2015 katalog mutterschiff 2013 2015

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Haus Bethanien, Diakoniewerk Gallneukirchen

ca. 1930

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Herausgegeben vom Atelier Diakoniewerk OÖ Gertraud Gruber, Oskar Hannl, Rosemarie Heidler, Manfred Hiebl, Josef Landl, Peter Luger, Stefan Mann, Ursula Mitter, Natalia Müller, Erika Pabel, Gerhard Pötscher, Helmut Pum, Axel Prießner, Johanna Rohregger, Erika Staudinger, Jutta Steinbeiß, Franz Wallnstorfer, Nikola Wasmayr, Arno Wilthan, Gunter Zehetner und Christoph Raffetseder


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Inhaltsverzeichnis Vorworte Gerhard Pötscher Helmut Pum Christoph Raffetseder Arno Wilthan

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Gerhard Hajek 7 Diakonissen Mutterhaus Bethanien, „Stille Bilder“, 2012 Evi Obermayr 12 Genius loci Projektdokumentation „Mutterschiff 2013 –2015“ Gertraud Gruber, Oskar Hannl, Rosemarie Heidler, Manfred Hiebl, Josef Landl, Peter Luger, Stefan Mann, Ursula Mitter, Natalia Müller, Erika Pabel, Gerhard Pötscher, Helmut Pum, Axel Prießner, Christoph Raffetseder, Johanna Rohregger, Erika Staudinger, Jutta Steinbeiß, Franz Wallnstorfer, Nikola Wasmayr, Arno Wilthan, Gunter Zehetner Gerhard Pötscher Textteile Mutterschiff Kunst am Bau – Haus Bethanien, Gallneukirchen Christoph Raffetseder Natalia Müller und Erika Staudinger Arno Wilthan und Ursula Mitter Helmut Pum und Gerhard Pötscher Statements Gisela Gabauer, Bürgermeisterin Gallneukirchen Sepp Wall-Strasser, Vizebürgermeister Gallneukirchen, Stadtrat für Kultur Christa Schrauf, Rektorin Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen Gerhard Breitenberger, Geschäftsleitung Diakoniewerk OÖ Daniela Scharer, Leitung Kommunikation & PR Diakoniewerk Robert Ritter-Kalisch, Bereichsleiter Behindertenarbeit Diakoniewerk OÖ

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Impressum 59

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Gerhard Pötscher · Vorwort

Seit 2012 arbeite ich mit am Projekt Mutterschiff. Es war ein langer Weg bis zum endgültigen Start. Zu Beginn fanden etliche Treffen im Mutterhaus statt, bei denen viele Ideen gesammelt und ein Teil davon wieder verworfen wurde. Ich beteiligte mich hauptsächlich am Projekt durch das Schreiben von Texten. Meine ersten Texte schrieb ich zu meinem Raumtraining im Mutterhaus. Außerdem beschäftigte ich mich u.a. mit meiner Biografie und Alltagsthemen. Textteile wurden in Kombination mit Bildern zu Comics verwendet und im Diakoniewerk und in Gallneukirchen präsentiert. Eine untergeordnete Rolle spielte das Fotografieren mit dem Handy. Diese Bilder wurden von mir versendet, damit sie von Sehenden bearbeitet werden konnten. Auch besuchte ich das AEC. Dort lernte ich u.a. einen berührungsempfindlichen Bildschirm kennen. Beim Berühren einer Figur spürte ich das Vibrieren in meinen Fingern. Er könnte vielleicht der Vorläufer der heutigen Bildschirme gewesen sein; wie sie in Handys eingebaut werden, die von Blinden und Sehbehinderten verwendet werden. Außerdem durfte ich noch andere Exponate angreifen und testen. Anfangs hatte ich mich oft gefragt, ob meine Entscheidung richtig war, mich an diesem Projekt zu beteiligen, weil ich nicht gewusst habe, was auf mich zukommen würde. Schließlich habe ich den sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser doch gewagt und bis heute nicht bereut.

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Helmut Pum · Mutterschiff 2013 – 2015 Ausgangssituation für das Kunstprojekt „Mutterschiff“ war eine (Blinden)Performance, die das Künstlerteam im Umfeld des Ateliers des Diakoniewerkes in einem Raum im leergeräumten Mutterhaus Bethanien bereits im Winter 2012 durchgeführt hat. Zum einen bezog sich dies auf unseren Arbeitskollegen Gerhard Pötscher, der, auf Grund seiner zu dieser Zeit extrem verschlechternden Sehleistung, sich im Zuge seiner Reha die Technik des Gehens vorerst mal in unbekannten und leeren Räumen mit dem Blindenstock aneignen musste. Zum anderen hatten wir zu diesem Zeitpunkt für die Planung eines Kunstprojektes einen Raum innerhalb des Mutterhauses zum Kunstmedium erklärt. Wir stellten uns vor, dass sich der Raum selbst, auf Grund der Umbruch- und Renovierungsphase, laufend verändern würde. Damit würden künstlerische Aktionen, die selbst ein laufender Veränderungsprozess par exzellent sind, nicht mehr auf immer gleichbleibende ruhige Ausgangs- und Rahmenbedingungen stoßen, sondern vom jeweiligen Baustellenzustand des Raumes selbst überrascht werden. Dieses nicht vorhersagbare Spiel und Einwirken an gegenseitiger Dynamik war für uns die Orientierung, die immer wieder neu bewusst gemacht und künstlerisch erarbeitet werden sollte. Wir dachten uns den Raum sozusagen als Gebärmutter innerhalb des Körpers Mutterhaus.

Ab dem offiziellen Beginn der Umbauphase wurden wir nun aber mit einer Sperre konfrontiert: „Betreten der Baustelle verboten!“ Nach einer intensiven Auseinandersetzungsphase zu dieser Realsituation und nach dem vergeblichen inklusiven Versuch, uns als „künstlerische Bauarbeiter“ und somit befugte Personengruppe zu deklarieren, konnte schlussendlich die Unfall- und Haftungsfrage und die Selbstbestimmung an Eigenverantwortung nicht geklärt und zugestanden werden. Somit wurde das Projekt zu diesem Zeitpunkt vorerst mal auf Eis gelegt. Nach den im ersten Absatz erwähnten Kriterien der inneren Dynamik an laufender gegenseitiger Veränderung kristallisierte sich aber nun ein neues Medium anstelle des innerhalb des Mutterhauses befindlichen Raumes heraus: die sich am Rand des verbotenen Territoriums befindlichen Bauzaungitter. „Grenze“ war nun das neue Thema, weniger jedoch die Symbolik als die Realität dieses Hindernisses. Was nützt oder bedeutet zum Beispiel einem Blinden das Verbot „Betreten verboten!“, wenn er es nicht sehen kann, oder was bedeutet es einem Menschen, der des Lesens nicht mächtig ist? Oder was bedeutet es für ein Team eines Kunstprojektes, das sich auf das neue Medium „Bauzaungitter“ und „Grenze“ konzentriert und endlich ein zutreffendes zu bespielendes Medium und Thema gefunden hat, wenn dann die Bauzaungitter nach Beendigung der Baustellenphase wieder entfernt werden und die offizielle – aber keine künstlerische Teilnahme ermöglichende – Landessonderausstellung beginnt? Wir lösten dies, indem wir die Bauzaungitter mitnahmen, sie auf öffentlichen Plätzen aufstellten, sie sozusagen von ihrem praktischen, vielleicht auch vereinnahmenden, Nutzen befreiten, sie nun fast nutzlose, dafür aber fast ganz freie Teile eines Kunstobjektes sein durften, nur mehr bestenfalls oder gerade noch Träger von „Blickmontagen“, Plakaten und Planen mit den Inhalten des Mutterschiffprojektes. Zum Inhalt „Betreten verboten!“ kamen nun auch die möglichen Inhalte der Landessonderausstellung hinzu, so wie sie eben mittels Werbung an die Öffentlichkeit und Wahrnehmbarkeit von Personen herangetragen worden sind. Die Wortsujets „hilfe. LebensRisken LebensChancen – Soziale Sicherung in Österreich“ und die Bildtafelfragmente auf den offiziellen Plakaten der Landessonderausstellung waren nun in weiterer Folge direkt wahrnehmbarer


