piz Magazin No. 44

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Der Fototermin am Zürcher

Pares – ohne ihn geht eigentlich nichts! Madlaina, die

Stadthausquai wird zum

Älteste der nachfolgenden Janett-Generation, ist in

durchs Land tourt. Als sie ihr Vater damals fragte, ob

spontanen Konzert mit begeis-

Sulgen im Thurgau aufgewachsen. Die Mutter, Kin-

sie mitmachen wolle, erinnert sich Madlaina, sei sie

terten Touristen als Zuhörer:

dergärtnerin, hat ihren Vollblutmusiker-Ehemann

perplex gewesen: «Machsch en Witz?»

Madlaina, Cristina und

Curdin (59) – wie im Bilderbuch – schon als Mäd-

Anna Staschia Janett (v.l.n.r.)

CD-TIPP Fränzlis live. Da la Turnhalla a la Tonhalla. Zytglogge Verlag, 2009. CHF 28.50

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heute wieder als Multiinstrumentalist und Kabarettist

chen in Tschlin kennengelernt, wo sie oft in den Fe-

Schwester und Cousine

rien war. Tochter Madlaina war noch nicht einmal auf

Neu ist nun auch ihre Schwester Cristina mit dabei,

der Welt, als ihr Vater und seine Brüder Domenic (Kla-

die klassische Konzertcellistin und Cellolehrerin. An

rinette) und Duri (Kornett) zusammen mit Men Stei-

der Hochschule der Künste in Bern hat sie mit einem

ner (Violine) und Flurin Caviezel (Bratsche) «Ils Fränz-

Master in Musikpädagogik abgeschlossen. In Zürich

lis da Tschlin» gründeten. Der «Urfränzli», der Erfinder

absolvierte sie den Studiengang Master Perfomance.

der eigenwilligen, auch manchmal schrägen Volks-

Cristina war Mitglied des Schweizer Jugend-Sinfonie-

musik, war der blinde Geiger und Klarinettist Franz-

Orchesters. Heute spielt sie in verschiedenen Kam-

Josef «Fränzli» Waser (1858–1895).

mermusik-Ensembles und auch in der Formation für

«L’amur nun es pulenta». Für die «Fränzlis» ist – wie

neue Schweizer Volksmusik namens «C’est si B.O.N.».

im romanischen Sprichwort – die Volksmusik wie die

Zusammen mit Barbara Gisler, ebenfalls eine bravou-

Liebe keine gewöhnliche Polenta, keine Alltagskost.

röse klassische Cellistin und früher einmal Nachbars-

Musiziert haben sie alle von Kindsbeinen an. Wie

kind, mit Madlaina, mit Bruder Niculin (22), dem

schon ihre Onkel, baba Clà und baba Giovanin, die

Jazz-Saxophonisten, und mit Curdin Janett. Die Beat-

zuhause im Unterengadin im legendären (ehemali-

les werden auf Romanisch übersetzt, Streicher jo-

gen) Hotel Muttler für ihr Dorf und bei Hochzeitsfes-

deln – es bleibt kein Auge trocken.

ten, aber auch bei Beerdigungen lüpfig aufspielten. Ihr

Zur jüngsten Janett-Generation gehört auch Anna Sta-

Grossvater Men Janett war langjähriger Dirigent der

schia, die Tochter von Domenic und seiner indisch-

Tschliner Dorfmusik und des gemischten Chors.

schweizerischen Frau Rupali. Sie leben in Stugl im Al-

«Machsch en Witz?»

Ärztin möchte sie vielleicht werden. Oder doch lieber

Die lavuratori (Musikwerkstatt) der «Fränzlis», die je-

Berufsmusikerin? Zur Geigenstunde fährt sie nach

den Sommer in Tschlin stattfindet, hat mittlerweile

Davos. Auch bei ihrem Onkel Jachen Janett hat sie Un-

Kultstatus und wachsenden Zulauf, mit täglichen

terricht. Bei ihren anderen Onkeln und Cousinen

Platzkonzerten und einem Abschlussfest. Ihr 30-Jahr-

spielt sie mit, wann immer es möglich ist. Sie schlingt

bulatal. Ins Gymi geht Anna Staschia nach Samedan,

Jubiläum feiert die Formation mit dem neuen Pro-

eine Schärpe um die Taille, trägt auch einmal den Uni-

gramm «3 x 7 = 21 + 9 = 30, nimm den Löffel und iss

formhut mit Federbusch aus dem Fundus der Vorfah-

die Polenta». Den geradezu dadaistischen Titel ver-

ren – und sie spielt virtuos!

danken sie einem Kollegen, dem er vor 150 Jahren zu

Die Grossfamilie Janett spielt traditionelle und neue

einem alten Engadiner Schottisch einfiel.

Volksmusik, sie bewegt sich lustvoll auch in anderen

Madlaina ist seit 2002 eine «Fränzli», sie übernahm

Stilen, selbst Klassik ist nicht tabu: Weltmusik mit

den Part von Flurin Caviezel, der fünf Jahre lang das

Tschliner Wurzeln. Der Applaus ist nicht enden wol-

Amt für Kultur des Kantons Graubünden leitete und

lend – auch im Unterland.

piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013


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