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Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR

Wichtige Richtlinien: Dachoberlichter planen und positionieren

Die Beleuchtung für industriell und gewerblich genutzte Bauten stellt Unternehmen und Planer vor Herausforderungen, denn sie soll nicht nur für bestmögliches Sehvermögen sorgen, sondern auch wirtschaftlich sein. Die Beleuchtung mit Tageslicht zu den Nutzungszeiten zu gewährleisten, ist der sicherste Weg, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Dachoberlichter wie Lichtkuppeln und Lichtbänder sind dafür die ideale Lösung. Zusätzlich können sie der Raumlüftung dienen und als natürlich wirkendende Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) ausgeführt werden. Um ihr Potenzial auszuschöpfen, sind bei der Planung einige Regeln und Richtlinien zu beachten.

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An 85 % aller Tage steht während der Kernarbeitszeit ausreichend natürliches Licht zur Verfügung. Dabei erzielt die Sonne Außenbeleuchtungsstärken von 3.000 bis 100.000 Lux: Das sind weit höhere Beleuchtungsstärken als übliche Arbeitsplatzleuchten erreichen. Besonders lassen sich diese Stärken über Dachoberlichter nutzen. Durch Lichtkuppeln und Lichtbänder ist der Lichteinfall um ein Fünffaches höher als über seitliche Fensterflächen, da sie den Raum mit dem Zenitlicht beleuchten. Dieses hat eine dreimal so große Leuchtdichte wie das Horizontlicht und steht auch bei bewölktem Himmel ganztägig zur Verfügung. So kann Kunstlichtbeleuchtung auf eine reine Ergänzungsbeleuchtung reduziert werden.

Natürliche Beleuchtung und Sichtverbindung nach außen

Von einer natürlichen Beleuchtung profitieren Unternehmen gleich mehrfach. Tageslicht ist kostenlos und tagsüber stets verfügbar, gleichzeitig dient es dem Wohlbefinden der Mitarbeiter. Sie sind fitter und motivierter, wodurch auch die Fehler- und Unfallrate sinkt. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) schreibt eine natürliche Beleuchtung des Arbeitsplatzes über Fensterflächen und eine Sichtverbindung nach außen vor, um den sogenannten „Bunkereffekt“ für Beschäftigte zu vermeiden. Genauer werden die Anforderungen an die Beleuchtung in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A3.4 Beleuchtung definiert. So ist die Tageslichtversorgung in einem Industriegebäude ausreichend, wenn in den Arbeitsräumen mit Dachoberlichtern ein Tageslichtquotient erreicht wird, der größer als 4 % ist oder wenn mindestens ein Verhältnis von lichtdurchlässiger Fläche bzw. Oberlichtfläche zur Raumgrundfläche von 1 : 10 eingehalten wird. Um die Vorgabe der ASR A3.4 auch in großflächigen Industriebauten zu erfüllen, sollten mindestens 8 % der Dachfläche mit Öffnungen wie Lichtkuppeln oder Lichtbändern ausgestattet werden. Da es sich hier um die Mindestanforderungen handelt, können je nach Tätigkeit oder Mitarbeiterstruktur (z. B. ältere Mitarbeiter) auch höhere Beleuchtungsstärken erforderlich sein.

Lichtkuppeln optimal dimensionieren

Welches Dachoberlicht am besten geeignet ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Lichtbänder dienen vor allem in hohen Hallen und bei langgestreckten Arbeitsplätzen zur natürlichen Beleuchtung, da sich ihre gewölbten oder satteldachförmigen Elemente über weite Teile des Daches erstrecken. Für eine optimale Lichtverteilung im Raum sorgen Lichtkuppeln. Werden diese gleichmäßig über die gesamte Dachfläche eingebaut, sorgen sie für eine ebenmäßige und blendfreie Ausleuchtung ohne Schattenwurf. Idealerweise befindet sich pro 100 m2 Gebäudefläche mindestens eine Lichtkuppel. Zwischen den einzelnen Dachoberlichtern muss ein Mindestabstand von 1 m eingehalten werden. Werden die Lichtkuppeln auch als Rauch- und Wärmeabzugsgeräte verwendet, sind zwischen ihnen größere Abstände notwendig. Beim Einbau muss der Dachrand ausgespart werden, um die Dachoberlichter nicht erhöhten Windlasten auszusetzen. Am häufigsten wird heute eine dreischalige Lichtkuppel aus Acryl- oder PolycarbonatKunststoffglas eingesetzt. Sie wird in vielen Standardgrößen mit Aufsetzkränzen vorproduziert. Sind erhöhte Anforderungen an den Wärmeschutz zu stellen, kommen z. B. Lichtkuppeln mit zusätzlichen Verglasungselementen zum Einsatz. Der Einbau von Lichtkuppeln erfolgt direkt auf