Christoph Raffetseder · Vorwort Ausgangspunkt für die persönliche künstlerische Bearbeitung von mehr als 20 teilnehmenden KünstlerInnen aus dem Umfeld des Ateliers des Diakoniewerkes. Ein besonderes Subprojekt innerhalb von Mutterschiff war „TATORT FREI(H)(Z)EIT“, eine künstlerische Zusammenarbeit vorrangig von Gerhard Pötscher und Christoph Raffetseder. Reale wie fiktive Gedanken und Texte von Gerhard Pötscher standen in laufendem Wechselbezug zu entstehenden Comics und Bildbeschreibungen von Christoph Raffetseder, Real- und Kunstfigur jeweils mit sich selbst und mit dem anderen im Dialog. Die Comics sind umgesetzt auf Bauzaungitterplanen im Format 340 x 173 cm, die Zeichnungen somit fast lebensgroß, präsentiert und auch konfrontierend inmitten des öffentlichen Bereichs. Gerhard liefert nicht nur bei diesem Subprojekt, sondern für das Gesamtprojekt Mutterschiff den roten Faden, eine sowohl auf Grund der Lebenssituation immer wieder real fordernde als auch immer wieder künstlerisch freie Neuorientierung. Seine Gedanken liefern auch den Begleittext zum Projekt Mutterschiff im Katalog. Ein besonderer Dank auch an dieser Stelle an Christoph Raffetseder. Seine professionelle und multimediale Herangehensweise ergänzt sich mit seiner unbeschwerten und unkomplizierten inklusiven Art der künstlerischen Zusammenarbeit mit KünstlerInnen des Ateliers. Mutterschiff war eine Kooperation über drei Jahre und TATORT FREI(H)(Z)EIT ist zum Erscheinungsdatum dieses Kataloges noch gar nicht beendet, findet seinen Abschluss mittels Buchpräsentation erst im März 2016 bei nextcomic in Linz. Gerhard Hajek macht mit seinen „Stillen Bildern“, Fotoaufnahmen im Haus Bethanien, den adäquaten Einstieg in das Projekt Mutterschiff, bzw. in die Inhalte der Katalogbeiträge. Im Jahre 2012, in dem die Fotos entstanden sind, war das Haus Bethanien schon großteils leer geräumt und der Istzustand und die Atmosphäre eines leeren Raumes waren auch für uns Thema und Ausgangssituation für das Projekt Mutterschiff. Für mich persönlich weckt es auch eine Menge Erinnerungen, konnte ich doch in dieser Leerraum-Übergangszeit des Hauses für fast 2 Jahre, bis zum Beginn der Renovierungsphase, Wohn- und Atelierräumlichkeiten in den oberen Stockwerken mieten. Sozusagen war ich der letzte und alleinige Bewohner und habe dabei auch stunden- und tagelang das riesengroße Haus erkundet und durchwandert.

Um auch diese Übergangs- und Renovierungszeit des Mutterhauses zu beschreiben, konnte die neue Archivarin des Diakoniewerkes Evi Obermayr gewonnen werden. Sie hatte nicht nur die organisatorische Um- und Aussiedelung sämtlicher Mutterhausutensilien zu leiten, sondern verantwortete als geistige Obhut auch den archivarischen Bestand des Diakoniewerkes. Ihr verdanken wir auch ein besonderes Treffen mit der vorherigen Archivarin Schwester Franzi. Im Sinne des Projektes Mutterschiff wollten wir zu diesem Zeitpunkt noch mit Personen, die dem Mutterhaus im Besonderen verbunden waren, Interviews führen, um uns für unser Projekt Ideen zu holen und uns künstlerisch inspirieren zu lassen. Das besondere dieser Begegnung war die „zeitlose Wortlosigkeit“, die sich bei diesem Treffen ergab. Evi Obermayr beschrieb dies als „Atempause“ des Hauses, ein Moment, in dem die Zeit stillzustehen scheint, zwei Zeitepochen aufeinander treffen und kurz innehalten, bevor es dann wieder weiterfließen kann. . .

Gerhard Pötscher ist mir schon lange als interessante Erscheinung im Bewusstsein. Oft habe ich ihn gesehen, wenn er, bekleidet mit einer so genannten Schiwagomütze, einem um die Taille festgezurrten Mantel, am Arm die gelbe Schleife mit dem „Drei-PunkteGesicht“ in leicht gebückter Haltung zielstrebig die Straßen entlang gegangen ist. Klar und unbeirrt. Als Helmut Pum und ich, in unserer schon länger andauernden künstlerischen Zusammenarbeit, neue Ansatzpunkte für ein Projekt suchten, trafen wir auf Gerhard, vielmehr provozierten wir ein Zusammentreffen. Gerhard war zu diesem Zeitpunkt, da er sein Restsehvermögen von 1/24 am linken Auge endgültig verloren hatte, gerade dabei, den Umgang mittels Blindenstock zu trainieren. Unser Zusammentreffen erzeugte unmittelbar eine Stimmung der gegenseitigen wohlwollenden Belauerung. Gemeinsam fanden wir uns in der Situation des Suchens und Orientierens, wussten aber intuitiv, hier ist Substanzielles im Entstehen, wir konnten es aber nicht benennen. Gerhard gewährte uns Einblick in seine privatesten Bereiche, machte uns vertraut mit seinem Blindeninstrumentarium – sprechende Maßbänder, Farberkennungsgeräte und ähnliches und schrittweise nahm die Kunstfigur Gerhard P. immer deutlichere Konturen an. Autobiografische Momentaufnahmen, fiktive- und Funktionstexte bildeten schließlich das „Libretto“ für eine Comicreihe im öffentlichen Raum, die Gerhard P. als Protagonisten die Existenz kommentieren ließen. Bei der Schaffung dieser Bildwelt hat Gerhard mir immer großes Vertrauen entgegen gebracht. Die Bilder in Sprache umzusetzen, um sie für ihn sichtbar zu machen, war und ist mir immer ein großes Vergnügen.

© Timm Ulrich

Obwohl im gesellschaftlichen Kontext nie als solcher in Erscheinung getreten, ist Gerhard Künstler, weil er durch sein Agieren im Rahmen unseres Kunstprojektes sich handelnd dazu bekannt hat.

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Arno Wilthan · Vorwort Das Kunstprojekt Mutterschiff war für uns alle eine gute Möglichkeit, sich mit Veränderungen im nahen Umfeld auseinanderzusetzen, jeder auf seine individuelle künstlerische Art und im dafür nötigen Zeitraum. Nach anfänglicher Ablehnung des Projektes gab es dann eine, für uns überraschende, Zusage und Fördermittel zur Umsetzung. Jemand hat doch das künstlerische Potential der Atelierkünstlerinnen und -künstler erkannt und das Wagnis unterstützt, dem recht frei formulierten Projektantrag einen Zuspruch zu erteilen. Damit war die finanzielle Grundlage gelegt und die Köpfe waren frei für die inhaltliche Arbeit. Zu Beginn gab es viele Ideen, nicht alle waren realistisch oder umsetzbar. Bald spürte ich wieder welche riesen Bereicherung so ein Projekt ist, wenn man sich ganz intensiv in Themen hineinarbeiten kann, in den Austausch mit anderen Künstlern geht und mit einigen ausgereiften Statements nach draußen geht. Schmunzeln, Irritation, Begeisterung, Ablehnung waren nur einige der spontanen Reaktionen der Kunstkonsumenten – oft gab es jedoch rasch eine Frage, die in ein Gespräch führte, dabei ging es direkt um die Kunst, ihre Protagonisten und die Betrachter. Ziel erreicht – das sind echt wertvolle Momente, wo es noch einen ganz engen direkten Austausch über die gerade aktuelle Sache gibt. Als Resumee über das gesamte Projekt kommt mir folgendes in den Sinn: Es gab viele wertvolle Themen, die darin bearbeitet wurden, die Baustelle und somit die Neugestaltung des Mutterhauses, der zukünftige Arbeitsort der Atelierkünstlerinnen und -künstler, die Comics mit ihren sehr persönlich-fiktiven Darstellungen und viele weitere. Ganz besonders intensiv erlebte ich aber viele viele Gespräche, die notwendig waren um Missverständnisse auszuräumen, die entstandenen Werke zu vermitteln oder Präsentationen vorzubereiten. In der Reflexion mit Kollegen gab es dabei immer gleich wieder weiterführende Gedanken zu neuen Teilprojekten und Umsetzungen. Dieser intensive, oft auch anstrengende Prozess dauert bis heute an und ist für mich das Wertvollste weil es ein produktiver, durchaus sehr kontroversieller, aber letztlich immer beflügelnder Austausch ist. 6


Gerhard Hajek 路 Diakonissen Mutterhaus Bethanien Stille Bilder 2012

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Evi Obermayr · Genius loci Meine persönliche Geschichte mit dem Haus begann im Jahr 2006 (zuvor hatte ich es bis auf ganz wenige Feierlichkeiten, die darin stattfanden, wie die meisten Diakoniewerks-MitarbeiterInnen nur von außen gekannt): ich übernahm, ausgehend von meiner damaligen Dienststelle im Empfangsbereich der Zentrale, ein paar Wochenstunden für Aufgaben in der Schwesternkanzlei des Mutterhauses. Damit eröffnete sich eine mir bis dahin kaum bekannte Welt; sowohl räumlich als auch inhaltlich ein eigener Mikrokosmos. Bereits am ersten Stiegenabsatz mahnte die große Standuhr mit der Inschrift „Zeit ist Gnade“ durch ihren Anblick und Klang, dass hier ein anderes Zeitgefühl als in der hektischen Außenwelt herrschte, nicht zuletzt auf Grund des hohen Alters der meisten Bewohnerinnen.

Nicht nur zu Lebewesen, auch zu Gebäuden kann eine intensive emotionale Beziehung entstehen, denn Wohn- und Lebensräume widerspiegeln und „erzählen“ auch viel von dem, was Menschen über längere Zeit innerhalb ihrer Mauern erlebt und gestaltet haben. Je mehr Zeit man selbst darin verbringt, desto mehr erspürt man die unterschiedlichsten Zeichen ihrer Ausstrahlung.

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Ein großes und eindrucksvolles Gebäude im damals noch sehr kleinen Markt Gallneukirchen wurde 1909 erbaut und diente bis 2010, also mehr als ein Jahrhundert, als Lebensmittelpunkt der Schwesternschaft der Diakonissen – das Diakonissen-Mutterhaus Bethanien.


