Fazit 133

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Alles Kultur Ausstellung

Medienwerk Orange

Fotos: Allan Warren, DeDeerns, Suhrkamp, GEOPHO/Ciscommunity (2)

Was ist Populismus? Von Jan-Werner Müller April 2016 Edition Suhrkamp

de facto ausgeschlossen wurden.« Das ist die Pointe seiner Definition. Zugleich ist es fraglich, ob eine solche Theorie dem Phänomen von Parteien wie FPÖ oder AfD wirklich gerecht wird. Diese wären dann, so meine Einschätzung, nur zum Teil populistisch. Ihre Position in jenem Grundkonflikt unserer Zeit, dem Konflikt »Globalismus vs. Nationalismus«, ihre Opposition gegen weitestgehende Auflösung von Volk in Menschheit, wäre nicht automatisch als populistisch (im Sinne Müllers) diskreditiert. Müllers Definition ist interessant, sein Essay unbedingt lesenswert. Wie viel Populismus in einzelnen Parteien und politischen Bewegungen tatsächlich zu finden ist, bleibt eine offene Frage. Er schreibt: »Solange wir in repräsentativen Demokratien leben, wird es Populismus geben.« Ich stimme dem zu. Müller betont immer wieder das Prozesshafte: Demokratie, auch Volk als Prozess ... Es gehört allerdings auch zu diesen Prozessen, dass eine Seite das Feste, das Bleibende von Volk und Demokratie betont, Grenzen zieht gegen die Bewegung ins Grenzenlose. Auch Populisten können hier eine wichtige Rolle spielen. Ich stimme Müller schließlich aber auch zu, wenn er festhält, Populisten »können [...] das ursprüngliche Versprechen der Demokratie auf kollektive Autonomie [nicht] einlösen.« Und ich füge hinzu: Unsere liberale repräsentative Demokratie ist auch nur eine leidlich funktionierende politische Organisationsform, kein Heiligtum. Hoffen wir, dass sie weiterhin funktioniert. n

Eine aktuelle Ausstellung im Designforum Steiermark widmet sich dem Mediendesign des letzten analogen Zeitalters.

Von Peter K. Wagner

G

ustav Peichl hätte erfolgreicher Architekt werden können. Oder erfolgreicher Karikaturist. Aber Gustav Peichls Biographie ist eine der herausragenden Sorte. Also wurde er beides. Im nächsten Jahr wird der gebürtige Wiener 90 Jahre alt. Dass seine Biographie so außergewöhnlich wie erfolgreich ist, wissen ein paar Menschen. Hier der Erbauer der ORF-Landesstudios von Dornbirn, Eisenstadt, Graz, Innsbruck, Linz, St. Pölten und Salzburg. Dort der Karikaturist »Ironimus«, bekannt aus »Presse« oder »Süddeutsche Zeitung«. Doch Peichl war sogar noch mehr: Er war auch Produktdesigner. Und hätte er mit dieser Karriere nicht im letzten analogen Jahrzehnt begonnen, vielleicht wäre er Österreichs Jonathan Ive geworden. Denn 1974 schuf Peichl zum 50. Geburtstag des ORF einen Radio. In Rot und Schwarz. Nicht ganz zufällig. Das sei auch eine kleine Replik auf die politische Situation des Landes gewesen, sagt ein Mann, der vor kurzem Bundespräsident a. D. werden hätte können. Oder Studiengangleiter einer Hochschule. Sein Name: Heinz Fischer. Genauer: Heinz M. Fischer. Dieser Heinz M. Fischer entschied sich für Letzteres und entlässt deshalb jährlich potenzielle Nachwuchsjournalisten- und PR-Junior-Consultants von der Fachhochschule Joanneum in die freie Berufswildbahn. Privat ist er der Medientechnik verfallen. Hunderte Exponate aus dem gesamten 20. Jahrhundert hat er angesammelt. Die ORF-Radios von Peichl sind auch darunter. Für den aktuellen Designmonat hat er am Grazer Andreas-Hofer-Platz einige seiner Sammelstücke zu einer Ausstellung mit dem Titel »The Orange Age« zusammengetragen.

»Freundlich, offen und farbig«, sei das Design dieser Zeit, sagt Heinz M. Fischer. Die dominante Farbe des Jahrzehnts darf sich der aufmerksame Leser denken. Wie fesch das letzte analoge Medienwerk auch heute ist, zeigt das Designforum Steiermark noch bis 17. Juni. Danach geht die Ausstellung auf Reisen in Österreich. n

The Orange Age Noch bis 17. Juni 2017 Di bis Sa von 13 bis 19 Uhr Designforum Steiermark in Graz am Andreas-Hofer-Platz 17 designmonat.at

FAZIT JUNI 2017 /// 81


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