Fazit 145

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Erfolg braucht Führung

Managementserie

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Lernen ein Leben lang Lernbereitschaft in Organisationen.

Ein Interview von Carola Payer mit der 85-jährigen digital-affinen, wissbegierigen und ständig lernenden Christl Payer.

Fotos: Marija Kanizaj, Nike Payer

Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

48 /// FAZIT AUGUST 2018

ls ich meine Mutter anrufe und ihr sage, dass ich sie gerne für einen Artikel interviewen würde, sagt sie mir: »Ich kann nur kurz, ich geh grad ins Sprachcafe.« Ich erkläre ihr, dass ich ihr vorab ein paar Fragen zur Orientierung schicke. Genau einen Tag später um 21:45 Uhr bekomme ich ein E-Mail. »Was ist mit den Fragen?! – ich bin morgen und übermorgen schon sehr beschäftigt. Ich muss mir meine Vorbereitung einteilen.« – Eine »Proaktivität«, die man sich von so manchem Mitarbeiter mit langer Zugehörigkeit im Unternehmen gerne wünschen würde. Lernbereitschaft als Kompetenz für Wettbewerbsfähigkeit Heute ist es eine klare Überzeugung. Lebenslanges Lernen ist notwendig für gesellschaftliche und ökonomische Erfordernisse. Leitlinien der Europäischen Union und Personalentwicklungs-Konzepte betonen, dass lebenslanges Lernen ein Schlüssel dafür sei, die kommenden Wachstumsherausforderungen zu meistern. Gezielt Wissen, Qualifikationen, Fertigkeiten und Kompetenzen für zukünftige Beschäftigungsfelder zu schaffen, garantiert die Integration in den Arbeitsmarkt. Nach- und außerberufliches Lernen oder soziale und persönliche Entwicklung werden wenig thematisiert. Gerade das soziale Umfeld, persönliche Entwicklung und persönliche Reflexionsfähigkeit tragen zur Lernbereitschaft bei. Christl Payer auf die Frage, was sie antreibt, trotz hohen Alters immer Neues zu lernen: »Mein Vater hat mir gesagt, als ich Probleme in der Schule hatte, dass ich Bücher lesen sollte, weil in Büchern alles drin steht, was man wissen müsste. Als Nächstes war mein Deutschlehrer prägend. Dieser hat mich für alle Fachrichtungen fasziniert. Er hat mich auch zum Rundfunk gebracht und mich in Sendungen integriert. Dort habe ich mein erstes Taschengeld verdient.« Das richtige Umfeld fördert also Lernbereitschaft. Was bedeutet das für Organisationen?

Unterstützende Lernumgebungen schaffen Eine unterstützende Lernumgebung zu schaffen ist einer der zentralen Punkte, um eine lernende Organisation zu entwickeln. Die letzten Jahrzehnte wurden Organisationen aber darauf getrimmt, sehr effektiv zu sein um im Wettbewerb zu bestehen. Raum für Lernen, Austausch und Reflexion wurde in den Stellenbeschreibungen und Meetings nicht einkalkuliert. Operatives Funktionieren wurde mehr belohnt. Unterschiedlichen Meinungen, Hintergründe und Weltanschauungen müssen als Chance genutzt werden. Jemandem zuzuhören, der eine andere Sicht auf Dinge hat, heißt schon, zu lernen und kreativ zu werden. Diese bewusste Auseinandersetzung mit der Vielfalt im Unternehmen fördert auch die Offenheit für neue Ideen. Lernkultur bedeutet optimierte Fragekultur: Keine Frage ist zu kritisch, zu naiv oder zu »dumm«. Fehler und Unklarheiten dürfen offen angesprochen werden und es muss ausreichend Zeit zur Reflexion geboten werden. Christl Payer betont auch: »Fragen war für mich immer wichtig und für das Lernen enorm hilfreich. Speziell bei digitalen Themen.« Um organisationales Lernen zu fördern, bedarf es wie in allen anderen Bereichen des Unternehmens auch konkreter Lernprozesse und Lernpraktiken. Sei es durch standardisierte »After Action« Reflexionsrunden oder regelmäßige Expertenrunden mit Kunden oder Lieferanten.


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