2010 war auch ein markantes Jahr für das Mutterhaus Bethanien und seine Diakonissen: die Lebensumstände der teilweise hochbetagten und pflegebedürftigen Schwestern und die erschwerten Arbeitsbedingungen für die betreuenden Mitarbeiterinnen im großen alten Haus erforderten eine drastische Veränderung: die Übersiedlung aus der vertrauten Umgebung in das renovierte und modernisierte Haus Abendfrieden mit komfortablen hellen Zimmern, geführt nach dem Konzept der Hausgemeinschaften. Hier setzt sich meine persönliche Beziehung zum Mutterhaus als Gebäude nun fort: bereits 2009 half ich bei der Räumung der dicht gefüllten Dachböden mit – eine Entdeckungsreise in vergangene Jahrzehnte mit der Sichtung der Inhalte von unzähligen Koffern, Truhen und Möbelstücken – alles bedeckt von einer dicken Staubschicht…

Das sichtbare Bindeglied zwischen Mutterhaus und Zentrale war bis zum Sommer 2007 eine außergewöhnliche Persönlichkeit: Diakonisse Franzi Dolch (Jahrgang 1919!), die nach langjähriger Tätigkeit in der Kanzlei von Rektor Hölzel in ihrem „Ruhestand“ das historische Archiv aufgebaut und betreut hat – das bedeutete, dass sie täglich einige Stunden im Archiv in der Zentrale arbeitete, und das gesammelte Wissen über die Geschichte des Diakoniewerkes im wahrsten Sinn des Wortes verkörperte! Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihre Tätigkeit 2007 im Alter von 88 Jahren beenden. Sie hatte aber bereits vorher begonnen, mir bei meinen Arbeiten im Mutterhaus sehr behutsam und strukturiert Einblicke in verschiedene Aktenbestände und Unterlagen zur Geschichte der Schwesternschaft zu geben. Mein Interesse war geweckt und wuchs stetig an, parallel dazu intensivierte sich mein Kontakt zu Schw. Franzi und entwickelte sich im Lauf der vergangenen Jahre zu einer ganz besonderen Art von tiefer Freundschaft.

Die logische und für mich sehr erfreuliche Konsequenz aus dem brachliegenden, aber doch oft angefragten Archiv einerseits und meinem großen Interesse dafür andererseits, war – mit mehreren Zwischenschritten – meine offizielle Übernahme der Archivarbeit im Jahr 2010.

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Im Mutterhaus Bethanien haben sich über 101 Jahre hin Möbel, Hausrat, Alltagsgegenstände aller Art, Bücher und jede nur denkbare Form von „Krimskrams“ angesammelt. All das zu sichten, zu sortieren und zu entscheiden, was auf dem Flohmarkt angeboten, was entsorgt, und was für spätere Verwendung aufgehoben werden sollte, dauerte Monate und war verbunden mit einer Art „Zeitreise“ – je älter der Betrachter/die Betrachterin, desto höher der Wiedererkennungswert der Gegenstände aus der eigenen Lebenserfahrung heraus. Im Zuge der Sortierungsarbeiten haben wir alle, die damit beschäftigt waren, viele Kilometer in den langen Gängen zurückgelegt, bis man fast jede einzelne locker gewordene Bodenfliese kannte. All das trägt zur anfangs erwähnten emotionalen Beziehung zum Haus bei, wie auch die vielen Stunden, die ich ganz alleine in dem großen Gebäude im Rahmen der FlohmarktVorbereitung verbracht habe.

Mit dem Auszug der Schwestern und ihrer Mitbewohnerinnen war eine 101jährige Epoche beendet, während der das Mutterhaus Bethanien Mittelpunkt der Schwesternschaft gewesen war, aber auch zahlreiche andere Funktionen erfüllt hatte: es beherbergte Gäste und Schülerinnen, diente in Kriegszeiten als Lazarett, nahm Flüchtlinge auf, war Schauplatz von Tagungen und Feierlichkeiten. Nun sollte es nach und nach gänzlich geräumt werden um für die Landessonderausstellung 2015 und für eine vielfältige Nachnutzung generalsaniert und umgebaut zu werden. Was es rein physisch bedeutet, ein Haus dieser Größe – mit ungefähr 100 Zimmern – absolut leer zu räumen, kann jeder hochrechnen, der schon einmal beispielsweise ein lange Zeit bewohntes Einfamilienhaus vom Keller bis zum Dachboden räumen musste. Es braucht viele Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, um so ein Großprojekt in guter Zusammenarbeit bewältigen zu können.

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Die Erfahrung, als einziger Mensch im Haus zu sein und sich auf seine Geräusche und Eigenheiten einzulassen, hat in etwas anderer Weise auch Helmut Pum gemacht, der in der Übergangszeit zwischen Diakonissen-Auszug und Umbaubeginn die Terrassenstube im obersten Stockwerk als Ort künstlerischer Betätigung gemietet hatte. Einige Male haben wir uns dort in kleiner Runde zusammengefunden, anregende Gespräche geführt und die besondere Atmosphäre auf uns wirken lassen. Das Mutterhaus hatte eine „Atempause“ zwischen seiner bisherigen Bestimmung und den großen bevorstehenden Veränderungen, die es für eine neue Epoche bereit machen sollten.


Mit dem Auftrag des Diakoniewerkes an das Atelier für ein künstlerisches Rahmenprojekt zur Landessonderausstellung entstand die Grundidee zur kreativen Auseinandersetzung mit der Situation des leeren Hauses, mit der Baustelle. Dies auch bereits in dem Bewusstsein, dass danach die KünstlerInnen und MitarbeiterInnen des Ateliers ihre neue Wirkungsstätte im umgebauten Haus finden werden – ebenso wie das historische Archiv.

Kurz bevor es aus Sicherheitsgründen hieß: „Betreten der Baustelle verboten“, wurde noch eine ungewöhnliche Zusammenkunft initiiert: Atelier und Archiv trafen einander im ehemaligen Wohnraum von Schw. Franzi Dolch, der Archivgründerin, im Parterre – dem Raum, in dem die Archivarbeit in Zukunft stattfinden wird. Auch hier schließt sich auf besondere Weise ein Kreis, und der „Genius loci“ wird die Tätigkeit im Archiv beflügeln…

Aus dem während der Bauphase unbetretbaren „Mutterhaus“ wurde das fiktive „Mutterschiff“, das viel Raum für Fantasie und kreative Prozesse bot. Eine in sehr verblüffender Weise zentrale Figur dieses Kunstprojektes ist Gerhard Pötscher, vor langer Zeit als Telefonist eine markante Stimme des Diakoniewerkes, nun im Atelier von einer ganz anderen Seite zu erleben. Anfangs dienten ihm die leeren Mutterhaus-Räume als Trainingsort für die Orientierung mit dem Blindenstock; daraus entwickelte sich in Zusammenarbeit mit Christoph Raffetseder eine Art Comic-Serie, die nur durch Gerhards außergewöhnliche Sensibilität und seine absolute Offenheit gegenüber künstlerischen Prozessen entstehen konnte. 15


Gerhard Pötscher Textteile Mutterschiff Einstieg: Das Diakoniewerk Gallneukirchen, Atelier, veranstaltete im Rahmen der Landessonderausstellung 2015 das Projekt Mutterschiff, an dem ich teilnahm. Am Beginn hatten wir etliche Treffen im zukünftigen Theaterraum im Mutterhaus. Dieser Ort wurde wegen seines bevorstehenden Umbaus ausgewählt. Sollte doch ein Thema dieses Projekts Neuorientierung sein. Einerseits wegen meines Mobilitätstrainings, das im Mutterhaus stattfand; andererseits wegen der Übersiedelung von Theater Malaria und Atelier ins Mutterhaus. Also es wird auch für diese KünstlerInnen an ihrem neuen Arbeitsplatz eine Art Neuorientierung sein. Sehbehindert/blind Es war am Beginn dieses Projekts, als mir die Ärzte mitteilten, dass ich irgendwann blind sein werde. Sie konnten aber den Zeitpunkt nicht bestimmen. Es fiel mir schwer, das zu glauben, weil sich der Prozess über Jahre hinzog. Trotzdem nahm ich mir vor, die Zeit, als ich noch sehen konnte, sinnvoll zu nutzen; z.B. durch Beschriften von Dokumenten mit Brailleschrift. Es dauerte für mich sehr lange, wirklich zu akzeptieren, dass ich blind bin. Habe ich doch heute noch Dinge in meinem linken Auge, die mir das Gefühl geben, sehen zu können. Ich denke, dass dabei auch meine Bilder im Kopf eine große Rolle spielten. Aber bald musste ich erkennen, dass dies nicht immer reicht. Außerdem möchte ich hier erwähnen, dass ich durch das Schwanken meiner Sehkraft auch Momente in totaler Finsternis erlebte, die Angst in mir auslösten. Orientierungs- und Mobilitätstraining: Um einen Teil meiner Mobilität wieder zu erlangen, absolvierte ich ein Orientierungs- und Mobilitätstraining. Dieses Training beinhaltete einerseits das Gehen mit dem Blindenstock, also das Erlernen der verschiedenen Stocktechniken, andererseits die Orientierung durch hören, tasten, riechen und fühlen. Zu Beginn machte ich das Raumorientierungstraining. Es fand im 16

„Ich habe mich mit dem Blindenstock in dem Raum sehr unsicher gefühlt, was ihr vielleicht anders wahrgenommen habt. Kann derzeit nur die Pendeltechnik, die ich auch noch nicht vollständig beherrsche. Bin mir sehr unsicher, ob dies die richtige Methode war, wie ich mich im Raum bewege.“ Gerhard Pötscher