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Bild 1. Lichtbänder sind vor allem bei hohen Hallen und langgestreckten Arbeitsplätzen von Vorteil.

der tragenden Auswechselung. Dafür werden die Aufsetzkränze zunächst fi xiert und an die Flächenabdichtung angeschlossen. Der Grundsatz, dass Dachdeckungen regensicher und Dachdichtungen wasserdicht sein müssen, gilt auch beim Einbau von Dachoberlichtern. Diese und weitere Regeln sind in den „Flachdachrichtlinien“ des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) repräsentiert.

Die Energieeffi zienz hängt vom U-Wert ab

Vor der Auswahl der Dachoberlichter muss der erforderliche Wärmedurchgangskoeffi zient (U-Wert) ermittelt werden. Schließlich sollen im Sommer ein Aufheizen der Räume vermieden und im Winter Wärmeverluste minimiert werden. Der U-Wert gibt an, wie viel Wärme pro m2 Oberfl äche verloren geht, wenn es draußen kälter ist als im Gebäudeinneren. Je höher der U-Wert, umso schlechter ist die

Bild 2. Lichtkuppeln verteilen das Licht optimal im Raum. Bild 3. Eine regelmäßige Wartung ist wichtig, um die Funktionssicherheit zu gewährleisten.

Dämmwirkung eines Bauteils und damit umso größer der Verlust von Wärmeenergie. Die Prüfung des Wärmedurchgangskoeffi zienten erfolgt nach der DIN EN 1873:2014 „Vorgefertigte Zubehörteile für Dachdeckungen – Lichtkuppeln aus Kunststoff – Produktspezifi kation und Prüfverfahren“. Hierbei wird ein fl ächenbezogener U-Wert für jedes einzelne zum System gehörende Bauteil (Aufsetzkranz, Rahmen, Verglasung und zusätzlichen Fugenbeiwert) ermittelt. Diese Werte fl ießen dann in einen URC-Wert, den Mittelwert des U-Werts, für die gesamte Konstruktion ein. Erhältlich sind Lichtkuppeln mit URC-Werten bis 0,9 W/ m2K. In der Regel werden mehrschalig aufgebaute Lichtkuppeln verwendet, da sie einen geringeren U-Wert haben. Viele Jahre gehörten zweischalige Lichtkuppeln mit einem U-Wert von 3,5 W/m2K zum Standard. Nach den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 gilt für Neubauprojekte ein Höchstwert von 2,5 W/m2K.

Energielabel und Reduzierung von Blendungen beachten

Wie energieeffi zient Dachoberlichter sind, lässt sich besonders einfach anhand des FVLR-Energielabels erkennen. Das Fraunhofer Institut für Bauphysik (FHG-IBP) Stuttgart hat zusammen mit dem Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR) ein Label entwickelt, das mit seinen Abstufungen in Energieeffi zienzklassen dem für Haushaltsgeräte ähnelt. Für die energetische Bewertung von Dachoberlichtern werden der Wärmeertrag und der Wärmedurchgang berücksichtigt. Der Wärmeertrag beschreibt, wie viel der Strahlungsenergie der Sonne nach innen gelangt und somit im Winter zur Entlastung der Heizung beiträgt. Der Wärmedurchgang gibt ein Indiz, wie viel Wärme pro m2 des Bauteils je Grad Temperaturdiff erenz vom beheizten Innenraum nach außen fl ießt. Neben der Energieeffi zienz sollte auch auf die Blendwirkung eines Dachoberlichts geachtet werden. Sonnenstrahlen auf Bildschirmen oder Displays können die Beschäftigten blenden und bei der Arbeit behindern. Die Gefahr einer Blendung

Bild 4. Besonders hohe Beleuchtungsstärke: Dachoberlichter nutzen das helle Zenitlicht.

lässt sich durch eine lichtstreuende Einfärbung der Lichtplatten minimieren. Ein grüner Button auf dem Energielabel kennzeichnet eine geringe Blendgefahr und ein roter, dass eine Blendung nicht auszuschließen ist und je nach Nutzung des Gebäudes eventuell ergänzende Maßnahmen für den Blendschutz erforderlich sind.

