Alles Kultur Straßen- und Figurentheaterfestival
Belebung der Hundewiese
Zum 19. Mal will La Strada die Grazer Straßen und Gassen in eine öffentliche Bühne verwandeln. Und macht nicht einmal vor verschrienen Fleckchen Stadt halt. Eine Vorschau zwischen italienischer Piazza und schwedischen Grenzen.
Von Peter K. Wagner
V
or zwei Sommern sprach Werner Schrempf einmal in einem Interview mit dem Autor dieser Zeilen vom Grazer Augarten. Der Grazer Augarten, der sei ein gutes Beispiel für das, was ein Festival wie das seine bewirken könne. Denn weiland sei der Augarten einer dieser Orte in der Murmetropole gewesen, in die man sich nur ungern verirrte. Mittlerweile sei das anders. Der erste kleine Sonnenstrahl des Tages genüge. Schon strömten Menschen von allen Seiten herbei, um den Park positiv zu beleben. Positiv beleben. Ja, das ist so etwas wie die Quintessenz des Straßenfestivals »La Strada«. Heuer
bereits im 19. Jahr. Das Jubiläum im Auge haben Intendant Schrempf und sein Team ein Programm zusammengestellt, das die Straßen von Graz einmal mehr in eine »öffentlichen Bühne« verwandelt sehen will. Neun Tage lang zwischen 29. Juli und 6. August. Bei (wahrscheinlich) bestem Hochsommerswetter. »Wir wollen Bewegung auf der Straße schaffen«, sagt er. Mit Antoine Le Menestrel räkelt sich etwa ein Guru der Fassadenkletterei an hiesigen Gebäuden und Gruppen wie »Cirkus Cirkör« oder »Cheptel Aleïkoum« akrobaten um die Gunst des Publikums. Dass das erstgenannte, schwedische Ensemble diesmal eine Produktion mit dem Titel »Limits« aufführt, ist den aktuellen ge-
La Strada Straßentheater in Graz 29.7.–6.8.2016 lastrada.at
sellschaftlichen Herausforderungen mit Grenzen, Obergrenzen und Obergrenzensuntergrenzen geschuldet und damit ebenso Selbstverständnis von La Strada wie ein Programm das sich zwischen Straßenund Figurentheater sowie Musik (Wandering Orquestra!) bewegt. Besonders charmant könnte es am Ortweinplatz bei einem der vielen kostenlosen Programmpunkte werden. Dort habe man es mit einem Platz zu tun, der ein bisschen aus dem Bewusstsein der Bevölkerung geraten sei. Meint Manfred Weissensteiner, der künstlerische Leiter und Gründer des Theater am Ortweinplatz, der für die dortige Bespielung im Rahmen des Festivals sorgt. „Eigentlich wird der Ortweinplatz nur als Hundewiese verwendet, obwohl er mitten in der Stadt ist“, sagt er weiter. Nun soll dem kleinen, verrufenen Fleckchen zwischen Jakominiplatz und Messe neues Leben eingehaucht werden. Von der Hundewiese zur italienischen Piazza ist das Motto. Mit einem Kaffeehaus und einer Promenade samt junger Schauspieler, die »kleine Liebesgeschichten und Begegnungen« zeigen. Nun sollte man nicht damit rechnen, dass nach diesem zweitägigen Spektakel auch der Ortweinplatz eine Wandlung augartschen Formats durchmacht. Aber es klingt zumindest nach einem Anfang. n
KURZE NOTIZ ÜBER DEN BACHMANN-PREIS VON MICHAEL BÄRNTHALER Mir graut vor dem Bachmann-Preis. Ich habe nur Tweets darüber gelesen. Ich habe mir drei Texte ausgedruckt, die wollte ich eigentlich lesen. Ich soll jetzt einen Text über den Bachmann-Preis schreiben.Ich habe zugesagt, also muss ich jetzt wohl einen Text über den Bachmann-Preis schreiben. Wenn ich sage, mir graut vor dem Bachmann-Preis, so ist damit kein irgendwie produktives Grauen gemeint, kein Ekel, der dazu einlüde, ihn zu beschreiben, sondern eher totales Desinteresse, Ablehnung, Abgetörntheit. Also ungefähr das, was ich empfinde, wenn ich an Stefanie Sargnagel denke. Die hat heuer den Publikumspreis gewonnen. Aber der Bachmann-Preis ist ohne Sargnagel so uninteressant wie mit Sargnagel. Den eigentlichen Bachmann-Preis gewann übrigens eine gewisse Sharon Dodua Otoo, deren Text die Jurorin Sandra Kegel mit den Worten lobte, es handle sich dabei um »eine charmante, unangestrengte Satire über deutschen Alltag«. Nun, ich glaube ihr das mal. Das waren die Höhepunkte. n
FAZIT AUGUST 2016 /// 81