Performance im Mutterhaus Bethanien, Gallneukirchen, November 2012

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Mutterhaus statt, das zu dieser Zeit nach und nach leer geräumt wurde. Ich denke, dass mit den Themen Neuorientierung und meiner schleichenden Erblindung unser Projekt gestartet wurde. Blindenperformance, Experiment blind (27. 11. 2012) Ein sehender Teilnehmer an diesem Projekt wollte das Gefühl kennenlernen, wie es ist, blind zu sein. Hier möchte ich anmerken, dass ich zu dieser Zeit noch etwas gesehen habe. Ihm wurden die Augen mit einem Schal verbunden. Ich habe ihn im Raum mit verbundenen Augen herumgehen sehen. Dabei merkte ich, wie unsicher er bei den ersten Schritten war. Anschließend erklärte er mir, dass er sich durch tasten und hören zu orientieren versuchte. Erst durch diese Aktion wurde ihm klar, wie sehr er auf sein Augenlicht angewiesen ist. Genauso ist es mir gegangen, als ich noch etwas gesehen habe. Obwohl ich mich nicht mehr 100% auf das Sehen verlassen konnte, wollte ich meinen Sehrest so gut wie möglich einsetzen. Den Rest glich ich durch die anderen Sinne aus. Als ich erblindete, wurde mir sehr bald klar, wie sehr ich mich auf das bisschen Sehrest verlassen hatte. Erst mit der Zeit habe ich gelernt, meine anderen Sinne noch besser einzusetzen.

Christoph Raffetseder

Rosemarie Heidler

Weitere Ideen: Nach dem Ende meines Mobilitätstrainings waren wir wieder auf der Suche nach neuen Themen. Viele Ideen standen zur Auswahl: Integration der AtelierskünstlerInnen in das Projekt, meine Hilfsmittel, die Brailleschrift (Brailleobjekte), Bespielen des Bauzauns, meine Biographie und vieles mehr.

Rosemarie Heidler

Projektname Da war es auch logisch, einen Namen für unser Projekt zu finden. Wir hatten uns für den Namen Mutterschiff entschieden. Er wurde vom Wort Mutterhaus abgeleitet, von dem alles seinen Ausgang genommen hat. Wir verglichen unser Projekt mit einem Schiff, das am Anfang noch ohne Ziel unterwegs war. Johanna Rohregger 18

Christoph Raffetseder


Stefan Mann

Jutta SteinbeiĂ&#x;

Nikola Wasmayr

Rosemarie Heidler

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Medien In weiterer Folge stellte sich auch die Frage wie wir alles präsentieren sollten. Anfangs arbeiteten wir mit den Medien Foto, Zeichnung, Ton, Film.

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Gertraud Gruber Nikola Wasmayr

Bearbeitung und Kommunikation (PC) Meine Texte für das Projekt erstellte ich am Computer, die ich mit meinem Bildschirmleseprogramm lesen und bearbeiten kann. Das bedeutet, dass ich einerseits die Ausgabe akustisch über die angeschlossenen Lautsprecher erhalte, andererseits kann ich den Bildschirmtext auf der am PC angeschlossenen Braillezeile zeilenweise in Brailleschrift lesen. Dasselbe gilt auch für die E-Mails, die wir als Kommunikationsmedium nützten.

unten: Jutta Steinbeiß

Zusammenarbeit mit Christoph Raffetseder und Helmut Pum Da ich für das Projekt Mutterschiff schreibe, möchte ich auf die Zusammenarbeit mit beiden Künstlern eingehen. Wir arbeiteten in diesem Projekt in einer Art Dialog miteinander. D.h. jeder von uns brachte seine Beiträge in das Projekt ein. Daher waren wir durch das Dialogarbeiten voneinander abhängig. Ich konnte allerdings nur auf Bilder reagieren, wenn ich die Bilder beschrieben bekam.

Oskar Hannl

Projektaufbau Das Projekt war aus einzelnen Themen (Modulen) aufgebaut. Jeder von uns hatte die Möglichkeit, sich einzubringen.


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Jutta SteinbeiĂ&#x;

Ursula Mitter

Nikola Wasmayr


Hier eine Erklärung zu Fotos Ich habe meine Fotos mit dem Handy blind fotografiert. Habe sie dann zur Bearbeitung an Christoph Raffetseder und Helmut Pum mit dem Computer versandt. Ton Zu Ton fielen uns all meine Hilfsmittel ein. Bekomme ich doch den Großteil der Rückmeldungen über Sprache oder akustische Töne. Ich bin heute noch auf dem Logo des Kunstprojektes Mutterschiff mit der akustischen Wasserwaage zu sehen. Veröffentlichungen Also mein erstes Bild war auf dem Logo veröffentlicht. Für die Zukunft war geplant, Fotos und Zeichnungen mit Textpassagen meiner Texte zu veröffentlichen. Zusammenarbeit mit Heidler Rosemarie Bei dieser Zusammenarbeit lieferte ich die Texte. Heidler Rosemarie übernimmt Teile des fertigen Textes und fügt in diese Buchstaben und Zahlen ein. Die Texte konnte man schwer lesen, wenn man den Inhalt nicht kannte. Obwohl ich vorher schon über die Arbeitsweise von Rosemarie informiert wurde, war ich trotzdem sehr gespannt, was ich zu lesen bekommen sollte. Für mich war es sehr schwierig, durch die eingefügten Teile diesen Text zu lesen.

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Oskar Hannl

Rosemarie Heidler

Josef Landl

Ursula Mitter


Betreten der Baustelle verboten Diese Nachricht erreichte uns, als mit dem Umbau begonnen wurde. Daraufhin hatten wir die Idee, Phantasietexte von einer virtuellen Baustelle zu schreiben. Bauzaun Ich weiß nicht mehr, wann es war, als um das Mutterhaus ein Bauzaun errichtet wurde. Auf jeden Fall bemühten wir uns bald darum, die Fläche rund um den Bauzaun abgehen zu dürfen. Bei dieser Begehung lernte ich das Stöckelpflaster, ich glaube man nennt es so, mit dem Stock kennen. Anfangs ein schwieriges Unterfangen. Denn der Stock machte nicht, was ich wollte. Bei solchen Gelegenheiten wurden Fotos gemacht, die mich zu neuen Texten inspirieren sollten. Verbotstafeln Während dieses Rundgangs wurde mir erklärt, dass auf dem Bauzaun Verbotstafeln angebracht waren. Zu diesen Tafeln schrieb ich ebenfalls Texte. Dies war auch der Moment, wo ich zum ersten Mal mitbekam, dass auch KünstlerInnen aus dem Atelier und Theater Malaria für das Projekt Beiträge lieferten. Comics Auch suchten wir nach einer Form, meine Texte zu präsentieren. Die schon lange diskutierte Idee, Texte in Comics umzusetzen, wurde Wirklichkeit. Die Comics wurden auf Planen gedruckt und auf Bauzaungittern aufgehängt. Anschließend auf dem Diakoniewerksgelände oder in Gallneukirchen als Blickmontagen bis heute präsentiert. Namensfindung Tatort Freihzeit Wie lange all diese Aktionen unter dem Namen Mutterschiff passierten, weiß ich nicht mehr genau. Auf jeden Fall schrieb ich einmal zu Weihnachten einen Text über einen roten Sportwagen. Dabei wurde mir immer klarer, dass die Handlungen meiner Texte in der Freizeit spielten. Also suchten wir nach einem Namen, der das Wort Freizeit enthalten sollte. Zu dieser Zeit hörte ich witzige Spots von Schispringern im Fernsehen, unterlegt mit der Musik der Fernsehserie Tatort. Ab diesem Zeitpunkt war der Name Tatort Freizeit für mich klar. 24


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Doch irgendwas fehlte mir noch. Den roten Sportwagen brachte ich mit Freiheit in Verbindung. Wie wäre es, Freiheit und Freizeit zu kombinieren? Und so wurde das Wort Freihzeit geboren. Tatort Freihzeit ist ein Subprojekt des Projektes Mutterschiff, was bedeutet, dass bis zur Erscheinung dieses Kataloges beide Projekte (Mutterschiff und Tatort Freihzeit) nebeneinander laufen. Brailleobjekte Brailleschrift ist die Bezeichnung für die Blindenschrift. Benannt nach dem Erfinder Luis Braille, der nach einem Unfall erblindete. Er suchte nach einer Lösung, Blinden das Lesen und Schreiben zu ermöglichen. Uns ist es in diesem Projekt gelungen, die Brailleschrift nicht wie herkömmlich auf Papier zu drucken, sondern mit Objekten Braillebuchstaben darzustellen. Die ersten Versuche gab es schon vor Beginn dieses Projektes mit Kerzen und Eiern. Und zwar wurde in beiden Fällen der Name Gerhard in Vollschrift dargestellt. Zu dieser Zeit konnte ich die Braillebuchstaben noch mit den Augen lesen. Ein Detail am Rande: Ich kann mich noch erinnern, dass ich in der Schule die Brailleschrift zuerst mit den Augen las. Die Lehrer mühten sich ab, mir das Lesen mit den Fingern beizubringen. Bald merkte ich es selbst, dass das Lesen mit den Augen zu anstrengend war und beschränkte mich auf das Lesen mit den Fingern.

