiten zeichnen eine Gesellschaft in Freiheit und rosperität aus, in spalterischer bsicht k nnen diese erschiedenheiten durch Desinformation aber gegen uns gewendet werden. abei gilt e tiefer die Gräben und je kleiner die plitter, desto effektiver sind die ngriffe. Was wir von den Attacken wahrnehmen, sind eher die Symptome, nicht die Zusammenhänge und nicht die Urheber. Damit einher geht ein Vertrauensverlust, wenn Institutionen und Medien angezweifelt werden. Es geht hier nicht um den wertvollen
Der 3. Mai ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Unmittelbar davor erscheint im April das »Österreichische Jahrbuch für Politik«, für das Lukas Mandl diesen Beitrag verfasst hat, der in verkürzter Fassung abgedruckt ist.
Foto: Marc Lahousse
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Mag. Lukas Mandl, geboren 1979 in Wien, ist seit 2017 Mitglied des Europäischen Parlaments, wo er stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses ist und den Ausschüssen für innere Sicherheit, Arbeitsmarkt und Außenpolitik angehört. Zuvor war er von 2008 bis 2017 Abgeordneter zum niederösterreichischen Landtag. lukasmandl.eu. FAZIT APRIL 2021 /// 39