Leporello: Literatur - Einfach nur lesen?

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Literatur

Einfach nur lesen?


Lesen ist das erste, was Kinder in der Schule lernen. Denn die Kunst des Lesens ist die Basis jeder menschlichen Kultur. Wie sollten wir die komplexen Zusammenhänge der modernen Welt verständlich machen, ohne auf Texte zurückzu­ greifen? Dass man sich mit Lesen auf die Reise in eine andere Wirklichkeit begeben und sich so die Zeit vertreiben kann, ist ein netter Nebeneffekt. Was aber können Bücher ausser uns Wissen zu vermitteln und uns zu unterhalten? Wir versuchen eine Kategorisierung.

Kind seiner Zeit Bücher sind Kinder ihrer Zeit. Sie spiegeln das Lebensgefühl, die Ängste, Sorgen und Hoffnungen der Epoche ihrer Entstehung. Denken Sie an Anton Tschechovs Kirschgarten, in dem ein russischer Gutsbesitzer akzeptieren muss, dass ökonomisches Denken einem wunderschönen, aber völlig nutzlosen Kirschgarten die Existenz nimmt. Oder an Charles Dickens, der in seinem Oliver Twist minutiös die sozialen Abgründe des industrialisierten London ausmalt. Charles Dickens, Oliver Twist  1839 Alfred Häsler, Das Boot ist voll  1967 ; Die Schweiz und die Flüchtline 1933 – 1944 1967 ; Film von Markus Imhoof  1980

«Bücher ermöglichen uns,   in das Denken einer fremden Epoche abzutauchen.»


«Bücher ermöglichen uns, potentielle   und andersartige Zukunftsmodelle zu visualisieren.»

Utopie und Dystopie Nichts illustriert besser, wie zeitgebunden Bücher sind, als die Utopie, die Niederschrift von Vorstellungen von der Zukunft. Sie sind ein Gradmesser dessen, wie wir die technische Entwicklung der Menschheit einschätzen. Erinnern Sie sich noch an die grossartigen Visionen eines Jules Vernes, der von 20 000 Metern unter dem Meeresspiegel bis zum Mond und in 80 Tagen um die Welt reiste? Seine euphorischen Schilderungen der zukünftigen Technik unterscheiden sich völlig von schrecklichen Zukunftsszenarien wie wir sie aus George Orwells 1984 oder Aldous Huxleys schöner neuer Welt kennen. Kein Wunder. Sie hatten mit dem Ersten resp. dem Zweiten Weltkrieg erfahren, was moderne Technik anrichten kann. Thomas Morus, Utopia  1516 Jules Verne, Reise um die Erde in 80 Tagen  1873 Aldous Huxley, Schöne, neue Welt Erstmals publiziert  1932 J. R. Tolkien, Der Herr der Ringe 1954 / 1955


Gesellschaftskritik: Offen oder doch lieber versteckt? Romane bieten die Möglichkeit, in die Haut eines anderen zu schlüpfen, zu verstehen, was den Mörder zu seiner Tat, die Frau zu ihrem Selbstmord getrieben hat. Kritik an der bestehenden Gesellschaftsstruktur muss dabei nicht explizit ausgesprochen werden. Ein gut gezeichneter Charakter, eine klug konzipierte Handlung führen den Leser wie von selbst zur Frage und zur neuen Lösung. So fühlt jeder mit der armen Effi Briest, die an einen viel zu alten Mann gefesselt ist, oder bewundert den Anwalt Atticus Finch, der sich in «Wer die Nachtigal stört» für einen unschuldigen Schwarzen einsetzt. Theodor Fontane, Effi Briest  1896 Prosper Merimee, Carmen  1845 Henry David Thoreau, Walden  1854 Max Frisch, Stiller  1954 Max Frisch, Homo Faber  1957

«Bücher ermöglichen uns,   andere, uns fremde Charak­ tere zu verstehen.»


Money Makes the World Go Round Wir sind das MoneyMuseum. Und beschäftigen uns mit Büchern. Ein Gegensatz? Im Gegenteil. Literatur hat viel mit Geld zu tun. Grosse Literatur beschäftigt sich mit allem, was für den Menschen existentiell ist, und das ist nun einmal das Geld. Und so schildert Friedrich Dürrenmatt in seinem Besuch der alten Dame, dass auch die frömmsten Schweizer käuflich sind, wenn der Preis stimmt. Émile Zola malt in seinem Germinal ein Bild zwischen Skylla und Charybdis, zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Und Gustave Flaubert lässt seine Madame Bovary glauben, dass man das Glück tatsächlich mit Geld kaufen könne. Friedrich Dürrenmatt, Der Besuch der alten Dame  1956 Hans Peter Treichler: Tyrannei des Geldes; Henri-Frédéric Amiel über Besitz und Bürgertum  2012 Gustave Flaubert, Madame Bovary  1856 Victor Hugo, Les Miserables  1862 Honore de Balzac, Vater Goriot 1834 Emile Zola, Germinal 1885

«Bücher ermöglichen uns, über die Rolle   des Geldes in der Gesellschaft und im Leben des Einzelnen nachzudenken.»