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Im Rahmen des Projektes Mutterschiff, Kunst am Bau, wurde meine Kooperation mit einem Künstler des Ateliers sehr schön sichtbar. Ich lieferte den Text: „Das Relief ist eine aufgeschwollene Geschichte“, der aus der Beschreibung eines Bildes von Gunter Zehetner stammt. Der Text wurde auf Hartschaumplatten, die Gunter Zehetner mit einem Stift bearbeitet hat, überdimensional gedruckt. Überdimensional deswegen, weil die Brailleschrift aus Punktkombinationen besteht. Eine volle Form besteht aus 6 Punkten. Die Größe eines Punktes weiß ich nicht. Aber wahrscheinlich nur einige Millimeter. Beim Lesen dieses Textes wurde mir klar, wie schwierig überdimensional dargestellter Brailletext zu lesen ist. Oft hatte ich das Gefühl, dass ich zu wenige Hände hatte. Es war mir unmöglich, den Text fließend zu lesen, waren doch die Hartschaumplatten auf einem Tisch aufgelegt. Roter Sportwagen Die Tatsache, dass ich nie den Führerschein machen konnte, veranlasste mich im Laufe des Projektes Tatort Freihzeit einen Text über einen roten Sportwagen zu schreiben. Mein Traum war es immer, ein Auto, das für Blinde entwickelt wurde, zu besitzen. Also hatte ich meinen Sportwagen mit Computertastatur, Sprachausgabe, Navigationssystem und Sensoren für die Rückmeldungen von Hindernissen ins Wageninnere konstruiert. Vielleicht wird es dieses Auto nie geben. Aber wer weiß, was in 20 Jahren ist. Schlüssel Wir hatten im Atelier einen rätselhaften Schlüssel aus dem Mutterhaus, der nirgends passte. Vielleicht hat er einmal zu einer Truhe oder einem Kasten gehört. Es war ein schwarzer Schlüssel. Er war, im Gegensatz zu den Schlüsseln, die ich von den älteren Schlössern an den Türen kenne, dünn. Also eine Türe kann ich aus meiner Sicht ausschließen. Ich glaube, dass dies Massivtüren waren. Also ein klobiges, unverwüstliches Holz. So kleine Schlüssellöcher für Türen kenne ich nicht.

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Vielleicht war es eine Truhe. Ich stellte mir eine braune Truhe vor. Nicht gestrichen, sondern naturbelassen. Es könnten schemenhafte Malereien auf der Truhe gewesen sein. Vielleicht eine Feder, ein Tintenfass und ein Buch. Daraus schloss ich, dass diese Truhe einem Schriftsteller gehört haben könnte. Gespannt probiere ich den Schlüssel. Ich kann ihn zwar hineinstecken, er lässt sich auch nach links und rechts drehen. Normalerweise muss man beim Auf- oder Zusperren, bevor der Schlüsselbart an der rechten oder linken Seite anschlägt, einen Widerstand überwinden, dadurch wird die Türe nach dem Überwinden des Widerstandes auf oder zugesperrt. Der fehlt hier. Bleiben einige Fragen offen: Ist das der richtige Schlüssel oder klemmt das Schloss? Was ist wirklich in der Truhe? Die Frage des Schlüssels wird sich nie mehr klären. Was in der Truhe ist, kann ich auch nur spekulieren. Ich vermute Kostbares in der Truhe. Vielleicht Bibelexemplare aus vorigen Jahrhunderten. Ein fremder Koffer Ich machte mich auf zu einer Erkundungstour in den Lagerraum des Archivs nach Engerwitzdorf. Als ich das Tor öffnete, drang mir seltsamer Geruch in die Nase. Sofort fielen mir unsere alten Sachen von daheim wieder ein. Ich staunte nicht schlecht, welche Schätze im Lagerraum auf mich warteten: Alte Schriften, Bilder von unschätzbarem Wert, Geschirr, Krankenhausbedarf aus längst vergangenen Zeiten, ein Regal mit Bibeln, die jedes Sammlerherz höher schlagen lassen und vieles mehr. Es würde zu lange dauern, alles aufzuzählen. Da fand ich an einer Wand ein kleines Köfferchen gelehnt, mit dem ich mich näher beschäftigen wollte. Ungeschickt probierte ich an den rostigen Schlössern herum. Doch das Köfferchen wollte sich nicht öffnen lassen. Wie ich es trotzdem geschafft habe, weiß ich nicht mehr. Als die Verschlüsse aufschnappten, stellte ich fest, dass es mit kostbarem Papier gefüllt war. Da ich nicht sehen konnte, was drauf war und nicht alleine war, holte ich mir Hilfe. Ich erfuhr, dass im Köfferchen kostbare Heiligenbilder waren. So wertvoll sie auch waren, ich konnte damit nichts anfangen.

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Vorbemerkungen Treffen Schwester Franzi 1978 bekam ich im Diakoniewerk meine erste Arbeitsstelle als Telefonist. Damals noch im evangelischen Pfarrhaus. In dieser Zeit lernte ich auch Schwester Franzi kennen. Sie war die Sekretärin von Herrn Rektor Hölzel. Ich glaube, ich kann mich noch erinnern, dass sie jeden Tag um Punkt 8 Uhr in den 2. Stock ging, wo sie ihr Büro hatte. Schwester Franzi brachte immer die Post in die Telefonzentrale. Da nahm sie sich immer ein bisschen Zeit für mich und erzählte mir viel über das Diakoniewerk. Ich weiß noch, dass alle zu Schwester Franzi gingen, wenn sie über das Diakoniewerk etwas wissen wollten. Treffen Schwester Franzi Es war ein lauer Sommernachmittag. Gespannt sah ich dem Treffen entgegen. Natürlich kamen mir in diesem Moment die oben beschriebenen Erinnerungen in den Sinn. Ich glaube, dass Schwester Franzi sehr verunsichert war, weil außer Evi Obermaier mehrere Leute da waren. Auf Fragen zu ihrem Raum gab Schwester Franzi immer zur Antwort: „Kein Kontakt.“ Zu dieser Zeit wusste ich nicht, was sie meinte. Aber heute vermute ich, dass sie nach dem Umzug in den Abendfrieden ein neues Kapitel in ihrem Leben aufgeschlagen hat. Aus Ende bedeutet oft Reflexion. Ich kann mich noch genau an den Projektbeginn erinnern. Einerseits war er von Zweifeln und Ängsten bestimmt. Werde ich es schaffen, Texte zu schreiben? Wie werden diese in Comics umgesetzt? Bin ich mit der Umsetzung einverstanden? Wie werden die Comics von der Öffentlichkeit aufgenommen? Warum soll ich mich mit meiner Erblindung beschäftigen, wenn ich noch etwas sehe? Viele Fragen. Andererseits habe ich mich öfter gefragt, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe, am Projekt teilzunehmen. Mein Resümee ist Ich habe es bis heute nicht bereut, am Projekt teilzunehmen. Ich entdeckte das Talent zu schreiben. Ob ich es weiterverfolge, weiß ich noch nicht. Auf die veröffentlichten Textteile bekam ich positive Rückmeldungen. 32


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Ich denke, dass dies erst durch die Kombination Comic und Text möglich wurde. Wenn ich zurückdenke, habe ich dieses Projekt auch genützt, um die Zeit bis zu meiner Erblindung aufzuarbeiten. Rückblickend gesehen hat es mir sehr gut getan. Vollblind hat für mich immer völlige Finsternis bedeutet. Heute weiß ich, dass es nicht so ist. Ich habe noch Dinge in meinem linken Auge, die ich mit sehen in Verbindung bringe. Ob dies wirklich sehen ist, weiß ich nicht. Da ich seit meiner Geburt nur mehr einen geringen Sehrest hatte, musste ich mich im Laufe meines Lebens schon mit viel blindenspezifischen Techniken vertraut machen. Ich denke, wenn ich all meine Fähigkeiten einsetze und mir Hilfe hole, wo ich sie brauche, sehe ich es als Chance, ein Leben mit hoher Lebensqualität zu führen. Grundreha Diese absolvierte ich von Jänner bis Mai diesen Jahres. Ich nahm an folgenden Trainings teil: Orientierung und Mobilität, Lebenspraktische Fertigkeiten und EDV, außerdem an den Zusatzangeboten: Sensorische Integration, Sturzprävention und therapeutischen Angeboten. Die Grundreha eröffnete mir viele neue Tätigkeitsfelder. Es war zum Beispiel immer mein Wunsch, meine Wäsche selber zu waschen. Ich bin daran gescheitert, weil ich die Waschmaschine nicht bedienen konnte. Außerdem fehlten mir Pflegeinformationen der Wäsche und ich konnte die Wäsche nicht sortieren. Ich lernte das Bedienen der Waschmaschine, den Umgang mit dem Farberkennungsgerät. Außerdem erhielt ich nützliche Infos über die Pflegeanleitungen der Wäsche, sodass ich heute meine Wäsche waschen kann. In Zukunft möchte ich mir schon beim Kauf der Kleidung die Pflegeinfos von den Verkäufern einholen. Trainings Im Training lebenspraktische Fertigkeiten wurden mir nützliche Tipps in den Bereichen Kochen, Wäsche- und Kleiderpflege, Raumpflege und beim Erlernen meiner Unterschrift gegeben. Im Training Orientierung und Mobilität lernte ich u.a. die Stocktechniken, das Auffinden von Eingängen, Überqueren von Straßen, Einsteigen in die Straßenbahn, Bedienung von Fahrscheinautomaten 34