Lüftung durch thermischen Auftrieb

Neben optimalem Sehvermögen und großer, gesundheitsfördernder Tageslichtzufuhr tragen Dachoberlichter mit entsprechenden Öff nungsmechanismen auch zur natürlichen Lüftung bei. Dafür nutzen sie infolge ihrer hohen Einbaulage im Dachbereich das Prinzip des thermischen Auftriebs und leiten die verbrauchte Luft oder überschüs-

Bild 5. Ausgeführt als NRA dienen Dachoberlichter im Brandfall der Entrauchung.

sige Wärme ins Freie. Über Nachströmöff nungen, Türen und Tore im unteren Drittel der Gebäudefassade strömt frische Luft nach. Der Luftwechsel sorgt für ein angenehmes Raumklima. Der thermische Auftrieb dient auch der Funktion der natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG). Im Brandfall öff nen sich diese automatisch und werden im geöff neten Zustand arretiert. Durch die Brandhitze steigen die entstehenden Zersetzungsprodukte nach oben und gelangen durch die NRWG nach außen. Im un-

Bild 6. Entlüftung: Der thermische Auftrieb leitet die verbrauchte Luft nach außen.

Bild 8. Dank Mehrfachnutzen sind Dachoberlichter eine wirtschaftliche Lösung (Fotos/Grafik: Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR))

Bild 7. Dachoberlichter in Kombination mit NRWG: Im Brandfall werden Lagerbestände und Maschinen durch eine raucharme Schicht geschützt.

teren Hallenbereich entsteht eine raucharme Schicht, sodass sich die Personen aus der Halle retten können und die Feuerwehr bei ihrem Löscheinsatz unterstützt wird. Zudem fällt der Schaden an in der Halle lagernden Waren und Maschinen möglichst gering aus. Zusätzlich wird die tragende Konstruktion entlastet und der Einsturz der Halle vermieden.

Funktionssicherheit bei regelmäßiger Wartung

Über die Muster-Industriebaurichtlinie (M-IndBauRL) ist die Entrauchung z. B. für Industriegebäude gesetzlich geregelt. Ab einer Grundfläche von 200 m2 muss der Planer bei einem Hallenneubau eine Rauchableitung nachweisen, um die Brandbekämpfung zu unterstützen. Die MIndBauRL informiert auch darüber, wie NRWG anzuordnen sind. Pro maximal 400 m2 Grundfläche muss mindestens ein NRWG installiert sein und eine aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche von mindestens 1,5 m2 gewährleistet sein. Um die Funktionssicherheit der Dachoberlichter und NRWG zu bewahren, müssen diese regelmäßig gewartet werden. Bei der Wartung und bei weiteren Dacharbeiten kommt es immer wieder zu Abstürzen von Dächern und Durchstürzen durch nicht begehbare Flächen. Um diese gefährlichen Unfälle zu vermeiden, müssen alle Arbeitsplätze auf Dächern mit mehr als 2 m Absturzhöhe nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A 2.1 mit Einrichtungen zur Absturzsicherung von Personen ausgestattet sein. Wo dies aus technischen Gründen nicht möglich ist, müssen Auffangvorrichtungen vorhanden sein. Für Lichtkuppeln und Lichtbänder stehen Lösungen als dauerhaft durchsturzsicheres Lichtelement oder mit innerhalb oder unterhalb der Lichtöffnung angeordneten Absturz- und Durchsturzsicherungen als Kollektivschutz zur Verfügung. Entsprechende Lösungen lassen sich auch nachträglich einbauen. Nur wenn solche kollektiven technischen Schutzmaßnahmen aus technischen Gründen nicht möglich sind, darf auf persönliche Schutzausrüstung wie Anseilschutz zurückgegriffen werden. Der FVLR empfiehlt, nur Dachoberlichter zu verwenden, die mit einer dauerhaften Durchsturzsicherheit ausgeführt werden und gekennzeichnet sind. Werden Sicherheitsmaßnahmen beachtet und die Richtlinien bei der Anordnung der Dachoberlichter befolgt, bieten Lichtkuppeln und Lichtbänder eine langfristige, wirtschaftliche Lösung mit Mehrfachnutzen für jegliche Industrie- und Gewerbebauten, Sportstätten und andere große Bauten, z. B. im Gesundheits- und Bildungswesen.

Weitere Informationen:

Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR) Dipl.-Ing. Thomas Hegger, Geschäftsführer Ernst-Hilker-Straße 2, 32758 Detmold Tel. (05231) 309 59-0, Fax (05231) 309 59-29 info@fvlr.de, www.fvlr.de