Von der ewigen Wahrheit des Trivialen Es gibt die hohe Literatur. Und dann gibt es den Schund. Das eine ist wertvoll. Das andere trivial. Aber hören Sie auf sich zu schämen, mit einem Groschenheft erwischt zu werden, denn Trivialromane ermöglichen uns, viel über uns selbst zu lernen. Sie spiegeln unsere Träume, wenn wir alle intellektuellen Ansprüche abgelegt haben. Sie stellen das in den Mittelpunkt, was wir immer noch brauchen und ersehnen. Dabei bilden sie exakt das ab, was unsere Gesellschaft akzeptiert, und verschweigen, was sie noch nicht zu akzeptieren bereit ist. Jojo Moyes, Der Klang des Herzens  2010 Georges Simenon (1903 –1989), Kommissar Maigret Friedrich Glauser, Wachtmeister Studer  1936

«Bücher ermöglichen uns,   unsere tiefsten Wünsche zu erspüren und auszuleben.»


Wirkungsgeschichte Bücher haben ihre Zeit. Manche Bücher werden nur wenige Jahre mit Begeisterung gelesen. Manche Bücher finden immer wieder neue Leser. Und manche Bücher finden erst dann ein Publikum, wenn der Autor schon längst gestorben ist. Denn eine Zeit muss für die Botschaft eines Buchs empfänglich sein. Und diese Empfänglichkeit ist ihrerseits zeitgebunden. So blieb der Steppenwolf von Hermann Hesse relativ bedeutungslos, bis ihn die HippieBewegung der späten 60er Jahre für sich entdeckte. Heute gehört das in den 50er Jahren vergessene Buch zu den 100 bedeutendsten Büchern der Moderne.

Hermann Hesse, Der Steppenwolf  1927 «Steppenwolf» ist heute der Inbegriff für einen Menschen, der für sich selbst eine wilde Freiheit fordert und sich freiwillig aus dem schützenden Kreis der Gesellschaft begibt. 1927 noch unverstanden, wurde es 1968 zur Bibel einer neuen Bewegung. Eske Bockelmann, Das Geld  2020 Es gibt Bücher, die einerseits überfällig sind und doch dem Bewusstsein der Gesellschaft zu früh erscheinen. Bockelmanns Buch legt die Paradigmen und Vorurteile bezüglich Geld schonungslos dar. Ökonomen fühlen sich in ihrer überholten Ideologie angegriffen, die breite Masse ist noch nicht bereit, ihre traditionellen Vorstellungen zu hinterfragen. Die Zukunft wird sie einholen.

«Bücher haben nicht nur   eine Gegenwart, sondern auch eine Zukunft.»


Die Qualität wahrer Literatur Und was ist nun wahre Literatur? Welche Literatur behält ihren Wert über alle Zeiten, Völker und Lebensentwürfe hinweg? Zu den grossen Werken der Weltliteratur gehören die Bücher, die über ihre Geschichte hinauswirken, die man verstehen kann, auch ohne den zeitlichen Hintergrund zu kennen. Wahre Literatur hängt nicht an einer Jury oder einem Preis, sondern daran, ob ein Buch uns etwas über die Menschheit im allgemeinen und einzelne Charaktere im Besonderen verrät. Wahre Literatur hat eine Botschaft. Deshalb bedeutet Literatur für jeden einzelnen etwas anderes. Deshalb hat jeder Mensch ein anderes Lieblingsbuch. Was also ist wahre Literatur? Das müssen Sie entscheiden!

Goethe, West-östlicher Diwan  1819 «Wer sich selbst und andre kennt, Wird auch hier erkennen: Orient und Okzident Sind nicht mehr zu trennen.» So heisst es in Johann Wolfgang von Goethes berühmter Gedichtsammlung «West-östlicher Divan», die vor 200 Jahren erstmalig erschien.

Cervantes, Don Quixote  1605 / 1615 Literatur, die Jahrhunderte lang besteht. An keinem Beispiel könnten wir dies besser zeigen als an Don Quijote de la Mancha, jenem unglücklichen Ritter, der

Goethe, Faust  1808 / 1832 Die soziale Frage und die Frage des modernen Geldes werden in Faust I und Faust II meisterhaft thematisiert; dies wirkt bis heute nach.

immer das Gute will und an sich selbst scheitert. Jedem ist das Bild eines Don Quijote vertraut, wie er mit eingelegter Lanze Windmühlen angreift. Und doch gewinnt genau dieses Bild an zusätzlicher Aktualität, wenn man weiss, dass Windmühlen das Zeichen der frühneuzeitlichen Industriebetriebe waren.


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