© Helmut Pum, Gerhard Pötscher


und Bankomaten mit Sprachausgabe. Im Training EDV arbeitete ich viel im Internet. Da ich großteils mit der Sprachausgabe arbeite, habe ich für die Zukunft mitgenommen, dass ich die Meldungen zu Ende höre, um unnötige Arbeitsgänge zu vermeiden. Sensorische Integration Obwohl ich wegen meines geringen Sehrestes schon blindenspezifische Techniken anwendete, zeigte mir die Therapeutin durch Trainings, wie ich hören und mein Gedächtnis besser integrieren könnte. Außerdem übten wir auf dem Laufband und meine Therapeutin zeigte mir Gleichgewichtsübungen. Sturzprävention In der Sturzprävention habe ich Übungen gelernt, um bei einem Sturz vorbeugend reagieren zu können. Mir gelingt es oft, sehr gut beim Anstoßen den Druck auszugleichen. Dadurch sind die Verletzungen geringer. Allerdings musste ich schon das Gegenteil erleben. Nach der Schule Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich nach der Schule daheim war. Anfangs genoss ich die Zeit. Aber bald wurde mir langweilig. Natürlich machte ich für daheim alle Besorgungen und was sonst noch anfiel. Aber bald stellte ich mir die Frage: War das alles? Während dieser Zeit hatte ich das Gefühl, nicht gebraucht zu werden. Eine Arbeit musste her. Eines Tages läutete bei meinem Onkel, er hatte eine Tischlerei, das Telefon. Das Arbeitsamt teilte ihm mit, dass es für mich Arbeit gab. Ich sollte ins Diakoniewerk kommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, was das Diakoniewerk war. Ich kannte nur Martinstift, Friedenshort und Waldheimat. Aber auch von diesen Einrichtungen wusste ich nicht, dass sie zum Diakoniewerk gehören. Ich hatte keine Vorstellung, wo ich mich melden sollte. Ich musste mich im evangelischen Pfarrhaus melden. Die Türe befand sich im Durchgang von der Gusen kommend. Erinnerungen aus Kindertagen wurden in mir wach. Wie oft bin ich mit meiner Mutter an dieser Türe vorbei gegangen und habe mich gefragt, was sich dahinter verbirgt?

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Hinten blind! „Hinten blind!“ thematisiert in direkter Art, mit einem bekannten und markanten Symbol, unseren Sehbereich, in dem wir optisch wahrnehmen können. Auch Sehende sind eingeschränkt in dem, was und wie sie sehen – oder sehen wollen. „Hinten blind!“ ist ein Motiv des Kunstprojektes „Mutterschiff ”, das im Rahmen der Landessonderausstellung „Hilfe. LebensRisken. LebensChancen“ 2015 in Gallneukirchen von KünstlerInnen aus dem Umfeld des Ateliers des Diakoniewerks durchgeführt wird.


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Vorstellung im Diakoniewerk Ich glaube es war im Herbst, als ich mit meiner Mutter ins Diakoniewerk ging. Beim Öffnen der Türe in das Pfarrhaus hatte ich das Gefühl, in einem Altbau zu gehen. Draußen dürfte es noch warm gewesen sein, weil es mir im Raum kühler vorgekommen ist. Auf jeden Fall gingen wir in den 2. Stock. Wir meldeten uns bei Frau Kramer. Sie war Sekretärin von Wirtschaftsdirektor Schöbel und gleichzeitig Personalchefin. Sie nahm meine Daten auf und fragte mich, ob ich eine Wohnung bräuchte. Ich brauchte keine, weil ich zu Hause wohnte. Weihnachten in der Arbeit Es war ein eigenartiges Gefühl. Ich war alleine in der Telefonzentrale. Viele kamen vorbei und haben geschaut, wie es mir geht. Ich habe mitbekommen, dass sie am Nachmittag in die Kirche gegangen sind. Anschließend sind sie vorbeigekommen und haben mir Geschenke gebracht. Wer, weiß ich nicht mehr genau. Wenn ich so zurückdenke, war dies eine eigenartige, feierliche Stimmung, zu wissen, dass am Heiligen Abend alle in die Kirche gehen. Verstärkt hat sich das Gefühl noch, als ich im Emmaus arbeitete. Dort bekam ich mit, wie in den Gruppen alles für die Bescherung hergerichtet wurde. Ich durfte um 18 Uhr nach Hause gehen und mit meinen Eltern und meinem Bruder Harald Weihnachten feiern. Werkstätte Linzerberg Ich arbeitete 5 bis 6 Jahre in der Werkstätte Linzerberg im Verkaufsraum an der Registrierkasse und am Computer. Mein Plan war es, KlientInnen aus der EDV-Werkgruppe am Computer zu helfen. Bald wurde mir klar, dass dies wegen der verschiedenen Arbeitsweisen nicht möglich war. Ich arbeitete mit der Tastatur und die KlientInnen mit der Maus. So schrieb ich auf Band gesprochene Diktate am Computer. Arbeitsplatzwechsel Bald merkte ich aber, dass mich die Arbeit nicht ausfüllte. Also bewarb ich mich im Büro Kunst-Kulturwerkstätten. Meine Aufgaben sollten sein: Telefon und Arbeiten am Computer, dies kam mir sehr entgegen. Hatte ich doch schon als Telefonist in der Verwaltung und in der 38

Zeichnungen: Christoph Raffetseder


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Werkstätte am Computer gearbeitet. Obwohl ich mich eher als kontaktscheu bezeichnen möchte, gab mir eigentlich der Kontakt zu den Leuten sehr viel. Es wuchs mein Interesse an der Arbeit mit Behinderten. Daher war ich als Gastschüler, ich glaube ein Monat, an den Abenden in der Fachschule. Wegen meiner Sehbehinderung war es nicht möglich, die Fachschule zu besuchen, weil ich dafür Praktika gebraucht hätte. Umbau Am Beginn meiner Arbeit im Haus Zoar wurde der untere Stock zu Wohnungen umgebaut. Also in gewisser Weise eine Überschneidung zum Haus Bethanien. Wird nun doch alles, was für die Landessonderausstellung aufgebaut wurde, abgerissen und neu gebaut, damit wir neu einziehen können. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ich im Haus Zoar oft in einer Art Slalom zwischen Kübeln und Stangen zur Stiege ging. Hinten blind In diesem Sujet hat sich ein Sehender mit dem Thema Blindheit auseinandergesetzt. Es sollte zeigen, dass Sehende auch nicht alles sehen, was sich außerhalb des Blickfeldes ihrer Augen abspielt. Also, dass sie z.B. hinten blind sind, wenn sie nach vorne schauen. Außer sie drehen sich um. Eine Besucherin der Landessonderausstellung (Mutter mit ihrem blinden Kind) hat den Inhalt dieses Sujets auf sich und ihr blindes Kind bezogen und sich persönlich angesprochen gefühlt – dies dann negativ rückgemeldet. Die Folge war die Entfernung der T-Shirts aus dem Shop. Erst nach einer Gegendarstellung konnten diese T-Shirts wieder verkauft werden. Was sind meine persönlichen Erfahrungen? Ich kann dies am Beispiel aus Richtung Linz kommend beschreiben: Wir stehen auf der Gusenbrücke. Quer vor uns verläuft die Lederergasse. Rechts neben uns die parallel verlaufende B 125. Rechts neben mir kann ich den Verkehr, der in der 2. Spur von hinten kommt, schon hören, bevor ihn ein Sehender sieht. Also ich denke, dass dieses Sujet „hinten blind“ ein Körnchen Wahrheit beinhaltet.

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Wie stellst Du Dir eigentlich den Untergang eines Schiffes vor?


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Hinten glatt Ich schrieb auf eine Karte „hinten glatt“. Also vorne wurden die Punkte für die Buchstaben mit der Maschine (spezielle Brailleschreibmaschine) herausgestanzt. Als ich die Karte umdrehte, war sie, bis auf die Vertiefungen, glatt. Nachtrag hinten blind! Ein Kollege nachte mich darauf aufmerksam, dass hinten immer hinten ist. Er hatte auch recht. Mir ist es eigentlich in meinem Text darum gegangen, dass ein Sehender, wenn er sich umdreht, hinten sieht. Aber dass dann vorne hinten ist, daran habe ich nicht gedacht. Logo Mutterschiff Das Charakteristische an diesem Logo sind: meine Pelzhaube (genannt Schiwagohaube) und die akustische Wasserwaage. Doch wie ist dieses Logo entstanden? Wir trafen uns an einem Winternachmittag wie so viele Male zuvor im Mutterhaus im zukünftigen Theaterraum. Ich kniete auf dem Boden mit meinem Mantel und meiner Pelzhaube. In der Hand hatte ich meine akustische Wasserwaage. Ich drehte die Waage einmal nach links und rechts. In einer dieser beiden Richtungen ertönte ein tiefer Ton in der anderen ein höherer. In dem großen Raum hallten die Töne unnatürlich nach. Wenn ich keinen Ton mehr hörte, war die Wasserwaage gerade ausgerichtet. Bei meinen Experimenten wurde ich fotografiert. Ich hatte nie geglaubt, dass dieses Bild als Logo verwendet werden würde. Nachtaktion Ich glaube es war im Mai oder Juni, als wir das auf einer Plane gedruckte Comic mit Fragmenten meiner Unterschrift auf einem Baustellengitter aufhängten und bei der Verwaltung aufstellten. Als wir fertig waren, tauschten sich meine sehenden Kollegen darüber aus, wie dieses Comic im Halbdunkeln wirkt. Viel später erst hatte ich die Idee gehabt: Was wäre, wenn man dieses Comic mit einem Scheinwerfer auf den Nachthimmel projizieren könnte? Comic: Christoph Raffetseder 42


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Christoph Raffetseder · Kunst am Bau: Haus Bethanien, Gallneukirchen Ausgehend vom architektonischen Konzept des Diakoniehauses Bethanien, das auf der Verbindung leichter Glaskörper mit der bestehenden historischen Bausubstanz beruht, habe ich für mein Kunstobjekt eine korrespondierende Lösung verwirklicht. Diese Zweiteilung habe ich in meiner künstlerischen Gestaltung aufgegriffen und durch Materialität, Oberfläche und Farbgebung an den Objekten sichtbar gemacht. In ihrer künstlerischen Aussage beziehen sich beide aufeinander. Hell - dunkel, leicht - schwer, historisch - kontemporär, durchscheinend - opak, ... Der linke der beiden Baukörper ist mit graphitfarbenen Betonelementen ummantelt. Die strukturierte Oberfläche dieser Betonelemente ist mit Scheibenformen in Brailleschriftanordnung besetzt. Die Brailleschrift transportiert folgendes Zitat: „Ein Relief ist das, was man begreifen kann. Das ist eine erhabene oder eine aufgeschwollene Geschichte. Irgendwie kann man es damit vergleichen, aber nicht ganz”. (Gerhard Pötscher) Dieser, über die gesamte Fläche in Brailleschrift gezogene Text, ist taktil nur unter Aufbietung der gesamten Körperspanne zu rezipieren. Einerseits ist die Gesamtstruktur visuell lesbar, jedoch nicht was den semantischen/ literarischen Inhalt der Brailleschrift betrifft, dieser ist in der Regel nur durch blinde Menschen zu lesen. Da es sich umgekehrt ebenso verhält, verweist dieser Gedanke einer sich gegenseitig bedingenden „Sinnesaushilfe“ somit programmatisch auf eine wesentliche Aufgabe der Einrichtung des Diakoniewerkes: Menschen mit besonderen Bedürfnissen hier die Möglichkeit zu bieten, sich auch künstlerisch zu äußern und ihre spezifischen Fähigkeiten in die Gesellschaft einzubringen. (Beteiligte Künstler am Betonrelief: Christoph Raffetseder, Gerhard Pötscher, Helmut Pum, Gunter Zehetner) Das helle, größere Objekt ist in Glas gefertigt. Die Gesamtfläche ist durch organische, längliche hellgraue Formen rhythmisiert. Darüber gelegt sind zehn, in Farbe und Form gewichtete Szenerien. Aus Material der medialen Bilderwelt schöpfend, habe ich Sujets zeichnerisch neu gedeutet. Posierende Jugendliche, Menschen im Verrichten von Mikrohandlungen mit (möglicher) großer Wirkung. Verschmelzungen von organischen und technisch anmutenden Formen, bis hin zu Ornamentzitaten aus dem historischen Fliesenbestand des Hauses. Die, durch meinen künstlerischen Filter entstandenen “anderen Realitäten” bilden im Zusammenspiel eine neue Erzählebene. Diese folgt jedoch nicht einem bestimmten linearen oder dramaturgischen Verlauf. Eher handelt es sich um Projektionsflächen oder -räume. Das Kunstobjekt soll neben der Akzentuierung des Entrees, den Bedeutungswandel dieser Institution und seine Wirkung nach innen und außen sichtbar machen. 48


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Natalia Müller – Erika Staudinger Kunst am Bau – Haus Bethanien, Gallneukirchen Mobile Trennwand im Haus Bethanien Für die Gestaltung der mobilen Trennwand wurden fünf unterschiedliche Sujets von Erika Staudinger verwendet. Erika Staudinger verwendet für ihre Arbeiten Fotos, die ihr als Vorlage dienen. Ihre Bilder zeugen von ihrer Fähigkeit, lange und genau zu beobachten. Neben Portraits sind alte Gebäude und unterschiedliche architektonische Gebilde Interessensschwerpunkte von Erika Staudinger. Oft richtet sie ihren Fokus auf Details, die sie faszinieren und die in ihren Bildern überproportional oder färbig dargestellt werden. Erika Staudinger arbeitet oft stundenlang in diese, ihr interessanten, Stellen hinein, man könnte fast sagen, sie graviert mit ihrem harten Bleistift das Papier. Dadurch kommt es zu den markanten, ins dreidimensionale gehende, starken Verdichtungen in ihren Zeichnungen. Diese Verdichtungen verstärken durch die Vergrößerung ihren reliefartigen Charakter und geben auch eine neue Sicht auf die Arbeitsweise von Frau Staudinger. Genau diese Verdichtungen oder besser gesagt, reliefartigen Bearbeitungen der Zeichnungen gaben den Reiz, diese in einer Vergrößerung zu präsentieren. Die Spuren ihrer Papierbearbeitung werden sichtbarer und die Arbeiten bekommen so eine völlig neue Wirkung. Die Zeichnungen von Gebäuden, die Erika Staudinger auf ihre Art neu um und zusammensetzt, wurden zu einem neuen Sujet zusammengestellt, um in einem neu umgebauten Gebäude zu wirken. Die 5 Sujets von Erika Staudinger sind so gesetzt, dass jede ihrer Arbeiten Platz für sich hat und sie sich gemeinsam dennoch zu einem Ganzen fügen.

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Arno Wilthan – Ursula Mitter Gestaltungsentwurf „Spuren“

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Ursula Mitter fasziniert in ihren abstrakten Werken mit einem Facettenreichtum, den sie alleine durch die Verwendung farbiger Punkte, kleiner Farbflächen oder von Strichen bis zu Strichknäuel erreicht. Es entstehen dabei sehr farbenfrohe Werke durch einen kontinuierlichen und scheinbar zufälligen Wechsel der Farben. Minutiös aneinandergereihte Punkte erscheinen manchmal als schlanke Linien, dann wieder füllt sie ganze Bereiche oder sogar Blätter. Ursula Mitter erarbeitet die jeweilige Form mit enormer Ausdauer, ohne diese vorzudefinieren – sie entsteht im Zeichnen, Punkt für Punkt. Dabei schafft sie immer wieder Bereiche, die sich in Richtung und Verdichtung deutlich voneinander unterscheiden, trotzdem auch beeinflussen und dadurch eine spannende, subtile innere Dynamik erzeugen, die als „Spuren“ zu bezeichnen sind.


Die fein differenzierten Gestaltungen und interessanten Figuren haben mich zu diesem Kunst am Bau Entwurf inspiriert. Vor allem die Übertragung der „Spuren“ auf große Wandflächen, in sehr starker Vergrößerung, sah ich als interessante neue Anwendungsmöglichkeit für diese Werke, wo sie in einer viel weiteren Dimension wirken können. Spuren lassen sich oft nicht von unserer Flächeneinteilung beschränken oder eingrenzen, sondern ziehen sich weiter, erweitern und verbinden Flächen. Auch meine Gestaltung sieht solche raumgreifenden Elemente vor, die sich auf angrenzenden Flächen, auf der Decke oder auf der Glasbrüstung gegenüber fortsetzen, sie schaffen Verbindungen. Einzelne Linien sollen die Flächen überschreiten und dadurch den jeweils entstandenen Raum dieser mobilen Raumtrennung verändern und in ihren differenzierten Möglichkeiten mitdefinieren.

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Helmut Pum – Gerhard Pötscher Entwurf Kunst am Bau, Haus Bethanien, Gallneukirchen Grundidee und Philosophie Die im Haus Bethanien für die Kunst am Bau zugewiesene Trennwand zwischen Veranstaltungssaal und Foyer wird mit 46 Guckfenstern durchlöchert. Diese sind als Brailletext angeordnet, welcher bedeutet: „das durchschau ich nicht“. In den Guckfenstern werden mittels Druck auf Glas Bilder – primär Porträtzeichnungen – von Künstlern aus dem Umfeld des Ateliers des Diakoniewerkes eingepasst. Ausgangssituation für diese Gestaltung sind die Diskussionen mit dem blinden Arbeitskollegen Gerhard Pötscher, der im Sekretariat der Kunstwerkstätten beschäftigt ist und zukünftig auch im Haus Bethanien seinen neuen Arbeitsplatz erhalten wird, über Kunst und Wahrnehmung. Die Schnittstelle (= die Wand mit einem Vorne und Hinten oder Innen und Außen), an der sich zwei verschiedene Personen mit jeweils verschiedenem Sinn „durchschaubar“ oder „begreifbar“ annähern, bleibt in ihrer Erkenntnismöglichkeit mehr- und mindestens zweideutig. Die künstlerische Sichtweise (Was ist wirklich wirklich?) bleibt offen und fordert neue weitere innovative Herangehensweisen. Die Zeichnungen in den Guckfenstern werden nicht im Originalfarbton, sondern negativ beziehungsweise mittels Farbumkehrung dargestellt. Dies bietet – neben der gestalterisch bedingten weiteren visuellen Verfremdung im Bild selbst – auch Möglichkeiten, den Lichteinfall vom Außenraum zum Innenraum zu regeln und zu dämpfen.

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Gerhard begreift „das durchschau ich nicht“


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Statements

Mir persönlich hat das Projekt Mutterschiff gut gefallen, weil es den Umbau des bedeutsamen Hauses Bethanien gut sichtbar in die Öffentlichkeit transportiert hat. Die moderne Umsetzung des Projektes ist ein Spiegelbild für den Umbau des historischen Hauses zu einem innovativen Gebäude, das zukünftig verschiedenste Angebote für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen bietet. Gerhard Breitenberger, Geschäftsleitung Diakoniewerk OÖ

Kunst im öffentlichen Raum hat einen inklusiven Charakter. Sie wendet sich mit ihren Werken und Installationen, ob temporär oder permanent gedacht, an alle und nicht nur an die exklusive Gruppe, die den Weg in ein Museum oder eine Galerie findet. Das Projekt Mutterschiff zeigte mit seinen Werken, die in Kooperation des gesamten Projekt- und KünstlerInnenteams im Umfeld des Ateliers entstanden sind, einen Kurs an, der die inklusive Dimension, die Kunst haben kann, in einer verdichteten Form sichtbar gemacht hat. Das Projekt Mutterschiff hat die Landessonderausstellung im Haus Bethanien enorm bereichert und ergänzt, den öffentlichen Raum wesentlich belebt, Kommunikation ausgelöst, und hat so nicht nur Kunst sondern auch die Gallneukirchner Gesellschaft zu einer inklusiveren gemacht. Christa Schrauf Rektorin Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen

Das Projekt Mutterschiff und Tatort Freihzeit war im Zeitraum der Landessonderausstellung im ganzen Ort sehr präsent und zog viele Blicke auf sich. Es regte zum Verweilen, Nachdenken und zu Diskussionen an. Die künstlerische Darstellung über soziale Aspekte und Gedanken gibt vieles nicht auf den ersten Blick, sondern erst bei näherem Hinsehen preis – passend zur Landessonderausstellung 2015. Seitens der Stadtgemeinde Gallneukirchen freuen wir uns über viele gute Beiträge und die wertvolle Mithilfe beim Großprojekt Landessonderausstellung 2015 in Gallneukirchen.

„Mutterschiff“ ist für mich die kongeniale Auseinandersetzung der Künstlerinnen und Künstler aus dem Atelier mit dem Umbau des ehemaligen Diakonissenhaus Bethanien und seiner Bestimmung als sog. Mutterhaus der Diakonissen und der Landessonderausstellung selbst, die im Haus über 6 Monate hinweg gastierte. Die Baustelle als Thema und das Werbesujet der Ausstellung selbst ziehen sich wie ein roter Faden durch die künstlerischen Arbeiten. Damit verstärkt sich deren Aussage auf besondere Weise – oftmals irritieren diese auch. Ihr Ausdruck im öffentlichen Raum setzt Zeichen – für Kunst, für Teilhabe und vieles mehr. Ein wunderbares Projekt mit einer für mich nachahmenswerten Sichtbarkeit für alle.

Gisela Gabauer, Bürgermeisterin Gallneukirchen Daniela Scharer, Leitung Kommunikation & PR Diakoniewerk

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Mutterschiff Zunächst ging ich unbedarft an das Mutterschiff heran. Es ging mir wahrscheinlich wie hunderten. Ich las einiges, und wurde nicht recht schlau. Schließlich begriff ich, dass es dabei um unseren Mitbürger Gerhard P. geht. Ich war plötzlich persönlich berührt. Berührt von Gerhard P. Berührt aber auch vom Künstler. Berührt von der Zeit, die er sich dafür genommen hat. Berührt von seiner Anteilnahme, Empathie, Sorgfalt, sich mit einem unserer Mitmenschen so eingehend zu beschäftigen. Berührt von der Liebe zur Person und zum Detail. Das Projekt hat verwandelt: den Pfarrplatz, die Wahrnehmung vieler, und unseren Mitmenschen Gerhard Pötscher. Christoph Raffetseder verwandelt P. in einen Künstler, oder besser: bringt uns ihn als Künstler nahe. Und es hat mich verwandelt: ich fühlte mich irgendwie ertappt wie selbstverständlich ich etwas hinnehme. Ich traf aber auch GallneukirchnerInnen, die sich nicht einmal die Mühe genommen haben, die wenigen Worte, die zu lesen waren, zu studieren, und nach den Hintergründen zu fragen. Sie fanden das schlichtweg einfach „schiach“. Welch Unterschied… Zusammen mit dem ‚Kunst-am-Bau‘- Projekt beim Mutterhaus wurde mir diese Installation zu einem lebendigen Herzstück unseres Landessonderausstellungsjahres. Und zwar zu einem Nachhaltigen. Denn unseren Gerhard sehe ich beinahe jede Woche, und mein Fahrrad stell ich auch gerne beim Eingang zum Mutterhaus ab.

Mit dem Projekt Mutterschiff war die Kunst des Diakoniewerks im öffentlichen Raum präsent wie selten zuvor – freilich mit allen Begleiterscheinungen, die Kunst hat und auch haben soll: Irritation, Verwunderung, (Ver-)Störung und Unverständnis. Kunst spiegelt ja in Wahrheit den Betrachter und nicht das Leben, um es mit Oscar Wilde zu sagen – insofern sind das immer unmissverständliche Hinweise auf den Erfolg eines Projekts. Aber noch viel mehr als das wurde die Hochachtung vor der eindrucksvollen Bereicherung des öffentlichen Raumes kommuniziert und damit wieder eines deutlich: die Arbeit des Ateliers im Diakoniewerk – egal ob mit oder ohne Kooperation mit freien Künstlern – hat zurecht den Qualitätsanspruch, als Kunst anerkannt zu werden. Und nicht „bloß“ als Kunst von Menschen mit Behinderung. Robert Ritter-Kalisch, Bereichsleitung Diakoniewerk

Danke Christoph, Helmut, Gerhard, Arno und allen Beteiligten. Ihr habt einen Mitmenschen aus der Anonymität in die Individualität gehoben. Sepp Wall-Strasser Vizebürgermeister Gallneukirchen, Stadtrat für Kultur

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Curt Kubin Comic Biografie über Alfred Kubin von Christoph Raffetseder (Zeichnung) und Herbert Christian Stöger (Text). Verlag Bibliothek der Provinz, ISBN 9 783900 000 486

Das Kunstprojekt „Die längst überfälligen Reisen des Gerhard P.“ wird im März 2016 im Rahmen des Comicfestivals Next Comic in Linz, in einer raumgreifenden Installation im Innenhof des Kulturquartieres zu sehen sein. Im selben Rahmen wird auch die Publikation präsentiert werden. 58

Sequenzen und Collaborations 2015 Herausgeber: Helmut Pum – Atelier Diakoniewerk OÖ und Ferdinand Reisenbichler – Kunstwerkstatt Lebenshilfe OÖ / Gmunden Mit künstlerischen Beiträgen von: Gunter Zehetner, Heidi Zednik, Arno Wilthan, Sylvia Vorwagner, Jutta Steinbeiß, Florian Sedmak, Ferdinand Reisenbichler, Sigrid Reingruber, Christian Rebhan, Julia Rakuschan, Donna E. Price, Helmut Pum, Christian Mitterlehner, Hans Langner - Birdman, Eli Kumpfhuber, Franz Krumholz, Andreas Krötzl, Andrea Hinterberger, Gertraud Gruber, Anette Friedel, Bernhard Engljähringer, Sophia Beisskammer, Margarethe Bamberger, Anita Baier, Peter Assmann, Marco Prenninger, Bernhard Engljähringer, Franz Petto Mit Fachbeiträgen von: Małgorzata Bogaczyk-Vormayr, Peter Assmann, Angelica Bäumer, Johann Feilacher, Robert Ritter-Kalisch http://issuu.com/archiv001/docs/kat_sequenzen_2015_17_lr 48 Seiten, Preis € 8,Bestelladressen: Atelier Diakoniewerk OÖ atelier@diakoniewerk.at; Tel: +43 7235/63251-760 Kunstwerkstatt Lebenshilfe OÖ/Gmunden ferdinand.reisenbichler@gmail.com; Tel: +43 699/11868895


Impressum Herausgeber: Atelier Diakoniewerk OÖ & Christoph Raffetseder Redaktion: Helmut Pum Kontaktadresse: Atelier Diakoniewerk OÖ Gaisbacherstraße 12 4210 Gallneukirchen Tel.: 07235/63251-760 atelier@diakoniewerk.at www.diakoniewerk.at/atelier Foto- und Bildnachweis: Evi Obermayr: Umschlag innen, unten links und rechts; S. 13 oben und unten rechts, S. 14 Mitte und rechts, S. 32, S. 34/35, S. 56/57 Arno Wilthan, Natalia Müller: S. 2 Gerhard Hajek: S. 7 bis 11, S. 15, S. 41 unten rechts, S. 60 Erwin Doppler: Umschlag innen: oben rechts Günther Ringelhann: S. 12, S. 13 oben links, S. 14 oben links Alle weiteren Fotos vom Projektteam „Mutterschiff“: Natalia Müller, Arno Wilthan, Christoph Raffetseder, Helmut Pum Cover: Helmut Pum und Christoph Raffetseder Gestaltung: Helmut Pum Reinzeichnung: Peter Putz · www.ewigesarchiv.at Druck: druck.at

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> Foto: Gerhard Hajek > MH_LSA_GH2_3794.jpg > 2. 11. 2015 / 17:59:26 Uhr > also exakt 34 Sekunden vor dem Ende der Landessonderausstellung Gallneukirchen 2015!!! 60




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